Modellieren in der Angewandten Geologie
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- Martina Bösch
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1 Modellieren in der Angewandten Geologie Geohydromodellierung Institut für Geowissenschaften Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 3-1
2 Inhalt heute Inhalte Vorlesung 1) Allgemeine Bilanzgleichungen 3-2
3 Allgemeine Bilanzgleichung 1) Allgemeine Bilanzgleichungen Aufbauend auf den bisherigen Grundlagen können wir nun die Bilanzgleichung für eine extensive Ψ Größe herleiten: Ω: Bilanz- Volumen Ω S: Oberfläche des Bilanzvolumens Ω n: Normalenvektor auf der Oberfläche S S Ω Rate der Akkumulation von Ψ in Ω Netto- Zufluss = von Ψ in Ω + durch S Netto Produktionsrate von Ψ in Ω (a) (b) 3-3 (c)
4 Allgemeine Bilanzgleichung Die einzelnen Terme sind dabei: (a) Die Akkumulationsrate (Zuwachsrate, Speicherrate) von Ψ in Ω ist gegeben durch: Tausch von Integration und Differentiation erlaubt, da Bilanzvolumen festgehalten wird (b) Der Netto-Zufluss (= gesamter Zufluss gesamter Abfluss) von Ψ in Ω durch S ist: wobei ψ die Dichte (zugehörige intensive Größe) zu Ψ ist. 3-4
5 Allgemeine Bilanzgleichung (c) Die Netto-Produktionsrate (Produktionsrate Destruktionsrate) von Ψ ist gegeben durch: q ψ ist die interne (in Ω) Nettoproduktion von Ψ pro Einheitsmasse der Phase ρ ist die Dichte der Phase Aus (a), (b) und (c) ergibt sich so die Bilanzgleichung 3-5
6 Allgemeine Bilanzgleichung Unter Verwendung des Gauss schen Integralsatzes: Da diese Gleichung für beliebige Volumina Ω gelten muss, gilt sie auch differentiell für den Integranden: 3-6
7 Massenbilanzgleichung Massenbilanzgleichung einer Phase: Zur Ableitung der Massenbilanzgleichung einer Phase setzt man: Ψ ist die Masse der Phase im Bilanzvolumen Ω ψ = ρ ist die Massendichte q ψ = 0, d.h. keine Quellen oder Senken für die Phasenmasse Ψ Damit ergibt sich: Achtung! Die Gleichung gilt auf der Mikro-Skala! 3-7
8 Bilanzgleichung Grundwasser Zur Ableitung der Grundwasserströmungsgleichung muss die Bilanzgleichung einer Phase für die Fluidphase ( d.h. das Grundwasser) und die Festphase (poröse Matrix) auf der Makro-Skala gelöst werden. Der Übergang Mikro-Skala auf Makro-Skala ist eine Mittelung der betrachteten Größen über das REV. Dabei können zusätzliche Terme in der Bilanzgleichung auftreten, für Grundwasser glücklicherweise nicht. Durch Mittelung der Phasen über das REV wird die Erhaltungsgröße sowohl über das Volumen der Fluidphase als auch das Volumen der Festphase gemittelt. Damit ergibt sich Ψ ist die Masse der Phase im Bilanzvolumen Ω ψ = n ρ ist die Massendichte n ρ v ist der Grundwasserfluss durch das Bilanzvolumen n ist die Porosität 3-8
9 Bilanzgleichung Grundwasser Damit ergeben sich zwei makroskopische Bilanzgleichungen (Index w = Wasser, s = solid = Festphase): Unter der Annahme, dass die Festphase unbeweglich ist (v s =0) und nicht deformierbar (ρ s =0), ergibt sich für die Bilanzgleichung der Festphase: 3-9
10 Bilanzgleichung Grundwasser Um die gewöhnlich gebräuchliche Grundwasserströmungsgleichung abzuleiten, müssen noch Materialfunktionen und der Flussterm umgeformt werden. Differenzieren der linken Seite ergibt: Zusätzlich gespeicherte Wassermasse wegen Änderungen der Fluiddichte Änderungen der Porosität Der zweite Term auf der rechten Seite ist nur bei Deformationen der Feststoffmatrix nicht identisch Null 3-10
11 Bilanzgleichung Grundwasser Die Fluiddichte des Wassers ist typischerweise eine Funktion des Drucks p, der Temperatur T und der gelösten Inhaltsstoffe C (z.b. Salze, Meerwasser), d.h. Damit: ρ = ρ (p, T, C) β x definiert die Kompressibilitäten des Wassers (alle anderen Variablen konstant) 3-11
12 Bilanzgleichung Grundwasser Materialfunktionen: Dichte von Wasser in Abhängigkeit der Temperatur Dichte des Wasser in Abhängigkeit des Drucks 3-12
13 Bilanzgleichung Grundwasser Typischerweise sind die Koeffizienten bx veränderlich mit p, T und C. In gewissen (kleinen) Bereichen können sie als konstant angenommen werden, dann gilt folgende Zustandsgleichung: Mit ρ = ρ 0 für p=p 0, T=T 0 und C=C
14 Bilanzgleichung Grundwasser Um die entsprechenden Terme für die Porositätsänderung zu bestimmen, wird analog verfahren: Die Kompressibilität der Festmatrix hat zwei Beiträge: - Deformation der einzelnen Körner (α s ) - Umbildung des Gefüges (Gefügekompressibilität) (α g ) Typische Werte: β = 5 * Pa -1 α S = 1 * Pa -1 α g = 1 * * 10-6 Pa -1 Werte α g [Pa -1 ]: Ton Sandstein Sand Magmatite Kies
15 Bilanzgleichung Grundwasser Definition der Piezometerhöhe h [m]: Damit ergibt sich für den Speicherterm der Strömungsgleichung: 3-15
16 Bilanzgleichung Grundwasser Für Grundwasser definiert man den spezifischen Speicherkoeffizient S 0 [m -1 ] (engl: specific storativity) als das Wasservolumen, das pro Einheitsänderung der Piezometerhöhe pro Einheitsvolumen des porösen Mediums gespeichert werden kann. Für gespanntes Grundwasser gilt: Typische Werte von S 0 sind 10-2 m -1 im Ton und 10-7 m -1 im Stein. Im freien Aquifer muss zusätzlich berücksichtigt werden, dass der Wasserspiegel ansteigen kann. Dann gilt für den Speicherkoeffizienten [-] (tiefenintegriert): 3-16
17 Impuls-Bilanzgleichung 1 Neben der Masse ist der Impuls eine wichtige Erhaltungsgröße. Der Impuls P [kg m s -1 ] ist gegeben als Ψ = P = mv, die Impulsdichte (intensive Größe) ist gegeben als ψ = p = ρv. Damit ergibt sich die differentielle Form der Impulsbilanzgleichung zu: Wobei f e und f e für die externen und die internen wirkenden Kräfte stehen. f e = ρg = (0, 0, ρg) f i = σ = (pi + τ) Wobei σ der (innere) Spannungstensor ist 3-17
18 Impuls-Bilanzgleichung 2 Die Normalspannung auf ein Volumenelement des Fluids ist durch den Druck p gegeben, I ist die Einheitsmatrix. τ ist der Tensor der viskosen Spannungen, die sich aus der inneren Reibung des Fluids ergeben. Ein Fluidvolumen kann verformt werden durch - Translation (a), - Rotation (b), - Elongation (d) und -Scherung (c) 3-18
19 Impuls-Bilanzgleichung 3 Für eine Newton sche Flüssigkeit gilt: Wobei τ = Scherspannung [Pa] µ = Viskosität [Pa s] v = Fluidgeschwindigkeit dv/dn = Geschwindigkeitsgradient senkrecht zur Scherrichtung Die Scherspannung ist also proportional dem Gradienten der Geschwindigkeit: 3-19
20 Impuls-Bilanzgleichung 4 Für eine Newton sche Flüssigkeit ergibt sich damit die Bewegungsgleichung als die Navier-Stokes Gleichung Diese ist eine der wesentlichen Grundgleichungen der Hydrodynamik und wird praktisch fast überall verwendet: Flugzeugbau, C W -Wert Auto, Flüsse, Seen, Grundwasser, Ozean, Wettervorhersage,... jedoch jeweils in spezifischen, teilweise angepassten und vereinfachten Formen, da die vollen Navier-Stokes- Gleichungen aufwändig zu lösen sind. 3-20
21 Darcy-Gesetz 1 Damit ergibt sich die volumengemittelte Navier-Stokes Gleichung unter Vernachlässigung von Trägheitstermen (d.h. viskose Strömung) zu: Löst man diese Gleichung z.b. für die laminare Rohrströmung, so erhält man das parabolische Geschwindigkeitsprofil: v(r) = a p r² a = Proportionalitätskonstante r = Radiuskoordinate und der Durchfluss Q ist proportional zu a p 3-21
22 Darcy-Gesetz 1 Da man für ein poröses Medium den Durchfluss aufgrund der nicht bekannten Geometrie nicht genau berechnen kann, wird im Analogieschluss zum Fluss durch Klüfte oder Röhren angenommen, dass der Widerstand des fliessenden Fluids proportional seiner Geschwindigkeit ist. Damit lautet der viskose Widerstandsterm: Daraus ergibt sich das Gesetz: 3-22
23 Darcy-Gesetz 2 Empirisch nachgewiesen durch Henry Darcy (1856, Dijon) an Experimenten mit Sandfiltern: h 1, h 2 : Wasserhöhen (=Piezometerhöhen) im Einfluss- und Ausflussreservoir, relative gegen eine Referenzhöhe A, L: Querschnittsfläche und Länge der Säule K, I: Hydraulische Durchlässigkeit, hydraulischer Gradient 3-23
24 Darcy-Gesetz 3 Spezifischer Abfluss (auch: Filtergeschwindigkeit) q [LT -1 ] und Abstandsgeschwindigkeit (auch: Porengeschwindigkeit, Transportgeschwindigkeit) [L T -1 ] v: Gültigkeitsbereich des Darcy Gesetz: 3-24
25 Darcy-Gesetz 4 Im Allgemeinen Fall ist der Durchlässigkeitsbeiwert K ein Tensor, d.h. die hydraulische Durchlässigkeit ist in jede Raumrichtung eine andere: K = K ist ein symmetrischer Tensor, und kann bei Orientierung entlang der Hauptachsen geschrieben werden als: K = 3-25
26 Darcy-Gesetz 5 K drückt den Reibungesverlust beim Strömen von Grundwasser durch ein poröses Medium aus. Die hydraulische Durchlässigkeit kombiniert daher Einflüsse des Fluids und des porösen Mediums. K kann geschrieben werden als: k = intrinsische Permeabilität µ = dynamische Viskosität ν= µ/ρ = kinematische Viskosität Werte bei 10 C und 1 bar: µ= 0, N s m -2 ρ = kg m
27 Darcy-Gesetz Struktur des porösen Mediums Kinzelbach (1992) Porosität ist unabhängig vom Kugeldurchmesser, d.h. homogene gleichförmige Sande haben eine ähnliche Porosität. Die Porosität hängt aber von der Art der Packung (Packungsdichte) ab. Die Durchlässigkeit eines Mediums wird in erster Linie durch die Struktur des Mediums bestimmt, nicht durch die Porosität. 3-27
28 Darcy-Gesetz Struktur des porösen Mediums Typische Porositäts- und Durchlässigkeitswerte 3-28
29 Grundwasserströmungsgleichung Durch Kombination der Massenbilanzgleichung, der Fromulierung des Speicherterms und des Darcy-Gesetzes erhält man: Durch Vernachlässigung der lokalen (räumlichen) Dichteschwankungen ergibt sich die Grundwasserströmungsgleichung: 3-29
30 Formen der Strömungsgleichung Drei dimensionale Grundwasserströmungsgleichung: Speicher [1/m] hydraulische Durchlässigkeit Quellen / Senken [1/s] Zwei dimensionale Grundwasserströmungsgleichung (vertikal gemittelt): Vertikal gemittelter Speicherkoeffizient S [-] und Quellenterm q [m/s] 3-30
31 Formen der Strömungsgleichung Der Speicherkoeffizient S [-] beschreibt das Volumen an Wasser, das pro Einheitsfläche und Änderung der Piezometerhöhe um eine Einheitsgröße gespeichert werden kann: Die Transmissivität T [m²/s] ist definiert als Mächtigkeit M multipliziert mit der hydraulischen Durchlässigkeit K: Für ungespanntes Grundwasser wird die Strömungsgleichung nicht-linear, da M = h ortsabhängig ist: Dabei lautet der Speicherterm: h 3-31
32 Formen der Strömungsgleichung Ein dimensionale Grundwasserströmungsgleichung (vertikal und horizontal gemittelt): W M Mit S [m] und q [m²/s] Aber alle Parameter können räumlich variieren (auch wenn 1D): 3-32
33 Formen der Strömungsgleichung Unter der Annahme konstanter Geometrie (W(x) = W, M(x) = M): Weiterhin die Annahme einer homogenen hydraulischen Durchlässigkeit (inhomogene Diffusionsgleichung): Zusätzlich die Annahme von Stationarität, d.h. keine zeitliche Änderungen, Poisson-Gleichung): Zusätzlich ohne Quellen oder Senken (q = 0, Laplace-Gleichung): 3-33
34 Stromlinien und Equipotentiallinien Grundwasserströmung ist rotationsfrei (Wirbelfrei) und daher eine Potentialströmung: Durch schreiben des Darcy-Gesetzes als mit ergibt sich: Wirbelfreie Strömungen lassen sich als Potentialströmungen (Potentialfelder) darstellen, d.h. es existiert eine Funktion ψ mit 3-34
35 Stromlinien und Equipotentiallinien Im Falle einer ebenen zweidimensionalen Strömung: Daraus folgt: und Das Skalarprodukt von und ist: 3-35
36 Stromlinien und Equipotentiallinien D.h. die Funktionen und stehen senkrecht aufeinander (im isotropen porösen Medium) - Potentiallinien (Equipotentiallinien) für = konstant - Stromlinien (Wasserteilchenbahnen im stationären Fall) für = konstant - Stromlinien an Undurchlässigen Rändern - Potentiallinien an Potentialrändern 3-36
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