Vortrag: Dipl. Psych. Maya Steinmann
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- Werner Egger
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1 psychenet Hamburger Netz psychische Gesundheit: Gestufte und integrierte Versorgung von Menschen mit Depressionen: Erfahrungen mit der Umsetzung in die Routineversorgung Vortrag im Rahmen des DGVT-Fachsymposiums Neue Versorgungsformen für die ambulante Psychotherapie: Modelle Erfahrungen Perspektiven. Berlin, Vortrag: Dipl. Psych. Maya Steinmann Projektteam: Prof. Dr. Dr. Martin Härter Prof. Dr. Birgit Watzke Dipl. Psych. Daniela Heddaeus Dipl. Psych. Maya Steinmann Dipl. Psych. Sarah Liebherz
2 Gliederung Hintergrund Gestufte und vernetzte Behandlung im Gesundheitsnetz Depression Interventionen und Tools Ergebnisse zur Implementierung und Wirksamkeit Ergebnisse aus Sicht der BehandlerInnen Zusammenfassung und Diskussion Ausblick 2
3 Hintergrund 3
4 Aktionsfelder und Teilprojekte des BMBF-geförderten Projektes psychenet Aufklärung und Bildung Krankheitsu bergreifende Prävention Neue Strukturen in der Versorgung Stärkung der Betroffenen und Angehörigen Verbesserung der Diagnostik, Indikationsstellung und Behandlung Orientiert an gesundheitsziele.de 4
5 Hintergrund des Gesundheitsnetzes Depression Hohe 12-Monats-Prävalenz von Depressionen in Deutschland 1,2 : ca. 8% Wartezeit auf fachgerechte Behandlung (z.b. Psychotherapie: in 20% der Fälle 1-3 Monate; in 12% über 3 Monate) 3 Fragmentierung des Versorgungsangebots erschwert eine leitliniengerechte Behandlung (z.b. Informationsfluss zwischen BehandlerInnen) 4 NVL Unipolare Depression von 2009 wenig in der Praxis implementiert 5,6 1 Jacobi et al. (2004); 2 Jacobi et al. (2014); 3 Kassenärztliche Bundesvereinigung (2014); 4 Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen (2005); 5 Bermejo et al. (2005); 6 Melchior et al. (2014). 5
6 Leitlinien: Evidenzbasierte Empfehlungen bei Depression gemäß Schweregrad Leichtgradige Episode: Psychotherapie; ggf. niedrigschwellige Angebote/Selbsthilfe Medikamentöse Therapie nur unter besonders kritischer Abwägung des Nutzen- Risiko-Verhältnisses Mittelgradige Episode: Psychotherapie Medikamentöse Therapie (Monotherapie) Schwere Episode: Kombinationstherapie Psychotherapie / medikamentöse Therapie Entscheidungsfindung unter Einbezug der Patientenpräferenz 6
7 Leitlinienorientiert behandelte schwere Depressionsfälle, 2011 Melchior, H., Schulz, H. & Härter, M. (2014). Faktencheck Gesundheit: Regionale Unterschiede in der Diagnostik und Behandlung von Depressionen. Bertelsmann Stiftung: Gütersloh. 7
8 Gestufte und vernetzte Behandlung im Gesundheitsnetz Depression 8
9 Zielsetzungen des Gesundheitsnetzes Depression Verbesserung der Versorgung und des Behandlungspfades von Patienten mit leichter, mittelgradiger und schwerer Depression mittels: Umsetzung der S3-/NVL Unipolare Depression durch Collaborative Stepped Care Systematisierung der Indikationsstellung Verbesserung des Zugangs zu (evidenzbasierter) Behandlung Vernetzung zwischen HausärztInnen, P-FachärztInnen und PsychotherapeutInnen für eine integrierte Versorgung Umsetzung mit regionalen Partnern Evaluation (Effektivität & Effizienz) mittels RCT in der Versorgung 9
10 Innovative Behandlungsmodelle Collaborative Care (= vernetzte Behandlung): Bessere Vernetzung zwischen BehandlerInnen (z.b. HÄ, P-FÄ, PT, Pflege) Systematische Reviews belegen Wirksamkeit 1, 2 und Kosteneffektivität 3,4 Stepped Care (= gestufte Behandlung): Behandlung beginnt mit adäquater Intervention der geringsten Intensität (im Verlauf ggf. stepping up/ down ) Positive Ergebnisse hinsichtlich Effektivität 5, weitere Forschung jedoch benötigt 1 Thota et al. (2012); 2 Archer et al. (2012); 3 Van Steenbergen-Weijenburg et al. (2010); 4 Grochtdreis et al. (2015); 5 Firth et al. (2015) 10
11 Screening Collaborative & Stepped Care Modell Netzwerk Ambulante Behandler Teilstationäre Behandler Step IV Psychotherapie und Psychopharmakotherapie (ggf. stationär) Primärärztliche Behandler Step III Psychotherapie oder Psychopharmakotherapie (ambulant) Step II+ PT-Telefonunterstützung Stationäre Behandler Step II Bibliotherapie Internetgestützte Selbsthilfe Step I Aktiv-abwartendes Begleiten Monitoring Vernetzung via E-Plattform Begleitevaluation: Effektivität und Effizienz 11
12 Evaluation im Rahmen einer randomisiert-kontrollierten Studie Patient Interventionsgruppe (N=660) Stepped Care Interventionspraxen Screeningprozess Einwilligung T0 Baseline T1 3 Monate T2 6 Monate T3 12 Monate Clusterrandomisierung auf Ebene der Hausarztpraxen Patient Kontrollgruppe (N=200) Regelversorgung Kontrollpraxen Screeningprozess Einwilligung T0 Baseline T1 3 Monate T2 6 Monate T3 12 Monate 12
13 Interventionen und Tools 13
14 Unsere Partner BehandlerInnen 36 Hausarztpraxen (Interventionsgruppe) 36 PsychotherapeutInnen 6 PsychiaterInnen 13 Hausarztpraxen (Kontrollgruppe) Kliniken Universitätsklinikum Eppendorf Asklepios Klinik Nord Asklepios Klinik Harburg Asklepios Westklinikum Hamburg Krankenhaus Ginsterhof Schön Klinik Bad Bramstedt Schön Klinik Hamburg-Eilbek Krankenkassen AOK Rheinland/Hamburg Barmer GEK BKK DAK Gesundheit HEK HKK IKK classic KKH Knappschaft Techniker Krankenkasse Weitere Partner Kassenärztliche Vereinigung Hamburg Ärztekammer Hamburg Deutsche PsychotherapeutenVereinigung Landesverband Deutscher Nervenärzte Hausärzteverband Hamburg GAIA AG 14
15 Das Gesundheitsnetz Depression 36 HA-Praxen (49 HausärztInnen) 7 Kliniken PatientInnen 36 PsychotherapeutInnen 6 PsychiaterInnen 15
16 etool zur Überweisung von PatientInnen 16
17 Monitoring der Verläufe Behandlungsvorschlag Wie hoch war der PHQ-Score Ihres Patienten? Beim letzten Gespräch: Bei diesem Gespräch: DIFFERENZ: Punkte Punkte Punkte Veränderung im PHQ-9 50% Verbesserung 20-50% Verbesserung <20% Veränderung bzw. Verschlechterung Response: Bisherige Behandlung fortführen, ggf. herunterstufen Geringer Response: Bisherige Behandlung fortführen, ggf. hochstufen Nonresponse oder Verschlechterung: ggf. hochstufen 17
18 Niedrigschwellige Behandlung leichter Depressionen Step II: Bibliotherapie: Selbsthilfebuch 1 oder Deprexis : Internetgestützte Selbsthilfe 2 Step II+: Psychotherapeutische Telefonunterstützung 3,4 1 Görlitz (2010); 2 Meyer et al. (2009); 3 Tutty et al. (2010); 4 Tutty et al. (2005) 18
19 Bibliotherapie Selbsthilfebuch Selbsthilfe bei Depressionen (2010) von Gudrun Görlitz Autorin: Psychologische Psychotherapeutin, Lehrtherapeutin und Supervisorin, Selbsterfahrungsleiterin Buch: Inhalt: Psychoedukation, Anleitungen und Übungen Kognitiv-verhaltenstherapeutischer Ansatz Evidenz-basierter Hintergrund Fokus: Hilfreiche Gedanken einüben Angenehme Aktivitäten aufbauen Das Selbstwertgefühl stärken 19
20 Internetbasierte Selbsthilfe Deprexis Interaktives Computerprogramm zur Unterstützung der Therapie von Depression und depressiver Verstimmung (zertifiziertes Medizinprodukt) Evidenz-basiert, von Experten entwickelt 12 Module, verhaltenstherapeutische Ausrichtung wöchentliche Bearbeitung durch den Patienten vorgesehen Übungen, Anleitungen, Psychoedukation Stimmungsbarometer, Hörspiele, motivierende SMS auf Wunsch durch Frage-Antwort-Interaktion mit dem Programm individuelle Anpassung an den Patienten (sog. Tailoring ) Feedbackfunktion: kurze schriftliche Rückmeldung an den Hausarzt 20
21 Psychotherapeutische Telefonunterstützung Geeignet für Patienten mit leichter bis mittelgradiger Depression Übersetzung/Adaptation von Patienten- und Therapeutenmanual aus Seattle (Tutty, Ludman & Simon, 2005) Evidenz-basiert, empfohlen nach NICE-Guidelines 8 Kapitel, 4 Phasen Psychoedukation Angenehme Aktivitäten aufbauen Kognitive Umstrukturierung Rückfallprophylaxe Regelmäßige Telefonate, in denen Inhalte und Übungen des Arbeitsbuches besprochen werden 21
22 Ergebnisse zu Implementierung und Wirksamkeit 22
23 Charakteristika der Stichprobe IG n=569 KG n=168 Alter (M (SD)) 42,1 (13,5) 45,6 (15,5) weiblich (%) 72,8 75,6 Bildung (%) Hauptschulabschluss/POS Realschulabschluss (Fach)Hochschulreife (Fach)Hochschulabschluss kein Abschluss 20,4 27,6 25,1 14,2 2,1 29,8 26,2 22,0 10,1 3,0 in Partnerschaft (%) 54,1 52,4 PHQ-9 zu Beginn (M (SD)) 15,3 (4,7) 14,1 (4,9) 23
24 Schweregrad der Depression (ICD-10) n=569 5; 1% 6; 1% 10; 2% 75; 13% 177; 31% keine Depression leichte Depression mittelgradige Depression schwere Depression Dysthymie Missings 296; 52% 24
25 Ergebnisse aus Sicht der BehandlerInnen 25
26 Teilnahmegründe der BehandlerInnen (n=61) 26
27 Befragung der BehandlerInnen (n=61) Element Nutzbar für genutzt Bewertung (0=überhaupt nicht hilfreich bis 5=sehr hilfreich) M (SD) Selbsthilfebuch HÄ 92% 3,7 (1,2) Deprexis HÄ 84% 3,4 (1,7) Telefonunterstützung HÄ 76% 3,9 (1,0) Monitoring-Checkliste Alle 90% 3,2 (1,1) Kontaktdaten-Booklet Alle 85% 3,9 (1,1) Qualitätszirkel Alle 87% 3,5 (1,1) e-tool Überweisung Alle 84% 4,1 (1,1) Kurzversion S3-Leitlinie Alle 56% 2,8 (1,4) Angebote Webseite "psychenet" Alle 26% 2,2 (1,5) 27
28 Zufriedenheit der BehandlerInnen Insgesamt bin ich mit der Arbeit im Netzwerk zufrieden Das GND ist insgesamt gut organisiert Ich würde das GND einem Kollegen empfehlen Die Patientenvermittlung läuft innerhalb des GND reibungsloser Wartezeiten für Psychotherapie sind innerlhalb des GND kürzer % 25% 50% 75% 100% trifft nicht/überhaupt nicht zu trifft eher nicht zu trifft eher zu trifft zu/trifft voll zu 28
29 Zusammenfassung und Diskussion 29
30 Stärken Wissenschaftliche Prüfung erfolgte in randomisiert-kontrollierter Studie in der Versorgung mit großer Fallzahl Prüfung innovativer niedrigschwelliger Interventionen und IT-Tools Verteilung der Schweregrade der Depression mit anderen Studien vergleichbar Schwächen 1-Jahres-Perspektive für einige der Analysen eher kurz Erhaltene Behandlungen (und somit Kosten) selbstberichtet, ohne Routinedaten Möglicherweise selektive Teilnahme besonders motivierter BehandlerInnen 30
31 Zusammenfassung Erfolgreiche Umsetzung eines an der NVL orientierten Collaborative und Stepped Care Modells ( Beeinflussung von Fehl-, Unter- und Überversorgung): Screening auf Risikopatienten und Verlaufsmonitoring eingeführt Formalisierte ICD-10-Diagnostik statt hoher Anteil unspezifischer Diagnosen Erfolgreicher Einsatz niederschwelliger Interventionen Patientenzentrierte Therapieindikation nach Schweregraden, Dauer und Verlauf Reduktion der Wartezeiten auf fachspezifische Behandlungen Hypothese bestätigt: größere und schnellere Reduktion der depressiven Symptomatik bei den leitliniengerecht betreuten PatientInnen Vergleichbare Wirksamkeit wie in internationalen Metaanalysen 31
32 Ausblick 32
33 COMET - Collaborative & Stepped Care in Mental Health by Overcoming Treatment Sector Barriers Ziel: Implementierung & Evaluation eines innovativen integrierten und gestuften Versorgungsmodells Innovation: 4 Störungsbilder in einem Modell Depression Angststörung Somatoforme Störung Alkoholbezogene Störungen Randomisiert-kontrollierte Wirksamkeitsstudie 750 Patienten aus Hausarztpraxen, 4 Messzeitpunkte (Baseline, 3, 6 und 12 Monate) COMET vs. TAU 33
34 Wissenschaftliche Publikationen Heddaeus, D., Steinmann, M., Liebherz, S., Härter, M., Watzke, B. (2015) psychenet Hamburger Netz psychische Gesundheit: Evaluation des Gesundheitsnetzes Depression aus Sicht der teilnehmenden Hausärzte, Psychotherapeuten und Psychiater. Psychiatrische Praxis, 42 (Supplement 1), Härter, M., Heddaeus, D., Steinmann, M., Schreiber, R., Brettschneider, C., König, H.-H., & Watzke, B. (2015). Collaborative und Stepped Care bei depressiven Erkrankungen. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz, doi: /s Watzke, B., Heddaeus, D., Steinmann, M., König, H.-H., Wegscheider, K., Schulz, H., & Härter, M. (2014). Effectiveness and cost-effectiveness of a guideline-based stepped care model for patients with depression: study protocol of a cluster-randomized controlled trial in routine care. BMC Psychiatry, 14(1), 230. Watzke, B., Heddaeus, D., Steinmann, M., Sänger, S., Härter, M. (2014). Gestuftes Vorgehen (Stepped-Care) bei der Behandlung von Patienten mit Depressionen. Bericht über das Gesundheitsnetz Depression im psychenet - Hamburger Netz psychische Gesundheit. Verhaltenstherapie & psychosoziale Praxis, 46(2), Steinmann, M., Heddaeus, D., Liebherz, S., Weymann, N., Härter, M., & Watzke, B. (2016). Telefongestützte Verhaltenstherapie als niedrigschwellige Intervention bei Depression: Ein Behandlungsprogramm für den deutschen Sprachraum. Verhaltenstherapie, 26,
35 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie Martinistraße 52, Hamburg Weitere Informationen unter:
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