Ein Schadenfall besonderer Art

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1 Ein Schadenfall besonderer Art Prof. Dr. H.A. Hänni, SSEF Schweizerisches Gemmologisches Institut, Basel Zusammenfassung Eine Schadenanalyse an einem Diamanten mit kraterförmigem Ausbruch brachte eine Erklärung des Schadenhergangs, welche uns auf die Gefahren des Laser-Lötens aufmerksam macht. Die Energie eines Laser-Schusses zur Reparatur eines Griffes, versehentlich in den Diamanten abgegeben, provozierte einen Phasenübergang: Diamant wurde zu Graphit. Die damit einhergehende Volumenvergrösserung des umgewandelten kleinen Volumens brachte den Diamant zum bersten, ein kraterförmiger Ausbruch zur Oberfläche entstand. Abstract The analysis of a damage that occurred to a cut diamond is discussed. The origin of a crater like pit on the diamond is explained as a consequence of a laser shot mistakenly directed into the stone when the setting was repaired. The laser energy transformed a small volume of diamond into graphite, the increase of volume blasted a portion of the stone away and created the damage on the gem. Keywords: damage on diamond, laser soldering, diamond-graphite phase transition Einleitung Schäden an geschliffenen Diamanten sind nicht selten. (Hänni & Bosshart,1987). Der härteste Edelstein ist nicht unempfindlich gegen Druck und Schlag und besitzt zudem eine leicht anzuregende Spaltbarkeit. Spaltrisse und Schlagmarken finden sich an den meisten Rohsteinen. Durch den Schleifprozess erwerben Steine oft ungewollt neue Schäden an der Rundiste oder durch den Kontakt der Schleifzange. Auch Brandstellen an der Oberfläche entstehen oft schon in der Schleiferei. Später eintretende Beschädigungen sind oft durch zu schmale Rundisten vom Schleifer programmiert, es entstehen Ausbrüche beim Fassen. Eher selten werden Diamanten beim Tragen schwer beschädigt. Bekannt sind jedoch die Tragspuren, welche einem Diamanten durch Druck und Schlag zugefügt werden, sowie die Abnützungen an Ecken und Kanten. Sie entstehen nicht zuletzt durch den Kontakt mit anderen Diamanten. Reparaturen an Schmuckstücken verlangen oft, dass am Metall gelötet bzw. geschweisst wird. Da bei konventionellem Löten mit Gasflamme das ganze Stück erhitzt wird, müssen Diamanten oft abgedeckt werden, was mit einer Boratschmelze geschieht. Hier ist es wichtig, das Schmuckstück zuerst gründlich zu reinigen, damit die Boratschmelze überall den Diamanten benetzt. Sonst entstehen matte Stellen durch Korrosion, wenn Kohlenstoff des Diamanten mit Sauerstoff der Flamme zu Kohlendioxid übergeht. Im Gegensatz zu Diamant, der in Boratschmelze nicht löslich ist, lösen sich die anderen Edelsteine in Boratschmelze. Die meisten würde auch die Hitze nicht ertragen und werden daher beim Löten gekühlt. Rubine und Saphire werden meistens in Feuer genommen; sie sollten aber keinesfalls mit Borax bedeckt werden, da die Schmelze Korund löst. Hässliche Korrosionen wären die Folge. 1

2 Ein quasi kalter Lötvorgang würde also einige Probleme gar nicht aufkommen lassen und Laserschweissen ist eine moderne Alternative zum Löten mit Flamme. Dass dabei andere Probleme auftreten können, soll diese kurze Abhandlung darlegen. Der Fall Das gemmologische Labor SSEF erhielt einen rätselhaften Schadenfall zur Aufklärung. Ein Diamant von 6.5 ct, gefasst in einem Anhänger, zeigte plötzlich ein kleines Loch in der Oberfläche, das früher nachweislich nicht bestand (Abb. 1), denn auf dem vorhandenen Zertifikat war an dieser Stelle kein Merkmal eingezeichnet. Niemand konnte sich erklären, weshalb der gelbe, tropfenförmige Diamant plötzlich einen kraterförmigen Ausbruch aufweist. Der Stein war vorher zu einer gemmologischen Untersuchung ausgefasst und dann wieder eingefasst worden. Das neu aufgetretene Loch an der Oberfläche mass etwa 1.0 x 0.5 x 0.3 mm. In der Mitte, an der tiefsten Stelle, war ein kleiner schwarzer Punkt erkennbar (Abb. 2). Das Ziel war also vorerst, den Fremdkörper zu identifizieren, es wurde erwartet dass es eine abgebrochene Stahlspitze oder Dergleichen sei. Im Raster-Elektronenmikroskop mit energiedispersivem Zusatz wurde der Ausbruch fotografiert und der schwarze Punkt chemisch analysiert. Es wurde nur Kohlenstoff nachgewiesen (Abb.3). Ein Raman-Spektrum zeigte die Linien von Diamant und Graphit (Abb.4). Damit lagen fast alle Elemente für die Erklärung des Schadens vor. Im Krater war offenbar ein Bereich des Diamanten graphitisiert worden. Die Lösung Das plötzliche Vorliegen von Graphit in Diamant kann erklärt werden durch einen lokalen Energiestoss, der ein kleines Volumen Diamant in Graphit umwandeln kann. Bekanntlich ist Diamant an der Erdoberfläche metastabil und geht über eine kleine Energieschwelle in Graphit über. Diamant hat die Dichte 3.52, Graphit hat jedoch 2.16, was eine grosse Volumenzunahme von 1.6 x bedeutet. Der dadurch entwickelte Druck sprengte den darüber liegenden Diamantbereich fort. Die Energie musste punktgenau geliefert worden sein, denn sonst wäre ein grösserer Bereich graphitisiert worden. Diese Voraussetzungen werden geliefert durch einen fokussierten Laserschuss. Laser werden in der Bijouterie zum Schweissen verwendet. Da der Stein in der Fassung zur Schadenanalyse vorgeführt wurde, ging es jetzt darum, die Fassung auf Laserschweissspuren zu untersuchen, um der Theorie zu bestätigen. Tatsächlich wurde eine Stelle mit entsprechenden Fliesswülsten an einem Griff Nähe des Ausbruchkraters gefunden (Abb. 5). Wir nehmen an, dass dieser beim Ausfassen der Griff abbrach und später wieder ergänzt wurde. Warum dies aber mit eingesetztem Stein geschah, entzieht sich unserer Kenntnis. Diskussion Diamant ist das härteste Mineral, und doch ist ein Diamant nicht unvergänglich. Dass geschliffene Diamanten sollten Schlag- und Druckempfindlich sind, ist den Fachleuten bekannt. Weniger bekannt sind wahrscheinlich diejenigen Prozesse, wo Diamant als metastabiles Mineral den nötigen Energiestoss erhält, um sich aufzulösen oder umzuwandeln. Schon bei 700 o C geht Diamant in Gegenwart mit Sauerstoff in Kohlendioxid über. Die Energie eines fokussierten Lasers, wie er zum Schweissen verwendet wird, reicht aus, um Diamant in Graphit umzuwandeln. Ein Unfall beim Reparieren eines Griffes an einer Fassung hat gezeigt, 2

3 dass diese Umwandlung, wenn sie im Innern eines Diamanten abläuft, einen beträchtlichen Druck erzeugt. Dieser Druck kann den Diamanten stark beschädigen indem Teile weggesprengt werden. Abbildungen Abb. 1 Fig. 1 Der tropfenförmige Diamant mit deutlich sichtbarem ovalem Ausbruchkrater im Bereich einer Sternfacette. Breite des Steines 9.6 mm. Foto H.A. Hänni SSEF The pear shaped diamond with clearly visible crater at a star facette. Width of the stone is 9.6 mm. Foto H.A. Hänni SSEF Abb. 2 Fig. 2 Der Ausbruchkrater im Raster-elektronenmikroskopischen Bild. Der stufige Ausbruch misst 1.0 x 0.5 x 0.3 mm. Die graphitisierte Zone misst etwa 0,07 mm Foto ZMB, Uni Basel. The crater as seen in the scanning electron microscope SEM. The stepped chip measures approximately 1.0 x 0.5 x 0.3 mm. The graphitised central area is about 0.07 mm across. Foto ZMB, Uni Basel. 3

4 Abb. 3 Fig. 3 Das energiedispersive Spektrum (EDS) im REM aufgenommen, zeigt Kohlenstoff als einziges Element des schwarzen Punktes im Zentrum des Ausbruchs. Das Silber Signal (Ag) stammt von der metallischen Bedampfung des Steins, welche notwendig ist für ein Bild und eine REM-EDS-Analyse. Spektrum ZMB, Uni Basel. This energy dispersive spectrum (EDS) as produced with the scanning electron microscope (SEM) shows that carbon (C) is the only element identified on the black spot in the centre of the chip. The silver (Ag) signal stems from the metallic coating necessary when a picture and a SEM-EDS analysis needs to be made. Spectrum ZMB, Uni Basel. Abb.4 Fig. 4 Das Raman-Spektrum des schwarzen Zentrums in der Mitte des Ausbruchs zeigt die Maxima für Graphit. Daneben ist auch die Linie für Diamant sichtbar (1332 cm -1 ). Spektrum SSEF The Raman spectrum of the black centre in the chipped crater shows the maxima for graphite. Beside of this also the characteristric line for diamond is present (1332 cm -1 ). Spectrum SSEF. 4

5 Abb. 5 Fig. 5 Der Laser-geschweisste Griff liegt nahe des Ausbruchs. Die Schmelzwülste sind bei stärkerer Vergrösserung im Mikroskop erkennbar. Foto H.A. Hänni SSEF The laser-repaired prong lies close to the chip. The characteristic bulges are visible at higher magnifications. Foto H.A. Hänni SSEF Verdankung Der Autor dankt den Herren Marcel Düggelin und Daniel Mathys, Zentrum für Mikroskopie der Universität Basel für ihre analytische Unterstützung. Dr. M. Krzemnicki und Dr. U. Henn wird für die kritische Durchsicht des Manuskriptes gedankt. Literaturverzeichnis Hänni, H.A. & Bosshart, G. (1987): Schäden an geschliffenen Diamanten. Schweiz. Uhren & Schmuck Journal, 2, Hänni, H.A. & Bosshart, G. (1987): Damage to cut Diamonds.- J.Gemmol., 20, 6,