Sozial- & Wirtschafts statistik
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- Thomas Leopold Böhm
- vor 6 Jahren
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1 Nr 11 November 2016 Sozial- & Wirtschafts statistik Aktuell GLEICHSTELLUNG IM FOKUS Von Gerlinde Hauer und Silvia Hofbauer Arbeiterkammer Wien Geschlechtsspezifische Einkommensunterschiede, sowie die großen Differenzen zwischen den Er werbsarbeitszeiten von Männern und Frauen sind zwei wichtige Merkmale des österreichischen Arbeitsmarktes. Von einer Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt ist man in Österreich noch weit entfernt. Wie kann man Gleichstellung messen? Im Gleichstellungsindex des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo, 2015), der im Auftrag des Arbeitsmarktservice Österreich erstellt wird, werden (insgesamt 30) Indikatoren, die die Positionierung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt beeinflussen, zusammengefasst und mit den jeweiligen Männerwerten verglichen. Es werden Teilbereiche dargestellt (siehe Abb. 1), ABBILDUNG 1 GLEICHSTELLUNGSINDEX ARBEITSMARKT ARBEIT EINKOMMEN BILDUNG FAMILIE Ausmaß der Beschäftigungsintegration Einkommen Ausbildungsstruktur Karenz Segregation Einkommen beim Berufseinstieg Weiterbildung Arbeit und Familie Arbeitszeit Niedriglohn Übergang in Beschäftigung Einkommen vor/ nach der Karenz Berufliche Position Arbeitslosigkeit Quelle: Wifo 2015 Abo und Download: wien.arbeiterkammer.at/newsletter Quelle: Statistik Austria
2 Seite 2 Gleichstellung im Fokus Wussten Sie, dass mehr jungen Frauen als junge Männer mittlerweile einen Matura- oder Universitätsabschluss haben? die spezifische Aussagen in den Bereichen Arbeit, Einkommen, Bildung und Familie ermöglichen. Die jeweiligen Frauenwerte werden in Prozent der Männerwerte dargestellt, d.h. 100 % bedeutet Gleichstellung; Werte unter 100 % bedeuten eine Benachteiligung von Frauen, Werte über 100 % eine Benachteiligung von Männern. Der Gesamtwert des Gleichstellungsindex liegt bei 71 %, das heißt, dass Frauen durchschnittlich 71 % der Männerwerte erreichen. Die Positionierung der Frauen am Arbeitsmarkt ist insgesamt also schlechter. Ein differenziertes Bild entsteht bei Betrachtung der einzelnen Teilbereiche und auch durch den Vergleich der Bundesländer miteinander. Handlungsbedarf besteht vor allem im Bereich Familie und Beruf und beim Einkommen Am schlechtesten schneiden Frauen an der Schnittstelle Familie und Beruf ab, hier erreichen sie nur 40 % der Männerwerte. Verantwortlich dafür ist die Tatsache, dass Frauen nach wie vor den Großteil der familiären Verpflichtungen übernehmen. So wirkt sich das Vorhandensein von Kindern im Haushalt kaum auf den Erwerbsverlauf der Männer aus. Für Frauen bedeutet es in der Regel Berufsunterbrechung für mehrere Jahre und überwiegend Rückkehr in Teilzeit. Männer gehen seltener und kürzer in Karenz und müssen auch danach nur in den seltensten Fällen Einkommenseinbußen hinnehmen. Dass Frauen beim Faktor Einkommen nur 67 % des Männerwerts erreichen, verwundert somit kaum. Frauen verdienen in allen Bundesländern, außer in Wien, um rund ein Drittel weniger als Männer. Dies hat allerdings nur zum Teil mit den familienbedingten Berufsunterbrechungen zu tun. Im Bereich berufliche Position und Arbeitszeit sind Frauen schlechter gestellt, bei Bildungsabschlüssen liegen Frauen jedoch vor den Männern Im Themenfeld Arbeit des Gleichstellungsindex ist der Unterschied zwischen Männern und Frauen etwas geringer. Frauen erreichen 81 % des Männerwerts. Die Ungleichstellung ist hier vor allem den Teilindikatoren Arbeitszeit und berufliche Positionierung zu verdanken. 65,3 % der Männer sind ganzjährig vollzeitbeschäftigt, jedoch nur 38,5 % der Frauen. In leitenden Positionen befinden sich 30,4 % der Männer und nur 16,3 % der Frauen. Lediglich im Themenfeld Bildung sind Frauen den Männern voran. Hier beträgt der Frauenwert 118 % des Männerwerts. Speziell bei den jungen Frauen liegt der Anteil der Maturantinnen und Uniabsolventinnen über jenem der Männer. Gleichzeitig zeigt sich aber auch eine gegenläufige Tendenz im unteren Bildungssegment, in der eine etwas höhere Anzahl an jungen Frauen weder in Ausbildung noch in Arbeit ist. Frauen investieren deutlich mehr Zeit in ihre Weiterbildung. In Zusammenhang mit den anderen Einflussfaktoren am Arbeitsmarkt führt Bildung alleine jedoch noch nicht zu mehr Chancengleichheit. Der Gender Pay Gap Der Gender Pay Gap gibt an, um wie viel Frauen weniger verdienen als Männer. Mit diesem hat sich eine Synthesis Studie (2015) Das Geschlecht macht einen Unterschied am Arbeitsmarkt beschäftigt. Darin wurden statistische Paare zum Zeitpunkt ihres Einstiegs in das Erwerbsleben erfasst und weiter beobachtet. Zielgruppe sind Personen, die eine Berufsausbildung bis maximal Lehrabschluss absolviert haben. Demnach führen Unterbrechungen der
3 Seite 3 Gleichstellung im Fokus ABBILDUNG 2 EINKOMMENSUNTERSCHIEDE 1999 UND 2013 Differenz der Monatseinkommen von Frauen und Männern ( Statistische Paare ) % % 88% 57% Frauen erzielen % der Einkommen der Männer Gender Gap: Differenz zw Frauen und Männern in % der Männerwerte Quelle: Synthesis, im Auftrag des AMS Österreich/ABI Wussten Sie, dass Frauen mit Lehrabschluss gegenüber Männer mit Lehrabschluss bereits beim Berufseinstieg um 13 % weniger verdienen, sich dieser Unterschied aber bis 15 Jahre danach auf 43 % erhöht und damit fast verdreifacht? Erwerbstätigkeit zu mehr als einer Verdoppelung der Zunahme des einkommensbezogenen Gender Gaps. Er beträgt bei Paaren, bei denen nur die Frau in Karenz war -54 % zulasten der Frauen. Der Gender Gap hat aber auch noch andere Ursachen. So ist er bereits beim Einstieg in das Berufsleben, bei dem Teilzeitarbeit eine geringe Rolle spielt, sichtbar. Er beträgt bei Personen mit maximal Pflichtschulabschluss -12 % und bei Personen mit Lehre -13 %. Dass sich dieser Unterschied nach 15 Jahren mehr als verdreifacht (Gender Gap: -43 %), hängt neben den Unterbrechungen und Versorgungspflichten auch mit dem Berufsfeld zusammen, in dem die Frauen und Männer tätig sind (siehe Abb. 2). So erweist sich beispielsweise der Handel als eine der Branchen, in dem es deutliche Ungleichheiten in der Bezahlung gibt, aber auch in den technischen Berufen tritt das Gefälle verstärkt auf. Unterschiede gibt es auch zwischen städtischen und ländlichen Regionen. So wächst der Gender Gap in der Stadt von -11 % auf -39 %, auf dem Land sogar von -14 % auf -48 %. Einen wesentlichen Einfluss hat auch der Migrationshintergrund. Während Männer mit Migrationshintergrund die schlechtere Einkommenssituation gegenüber Männern ohne Migrationshintergrund innerhalb von 15 Jahren nahezu aufholen können, gelingt das Frauen mit Migrationshintergrund nicht. Sie fallen gegenüber Frauen ohne Migrationshintergrund noch weiter zurück. Blick auf Einkommensnachteile von Frauen im gesamten Erwerbsleben Im Lebenserwerbsverlauf zeigen sich insbesondere die Einkommensnachteile von Frauen durch Karenz und Teilzeit deutlich. Sie können von Frauen oft ihr ganzes weiteres Berufsleben nicht mehr aufgeholt werden. Das zeigt eine sehr eindrückliche Analyse der Einkommensverteilung in Haushalten unselbständig Erwerbstätiger der Statistik Austria.
4 Seite 4 Gleichstellung im Fokus Wussten Sie, dass die Einkommenseinbußen von Frauen durch Karenz und Teilzeit im weiteren Erwerbsverlauf weiterwirken und sich der Abstand zwischen Frauen- und Männereinkommen noch vergrößert? In Abbildung 3 ist das Netto-Medianeinkommen (für Oktober) aller unselbständig erwerbstätigen Frauen und Männer nach Einzeljahren dargestellt. Die beiden Seiten der linken Pyramide unterscheiden sich dabei massiv. Das Erwerbsleben der Männer ändert sich bei einer etwaigen Familiengründung meist so gut wie gar nicht. Bei den Männern steigt daher mit jedem einzelnen Geburtsjahrgang auch das mittlere Einkommen. Erst ab Anfang Sechzig sinkt das Einkommen der Männer wieder, da manche unselbständig Erwerbs tätige ihre letzten Arbeitsjahre auf Teilzeitbasis bestreiten. Insgesamt gleicht die Darstellung der männlichen Nettoeinkommen einem Einkommensbauch. Demgegenüber stehen die weiblichen Medianeinkommen: Sie verlaufen wellenförmig auf deutlich niedrigerem Niveau. Einen Höhepunkt erreichen die Einkommen von Frauen Ende Zwanzig/Anfang Dreißig, um danach deutlich abzusinken. Es entsteht ein Einkommensknick. Der Abstand zwischen den mittleren Verdiensten von Frauen und Männern nimmt in der Folge zu. Danach steigt das Einkommen bis Mitte Fünfzig wieder an. Es kann den Peak der Medianeinkommen der Ende Zwanzigjährigen allerdings kaum mehr übertreffen. Dieser Befund zeigt wie hoch das Risiko für viele Frauen ist, nach einer Trennung bei Arbeitslosigkeit oder im Alter unzureichend beziehungsweise deutlich schlechter sozial abgesichert zu sein als Männer. ABBILDUNG 3 MONATLICHES MEDIAN-NETTOEINKOMMEN AUS UNSELBSTÄNDIGER ERWERBSTÄTIGKEIT INSGESAMT ALTER ALLEINLEBEND Quelle: Statistik Austria, Abgestimmte Erwerbsstatistik 2013, inklusive Lehrlinge
5 Seite 5 Gleichstellung im Fokus Die Arbeiterkammer setzt sich ein für Geschlechtergerechte Umverteilung der Arbeitszeit in Richtung einer ausgewogeneren Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit Ausbau und langfristige finanzielle Absicherung von Kinderbetreuung und bildung Bessere Einkommenschancen für Frauen Sicherung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen, die auf eine nachhaltige Verbesserung der Erwerbssituation von Frauen ausgerichtet sind Weiterführende Informationen Bock-Schappelwein/Famira-Mühlberger/Horvath/Huemer (2015): Gleichstellungsindex Arbeitsmarkt. Eine Analyse des Geschlechterverhältnisse in Österreich. Wirtschaftsforschungsinstitut im Auftrag des AMS Österreich Dremsek/Gregoritsch/holl/Kernbeiß/Prammer-Waldhör (2015). Das Geschlecht macht einen Unterschied am Arbeitsmarkt. Veränderung der Erwerbspositionen von Frauen und Männern 15 Jahre nach ihrem Erwerbseinstieg. Synthesis Forschung im Auftrag des AMS Österreich Registerbasierte Statistiken Private Haushalte und Einkommen. Schnellbericht 10.26, Statistik Austria Schreiben Sie uns Ihre Meinung, Wünsche, Anregungen und Kritik an swsa@akwien.at IMPRESSUM: Herausgeberin und Medieninhaberin Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, 1040 Wien, Prinz Eugen Strasse Redaktion Gerlinde Hauer, Petra Innreiter, Ilse Leidl, Reinhold Russinger, Matthias Schnetzer, Norman Wagner Kontakt SWSA@akwien.at Verlags- und Herstellungsort Wien Erscheinungsweise 11 mal jährlich DVR AKWien Grafik Jakob Fielhauer Foto S. 2 Karin & Uwe Annas - Fotolia.com Verlags- und Herstellungsort Wien DVR AK Wien Offenlegung gem 25 des Mediengesetzes siehe wien.arbeiterkammer.at/offenlegung Blattlinie: Die Meinungen der AutorInnen
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