Zur HOMO-Grammatikalisierung im 13. Jahrhundert

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1 Zur HOMO-Grammatikalisierung im 13. Jahrhundert Eine korpusbasierte Vergleichsstudie Kastilisch-Katalanisch-Französisch Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Philosophie in der Fakultät für Philologie der Ruhr-Universität Bochum vorgelegt von Sarah Feryal Gemicioglu

2 Gedruckt mit der Genehmigung der Fakultät für Philologie der Ruhr-Universität Bochum Referent: Prof. Dr. Wiltrud Mihatsch Korreferent: Prof. Dr. Elmar Eggert Tag der mündlichen Prüfung:

3 Danksagung Am Ende des Schaffensprozesses dieser Arbeit möchte ich gern einigen Menschen danken, ohne die dieses Projekt nicht realisierbar gewesen wäre. Zunächst gilt mein Dank Prof. Dr. Wiltrud Mihatsch dafür, dass sie mein Projekt von der Erarbeitung des Themas an begleitet und mich bei der breit angelegten Studie im fachlichen Dialog unterstützt hat. Herrn Prof. Dr. Elmar Eggert gebührt mein Dank dafür, dass er die Zweitbetreuung meiner Arbeit übernommen hat, für den fachlichen Austausch und viele wertvolle Hinweise. Ferner möchte ich Dr. Wolfgang Schlör meinen herzlichsten Dank aussprechen. Die kontinuierlichen Diskussionen zu einzelnen Belegen aus allen drei Altsprachen waren mir eine unfassbar große Bereicherung. Für die Diskussion zu einigen Zweifelsfällen gilt mein Dank auch Dr. Òscar Bladas und Dr. Jaume Fitò. Für die Durchsicht des Manuskripts möchte ich gern meiner Schwester Britta, Prof. Dr. Carolin Patzelt, Dr. Wolfgang Schlör und Detlef Suckrau danken. Dr. Gero Arnscheidt und Monika Moennig danke ich für die Diskussion kritischer Stellen, für die kontinuierlichen Ermutigungen, meinen Weg zu gehen und die motivierenden Worte, wann immer es nötig war. Ich danke Prof. Dr. Ulrich Moennig für den Austausch zu den Epochen des Griechischen. An dieser Stelle möchte ich betonen, dass diese Arbeit nicht ohne meinen Eltern Necdet und Karin möglich gewesen wäre. Nichts von all dem, was ich bin, wäre ich ohne euch. Ich bin stolz und unendlich dankbar, euch meine Eltern nennen zu dürfen und zu wissen, dass ihr immer für mich da seid. Meine Schwestern Sabrina und Britta sind stets mit Rat und Tat an meiner Seite gewesen und haben mich dabei unterstützt, meine Ideen zu verfolgen. Ihr wart und seid ein unbezahlbarer Rückhalt in meinem Leben. Zuletzt möchte ich gern meiner Frau Noëmi danken. Danke, dass du mich während der ganzen Zeit, und gerade auch am Ende meiner Promotion mit all den Macken, die diese Zeit mit sich bringt, unterstützt hast und stets an meiner Seite warst. Danke für deine liebevolle Zuneigung, den Zuspruch und das Rückenfreihalten. Ich liebe dich.

4 Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis... III Tabellenverzeichnis... III 0. Einleitung Zur Terminologie: unpersönliche Pronomen vs. Indefinitpronomen Die Grammatikalisierung von HOMO: Forschungsstand Der Grammatikalisierungspfad Generizität Ausprägungen von Generizität generische NPs und generische Sätze Zur Abgrenzung von generischen und referenziellen NPs und generischen Sätzen und Handlungssätzen Abgrenzung von generischen und referenziellen NPs Zusammenfassung generische und spezifische NPs im Spanischen, im Französischen und im Katalanischen Abgrenzung von generischen und Handlungssätzen Zum Zusammenspiel von generischen NPs und generischen Sätzen Kontext und Sprecherwissen Die pragmatischen Prinzipien nach Declerck (1991) Tempusgebrauch Die Verankerung der Grammatikalisierung von HOMO in der Implicational Map von Haspelmath Zum Ursprung der Grammatikalisierung im Kontext des Standard Average European (SAE) Zusammenhang des Grammatikalisierungsgrades und des Verbreitungsgebietes Der Einfluss des Lateinischen Der indefinite Gebrauch von HOMO in kirchensprachlichen und nicht kirchensprachlichen Texten Die semantische und syntaktische Entwicklung des indefiniten Gebrauchs von HOMO und seine Kontexte Klassisches Latein Spätlatein Die Rolle des Kirchenlateins Die Entwicklung des Artikelgebrauchs Die Verwendung des Artikels im Altspanischen Der definite Artikel Der indefinite Artikel Die Verwendung des Artikels im Altfranzösischen Der definite Artikel Der indefinite Artikel I

5 3.2.3 Der Teilungsartikel Die Verwendung des Artikels im Altkatalanischen Der definite Artikel im Altkatalanischen Der indefinite Artikel im Altkatalanischen Der Teilungsartikel im Altkatalanischen Der Gebrauch von HOMO in den frühesten Sprachstufen des Spanischen, Französischen und Katalanischen Alt- und Mittelfranzösisch Alt- und Mittelspanisch Alt- und Mittelkatalanisch Korpusstudie zur Grammatikalisierung von HOMO im Spanischen, Katalanischen und Französischen Zum Korpus Im Korpus erfasste Untersuchungskategorien Grammatikalisierung von HOMO im Spanischen, Französischen und Katalanischen: Auswertung des Untersuchungskorpus Belege nach Grammatikalisierungsgrad Der Grammatikalisierungsgrad in Abhängigkeit vom Kontext Der Grammatikalisierungsgrad in Abhängigkeit von der syntaktischen Position Artikelgebrauch Artikelgebrauch und Grammatikalisierungsgrad Artikelgebrauch und syntaktische Position Grammatikalisierungsgrad und Modifikation Grammatikalisierungsgrad und Schreibung Im Rahmen der Grammatikalisierung verwendete Verben Weitere (potentielle) Grammatikalisierungspfade Konstruktionen des Typs x + HOMO Zur Konstruktion nul (kat., frz.)/ningun (kat.)/ningún (sp.) + HOMO Zur Konstruktion tot (kat.)/tout (frz.)/todo (sp.) + HOMO Zur Grammatikalisierung der definiten referenziellen Lesart Fazit und Ausblick A Literaturverzeichnis B Anhang B.1 Grammatikalisierung und syntaktische Position (aufgeschlüsselt nach Texten) B.2 Das Vorkommen von tout/todo/tot + HOMO im Untersuchungskorpus B.3 Die im Untersuchungskorpus verzeichneten Verben II

6 Abbildungsverzeichnis Abb. 1: The grammaticalization path of man as an indefinite element (Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 75) 7 Abb. 2: Taxonomische Hierarchie Löwe 21 Abb. 3: Die Implicational Map für die Funktionen von Indefinitpronomen (Haspelmath 1997, 4) 36 Abb. 4: Der Grammatikalisierungspfad von HOMO nach Giacalone Ramat/Sansò (2007b, 106) 40 Abb. 5: Diachrone Extension ausgehend von FC (vgl. Haspelmath 1997, 149) 40 Abb. 6: Die Verankerung des generischen Gebrauchs in der Haspelmathschen Skala (ebd. 1997, 149) ausgehend von der Funktion FC 43 Abb. 7: Der europäische Sprachbund ( SAE ) nach König/Haspelmath (1999, 113) 49 Abb. 8: SAE basierend auf neun Merkmalen (nach Haspelmath 2001, 1505) 51 Abb. 9: The present-day distribution of man-constructions in Europe (Giacalone Ramat/Sansò 2007b, 124) 56 Abb. 10: Avance del artículo en sustantivos según clase semántica (Ortiz Ciscomani 2009, 375) 90 Abb. 11: Cambios en la evolución de demostrativo a artículo (Ortiz Ciscomani 2009, 368) 94 Abb. 12: Determinierung von Substantiven im Altfranzösischen (vgl. Kleiber 1984, 249) 106 Abb. 13: Die Entwicklung des definiten Artikels im Französischen (Harris 1977, 256) 116 Abb. 14: An Overlap Model of conceptual shift (Heine 1993, 49) 129 Abb. 15: Extension de l emploi du partitif: du partitif spécifique au partitif générique et au pluriel de l indéfini (Buridant 2007, 120) 133 Abb. 16: Darstellung des Grammatikalisierungsgrades in den Auswertungstabellen 182 Abb. 17: Frequenz der (teil)grammatikalisierten Belege unter Berücksichtigung der Textsorte 197 Abb. 18: Frequenz der Grammatikalisierungsstufe a2 unter Berücksichtigung der Textsorte 200 Abb. 19: Absolute und relative Frequenz von tothom ( Jahrhundert) 256 Abb. 20: Verteilung der Belege von tothom im CICA auf die unterschiedlichen Textsorten (13. Jahrhundert) 257 Abb. 21: Verteilung der Belege von tothom im CICA auf die unterschiedlichen Textsorten (14. Jahrhundert) 258 Abb. 22: Verteilung der Belege von tothom im CICA auf die unterschiedlichen Textsorten (15. Jahrhundert) 259 Tabellenverzeichnis Tab. 1: Generischer Gebrauch von NPs im Spanischen, Französischen und Katalanischen 20 Tab. 2: Kreuzklassifizierung der unterschiedlichen Satz- und NP-Typen (vgl. Krifka 1995, 15 f.) 29 Tab. 3: Semantic features of the three situation types (Giacalone Ramat/Sansò 2007b, 107) 54 Tab. 4: Vorkommen des indefiniten HOMO im Korpus von Welton-Lair (vgl. ebd. 1999, 14) 63 Tab. 5: Kontexte für den indefiniten Gebrauch von HOMO (vgl. Welton-Lair 1999) 72 Tab. 6: Die Demonstrativa des klassischen Lateins (entnommen aus Roca 2009, 520) 78 Tab. 7: Die Demonstrativa des Vulgärlateins (entnommen aus Roca 2009, 521) 78 Tab. 8: Genus und Numerus der NPs mit definitem Artikel (vgl. Ortiz Ciscomani 2009, 304) 83 Tab. 9: Grammatische Funktion der NP mit definitem Artikel (Ortiz Ciscomani 2009, 316) 86 Tab. 10: NP mit definitem Artikel im Nukleus (vgl. Ortiz Ciscomani 2009, 316) 87 Tab. 11: Numerus der NP mit definitem Artikel in Funktion des Subjekts (s. Ortiz Ciscomani 2009, 318) 88 Tab. 12: Determinierung von NPs in Funktion des Subjekts und des dir. Objekts (s. Ortiz Ciscomani 2009, 334). 89 Tab. 13: Präsenz von un entsprechend dem Substantivtyp vom 13. bis zum 16. Jahrhundert (vgl. Garachana Camarero 2009, 441) 101 III

7 Tab. 14: Präsenz des indefiniten Artikels nach syntaktischer Funktion vom 13. bis zum 16. Jahrhundert (vgl. Garachana Camarero 2009, 435) 104 Tab. 15: Ausdrucksarten von Generizität im Altfranzösischen und ihre frühesten Belege (vgl. Marchello-Nizia 2006, 210 ff.) 113 Tab. 16: Vergleich des Artikelvorkommens Alt-/Neufranzösisch (vgl. Carlier 2001, 66) 126 Tab. 17: Der indefinite Gebrauch von HOMO/on und seine Kontexte (vgl. Welton-Lair 1999) 154 Tab. 18: Frecuencia de empleos no referenciales de hombre según género textual (Company Company 2008, 41) 160 Tab. 19: Usos pronominales de hombre según género textual (Company Company 2008, 42) 161 Tab. 20: Zusammenstellung des Untersuchungskorpus 176 Tab. 21: Umfang der Textzeugen (gesamt) der Korpora 177 Tab. 22: Abweichender Untersuchungsumfang der Doctrina pueril, der Coutumes de Beauvaisis und des Texts De l invention 177 Tab. 23: Belegverteilung nach Text 178 Tab. 24: Gesamtzahlen der untersuchten Belege 179 Tab. 25: Vorkommen von HOMO (gesamt) und HOMO (Singular) 180 Tab. 26: A scenario how a linguistic expression acquires a new grammatical meaning (Heine 2002, 86) 187 Tab. 27: Absoluter Grammatikalisierungsgrad in Abhängigkeit von Sprache und Text 194 Tab. 28: Unterscheidung (teil)grammatikalisiert/nicht grammatikalisiert in Abhängigkeit von Sprache und Text (absolute Zahlen) 195 Tab. 29: Grammatikalisierungsgrad in Abhängigkeit von Sprache und Text 195 Tab. 30: Unterscheidung (teil)grammatikalisiert/nicht grammatikalisiert in Abhängigkeit von Sprache und Text (relative Zahlen) 196 Tab. 31: Unterscheidung (teil)grammatikalisiert/nicht grammatikalisiert sortiert nach Textsorte 197 Tab. 32: Unterscheidung nicht grammatikalisiert und nach Grammatikalisierungsgrad aufgeschlüsselte Belege sortiert nach Textsorte 199 Tab. 33: Die Frequenz der drei Grammatikalisierungsstufen nach Untersuchungssprache 202 Tab. 34: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad, Kontext und Textsorte (CdT) 203 Tab. 35: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad, Kontext und Textsorte (Prim. Part.) 203 Tab. 36: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad, Kontext und Textsorte (CdB) 203 Tab. 37: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad, Kontext und Textsorte (DP) 205 Tab. 38: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad, Kontext und Textsorte (CeD) 205 Tab. 39: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad, Kontext und Textsorte (INV) 205 Tab. 40: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad, Kontext und Textsorte (HOMIL) 207 Tab. 41: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad, Kontext und Textsorte (ESM) 207 Tab. 42: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad, Kontext und Textsorte (VdSG) 207 Tab. 43: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad und Kontext im katalanischen Korpus 208 Tab. 44: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad und Kontext im spanischen Korpus 209 Tab. 45: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad und Kontext im französischen Korpus 209 Tab. 46: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad und Kontext im katalanischen Vergleichskorpus 210 Tab. 47: Grammatikalisierungsgrad in Relation zur syntaktischen Position (Katalanisch) 214 Tab. 48: Grammatikalisierungsgrad in Relation zur syntaktischen Position (Spanisch) 214 Tab. 49: Grammatikalisierungsgrad in Relation zur syntaktischen Position (Französisch) 214 Tab. 50: Grammatikalisierungsgrad in Relation zur syntaktischen Position (Kat. Vergleichskorpus) 214 Tab. 51: Der artgenerische Gebrauch im Spanischen, Französischen und Katalanischen (separiert nach Texten) 217 Tab. 52: Artikelgebrauch in Abhängigkeit vom Grammatikalisierungsgrad 219 Tab. 53: Bestimmter und unbestimmter Artikel in Abhängigkeit vom Grammatikalisierungsgrad 222 IV

8 Tab. 54: Nicht grammatikalisierte artikellose Belege und deren Anteil mit Modifikator 223 Tab. 55: Liste der Modifikatoren im Gesamtkorpus (separiert nach Text) 224 Tab. 56: Artikelgebrauch bei den Entwicklungen aus HOMO in den drei Untersuchungssprachen unter Berücksichtigung der syntaktischen Position und separiert nach Text 227 Tab. 57: Artikelgebrauch bei den Entwicklungen aus HOMO in den drei Untersuchungssprachen unter Berücksichtigung der syntaktischen Position (Sprachen gesamt) 229 Tab. 58: Bestimmter/unbestimmter Artikel bei den Entwicklungen aus HOMO unter Berücksichtigung der syntaktischen Position 230 Tab. 59: Gegenüberstellung des Gebrauchs von HOMO mit bestimmtem und ohne Artikel, Subjektposition 231 Tab. 60: Grammatikalisierungsgrad in Relation zur Modifikation (separiert nach Sprache und Text) 232 Tab. 61: Schreibung der katalanischen Belege (Hauptkorpus), separiert nach Text, in Relation zum Grammatikalisierungsgrad 234 Tab. 62: Schreibung der katalanischen Belege (Hauptkorpus, textübergreifend) in Relation zum Grammatikalisierungsgrad 235 Tab. 63: Schreibung der katalanischen Belege (Vergleichskorpus), separiert nach Text, in Relation zum Grammatikalisierungsgrad 236 Tab. 64: Schreibung der katalanischen Belege (Vergleichskorpus, textübergreifend) in Relation zum Grammatikalisierungsgrad 236 Tab. 65: Schreibung der französischen Belege separiert nach Text in Relation zum Grammatikalisierungsgrad 237 Tab. 66: Schreibung der französischen Belege (textübergreifend) in Relation zum Grammatikalisierungsgrad 238 Tab. 67: Schreibung der spanischen Belege, separiert nach Text, in Relation zum Grammatikalisierungsgrad 239 Tab. 68: Schreibung der spanischen Belege (textübergreifend) in Relation zum Grammatikalisierungsgrad 240 Tab. 69: Die häufigsten Verben im spanischen Korpus 242 Tab. 70: Die häufigsten Verben im katalanischen Korpus 243 Tab. 71: Die häufigsten Verben im französischen Korpus 244 Tab. 72: Das Vorkommen von 'sein', 'machen', 'sagen' und 'sehen' unter den häufigsten Verben im Korpus 245 Tab. 73: Absolutes Vorkommen von nul bzw. ningún im Untersuchungskorpus 253 Tab. 74: Frequenzwerte des Vorkommens von nul bzw. ningún im Untersuchungskorpus 253 V

9 Como puede observarse, el uso indefinido de los derivados de homo parece haber sido un proceso bastante generalizado en la Romania occidental. En ocasiones, la gramaticalización del sustantivo originó formas pronominales que aún se conservan, como en el caso de on y hom, en francés y catalán, respectivamente. Sin embargo, en la mayor parte de los casos, los usos indeterminados de los derivados de homo desaparecieron sin dejar rastro en los sistemas pronominales actuales. Tal es el caso del italiano, del portugués y del español (Company Company/Pozas Loyo 2009, 1105). 0. Einleitung Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Grammatikalisierung von HOMO zu man- Konstruktionen im Spanischen, Katalanischen und Französischen. Im heutigen Französisch und im heutigen Katalanisch findet sich ein grammatikalisierter, pronominaler Gebrauch aus ebendiesem Spenderlexem (frz. on bzw. kat. hom), während im heutigen Spanisch auf andere sprachliche Mittel zum Ausdruck eines indefiniten Subjekts zurückgegriffen wird, so beispielsweise die dritte Person Plural, uno und vor allem auch das se impersonal. Aber auch zwischen dem katalanischen Gebrauch und dem französischen lassen sich Unterschiede feststellen, der deutlichste sicherlich in Hinblick auf ihre Gebrauchsdomänen: Während das französische on in allen Bereichen der Sprache in Gebrauch ist, ist das katalanische hom heute auf den distanzsprachlichen Bereich beschränkt. Diese Einschränkung ist jedoch eine jüngere Entwicklung. Und ein Blick in die spanische Sprachgeschichte zeigt, dass auch hier ein indefiniter Gebrauch von HOMO durchaus vorhanden war, dieser sich aber nicht durchgesetzt hat. Diverse Arbeiten beleuchten die HOMO-Grammatikalisierung in Gänze. Gerade zum Französischen findet sich eine rege Betrachtung von on in der Forschungsliteratur, jedoch vorwiegend zum synchronen Gebrauch. Zur Grammatikalisierung zu erwähnen wäre die zentrale und äußerst umfassende Studie von Welton-Lair (1999). Zum italoromanischen Sprachraum, in dem der Gebrauch nur noch in einigen wenigen Varietäten erhalten ist, finden sich Betrachtungen und Untersuchungen z.b. in Brown (1936), Giacalone Ramat/Sansò (2007a) und 1

10 Schlaepfer (1933). Zum Spanischen omne ist die Forschungsliteratur relativ breit und grundlegende Fragen sind bereits diskutiert, beispielsweise der Zeitpunkt des Verschwindens der Konstruktion, die Verbreitungskontexte etc., so etwa in Brown (1931), Company Company (2008), Company Company/Pozas Loyo (2009), Mihatsch (2015a), Zielin ski (2012). Zu der katalanischen Grammatikalisierung besteht noch großer Forschungsbedarf. Erste Ansätze geben Bartra/Picallo (2011). Einen ausführlichen sprachübergreifenden Überblick zur Verbreitung von man-konstruktionen bieten z.b. Giacalone Ramat/Sansò (2007b). Zu den Entwicklungen im Lateinischen vgl. Giacalone Ramat/Sansò (2010), Welton-Lair (1999), Altolaguirre Tolosa (2011). Ausgehend von der Tatsache, dass das Altkatalanische, das Altfranzösische und das Altspanische man-konstruktionen basierend auf dem Spenderlexem HOMO kannten, der heutige Gebrauch, sofern er gegeben ist, aber signifikante Unterschiede aufweist, soll hier der Frage nachgegangen werden, inwiefern sich schon früh Unterschiede im Rahmen des Grammatikalisierungsprozesses zeigen. Hierzu beleuchtet die Arbeit mittels einer Korpusanalyse den Grammatikalisierungsstand im 13. Jahrhundert. In diesem finden sich in allen drei Untersuchungssprachen Belege für HOMO, die sich bereits von der lexikalischen Grundbedeutung zu einem indefiniten Gebrauch entwickelt haben. Zur Auswahl des 13. Jahrhunderts als Untersuchungszeitraum s. auch Kapitel 5.1. Nach einer terminologischen Einführung hinsichtlich der Betitelung der pronominalen Resultate der Grammatikalisierung in Kapitel 1 wird in Kapitel 2 der Grammatikalisierungspfad von HOMO vorgestellt. Da es sich in den ersten beiden Grammatikalisierungsstufen um einen generischen Gebrauch (mit unterschiedlicher Ausrichtung) handelt, werden in diesem Rahmen einige Schlüsselkonzepte der Generizität (Kapitel 2.2) vorgestellt. Weil hier die Ansicht vertreten wird, dass die Implicational Map von Haspelmath (1997) auch für die von ihm sogenannten generischen Pronomen, die er aus seiner Betrachtung ausschließt, von Nutzen sein kann, wird die HOMO-Grammatikalisierung in dieser situiert und verankert (Kapitel 2.3), um diese Betrachtung in der späteren Analyse wieder aufzugreifen und die HOMO- Grammatikalisierung auf diese Weise zu illustrieren. In den Kapiteln 2.4 und 2.5 wird eine Kontextualisierung der man-grammatikalisierungen innerhalb der Sprachen des Standard Average European (SAE) gegeben (das Konzept und die Abgrenzung der SAE-Sprachen wird in den genannten Kapiteln besprochen) und die Rolle des Lateinischen und des Sprachkontakts diskutiert. Dies geschieht, um etwaige Beeinflussungen im Sprachwandelprozess der HOMO-Grammatikalisierungen aufzuzeigen und Faktoren benennen zu können, die einen 2

11 möglichen Einfluss auf diesen darstellten. Kapitel 3 stellt wichtige Etappen der Artikelentwicklungen in den drei Untersuchungssprachen vor, da der Verlust des Artikels einen wichtigen Einschnitt in der Grammatikalisierung ausmacht, ist er doch ein kategorienspezifisches Merkmal des Substantivs (vgl. das Prinzip der Dekategorisierung (Hopper 1991)). Ferner kommt ihm eine wichtige Rolle im Rahmen der Markierung von generischen Lesarten von NPs zu. Bevor die Arbeit sich der Korpusanalyse zuwendet, wird in Kapitel 4 mittels der Forschungsliteratur ein gesonderter Blick auf die HOMO-Grammatikalisierung im Spanischen, Französischen und Katalanischen geworfen. In Kapitel 5 werden zunächst das Untersuchungskorpus und die Auswertungskriterien präsentiert, bevor die Ergebnisse der Analyse vorgestellt und diskutiert werden. Hierzu werden die unterschiedlichen Auswertungskriterien in den drei Sprachen betrachtet. Diese Betrachtung erfolgt nicht in separaten Grammatikalisierungsbausteinen, vielmehr werden die einzelnen Kriterien miteinander kombiniert und ermöglichen so ein Bild des jeweiligen Grammatikalisierungsstandes im 13. Jahrhundert und auf diesem Wege einen Vergleich des Katalanischen, des Spanischen und des Französischen. Das Französische mit seinem bereits früh sehr weit grammatikalisierten und konventionalisierten Gebrauch von on dient dabei als Modell für die Betrachtungen zum Spanischen und zum Katalanischen. Kapitel 6 beleuchtet weitere Beobachtungen zu (potentiellen) Grammatikalisierungen, die im Rahmen der Analyse der erhobenen Daten gemacht wurden, bevor im letzten Kapitel, das sowohl Fazit als auch Ausblick ist, die Ergebnisse der Arbeit vorgestellt und zukünftig zu untersuchende Forschungsfragen aufgeworfen werden. 1. Zur Terminologie: unpersönliche Pronomen vs. Indefinitpronomen Bevor im Rahmen dieser Arbeit die Ergebnisse der HOMO-Grammatikalisierung und insbesondere jene im Spanischen, Französischen und Katalanischen betrachtet werden, stellt sich zunächst die Frage, wie genau diese überhaupt zu bezeichnen sind. Schaut man in das Wörterbuch der Académie Française 1, so findet sich unter dem Eintrag on die Bezeichnung pronom indéfinit. Das Gran diccionari de la llengua catalana (GDLC 2 ) betitelt das katalanische hom als pronom, das Diccionari Català-Alemany (1991, s.v. hom) der Enciclopèdia Catala- 1 Hier wurde die 9. Edition konsultiert, die zwar noch in Bearbeitung, aber dennoch bereits teilweise publiziert ist. Es ist daher nur teilweise abrufbar unter < >. 2 < > 3

12 na macht zwar eine Einschränkung in Bezug auf seine Gebrauchsdomänen, betitelt es aber ebenso als Indefinitpronomen ( pronom indefinit literari ). Nicht mehr einzelsprachlich, sondern allgemein sprachwissenschaftlich betrachtet, ergibt ein Blick in das Lexikon der Sprachwissenschaft (Bußmann 2008, s. v. Indefinitpronomen): In der traditionellen Grammatik Untergruppe der Pronomen, deren Vertreter zur Kennzeichnung einer Person oder Sache dienen, die unbestimmt sind hinsichtlich Geschlecht (man, jemand, etwas) und Zahl (jeder, etliche, mancher, niemand) [ ][Fettdruck durch SG]. Auch in der Forschungsliteratur findet sich die Bezeichnung Indefinitpronomen (vgl. z.b. Schapira (2002), Zielin ski (2012), Marchello-Nizia (2006)). Daneben lassen sich jedoch auch weitere Bezeichnungen finden. Oftmals wird einfach vom indefiniten hombre (Brown 1931), vom indefiniten Gebrauch (Giacalone Ramat/Sansò 2007a), einem indefiniten Element (Giacalone Ramat/Sansò 2007a) oder indefiniten man-constructions (Giacalone Ramat/Sansò 2007b) gesprochen. Zifonun (2000) hingegen spricht von generischen Pronomen und Haspelmath (1997) und Pozas Loyo (2010) von generic pronouns 3. Cabredo Hofherr (2008) führt wiederum eine andere Bezeichnung ein, und zwar jene der pronoms impersonnels humains, Egerland (2003) und Heine/Kuteva (2007) nutzen die Bezeichnung impersonal pronouns und Company Company/Pozas Loyo (2009) sprechen davon, dass omne wie ein Indefinitpronomen gebraucht werde und nutzen verschiedene Bezeichnungen ( pronombre omnipersonal und pronombre generalizador ). Es wird deutlich, dass terminologisch ganz und gar keine Einigkeit herrscht. Nun bedarf es in dieser Arbeit aber einer Benennung der Grammatikalisierungsresultate aus HOMO. Bevor hier jedoch eine terminologische Lösung übernommen bzw. eingeführt wird, sollen einige wichtige Zuschreibungen zu den jeweiligen Benennungen angeführt werden. Der Ausdruck "generische Pronomen" ist, vor dem Hintergrund unserer Ausführungen, unglücklich, da er nicht die komplette Grammatikalisierung umfasst. Wie mit Blick auf den Grammatikalisierungspfad im folgenden Kapitel deutlich werden wird, haben nur die ersten zwei der drei Grammatikalisierungsstufen eine generische Lesart. Was genau spricht aber für bzw. gegen die Benennung als Indefinitpronomen oder unpersönliches menschliches Pronomen? Und worin genau besteht der Unterschied? Haspelmath verdeutlicht, dass Indefinitpronomen qua Regel Derivate seien, und zwar von Interrogativpronomen oder generic ontological-category nouns wie Person, Zeit etc. (Haspelmath 1997, 24 ff.). Soweit trifft dies auch auf unseren Untersuchungsgegenstand zu. Normalerweise seien sie ferner Teil einer Serie (z.b. die any- Serie oder die some-serie) (ebd. 1997, 21). Dies ist jedoch nicht so im Fall der HOMO- 3 Wobei Pozas Loyo (2010) zwar in ihrer Arbeit die Bezeichnung generic pronouns nutzt, durchaus aber auch von impersonal pronouns spricht ( so-called 'impersonal' or generic pronouns ; ebd. 2010, 140). 4

13 Grammatikalisierung, das Ergebnis dieser ist zu keiner Serie zugehörig. Ein weiterer signifikanter Unterschied ist die Koreferenzialität von frz. on bzw. kat. hom. Die Wiederaufnahme kann nur über das Pronomen selbst geschehen, während dies im Fall der Indefinitpronomen über die 3. Person geschieht 4. Auch wenn die Bezeichnung als unpersönliche menschliche Pronomen eine einheitliche Klasse suggeriert, so wird bereits hier deutlich, dass dem nicht so ist. Zwar ist es im Fall von sp. uno auch nicht möglich, eine Koreferenz mittels eines Pronomens der 3. Person Sg. herzustellen, aber neben der Wiederaufnahme über uno selbst ist es auch möglich, ein Nullpronomen der 3. Person Sg. zu setzen 5. Ein weiterer, bedeutender Unterschied zwischen den klassischen Indefinitpronomen und den unpersönlichen menschlichen Pronomen ist ausschlaggebend für die Benennung als generische Pronomen. Die Letztgenannten haben neben der episodischen Lesart noch eine für sie charakteristische generische (Cabredo Hofherr 2008, 36), im Gegensatz zu den Indefinitpronomen (bzw. nach Cabredo Hofherr pronoms indéfinis humains ; ebd. 2008, 39). Jedoch zeigt sich auch hier, dass die unpersönlichen menschlichen Pronomen keine homogene Gruppe sind. So haben die beiden unpersönlichen menschlichen Pronomen sp. uno und engl. one keine episodische Lesart (ebd. 2008, 37). Und auch bezüglich der syntaktischen Position zeigt sich keine Einheitlichkeit. Während das französische on nur in Subjektposition stehen kann, hat das deutsche man Formen für die nicht-subjekt-position (einen (Akk.) und einem (Dat.)). Das engl. one kann sogar selbst in nicht-subjekt-position stehen und als sächsischer Genitiv (Summer is the best time to repair one s house) fungieren oder als Reflexivpronomen dienen (One can see oneself in the mirror from there) [Fettdruck durch SG] (ebd. 2008, 42f.). Dennoch fällt die Entscheidung vor dem Hintergrund der funktionalen und formalen Unterschiede zugunsten der Benennung "unpersönliches menschliches Pronomen" (im Weiteren UMP), wissend, dass beide Betitelungen durchaus problematisch sind. Jedoch ist die Betrachtung des generischen Gebrauchs unabdingbar im Rahmen der HOMO-Grammatikalisierung, was eine Benennung nach sich zieht, die auf eine entsprechende Klasse von Pronomen ver- 4 Die folgenden Beispiele aus Cabredo Hofherr (2008, 39) dienen der Illustration: (1) On i attrape un rhume si on i/k /il *i/k ne fait pas attention. (2) Man i erkältet sich[,] wenn man i/k/ er *i/k nicht aufpasst. (3) Quand *quelqu un i attrape un rhume, quelqu un* i/k /il i/k doit/ils i/k doivent se reposer. (4) Wenn jemand i sich erkältet, muss jemand* i/k /er i/k sich ausruhen. 5 Vgl. Cabredo Hofherr (2008, 41): (1) Cuando uno i vende su casa, uno i/k tiene que hacer muchos trámites. (2) Cuando uno i vende su casa, pro i/k tiene que hacer muchos trámites. (3) Cuando uno i vende su casa, él *i/k tiene que hacer muchos trámites. 5

14 weist. Die terminologische Lösung UMP steht ferner der Benennung des Gebrauchs als indefinit nicht im Wege. 2. Die Grammatikalisierung von HOMO: Forschungsstand 2.1 Der Grammatikalisierungspfad The man-element in man-constructions is precisely one of these coding devices: it is a semantically light (or even empty) element that can be used for both a non-referential subject (anyone, one) and a referential, indefinite one (someone). This semantic characterization of the man-element is in direct correlation with the general function served by man-constructions, namely the function of agent defocusing (Myhill 1997; Sansò 2006). By agent defocusing we mean a multi-faceted functional notion comprising (at least) the following phenomena: absence of mention of a specific agent, absence of mention of a generic agent virtually corresponding to all humanity (or a subgroup thereof), mention of an agent in a nonprominent syntactic slot, etc. (Giacalone Ramat/ Sansò 2007b, 98). Nachdem im vorhergehenden Kapitel die Terminologie UMP eingeführt wurde, soll nun der Forschungsstand der HOMO-Grammatikalisierung vorgestellt werden. Hierbei geht es in diesem Kapitel um ihren allgemeinen Grammatikalisierungspfad und um die Kontextuierung der Grammatikalisierung. Betrachtungen der alt- und mittelsprachlichen Ausprägungen in den drei Untersuchungssprachen folgen in Kapitel 4 (anhand der Forschungsliteratur) und schließlich, gezielt zum 13. Jahrhundert, anhand der Korpusanalyse in Kapitel 5. Die Grammatikalisierung von HOMO hat ihren Ausgangspunkt nach Giacalone Ramat/Sansò (2007a, 75; vgl. auch 2010) in generalisierenden und gnomischen Kontexten. 6 6 Giacalone Ramat/Sansò (2007a) zeichnen die Grammatikalisierung von HOMO nach und veranschaulichen den Prozess anhand des Italienischen. Sie sehen den Ursprung des indefiniten Gebrauchs von HOMO in der Spätantike (2007a, 77), denn die Tatsache, that an indefinite reflex of homo is shared by most of the Romance languages suggests strongly that it originated in the pre-romance period of Latin and survived in the individual Romance languages as they branched off from Latin in the medieval period (Welton-Lair 1999, zit. in Gia- 6

15 Stage 0: man = species-generic Stage I: non-referential indefinite Stage IIa: man = referential indefinite [ (Stage IIb: man 1 st person plural)] Contexts generalizations non-assertive contexts (irrealis, assertive contexts (factual contexts; speof use gnomic sentences non-factual, negated, habitual, cific-time reference potential, and deontic contexts) Behavioural features increase in pronominality > noun < > pronoun Abb. 1: The grammaticalization path of man as an indefinite element (Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 75) 7 Es handelt sich nach Giacalone Ramat/Sansò also um einen Prozess, der drei Stufen umfasst, die im Folgenden genauer dargestellt werden. Auslöser für die Reanalyse von HOMO zu einem indefiniten Element sind artgenerische Generalisierungen. In diesem Diskursumfeld seien zwei Interpretationen möglich, zum einen jene, in der man 8 der menschlichen Spezies oder Menschheit 9 entspreche (in Gegenüberstellung zu Gott oder anderen Spezies) und zum anderen jene, in der man mit one, anyone wiedergegeben werden kann (ebd. 2007a, 69). Die erste Interpretation entspricht der Stufe 0, die zweite der Stufe 1. Dies kann mit den beiden folgenden Beispielen verdeutlicht werden 10 : [1] De ço dixe sancto Paulo in soa predicança / Ke l omo debia vive con grande temperança (Sermone, zit. in Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 69) 'Therefore Saint Paul says in his sermon that man/one should live with great moderation' (Übersetzung aus Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 69) calone Ramat/Sansò 2007a, 77). Die Grammatikalisierung von HOMO, das wird in Abb. 1, aber auch im Weiteren der Ausführungen deutlich, folgt Givóns Hierarchie der Referenzialität/Definitheit: Generic > non-referential indefinite > referential indefinite > definite (Givón 1984, zit. in Giacalone Ramat/Sansò 2007b, 98). Für eine Einführung in die Grammatikalisierung von uomo im Italienischen s. auch Brown (1936), der auf die Gründe für den Verlust des pronominalen Gebrauchs im Italienischen eingeht (allgemein gesprochen, zu Anmerkungen die dialektale Realität betreffend s.u.). 7 Vgl. den von Pozas Loyo (2004, zit. in Company Company 2008, 39) angenommenen Grammatikalisierungspfad: nominal referencial > nominal genérico > ambiguo entre nominal genérico y pronominal indefinido > pronominal indefinido. Dieser verdeutlicht den zentralen Schritt (wie in den weiteren Ausführungen in dieser Arbeit deutlich werden wird) in der Grammatikalisierung von HOMO, der innerhalb des Grammatikalisierungspfads von Giacalone Ramat und Sansò jenem vom artgenerischen Verweis zum indefiniten nicht referenziellen Gebrauch entspricht. 8 Das deutsche man wird hier stellvertretend für die Entwicklungen aus HOMO in den drei Untersuchungssprachen gesetzt. 9 Vgl. auch Company Company/Pozas Loyo (2009, 1165) zur Rolle des generischen Gebrauchs von HOMO im Kontext der Grammatikalisierung. Auch Mihatsch (2015a, 591) sieht in der generischen Verwendung allgemeiner menschlicher Substantive typische Ausgangspunkte der Grammatikalisierung unpersönlicher Pronomina. 10 In Giacalone Ramat/Sansò 2007a und b finden sich Hervorhebungen (Fettdruck), die hier übernommen werden. In den Belegen aus ebd verwenden sie Unterstreichungen, die in dieser Arbeit durch Fettdruck ersetzt werden. 7

16 [2] co(n) ciò sia cosa che Dio sia inn o(n)gna luogo, inn ogna luogo può l uomo servire Dio (Trattati di Albertano da Brescia volgarizzati, zit. in Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 69) 'since God is everywhere, man/one can serve God everywhere' (Übersetzung aus Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 69) In beiden Beispielen ist sowohl die Interpretation von man als Verweis auf die Spezies Mensch oder die Menschheit möglich als auch ein indefiniter nicht referenzieller Verweis. In den Beispielen [3] und [4] hingegen ist nur eine indefinite nicht referenzielle Interpretation möglich, also ein Gebrauch entsprechend der Stufe 1: [3] Sacciate cha fo in Aquila una granne carestìa; / Vinti solli la coppa dello grano valìa, / Et l omo non trovavane quanto ne volia (Cronaca Aquilana rimata, zit. in Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 70) 'I want you to know that in Aquila there was a severe famine. A cup of grain cost 20 soldi, and one could not find as much as one wanted' (Übersetzung aus Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 70) [4] Poy lu Conti fichi fari duy castelli, et potia andari l omu di l unu a l altru, ca illu chi avia fattu fari una via clausa di sipalli et grossi petri, chì l omu chi andava covertamenti (La conquesta di Sichilia fatta per li Normandi translatata per frati Simuni da Lentini, zit. in Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 70) 'Then the Count had two castles built, and it was possible to go (lit.: the man could go) from one to the other, because he had a road built enclosed by palisades and big stones, so that one could go covertly' (Übersetzung aus Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 70) In dieser Phase des Prozesses kann noch nicht von einem pronominalen Gebrauch au sens propre gesprochen werden. So handelt es sich im Altitalienischen zum Beispiel trotz des indefiniten nicht referenziellen Gebrauchs bei (l )uomo um ein Substantiv (Giacalone Ramat/Sansò 2010, 94). Der fehlende definite Artikel bei einigen Vorkommen des Substantivs in diesen indefiniten Kontexten liefert jedoch auch ein erstes Indiz für die ablaufende Grammatikalisierung 11 : [5] in questo ch è detto puote uomo bene intendere che (Rettorica, zit. in Giacalone Ramat/Sansò 2010, 94) 11 Die Bedeutung des Artikelverlusts für die Grammatikalisierung kann sehr gut mit Hoppers Prinzip der Dekategorisierung erfasst werden. Das Nomen HOMO verliert mit dem Artikel eines der für die Kategorie Nomen spezifischen Merkmale (vgl. Hopper 1991, 30). Auch Par (1923, 79) macht den Zusammenhang zwischen Artikelverlust und Grammatikalisierung von Nomen usats en sentit general deutlich: La resistencia a acceptar l article ab noms usats en sentit general, determinà també qu alguns substantius cambiessin de valua, esdevenint vers pronoms indefinits [kursiv im Original] usats tostemps sens article. Aço es esdevingut ab 'hom', 'res', 'persona' [ ]. 8

17 ' dans ce qui a été dit on/*l homme peut bien entendre que ' (Übersetzung aus Giacalone Ramat/Sansò 2010, 94) Einhergehend mit der semantischen und pragmatischen Entwicklung, die von einem artgenerischen Gebrauch zu einem indefiniten referenziellen Element führt, sehen Giacalone Ramat/Sansò (2007a, 72) Verhaltensveränderungen bei man, die auf einen Anstieg der Pronominalität hindeuten. So zeigen sich in Stufe IIa der letzten Stufe des Grammatikalisierungspfades für Pronomen typische Charakteristika: Es kann anaphorisch mit man verwiesen werden (wie im folgenden alttoskanischen Beispiel): [6] Quando l uomo si parte di questa provincia, l uomo va.x. giornate tra greco e llevante (Il Milione, versione toscana del Trecento; zit. in Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 72) 'When one leaves this province, one rides ten days between north-east and east' (Übersetzung aus Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 72) Ein artikelloser Gebrauch ist möglich (Altumbrisch): [7] De l alifante grande maravelia / molte fiade udito agio contare, / k a la potentia sua resimilia / altra fera k omo possa pensare (Bestiario moralizzato, zit. in Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 73) 'About the elephant I heard a lot of wonderful stories many times, (namely) that no other wild animal that one can imagine equals its strength' (Übersetzung aus Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 73) Man lässt keine Modifikatoren wie Adjektive, Genitive oder Relativsätze zu. Man als indefinites Element steht in keiner anderen Position als der Subjektposition (vgl. Generalisierung Nr. 2 nach Giacalone Ramat/Sansò (2007b, 113): The more a generic noun such as man has grammaticalized as an indefinite element, the less likely it is to appear also in non-subject positions. Für die letzten beiden Punkte zeigen Giacalone Ramat und Sansò (2007a, 73 f.) mittels eines Vergleichs zum Deutschen auf, dass das alttoskanische man zwar bereits als indefinites Element genutzt wird, aber noch nicht den Status eines Pronomens (wie im Neuhochdeutschen) hat. Es lässt noch Modifikatoren zu (Beispiel [8]) und kann auch noch in anderen Positionen als der Subjektposition (Beispiel [9]) stehen. 9

18 [8] ond io lasciai la cima / cadere, e stetti come l uom che teme (Inferno, zit. in Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 74) 'whereon I let fall the tip, ans stood like one who is afraid' (Übersetzung aus Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 74) [9] Allora cominciò a confortare sua gente, e disse: Signori, io ò assai provato che parola non dà virtù ad uomo (Fatti di Cesare, zit. in Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 74) 'Then he started comforting his people and said: Sirs, I have experienced on many occasions that words do not give virtue to man (i.e. do not make a man virtuous) ' (Übersetzung aus Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 74) Durch die angeführten Beispiele wird deutlich, dass es sich um einen graduellen Prozess handelt, in dem einzelne Charakteristika einer Entwicklungsstufe nach und nach Eingang in den Gebrauch finden. Hierbei steht außer Frage, dass nicht in jeder Sprache die gesamte Skala durchlaufen werden muss, sondern dass der Grammatikalisierungsprozess auch stoppen kann. Kommen wir an dieser Stelle noch einmal explizit auf die Pronominalität zurück. Nach Giacalone Ramat/Sansò beginnt die Zunahme derselben zwischen Stufe I und Stufe IIa, was im Umkehrschluss heißt, dass man nur in Gebrauch eines indefiniten referenziellen Elements alle pronominalen Eigenschaften erfüllt, jedoch durchaus auch schon in Stufe I gewisse Eigenschaften erlangt haben kann 12, die einen Unterschied zu anderen Nomen ausmachen (ebd. 2007a, 76). Dieser Umstand wird auch an den eben besprochenen Beispielen ([6] bis [9]) deutlich. Zwei Gegebenheiten müssen an dieser Stelle noch einmal betont werden. Zum einen der Umstand, dass sich Stufe IIa aus Stufe I ergibt, oder, mit den Worten von Giacalone Ramat und Sansò (2007b, 106), dass the number of languages in which man serves as a human referential indefinite subject is a subset of those languages in which it is used as a human non-referential indefinite subject. Zum anderen jener, dass nur in Stufe IIa man appears to be greatly or totally grammaticalized as a pronoun. In Sprachen, in denen man nur als menschliches nicht referenzielles Indefinitum (Stufe I) gebraucht wird, treffe dies nicht immer zu (ebd. 2007b, 106). Mit anderen Worten lässt sich dies mit der folgenden Generalisierung ausdrücken: The more grammaticalized a generic noun such as man is, the more it behaves like a pronominal or pronoun-like element (ebd. 2007b, 111). Mit Blick auf die Stellung in 12 Als Beispiel hierfür kann man den definiten Artikel heranziehen, der, wie oben angesprochen, im Altitalienischen in Stufe I (nach Giacalone Ramat/Sansò 2010 Stufe 2, da das Modell nicht wie jenes in Giacalone Ramat/Sansò 2007a von 0 bis IIa/b, sondern von 1-3a/b geht) bei einigen Vorkommen in indefiniten Kontexten fehlt. Die Nummerierung in Giacalone Ramat/Sansò (2007b) weicht wiederum von den beiden erläuterten ab und soll hier kurz ausgeführt werden, da im weiteren Verlauf der Arbeit auf diese zurückgegriffen wird: (a 1 ) = man mit artgenerischem Gebrauch (Stufe 0), (a 2 ) = man als menschliches nicht referenzielles Indefinitum (Stufe I), (b) = man als menschliches referenzielles Indefinitum (Stufe IIa), (c) = man als menschliches spezifisches Definitum (Stufe IIb) (vgl. Giacalone Ramat/Roma 2007b, 107; die Angabe der entsprechenden numerischen Stufen bezieht sich auf Giacalone Ramat/Sansò 2007a). 10

19 Subjektposition ist zu konstatieren, dass man in Stufe (a 1 ) bzw. I noch lexikalische Merkmale hat, die eine Stellung in einer anderen als der Subjektposition ermöglichen, während in der Endstufe der Grammatikalisierung von man jegliches lexikalische Merkmal verloren gegangen 13 und keine andere Position mehr als jene des Subjekts möglich ist, denn [n]on subjectpositions are generally filled only by pronouns that are inherently specified for the semantic features of person, number, gender and case as encoded in words such as nouns and pronouns: the more empty a (pronominal) element is, the less likely it is that it will appear as an internal argument of a predicate. In less formal terms, pronouns in object positions are possible only if they maintain some informational content allowing the identifiability of their intended referent [ ] (Giacalone Ramat/Sansò 2007b, 113 f.) 14. In der letzten Grammatikalisierungsstufe (IIa) handelt es sich dann um einen gänzlich pronominalen Gebrauch oder, in den Worten von Giacalone Ramat/Sansò (2010, 94), um véritables pronoms. Dieser ist nun indefinit referenziell, wie in den folgenden beiden Beispielen: [10] Man hat letzte Woche bei uns eingebrochen. (Zifonun 2001, zit. in Giacalone Ramat/Sansò 2010, 95) 'Quelqu'un a cambriolé notre maison la semaine dernière.' (Übersetzung aus Giacalone Ramat/Sansò 2010, 95) [11] Regarde, dit-elle, fainéant! Pendant que tu étais occupé à dormir, on nous a volé notre maison. (Trésor de la langue française XII, zit. in Giacalone Ramat/Sansò 2010, 95) 13 Interessanterweise argumentiert Welton-Lair (1999) in ihren Ausführungen, dass es sich im Rahmen der Grammatikalisierung weniger um einen Verlust an semantischen Merkmalen handelt, sondern eher um einen Gewinn: Rather, the data indicates that homo/on retained its original lexical uses and simply acquired new uses as it spread in the Late Latin and Old French periods (ebd. 1999, 177). Sie stellt jedoch in ihren Ausführungen fest, dass alle lexikalischen Gebrauchsarten mit dem Verlust des Zwei-Kasus-Systems auf die Entwicklung aus HOMINEM übergehen und dass jene aus HOMO nur noch eine indefinite, pronominale Funktion habe: Thus, if indeed desemantization is argued to have taken place, it occured not over the course of its grammatical evolution, but rather at a very late stage in its evolution with the collapse of the two-case system (ebd. 1999, 178). In dieser Arbeit wird die Desemantisierung, die Welton-Lair infrage stellt, nicht angezweifelt, sondern als Prozess innerhalb des Grammatikalisierungsprozesses von HOMO angenommen. So hat on (ebenso wie beispielsweise man) nur noch eine pronominale Funktion, aber keine semantische Integrität mehr. Die Art und Weise des Verlusts der semantischen Merkmale (also der Übergang dieser auf die Entwicklung aus HOMINEM) spielt dabei keine Rolle. Welton-Lair selbst relativiert ihre Aussage dahingehend, dass in terms of its pronominal uses, homo/on clearly lost many of the syntactic and morphological characteristics that originally marked it as a noun (ebd. 1999, 186). 14 Giacalone Ramat und Sansò (2007b, 114) weisen darauf hin, dass ihre Ausführungen zur Subjektposition noch sehr spekulativ seien, da ihr Sprachset noch sehr limitiert sei. Egerland kommentiert, dass es eine allgemein bekannte Tatsache sei, dass arbiträre Pronomen [unpersönliche arbiträre Pronomen] wie man, on oder si keine syntaktischen Objekte, weder direkte noch präpositionale, sein können (Er bezieht sich im Fall von si bei dieser Aussage nur auf aktive Strukturen, da si ein passivierendes Element sei und so ein syntaktisches Objekt ausdrücken könne, aber only if it is coindexed with the subject position [ ] ) (ebd. 2003, 91). 11

20 Neben diesem Pfad, der bis zu einem indefiniten referenziellen Element führen kann, gibt es eine weitere Stufe, die sich aus dem indefiniten nicht referenziellen Gebrauch entwickelt: A further development of indefinite man involves its usage as an equivalent of a 1 st person plural [ ]. This usage (Stage IIb) does not, strictly speaking, belong to this grammaticalization path. Rather, it appears to be a different phenomenon involving the reinterpretation of an impersonal clause as a personal one (i.e., man is reanalyzed as referring to a group of individuals in which the speaker is included). Such a reinterpretation is facilitated by some degree of semantic similarity between the first person plural forms and impersonal clauses with generic subjects: both forms usually refer to groups of people varying in size and composition, and both may ultimately refer to the whole human race [Fettdruck im Original] (Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 75) 15. Doch nicht nur der definite referenzielle Gebrauch als 1. Person Plural ist möglich 16. Neben ebendiesem Gebrauch (vgl. hierzu Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 75 und 2010, 95) ist auch einer in der Funktion der 1. Person (s. [12]), 2. Person (s. [14]) und 3. Person Singular sowie der 2. Person (s.[13]) und 3. Person Plural (vgl. Blanche-Benveniste 1987, 15) möglich: [12] - On m a dit qu en ce lieu vous vouliez me parler. - Oui, l on a des secrets à vous y révéler. (Moignet 1965, zit in Blanche-Benveniste 2003, 47) [13] Alors, on est contente? (Oukada 1982, zit. in Blanche-Benveniste 2003, 47) [14] Alors, mon petit, on ne va pas à l école aujourd hui? (Moignet 1965, zit. in Blanche-Benveniste 2003, 47) 15 Die Grammatikalisierung einer 1. Person Plural ist nicht der HOMO-Grammatikalisierung vorbehalten. Die Grammatikalisierung von menschlichen Nomen ('Person', 'Leute') zu einer 1. Person Plural und auch zum UMP findet sich beispielsweise im spanisch-basierten Kreol Palenquero in Kolumbien, where the noun (ma) hende 'people', ultimately derived from Spanish gente 'people', has given rise to a pronoun (h)ende, which serves both as an impersonal pronoun 'one' and as a first person plural pronoun 'we' (Schwegler 1993, zit. in Heine/Kuteva 2007, 69 f.). Dasselbe gilt für die Grammatikalisierung von a gente im Portugiesischen: In both Brazilian and European varieties of Portuguese, the feminine singular noun gente 'people' combined with the definite article a has grammaticalized into a pronoun that is interpreted either as an impersonal or as referring to first person plural (or occasionally also first person singular or third person plural, see Pereira 2003) (Posio/Vilkuna 2013, 206). Zur Grammatikalisierung von a gente s. auch Zilles (2002). 16 Hier soll angemerkt werden, dass in der heutigen spanischen Umgangssprache auch se in der Funktion einer 1. oder 2. Person auftreten kann: En el lenguaje coloquial de hoy es muy frecuente que oraciones impersonales con se expresen una acción cuyo ejecutor real es el hablante o un grupo formado por el hablante y otras personas: «Se le saluda, don Antonio; ya sabe que aquí se le quiere»; «Tendrá arreglado el coche mañana por la tarde? No se lo aseguro, pero se hará lo que se pueda». Si en estos ejemplos la persona apuntada como sujeto es «yo» o «nosotros», otras veces la construcción con se contiene referencia tácita a un sujeto en segunda persona, sobre todo en reconvenciones y advertencias: «Cuidado con lo que se replica, y llégate a chillar con las mujeres!»; «Eso se ve, pero no se toca» [Kursivierungen im Original] (Lapesa 2000, 345). 12

21 In diesem Kontext ist eine Generalisierung von Cinque (1988) interessant, nach der die 1. Person Plural the only combination of person and number features that may encompass all the other feature combinations ist. In its inclusive reading, we may comprise 1st, 2nd, and 3rd persons, whereas all the others exclude some. In other words, it is the most general (and arbitrary) of all personal referential pronouns (ebd. 1988, zit. in Egerland 2003, 96). Diese Lesart, die entsprechend der Ansicht von Giacalone Ramat und Sansò (2007a 75) nicht zum eigentlichen Grammatikalisierungspfad gehört, kann nach Egerland (2003, 98) zu jeder Zeit der Grammatikalisierung entstehen 17. In den Kapiteln 2.4 und 2.5 werden zum einen der HOMO-Grammatikalisierungspfad nach Giacalone Ramat und Sansò im Rahmen der Kontextuierung der HOMO- Grammatikalisierung vor dem Hintergrund des Standard Average European (SAE) und zum anderen das Verbreitungsgebiet der Konstruktion unter Berücksichtigung des Grammatikalisierungsgrades betrachtet. Im folgenden Kapitel (2.2) werden jedoch zunächst Grundkonzepte der Generizität vorgestellt, um ein besseres Verständnis der beiden ersten Grammatikalisierungsstufen (artgenerischer und indefiniter nicht referenzieller (also generischer) Gebrauch) zu ermöglichen. Anschließend (Kapitel 2.3) wird die Verankerung der HOMO- Grammatikalisierung in der Implicational Map von Haspelmath diskutiert. Hierbei dient die Generizität als Anknüpfungspunkt. 2.2 Generizität For genericity, which is basically a semantic phenomenon, another problem appears. If there is any point linguists working on genericity agree upon, it is the following: genericity is a matter of interpretation which results in utterances from the interaction of a number of variable factors such as the lexical semantics of the constituting elements, pragmatic knowledge and discourse situation, grammatical marking of determination and quantification on the noun phrases, and grammatical marking of tense, aspect, and mood on the predicates, syntactic position of the noun phrases, and so on (Behrens 2000, 8). 17 Vgl. auch Giacalone Ramat/Sansò (2007b, 108 f.), nach denen der indefinite referenzielle Gebrauch (Stufe b) dem in der Bedeutung einer 1. Person Sg./Pl. (Stufe c) nicht vorausgehen muss. 13

22 Generizität ist die Eigenschaft natürlichsprachlicher Ausdrücke, auf Gattungen, habituelle Situationen, essentielle Eigenschaften, regelhafte Zusammenhänge u. ä. Bezug zu nehmen, statt auf konkrete Objekte und Situationen bzw. zufällige Eigenschaften (Bußmann 2008, s. v. Generizität). Aber wie genau kommt Generizität zustande? Wie ist sie kodiert? Zum einen wird Generizität durch NPs ausgedrückt, zum anderen durch Sätze. Krifka [et al.] (1995, 3) weisen darauf hin, dass sich in der Forschungsliteratur wenige Ansätze finden lassen, die sich bei der Beschäftigung mit Generizität ausschließlich auf NPs oder aber auf Sätze konzentrieren. Sie verweisen hier u. a. auf die Ausführungen von Gerstner-Link (1988), Kleiber (1990) und Ojeda (1991), die sich hauptsächlich mit NPs auseinandersetzen, und auf Lawler (1973), Declerck (1986), Schubert und Pelletier (1987, 1989), die sich hauptsächlich mit Sätzen beschäftigen. Diese beiden Ausprägungen der Generizität können separat voneinander betrachtet werden, haben aber auch viel gemeinsam und können im selben Satz vorkommen (vgl. auch Krifka [et al.] (1995, 3 f.). Die Beispiele [15] bis [17b] illustrieren dieses gemeinsame Vorkommen. Oft, so wird hier deutlich, ist Generizität nicht auschließlich an der NP oder am Satz festzumachen: [15] Los hombres no lloran. 'Männer weinen nicht.'/ 'Die Männer weinen nicht.' [16a] Los niños juegan en la calle. 'Kinder spielen auf der Straße.' / 'Die Kinder spielen auf der Straße.' [16b] Los niños juegan en el patio. 'Kinder spielen im Hof.' / 'Die Kinder spielen im Hof.' [17a] Quand il fait beau les enfants jouent dans la cour. 'Bei schönem Wetter spielen Kinder/ die Kinder im Hof.' [17b] Il fait beau. Les enfants jouent dans la cour. 'Es ist schönes Wetter. Die Kinder spielen im Hof.' Die NPs in den Sätzen [15] - [16b] können sowohl generisch als auch nicht generisch interpretiert werden, ohne dass dies an der NP selbst festzumachen wäre. Ohne einen gegebenen Kontext ist nicht eindeutig zu sagen, um welche der beiden Interpretationen es sich handelt. In Satz [17a] stellt sich dieser Umstand ähnlich dar. Der hypothetische Kontext kann sowohl den Rahmen für Kinder im Allgemeinen als auch für eine spezifische Gruppe Kinder bilden. In [17b] hingegen liegt mit Il fait beau ein Referenzpunkt vor, der keine weitere als die nicht generische Interpretation der NP zulässt. Es wird also deutlich, dass die beiden Phänomene, 14

23 generische Sätze und generische NPs, oft gemeinsam auftreten. Dieser Zusammenhang lässt sich mithilfe von [18] und [19] gut illustrieren: [18] Potatoes are served whole or mashed as a cooked vegetable. (Krifka [et al.] 1995, 3) [19] The potato is highly digestible. (Krifka [et al.] 1995, 3) Die Subjekte Potatoes und The potato können als generische NPS interpretiert werden, die beiden Sätze selbst drücken aber auch Regularitäten aus, die für die Einzelexemplare dieser Gattung gelten (vgl. Krifka [et al.] 1995, 3). Die Beispiele [15] bis [17b] verdeutlichen, dass definite NPs im Plural wie Los hombres generisch oder nicht generisch interpretiert werden können. Dies gilt beispielsweise auch für indefinite NPs im Singular. [20] Un bebé llora cuando tiene hambre. [21] Un bebé lloró porque tenía hambre. Krifka stellt für das Englische fest, dass many definite singular count nouns, bare plural count nouns, and bare mass nouns can be considered as kind-referring. Diese und weitere NPs (s. Krifka [et al.] 1995, 5) müssen jedoch nicht als generisch interpretiert werden: Of course, the NPs we have considered so far need not to be analysed as referring to kinds. Definite singular NPs, bare Plural NPs, bare singular NPs, and indefinite singular NPs all can, intuitively, refer to objects as well [ ]. (Krifka [et al.] 1995, 5) Dieser Umstand lässt sich an den folgenden Beispielen (entnommen aus Krifka [et al.] 1995, 5) verdeutlichen: [22a] The lion is a predatory cat. [22b] The lion escaped yesterday from the Hellabrunn zoo. [23a] Lions are predatory cats. [23b] Lions escaped yesterday from the Hellabrunn zoo. [24a] Gold is a precious metal. 15

24 [24b] Gold was stolen in yesterday s bank robbery. An den Beispielen [15] bis [17b] wird deutlich, dass Sprachen unterschiedliche Strategien nutzen, um generische Sachverhalte auszudrücken, im Deutschen beispielsweise die Unterscheidung zwischen artikelloser und determinierter NP. Diese idiomatischen Gesichtspunkte spielen in der vorliegenden Arbeit eine gewichtige Rolle. Die Grammatikalisierung von HO- MO hat im Französischen zu einem Doppelgebrauch von on als UMP und zu einem definiten referenziellen Gebrauch (s. o.) 18 geführt. Im Katalanischen wird das Pronomen hom ausschließlich generisch (indefinit nicht referenziell) gebraucht und ist für einen nicht generischen Gebrauch (indefinit referenziell) und den definiten referenziellen Gebrauch nicht zugänglich. Im Spanischen ist die Grammatikalisierung zwar angestoßen, jedoch im Verlauf aufgegeben worden 19 und so findet sich hier heute keine Entwicklung aus HOMO in Gebrauch eines UMP oder aber auch eines definiten referenziellen Pronomens. Die drei Entwicklungen, respektive im Französischen, im Spanischen und im Katalanischen, werden im Rahmen der Arbeit kontextualisiert, nachgezeichnet und anschließend miteinander verglichen Ausprägungen von Generizität Das heutige Französisch und das heutige Katalanisch kennen mit on (frz.) bzw. hom (kat.), einen indefiniten Gebrauch, der aus HOMO grammatikalisiert wurde, während die Grammatikalisierung im Spanischen abgebrochen ist. In Bezug auf den hier relevanten Grammatikalisierungspfad ist der maßgebliche Unterschied zwischen den beiden Pronomen im Französischen und im Katalanischen die letzte Grammatikalisierungsstufe, genauer der nicht generische (also der indefinite referenzielle) Gebrauch, der im heutigen Katalanisch nicht vorhanden ist. Um die aus HOMO resultierenden Entwicklungen nachzeichnen zu können, wird im Folgenden, entsprechend den einführenden Bemerkungen in Kapitel 2.2, zunächst auf Generizität auf Phrasen- und Satzebene eingegangen. Diese Betrachtungen dienen der weiteren Auseinandersetzung mit der HOMO-Grammatikalisierung, deren erste beiden Stufen generische Ausdrücke sind. 18 Blanche-Benveniste (1987, 15) betitelt on aufgrund dieses breiten Gebrauchs als eine Art von pronom 'caméléon'. An dieser Stelle soll nicht auf die synchrone Funktionsweise von on eingegangen werden. Für einen ausführlichen Einblick empfiehlt sich Blanche-Benveniste (2003). 19 Die Grammatikalisierung von HOMO im Französischen, Spanischen und Katalanischen wird in Kapitel 4 und in der Analyse in Kapitel 5 ausführlich dargestellt. 16

25 generische NPs und generische Sätze NPs können generisch oder aber auf spezifische Entitäten verweisen. Krifka [et al.] (1995) spricht im ersten Fall von kind-referring NPs und im zweiten von object-referring NPs. In dieser Arbeit wird im Weiteren von generischen bzw. von nicht generischen (oder referenziellen) NPs gesprochen werden. Auf Satzebene wird zwischen Sätzen unterschieden, die spezifische Ereignisse oder Fakten wiedergeben und Sätzen, die generelle Eigenschaften darstellen, that is, report a regularity which summarizes groups of particular episodes or facts (Krifka [et al.] 1995, 2 f.). Es handelt sich um die Unterscheidung zwischen generischen Sätzen (characterizing bzw. generic sentence bei Krifka) und Handlungssätzen (particular sentence bei Krifka). Es ist bei generischen Sätzen nicht die NP, die zu der generischen Lesart führt, sondern der generische Satz als Ganzes. generische NP - nicht generische (referenzielle) NP generischer Satz - Handlungssatz Generische NPs und generische Sätze sind nicht zwei steril voneinander getrennte Ebenen. Vielmehr können sie miteinander in ein und demselben Satz kombiniert werden: [25] El bébé llora cuando tiene hambre. Dennoch zeigt sich die Tatsache, wie unabhängig generische Sätze von der enthaltenen NP sind, wenn man sich anschaut, welche NPs sich beispielsweise im Englischen in generischen Sätzen finden können: [ ] characterizing sentences put no limitations on what kind of NPs may occur in them. For example, we can find proper names, definite singular NPs, indefinite singular NPs, quantified NPs, bare plural NPs, and bare singular NPs in characterizing sentences. [ ] Because of the wide variability of NPs in characterizing sentences, it seems implausible that this type of genericity can be traced back to any particular type of NP. Instead, this type of genericity should be analyzed as being a sui generis type of sentence (Krifka [et al.] 1995, 8). 17

26 Zur Abgrenzung von generischen und referenziellen 20 NPs und generischen Sätzen und Handlungssätzen Die Entwicklungen aus HOMO im Rahmen der Grammatikalisierungen im Französischen und im Katalanischen und die abgebrochene Grammatikalisierung im Spanischen zeigen unterschiedliche Entwicklungsstadien auf 21. Für die Klassifizierung der entsprechenden NPs in den einzelnen Stadien ist die Zuschreibung eines generischen oder referenziellen Gebrauchs grundlegend. Auch der Frage danach, ob der Satz selbst, in dem die NP beinhaltet ist, eine generische Lesart hat, kommt eine entscheidende Rolle zu, da ein generischer Satz Auswirkungen auf die Interpretation der NP haben kann. Krifka (1987) und Krifka [et al.] (1995) entwickeln fünf Tests, mit denen zwischen generischen und referenziellen NPs und generischen Sätzen und Handlungssätzen unterschieden werden kann. Im Rahmen dieser Arbeit dienen sie dazu, die Charakteristika von Generizität weiter zu verdeutlichen und bieten ein Werkzeug, mithilfe dessen die Entwicklungen aus HOMO grob klassifiziert werden können Abgrenzung von generischen und referenziellen NPs In Kapitel 2.2 wurde bereits deutlich, dass unterschiedliche NPs (beispielsweise definite NPs im Plural, indefinite NPs im Singular) eine generische Lesart haben können. Die beiden Tests im Folgenden erlauben es, einen generischen von einem referenziellen Gebrauch zu unterscheiden und so zu klassifizieren, welche NPs im Spanischen generisch gebraucht werden können. Argumentrestriktionen Die Argument-Position einiger Prädikate kann nur mit generischen NPs ausgefüllt werden (Krifka [et al.] 1995, 10). So können beispielsweise nur generische NPs die Argument- Position des Prädikats extinguirse besetzen 23 : 20 Auch generische NPs sind auf gewisse Weise referenziell was auch an der englischen Bezeichnung kindreferring (Krifka 1995, 2) deutlich wird, nämlich in Hinblick darauf, dass sie auf Klassen oder Unterklassen verweisen. In dieser Arbeit wird dennoch mit der terminologischen Unterscheidung generisch vs. referenziell gearbeitet, jedoch ohne dabei generischen NPs den angesprochenen artreferenziellen Charakter abzusprechen. 21 Diese Aussage wird an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt, da die Analyse in Kapitel 5 die unterschiedlichen Grammatikalisierungsstadien ausführlich darstellt. 22 Wir sprechen hier von einer groben Klassifizierung, da der generische Gebrauch noch weiter unterteilt werden kann. So kann man, wie weiter oben in Kapitel 2.1 gesehen, bei der Grammatikalisierung von HOMO noch einen artgenerischen und einen indefiniten nicht referenziellen Gebrauch unterscheiden. 23 Die Beispiele im Rahmen der fünf Tests stammen aus Krifka [et al.] In einigen Fällen werden spanische Beispiele gegeben, die sich aber an den entsprechenden Beispielen aus Krifka [et al.] 1995 anlehnen. 18

27 [26] El león se extinguirá pronto. [27] Los leones se extinguirán pronto. [28] *Un león se extinguirá pronto. [29] *Unos leones se extinguirán pronto. [30] Un (bestimmter) león (genauer der Berberlöwe) se extinguirá pronto. (Taxonomische Lesart) [31] Unos (bestimmte) leones (genauer der Berberlöwe und der Persische Löwe) se extinguirán pronto. (Taxonomische Lesart) Bei anderen Prädikaten, wie beispielsweise ein Säugetier sein, kann die Argumentposition sowohl von einer generischen als auch von einem Eigennamen, der auf ein bestimmtes Tier referiert, ausgefüllt werden (ebd. 1995, 10). Die Beispiele [26] bis [31] verdeutlichen, dass definite NPs im Singular und im Plural diesen Test bestehen, indefinite NPs im Singular und im Plural jedoch (außer in ihrer taxonomischen Lesart) nicht. Sätze mit einer indefiniten NP im Singular verweisen auf einen Referenten, wie zum Beispiel in A beaver builds dams. Nur mittels Implikatur kommt es zu der Interpretation der Aussage als zutreffend für jedes Mitglied des Sets Bieber. Aus diesem Grund kann die indefinite NP im Singular nicht mit Prädikaten verwendet werden, die Eigenschaften ausdrücken, die nicht auf ein einzelnes Set- Mitglied bezogen werden können, wie Prädikate über Gattungen (vgl. Declerck 1991, 94). Semantische Verbindung mit der well-established kind Nicht jede nominale Konstituente kann Teil einer generischen NP sein. Vielmehr muss sie semantisch mit einer well-established kind verbunden sein, auf die sie referieren kann (Krifka 1995, 11). Im Fall der botella Coca-Cola [32] kann man von einer well-established kind sprechen, im Fall der grünen Flasche [33] jedoch nicht: [32] La botella Coca-Cola tiene un gollete estrecho. [33]??La botella verde tiene un gollete estrecho. [34] Las botellas Coca-Cola tienen un gollete estrecho. [35] Una botella Coca-Cola tiene un gollete estrecho. [36]??Unas botellas Coca-Cola tienen un gollete estrecho. 19

28 So können die Beispiele [32], [34] und [35] generisch interpretiert werden, wohingegen [33] nur eine referenzielle Lesart hat. Auch das Beispiel [36] kann nur referenziell interpretiert werden, da die botella Coca-Cola keine Unterklassen hat, auf die sich die indef. NP im Plural beziehen könnte, wobei sie sich aber auch nicht auf die gesamte Klasse der botella Coca-Cola beziehen kann (s. weiter oben). Dieser Test verdeutlicht des Weiteren, dass auch NPs, die dem vorhergehenden Test zur Argument-Position nach generisch sind, dennoch eine referenzielle Lesart haben können, wie beispielsweise die definite Singular NP La botella verde in [33]. Auch definite NPs im Plural können sowohl eine generische als auch eine referenzielle Lesart haben. Diese Doppelrolle der definiten NPs im Plural wurde bereits in Sätzen wie Los hombres no lloran (Beispiel [15]) deutlich Zusammenfassung: generische und spezifische NPs im Spanischen, im Französischen und im Katalanischen Den oben angeführten Tests entsprechend ergibt sich für den generischen Gebrauch der NPs im Spanischen die Tabelle Die Tests wurden exemplarisch für das Spanische durchgeführt. Für das Katalanische zeigen sich dieselben Verhaltensweisen. Das Französische entspricht dieser Verteilung ebenso, wobei hier eine Einschränkung zu machen ist, da der Teilungsartikel in Subjektposition nicht häufig und unnatürlich ist (vgl. Kapitel 3.2.3). An dieser Stelle wird darauf verzichtet, den synchronen Gebrauch in diesen beiden Sprachen anhand von Beispielen zu illustrieren 25. Argumentrestriktionen well-established kind Def. Sg. Def. Pl. Indef. Sg. (nur tax.) Indef. Pl. (nur tax.) - Tab. 1: Generischer Gebrauch von NPs im Spanischen, Französischen und Katalanischen 24 Nach Krifka [et al.] (1995, 68) müssen generische NPs im Französischen mit einem definiten Artikel konstruiert werden. Dies entspricht nicht der in dieser Arbeit vertretenen Auffassung, wie im weiteren Verlauf des Kapitels deutlich wird. 25 Im Rahmen der Betrachtung von Generizität aus diachroner Perspektive wird der Fokus auf die Unterschiede in den drei Sprachen gelegt werden. Vgl. zum synchronen Ausdruck von Generizität im Französischen zum Beispiel Eluerd (2008, 50 ff.) und Grevisse/Goosse (2011, 778 ff.). Zum Ausdruck im Katalanischen s. Brucart (2002) und Brucart/Rigau (2002). Zum Ausdruck von Generalisierungen im Vergleich zum Spanischen und zum Französischen s. Solà ( , Kapitel 3). Ferner findet sich in Galmiche (1985) eine sehr ausführliche Analyse zum Ausdruck von Generizität auf Phrasenebene. 20

29 Tabelle 1 verdeutlicht, dass definite NPs (sowohl im Singular als auch im Plural) eine generische Lesart haben können. Etwas weniger einheitlich ist es im Fall der indefiniten NPs. So sind indef. NPs im Plural nur in ihrer taxonomischen Lesart als generisch zu interpretieren, indef. NPs im Singular hingegen können auch in ihrer nicht taxonomischen Lesart als generisch interpretiert werden. Der Grund hierfür liegt in der NP selbst. Bei Verben wie aussterben (siehe Test zur Argumentposition) kann nur die gesamte Klasse bzw. eine Unterklasse aussterben, ebenso wie beispielsweise das Radio an sich oder aber eine bestimmte Unterart von Radio erfunden werden kann. Da, wo wir taxonomische Hierarchien (vgl. Krifka, [et al.] 1995, 76 und Krifka 1987, 14 f.) vorfinden, kann die indef. NP nur in ihrer taxonomischen Lesart generisch interpretiert werden (vgl. Krifka, [et al.] 1995, 10). Verdeutlichen kann man dies am Beispiel des Löwen: Abb. 2: Taxonomische Hierarchie Löwe Indef. NPs (im Singular und im Plural) verweisen nicht auf das Hyperonym Löwe, sondern auf das Hyponym (z.b. Berberlöwe) und beziehen sich hierbei ebenfalls auf eine ganze Klasse, jedoch eine Unterklasse bzw. mehrere Unterklassen. Im Fall der botella Coca-Cola ist keine derartige taxonomische Hierarchie vorhanden, so dass die indef. NP im Singular nicht auf diese verweisen kann. Sie bezieht sich metonymisch auf die botella Coca-Cola an sich. Die indef. Plural NP kann sich hingegen nicht auf die botella Coca-Cola beziehen, da der Plural den metonymischen Bezug verhindert. 26 Jedoch darf an 26 Exemplarisch für das Spanische lohnt ein Blick in die Grammatikschreibung. Die Gramática descriptiva der Real Academia Española sieht Generizität mittels der definiten NP im Singular, der definiten NP im Plural und der indefiniten NP im Singular ausgedrückt und stellt den generischen Gebrauch wie folgt dar: El representante típico del mecanismo D [definido] es la forma singular el. De acuerdo con su semántica básica, se emplea para referirse a una clase o género de objetos de la misma forma en que sirve para referirse a objetos individuales, es decir, indicando un 'individuo genérico' accesible y unívocamente identificable como tal (presuposición de unicidad existencial) en el marco de los conocimientos enciclopédicos de los hablantes. El referente se identifica por medio del conocimiento general, independientemente de la situación o del contexto discursivo; esto diferencia el uso genérico de el de los usos deícticos y anafóricos. La expresión genérica el N (el tiranosaurio, la cerveza belga, la papaya) funciona como el nombre propio de una clase, y las clases y subclases se toman como un tipo especial de individuos o entidades. El artículo definido singular presenta la clase como una entidad 21

30 dieser Stelle nicht unterschlagen werden, dass diese Ergebnisse an die Subjektposition geknüpft sind. Schauen wir zunächst auf das Spanische. In Objektposition hat der definite Artikel im Singular und im Plural bei Verben, that denote occupations which involve the individual for a certain amount of time (zum Beispiel bei Hobbys, bei der Arbeit) eine spezifische Interpretation, für die nicht spezifische ist der Nullartikel 27 notwendig (Pease-Gorrissen 1980, 317): [37a] Pedro lee libros (de todo tipo). (entnommen aus Pease-Gorrissen 1980, 317) [37b] Pedro lee los libros. [38a] Margarita da lecciones (a niños). (entnommen aus Pease-Gorrissen 1980, 317) [38b] Margarita da las lecciones. Im Singular (*Pedro lee libro) ist eine habituelle Lesart in Sätzen mit diesen Verben, die eine Beschäftigung ausdrücken, nicht möglich, da eine Wiederholung der Aktion notwendig ist, um von einer habituellen Lesart zu sprechen. Nur im Fall von Stoffnomina (Juan vende vino) kann eine NP im Singular stehen und eine habituelle Lesart haben (Pease-Gorrissen 1980, 318). homogénea, como si no estuviera constituida por elementos diversos (es decir, precisamente como si fuera un objeto individual, por lo que podemos seguir pensando que el funcionamiento del artículo es esencialmente el mismo en todos sus usos. [...] La forma plural los representa la realización del mecanismo D [definido] de la genericidad que está sujeta a menos restricciones distribucionales. Se emplea para referirse a clases definidas extensionalmente, es decir, no como individuos genéricos, sino como conjuntos de elementos individuales y no necesariamente homogéneos. Tales elementos pueden ser subclases o subespecies del género denotado por el nombre, y en ese caso se obtiene una interpretación que llamamos 'taxonómica': así, la expresión las ballenas puede referirse a los ejemplares de la clase ballena o también a las subespecies del género ballena (es decir, la ballena azul, la ballena gris, el cachalote, etc.). [...] En el mecanismo I [indefinido] para la genericidad representado por un, la dependencia del contexto oracional es decisiva. Mientras que, como se ha visto, no lo es con el artículo definido. La razón es que, salvo en los casos de usos genéricos taxonómicos (cf. Sólo hay un vino que pueda acompañar este plato, en el sentido de 'una clase de vino'), que en realidad deben asimilarse a los específicos/inespecíficos, un N no se refiere nunca a una clase, es decir, a un miembro cualquiera, elegido al azar, de la clase denotada por el nombre. En Un guepardo es fácil de domesticar, por ejemplo, y dejando a un lado la lectura taxonómica, se indica que si una entidad pertenece a la clase de los guepardos entonces tendrá la propiedad de ser domesticable, pero no se hace referencia a la clase guepardo. La genericidad, por lo tanto, no reside en el ámbito nominal, como sucede con el mecanismo D; se trata más bien de una propiedad oracional que se refleja en la interpretación del SN (GDLE 1999, 872 f.) [Fettdruck durch S.G.]. 27 In Subjektposition hingegen, so Pease-Gorrissen, ist der Nullartikel sehr selten. Er ist vor allem im Singular und in Sprichwörtern zu finden (Perro que ladra no muerde). Des Weiteren ist er in Sätzen zu finden, die eine Art von allgemeingültigem Recht darstellen, wobei die enthaltene NP einen Vergleich enthält und meistens in negativen Kontexten steht (Hombres así no debieran existir). Außerdem kann der Nullartikel in Subjektposition in habituellen Sätzen stehen (En el invierno, olas gigantescas batían contra la costa) (Pease-Gorrissen 1980, 316 f.). 22

31 Gleiches gilt für eine Untergruppe dieser 'occupational' verbs, die Faktitiva. Hierbei ist die Existenz des Objekts das Resultat der Aktivität, die vom Verb ausgedrückt wird: [39a] Los arquitectos construyen casas 28. (entnommen aus Pease-Gorrissen 1980, 317) [39b] Los arquitectos construyen las casas. Im Gegensatz zu den Verben, die eine Beschäftigung ausdrücken, kann nach affektiven Verben die NP, die einen Artikel trägt, eine generische Lesart haben: [40] Juan odia (a) 29 las ballenas. (entnommen aus Pease-Gorrissen 1980, 318) Einige Verben wie querer und conocer haben unterschiedliche Bedeutungen, je nachdem, ob das Objekt eine artikellose NP ist oder ob sie einen Artikel trägt: [41] Maria quiere a los niños. (entnommen aus Pease-Gorrissen 1980, 319) 'Maria mag Kinder.' (Übersetzung von S.G.) [42] Maria quiere niños. (entnommen aus Pease-Gorrissen 1980, 319) 'Maria will Kinder.' (Übersetzung von S.G.) Mit den meisten transitiven Verben des Spanischen kann als Objekt sowohl eine NP mit Artikel als auch eine artikellose NP mit generischer Interpretation stehen (Pease-Gorrissen 1980, 319) 30 : [43] Ningún maestro debe traumar a los niños. (entnommen aus Pease-Gorrissen 1980, 319) [44] Ningún maestro debe traumar niños. (entnommen aus Pease-Gorrissen 1980, 319) [45] A los chicos les gusta asustar a las niñas. (entnommen aus Pease-Gorrissen 1980, 319) 28 Diese Aussage bedeutet nicht, dass Architekten immer und zu jeder Zeit Häuser bauen, sondern dann, wenn sie ihrer Tätigkeit nachgehen. Vgl. hierzu auch die Anmerkungen zur scenario structure in Pease-Gorrissen (1980, 320 ff.). 29 Pease-Gorrissen (1980, 314) setzt die Präposition a in Verbindung mit dem Akkusativ in Klammern, da diese in einigen Dialekten bei Objekten gesetzt wird, die das Kriterium [+ belebt] erfüllen, in anderen hingegen nur bei jenen, die das Kriterium [+ menschlich] erfüllen. 30 Vor allem im Plural. Im Singular ist diese Alternanz weniger frequent (Pease-Gorrissen 1980, 319). 23

32 [46] A los chicos les gusta asustar niñas. (entnommen aus Pease-Gorrissen 1980, 319) Nimmt man die für das Spanische angeführten Beispiele und betrachtet den Artikelgebrauch in Objektposition im Französischen und Katalanischen, so werden große Parallelen deutlich. Im Französischen findet sich dort, wo im Spanischen der Nullartikel steht, der Teilungsartikel. Mit Betätigungsverben kann der definite Artikel nur [+ spez.] interpretiert werden, während dem Teilungsartikel eine [+ gen.] Interpretation zukommt. [47a] Jean lit les livres. [47b] Jean lit des livres. In Objektposition ist eine habituelle Lesart der NP im Singular, ebenso wie im Spanischen, nicht möglich. Mit Artikel ergibt sich eine referenzielle Lesart, nackt oder nur mit partitivem de ist der Satz *Jean lit Ø/de livre agrammatisch. Im Gegensatz zum Spanischen kann auch mit Stoffnomina die NP nicht mit Nullartikel stehen, sondern benötigt, wie bereits angesprochen, den Teilungsartikel: [48] Jean vend du vin. Auch bei den Faktitiva zeigt sich, dass die definite NP nur spezifisch interpretiert werden kann und die generische Lesart nur über den Teilungsartikel zustande kommt: [49a] Les architectes construisent les maisons. [49b] Les architectes construisent des maisons. Im Gegensatz zum Spanischen verzeichnet das transitive, affektive Verb aimer keinen Bedeutungsunterschied in Abhängigkeit vom Artikelgebrauch. Als Objekt kann nur eine definite NP (im Singular oder im Plural) fungieren: [50a] J aime les enfants. [50b] J aime *des / *Ø enfants. 24

33 Nach Marchello-Nizia (2006, 203 f.) gibt es im Französischen drei façons canoniques, um Generizität auszudrücken (unabhängig von der Position, auf die sie sich hier nicht bezieht): den definiten Artikel im Singular und im Plural sowie den indefiniten Artikel im Singular. Diese Formen sind jedoch nicht einfach Varianten voneinander, sondern jeweils Träger bestimmter Restriktionen. Wenn der Aussage in [51] beispielsweise eine allgemeine Bedeutung zukommen soll, dann kann das Subjekt keine vom bestimmten Artikel Singular determinierte NP sein [51], der unbestimmte Artikel hingegen ist möglich. Wenn das Verb aber deontisch ist oder im Futur steht, ist die Setzung des bestimmten Artikels möglich (vgl. [52]): [51] *L enfant ne met pas ses coudes sur la table en mangeant. (entnommen aus Marchello-Nizia 2006, 204) [52] L enfant ne {doit pas mettre / mettra pas} ses coudes sur la table. (entnommen aus Marchello-Nizia 2006, 204) Neben den aufgezählten Mitteln zum Ausdruck der Generizität gebe es auch noch weitere, die jedoch plus contraints seien. Hierunter fasst Marchello Nizia auch den Nullartikel 31, der sich noch im FM [français moderne] dans des énoncés proverbiaux archaïsants finden lasse. Es sind unterschiedliche semantische Operationen, die zum Ausdruck der Generizität führen: La généricité des trois types de SN est le résultat de trois processus sémantiques différents. La rencontre générique ne se produit qu au bout de trois parcours interprétatifs non identiques, dont sont responsables au premier chef les trois déterminants (Kleiber 1989, zit. in Marchello-Nizia 2006, 205). Das Katalanische verhält sich mit einer Ausnahme wie das Spanische. So muss das transitive, affektive Verb estimar von einer definiten NP (Singular oder Plural) ergänzt werden und kann so keinen Bedeutungsunterschied je nach Artikelgebrauch verzeichnen (Die artikellose Variante mit dem Verb voler (Vull nens) würde hier dem spanischen Quiero niños entsprechen.): [53a] Estimo els nens. [53b] *Estimo Ø nens. 31 Auch wenn der Nullartikel im Französischen vielfach als Randerscheinung wahrgenommen wird und er in den oben besprochenen Beispielen nicht ins Gewicht fällt, sei hier dennoch auf die Studie von Laurence Benetti (2008) zum Nullartikel im Gegenwartsfranzösischen hingewiesen. 25

34 Mit Betätigungsverben können definite NPs nur spezifisch, NPs mit Nullartikel nur generisch interpretiert werden: [54a] Jaume llegeix els llibres. [54b] Jaume llegeix llibres. Ebenso wie im Spanischen und Französischen ist keine habituelle Lesart der NP im Singular möglich (*Jaume llegeix llibre). Mit Stoffnomina steht, ebenso wie im Spanischen, die artikellose NP im Singular (Jaume ven vi) und mit Faktitiva, je nach Interpretation, entweder die definite NP ([+ spez.] wie in Beispiel [55b]) oder die artikellose NP ([+ gen.] wie in Beispiel [55a]): [55a] Els arquitectes construeixen cases. [55b] Els arquitectes construeixen les cases Abgrenzung von generischen und Handlungssätzen Auch auf Satzebene kann, wie in Kapitel angesprochen, zwischen einer generischen und einer nicht generischen Ausprägung (Letztere werden hier als Handlungssätze betitelt) unterschieden werden. Darüber, welcher der beiden Ausprägungen ein Satz zuzuordnen ist, geben drei Tests Aufschluss. Modifikationen mit Adverbien wie gewöhnlich oder typischerweise Sätze, die ihre Bedeutung, wenn sie mit Adverbien wie gewöhnlich oder typischerweise kombiniert werden, drastisch ändern, sind als Handlungssätze einzuordnen, wie beispielsweise in [57]. Wenn es hingegen nur eine geringe Bedeutungsänderung gibt, dann handelt es sich um einen generischen Satz, so z.b. in [56] (vgl. Krifka [et al.] 1995, 9 f.). [56] (Normalmente) Los hombres encienden la calefacción a partir de octubre. [57] (Normalmente) El perro cruce la calle. 26

35 Statisch vs. dynamisch Generische Sätze sind typischerweise statisch, Handlungssätze hingegen dynamisch (vgl. Krifka [et al.] 1995, 12). Ebenso wie im Englischen schließt auch im Spanischen die progressive Verbform eine statische Interpretation aus 32. [58a] El león come carne. [58b] Los leones comen carne. [58c] Un león come carne. [58d] Unos leones comen carne. (nur taxonomische Lesart) [59a] El león está comiendo carne. [59b] Los leones están comiendo carne. [59c] Un león está comiendo carne. [59d] Unos leones están comiendo carne. Die Sätze [58a] bis [58d] haben eine generische Lesart, während die progressiven Sätze [59a] bis [59d] eine episodische Lesart haben. Accidental vs. essential Generische Sätze drücken keine zufälligen ('accidental') Eigenheiten aus, dies obliegt den Handlungssätzen. Stattdessen drücken sie grundlegende ('essential') Eigenheiten aus (vgl. Krifka [et al.] 1995, 13). 32 Schubert und Pelletier (1987, zit. in Krifka, [et al.] 1995, 6) geben für das Englische Gegenbeispiele, wie (i) Oil is becoming scarce und (ii) The wolves are becoming bigger as we travel northwards. Jedoch ist die Einordnung dieser Beispiele nicht ganz einfach: It seems that to maintain our claim we need to make caveats about group readings, and about kind-referring NPs; or perhaps say that (i) and (ii) are particular statements about the kind (Krifka, [et al.] 1995, 6). Für das Spanische und seinen weniger weit gefassten progressiven Aspekt konnte hier keine Ausnahme ausgemacht werden. 27

36 Zum Zusammenspiel von generischen NPs und generischen Sätzen Wie oben bereits angemerkt wurde, ist Generizität oft nicht ausschließlich entweder an einer NP oder an einem Satz auszumachen. Krifka stellt für das Englische fest, dass NPs get an apparent 'generic' interpretation only when occurring in a characterizing sentence (if we exclude the taxonomic interpretation) (Krifka [et al.] 1995, 14). Diese Feststellung wird hier für das Spanische, das Französische und das Katalanische geteilt. Somit ist nach der Betrachtung dieser beiden Puzzleteile zu erörtern, wie diese zusammengefügt werden. Krifka (Krifka [et al.] 1995, 14 ff.) schlägt eine Kreuzklassifizierung vor, die diese beiden Ebenen berücksichtigt. Auf Ebene der NP (im Singular) unterscheidet er zwischen spezifischer und nicht spezifischer NP. Im ersten Fall handelt es sich sowohl um definite als auch um indefinite NPs (z.b. a lion in A lion stood in front of my tent, Krifka [et al.] 1995, 14), die auf eine bestimmte Entität referieren. Im zweiten Fall handelt es sich um NPs, die nicht auf eine bestimmte Entität referieren (z.b. a lion in A lion has a bushy tail, Krifka [et al.] 1995, 15). Diese Unterscheidung zwischen spezifischer und nicht spezifischer NP ist unabhängig von der Unterscheidung kind reference (generische NP) und object reference (referenzielle NP). Im Fall der object reference kann die NP entweder spezifisch oder nicht spezifisch sein. Bei der kind reference trifft dies auch zu, jedoch ist der Verweis mit einer nicht spezifischen NP nur taxonomisch möglich. Im Fall des vorher angeführten Beispiels Un bebé llora quando tiene hambre hingegen ist diese taxonomische Lesart nicht möglich, da das bebé keine Unterklassen hat. Es handelt sich um eine spezifisch generische NP. Hieraus ergibt sich die folgende Klassifizierung: nicht spezifisch und nicht generisch spezifisch und nicht generisch nicht spezifisch und generisch spezifisch und generisch (Un perro cruce la calle.) (El león del zoológico de Madrid tiene ocho años.) (Una tortuga [taxonomische Lesart; die Galapagos-Schildkröte] vive en las Islas Galápagos.) (El perro/un animal (es decir el perro) ladra.) 28

37 Auf Satzebene unterscheidet Krifka, wie oben bereits erläutert, zwischen generischen Sätzen ( characterizing ) und Handlungssätzen ( particular ). Schaut man sich die angeführte Klassifizierung der NPs anhand der Kriterien spezifisch vs. nicht spezifisch und generisch vs. referenziell bzw. nicht generisch in der Subjektposition in generischen Sätzen und Handlungssätzen an, ergibt sich die folgende Aufstellung: Satz NP characterizing nonspecific non-kind reference particular specific non-kind reference characterizing specific non-kind reference characterizing nonspecific kind reference particular specific kind reference characterizing specific kind reference Tab. 2: Kreuzklassifizierung der unterschiedlichen Satz- und NP-Typen (vgl. Krifka 1995, 15 f.) Die Übersicht zeigt zwei Lücken, da nicht spezifische NPs nicht die Subjektposition in Handlungssätzen einnehmen können: Nonspecific NPs (in the sense in which we intend them here) only occur with characterizing sentences. In addition, if an NP that may be nonspecific occurs with a characterizing predicate, this NP tends to be interpreted as nonspecific. We should conclude from this that nonspecific NPs are tied to characterizing sentences, or put differently, that particular predications do not allow nonspecific NPs as subjects, whether they make nonspecific reference to objects or to kinds (Krifka 1995, 16). Oben wurde bereits dargelegt, dass charakteristische Sätze statisch und Handlungssätze episodisch sind. Dennoch finden sich auch Beispiele für statische Handlungssätze, wie zum Beispiel Simba is in the cage (Krifka [et al.] 1995, 16 f.). Diese Sätze, so Krifka, drücken keine langanhaltenden Eigenschaften aus und sind, auch wenn sie statisch sind, dennoch Handlungssätze. Als Beispiel führt er die Unterscheidung zwischen ser/ estar im Spanischen 33 an. Handlungssätze können folglich noch in statisch oder episodisch unterschieden werden, während generische Sätze immer statisch sind. Die Letztgenannten können hingegen noch in habi- 33 Auch das Katalanische trifft eine Unterscheidung zwischen ésser (ser) und estar. Der Gebrauch weist zwar signifikante Unterschiede zum Spanischen auf, dennoch illustriert auch er die durative Unterscheidung, die der Einordnung als episodisch zugrunde liegt. 29

38 tuell (habitual) und lexikalisch (lexical) unterschieden werden. Krifka verdeutlicht diese Einteilung: The verbal predicate of a habitual sentence is morphologically related to an episodic predicate that is commonly used to form episodic sentences, whereas lexical characterizing sentences lack such an episodic counterpart. For example, John smokes and Italians smoke are habitual characterizing sentences since they contain the episodic verb smoke, which also occurs in John is smoking. Habitual sentences intuitively generalize over patterns of events as a component of their meaning (e.g., in this case the generalizations [sic!] is over instances of John or Italians actually engaging in smoking). On the other hand, lexical characterizing verbs do not have such morphologically related episodic predicate, and consequently there is no semantic generalization over events; rather, the generalization would appear to be over characterizing properties of individuals. This class includes many of the verbs that form stative sentences (know, cost, weigh, love, fear, the inalienable possession sense of have, etc.). For example, Italians know French is a characterizing sentence, generalizing about properties of individual Italians but there is no morphologically related episodic sentence and thus no generalization over events. Copular sentences such as Lions are mammals or John is intelligent likewise lack such episodic counterparts. There is no predicate which is morphologically related to know French (this would be an episodic verb which denotes events and which provides evidence that someone knows French), so the sentence Italians know French is a lexical characterizing sentence (Krifka 1995, 17) Schematisch zusammengefasst ergibt sich für die Unterscheidung auf Satzniveau das folgende Bild: Generische Sätze habituell und statisch oder lexikalisch und statisch Handlungsätze statisch oder dynamisch Die gesamte Kreuzklassifizierung (angelehnt an Krifka [et al.] 1995, 18) sieht also wie folgt aus: SATZEBENE ART DER NP A) Generische Sätze A1) Habituelle generische Sätze (Normalmente) Paco duerme después del almuerzo. (Normalmente) El bébé llora cuando tiene hambre. (Normalmente) Un alumno duerme durante la primera clase. (Normalmente) Un niño juega. Spezif., nicht gen. Spezif., gen. Nicht spezif., nicht gen. Nicht spezif., gen. 30

39 A2) Lexikalisch generische Sätze Paco tiene los ojos azules. La cerveza alemana se conoce en todo el mundo. Un alumno sabe más que los otros. Un erudito sabe mucho. Spezif., nicht gen. Spezif., gen. Nicht spezif., nicht gen. Nicht spezif., gen. B) Handlungssätze B1) Episodische Sätze El perro de Paco ladra. Las aves migratorias migran al sur. Spezif., nicht gen. Spezif., gen. B2) Statische Sätze El Señor García está en la sala de profesores. Los profesores están en una reunión. Spezif., nicht gen. Spezif., gen Kontext und Sprecherwissen In den bisherigen Ausführungen wurde bereits deutlich, dass eine generische NP im Spanischen, Französischen und Katalanischen (und nicht nur da) unterschiedliche Formen haben kann und dass ein und dieselbe NP auch referenziell sein kann. Dies macht deutlich, dass Generizität nicht einzig von NPs abhängen kann: That is, genericity is not an inherent semantic feature of NPs. If an NP is interpreted generically, it is by virtue of the fact that it appears in an utterance that yields a generic interpretation. Finally, I will speak of a generic sentence when the sentence in question yields a generic interpretation, that is, when it is (or can be) interpreted as expressing a characteristic that is (presented as) a prototypical characteristic of a genus (for example, Dogs are animals). As we will see below, so-called habitual sentences resemble generic sentences in that they also express a typical characteristic and imply a number of typical instances of the characteristic in question (Declerck 1991, 80 f.). 31

40 Die pragmatischen Prinzipien nach Declerck (1991) Neben sprachinhärenten Betrachtungen, wie die bis hierhin im Kapitel zur Generizität angeführten, kommt man bei der Zuordnung einer Interpretation (generisch oder referenziell) nicht umhin, den Kontext und den Sprecher einzubeziehen. Die generische Interpretation wird, so Declerck, von einigen pragmatischen Prinzipien entweder ausgeschlossen oder ausgelöst. Diese beachten eben nicht nur die genannten sprachinhärenten Faktoren, sodern auch die Parameter Sprecher und Kontext. Im Folgenden werden Declercks pragmatische Prinzipien unter dem Gesichtspunkt der drei Untersuchungssprachen näher betrachtet: Principle of restrictions (vgl. Declerck 1991, 82 f.) a) NP-inherent restrictions Einige NPs lassen eine generische Interpretation zu. Für das Spanische und das Katalanische haben wir bereits gesehen, dass dies definite NPs im Singular und im Plural sowie indefinite NPs im Singular sind, außerdem nackte NPs. Für das Französische sind dies definite NPs im Singular und im Plural und indefinite NPs im Singular, in Objektposition kommen noch NPs mit Teilungsartikel hinzu. Andere NPs, zum Beispiel des Typs Numerale + Nomen, haben keine generische Lesart. Ob die NP eine generische Lesart zulässt oder nicht, hängt zum einen von ihrer Form und zum anderen von ihrer semantischen und pragmatischen Bedeutung ab. b) Contextual restrictions Neben den der NP inhärenten Restriktionen kann auch der Kontext, in dem die NP gebraucht wird, zu einer generischen Lesart führen. Es handelt sich hierbei um die semantische und pragmatische Bedeutung des Satzes und des sowohl sprachlichen als auch nicht sprachlichen Hintergrundes. Der nicht sprachliche Hintergrund beinhaltet whatever we know, that is, both our linguistic competence and our pragmatic knowledge of the world (Declerck 1991, 82). Maximal-set principle (vgl. Declerck 1991, 83 f.) This principle stipulates that when the speaker uses a description referring to a set, the hearer has a right to assume that the intended set is the largest possible set of entities satisfying the description and the NP-inherent and contextual restrictions. Dieses Prinzip, so wird deutlich, entspricht der Griceschen Maxime der Quantität. So ergibt 32

41 sich, dass wenn der Sprecher ein Teilset des größeren Sets ansprechen möchte, er eine Beschreibung verwenden muss, die sich eben auf das Teilset bezieht und nicht auf das größere, ansonsten ist er nicht ausreichend informativ. Das Prinzip kennt zwei Restriktionen, die Relevant-members-restrictions und das Immediateness principle. a) Relevant-members restriction Der Hörer (das Prinzip wird für die Zwecke dieser Arbeit um den Leser erweitert) nutzt sein Weltwissen, um eine Äußerung über ein Set nur auf die Mitglieder dieses Sets zu beziehen, auf die diese Äußerung in angemessener Weise (also in Einklang mit dem Weltwissen) angewendet werden kann. b) Immediateness principle Wenn eine definite NP gebraucht wird, dann muss dem Immediateness principle entsprechend nach Referenten im unmittelbaren Kontext gesucht werden. In unserem Fall ist der unmittelbare Kontext im Text selbst gegeben. Die Rechtstexte, didaktischmoralischen und religiösen Texte schaffen die Situationen, in denen wir uns bewegen. Inclusiveness principle (vgl. Declerck 1991, 83 f.) If the referent set is well defined, that is, clearly delimited, a statement about the set as a whole will be interpreted as a statement about all the members of the set (Declerck 1991, 84). Auch dieses Prinzip entspricht der Griceschen Maxime der Quantität. Wenn eine Aussage sich nur auf einen Teil des Sets bezieht, dann ist es irreführend, wenn sie in Bezug auf das gesamte Set gemacht wird. Das Inclusiveness principle resultiert aus der Referenz auf ein Set als Ganzes. [60] Jenny personally knows actresses. (Declerck 1991, 83) [61] Betty hates actresses. (Declerck 1991, 83) Die NP actresses in [60] stellt kein gut abgegrenztes Set dar und somit nicht die Idee 'all actresses'. Offensichtlich ist nur, dass das Set pragmatisch restringiert ist. In [61] hingegen ist die NP actresses ein gut abgegrenztes Set, da nichts im Kontext enthalten ist, was einer dem Maximal-set principle ensprechenden Annahme des größtmöglichen Sets entgegenstehen würde. Das Set, das sich für die NP in [61] ergibt, ist 33

42 folglich die generische Interpretation: «Since a generic set is the set of all entities satisfying a referring description [...], it is by definition a well-defined set» (Declerck 1991, 84). Im Rahmen dieses gut abgegrenzten Sets kann mittels des Inclusiveness principles angenommen werden, dass sich die Aussage auf jedes Mitglied des Sets bezieht Tempusgebrauch Das Präsens wird in der Forschungsliteratur allgemein als das Tempus deklariert, das sich in generischen Sätzen findet 34. Hierbei ist es, so Declerck (1991, 88), nicht als generisches Tempus zu verstehen, das eine generische Lesart hervorruft, sondern als ein Tempus, das eine derartige Lesart ermöglicht, da es keinerlei temporale Restriktionen beinhaltet. Das Präsens, so Dahl, ist nicht markiert und entspricht somit der Tendenz des minimal tense-aspect marking (ebd. 1995): [...][I]t is probably true for the majority of all human languages that prototypical generic sentences are minimally marked with respect to tense and aspect that is, that they either lack overt tense-aspect marking or that they use the least marked form in the system. Furthermore, whatever form is used for generics is also used in other, nongeneric contexts, although what these contexts are in a specific language depends on the rest of the tense-aspect system. [...] However, there are a couple of peculiarities regarding the marking of generics that the student of this sentence type should keep in mind, in my opinion. The first is the strong tendency for generic sentences to be completely devoid of any tense-aspect marking. [...] The second peculiarity is the parallel between the scarcity of grams that specifically mark verbs in generic sentences and the way in which generic NPs are marked. To my knowledge, there is no language that has a 'generic' article, that is, an article which is used exclusively with generic NPs (Dahl 1995, 425). Dennoch, auch wenn das Präsens das vorherrschende Tempus in generischen Sätzen zu sein scheint, das Präteritum oder auch das Futur sind ebenso denkbar, obgleich nicht unstrittig. So schränkt das Präsens nach Declerck nicht die Anzahl der Gelegenheiten ein, bei denen die Situation zutrifft. Eine starke Begrenzung dieser Anzahl kann jedoch einer habituellen Interpretation im Wege stehen, so zum Beispiel im Fall einer progressiven Verbform oder when the situation is exclusively located in the past or in the future (ebd. 1991, 88). Galmiche sieht 34 Chur (1993, 75 ff.) liefert einen kleinen Abriss zu Einschränkungen dieser Annahme und führt einige Ansätze an, die auch anderen Tempora eine mögliche generische Interpretation einräumen. 34

43 auch die prädestinierte Rolle, die dem Präsens zukommt, er lässt die Tür für das Präteritum oder das Futur aber noch einen Spalt weit geöffnet: Bien que le présent soit le temps de prédilection des jugements génériques, dans la mesure où il est le plus apte à perdre sa référence temporelle, rien n interdit, a priori, que la généricité prenne place dans le passé ou dans le futur ; la lecture générique sera évidemment facilitée par la présence de compléments (adverbes ou SP temporels capables d indiquer une durée) (Galmiche 1985, 7). Die folgenden Beispiele führt Galmiche (1985, 7) zur Illustration an: [62] {Jadis; A cette époque} a. le castor construisait des barrages. b. les castors construisaient des barrages. c. un castor construisait des barrages. [63] Dans l avenir a. l homme hibernera. b. les hommes hiberneront. c. un homme hibernera. Die Beispiele samt den enthaltenen Komplementen und die Aussage, dass die generische Lesart durch diese vereinfacht würde, machen jedoch deutlich, dass eine generische Interpretation in perfektiven oder prospektiven Sätzen nicht unproblematisch ist. 2.3 Die Verankerung der Grammatikalisierung von HOMO in der Implicational Map von Haspelmath In der Korpusanalyse in Kapitel 5 werden Belege aus dem Altfranzösischen, dem Altspanischen und dem Altkatalanischen untersucht. In den vorhergegangenen Ausführungen ist deutlich geworden, dass die Grammatikalisierung von HOMO (so wie Grammatikalisierungen im Allgemeinen) mit einer Veränderung der Funktionen einhergeht. Die Analysen in Kapitel 5 werden zum einen sprachintern durchgeführt (anhand der entsprechend zusammengestellten einzelsprachlichen Untersuchungskorpora) und zum anderen sprachvergleichend anhand der gemachten Beobachtungen. Die Funktionsveränderungen sollen mittels der Implicational Map von Haspelmath (1997) visualisiert werden. Zu diesem Zwecke wird die HOMO- Grammatikalisierung in diesem Kapitel in der Implicational Map (Abb. 3) von Haspelmath verankert. Dabei wird auf den vorgestellten Grammatikalisierungspfad und die Ausführungen zur Generizität zurückgegriffen. 35

44 Abb. 3: Die Implicational Map für die Funktionen von Indefinitpronomen (Haspelmath 1997, 4) Haspelmath selbst schließt jedoch die Betrachtung von generischen Pronomen wie jene aus HOMO aus seinen Betrachtungen aus 35 : GENERIC PRONOUNS[Hervorhebung im Original] like French on 'one', German man 'one', English one are also often called 'indefinite pronouns'. It is true that they are both pronominal and indefinite, so they would fall under the definition as stated above, but since generic pronouns have very different properties from words like someone, they are not further considered here. Moreover, formally distinct generic pronouns do not seem to be very widespread: most languages make do without them, whereas the large majority of languages seem to have indefinite pronouns like someone (Haspelmath 1997, 12). Auch wenn Haspelmath selbst also, wie deutlich wird, den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit nicht in seinen Ausführungen berücksichtigt, wird hier argumentiert, dass seine Implicational Map zu den Funktionen der Indefinitpronomina 36 dennoch für die Betrachtung der 35 Entsprechend führt er die generischen Pronomen in einem eigenen Kapitel (3.3) zu den Alternativen zu Indefinitpronomen an. 36 Für die Klassifizierung als Indefinitpronomen zieht Haspelmath (1997, 9) zwei Ebenen heran, eine funktionale (die Charakterisierung als indefinit) und eine formale (die Charakterisierung als Pronomen, wobei er den Terminus Pronomen nicht etymologisch, sondern traditionell im Sinne einer Pro-Form nicht nur für Nomen, sondern auch für Adverbien, Adjektive und sogar Verben sieht; ebd. 1997, 10). In Hinblick auf die formale Charakterisierung macht er deutlich, dass es nicht immer leicht zu entscheiden ist, ob es sich bei einem Ausdruck um ein Pronomen handelt oder nicht, oftmals seien es nur Unterschiede in der Prosodie something ('--) vs. some thing (- '-), der Morphologie (*somethings vs. some things) oder der Syntax (something important vs. some important thing). Auch die Konkordanz kann Hinweise geben, so konkordiert quelque chose in seinem pronominalen Gebrauch mit dem Maskulinum, in seinem nominalen Gebrauch hingegen mit dem Femininum (ebd. 1997, 10). Jedoch ist die schwierige Zuordnung so sollten die Ausführungen zur HOMO-Grammatikalisierung in Kapitel 2.1 deutlich gemacht haben insofern nicht verwunderlich, als dass es sich bei der Grammatikalisierung von Pronomen aus Nomen mit sehr allgemeiner Bedeutung (wie zum Beispiel HOMO) um einen graduellen Prozess 36

45 Grammatikalisierung von HOMO hilfreich sein kann, will man die Entwicklung untersuchen und einzelne Entwicklungsstadien der Grammatikalisierung darstellen 37. Und so ist vor dem Hintergrund von Haspelmaths Einwand anzumerken, dass er den diachronen Gesichtspunkt, den er im Weiteren als Möglichkeit der Map darstellt, bei dem Ausschluss der von ihm generic 38 genannten Pronomen vernachlässigt. Zwar meint er, wenn er von diachronic extension (ebd. 1997, 63) spricht, mögliche Voraussagen über die funktionale Ausweitung eines Indefinitmarkers, jedoch klammert er diese im Fall der generischen Pronomen aus. Um dies zu illustrieren, soll das hebräische iš, das er als Beispiel für auf generischen Nomen basierende Indefinita anführt, herangezogen werden. Das besagte iš ist zugleich ein Nomen ('Mann') und ein Indefinitpronomen ('anyone, no one'), wobei sich der pronominale Gebrauch aus dem Nomen entwickelt hat (Haspelmath 1997, 28). Auch dem spanischen omne 39, z.b., das ebenfalls auf einem generischen Nomen basiert, kam in nicht generischen Kontexten und im Skopus einer Negation eine existenzielle negative Lesart im Sinne von 'nadie' zu (Company Company/Pozas Loyo 2009, 1176). Aber es war nicht auf diese Kontexte beschränkt. Ein Blick ins Lateinische und auf die Annahme von Ernout und Thomas zeigt, dass eine Ausweitung des indefiniten Gebrauchs von HOMO von negativen auf affirmative Kontexte durchaus möglich ist: [S]egún Ernout y Thomas (1951/1953), la interpretación indefinida de homo en latín y que más tarde daría origen a los pronombres derivados de este en las lenguas romances pudo haberse iniciado en contextos de negación en los que el sustantivo se empleaba con el único fin de enfatizar la idea expresada por nemo. Más tarde, homo comenzó a utilizarse en contextos afirmativos en los que, aun prescindiendo del elemento al cual en un primer momento reforzaba, siguió transmitiendo la idea de indefinitud (ebd. 1951/1953, zit. in Company Company/Pozas Loyo 2009, 1166). Es wäre also sehr interessant, die weitergehenden Entwicklungen des pronominalen Gebrauchs von HOMO in Hinsicht auf die Ausweitung seiner funktionalen Domänen zu beobachten und letztlich auch darstellen zu können. Dies ist, so die hier vertretene Ansicht, mit handelt und die Pronominalität im Laufe der Entwicklung zunimmt (vgl. auch Haspelmath 1997, 10). Als Indefinitpronomen, um das zweite Charakteristikum, indefinit, zu bestimmen, charakterisiert er jene Pronomen, deren Hauptfunktion der Ausdruck einer indefiniten Referenz ist. Er weist dabei darauf hin, dass der Begriff Indefinitpronomen in der traditionellen westlichen Grammatik als waste-basket-category genutzt worden sei, in die auch die generischen Pronomen wie frz. on, dt. man und engl. one [s. Zitat oben zur Einordnung der generic pronouns ] eingeordnet worden seien (ebd. 1997, 11). 37 In der in Kapitel 5 folgenden Analyse geht es dabei primär um den Gebrauch im 13. Jahrhundert und den Vergleich der drei Untersuchungskonstruktionen. 38 Zifonun (2000, 249) spricht sich nach ihrer morphosyntaktischen und semantischen Analyse des dt. man auch für eine Bezeichnung als generisches Pronomen aus, fügt aber gleichwohl an, dass es sich um eine Zwischenlösung handelt. 39 Das spanische UMP wird in dieser Arbeit mit omne wiedergegeben. 37

46 der Implicational Map durchaus möglich. Wie genau sie dafür gestaltet sein müsste, wird weiter unten dargestellt. Mithilfe der Implicational Map können nicht nur, wie bereits oben angemerkt, Zustände dargestellt, sondern auch Entwicklungen nachvollzogen und, wie Haspelmath selbst betont, Vorhersagen gemacht werden: The prediction is that when markers gradually acquire new functions, they will first be extended to those functions that are adjacent to the original functions on the map, and only later to functions that are further away (Haspelmath 1997, 63). Insofern kann die Implicational Map auch für die spanische Entwicklung aus HOMO interessant sein, um einen Fortgang der Grammatikalisierung nachzuzeichnen, der durchaus möglich gewesen wäre (s. auch Brown 1931) 40, und auch um funktionale Unterschiede zu frz. on und kat. hom aufzuzeigen. Aber warum genau ist nach Haspelmath ein Unterschied zu verzeichnen zwischen Indefinitpronomen und den von ihm als "generisch" bezeichneten Pronomen? Im Rahmen der Diskussion um die Grammatikalisierungsresultate aus HOMO in Kapitel 1 wurden bereits einige Ansatzpunkte gegeben, die hier wieder aufgegriffen werden sollen. Einer der markanten Unterschiede von HOMO zu klassischen Indefinitpronomen liegt in der Gestalt von Indefinitpronomen. Die klassischen Indefinitpronomen umfassen, so Haspelmath, allgemeinhin eine Serie, die aus den Mitgliedern der großen ontologischen Kategorien wie Person, Ort, Zeit, Menge und einigen weiteren besteht (ebd. 1997, 21). Die Funktionen, die von einer Serie umfasst werden, stehen in der Map in einer Kontiguitätsbeziehung. So umfasse beispielsweise die englische any-serie die Funktionen 4 bis 9 in der in Abb. 3 dargestellten Implicational Map (ebd. 1997, 4). Ein Indefinitpronomen setzt sich also zusammen aus dem Stamm, der die ontologische Kategorie ausdrückt, und einem formalen Element, das von allen Indefinitpronomen einer Serie geteilt wird (z.b. any) (Haspelmath 1997, 22). Neben dieser segmentalen Abfolge zur Markierung von Indefinitheit können Indefinitpronomina auch mittels Reduplikation oder Stammmodifizierung ausgedrückt werden (ebd., 1997, 23 f.). So generalisiert Haspelmath, wie zu Beginn der Arbeit bereits angemerkt, dass Indefinitpronomen Derivate (aus Interrogativpronomen oder generic ontological-category nouns wie Person, Zeit etc.) sind, stellt jedoch auch fest, dass Ausnahmen von dieser allgemeinen Regel zwar selten sind, das 40 Company Company/Pozas Loyo (2009, 1178) sprechen das an, was auch in der Analyse im zweiten Teil der Arbeit deutlich werden wird, nämlich dass das Spanische, anders als das Französische, nie einen indefiniten referenziellen Gebrauch grammatikalisiert hat. Auch in Übersetzungen entsprechender Ausdrücke aus dem Französischen sei auf eine andere Strategie zurückgegriffen worden, in der Regel die dritte Person Plural. Dem spanischen Grammatikalisierungsprozess fehlt also die letzte Grammatikalisierungsstufe. Im Katalanischen ist dieser Gebrauch auch nicht konventionalisiert, es finden sich aber altsprachliche Belege für diesen (vgl. Kapitel 5). 38

47 Katalanische aber beispielsweise eine ganze Serie von Indefinitpronomen besitzt, die synchronisch mit nichts weiter verbunden sind (ningú 'niemand', res 'nichts', enlloc 'nirgends', mai 'niemals', cap 'kein') (ebd ff.). Dies gilt auch für HOMO mit seinen Entwicklungen in den Untersuchungssprachen 41. Das englische one hingegen kann als Stamm eines Indefinitums fungieren (anyone, someone, everyone, no one 42 ). Neben dem Unterschied zwischen den sogenannten generischen Pronomen und den Indefinitpronomen ergibt sich also auch eine Unterscheidung innerhalb der Klasse der generischen Pronomen. Hierauf wurde bereits ausführlich in Kapitel 1 Bezug genommen. Zurück also zur Unterscheidung Indefinitpronomen und UMP. In dieser Arbeit soll dem Unterschied Rechnung getragen werden, dass die hier behandelten UMPs im Gegensatz zu herkömmlichen Indefinitpronomen wie sp. alguien, kat. algú oder frz. quelqu'un eine weitere Lesart, die generische, ermöglichen. Da diese Lesart also nicht in der Implicational Map von Haspelmath enthalten ist, diese hier aber für die UMPs produktiv gemacht werden soll, ist es für die Ausführungen sinnvoll, die Funktion generisch (indefinit nicht referenziell) mit einzubeziehen, so wie es beispielsweise Aguilar-Guevara [et al.] (2010, 4) machen, die die Implicational Map erweitern, indem sie die Funktionen indirect negation (IN) und free choice (FC) aufgliedern. In diesem Rahmen nehmen sie dann bei den nun für FC aufgeschlüsselten Funktionen auch die Funktion generisch (GEN) auf. Aguilar-Guevera [et al.] (2011, 4) merken jedoch auch an, dass die Kontiguitätsbeziehung der Funktion GEN, also ihre Positionierung innerhalb der Implicational Map noch zu ermitteln sei. Bevor hier explizit auf die Verankerung einer potentiellen Funktion GEN eingegangen wird, soll der Ausgangspunkt der Grammatikalisierung in Augenschein genommen werden. Hierzu wird an der Funktion FC angesetzt. Oben wurde bereits angemerkt, dass Guevara [et al.] (2010) die Funktion GEN in der aufgegliederten Funktion FC ansiedeln. Die Nähe von FC und GEN soll auch in dieser Arbeit herausgestellt werden. Die Kontexte, in denen Free- Choice-Indefinita stehen können, stellen dabei einen deutlichen Berührungspunkt zwischen diesen und der beginnenden Grammatikalsierung von HOMO dar: 41 Von daher kann im Fall von HOMO mit der Implicational Map nicht der Funktionsbereich einer Serie betrachtet werden, sondern nur jener, den die Entwicklungen aus HOMO einnehmen. Es können also gezielt Äußerungen zur Entwicklung des Funktionsbereichs der französischen, der katalanischen und der (abgebrochenen) spanischen Grammatikalisierung gemacht werden. 42 Die Graphie von no one steht der Zugehörigkeit zu der Serie nicht entgegen. 39

48 There is, however, one further important type of context in which free-choice indefinites may occur, [ ] contexts in which a sentence may be interpreted generically (Haspelmath, 1997, 50). Es lassen sich weitere signifikante Überschneidungen mit der Funktion FC ausmachen. Hierzu lohnt ein erneuter Blick auf den Grammatikalisierungspfad von HOMO: (a 1 ) man as species generic (a 2 ) man as human non- (b) man as human referential indefinite referential indefinite Abb. 4: Der Grammatikalisierungspfad von HOMO nach Giacalone Ramat/Sansò (2007b, 106) (c) 1 st person singular/ plural Die angesprochene Überschneidung findet sich zu Beginn der Grammatikalisierung: Sowohl in Stufe (a 1 ) als auch in Stufe (a 2 ), habe man die Fähigkeit, eine willkürliche Zahl von Referenten aus der Klasse der Menschen herauszugreifen, indicating any individual within a more or less restricted class, which is determined by the operator itself and may amount to all humanity or to a subgroup thereof, according to the context (Giacalone Ramat/Sansò 2007b, 108). An dieser Stelle wird (in Übereinstimmung mit Giacalone Ramat und Sansò 43 ) festgestellt, dass der Grammatikalisierungspfad von HOMO mit der Haspelmathschen Entwicklungsskala, ausgehend von der Funktion FC, vereinbar ist (ebd. 2007b, 109): specific irrealis- question/ comparative free choice non-specific conditional Abb. 5: Diachrone Extension ausgehend von FC (vgl. Haspelmath 1997, 149) Diese Skala, deren Entwicklung von rechts nach links verläuft, entspricht mit Ausnahme der beiden fehlenden Negationen (indirekt und direkt) in Gänze der Implicational Map. Bei der Entwicklung vom rechten Ende der Skala zum linken handelt es sich nach Haspelmath um 43 The grammaticalization path described above [jener, der oben in Abb. 4 noch einmal wiedergegeben wurde] is consistent with the finer grained grammaticalization path proposed by Haspelmath (1997: 4; 149 ff.) for indefinite pronouns, which proceeds from free choice (any-series) elements to more specific elements [ ] (Giacalone Ramat/Sansò 2007b, 109). 40

49 eine Abschwächung ( weakening ), da die Funktionen auf der rechten Seite in gewisser Weise stärker sind als jene in der Mitte oder auf der linken Seite: [ ] a change from right to left means a loss of 'strength', just as predicted by the weakening view of semantic grammaticalization (Haspelmath 1997, 149 f.) Den semantischen Verlust, den das Indefinitum ausgehend von der Funktion FC durchläuft, beschreibt er mit dem Verlust der folgenden Merkmale: [64] free choice > simple non-specific: loss of focussing and scalarity simple non-specific > specific unknown: loss of specificity specific unknown > specific known: loss of unknownness Die Funktion Komparativ erklärt Haspelmath nicht weiter vor dem Hintergrund der semantischen Abschwächung, da ihre semantischen Eigenheiten ihm nach eigener Aussage nicht klar sind. Auf die Funktionen Frage und Konditional hingegen geht er genauer ein und ordnet ihnen eine Brückenstellung zu: [ ] the question and conditional functions serve as a bridge between the obligatorily scalar free-choice and comparative functions and the obligatorily non-scalar irrealis-non-specific function (ebd. 1997, 152 f.). Illustriert werden kann das mit dem folgenden Beispiel aus dem Russischen (entnommen aus ebd. 1997, 152): [65a] Esli ty uslyšiš' čto-nibud', razbudi menja. If you hear what-indef wake: IMPV me 'If you HEAR anything, wake me up.' [65b] Esli ty uslyšiš' čto by to ni bylo razbudi menja. If you hear what INDEF wake: IMPV me 'If you hear ANYTHING AT ALL, wake me up.' Der Unterschied zwischen den beiden Sätzen kann, so Haspelmath, charakterisiert werden als presence vs. absence of scalarity. Im zweiten Satz ([65b]) handelt es sich bei čto by to ni bylo um den Endpunkt einer pragmatischen Skala. Folglich resultiert eine emphatischere Lesart ('if you hear the slightest noise, e.g. if a cat miaows'). Irgendwann kann das Indefinitum seinen emphatischen Wert verlieren und [65a] entsprechen. Nach Haspelmath muss dies tatsächlich im Russischen passiert sein, da -nibud' etymologisch gänzlich analog zu by to ni bylo ist (ebd. 1997, 152 f.). 41

50 Doch zurück zur Verankerung der Funktion GEN in der Haspelmathschen Map und damit zum Beginn der Grammatikalisierung. Oben wurde bereits angesprochen, dass man in den initialen Grammatikalisierungsstufen (a 1 ) und (a 2 ) eine willkürliche Anzahl von Referenten aus der Klasse der Menschen herausgreifen könne. Vor diesem Hintergrund wurde der Ausgangspunkt der Grammatikalisierung in Übereinstimmung mit Haspelmath in der Funktion FC gesetzt. Nun stellt sich die Frage, wo die Funktion GEN im Rahmen der Haspelmathschen Entwicklungsskala anzusetzen ist. Der generische Gebrauch kommt den eben erwähnten Entwicklungsstufen (a 1 ) und (a 2 ) zu. Der Referent der Stufe (a 1 ) mit ihrem artgenerischen Gebrauch (fette Linie in Abb. 6) des noch nominalen HOMO, ist per se pluralisch (Giacalone Ramat/Sansò 2007b, 107). Dennoch bietet dieser Gebrauch bereits das Diskursumfeld für die Reanalyse zu einem outil grammatical (Meillet 1948, zit. in Giacalone Ramat/Sansò 2007b, 99), die in dieser Entwicklungsstufe noch verdeckt verlaufe (geschlängelte Linie in Abb. 6) und deren Gebrauch mit one, anyone paraphrasiert werden könne (ebd. 2007b, 99 f.). Für die Stufe (a 2 ) und ihren nicht referenziellen indefiniten Gebrauch wurde ebenso bereits auf die Möglichkeit von man hingewiesen, auch auf eine singularische Referenz verweisen zu können (eine Person in einer gegebenen Situation). Dies geschieht dann, wenn der passende Kontext (hypothetisch/irrealis) vorhanden ist (vgl. ebd. 2007b, 107). Generell handelt es sich in Stufe (a 2 ) jedoch auch um eine pluralische Referenz im Sinne von 'Menschen im Allgemeinen', 'Menschen einer gegebenen Gruppe', 'Menschen in einem gegebenen räumlich-temporären Setting' (also einer contextually bound sub-group of humanity (Giacalone Ramat/Sansò 2007b, 101)), dementsprechend nicht im Sinne der gesamten Menschheit (vgl. ebd. 2007b, 101, 107). Die Ausweitung des Gebrauchs von man auf referenzielle indefinite Subjekte (b) erfolgt, wenn es außerhalb des Skopus eines nicht assertiven Operators gebraucht wird: [I]f a given situation is presented as occurring in the real world, the most straightforward pragmatic inference that is drawn is that there must have been one or more specific agents bringing about that situation. In these cases, a semantically light or empty element such as man amounts to nothing but a human entity, and the assertive context 42

51 forces its interpretation as a specific but indefinite human subject (Giacalone Ramat/Sansò 2007b, 108) 44. Zu diesen nicht assertiven Kontexten gehören eben beispielsweise auch konditionale Kontexte, deren Rolle oben bereits erörtert wurde 45 und denen, so soll an dieser Stelle hervorgehoben werden, eine wichtige Rolle bei der Reanalyse von HOMO in den ersten beiden Entwicklungsstadien (a 1 ) und (a 2 ) zukommt. Sie liefern ebenso wie interrogative und negative Kontexte das Diskursumfeld, in dem die Reanalyse zu einem indefiniten Element stattfindet (vgl. ebd. 2007b, 108). Auch hier wird die oben angesprochene Brückenstellung der Funktionen Konditional und Frage deutlich. Die Verankerung des generischen Gebrauchs der Grammatikalisierung aus HOMO soll entsprechend den gemachten Ausführungen in der folgenden Abbildung noch einmal zusammengefasst werden: Abb. 6: Die Verankerung des generischen Gebrauchs in der Haspelmathschen Skala (ebd. 1997, 149) ausgehend von der Funktion FC 44 En otras palabras, para que un sintagma se interprete como no referencial, es necesario que se halle bajo el alcance de una modalidad no factiva (vgl. Givón 1973, 1978 und Leonetti 1990, 1999, zit. in Company Company/Pozas Loyo 2009, 1167). 45 Sowohl Giacalone Ramat/Sansò (2007b, 108), im Rahmen ihrer Ausführungen zur Grammatikalisierung von man im europäischen Sprachkontext, als auch Welton-Lair (1999, 15), im Rahmen ihrer Ausführungen zum klassischen Latein, betonen, wie in Kapitel 2.1 bereits angemerkt wurde, unter anderem konditionale Kontexte und Fragen als Nährboden für die Reanalyse von HOMO. Die Rolle dieser und der anderen nicht assertiven Kontexte wird in Kapitel vor dem Hintergrund der für diese Arbeit erhobenen Korpusdaten genauer diskutiert. 43

52 Zur Funktion des Komparativs, die in der Abbildung nicht erfasst ist, soll an dieser Stelle nicht viel gesagt werden. Seine Semantik ist auch von Haspelmath (1997, 152) selbst nicht eindeutig bestimmt. Nach ihm scheint es sich um eine Art Bindeglied zwischen der Funktion FC und den negativen Polaritätsausdrücken der Implicational Map zu handeln: However, it has been remarked several times in the literature that the comparative function is intermediate between free choice and negative polarity; if that is correct, then whatever explains the shift from free choice to negative polarity will also explain the shift from the free-choice function to the comparative function, and from the comparative to the question/conditional function (Haspelmath 1997, 152). An dieser Stelle wird es dabei belassen, da ein großer Teil dieser negativen Polaritätsausdrücke (indirekte und direkte Negation) nicht weiter in der oben angegebenen Skala (Abb. 5) behandelt wird. Die Funktion Komparativ hat aber insofern einen Einfluss auf die Entwicklung von (a 1 ) zu (a 2 ) bzw. von einem artgenerischen zu einem indefiniten nicht referenziellen Gebrauch, als dass es über Vergleiche möglich ist, ein Modell für menschliches Handeln aufzustellen und HOMO hier als Vergleichsgröße zu nutzen (s. Kapitel ). Aus Abbildung 6 wird deutlich, dass Generizität hier nicht als eine Funktion aufgefasst wird, die an einer bestimmten Stelle in der Map angegliedert wird. Vielmehr handelt es sich um eine Bedeutung, die HOMO im Rahmen seiner Grammatikalisierung zu einem Indefinitum erlangt und die einen bestimmten Abschnitt dieser Grammatikalisierung ausmacht. 2.4 Zum Ursprung der Grammatikalisierung im Kontext des Standard Average European (SAE) Auch wenn sich die Beispiele zur Illustration der HOMO-Grammatikalisierung (Kapitel 2.1) hauptsächlich des Italienischen bedienen, bereits die Hinweise in der Einleitung auf den gegenwartssprachlichen Gebrauch zeigen deutlich, dass die Grammatikalisierung von HOMO kein einzelsprachliches Phänomen ist, sondern eines, das in großen Teilen der Romania vorhanden und auch in der germanischen Sprachfamilie ganz und gar kein unbekanntes ist: In fast allen germanischen Sprachen mit Ausnahme des Englischen, wo das unpersönliche Pronomen man/me 46 zu Beginn des 15. Jahrhunderts verschwunden ist 47, findet man, so 46 Später im Text werden entsprechend Brown (1931, 276) die Formen man/men angeführt. Der Vollständigkeit halber, und um Missverständnisse zu vermeiden, soll hier angemerkt werden, dass men in späten 13. und im

53 Giacalone Ramat/Sansò (2010, 95), de véritables pronoms issus des noms utilisés pour désigner l homme (deutsch man, schwedisch man etc.). Für die romanischen Sprachen sind das Französische, das Katalanische, das Provenzalische und das Abruzzische anzuführen. In anderen romanischen Sprachen, so beispielsweise dem Spanischen und dem Italienischen, ist der indefinite Gebrauch von HOMO in den frühesten Textzeugen belegt, jedoch anschließend verschwunden (Giacalone Ramat/Sansò 2010, 95 f., vgl. auch Giacalone Ramat/Sansò 2007a und 2007b). Dies und auch die Verbreitung im slawischen Raum 48 führt zu der Frage nach dem Ursprung der Entwicklung, also danach, wo der sprachliche Ausgangspunkt der HOMO- Grammatikalisierung verankert ist. Das vorliegende Kapitel beschäftigt sich mit dem Ursprung der Grammatikalisierung im Kontext des Standard Average European (SAE). Hierbei geht es zunächst um das Lateinische und seine Rolle innerhalb der Entwicklung der SAE- Sprachen und anschließend um die Variable des Sprachkontakts. Nach Welton-Lair (1999, 4) ist die große Verbreitung eines indefiniten Gebrauchs von HO- MO in der Romania ein Indiz dafür, dass die Entwicklung ihren Ursprung in der präromanischen Periode des Lateinischen nimmt und anschließend in den einzelnen romanischen Sprachen nach der Ausgliederung überlebt hat. Giacalone Ramat/Sansò (2007a, 77 ff.) schätzen den lateinischen Ursprung als eine konkrete Möglichkeit ein. Sie sprechen vom Beginn des indefiniten Gebrauchs von HOMO im späten Altertum und von klaren Fällen in der Bibel. Womöglich liege der Fortbestand dieses Gebrauchs in späteren Perioden an der Autorität, die der Sprache der Bibel zukam 49. Das Zitieren von Teilen aus ihr war ein häufiges Stilmittel von Verfassern von Sermonen und Homilien, daneben finden sich hier aber auch Belege aus erster Hand von HOMO mit indefiniter Bedeutung in nicht assertiven/nicht spezifischen Kontexten: [66] Sicut enim, quando pustulam incurrit homo, desiderat ut cito spondolum faciat, et optat ut sine aliqua mora ipsa mala postula aliquam particulam tollat de corpore, et cum ipsa discedat, ne venenum ipsius totum corpus occupet, et animam petat (Sermones, zit. in Giacalone Ramat/Sansò 2007, 78) Jahrhundert me ersetzt (Rissanen 1997, 520). Zur Grammatikalisierung und zum Verlust des engl. man s. Rissanen (1997). 47 Der indef. Gebrauch von man im heutigen Englisch wäre vor dem Hintergrund der weiten Verbreitung in der germanischen Sprachfamilie so naheliegend, dass Bartra/Picallo (2011, 177) ihn fälschlicherweise noch im Rahmen des heutigen Gebrauchs anführen. 48 Genauer der Gebrauch von c love ku mit indefiniter Bedeutung. Dieser findet sich im Tschechischen, im Sorbischen, im Polnischen, im Slowenischen, im Serbokroatischen und im Bulgarischen (Giacalone-Ramat/Sansò 2010, 96). Diese Beobachtung ist auch im Rahmen der Ausführungen zum SAE im weiteren Verlauf des Kapitels interessant. 49 Vgl. auch Mihatsch (2015a, 581). An dieser Stelle wird die Frage nur kurz angeschnitten, da sie in Kapitel 5.1 genauer erörtert wird. 45

54 'In the same way, when one has a carbuncle, one wants it to form a scar soon, and hopes that it rapidly detaches a small part of the body and falls thereby, so that its poison does not expand to the whole body and does not reach the soul' (Übersetzung aus Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 78) Weitere Beispiele haben Giacalone Ramat/Sansò in den sogenannten Itineraria ad loca sancta und in Grégoire de Tours' Historia Francorum ausgemacht. All diese Beispiele würden belegen, dass die originäre lexikalische Bedeutung von HOMO so sehr verblasst war, dass HOMO fast als Äquivalent zu '(some)one' gebraucht wurde (ebd. 2007a, 78). Auch in weniger verbreiteten Texten und bei gebildeteren Autoren wie Isidor von Sevilla oder Cassiodor finden sich Belege für einen indefiniten nicht referenziellen Gebrauch von HOMO, wenn auch dieser hier weniger üblich ist (ebd. 2007a, 79). Belege für einen indefiniten referenziellen Gebrauch verzeichnen Giacalone Ramat/Sansò im Spätlatein nicht. Thus, homo was only weakly grammaticalized as an indefinite element, although the textual types in which these examples occur (as well as its occasional occurrence in more literary registers) allow us to conclude that this usage was a tendency already long in existence when the first Romance varieties began to appear in written records. The hypothesis of a Latin origin of these usages in (at least part of) the Romance domain is thus a concrete possibility. Equally plausible is the hypothesis that the development of these usages in Germanic languages was (at least partially) helped or accelerated by contact with Latin-speaking communities. (Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 79 f.). Dies würde, wie Giacalone Ramat/Sansò (2007a, 80) feststellen, der Ansicht Haspelmaths widersprechen, der das Lateinische im Mittelalter als Urheber für die Sprachen des SAE ausschließt. Jedoch stellt er dies selbst nicht als unumstößliche Tatsache dar und spricht von einer Wahrscheinlichkeit: [ ] we can probably exclude option (iv) (the influence of Latin in the Middle Ages), because most SAE features were absent in Latin and developed only in the Romance languages. There are only two features for which Latin influence is a likely factor: negation and relative pronouns. In the case of these two features, the standard languages sometimes show deviations from the vernacular dialects, so at least the written standard languages may have been influenced by Latin, the European written language par excellence for many centuries. Thus, non-standard English has constructions like I won t do nothing ( I won t do anything ), and similarly in non-standard German and French. Analogously, Latin-type relative pronouns occur widely in the standard languages of Europe, but vernacular speech often prefers relative particles (Lehmann 1984: 88, 109). However, Latin probably only helped to reinforce these structures in those languages where they existed already independently as variants (Haspelmath 2001, 1507). 46

55 Dem Lateinischen kommt nach Haspelmath für das SAE also eher die Rolle eines Verstärkers zu, aber nicht jene eines Ursprungs. Jedoch gibt es durchaus Belege für den indefiniten nicht referenziellen Gebrauch von HOMO im Spätlateinischen (s. hierzu Kapitel 2.6.1). Außerdem sind weitere der SAE-Merkmale neben der von Haspelmath angeführten Negierung und den Relativpronomen im Spätlateinischen vorhanden, so die Entwicklung eines analytischen Perfekts aus habeo + Partizip Perfekt und die Entwicklung von Passivperiphrasen, die Verben wie esse ('sein') und fieri ('werden') beinhalten. Dies führt Giacalone Ramat/Sansò zu dem Schluss, dass die Rolle des Lateinischen durchaus größer gewesen sein könnte, als sie im Rahmen der SAE-Sprachen angenommen wird (ebd. 2007a, 80). Auch darf nicht vergessen werden, dass Haspelmaths Klassifizierung auf ausgesuchten Merkmalen beruht und sich unter Einbezug anderer durchaus ein etwas anderes Bild zeigen könnte, was Haspelmath aber selbst auch kritisch anmerkt: But of course, the cluster map directly reflects the choice of features that are combined, and this choice is always somewhat arbitrary (Haspelmath 2001, 1505). Ein weiterer Ansatzpunkt, nicht für die Entwicklung an sich, sondern vor allem für die einzelsprachliche Entwicklung, ist der Sprachkontakt. So stellt sich die Frage, ob es eine Beeinflussung zwischen einzelnen Sprachen bzw. Varietäten gegeben hat. Giacalone Ramat/Sansò zeigen in ihrer Analyse auf, dass in den nördlichen Varietäten Italiens die Grammatikalisierung von HOMO weiter vorangeschritten war 50. So sei hier der indefinite nicht referenzielle Gebrauch ab den ersten volkssprachlichen Dokumenten belegt, in den meisten Fällen artikellos. Darüber sei bereits zu Zeiten von Bonvesin 51 die Konstruktion uomo canta als 1. Person Plural (noi cantiamo) im Lombardischen und womöglich auch in anderen nördlichen Vernakularsprachen interpretiert worden (ebd. 2007a, 92). Giacalone Ramat/Sansò stellen die Frage danach, ob ähnliche Entwicklungen im Altfranzösischen die Entstehung dieses Gebrauchs und seine Entwicklung in den frühen italoromanischen Vernakularsprachen gefördert haben könnten. Die räumliche Kontiguität allein liefere dafür nicht genug Beweise und lasse auch den Ausschluss der Hypothese einer parallelen Entwicklung in Übereinstimmung mit allgemeinen Grammatikalisierungspfaden von Indefinitpronomen nicht zu (ebd. 2007a, 93): [ ] we are aware that the grammaticalization of nouns meaning man into an indefinite element is cross-linguistically common. The presence of the same pathway of grammaticalization in Old French and early northern Italian vernaculars thus may be due 50 Auch für die zentralen und die südlichen Varietäten in Italien zeigen Giacalone Ramat/Sansò (2007a, 89 ff.) auf, dass der indefinite Gebrauch von HOMO existierte, jedoch nicht sehr häufig war. 51 Bonvesin Da La Riva, geboren ca in Mailand, gestorben ca in Mailand (Encycl. Brit., s. v. Bonvesin Da La Riva. < ( ) 47

56 exclusively to a typologically common strategy, and does not provide compelling evidence for a French origin of indefinite uomo in early Italo-Romance (Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 94). An dieser Stelle kommt man nicht umhin, eine weitere Sprachkontaktsituation anzuführen und zumindest die Frage aufzuwerfen, inwiefern das Germanische das Französische beeinflusst haben könnte, nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund eines gemeinsamen Sprachbundes (dem Charlemagne Sprachbund, zit. nach van der Auwera (1998, 824) in Haspelmath 2001, 1505), der auch gleichzeitig Kern des SAE ist 52. Dieser Umstand ist, so Haspelmath, [i]n view of the historical role played by speakers of these two languages both in the early medieval history of continental Europe and in the very recent attempt at European unification [ ] an extremely intriguing result (ebd. 2001, 1505). Interessant sind in diesem Zusammenhang ferner die Ausführungen von König und Haspelmath aus dem Jahre Diese Studie und damit die daraus resultierende Map basiert auf nur vier der neun Merkmale 53, die später in der Karte Haspelmaths von 2001 abgebildet sind 54. Der Kern des SAE in dieser kleiner angelegten Untersuchung wird vom Französischen, Deutschen, dem Niederländischen und den Dialekten Norditaliens gebildet: 52 In seinem Cluster von 1998 führt van der Auwera das Italienische in der dem Nukleus am nächsten stehenden Gruppe an. In van der Auwera (2011) führt er jedoch auf, dass as is expected, the exact membership of the various isogloss and isopleth areas differs a bit for each phenomenon. [ ] However, each core has at least French and German, and other continental Romance (Italian, Friulian, ) as well as Germanic (Dutch, Frisian, ) are often in the core as well, or at least very close, and typically closer than e.g. Spanish or English (van der Auwera 2011, 297 ). 53 Es ergibt sich die Frage, nach welchen Kriterien die Merkmale der SAE-Sprachen ausgesucht werden. Hier wird auf Haspelmath (2001) verwiesen. Dieser zieht eine Art Ausschlussverfahren heran und macht die infrage stehenden Merkmale zu einer Art sprachlicher europäischer Alleinstellungsmerkmale : [W]hat needs to be shown in order to demonstrate that a structural feature is a Europeanism is (i) that the great majority of core European languages possesses it; (ii) that the geographically adjacent languages lack it (i. e. Celtic in the west, Turkic, eastern Uralic, Abkhaz-Adyghean and Nakh-Daghestanian in the east, and perhaps Afro-Asiatic in the south); (iii) that the eastern Indo-European languages lack it (Armenian, Iranian, Indic); and (iv) that this feature is not found in the majority of the world s languages (Haspelmath 2001, 1493). Van der Auwera sieht diese Definition kritisch, da es durchaus Merkmale geben könne, die charakteristisch für den Nukleus des SAE, aber möglicherweise auch in geringerem Grade für die Peripherie sind und in mehr als 51% der Sprachen der Welt vorkämen (ebd. 2011, 298). Zumindest für den letzten Punkt weist Haspelmath selbst auch kritisch darauf hin, dass dieser für viele Merkmale nicht klar zu erörtern ist, da noch viel zu wenig weltweite grammatikalische Studien erschienen sind (Haspelmath 2001, 1493). 54 Wobei weitere Features in Haspelmath 2001 diskutiert werden. 48

57 Abb. 7: Der europäische Sprachbund ( SAE ) nach König/Haspelmath (1999, 113) Ohne dass hier die Rolle des Niederländischen genauer beleuchtet wird, ist zu konstatieren, dass die untersuchten Merkmale eine gemeinsame Zugehörigkeit des Norditalienischen (bzw. der darunter zu verstehenden Dialekte) mit dem Französischen und dem Deutschen zum Kern des SAE 55 annehmen lassen, dieser aber in der Studie zwei Jahre später (2001), unter der Berücksichtigung fünf weiterer Merkmale, wie im Weiteren deutlich werden wird, erheblich kleiner ist. Eine Entwicklung, wie sie von König und Haspelmath bereits angenommen wird: Erwähnt werden sollte schließlich noch, daß mit einer wachsenden Zahl der untersuchten Parameter der Variation der Kernbereich des europäischen Sprachenbundes zunehmend eingeschränkt wird. Je mehr Parameter wir auswählen, um so kleiner wird 55 [ ] [C]omme l ont bien souligné J. van der Auwera (1998 : 823 sq.) et M. Haspelmath (1998, 2001) en discutant les caractéristiques de ce qu on a appelé l «européen moyen type» (Standard Average European), il y a une aire dans laquelle les européanismes sont attestés avec la plus grande fréquence, c est-à-dire l aire centrale qui inclut le français, l allemand, le néerlandais et l italien du nord ; le fait que cette aire corresponde grosso modo à l aire dans laquelle les emplois indéfinis du nom utilisé pour désigner l homme sont plus avancés dans le processus de grammaticalisation, associé à la rareté de ces emplois dans les langues slaves à l est et dans les varietés arabes au sud, témoigne en faveur du caractère européen de ce phénomène (Giacalone Ramat/Sansò 2010, 96). Auch Giacalone Ramat und Sansò sehen also die Tragweite des Untersuchungsergebnisses von Haspelmath (Sie beziehen sich auf eine weitere Studie von Haspelmath aus dem Jahre 1998, der hier jedoch ebenso wie die von König/Haspelmath (1999) das Französische, das Deutsche, das Niederländische und das Norditalienische als Nukleus des SAE annimmt). Van der Auwera (1998), den sie anführen, sieht das Italienische in seiner Untersuchung jedoch nur in der dem Kern am nächsten stehenden Gruppe seines Charlemagne- Sprachbundes, wie weiter unten angeführt wird. (In seinen Ausführungen 2011 macht er jedoch deutlich, wie zuvor bereits am Rande angemerkt wurde, dass es je nach den beachteten Merkmalen auch im Kern des Charlemagne-Sprachbundes sein kann.) Haspelmath 2001 sieht sowohl das Niederländische als auch das Norditalienische (bzw. die norditalienischen Dialekte) nicht mehr im Nukleus, sondern in der nächsten Gruppe, wie im Weiteren deutlich wird. Jedoch wird hier noch einmal darauf aufmerksam gemacht, dass die Wahl der Merkmale, wie im Vorfeld bereits festgestellt wurde, nicht unwesentlich für das resultierende Bild ist: But of course, the cluster map directly reflects the choice of features that are combined, and this choice is always somewhat arbitrary (Haspelmath 2001, 1505). 49

58 die Menge der Sprachen, die alle diese Kriterien erfüllt (König/Haspelmath 1999, 126). König und Haspelmath kommen zu dem Schluss, dass das, [w]as schließlich als Kernbereich des europäischen Sprachbundes übrig bleibt, [ ] das Deutsche, das Französische und die Dialekte Norditaliens [sind], die Grenzen dieses Kernbereichs also den Grenzen des Frankenreichs entsprechen (König/Haspelmath 1999, 126), was für die Diskussion eines möglichen fränkischen Einflusses nicht unerwähnt bleiben darf. Van der Auwera, auf den sie in diesem Rahmen verweisen, stellt in seinen Schlussbetrachtungen zu dem von ihm edierten dritten EUROTYP-Band ( ) eine Karte nach SAE-Muster vor, die auf fünf der in seinem Band behandelten adverbialen Domänen basiert. Der Kern (dessen Sprachen fünf Merkmale erfüllen) umfasst, ebenso wie bei König und Haspelmath (1999), das Niederländische, das Deutsche und das Französische. Das Italienische 57 hingegen gehört in die folgende Gruppe (vier Merkmale) (van der Auwera 1998, 822 f.). Hier wird von SAE-Muster gesprochen, da van der Auwera den Ausdruck SAE als nicht treffend betrachtet und ihn so selbst durch Charlemagne-Sprachbund ersetzt, wissend, dass es keinen ideal term gibt und er auf den Namen des ersten Herrschers über das Gebiet zurückgreift, in dem heute Französisch, Italienisch, Deutsch und Niederländisch gesprochen werden (ebd. 1998, 824). Auch hier ist jedoch anzumerken, dass eine höhere Zahl an Merkmalen die Ergebnisse ändern kann. Zurück also zur Darstellung Haspelmaths aus dem Jahre 2001, der, wie erwähnt, nun neun statt vier Merkmale zugrunde liegen. Anders, als im Ausblick zu den Ausführungen von 1999 angenommen, sind es nicht das Französische, das Deutsche und die norditalienischen Dialekte, die unter Berücksichtigung einer größeren Zahl an Merkmalen übrig bleiben, sondern lediglich die beiden Erstgenannten: 56 Bei König und Haspelmath (1999) irrtümlicherweise datiert auf das Jahr Ohne dass hier, anders als bei Haspelmath (2001) und König/Haspelmath (1999), eine dialektale Unterscheidung getroffen würde. Und überhaupt finden dialektale Betrachtungen in den EUROTYP-Arbeiten nur wenig Eingang, wie van der Auwera feststellt (2011, 301). 50

59 Abb. 8: SAE basierend auf neun Merkmalen (nach Haspelmath 2001, 1505) Die geographische Nähe, wie oben bereits angemerkt, bietet keine ausreichenden Anhaltspunkte, um einen französischen Einfluss auf die italienischen Varietäten anzunehmen, sie schließt sie aber natürlich auch nicht aus. Insbesondere die Häufung der indefiniten nicht referenziellen Verwendung von HOMO in den nördlichen Varietäten könnte einen Hinweis zumindest auf eine Verstärkung der Entwicklung liefern. Die Erklärung für die Entwicklung in den anderen Regionen jedoch, so Giacalone Ramat/Sansò (2007a, 95), bleibt dieser Ansatz schuldig und kann nur in der großen Popularität von französischer Literatur liegen. Aber auch aus linguistischen Gesichtspunkten liefert der Ansatz des Französischen als Motivator oder Verstärker der Grammatikalisierung durchaus Argumente: [ ] the Old French use of on/en as an indefinite element was characterized by a trait which is said to be crucial to the transmission of a grammaticalization pattern from a model to a replica language, namely interpretability. Though, being grammaticalized as a pronoun very early, on in Old French retained a number of nominal features: it was often preceded by the definite article [ ], it was sometimes anaphorically referred to by il in coordinate structures [ ], and could be followed by relative clauses [ ] (Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 94). Giacalone Ramat/Sansò kommen zu dem Schluss, dass die Untersuchungsergebnisse für die Grammatikalisierung in den italoromanischen Varietäten die Replikation eines französischen Musters nahelegen und der Prozess nur wenig bis keine Verbindung mit den spätlateinischen Entwicklungen hat, die oben wiedergegeben wurden (ebd. 2007a, 106). Darauf deutet beispielsweise auch die Häufung des indefiniten Gebrauchs von uomo in Adaptionen oder Über- 51

60 setzungen französischer Texte hin. Dazu passend wurde der Gebrauch zusammenfallend mit dem sinkenden Einfluss des Französischen auf die italienischen Vernakularsprachen relativ früh obsolet (Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 104 f.) 58. Dennoch sehen Giacalone Ramat/Sansò den Gebrauch auch in gewissem Maße als autochthon an, da die Konstruktion uomo + 3. Pers. Pl. in der Funktion einer 1. Person Plural beispielsweise im Altlombardischen (bereits im 13. Jahrhundert), aber auch in anderen Gebieten Norditaliens nicht auf ein französisches Muster zurückzuführen ist. Hier sei der Gebrauch von on in Funktion einer 1. Person Plural später anzusetzen 59. Diese autochthone Entwicklung im Altlombardischen stünde der generellen Annahme eines französischen Einflusses jedoch nicht im Wege (ebd. 2007a, 105 f.). Für das Französische stünden die nicht wenigen Belege für einen indefiniten Gebrauch von HOMO im Spätlateinischen der generellen Hypothese eines germanischen (fränkischen 60 ) Einflusses gegenüber: More often than not, we are not able to tell whether these features [SAE features] were brought about by contact between Latin and other languages or were autonomous developments. We must admit, however, that the importance of Late Latin as a major language of communication in Central Europe at the transition between antiquity and the Middle Ages (Haspelmath 2001: 1507) had not shrank the way it is usually believed (Banniard 1992). The role of Latin was probably both passive and active: Late Latin might have been replicating patterns of the spoken varieties with which it was in contact and, at the same time, it was a model language for innovations and processes of standardization in spoken vernaculars, thus fully participating in the dynamics of convergence that led to the formation of the European linguistic area (Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 106). 58 In vielen italoromanischen Varietäten geht der indefinite Gebrauch von uomo zu Beginn des 16. Jahrhunderts verloren (Brown 1936, zit. in Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 99). Außerdem deute der Gebrauch in weniger literarischen Texten (z.b. Briefe und private Dokumente) darauf hin, dass uomo has always remained a marginal usage pattern in many Italo-Romance varieties. Giacalone Ramat/Sansò sprechen gar von einer Retraktion: Retraction occurs when a lexical element which has (even partially) grammaticalized becomes obsolete and makes its way back to the original lexical value or to a less grammaticalized stage (ebd. 2007a, 100 ff.). 59 Wobei in der Auswertung im französischen Korpus zwei Belege enthalten sind (Vie de sainte Geneviève, 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts). 60 Nach Giacalone Ramat/Sansò (2010, 102) ist die Annahme eines Calques im Französischen aus dem Fränkischen als Ursprung für die indefinite Verwendung so allgegenwärtig, dass sie gebetsmühlenartig in fast allen Werken zur historischen französischen Grammatik wiederholt wird, ohne dass jemand versucht hätte, sie einwandfrei zu widerlegen. Als rezentes Beispiel lässt sich Klump (2007) anführen, der den fränkischen Einfluss auf die Grammatikalisierung von HOMO > on zunächst als ein Faktum der französischen Sprachgeschichte darstellt (ebd. 2007, 125), jedoch im weiteren Verlauf seiner Ausführungen diese Aussage abschwächt und von einem vermutlichen fränkischen Substrateinfluss spricht (ebd. 2007, 198). 52

61 Die Ausführungen machen deutlich, dass es kein starres, eindimensionales Verbreitungsmodell des indefiniten Gebrauchs von HOMO geben kann. Die Verbreitung linguistischer Merkmale in Europa ist immer ein vielschichtiger Prozess, in dem unterschiedliche Alter und Faktoren eine Rolle spielen können und auch die Möglichkeit, dass einige Entwicklungen unabhängig erfolgen oder aber auf zufälligen Parallelen beruhen, nicht ausgeschlossen werden kann (Giacalone Ramat/ Sansò 2007b, 128) 61. Gehen wir vor dem Hintergrund dieser Ausführungen noch einmal genauer auf die Verbreitung des indefiniten Gebrauchs von HOMO ein. Neben dem schon erwähnten altfranzösischen Gebrauch ist es mit Blick auf die neuhochdeutsche Verwendung und die Zugehörigkeit des Deutschen zum Kern des SAE auch keine Überraschung, dass bereits im Althochdeutschen ein indefiniter referenzieller Gebrauch (Stufe IIa nach Giacalone Ramat/Sansò 2007a) zu verzeichnen ist, auch das Frühdänische kennt diesen Gebrauch bereits (Giacalone Ramat/Sansò 2007b, 104). Stufe IIb der oben vorgestellten Grammatikalisierungsskala hat das Französische 62 (Giacalone Ramat/ Sansò 2007a, 75) grammatikalisiert, aber auch in anderen Sprachen findet sich dieser Gebrauch, der does not, strictly speaking, belong to this grammaticalization path. Rather, it appears to be a different phenomenon involving the reinterpretation of an impersonal clause as a personal one (i.e., man is reanalyzed as referring to a group of individuals in which the speaker is included) (ebd. 2007a, 75). So ist im Polnischen człowiek (oder die Kurzform człek) bereits im 18. Jahrhundert als Äquivalent der 1. Person Sg./Pl. in Gebrauch. Auch im Schwedischen könne man als 1. Person Singular genutzt werden, jedoch würde dies als Substandard gesehen, was Egerland (zit. in Giacalone Ramat/Sansò 2007b, 106) zufolge für viele Sprecher nicht mehr so sei: 61 Zur Diskussion eines fränkischen Einflusses im Rahmen der Grammatikalisierung von HOMO vgl. auch Welton-Lair (1999, 5 ff.). Nach ihr steht zum einen die geographische Verbreitung der Annahme entgegen, da ein indefiniter Gebrauch auch in Sprachen attestiert sei, die nicht in Sprachkontakt mit dem Fränkischen (z.b. Portugiesisch und Spanisch) standen. Zum anderen sei ein indefiniter Gebrauch bereits im klassischen Latein und im Spätlatein belegt, also vor der ersten großen Welle der germanischen Invasionen in Gallien im 5. Jahrhundert. Auch Wartburg (1950, zit. in Schapira (2002, 513)) weist das Fränkische als Ursprung des indefiniten Gebrauchs von HOMO im Französischen zurück: Puisque tous les parlers romans, y compris l italien et l espagnol, connaissent aussi des représentants de homo comme pronom indéfini, il est peu probable que, comme on l a soutenu, le français on soit dû à une imitation de l allemand man, qui aurait été importé en Gaule par les Francs. Tout au plus, c est peut-être grâce à ceux-ci que l usage de on est devenu plus général et fréquent en français que celui des formes correspondants dans les autres langues. 62 Jedoch war dieser Gebrauch bis zum 19. Jahrhundert in der Paris area nicht verbreitet (Giacalone Ramat/Sansò 2007b, 105). 53

62 [67] I ga r pa aftermiddagen blev man avskedad. gestern Nachmittag war man gefeuert 'Gestern Nachmittag wurde ich gefeuert' (Beispiel und Übersetzung in Anlehnung an Giacalone Ramat/Sansò 2007b, 106) Mit Blick darauf, dass Giacalone Ramat/Sansò die Stufe IIb nicht als Fortsetzung des Grammatikalisierungspfades sehen, ist es nicht verwunderlich, dass die Stufe IIa nicht zwingend vorausgehen muss. Sie weisen auf das Beispiel des Tschechischen hin, wo člove k keinen indefiniten referenziellen Gebrauch hat, ebenso im Serbokroatischen (Giacalone Ramat/Sansò 2007b, 108 f.). 2.5 Zusammenhang des Grammatikalisierungsgrades und des Verbreitungsgebietes Der in Kapitel 2.1 vorgestellte Grammatikalisierungspfad von HOMO nach Giacalone Ramat und Sansò wird in diesem Kapitel im Rahmen der Kontextuierung der HOMO- Grammatikalisierung vor dem Hintergrund des Standard Average European (SAE) wieder aufgegriffen. Hierbei gilt ein besonderes Augenmerk den semantischen Merkmalen der einzelnen Entwicklungsstufen: Type Number Inclusion Referentiality Typical contexts of usage (a 1 ) inherently plural (= 'humanity, mankind, human race') speaker, addressee, third party nonreferential maxims, proverbs, generalizations (a 2 ) plural (= 'anyone')/ singular (= 'one') speaker, addressee, third party nonreferential non-assertive ( irrealis predication) (b) (c) plural/singular (=someone, be it a plurality of referents or not) 1 st person singular/ plural third party referential assertive ( realis predication) speaker, addressee, third party referential irrelevant Tab. 3: Semantic features of the three situation types (Giacalone Ramat/Sansò 2007b, 107) 54

63 Stufe (a 1 ) bezieht sich auf man mit artgenerischem Gebrauch. Bei diesem ergibt sich von sich aus ein pluralischer Referent, da eine Aussage über die gesamte Menschheit (z.b. gegenüber Gott) getätigt wird. In Stufe (a 2 ) referiert man auf einen Plural ( people in general, people in a given spatio-temporal setting ), jedoch ist die Interpretation als Singular in entsprechenden hypothetischen oder irrealen Kontexten möglich ( a person in a given situation English one ). Nach Giacalone Ramat und Sansò (2007b, 108) sind negative, konditionale und interrogative Kontexte das typische Diskursumfeld, in dem die Reanalyse von man zu einem Indefinitum vonstatten geht. Auch Welton-Lair (1999, 15) zählt negative, konditionale und interrogative Satztypen (neben weiteren 63 ) im klassischen Latein zu den Kontexten, die eine nicht spezifische 64 Analyse von HOMO ermöglichen. So ist es nicht überraschend, dass die Grammatikalisierung ihren Ausgangspunkt in den nicht assertiven Kontexten in (a 1 ) und (a 2 ) nimmt 65 : General nouns referring to classes are the norm in generalizations about species. This kind of predication is usually associated with linguistic features (such as the use of a given tense or aspect) which trigger and atemporal interpretation, and is inherently non-assertive. If man-elements start being grammaticalized, they first spread to other non-assertive contexts. Lack of assertiveness may be triggered by other operators such as negators, temporal and hypothetical subordinators such as if, when, questions, etc. and thus appears to be the major feature shared by the two leftmost situation types in the grammaticalization path (Giacalone Ramat/Sansò 2007b, 108). Der Schritt von (a 2 ) zu (b), also von einem indefiniten nicht referenziellen zu einem indefiniten referenziellen Element erfolgt durch die Ausweitung des Gebrauchs auf assertive Kontexte: [ ] [I]f a given situation is presented as occurring in the real world, the most straightforward pragmatic inference that is drawn is that there must have been one or more 63 Im weiteren Verlauf der Arbeit kommt die Sprache auf Welton-Lairs Klassifizierung. 64 Welton-Lair spricht von nicht spezifisch im Sinne von indefinit (ebd. 1999, 1). 65 Bereits Foulet (1927, zit. in Company Company/Pozas Loyo 2009, 1103) kommt auf die wichtige Rolle des Kontexts zu sprechen, denn er kommentiert, dass el frecuente empleo de hommo en oraciones de carácter dubitativo o negativo hizo que adquiriera un sentido indefinido y sólo posteriormente se empleó en oraciones afirmativas, conservando su nuevo significado. Dennoch ist die Situierung der Grammatikalisierung von HOMO ausschließlich in negativen Kontexten, darauf machen Company und Company/Pozas Loyo (2009, 1103) aufmerksam, in der Forschungsliteratur nicht unumstritten. Nach Kärde beispielsweise habe sich die indefinite Lesart sowohl in negativen als auch in affirmativen Kontexten entwickelt. Er argumentiert, dass das Substantiv in beiden Kontexten zunächst eine generische Lesart hatte und ein erhöhter Gebrauch anschließend zu einem Verlust der ursprünglichen Bedeutung und auch eines Teils des Lautmaterials geführt habe und so das unbetonte Pronomen on entstanden sei (Kärde, zit. in Company Company/Pozas Loyo 2009, 1104). In den Ausführungen in der vorliegenden Arbeit wird, wie bereits deutlich wurde, der Standpunkt vertreten, dass nicht assertive Kontexte zentral für die Grammatikalisierung von HOMO sind. In diesen sind dann auch negative und dubitative Kontexte eingeschlossen. 55

64 specific agents bringing about that situation. In these cases, a semantically light or empty element such as man amounts to nothing but a human entity, and the assertive context forces its interpretation as a specific but indefinite human subject (Giacalone Ramat/Sansò 2007b, 108). In (b) schließlich kann man auf einen Singular referieren (jemand, spezifisch) oder aber auf einen Plural (jemand eine spezifische Gruppe von Leuten) (Giacalone Ramat/Sansò 2007b, 107). Der Schritt von einem indefiniten nicht referenziellen Gebrauch zu einem indefiniten referenziellen Gebrauch ist mit dieser Entwicklungsstufe vollzogen. An dieser Stelle soll die Distribution für die heutige Verteilung von man-konstruktionen wiedergeben werden, die Giacalone Ramat/Sansò (2007b, 124) in der folgenden Karte (Abb. 9) zusammengetragen haben. Die fett gedruckte Linie schließt das Gebiet ein, in dem der Gebrauch vollständig grammatikalisiert ist, die gepunkteten Kreise umschließen die Sprachen, in denen die Konstruktion in älteren Sprachstufen repräsentiert war. Abb. 9: The present-day distribution of man-constructions in Europe (Giacalone Ramat/Sansò 2007b, 124) Vgl. auch Egerland, der den Grammatikalisierungspfad Lexical DP > Impersonal generic pronoun > impersonal arbitrary pronoun aufstellt und das französische on, ebenso wie das schwedische und das dänische man in der dritten Stufe einordnet, das isländische maður hingegen in der zweiten (ebd. 2003, 93). Nicht erfasst in der 56

65 Giacalone Ramat und Sansò (2007b, 123) weisen darauf hin, dass, obwohl man- Konstruktionen aufgrund von unterschiedlichen Grammatikalisierungsgraden zwar nicht bedeutungsgleich in unterschiedlichen Sprachen sind, sich dennoch ein Kernbereich für diese Konstruktion innerhalb Europas bestimmen lässt 67. Dieser stimme überein mit dem Nukleus des Standard Average European (also dem Charlemagne-Sprachbund), den Sprachen des skandinavischen Festlandes und womöglich dem romanischen Südwesten (Katalanisch und Okzitanisch) 68. In letzteren Sprachen, also dem Katalanischen und dem Okzitanischen, sei die Konstruktion mit hom (kat.) bzw. òm (okz.) vom Aussterben bedroht 69. Im Katalanischen würde sie, so Giacalone Ramat und Sansò (2007b, 115), als bookish bezeichnet. Zielin ski sieht hom im Gegenwartskatalanischen ebenso im Rückgang, die unpersönliche Konstruktion mit se hingegen im Aufwind (vgl. Moll 2006 und Badia 1975, zit. in Zielin ski 2012, 270). Auch Brumme (1997, 235) spricht in ihrer Praktischen Grammatik der katalanischen Sprache von einem Gebrauch fast nur in der gehobenen Schriftsprache und spricht davon, dass die Konstruktion in der Umgangssprache sehr affektiert wirke 70. Nach Bartra Kaufmann (2002, 2173) ist [l] ús de hom com a marca d impersonalitat, com a subjecte indeterminat, [ ] una construcció arcaïtzant molt poc usada. Només es pot trobar en el llenguatge escrit de nivell formal o pretesament formal. Tot i això, podem constatar que es tracta d una mena d últim recurs. 71 Karte ist das Rumänische mit einem entsprechenden Gebrauch. Schapira (2002, 516 ff.) diskutiert das rumänische omul (om mit im Rumänischen nachgestellten Artikel), das drei Gebrauchsarten kenne. Die erste sei der Gebrauch mit artgenerischer Lesart. Die zweite Gebrauchsart sei eine anaphorische. Hierbei nehme omul ein maskulines menschliches Subjekt im Singular wieder auf, das zuvor bereits genannt worden ist. Das weibliche Pendant zu omul in dieser Gebrauchsart sei femeia. Omul habe hierbei den Wert eines Personalpronomens der dritten Person Singular und konkurriere so mit dem Personalpronomen der dritten Person Sg. el (und seinen Varianten entsprechend dem Kasus) und vor allem mit seinem Pendant dânsul, das ebenso auf menschliche Subjekte beschränkt sei. Da bei omul bisweilen eine nuance populaire mitschwinge, sei es eine stilistische Alternative zum pronom personnel standard. Die dritte Gebrauchsart zeige sich vergleichbar zum Gebrauch der Indefinitpronomen [bzw. dem, was hier unter UMPs verstanden wird]. Der Umstand, dass omul in den Grammatiken des Rumänischen nicht formell als Indefinitpronomen vom homonymen Substantiv unterschieden würde, liege, so Schapira, an ihrer identité formelle. Anders als das französische on, das nur in Subjektposition steht, verweigere sich omul keiner syntaktischen Funktion (ebd. 2002, 522). 67 In Haspelmaths (1997) Stichprobe, die 100 Sprachen umfasst, sind in 23 Sprachen man-konstruktionen belegt. Diese tendieren neben dem gehäuften Vorkommen zu zwei weiteren Bündelungen, und zwar in Afrika und dem Südosten von Asien (vgl. ebd. 1997, zit. in Giacalone Ramat/Sansò 2007b, 123 f.). 68 In diesem Raum, so Giacalone Ramat und Sansò, würden sich auch andere Entwicklungen abspielen, so die the perfect-to-preterite evolution im Französischen, Deutschen, Dänischen und den norditalienischen Varietäten (ebd. 2007b, 128). 69 Marchello-Nizia und Picoche (1989, zit. in Welton-Lair 1999, 3) grenzen die Verbreitung des Gebrauchs von man als Indefinitpronomen in der Romania auf das Französische ein. Diez (1876, zit. in Welton-Lair 1999, 3) spricht davon, dass das Französische die einzige Sprache sei, die HOMO noch im Sinne einer unité indéterminée gebrauchen würde. 70 Vgl. auch Bartra/Picallo (2011, 179), nach denen einige autores arcaizantes noch heute hom benutzen. 71 An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass eine einfache Websuche Treffer für den Gebrauch der Konstruktion liefert, gerade auch in Medien eher nähesprachlichen Charakters wie Twitter: 57

66 Abb. 9 verdeutlicht, dass in den Sprachen außerhalb des Kernbereichs, die eine man- Konstruktion besitzen, diese noch nicht so weit grammatikalisiert ist: In three areas, man-constructions are limited to the expression of non-referential indefinite subject in non-assertive contexts. Languages belonging to these three areas have been possibly influenced by languages in the core: French and English have presumably influenced the emergence of man-constructions in Celtic, German is probably the main responsible for the establishing of these constructions in Slavonic, whereas the presence of man-constructions in Maltese and Albanian could be considered speculatively as the result of contact with Romance varieties. In historical times, the area of man-constructions was significantly larger, including Italian and Italo-Romance varieties 72, Spanish and English (Giacalone Ramat/Sansò 2007b, 123). In den Sprachen der core-area seien man-konstruktionen bereits im Mittelalter etabliert gewesen. This means that the first wave of diffusion of this construction type had already exhausted itself when the vernacular varieties began to appear in written records, at the millennium CE (Giacalone Ramat/Sansò 2007b, 127). (1) Hom diu que les campanyes electorals són dures, es fan curtes i tot. Gran equip!!! [ ] ( < >). Aber auch distanzsprachliche Äußerungen lassen sich finden, vor allem Definitionen, so zum Beispiel im Gran diccionari de la llengua catalana: (2) Fórmules amb què hom introdueix una afirmació que podria semblar inexacta (GDLC, s.v. dir). Des Weiteren finden wir hom auch in Blogs, z.b. in der folgenden Bedeutungserläuterung (3) oder auch in der katalanischen Wikipedia (4). Zumindest im ersten Fall handelt es sich um eine Textsorte, die sich häufig eben nicht der oben genannten gehobenen Schriftsprache bedient: (3) panxa plena no té pena...significat: si hom té cobertes les necesitats bàsiques, aleshores es veu tot molt millor. [ ] ( < >) (4) ning-nang, ning-ning, ning nong, bim bom: Onomatopeia amb què hom designa el so repetit d'una campana ( < >). Mit Blick auf die Verbreitung von hom wird hier also festgestellt, dass es sich nicht um eine Randerscheinung oder letzte Spuren eines ehemaligen Gebrauchs handelt. Gleichwohl ist aber anzumerken, dass es sich, trotz einer noch immer vorhandenen Streuung in unterschiedlichen Textsorten mit mehr oder weniger formalem Charakter, um einen Gebrauch handelt, der auf den schriftlichen Gebrauch beschränkt ist (auch wenn er sich in Texten, die konzeptionell stark mündlich sind, so z.b. Tweets, finden lässt). Es wäre sicherlich zu hinterfragen, ob eine Konstruktion mit un/una (wobei una markiert wäre hinsichtlich des Geschlechts des Sprechers, so Brumme (1997, 91), die diesen Gebrauch ferner als in der Umgangssprache beheimatet ansieht (ebd. 1997, 235)) bzw. eine mit dem unpersönlichen se nicht natürlicher wäre. Vgl. hierzu auch Badia, der sagt, dass: [c]omo indefinido indeterminado se adaptó HOMO< hom o m [Fettdruck im Original], frecuente en catalán antiguo, pero hoy relegado exclusivamente a la lengua literaria en el dialecto central; en otros dialectos parece tener mayor vitalidad, pero en el lenguaje común hablado se prefiere un o los giros de pasiva refleja (ebd. 1951, 293). Bartra/ Picallo (2011, 178 f.) sprechen davon, dass das pronominale hom gegenüber den anderen romanischen Sprachen, in denen der indefinite Gebrauch von HOMO verloren gegangen ist, am längsten überdauert hat, und geben in diesem Kontext Beispiele vom Baró de Maldà ( ) und von Josep Pla ( ) an. Sie lancieren eine GOOGLE-Abfrage und finden auch Belege für den indefiniten Gebrauch im Gegenwartskatalanischen, jedoch seien einige in Bezug auf ihre Natürlichkeit fragwürdig. Insgesamt scheint die Sprache in den neuen Medien aufschlussreiche Ansätze zu bieten. So ist die Analyse von Williams/van Compernolle (2009) für das Französische interessant. Sie beschäftigen sich mit dem indefiniten Gebrauch von on gegenüber tu und vous im gegenwartssprachlichen elektronischen Diskurs des Französischen. 72 In einigen Varietäten des Lombardischen und im Abruzzesischen noch heute (Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 67). 58

67 2.6 Der Einfluss des Lateinischen Der indefinite Gebrauch von HOMO in kirchensprachlichen und nicht kirchensprachlichen Texten Welche genau war also die Rolle des Lateinischen, die in Kapitel 2.4 mit Giacalone Ramat/Sansò (2007) als eine konkrete Möglichkeit für den Ursprung angeführt wurde, die nach Haspelmath (2001) aber nicht Ursprung, sondern allenfalls Verstärker für einen indefiniten Gebrauch von HOMO in den romanischen Sprachen ist. Angesetzt werden soll hier bei Welton-Lairs Untersuchung. Obwohl nach Giacalone Ramat/Sansò (2010, 102) das Spätlateinische der Nährboden die bouillon für die Entwicklung des indefiniten Gebrauchs von HOMO ist, stellt sie feststellt, dass HOMO bereits im klassischen Latein eine indefinite Interpretation zukommen konnte, und zwar in sieben unterschiedlichen Satztypen, die da wären: Konditionalsätze, negative Sätze, Interrogativsätze, hypothetische Sätze, komparative Sätze, gnomische Sätze und in der Konstruktion aus HOMO in Kombination mit dem Modalverb potest ('man kann') 73. In diesen Kontexten bezeichnet man jedes einzelne Individuum, das zum Set der menschlichen Lebewesen oder zu dem vom Kontext gegebenen Teilset gehört, und hat die Bedeutung '(any)one' (Welton-Lair 1999, 15 f.) 74. Giacalone Ramat/Sansò (2010) legen ihrer Analyse das Korpus Library of Latin Texts zu Grunde und untersuchen den Zeitraum zwischen dem 1. und dem 8. Jahrhundert n. Chr. Die- 73 Auch wenn Schrijnen (1939, 367) in der Annahme, dass die indefinite generische Bedeutung von HOMO sich im Spätlateinischen in negativen, interrogativen und Bedingungssätzen entwickelt, eine nicht durch genügendes Beweismaterial gestützte Behauptung Meillets sieht, so wird die Annahme in dieser Arbeit doch geteilt und werden nicht assertive Kontexte als das Diskursumfeld verstanden, das den Grammatikalisierungsprozess von HOMO anstößt. In Kapitel wird genauer auf die sieben unterschiedlichen Satztypen nach Welton-Lair (1999) eingegangen. In der Analyse in Kapitel 5 wird ferner die wichtige Rolle der nicht assertiven Kontexte deutlich werden. 74 Giacalone Ramat/Sansò (2010, 103) führen Belege für den indefiniten Gebrauch im kl. Latein aus Welton-Lair (1999) an, in denen ihrer Meinung nach die ursprüngliche lexikalische Bedeutung von HOMO deutlich mitschwingt. Insgesamt sind sie mit Welton-Lairs Annahme eines frühen indefiniten Gebrauchs von HOMO im klassischen Latein nicht einverstanden, denn häufig sei das indefinite HOMO von anderen indefiniten Elementen determiniert (nemo, unus, quisquam, ecquis etc.), was darauf hindeute, dass die Indefinitheit eher dem indefiniten Element innewohne als HOMO selbst. Nach Lapesa (2000, zit. in Zielin ski 2012, 271) hat sich das Pronomen aus HOMO/HOMINE nicht im klassischen Latein entwickelt (Ferner sei es auch nicht im biblischen Latein zu finden. Auf die Rolle des Kirchenlateins wird weiter unten noch eingegangen.). Das Pronomen müsse im Spätlateinischen entstanden sein, da los vestigios de su empleo están presentes en todas las lenguas románicas (ebd. 2012, 272). Kärde (1943, zit. in Zielin ski 2012, 272) setzt die Entwicklung zwischen dem 5. und dem 7. Jahrhundert an, da in dieser Epoche die ersten Belege mit einer möglicherweise abgeschwächten generischen Bedeutung zu finden seien. Nach Company Company/Pozas Loyo besitzt das Lateinische noch kein Indefinitpronomen, das sich aus HOMO entwickelt hat und das ein unbestimmtes Subjekt ausdrückt. Stattdessen greife das Lateinische auf andere Strategien (das unpersönliche Passiv, die dritte Person, Indefinitpronomen etc.) zurück. Nichtsdestoweniger zeige sich im Lateinischen der Ausgangspunkt für die indefiniten Entwicklungen aus HO- MO in den romanischen Sprachen. Zwischen dem 5. und dem 7. Jahrhundert gebe es bereits Belege für homo, dessen Referenzialität stark abgenutzt sei und das somit eine Lesart habe, die einem Indefinitpronomen nahe stehe. Es handle sich aber noch nicht um einen pronominalen Gebrauch (ebd. 2009, 1165). 59

68 ser ermögliche es ihnen, die Geburt und die Festigung des christlichen Lateins als Kommunikationssprache im Abendland und in der Epoche abzudecken, in der sich die Trennung zwischen dem Lateinischen und der Volkssprache vollzogen hat (ebd. 2010, 104). Generell gesprochen, sind die Belege für HOMO mit indefiniter Bedeutung in ihrem Korpus spärlich. Zu diesem Gebrauch zählen sie jedes Vorkommen, das ohne seine lexikalische Bedeutung und andere indefinite Elemente in seiner Umgebung steht, c est-à-dire toutes les fois où paraît absente la notion concrète d «homme» en tant qu individu offrant des caractéristiques humaines qui le distinguent de la divinité ou d autres espèces (Giacalone Ramat/Sansò 2010, 105). Des Weiteren gibt es in ihrem Korpus keinen Beleg für HOMO mit einer indefiniten referenziellen Bedeutung, entgegen dem heutigen Gebrauch von on (und auch jenem von man im Deutschen). Nach ihnen kann nicht davon die Rede sein, dass das Spätlateinische bereits einen Gebrauch von HOMO wie jenen von on entwickelt hat. Gleichwohl gebe es aber Argumente dafür anzunehmen, dass es bereits in dieser Epoche das Indefinitpronomen quis (quisquam) ersetzt oder zumindest in direkter Konkurrenz mit ihm gestanden habe, und zwar, wie Giacalone Ramat und Sansò sagen, dans certains usages (ebd. 2010, 105). Es lohnt sich ein genauerer Blick auf die Ergebnisse ihrer Analyse. Die meisten Beispiele für den indefiniten Gebrauch von HOMO finden sich zwischen dem 4. und dem 6. Jahrhundert. Dies erscheint Giacalone Ramat und Sansò besonders vor dem Hintergrund interessant, dass das Christentum im 4. Jahrhundert als die Religion im römischen Reich angenommen wird und das christliche Latein sich zur Kommunikationssprache des Reichs entwickelt (auf die Rolle des Kirchenlateins wird in Kapitel genauer eingegangen), was, so Banniard (1992, zit. in Giacalone Ramat/Sansò 2010, 105), noch bis zum beginnenden 7. Jahrhundert fast unverändert bleibt. Ab da gebe es Anzeichen für erste Probleme in der vertikalen Kommunikation. Die wichtigsten Beispiele für den indefiniten Gebrauch von HOMO im 4. und 5. Jahrhundert in Texten außerhalb der Bibel sind in Texten wie dem Itinerarium Egeriae und dem Itinerarium Antonini Placentini zu finden, also in Texten dont le caractère populaire et vulgaire est évident (ebd. 2010, 105). Hier soll auf einen Umstand hingewiesen werden, der auch bei Giacalone Ramat und Sansò (2010, 105 f.) hervorgehoben wird: Der Erzähler im Itinerarium Egeriae ist eine Frau. Dies ist besonders informativ in Bezug auf den Prozess der Desemantisierung von HOMO, das im Text in der Bedeutung von '(quelqu )un' in Generalisierungen benutzt wird, die der Darstellung einer konkreten Erfahrung der Erzählerin folgen. Veranschaulichen lässt sich das gut mittels des folgenden Beispiels: 60

69 [68] Et quoniam pro monazontes, qui pedibus uadent, necesse est lenius iri: ac sic peruenitur in Ierusolima ea hora, qua incipit homo hominem posse cognoscere, id est prope luce, ante tamen quam lux fiat (Itinerarium Egeriae, zit. in Giacalone Ramat/Sansò 2010, 106) 'Et comme, à cause des moines qui vont à pied, il faut aller très lentement, on arrive à Jerusalem à l heure où l on commence à pouvoir se reconnaître l un à l autre, c est-à-dire quand il fait presque jour, mais avant le jour cependant' (Übersetzung von P. Maraval, zit. nach Giacalone Ramat/Sansò 2010, 106) Für das 5. und 6. Jahrhundert machen Giacalone Ramat/Sansò überdies viele Belege für den indefiniten nicht referenziellen Gebrauch von HOMO in Texten wie den Homiliae und Sermones aus, also in Texten, die sich an ein ungebildetes Publikum richten. Es handelt sich um Transkriptionen von Abhandlungen, die auf Latein gehalten und nach Banniard (zit. in Giacalone Ramat/Sansò 2010, 106) an das kulturelle Niveau des ungebildeten Publikums angepasst wurden. Weitere bemerkenswerte Belege für den indefiniten Gebrauch von HOMO sind in der Historia Francorum von Grégoire de Tours (Ende des 6. Jahrhunderts) zu finden. Diese montrent d une façon incontestable que la valeur lexicale originaire du mot s est affaiblie jusqu à devenir presque équivalent à l indéfini '(quelqu )un' (Giacalone Ramat/Sansò 2010, 107) 75. Aber auch bei Autoren wie Cassiodor, also Autoren, die einer klassizistischen Linie folgen, finden sich im 6. Jahrhundert Belege (ebd. 2010,108). Im folgenden 7. Jahrhundert findet sich der indefinite Gebrauch von HOMO in spezifischen Texten, wie z.b. den Schriftstücken von Synoden und Konzilien. Giacalone Ramat und Sansò charakterisieren diese als Texte, die darlegen, wie le monde ecclésial, mais aussi la société laïque doivent être régis (ebd. 2010, 109). Auch bei gelehrten Autoren, die sensibel für die kommunikativen Anforderungen an die Gläubigen sind, findet sich der Gebrauch. Als Beispiel führen Giacalone Ramat und Sansò (2010, 109) Isidor von Sevilla an, der, so beziehen sie sich auf Banniard, zwar die größtmögliche grammatikalische Korrektheit angestrebt habe, dessen Sprache aber simple, linéaire, sinon élémentaire gewesen sei (ebd. 1992, zit. in Giacalone Ramat/Sansò 2010, 109). Und auch im letzten Abschnitt ihrer Analyse, dem 8. Jahrhundert, zeigen sie Belege für den indefiniten Gebrauch von HOMO auf (ebd. 2010, 110). Giacalone Ramat und Sansò kommen zu dem Schluss, dass die Rolle des Spätlateinischen eine nicht unerhebliche war, denn die Verbreitung des indefiniten Gebrauchs in den unterschiedlichen Textsorten und -traditionen, wie sie hier nachgezeichnet wurden, führt sie zu dem Schluss, 75 Es finden sich auch Belege bei Grégoire de Tours für HOMO mit der Bedeutung von 'personne' und ohne jegliche Bestimmung des Geschlechts des Referenten (Giacalone Ramat/Sansò 2010, 107). 61

70 [ ] que le latin parlé connaissait vraisemblablement cet emploi, ce qui est supposé indirectement par la diffusion des emplois indéfinis du nom de l homme sur une grand partie de l aire romane: même si nous ne pouvons pas exclure l hypothèse d une origine germanique de on en français, on doit néanmoins tenir en compte du fait qu une origine toute latine de ce pronom n est pas sans fondement historique (Giacalone Ramat/Sansò 2010, 111). Vor dem Hintergrund der angestoßenen Entwicklung stellt sich dann die Frage, wie der weitere Verlauf aussieht. Handelt es sich um unabhängige Entwicklungen in den Einzelsprachen oder aber spielen Sprachkontaktsituationen eine Rolle? An dieser Stelle befindet man sich wieder inmitten der Diskussionen zum Standard Average European und der Rolle des Lateinischen: Beaucoup d européanismes sont, en effet, attestés dans le latin tardif, et même si l on ne peut pas toujours établir s ils se sont développés par contact avec d autres langues ou bien s ils sont des évolutions autonomes, on doit admettre que le latin tardif entité complexe comme toutes les langues de grande communication participait de bon droit aux processus de convergence qui ont abouti à la naissance de l aire linguistique européenne, et y avait vraisemblablement un rôle actif et passif en même temps (Giacalone Ramat/Sansò 2010, 112) Die semantische und syntaktische Entwicklung des indefiniten Gebrauchs von HOMO und seine Kontexte Wenn das Lateinische eine derart wichtige Rolle für das Standard Average European einnimmt, so kommt man nicht umhin, seine interne Sprachgeschichte mit den für diese Arbeit relevanten Entwicklungen zu betrachten. Im Folgenden werden die Entwicklungen des indefiniten Gebrauchs von HOMO im Lateinischen nachgezeichnet Klassisches Latein Schaut man auf die Untersuchungsergebnisse von Welton-Lair (1999, 14), dann wird deutlich, dass der indefinite Gebrauch von HOMO im Altfranzösischen zwar häufiger ist, jedoch finden sich auch in ihrem Korpus zum klassischen Latein und zum Spätlatein Belege 76 : 76 Welton-Lair untersucht in ihrer Studie ein Korpus, das vier Epochen umfasst. Sie arbeitet mit einem vorklassischen Korpus (3. Jh. v. Chr. 160 v. Chr.), einem zum klassischen Latein (36 v. Chr. 109 n. Chr.), einem spätlateinischen Korpus (2. Jh. 799) und einem altfranzösischen ( Hälfte des 13. Jh.). Sie bedient sich so 62

71 type token (indefiniter Gebrauch) Kl. Latein (14 %) Sp. Latein (9 %) Altfrz (58 %) Tab. 4: Vorkommen des indefiniten HOMO im Korpus von Welton-Lair (vgl. ebd. 1999, 14) Welton-Lair macht sieben unterschiedliche Satztypen aus, in denen im klassischen Latein eine indefinite Interpretation möglich ist (vgl. Welton-Lair 1999, 15 ff.) 78 : Konditionalsätze: ermöglichen dem Schreiber die Konstruktion einer möglichen oder hypothetischen Sachlage und das Nachdenken über die Konsequenzen; generell durch si ('if') eingeführt (führt den Leser zu einer hypothetischen Interpretation des Satzes und so zu einer nicht spezifischen Lesart von HOMO); HOMO = 'any(one)' Negative Sätze: konstruieren einen Zustand oder eine Sachlage, dessen Erfüllung noch nicht erfolgt ist; HOMO befindet sich im Skopus der Negierung und erlaubt so dem Schreiber, die Existenz eines Individuums hinsichtlich eines bestimmten Sets von Bedingungen zu bestreiten ( HOMO wird als indefinit interpretiert, da es kein Individuum gibt, das die Bedingungen erfüllt) Interrogative Sätze: diese erlauben dem Leser, die Existenz oder den Charakter eines Individuums hinsichtlich eines bestimmten Sets von Konditionen in Frage zu stellen; sie konstruieren einen Zustand oder eine Sachlage, deren Erfüllung noch nicht erfolgt ist; HOMO = 'any(one)' Hypothetische Sätze: ermöglichen dem Schreiber die Konstruktion einer möglichen oder hypothetischen Sachlage; sie beinhalten (anders als Konditionalsätze) nicht die Konjunktion si; sie können, müssen aber kein klares Antezedens und keine klare Konweit wie möglich einer großen Spanne an Gattungen (vgl. ebd. 1999, 12 f.; hier werden auch die unterschiedlichen Textsorten aufgeführt, mit denen sie in den jeweiligen Epochen arbeitet). 77 Sie fasst die beiden Epochen vorklassisches Latein und klassisches Latein in einer Gruppe unter dem Lemma klassisches Latein zusammen (Welton-Lair 1999, 14). Leider können die Belege so nicht den beiden Epochen zugeordnet werden, sie gibt jedoch bereits vor den angeführten Zahlen Beispiele für den indefiniten Gebrauch im vorklassischen Latein. 78 Es soll bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass das Lateinische zum Ausdruck von generischen Aussagen auf den Kontext angewiesen ist. Casadio und Orlandini (1990, 357) verdeutlichen dies, wenn sie sagen, dass [s]ince only a non-specific reading is admitted for a generic statement, the resulting ambiguity is solved by the surrounding context, whether it is the whole sentence or the discourse in which the generic statement is embedded. Context dependence appears therefore to be essential for the interpretation of generic statements in Latin. Nicht nur für generische Aussagen ist dies zutreffend, auch für die spezifische Interpretation einer Referenz spielt der Kontext im Lateinischen eine große Rolle, wie im Weiteren deutlich werden wird. 63

72 sequenz haben; häufig stehen der Konjunktiv oder die Konjunktion cum ('when') (führt den Leser zu einer hypothetischen Interpretation des Satzes und so zu einer indefiniten Lesart von HOMO) Komparationen: ermöglichen es dem Leser, ein Modell für das menschliche Verhalten aufzustellen, mit dem ein reales Individuum verglichen wird; HOMO steht für einen nicht spezifischen Repräsentanten der Menschen; häufig sind Komparationsformen wie tantus ('of such') und tam quam ('as as') enthalten Gnomische Sätze: omnitemporale Aussagen zum Ausdruck genereller Wahrheiten über die Menscheit; true for all individuals at all times and all places within some universe of discourse ; sie konstruieren einen Zustand oder eine Sachlage, in denen HOMO ein nicht spezifischer Repräsentant der Menschheit ist; meistens Gebrauch des Präsens (ermöglicht eine generelle Interpretation) HOMO + potest ('one can'): häufig gebraucht, um eine hypothetische Modellwelt zu schaffen, indefinites HOMO mit der Bedeutung von 'any(one)'; HOMO is treated as a standard of measure for describing a characteristic of something Neben dem indefiniten Gebrauch wird HOMO im klassischen Latein auch noch in folgender Weise genutzt, wobei es sich um die semantischen Schlüsselfunktionen handelt und eben nicht um eine vollständige Liste (ebd. 1999, 21 ff.): Referenzieller Gebrauch; HOMO verweist auf ein bereits eingeführtes spezifisches Individuum; der Gebrauch wird häufig durch iste angezeigt Referenzieller Gebrauch; HOMO verweist auf ein noch nicht eingeführtes spezifisches Individuum; der Gebrauch wird häufig durch ein Indefinitpronomen wie quidam eingeführt Gebrauch als Vokativ; zur Erlangung der Aufmerksamkeit eines spezifischen Individuums; häufig begleitet durch den Possessivbegleiter mi Nicht referenzieller, prädikativer Gebrauch; ermöglicht dem Leser den Ausdruck einer Charakteristik eines spezifischen (normalerweise männlichen) Individuums; in einigen pragmatischen Kontexten bezeichnet HOMO ein Individuum des männlichen Geschlechts; gemeinhin in Kontexten, in denen das Individuum als in einer Aktion involviert oder als im Besitz einer typischerweise mit Männern assoziierten Eigenschaft dargestellt wird 64

73 HOMO zur Bezeichnung von 'Mensch' als Kategorie; Verweis auf die gesamte menschliche Spezies oder Menschheit; HOMO wird in Hinsicht auf die Charakteristika, die ihn als Spezies ausmachen (z.b. seine Moral), oder seine Fähigkeit zu denken beschrieben HOMO zur Bezeichnung eines Individuums aus der Klasse der Menschheit (mit Betonung auf den menschlichen Charakteristika dieses Individuums) 79 Doch zurück zum indefiniten Gebrauch und der Frage, in welchen Kontexten sich dieser im klassischen Latein findet. Nach Welton-Lair (1999, 24 ff.) kommt HOMO in diesem Gebrauch nur in nicht aktualisierten Kontexten vor, [t]hat is, it occurs only in contexts that construct conditions, or states of affairs, that cannot be linked to a specific present or past time, either real or fictional (ebd. 1999, 25). Diese, und das entspricht dann eben auch den sieben angegebenen Satztypen, ermöglichen es dem Leser, so Welton-Lair, eine hypothetische oder eine Modellwelt zu konstruieren, die keine temporale Referenz haben und so nicht mit einem spezifischen Moment verknüpft werden können. So ist zum Beispiel nicht der Gebrauch einer punktuellen Vergangenheitszeit möglich. Im Gegensatz können nicht aktualisierte Kontexte durch imperfektive Verben angezeigt werden, so das Präsens in gnomischen Sätzen und die Präsensform des Modals potest in der HOMO potest-konstruktion, aber auch durch Signalwörter wie si, nemo, tamquam und cum (ebd. 25 f.). Welton-Lair führt den Begriff MA- NAs ('markers of non-actualization') ein, um sich auf diese Formen zu beziehen, because they cue the reader to interpret the action of the verb as non-actualized, and therefore homo as non-specific in reference (ebd. 1999, 26). Stünde ein overter MANA wie si oder nemo, so enthalte der Satz nicht notwendigerweise ein imperfektives Verb bei indefinitem HOMO, da der MANA selbst ausreiche, um den nicht aktualisierten Kontext zu markieren. Stünde kein overter MANA, so sei ein imperfektives Verb für den nicht aktualisierten Kontext und damit die indefinite Interpretation von HOMO notwendig (ebd. 1999, 26). Welton-Lair schließt daraus, dass das indefinite HOMO im klassischen Latein an einen nicht aktualisierten Kontext 79 Der emphatische Gebrauch birgt auf den ersten Blick eine Verwechslungsgefahr mit dem nicht-spezifischen (also indefiniten) Gebrauch im Rahmen der Vorstufen, die in den sieben Kontexten weiter oben beschrieben wurden. Bei dem emphatischen Gebrauch liegt die Betonung auf den Eigenschaften, die den Menschen als eine Spezies gegenüber anderen, nicht menschlichen Spezies, z.b. Tiere oder Götter, bezeichnen. Bei dem indefiniten Gebrauch, der weiter oben beschrieben wurde, the focus is not on the properties that distinguish the individual as a member of the human species, but on those commonly shared by typical human beings. In this sense, the humanity of the individual is assumed, and homo may be considered as a variable 'x' that ranges over the whole set of human beings, such that the sentence will hold true for any value of 'x'. This distinction is important because, like non-specific homo, modern French on is also used to express a characteristic of the typical human being and is never used to characterize members of the class of human beings as opposed to other classes. Only homme may be used to convey the latter sense (Welton-Lair 1999, 23 f.). 65

74 gebunden ist, because the non-specific reading of homo in the sense of 'any individual' that arises in these contexts is not integral to the semantics of homo. It is context-dependent, and derives solely from the presence of a MANA in the surrounding context (ebd. 1999, 27 f.) 80. Nicht nur in dieser semantischen Hinsicht, also der Kontextabhängigkeit der indefiniten Lesart, sondern auf syntaktischer Ebene verhält sich HOMO noch wie jedes andere Nomen. So kann es beispielsweise durch Adjektive, Demonstrative, Numerale etc. modifiziert werden. Darüber hinaus kann es sowohl im Nominativ stehen als auch in den weiteren Kasus 81 (Welton-Lair 1999, 30). Die Tatsache, dass HOMO sowohl semantisch als auch syntaktisch im Vergleich zu anderen Nomen keinen Unterschied aufweist, legt nach Welton-Lair nahe, dass die Grammatikalisierung nicht im klassischen Latein begonnen haben könne, sondern frühestens im Spätlateinischen (ebd. 1999, 31) Spätlatein Im Spätlateinischen kommen zu den sieben für den indefiniten Gebrauch von HOMO im klassischen Latein aufgeführten Satztypen 82 bzw. Konstruktionen noch drei weitere, die ebenso wie gnomische Sätze dadurch gekennzeichnet sind, dass sie ein imperfektives Verb enthalten und kein MANA vorhanden ist (Welton-Lair 1999, 41): HOMO + imperfektives Verb: eine zeitgebundene Konstruktion 83 ; kombiniert indefinites HOMO mit jeglicher Art eines lexikalischen Verbs mit imperfektivem Aspekt 80 Als Indiz dafür führt Welton-Lair an, dass der Schreiber in gewissen Kontexten die Notwendigkeit fühlt, vor HOMO ein Indefinitum wie quisquis, quis oder quisquam zu setzen, um zu verdeutlichen, dass ihm eine indefinite Lesart zukommen soll (1999, 28). Vgl. hierzu auch die Fußnote 74 und die darin angesprochene Kritik seitens Giacalone Ramat/Sansò (2010, 103) dahingehend, dass das klassische Latein noch keinen indefiniten Gebrauch von HOMO kenne, sondern diese Lesart eben nicht über HOMO selbst, vielmehr oftmals über andere indefinite Elemente hervorgerufen werde. Diesen Umstand führt Welton-Lair selbst also auch an. Das Setzen eines Indefinitums vor on ist im Neufranzösischen nicht mehr möglich, unter anderem deswegen, weil die Nicht-Spezifizität (also die Indefinitheit) nun Teil seiner Semantik ist (ebd. 1999, 29). 81 On hingegen entwickelt sich aus dem Nominativ und hat kein Gegenstück in einem anderen Kasus (Welton- Lair 1999, 30). 82 Die HOMO potest-konstruktion erfährt im Spätlateinischen einen Anstieg in der Frequenz (Welton-Lair 1999, 41). Dies ist vor dem Hintergrund ihrer möglichen Rolle als Ausgangspunkt für die Grammatikalisierung von HOMO (s.o.) nicht zu vernachlässigen. Im Weiteren wird die Konstruktion noch genauer betrachtet. 83 Die Kombination imperfektiv und zeitgebunden mag befremdlich und unvereinbar auf den Leser wirken. Welton-Lair (1999, 42 f.) versteht unter imperfektiven Verbalformen beispielsweise das Präsens Passiv Indikativ, das Imperfekt Passiv Indikativ und das Imperfekt Passiv Konjunktiv: These forms are imperfective because they depict the action as habitual or recurrent, as opposed to a discrete event with a clear beginning and end. Inwiefern können diese Verbalformen aber zeitgebunden sein? [ ] [T]he action is interpreted as occuring over a limited period of time either in the present, or the past; these statements make generalizations about the world as it was, or is, within certain time limits. 66

75 HOMO + dicit: zeitgebundene Konstruktion; kombiniert indefinites HOMO mit Verb des Sagens oder Meinens mit imperfektivem Aspekt HOMO + debet: nicht zeitgebundene Konstruktion; kombiniert indefinites HOMO mit dem modalen Hilfsverb debet Überraschen mag das Merkmal der Zeitgebundenheit in den beiden erstaufgeführten Konstruktionen 84. Diese stellt jedoch kein Hindernis für die indefinite Lesart dar, sondern, ganz im Gegenteil, bedeutet einen wichtigen Schritt für die Grammatikalisierung, und zwar in zweierlei Hinsicht. Zum einen stellt der zeitgebundene Kontext den ersten Schritt der Ausweitung des indefiniten HOMO in Richtung der für das Altfranzösische ausgeführten aktualisierten Kontexte dar. Zum anderen führt die Zeitgebundenheit dazu, dass dem indefiniten HOMO zwei Bedeutungen zukommen, eine zentrale singularische Bedeutung im Sinne von '(any)one' oder eine pluralische Randbedeutung im Sinne von 'Leute' oder 'sie' 85 (Welton-Lair 1999, 43, vgl. auch ebd. 1999, 49). Im ersten Fall wird folglich irgendein Individuum aus einer Klasse einer bestimmten Zeitspanne herausgegriffen. Im zweiten hingegen verweist HOMO auf alle Individuen einer bestimmten Zeitspanne (ebd. 1999, 43 f.). Es ist eben auch dieser pluralische Gebrauch, der erstmals eine referenzielle Funktion erfüllt (ebd. 1999, 46), aber weiterhin auch indefinit ist: It is still non-specific in reference, however, in the sense that it refers to a broad, unspecified group of individuals. It is also important to note that this plural meaning is construed as an integral part of the semantics of homo. That is, homo is interpreted as plural in reference even though it is singular in form. This will ultimately allow homo to be reanalyzed as inherently plural in reference at a later point in this evolution (Welton-Lair 1999, 46). So wird deutlich, dass, auch wenn der pluralische Gebrauch zu diesem Zeitpunkt nur einen peripheren Gebrauch ausmacht, er dennoch einen wichtigen Punkt innerhalb der Grammatikalisierung darstellt. 84 Die Ausführungen werden hier nicht entsprechend den beiden Konstruktionen separat betrachtet, da das für diese Arbeit wichtige Kriterium der Zeitgebundenheit beiden Konstruktionen eigen ist. Dennoch soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass die HOMO dicit - Konstruktion einen signifikanten Anstieg im Altfranzösischen erfährt (ebenso wie die erwähnte HOMO potest - Konstruktion im Spätlateinischen). Dies führt, so Welton-Lair, zu der Vermutung, dass die Konstruktion eine wichtige Rolle in der Förderung der allgemeinen Verbreitung des indefiniten HOMO (Welton-Lair 1999, 48 f.) habe. 85 Wobei der Leser sich sowohl im zentralen als auch im peripheren Gebrauch einschließen oder ausschließen kann. Vgl. hierzu Welton-Lair (1999, 46). 67

76 Nach Welton-Lair sind die Konstruktionen HOMO + imperfektives Verb und HOMO + dicit in Analogie zu gnomischen Sätzen des Typs entstanden, der eine zweideutige Interpretation als entweder zeitgebunden oder omnitemporal hatte. Dies sei dadurch möglich, dass gnomische Sätze typischerweise im Präsens stehen und keine MANAs enthalten, die sie als nicht aktualisiert markieren könnten (ebd. 1999, 49): [I]t is likely that during the Late Latin period non-specific homo occurred frequently in gnomics in contexts that could be interpreted ambiguously as either omnitemporal or time-linked. By analogy to this construction in which a time-linked interpretation is possible, homo spread in combination with the present tense to other contexts that were more clearly linked to the present [ ]. Recall that in time-linked contexts [ ], homo is interpreted as having a central singular meaning and a peripheral plural meaning, the latter due to the fact that homo is interpreted as representing a discrete collective of individuals linked to a particular time period (ebd. 1999, 51). Im Rahmen des Anstiegs dieses Gebrauchs in derartigen Kontexten wurde HOMO im Sinne dieser Doppelbedeutung reanalysiert. Dies resultierte darin, dass HOMO leichter in Kontexten benutzt werden konnte, in denen es mit einer Unterklasse von Individuen in Verbindung stand, die zu einer bestimmten Zeitspanne, Umgebung, Gemeinschaft oder Milieu gehörten. Daraus resultierend, so Welton-Lair, weitete sich HOMO in Kombination mit dem Imperfekt auf Kontexte aus, die eindeutig mit der Vergangenheit verbunden waren und in denen HOMO unmissverständlich mit einer bestimmten Gruppe von Individuen verbunden war. Dies würde erklären, wie das indefinite HOMO auf die Konstruktionen HOMO + imperfektives Verb und HOMO + dicit im Spätlateinischen übergegangen ist. In diesem Zusammenhang führt Welton-Lair an, dass die Reanalyse, die zur pluralischen Bedeutung von HOMO geführt hat, im 6. Jahrhundert anzusetzen ist (ebd. 1999, 51 f.). Oben wurde bereits angemerkt, dass Welton-Lair neben den gnomischen Sätzen die HOMO potest-konstruktion als Ursprung der Grammatikalisierung von on ansieht (ebd. 1999, 40). Außerdem wurde am Rande darauf hingewiesen, dass die Konstruktion im Spätlateinischen einen Anstieg erfährt (ebd. 1999, 41). Der Konstruktion kommt folglich eine zentrale Rolle zu, so dass sie hier noch einmal genauer betrachtet werden soll. Auch in dieser Konstruktion kommen HOMO zwei Bedeutungen zu, wobei nicht beide gleich dominant sind. Zum einen bezeichnet es in seiner vorherrschenden Lesart jedes typische Individuum des Sets Mensch mit der Bedeutung '(any)one' (ebd. 1999, 54). Dies liegt an dem Modalauxiliar potest, denn dieses expresses a state of possibility or potentiality that may be easily generalized to all human beings. As a result, homo is interpreted as embracing all human beings in its field of ref- 68

77 erence (ebd. 1999, 54). In einer sekundären Lesart kann homo als eine spezifische Referenz auf den Adressaten interpretiert werden. Dieser Gebrauch ist im Korpus von Welton-Lair bereits bei Cato (De Agri Cultura, etwa 160 v. Chr.) belegt. Außerdem kennt HOMO in dieser Konstruktion auch noch eine sehr periphere Lesart, und zwar jene in der Bedeutung einer bestimmten Gruppe von Individuen (ebd. 1999, 54 f.) 86. So stellt Welton-Lair (1999, 59), neben dem oben angesprochenen Ausgangspunkt der gnomischen Sätze, einen möglichen zweiten Weg für die Verbreitung des indefiniten HOMO vor, ein dreistufiges Entwicklungsmodell mit dem Ausgangspunkt der HOMO potest Konstruktion: (a) homo + verb modulated with modal potest (b) homo + verb modulated with subjunctive (c) homo + unmodulated lexical verb Jedoch, so argumentiert sie, stelle dieses dreistufige Entwicklungsmodell nicht den Hauptkanal für die Verbreitung des indefiniten HOMO dar, sondern die zuvor beschriebene Entwicklung in Analogie zu den gnomischen Sätzen des Typs, der zweideutig (omnitemporal oder zeitgebunden) interpretiert werden kann. Dennoch sei es möglich, dass beide Pfade in Konkurrenz zueinander aufgetreten sind und sich gegenseitig beeinflusst haben (ebd. 1999, 59). Interessanterweise haben die beiden Pfade möglicherweise zu unterschiedlichen syntaktischen Positionen geführt, der eine Pfad, ausgehend von gnomischen Sätzen, zu einem Gebrauch in Hauptsätzen, und der andere, ausgehend von der HOMO potest Konstruktion, zu einem in Nebensätzen (ebd. 1999, 60). Die dritte im Spätlateinischen neu einsetzende Konstruktion ist HOMO + debet. Diese ist nicht zeitgebunden und drückt so einen Zustand aus, der nicht mit einem spezifischen Zeitpunkt verbunden werden kann. Sie tendiere zu gnomischen Konnotationen, da sie es dem Sprecher erlaube, generelle Wahrheiten über die Verpflichtungen der Menschen im Allgemei- 86 Als Motivation für die Ausbreitung der HOMO potest-konstruktion sieht Welton-Lair zum einen eine sprachübergreifende Tendenz von indefiniten Subjekten, bei Modalverben zu stehen, die eine Möglichkeit ausdrücken, zum anderen aber auch den Anstieg im Gebrauch von Subjektpronomen im Spätlateinischen (ebd. 1999, 55): Starting at a very early point in Late Latin, however, the subject pronouns came to be used with increasing frequency, especially in the spoken language, a trend which developed particularly in French such that in modern French all verbs require an overt grammatical subject (ebd. 1999, 55 f.). Die Rolle des Subjekts ist insofern für die in dieser Arbeit dargestellten Entwicklungen wichtig, als dass häufig gerade Sprachen, die obligatorische Subjektpronomina setzen, deutlich grammatikalisierte spezielle unpersönliche Pronomina auf der Basis von MS [Substantive der Bedeutung 'Mensch'] entwickeln (vgl. Siewierska (2011), zit. in Mihatsch 2015a, 591 f.). 69

78 nen auszudrücken (ebd. 1999, 61). Die nicht allzu häufige HOMO debet - Konstruktion 87 war die letzte der drei neuen Konstruktionen im Spätlateinischen (wohl der Ausweitung des indefiniten Gebrauchs in der HOMO potest - Konstruktion folgend), auf die der indefinite Gebrauch von HOMO sich ausweitete. Das Spätlateinische griff zuvor auf Konstruktionen zum Ausdruck der Notwendigkeit zurück (necesse est, est necessarius etc.) (ebd. 1999, 61 f.). Die Entwicklungen im spätlateinischen Korpus fasst Welton-Lair wie folgt zusammen: First, as a result of its spread to these new constructions, homo becomes increasingly linked to particular classes of individuals. That is, it may frequently be construed as referring simultaneously to a broad, unspecified group of individuals. In the homo + imperfective verb and homo dicit constructions, for example, it may be interpreted as referring to a broad group of individuals from a particular time period. [ ] In the homo potest construction, homo may also be interpreted as representing a particular class of individuals. Since this construction is used to express a characteristic of a specific place or event, homo may be interpreted as embracing only those individuals in the vicinity of the place or event. In the homo debet construction as well, homo may be seen to embrace only those individuals falling within the scope of influence of the speaker. Thus, in both constructions, homo may be interpreted as representing a broad, unspecified group of individuals, albeit on a peripheral level (ebd. 1999, 64). Diese Entwicklung ist insofern wichtig, als die Referenzialität ein neues Merkmal des indefiniten HOMO darstellte, da dieses im klassischen Latein auf nicht aktualisierte Kontexte restringiert war und ihm so nie eine referenzielle Lesart zukommen konnte. Im Korpus zum Altfranzösischen zeigt sich, so Welton-Lair, eine Tendenz dahingehend, dass on in Kontexten steht, in denen es mit einer Referenz auf sehr spezifische Gruppen von Individuen interpretiert werden kann. So stelle die Reinterpretation von HOMO den ersten Schritt in der stufenweisen Ausbreitung von HOMO auf Kontexte dar, in denen es auf spezifische Gruppen von Individuen verweisen könne (ebd. 1999, 64 f.). Es handle sich jedoch nur um eine periphere Bedeutung, die darüber hinaus auch noch kontextinduziert sei: This is, in all contexts where this meaning comes to the fore, it is interpreted as strictly a secondary meaning of homo, its central meaning being: '(any) one' of the class selected. This meaning is context-induced in the sense that is has not yet been reanalyzed as integral to the semantics of on (ebd. 1999, 65) Im Altfranzösischen nimmt der Gebrauch leicht zu, was wohl auf die Tendenz einer graduellen Ausweitung des indefiniten HOMO auf die HOMO debet-konstruktion hinweist (Welton-Lair 1999, 64). 88 Die ersten Hinweise auf die Reanalyse von HOMO im Sinne einer spezifischen Gruppe von Individuen gebe es bereits im 6. Jahrhundert. Nichtsdestoweniger handle es sich in den meisten im spätlateinischen Korpus belegten Fällen um eine strikt kontextinduzierte Bedeutung (Welton-Lair 1999, 65). 70

79 Welton-Lair stellt in ihrer Analyse fest, dass der indefinite Gebrauch von HOMO im Spätlateinischen eine deutliche Tendenz aufweist, mit Verben benutzt zu werden, die grundlegende menschliche Erfahrungen ausdrücken, genauer gesagt mit Verben, die in Verbindung stehen mit physischen und mentalen Aktivitäten wie gehen, sterben, besitzen etc. So könne die Aktivität prinzipiell für die gesamte Menschheit verallgemeinert werden. Diese Beobachtung trifft ebenso auf gnomische Säte zu, die auch mit Verben stehen, die Handlungen oder Situationen ausdrücken, die grundlegend für die Menschen sind (ebd. 1999, 66 f.). Bei Aktivitäten hingegen, die von spezifischen Klassen von Individuen ausgeübt werden (z.b. schreiben, lesen, diskutieren, gebären (diese beziehen sich auf Gebildete bzw. im Fall von gebären auf Frauen) gibt es zwar eine Tendenz dahingehend, dass der Satz kein indefinites HOMO enthält (ebd. 1999, 66), jedoch gibt es die Möglichkeit, und zwar generell in nicht aktualisierten Kontexten: This allows the addressee to interpret homo as non-specific even though the action of the verb may be construed as linked to a specific class of individuals (ebd. 1999, 67). Mit der voranschreitenden Grammatikalisierung wird die Nichtspezifität ein Teil der Semantik von HOMO, so dass im Altfranzösischen der indefinite Gebrauch auch mit Verben, die mit einer spezifischen Klasse von Individuen verbunden sind, sogar in aktualisierten Kontexten möglich wird 89 (ebd. 1999, 68). Welton-Lair stellt neben der Tendenz in Bezug auf die Verben, die mit HOMO stehen können, auch noch eine Tendenz für das indefinite HOMO fest, ohne jegliche Art von semantischer Modifikation aufzutreten. Diese würde den referenziellen Skopus von HOMO auf eine spezifische Klasse von Individuen begrenzen (ebd. 1999, 68 f.). Die fehlende Modifikation hat Konsequenzen für die Referenz des indefiniten HOMO, aber auch für seine grammatikalische Klasse: [ ][T]he fact that non-specific homo tends to occur unmodified in the new Latin constructions is one of the factors that allows homo to be easily construed as denoting any human being. As homo/on spreads in these constructions, this is one of the factors that will allow homo/on to be disassociated from its status as a modifiable noun, and will ultimately allow it to become a non-modifiable pronoun (Welton-Lair 1999, 70). 89 Die Verben, die zunächst mit HOMO genutzt wurden, also jene, die grundlegende menschliche Erfahrungen ausdrücken, wiesen eine schwache Valenz auf (Valenz ist in diesem Zusammenhang zu verstehen als the ability of a verb to subcategorize for a subject/agent and object/theme, By 'subject/agent' is meant that the subject functions actively as agent oft he verb. 'Object/theme' means that the object functions passively as the entity undergoing the action of the verb. (Welton-Lair 1999, 70)). Die Ausweitung derjenigen Verben, die mit HOMO stehen konnten, hatte auch Auswirkungen auf die Rolle, die es einnahm. Denn im Rahmen der Ausweitung des Gebrauchs auf andere Verben mit starker Valenz homo/on would have acquired a more active role relative to the direct object, allowing it to be used in passive-equivalent constructions where the subject functions as agent and the object as theme (Welton-Lair 1999, 72 f.). 71

80 Die Veränderungen der kontextuellen Situation, in der das indefinite HOMO stehen kann, sollen entsprechend den bis hier geschilderten Entwicklungen wie folgt zusammenfassend dargestellt werden: Klassisches Latein Konditionalsätze Negative Sätze Interrogative Sätze Hypothetische Sätze Komparationen Gnomische Sätze HOMO + potest Spätlatein HOMO + imperfectives Verb HOMO dicit - Konstruktion HOMO debet - Konstruktion Tab. 5: Kontexte für den indefiniten Gebrauch von HOMO (vgl. Welton-Lair 1999) Die Rolle des Kirchenlateins In Kapitel 2.4 ist die Autorität der Bibel und ihrer Sprache schon betont worden. In diesem Kapitel wird das Augenmerk dementsprechend auf diesen möglichen Nährboden für die Verbreitung des indefiniten Gebrauchs von HOMO gerichtet. Deutlich wird der Nährboden an der exponierten Stellung der Bibel. Zum einen dann, wenn Giacalone Ramat und Sansò (2010, 111) darauf hinweisen, dass der Großteil der Belege in ihrem Korpus (1.-8. Jahrhundert nach Christus) aus der Bibel stammt. Zum anderen aber auch dadurch, dass sich bereits im biblischen Hebräisch Belege für einen indefiniten Gebrauch von Substantiven zur Bezeichnung des Menschen finden. Dieser Gebrauch ('ish) und auch der des aramäischen barnash (ebenso ein Substantiv zur Bezeichnung des Menschen, das indefinit gebraucht wurde) seien der Ursprung für einen entsprechenden Gebrauch (α νθρωπος und gelegentlich a νήρ) im Griechischen des Alten und des Neuen Testaments 90, dieser wiederum habe die analoge Ent- 90 Es würde im Rahmen dieser Arbeit zu weit führen, auf die Ursprünge des Gebrauchs im Lateinischen einzugehen. Wir verweisen auf Giacalone Ramat/Sansò (2010, 97 ff.). Diese gehen, wie oben angesprochen, auf den in der Forschungsliteratur verbreiteten Ansatz eines Ursprungs des indefiniten Gebrauchs im biblischen Hebräisch 72

81 wicklung des indefiniten Gebrauchs von HOMO in der lateinischen Übersetzung der Bibel beeinflusst (Giacalone Ramat/Sansò 2010, 97). Mit Blick auf die folgenden Epochen des Griechischen stellen Giacalone Ramat/Sansò fest, dass das byzantinische Griechisch und das mittelalterliche Griechisch 91 den indefiniten Gebrauch nicht kannten und dieser auf die Bibel beschränkt gewesen zu sein scheint (ebd. 2010, 99). Der Einfluss des Griechischen im mittelalterlichen Abendland scheint jedoch zu gering, als dass es die Aufnahme des indefiniten Gebrauchs in seinen Sprachen hätte rechtfertigen können (ebd. 2010, 100). Bereits im letzten Kapitel ging es um die unterschiedlichen Möglichkeiten, wie der indefinite Gebrauch von HOMO in die drei Untersuchungssprachen Eingang gefunden haben könnte. Dem Griechischen, wie eben gesehen, ist dies nicht direkt zuzurechnen, aber möglicherweise doch indirekt, über die lateinischen Bibelübersetzungen. Diesem Latein, dem Kirchenlatein, kommt eine nicht zu unterschätzende Rolle zu. So stellt auch Schrijnen fest: ('ish) und im Aramäischen (barnash) ein, die Ursprung für den indefiniten Gebrauch im Griechischen und indirekt im Lateinischen seien (vgl. hierzu auch Schrijnen (1939, 368)). Sie sagen, dass [s]elon cette hypothèse l emploi indéfini de α νθρωπος (et, occasionnellement, a νήρ) dans le grec de l ancien et du Nouveau Testament serait vraisemblablement le calque de l usage caractéristique des deux variétés sémitiques et, à son tour, aurait influencé le développement analogue de homo comme élément indéfini dans la traduction latine de la Bible (Interessanterweise wurde die lateinische Konstruktion mit HOMO häufiger als die verwandte griechische Konstruktion genutzt, vgl. hierzu Giacalone Ramat/Sansò 2007b, 125). Diese These sei sicherlich vor dem Hintergrund des caractère 'semitisé' des Griechischen im Alten und Neuen Testament gerechtfertigt. Sie zeigen jedoch auch einige Gegenargumente auf. So ist der indefinite Gebrauch von α νθρωπος und a νήρ auch in den Büchern des Neuen Testaments belegt, die direkt auf Griechisch verfasst worden sind. Außerdem ist ihr alleinstehender Gebrauch (ohne appositive Substantive oder Adjektive) als Äquivalent zu den anderen indefiniten Pronomen dem klassischen Griechisch fremd. Und auch die folgenden griechischen Sprachepochen offenbaren einen sehr eingeschränkten indefiniten Gebrauch von HOMO: [ ] le grec byzantin et le grec médiéval ne connaissent pas cet usage, qui semble limité aux Saintes Écritures, et l influence grec [ ] (Giacalone Ramat/Sansò 2010, 99 f.). Weiter kann an dieser Stelle nicht auf die oben erwähnte These des Ursprungs im biblischen Hebräisch und im Aramäischen eingegangen werden. Sie wird aber in Giacalone Ramat/Sansò (2010) relativ ausführlich diskutiert, ebenso wie der indefinite Gebrauch von HOMO in den ältesten Sprachstufen des Griechischen. 91 Die von Giacalone Ramat/Sansò zugrunde gelegte Einteilung wird hier im Sinne jener aufgefasst, die bei Bußmann (2008, s.v. Griechisch) gegeben wird. Diese fasst unter Mittelgriechisch das Griechisch des byzantinischen Kaiserreichs und gibt als Periode ca. 4./5. Jahrhundert n. Chr. und das Griechische des Mittelalters, für das sie nennt. Ein Austausch mit Prof. Dr. Ulrich Moennig (Institut für Griechische und Lateinische Philologie der Universität Hamburg) verdeutlichte die terminologischen Schwierigkeiten in Bezug auf die Periodisierung des Griechischen und die bei der Unterscheidung zwischen byzantinischem und mittelalterlichem Griechisch oftmals fehlende Genauigkeit. Problematisch an der Darstellung aus Bußmann (2008) ist seiner Meinung nach, dass sie den Eindruck erweckt, das Griechische des Mittelalters würde auf das byzantinische Griechisch folgen. Mit dem Begriff Mittelgriechisch bezieht man sich oft auf das tatsächlich gesprochene Griechisch des byzantinischen Mittelalters, während man gemeinhin mit dem Begriff byzantinisches Griechisch die vielen Formen der griechischen Schriftsprache meint, die man in Werken und Gattungen der byzantinischen Literatur findet. Die Begrifflichkeit bei Bußmann bezieht sich möglicherweise darauf, dass sich ab dem 12. Jh. das gesprochene Griechisch in einer steigenden Anzahl von geschriebenen Texten widerspiegelt dieses aber als eine weitere Varietät und nicht etwa als Nachfolger des byzantinischen Griechisch. Das, was hier als byzantinisches Griechisch bezeichnet wird, war an das byzantinische Bildungssystem gebunden und starb nach der Eroberung Konstantinopels (1453) zusammen mit der letzten Generation aus, die in diesem System groß geworden war. 73

82 Das Romanische geht auf das Vulgärlatein zurück, d.h. auf die Koinè, welche seit dem 5. Jahrhundert in sämtlichen, dem römischen Imperium angehörigen lateinischen Sprachgebieten gesprochen wurde. Aber diese Koinè war eben das altchristliche Latein, das sich immer mehr verbreitet hatte und sich so von der Sondersprache zur Gemeinsprache ausgebildet hatte [ ]. Und in jener altchristlichen Sondersprache hat homo seine unbestimmt konkrete, kollektive Bedeutung erlangt in dem Gegensatz zu Deus: Gegensatz der auch schon im hebr. 'iš und im gr. α νθρωπος vorhanden war. Die Menschheit wird als kollektive Einheit der Gottheit gegenübergestellt, und so stand gegenüber Deus der Singular homo, wobei bekannte Vorliebe für Parallelie fördernd wirkte. Auch im profanen Latein kommt der kollektive Singular homo vereinzelt vor, aber im altchristl. Latein hat er sich zu einer normalen Erscheinung ausgebildet (Schrijnen 1939, 370). 3. Die Entwicklung des Artikelgebrauchs [ ] la lengua es un sistema dinámico, en permanente movimiento, cuyos hablantes tienen en todo momento la posibilidad de construir una misma entidad de maneras alternativas, con y sin artículo, reflejando así en la sintaxis la presencia/ausencia de la perspectiva valorativa del hablante (Ortiz Ciscomani 2009, 377). Im Kapitel zur Generizität wurde bereits erörtert, welche Lesarten NPs mit definitem und mit indefinitem Artikel in den drei Untersuchungssprachen haben können. Ferner wurde im Rahmen der Diskussion des Grammatikalisierungspfades von HOMO auf den Verlust des Artikels im Verlauf der Grammatikalisierung hingewiesen. Das Artikelsystem ist jedoch nicht ohne Grund eines der großen Themen in der Forschungsliteratur der romanischen Sprachen, findet sich auf der einen Seite mit dem Lateinischen doch eine Sprache, die keine Artikel besaß und auf der anderen Seite die romanischen Sprachen, deren definite Artikel aus dem distalen Demonstrativum ILLE 92 des Lateinischen und deren unbestimmte Artikel aus dem lateinischen Zahlwort UNUS 93 grammatikalisiert wurden. Vor der Betrachtung der Entwicklung des Artikelsystems in den drei Untersuchungssprachen wird das Augenmerk zunächst auf die Ent- 92 Der Fall des parlar salat (einer Dialektgruppe des Zentralkatalanischen), dessen definiter Artikel sich aus IPSE entwickelt hat, sei an dieser Stelle als Ausnahme erwähnt, wird aber nicht weiter beleuchtet. Eine äußerst umfassende Übersicht über die Verbreitung von IPSE (nicht nur im katalanischen Sprachraum) findet sich in Aebischer (1963). 93 Auf den unbestimmten Artikel wird in diesen einführenden Betrachtungen zur Entwicklung des Artikelsystems in den romanischen Sprachen nicht eingegangen, da bei der Entstehung des unbestimmten Artikels aus UNUS keine umfassende Reanalyse wie im Fall des definiten Artikels aus dem distalen Demonstrativum ILLE durchlaufen wurde. Natürlich wird die funktionale Entwicklung des indefiniten Artikels aus UNUS in den folgenden Unterkapiteln aber ausführlich behandelt. 74

83 wicklung des definiten Artikels im Allgemeinen gerichtet. Hierbei wird der Frage nachgegangen, wo der definite Artikel innerhalb seines Entwicklungszyklus im Spanischen, Katalanischen und Französischen einzuordnen ist. Greenberg (1978) macht deutlich, dass der definite Artikel sich aus einem gänzlich deiktischen Element entwickelt, am häufigsten aus einem distalen Demonstrativum. Der von ihm entwickelte Zyklus des definiten Artikels basiert auf drei Entwicklungsstufen (vier, wenn man die Ausgangsstufe 0 hinzuzählt): Stufe 0 (distales) Demonstrativpronomen Stufe I Definiter Artikel: The point at which a discourse deictic becomes a definite article is where it becomes compulsory and has spread to the point at which it means identified in general, thus including typically things known from context, general knowledge, or as with 'the sun' in non-scientific discourse, identified because it is the only member of its class (Greenberg 1978, 61 f.) 94. Stufe II Definite Determination und indefiniter spezifischer Gebrauch: We may define stage II as the stage in which we have an article which includes, along with possibly other uses, both definite determination and non-definite specific uses. Specific, opposed here to generic, is the use of such an article in contexts in which a specific but unidentified item is referred to, that is, there is a presupposition of reference. [ ] In fact, languages in Stage II generally include instances of non-referential use so that they correspond grosso modo to the combined uses of a definite and indefinite article [Hervorhebung im Original] (Greenberg 1978, 62 f.). In dieser Stufe ist die NP mit Artikel die normale Form des Substantivs. Die Funktionen des artikellosen Gebrauchs unterteilt Greenberg in zwei Kategorien, die sich auf einer Skala zur Determination genau an den entgegengesetzten Enden befinden. In einigen Fällen taucht der Artikel nicht auf, weil das Nomen inhärent determiniert ist, etwa bei Eigennamen, oder weil 94 Epstein (1993, 112) modifiziert die Stufe I. Seiner Meinung nach treten Artikel der Stufe I nicht ausschließlich und obligatorisch mit identifizierbaren Referenten auf. Auch die Markierung der discourse prominence sei ein wichtiger Aspekt der Bedeutung der definiten Artikel in Stufe I. Beide Funktionen stehen, auch wenn dies vordergründig nicht so scheinen mag, miteinander in Verbindung: [I]dentifiable entities are salient insofar as they remain active over a period of time in current processing, either through previous mention, or through association with another previously evoked entity, etc., while prominent new entities are salient by definition, having been specifically designated as the object of special attention (Epstein 1993, 129). 75

84 es zum Beispiel durch etwas Anderes in der Konstruktion bestimmt ist, beispielsweise ein demonstrativer Modifikator. Nomen, die in diesen Fällen keinen Artikel in Stufe I tragen, tragen auch keinen in Stufe II. Greenberg selbst sieht hier den Grund dafür, dass die von ihm zuvor getroffene Betitelung des Artikels der Stufe II als non-generic article nicht richtig passend ist. Am anderen Ende der Skala findet sich der generische Gebrauch, so zum Beispiel in Negationen und Prädikationen. These opposing uses of the non-articulated form bear a certain resemblance to the use of non-articulated forms in languages with both a definite and indefinite article. In such languages proper names do not usually have an article, but the article may also be absent in generic uses. Als Beispiele zieht er die Aussagen Je n ai pas d eau 'I don t have water' und Il est tailleur 'He is a tailor' heran (Greenberg 1978, 63 f.). Stufe III Artikel als bloßer Marker 95 : It was indicated that during the second stage there is a decreasing set of environments in which there is direct contrast between the articulated and nonarticulated form. In general it is the articulated form which spreads until it becomes the normal form of the noun. In the absence of significant contrast, there is an analogical tendency for one of the forms, usually the articulated, to spread to all the remaining environments so that, synchronically, the mass of common nouns now only have a single form, usually the one which is historically the reflex of the articulated form. When this happens, we are in Stage II in which the former article is a pure marker which no longer has any synchronic connection with definiteness or specificity (Greenberg 1978, 69). Auch hier trifft Greenberg eine Unterscheidung, und zwar eine entsprechend der Funktion des Demonstrativums aus Stufe I. So führe ein klassifizierendes Demonstrativum zu einem Marker des Substantivgenus, ein nicht klassifizierendes Demonstrativum hingegen zu einem 'empty' marker, a mere sign of nominality on the large majority of common nouns (ebd. 1978, 69). Wo innerhalb dieses Zyklus sind die drei Untersuchungssprachen einzuordnen? Nach Epstein hat der definite Artikel im Altfranzösischen bereits Stufe II erreicht. Und auch insgesamt scheint der definite Artikel im Französischen den Zyklus am vollständigsten zu repräsentieren (ebd. 1995b, 161). Dies macht Harris mit seinen Betrachtungen zum Neufranzösischen deutlich: 95 Sehr illustrative Beispiele für die letzte Stufe und den Schwund des Artikels finden sich in Lüdtke (1991, 82). So seien im Rumänischen negru 'schwarz' und negrul 'der Schwarze' und membri 'Mitglieder' und membrii 'die Mitglieder' homophon. Er gibt ein weiteres Beispiel aus dem Aramäischen. Hatten die Endungen a bzw. i im klassischen Aramäisch noch die Funktion eines bestimmten Artikels, zeigen sie im modernen Aramäisch nur noch an, dass das vorangehende Lexem ein Substantiv ist. 76

85 [ ] [T]he Romance languages, in particular French, are continuing to develop in exactly the way which the sequence outlined by Greenberg would have us expect. Italian and Spanish 96 are probably best viewed as having Stage I articles, beginning to develop towards Stage II there are certainly non-anaphoric uses of the article in both these languages but only tentatively in comparison with their more precocious sister. Here, in French, we seem to have a situation in which the language is nearer to Stage III than Stage II (Harris 1980b, 81). 97 Und auch Lüdtke hebt das Französische hervor, dessen Artikelgebrauch sich quantitativsystematisch von dem der anderen romanischen Sprachen unterscheide. Das Französische nehme mit seinem hohen Entwicklungstempo und den damit grundlegenden Strukturwandlungen das eine Ende einer Skala ein, das Rumänische mit seinem geringeren bzw. geringsten Innovationsgrad das andere Ende (Lüdtke 1991, 86 f.) 98 : Im großen und ganzen läßt sich der romanische Gebrauch des bestimmten Artikels [ ] als ein sprachlicher Ausdruck für den logischen Allquantor auffassen. Das Französische hat diese Etappe allerdings schon hinter sich gelassen, wenn es ILLE auch zur Bezeichnung von Teilmengen verwendet [ ] und zwar in Verbindung mit der Präposition de [ ]. In dieser Konstruktion liegt der eigentliche Ausdruck für die Teilmenge bei der Präposition [ ], während ILLE hier nur noch als obligatorischer Begleiter das nachfolgende Lexem als Substantiv kennzeichnet [Hervorhebung im Original] (Lüdtke 1991, 87). Bevor eine genauere Betrachtung des Artikelgebrauchs in den drei Untersuchungssprachen folgt, soll das Augenmerk zunächst noch auf die für den bestimmten Artikel relevanten Entwicklungen gerichtet werden, die sich zwischen dem klassischen Latein und dem Vulgärlatein 96 Und, so wird es in dieser Arbeit vertreten, auch das Katalanische 97 Als Indizien für den Gebrauch als Stufe III-Artikel führt Harris die Funktion als Genus- und Numerus-Marker an, da diese Informationen nicht mehr vom Substantiv selbst gegeben werden [wie beispielsweise im Spanischen und Katalanischen]. Außerdem sieht er in ce, cette und ces ohne die Ergänzungen ci und là Artikel der Stufe I: Just as a language replaces a weakened demonstrative, so too a Stage II and even more a Stage III article will tend to be replaced, normally by 'weakening' another demonstrative, the whole chain of events consequently starting once more (Harris 1980b, 82 f.; vgl. hierzu auch Lüdtke 1991, 90 und Harris 1977, 253). Epstein (1995b) widerspricht Harris vehement insofern, als ce/cette/ces nicht in den Kontexten gebraucht werden könnten, in denen Artikel der Stufe I prototypisch gebraucht würden: j ai acheté une voiture, aber *ce/le moteur est en mauvais état ['Ich habe ein Auto gekauft, aber der Motor ist in einem schlechten Zustand']. Des Weiteren sieht er auch die Aussage, dass Substantive im Französischen im Hinblick auf Genus und Numerus markiert sein müssten, als unzulänglich an und verweist auf den Nullartikel im Neufranzösischen (vgl. Epstein 1995b, 162). Von diesem sagt er, dass er still a functionally viable and productive element sei (ebd. 1995b, 160). Der Nullartikel im Neufranzösischen hat ihm zufolge insofern eine emphatische Funktion, als dass the zero article is predicted to occur when the individual identity of a referent does not matter, or when the speaker wishes to deemphasize, or background, that identity (ebd. 1995b, 164). Die vom Nullartikel übertragene diffuseness sei besonders vereinbar mit dem Ausdruck von Generizität. Mit einigen generischen Nomen sei er gar obligatorisch. Ebenso würde er unter anderem häufig in Appositionen stehen, da diese ein hochgradig abhängiges und in den Hintergrund geschobenes Element darstellten (vgl. Epstein 1995b, 164). 98 Lüdtke untersucht für diese Aussage unterschiedliche Artikelfunktionen und begründet aus seiner Analyse den niedrigen Innovationsgrad des Rumänischen. Er schließt daraus, dass das Rumänische eine frühe Etappe der quantitativen Entwicklungsgeschichte von ILLE bewahrt (ebd. 1991, 86 f.). 77

86 ergeben haben. Roca (2009, 520 f.) stellt die beiden entsprechenden Paradigmen der Demonstrativa gegenüber: Deictic pronouns Discursive pronouns Anaphora IS, EA, ID Dem 2 ISTE, ISTA, ISTUD Proximal (hearer) Identity IDEM, EADEM, IDEM Dem 3 ILLE, ILLA, ILLUD Distal Contr/ Emphatic IPSE, IPSA, IPSUM Tab. 6: Die Demonstrativa des klassischen Lateins (entnommen aus Roca 2009, 520) Deictic pronouns Discursive pronouns Dem 1 HIC, HAEC, HOC Proximal (speaker) Nonreinforced Reinforced Deixis Dem 1 ISTE ECCE/*ACCU + ISTE Anaphora (HIC)/ILLE/IPSE Proximal Dem Identity IPSE Dem 3 ILLE ECCE/*ACCU + ILLE Distal Contr/ Emphatic (IPSE) Tab. 7: Die Demonstrativa des Vulgärlateins (entnommen aus Roca 2009, 521) 99 Als die wichtigsten Entwicklungen innerhalb der Reanalyse des Paradigmas der Demonstrativa im klassischen Latein sind jene von einer dreistufigen zu einer zweistufigen deiktischen 99 Roca (2009, 521) führt in Tabelle 7 nicht den deiktischen Gebrauch von HIC auf, macht aber deutlich, dass HIC, HAEC und HOC sehr wohl mit ECCE/*ACCU kombiniert werden konnten, was sich heute an sächlichen Demonstrativformen wie kat. ECCE HOC > açò, okz. ECCE HOC > aisso und ital. ECCE HOC > ciò ersehen lässt. 78

87 Unterscheidung 100 und die Ausweitung des Gebrauchs von ILLE und IPSE anzuführen (vgl. Roca 2009, 521). Auch Harris verdeutlicht die Bedeutsamkeit dieser Entwicklung: The most important change in Vulgar Latin, within a radical redistribution of the available forms, was a considerable expansion in the role of ille at the expense of is [ ]. If we look first at the pronominal system, we find that ille, while retaining its role as a marker of [3 proximity], came to serve also in the [+ definite, - proximity] role discussed earlier. After a fairly prolonged period of resistance, at least in the written language [ ], is was lost from Romance, as was hic [ ], the generally accepted reason in both cases being the attrition of these very short forms during a period of rapid phonological change. [ ] the functions of iste and an originally identive form, ipse, also changed, with the result that a Vulgar Latin system emerged as follows: [+ definite, 1 proximity]: iste; [+ definite, 2 proximity]: ipse; [+ definite, 3 proximity] and [+ definite, - proximity]: ille. This naturally meant that ille was now the appropriate form to serve as an anaphoric pronoun, and also as a personal pronoun in those contexts where such was required in surface structure (Harris 1980a, 144). Das Ergebnis dieser Entwicklung liegt in der immer größer werdenden Frequenz des Auftretens des definiten Artikels im Vulgärlatein 101 : Briefly, as part of the well-known and general tendency for Vulgar Latin and Romance to mark explicitly and distinctly in surface structure elements of meaning marked either agglutinatively or not (overtly) at all in Classical Latin (the development from synthesis to analysis ), the feature [+ definite, - proximity] came to be marked more and more often in Vulgar Latin (In other words, a definite article became steadily more frequent.) (Harris 1980a, 146). 100 Mit Blick auf die drei Untersuchungssprachen ist anzumerken, dass das Spanische ein dreistufiges System hat, das Französische hingegen ein zweistufiges. Das Katalanische hat in der Umgangssprache ein zweistufiges System, wobei die normative Grammatik den Gebrauch eines dreistufigen verlangt. Nur im Valencianischen wird in der Umgangssprache ein dreistufiges System genutzt (vgl. zu den Ausführungen zum Katalanischen Brumme 1997, 67 f. und Sánchez Miret 2001, 580; zur Pragmatik der Demonstrativa in den iberoromanischen Sprachen s. Jungbluth 2005). In Bezug auf die Grammatizität ist festzustellen, so Rowlett (2007, zit. in Roca 2009, 551), dass das Französische mit dem definiten Artikel le und der definiten Determinante/dem Pronomen ce(t) zwei Determinanten mit fortgeschrittenem Grammatikalisierungsgrad besitzt, das Spanische und Katalanische mit el hingegen nur eine Form gänzlich ohne deiktischen Inhalt. Roca stellt fest, dass dieser hohe Grammatikalisierungsgrad von ce auch anhand von Konstruktionen deutlich wird, in denen das Demonstrativum ce in Subjektposition steht und auf einen vorangehenden Nominalausdruck verweist, jedoch nicht mit dessen Numerus und Genus konkordiert. Er bezieht sich hierfür auf ein Beispiel von Jones (1996, zit in Roca 2009, 551): Les enfants, c est mignon. Interessant ist auch, dass das Altspanische einen doppelten, dreistufigen Satz besaß. Dies war zum einen die simple form (este, ese und el) und zum anderen die reinforced form (aqueste, aquese, aquel). Diese Formen koexistierten und lassen sich gar im selben Satz in derselben Bedeutung finden (vgl. Roca 2009, 522 f.). Nach Girón Alconchel (1999, zit. in Roca 2009, 524) haben jedoch klare semantische Unterschiede zwischen den beiden Sätzen im mittelalterlichen Spanisch bestanden. Die Unterscheidung ist aber, so Girón Alconchel, gegen Ende des Mittelalters und im 16. und 17. Jahrhundert verloren gegangen, when este and ese extended their uses to deixis ad oculos and aqueste and aquesse were seen as popular forms [Hervorhebung im Original]. 101 S. auch Raible (1985), der die Entwicklungen auf dem Weg zum Artikel in juristischen Texten analysiert. In der Analyse in Kapitel 5 kommt die Rede auch auf den Artikelgebrauch bei man in diesen. 79

88 So war ille im Vulgärlatein weiterhin ein Marker der Funktion [+ definite, 3 proximity]. Hinzu kam aber auch noch [+ definite, - proximity]. Ille behielt somit anfangs noch seine Funktion als Demonstrativum, wurde aber entsprechend seiner Funktion [+ definite, - proximity] auch als Personalpronomen und anaphorisches Pronomen genutzt. Darüber hinaus wurde es immer öfter pränominal genutzt, as the appropiate determiner to mark a particular nominal unspecified in respect of proximity. It is from this starting point that the systems of the modern Romance languages all derive (Harris 1980a, 146 f.). Diese Entwicklung ist ein weitreichender Schritt: Verwies das deiktische Demonstrativum ille noch auf Entitäten im physischen Raum oder im Diskurs, so dient der Artikel heute dazu, auf Entitäten zu verweisen, die nicht notwendigerweise in eben diesem physischen Raum oder dem Diskurs verankert sein müssen (Ortiz Ciscomani 2009, 283). 102 Für die vorliegende Untersuchung heißt dies, dass ein Blick in die Diachronie notwendig ist, um zu klären, wie sich der Artikelgebrauch in den drei Sprachen entwickelte und wann er generalisiert wurde. Mit der Situierung des Untersuchungskorpus im 13. Jahrhundert sind für die in Kapitel 5 folgende Analyse Ausführungen zu den frühen Artikelentwicklungen im 12. und 13. Jahrhundert von Bedeutung. Doch auch über diese Zeitspanne hinaus werden maßgebliche Entwicklungen angesprochen. Dies geschieht zum einen, um dem Leser eine Orientierung in der Artikelentwicklung der drei untersuchten romanischen Sprachen zu ermöglichen, und zum anderen, um es ihm zu erleichtern, die in den Untersuchungszeitraum fallenden Entwicklungsschritte der Artikelentwicklung besser einordnen zu können. 3.1 Die Verwendung des Artikels im Altspanischen Der definite Artikel 103 In diesem Kapitel wird hauptsächlich auf die Ausführungen von Ortiz Ciscomani (2009) zurückgegriffen. Ihre Studie basiert auf einem Korpus, das acht Jahrhunderte der spanischen 102 Doch auch dem Demonstrativum ille werden artikelähnliche Funktionen zugeschrieben, so spricht beispielsweise Väänänen (1963/1967, zit. in Ortiz Ciscomani 2009, 291) von einem derart häufigen Gebrauch sowohl des anaphorischen ille als auch des anaphorischen ipse im Spätlatein, dass man von einem articuloide sprechen könne. Faingold (1996, zit. in Ortiz Ciscomani 2009, 292) weist in De vestimenta clericorum aus dem Jahre 750 eine Zunahme des distalen Demonstrativpronomens nach, das hier wie der definite Artikel funktioniere. In den ersten Zeugnissen des Kastilischen, den Glosas silenses und den Glosas emilianenses, finden sich Belege für den demonstrativen und referenziellen sowie den expressiven Gebrauch von ille (Ciscomani 2009, 293). 103 In den folgenden Ausführungen wird nicht auf die lautliche Entwicklung des Artikels eingegangen, da diese für unsere Untersuchungen nicht relevant ist. Für Betrachtungen zum Lautwandel siehe beispielsweise Penny (2002, 145 f.). 80

89 Sprachgeschichte umfasst. Das Augenmerk dieser Studie liegt in Übereinstimmung mit den oben gemachten Bemerkungen auf dem 12. und dem 13. Jahrhundert, wobei der nächste von Ortiz Ciscomani gesetzte zeitliche Ausschnitt (15. Jahrhundert) nicht außer Acht gelassen wird 104. Begonnen werden soll hier mit einer wichtigen Feststellung, die für Sprachwandel im Allgemeinen zutrifft. Es handelt sich um einen schrittweisen Prozes und so geht auch der bestimmte Artikel nach und nach in die Sprache ein. Nicht alle Nomen tragen ab derselben Zeit einen Artikel. Company Company (1991, zit. in Ortiz Ciscomani 2009, 278) unterscheidet beim Fortschritt des Artikelgebrauchs in Bezug auf die unterschiedlichen Nominalklassen drei Etappen: 1) Die erste Phase ist am Ende des 13. Jahrhunderts beendet. Der Artikel tritt mit konkreten Substantiven, belebten Substantiven und menschlichen Generika auf (alle in Subjektposition). 2) Die zweite Phase läuft in der Mitte des 14. Jahrhunderts ab. In dieser wird der Artikel mit nicht menschlichen Generika und Elementen mit singularischer Referenz genutzt. 3) Die dritte Phase läuft im 15. Jahrhundert ab. Der Artikel unterliegt weniger Restriktionen und wird mit abstrakten Substantiven und Stoffnamen gebraucht. Im Folgenden werden diese Entwicklungen genauer betrachtet. In den Ursprüngen des Spanischen werden in den Glossen Entitäten von Nomen mit Artikel benannt, die kognitiv relevant und allseits bekannt sind, Entitäten, die in der Welt der Mönche und des guten Betragens und des zu beanstandenden Betragens wichtig sind, so zum Beispiel el diabolo und las bodas (Ortiz Ciscomani 2009, 293). Welche weiteren Prozesse aber liegen dem Artikelgebrauch in der frühen Phase des Spanischen zugrunde? Bereits in den Glosas emilianenses lassen sich Belege für ein und dasselbe Substantiv mit und ohne Artikel finden, aber ist dies eine Schwankung mangels normativer Vorgaben oder ein bewusstes Vorgehen der Sprecher? Ortiz Ciscomani sieht dies als ein Zeichen de la capacidad del hablante para construir una misma entidad de formas alternativas en los que la presencia del artículo parece reflejar la relevancia expresiva que el hablante le imprime a la entidad en el uso (ebd. 2009, 293). 104 Auch wenn nicht auf die weiteren Ausführungen vorweggegriffen werden soll, ist an dieser Stelle dennoch anzumerken, dass Ortiz Ciscomani die Generalisierung des Artikels im 15. Jahrhundert ansetzt (ebd. 2009, 375). Dies heißt für die Untersuchung der vorliegenden Arbeit, dass der Beginn der Grammatikalisierung noch weit davor liegt und es somit unabdingbar ist, sich etwaige Motivationen und kommunikative Zwecke anzuschauen, die der Sprecher bei der Artikelsetzung oder -vermeidung hat bzw. verfolgt. 81

90 Neben der Klasse des Substantivs hat auch der Numerus einen gewichtigen Einfluss auf die Lesart, denn, so generalisiert Ortiz Ciscomani, el singular remite a referencia, individua [sic] una entidad del mundo, a una entidad en especial que es también importante. [ ] El plural en lo general significa no singular, esto es, remite a un número no determinado de entidades del mundo, referenciales pero no individuales, o bien, remite a clases de entidades, por tanto no referenciales sino genéricas, sin individuación posible de miembros (ebd. 2009, 304). Es loht sich, einen genaueren Blick auf Stoffnamen zu werfen: [69a] E las gentes, dos días que duró el asiento del real, comían el pan amasado en las manos τ cozido en las brasas (Crónica de los Reyes Católicos, Band 2: Guerra de Granada, zit. in Ortiz Ciscomani 2009, 302) 105 [69b] El agua nos an vedada, exir nos ha el pan (Cantar de mio Cid, zit. in Ortiz Ciscomani 2009, 302) [69c] Del agua fezist vino τ de la tierra pan (Cantar de mio Cid, zit. in Ortiz Ciscomani 2009, 302) Die Beispiele [69a] und [69b] enthalten alle Stoffnomen im Singular 106, von denen einige eine generische Lesart haben. In Beispiel [69a] ist die definite NP el pan als referenziell zu interpretieren (nicht zuletzt aufgrund der Ergänzung amasado en las manos τ cozido en las brasas), in [69b] hingegen ist el pan als eine Art Vorratsklasse generisch zu interpretieren (vgl. Ortiz Ciscomani 2009, 301), für die NP el agua trifft dasselbe zu. Die artikellose NP pan in [69c] ist ebenso generisch wie die NP vino. NPs im Singular mit Stoffnamen können folglich sowohl generisch als auch spezifisch interpretiert werden. Der Umstand, dass die generische Lesart dieser Substantive sowohl bei NPs mit Artikel als auch ohne Artikel zu finden ist, verdeutlicht, dass sich keine eindeutige Beziehung zwischen dem Gebrauch des Artikels und der Interpretation als referenziell oder generisch herstellen lässt. Für Ortiz Ciscomani (2009, 302) stellt sich die Frage nach einer konstanten Bedeutung hinter diesen Sätzen, die zwar semantisch unterschiedlich sind (referenziell oder generisch), sich mit dem Artikel aber dennoch ein signo en la codificación teilen: 105 Die Hervorhebungen (Fettdruck) in den Beispielen aus Ortiz Ciscomani (2009) stammen aus ebendiesem Beitrag. 106 In den von Ortiz Ciscomani untersuchten Texten tauchen alle Stoffnamen bis auf eine Ausnahme im Cantar de mio Cid im Singular auf: Passaron las aguas, entraron al campo de Torançio. (ebd. 2009, 302). Auch ist in diesem Kontext anzumerken, dass Stoffnamen im 12. Jahrhundert nur selten ein Artikel vorausgeht (ebd. 2009, 362). 82

91 Desde nuestra perspectiva, la explicación de esta situación [ ] es la expresividad, subjetividad o punto de vista que adopta el usuario, uno de los valores propios del demostrativo original. En efecto, cuando el artículo modifica a un sustantivo concreto pero no delimitado, de masa, con significado genérico, su presencia es marcada. Es un recurso que no sólo sirve para singularizar o individualizar a la entidad sino que, al igual que el artículo en las primeras documentaciones [ ], contribuye a marcar la relevancia de la entidad en el contexto de uso (Ortiz Ciscomani 2009, 302). Ein Indiz für diese Markierung ist der Artikelgebrauch mit Blick auf den Numerus und das Genus. So ist der Artikel anfangs häufiger mit referentes particulares e importantes, altamente individuados verzeichnet, vor allem mit männlichen Substantiven (Ortiz Ciscomani 2009, 305). Singular Plural Maskulinum Femininum Maskulinum Femininum 12. Jh. 44 % 28 % 14 % 14 % 100 % 13. Jh. 32 % 23 % 30 % 15 % 100 % 15. Jh. 33 % 34 % 24 % 9 % 100 % Tab. 8: Genus und Numerus der NPs mit definitem Artikel (vgl. Ortiz Ciscomani 2009, 304) Ein Blick auf Tabelle 8 zeigt, dass im 12. und im 13. Jahrhundert sowohl mehr Belege für maskuline als auch feminine Substantive mit Artikel im Singular vorhanden sind als im Plural, wobei die maskulinen Substantive im Singular mit Artikel die femininen überwiegen. 107 Der Trend, der sich im 15. Jahrhundert bereits andeutet, nämlich die numerische Annäherung der maskulinen und femininen Substantive im Singular setzt sich auch nach dem 15. Jahrhundert fort (vgl. Ortiz Ciscomani 2009, 305) und verdeutlicht, dass diese Entwicklung eine gewisse Hierarchie verfolgt und nicht das ganze Paradigma zur selben Zeit im selben Maße betrifft (vgl. Timberlake 1977 und Benveniste 1968, zit. in Ortiz Ciscomani 2009, 305). Ein wichtiger Indikator für die Grammatikalisierung des lateinischen Substantivs HOMO zum Indefinitpronomen ist der Skopus. Ortiz Ciscomani (2009, 306) beziffert die Zahl der Nomen 107 Ortiz Ciscomani sieht für den Fortschritt des Artikels in Bezug auf den Numerus zwei Etappen, die erste im 12. und 13. Jahrhundert, in denen Substantive mit Artikel im Singular überwiegen, die auf entidades altamente individuadas e importantes referieren, und die zweite, während welcher der Artikelgebrauch auf den Plural ausgedehnt wird (ebd. 2009, 369). 83

92 mit definitem Artikel, die eine Modifikation zwischen Artikel und Substantiv (unterschiedliche Klassen von Adjektiven, wie zum Beispiel erläuternde Adjektive und Numerale) enthalten, für das 12. Jahrhundert auf 5 % und für das 13. Jahrhundert auf 15 %. Diese Werte sind jedoch keine frühsprachliche Erscheinung, da sich auch in den folgenden Jahrhunderten keine Steigerung festmachen lässt (15. Jahrhundert: 6 %; 17. Jahrhundert 15%; 18. Jahrhundert: 16 %; 20. Jahrhundert: 5 %). Das Adjektiv dicho, das Ortiz Ciscomani im 17. und 18. Jahrhundert als sehr frequent ansieht (ebd. 2009, 307), ist bereits im 13. und 14. Jahrhundert ein häufiger Modifikator, der dem anaphorischen Verweis dient: [70] item Iohan Santoro el Violo; item Martin de Madalena; item Miguel de la Cuesta; item Domingo, yerno de Martin Angel; item Martin de Torres; item Pero Martiniz. Los quoales dichos hombres bonos esleytos por el dicho conceillo en presencia de nos los dichos comissarios et del dicho conceillo et con volundat suya araron sobre la Cruz et los santos Euangelios que eillos bien et lealment, a todo su leal poder, tirada toda fauor et parcialidat, apearan, limitaran et declararan los dichos terminos et quoales et por do heran los dichos terminos del dicho logar de Mendauia, et quoales et por do heran los terminos de la dicha parroquia de Menda la Vieia et pertenescian al dicho monesterio. Los quoales dichos hombres bonos esleytos por los dichos alcalde, iurados et conceio, ydos con nos los dichos comisarios ensenble a los dichos terminos, apearon, limitaron et declararon aqueillos diziendo sobre la lura que fecho aulan (CORDE, Anonym, Sentencia para delimitación de tierras y derechos, 1383) Der exhaustive Gebrauch von dicho in [70] macht deutlich, dass es sich bei dieser Modifikation um ein gängiges Verfahren handelt, jedoch muss dies mit Bezug auf die Textsorte noch eingeschränkt werden, so handelt es sich in [70] um einen legislativen Text. Es liegt in der Natur juristischer Textsorten, Missverständnisse zu vermeiden und für die wichtigsten Begriffe bzw. Inhalte lückenlose Verweisnetze zu schaffen (Raible 1985, 53). Und so ist es nicht überraschend, dass sich dicho vor allem in Rechtstexten finden lässt. 62 von 570 von CORDE verzeichnete Dokumente des 13. Jahrhunderts, die Belegstellen für dicho enthalten, sind juristische Texte. Dieses Vorkommen entspricht 55,06 % der Belege 108. Für dicho + HOMO (ohne weitere Modifizierungen) verzeichnet CORDE im 13. Jahrhundert 8 Belegstellen, allesamt in juristischen Texten. 108 Unter den Belegen können auch solche für dicho in Funktion eines Partizips sein. Da es sich an dieser Stelle aber nicht um das Hauptaugenmerk der Untersuchung, sondern um die Illustrierung von Größenordnungen handelt, wird auf eine genauere Untersuchung der Belegstellen verzichtet. 84

93 Auch bei den modifizierten Belegen wird deutlich, dass dem Artikelgebrauch gewisse Mechanismen zugrunde liegen, die aber nicht in der Art der NP begründet sind: [71] [ ] e con dichos omnes, caualleros, infançones e duenyas, cibdadanos e clerigos e otros todos omnes habitantes o desabitadores en las cibdades uillas e castiellos e lugares del dicho reyno, xpianos, iudios e moros. (CORDE, Anonym, Donación del reino de Murcia hecha al rey de Aragón Alfonso III por Don Alfonso de la Cerda y revali [ ], 1289) [72] Dixo vna ves el dicho omne sancto que mas se deleytaua el quando traya la mano a la su gata por el lomo, que sant Gregorio, que era papa, en todas sus riquezas. (CORDE, Juan Manuel, Libro de los estados, ). In Beispiel [71] verweist dichos omnes auf die im Vorfeld genannte Bevölkerung Murcias, die durch den anaphorischen Verweis ein Teil einer Aufzählung der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen (caualleros, infançones e duenyas [ ]) Murcias ist. Und die Menschen selbst sind im weiteren Kontext (der im Beispiel oben nicht abgebildet ist) auch nur ein Element in der Aufzählung dessen, was zum Königreich Murcia gehört, das Alfonso an den König Aragoniens veräußert. Der NP dichos homnes kommt keine besondere Relevanz zu und so wird ihr kein Artikel zur Seite gestellt. Im Gegensatz dazu steht die NP del dicho reyno, die über den bestimmten Artikel hervorgehoben wird, und mit ihr das spezielle Königreich, das in den Ausführungen Thema ist, nämlich Murcia. Der NP el dicho omne in Beispiel [72] kommt eine besondere Relevanz zu. Es handelt sich, wie oben ausgeführt, um eine kognitiv relevante (Ortiz Ciscomani 2009, 293) Größe, die in diesem Fall der kirchlichen Welt (el dicho omne sancto) zuzuordnen ist. [73] E si no lo fazian que fincassen traydores assi que no send pudiessen saluar con lures armas ni con agenas. E que no se puedan auenir con nos entro que nos hayamos complido a Don Johan las cosas sobredichas. Los quales dichos homnes e otros e otros de nuestro consello son estos es assaber. Don Jayme seynor de Xerica, Don Ramon Folch viçecomte de Cardona, Don Lope Ferrench de Luna [ ]. (CORDE, Anonym, Capitulación de Elche, 1296) Neben dem anaphorischen Verweis in Beispiel [73] findet sich hier mit los quales ein weiterer expliziter Verweis auf eben genau diese Menschen, deren Schicksal im Vorfeld ausgeführt wird und die im Weiteren namentlich aufgeführt werden. 85

94 Eine weitere Determinante, die sich zwischen dem bestimmten Artikel und dem Nomen findet, ist das Possessivum, das sich in der Frühzeit des Spanischen in dieser Konstruktion nachweisen lässt, zum 15. Jahrhundert aber deutlich abnimmt (vgl. Ortiz Ciscomani 2009, 308). 109 [74] todo el tu venino yo lo he de tragar (Alixandre, 1378) Links vom definiten Artikel findet sich beispielsweise der Quantifikator todos/todas, der die totalitäre Charakteristik des bestimmten Artikels noch unterstreicht. Aber auch Modifikatoren wie uno de oder los más de sind im Korpus nachzuweisen und haben, entgegen der Bedeutung von todos/todas, restringierenden Einfluss auf die Einheit der Referenz, die mittels der NP mit definitem Artikel ausgedrückt wird, und verweisen nur auf einen Teil derselben (Ortiz Ciscomani 2009, 309 f.). Wenn man sich die Funktion der NP mit definitem Artikel anschaut, so fällt zunächst auf, dass sie sich hauptsächlich im Nukleus wiederfinden oder aber in Präpositionalphrasen: Nukleus Präpositionalphrase andere Funktion 12. Jh. 64 % 30 % 6 % 100 % 13. Jh. 44 % 50 % 6 % 100 % 15. Jh. 48 % 51 % 1 % 100 % Tab. 9: Grammatische Funktion der NP mit definitem Artikel (Ortiz Ciscomani 2009, 316) Tabelle 9 veranschaulicht, dass der Anteil der NPs mit definitem Artikel im Nukleus zunächst zwar mehr als doppelt so hoch ist wie der in Präpositionalphrasen (64 % zu 30 % im 12. Jahrhundert), sich das Gewicht anschließend jedoch zugunsten der Präpositionalphrasen verschiebt, auch über das 15. Jahrhundert hinaus (Ortiz Ciscomani 2009, 316). Dennoch macht dies deutlich, dass die NP mit definitem Artikel zunächst in besonders exponierter Position zu finden ist, vor allem als Subjekt oder als direktes Objekt: 109 Company Company (2005, zit. in Ortiz Ciscomani 2009, 308) sieht die Struktur Artikel + Possessivum + N als einen caracterizador de la sintaxis nominal medieval. Im Spanischen ist die Konstruktion, wie oben angemerkt, anfangs produktiv, geht dann aber verloren. Im Katalanischen hingegen ist die Struktur erhalten geblieben und wird bis heute genutzt (so beispielsweise auch im Galicischen, Portugiesischen (europäisch und brasilianisch) und im Italienischen). 86

95 Nukleus Subjekt dir. Objekt ind. Objekt Präpositionalphrase Andere Funktion 12. Jh. 64 % [= 32 % 28 % 4 % ] 30 % 6 % 100 % 13. Jh. 44 % [= 24 % 18 % 2 % ] 50 % 6 % 100 % 15. Jh 48 % [= 27 % 17 % 4 % ] 51 % 1 % 100 % Tab. 10: NP mit definitem Artikel im Nukleus (vgl. Ortiz Ciscomani 2009, 316) Vergleicht man die Werte für die Funktion als Subjekt und als direktes Objekt, dann wird deutlich, dass der Anteil der Subjektfunktion bis ins 15. Jahrhundert höher ist als jener des direkten Objekts. In den weiteren Untersuchungszeiträumen (die nicht in der Tabelle dargestellt sind) sind die Werte jedoch ausgeglichen (s. Ortiz Ciscomani 2009, 316), wobei die Abnahme en términos relativos betrachtet werden muss, denn das Subjekt ist stets morphologisch durch das Verb markiert, so dass es lexikalisch ausgelassen werden kann, ohne dass es zu einem Informationsverlust käme. [S]e manifiesta léxicamente sólo en casos contados, por énfasis. Por lo mismo, dado que la FN sujeto realizada léxicamente no es obligatoria su presencia es altamante significativa (Ortiz Ciscomani 2009, 317). Dieser emphatische Charakter kommt auch dem Gebrauch bis zum 15. Jahrhundert zu, nicht zuletzt, da das Subjekt eine bekannte oder eine zuvor erwähnte Information ist und es sich um die Position mit der größten Topikalität im Sinne der Wichtigkeit und Relevanz der Information für den Anwender handelt (vgl. Ortiz Ciscomani 2009, 317) 110. Oben wurde bereits ersichtlich, dass der Singular bei der NP mit Artikel überwiegt. Auch wenn hier nur der Ausschnitt der NP mit Artikel in Funktion des Subjekts abgebildet ist, wird deutlich, dass der Singular häufiger ist als der Plural, lediglich im 13. Jahrhundert wendet sich das Verhältnis: 110 Ortiz Ciscomani betont, dass die Sprecherperspektive nicht außer Acht gelassen werden darf: [ ] la explicación del surgimiento y extensión paulatina del artículo en el español no queda cabalmente descrito si no incorporamos la perspectiva del hablante. Así, vimos que el artículo se documenta primero con entidades importantes, prominentes en el contexto de uso, animados o concretas, singulares, y en las funciones que ocuopan las posiciones más altas en las jerarquías de topicalidad e individuación [...]. El artículo fue, sobre todo en los inicios, un índice de la prominencia que la entidad tenía para el hablante, no sólo indicador de referencia o de identificabilidad (Ortiz Ciscomani 2009, 346). Diese Expressivität, die in den ersten Jahrhunderten den Gebrauch des Artikels motivierte, ist auch heute noch nicht ganz aus dem Spanischen verschwunden, obgleich sie heute auch intonativ markiert ist. Ortiz Ciscomani illustriert diesen Gebrauch mit dem Beispiel: Eso no fue una fiesta, fue la fiesta (Ortiz Ciscomani 2009, 358 f.). 87

96 12. Jh. 13. Jh. 15. Jh. 17. Jh. 18. Jh. 20. Jh. Singular 79 % 37 % 59 % 86 % 94 % 72 % Plural 21 % 63 % 41 % 14 % 6 % 28 % Tab. 11: Numerus der NP mit definitem Artikel in Funktion des Subjekts (s. Ortiz Ciscomani 2009, 318) Auch hier zeigt sich ein Reflex der Explizitheit: Recordemos que, en lo general, el singular individua [sic] a una entidad del mundo, a una entidad en especial que es también importante [...]; resulta, por tanto, natural que sea la marca de esta función que se caracteriza por ser el tópico primario, la entidad más importante de la predicación (Ortiz Ciscomani 2009, 318). Der Großteil der NPs mit bestimmtem Artikel in Subjektposition sind maskuline Substantive (12. Jh.: 75 %; 13. Jh.: 70 %; 15. Jh.: 77 %), damit liegen die Werte über jenen ohne Funktionszuschreibung, also jenen des Gesamtkorpus (Ortiz Ciscomani 2009, 319). Hier betragen die Werte 58 % (12. Jh.), 62 % (13. Jh.) und 56 % (15. Jh.) (Ortiz Ciscomani 2009, 298). Im 12. (45 %) und 13. Jh. (48 %) sind NPs mit definitem Artikel in Subjektfunktion überwiegend dem Verb nachgestellt. Im 15. Jh. jedoch beläuft sich der Anteil der vorgestellten Substantive gar auf 83% der Belege, auch in den weiteren Untersuchungszeiträumen (mit Ausnahme des 18. Jahrhunderts (37 %) ist die Tendenz zur Voranstellung sichtbar (54 % im 17. Jahrhundert und 69 % im 20. Jahrhundert). In den ersten Jahrhunderten bezogen sich die NPs in Subjektfunktion auf die Protagonisten von Erzählungen wie el padrino de nuestro aijado und el Campeador, aber auch feminine Referenzen wie beispielsweise la Reyna oder NPs mit singularischer Referenz wie el día und la noche. In den späteren Untersuchungszeiträumen variieren die Substantive lexikalisch stärker (Ortiz Ciscomani 2009, 319 f.). Die Aufteilung zwischen Singular und Plural ist bei NPs mit definitem Artikel in Funktion des direkten Objekts im 12. (53 %) und 13. Jh. (52 %) sehr ausgeglichen und weist nur leichte Vorteile zugunsten des Singulars auf. Erst ab dem 15. Jh. entwickelt sich die Verteilung deutlich zugunsten des Singulars (15. Jh.: 70 %; 17. Jh.: 63 %; 18. Jh.: 76 % und 20. Jh.: 78 %). In der Position des indirekten Objekts finden sich im Korpus von Ortiz Ciscomani nur wenige Belege, was sie damit begründet, dass es sich beim indirekten Objekt um eine bekannte Information handelt und sie mittels des entsprechenden Klitikons ausgedrückt wird (Ortiz Ciscomani 2009, 324 f.). 88

97 Bereits im 12. Jahrhundert wird das deutlich, was in den einführenden Beispielen zum Thema Generizität (Beispiele [15] bis [17b]) aufgezeigt und im Folgenden besprochen wurde. NPs in Subjektposition sind im Spanischen in den meisten Fällen determiniert. Das direkte Objekt hingegen kann sowohl determiniert als auch indeterminiert sein: 12. Jh. 13. Jh. 15. Jh. 17. Jh. 18. Jh. 20. Jh Subjekt 32 % 8 % 24 % 4 % 27 % 3 % 16 % 11 % 18 % 3 % 17 % 8 % dir. Objekt 28 % 37 % 18 % 23 % 17 % 45 % 17 % 39 % 16 % 10 % 17 % 15 % Tab. 12: Determinierung von NPs in Funktion des Subjekts und des dir. Objekts (s. Ortiz Ciscomani 2009, 334). Wenden wir uns der lexikalischen Klasse der Substantive zu, die in der NP mit definitem Artikel enthalten sein können. Die Daten von Ortiz Ciscomani (2009, 335) machen deutlich, dass in allen Untersuchungszeiträumen die belebten Substantive in der Unterzahl sind, nämlich zwischen 19 % und 47 %, wobei sich die höchsten Werte in den ersten drei Untersuchungszeiträumen finden lassen (12. Jh.: 36 %; 13. Jh.: 47 %; 15. Jh.: 39 %). Dies führt sie darauf zurück, dass belebte Substantive dazu tendieren, die Subjektposition oder jene des indirekten Objekts zu besetzen, wobei das Letztere häufig durch das Klitikon le ausgedrückt wird, wie bereits zuvor angemerkt wurde. Das direkte Objekt hingegen ist lexikalisch flexibler, es lässt sowohl belebte als auch unbelebte Substantive zu (Ortiz Ciscomani 2009, 335). Zu Beginn des Kapitels wurde bereits aufgezeigt, dass mittels NPs mit definitem Artikel zunächst auf Entitäten verwiesen wird, denen eine gewisse Wichtigkeit zukommt oder die weitgehend bekannt sind. Dies soll bei den Darstellungen zur lexikalischen Klasse noch einmal in Erinnerung gerufen werden: Los sustantivos animados registrados con artículo en los primeros tres siglos se refieren a entidades que nombran o refieren personajes importantes en el contexto de la información que se comunica y son por ello de alta frecuencia de uso en los textos (Ortiz Ciscomani 2009, 336 f.). Das Korpus für das 12. Jahrhundert, mit dem Ortiz Ciscomani arbeitet, basiert auf dem Cantar de mio Cid. In diesem entfallen ein wenig mehr als 50 % der belebten Substantive auf Substantive wie el Cid, el Campeador, el Cid Campeador, el de Bivar (alle, um auf den Pro- 89

98 tagonisten zu verweisen), el Criador und el conde. Im 13. Jahrhundert geschieht Ähnliches mit Substantiven wie el Rey und la Reyna und im 15. Jahrhundert el rey und la reyna. Ortiz Ciscomani macht hierzu zwei wichtige Bemerkungen. Zum einen tauchen diese Substantive in Argumentposition nicht artikellos auf und zum anderen nimmt die Häufigkeit der einzelnen Substantive mit Artikel ab dem 15. Jahrhundert zugunsten größerer Diversität ab. Dieser Anstieg ist ein Indikator für die Ausbreitung des Artikels und mit ihr gehen der carácter marcado und der significado subjetivo del artículo verloren oder rücken in den Hintergrund. Esto es, a medida que la frecuencia de uso de la frase con artículo se incrementa, su peso pragmático es menor (Ortiz Ciscomani 2009, 337). Für die Grammatikalisierung von HOMO zu einem Indefinitpronomen ist besonders die Erkenntnis, dass sich unter den belebten Substantiven seit frühester Zeit Kollektiva finden, so zum Beispiel la gente (Ortiz Ciscomani 2009, 337), interessant: [75] E porque no tenéys gente de Castilla con que podáys facer este socorro, sino sola la gente del Andalucía (Crónica de los Reyes Católicos, Band 2: Guerra de Granada, zit. in: Ortiz Ciscomani 2009, 337) [76] Et otrosi, ela abbadesa y el convento dese mismo lugar de Sancta Clara nos enviaron pedir merçed que eran muy pobles et non podian vevir sin las helemosnas de los onbres buenos (CREA, Anonym, Carta de Fernando Alfonso, 1280) Zur Komplettierung des Bildes wird das Augenmerk hier von der Unterscheidung belebt/unbelebt genommen und auf die Ausweitung des Artikelgebrauchs auf weitere semantische Klassen gelegt: XII XIII XX Animados-Inanimados concretos ~ partes del cuerpo > masa ~ temporales > abstractos Abb. 10: Avance del artículo en sustantivos según clase semántica (Ortiz Ciscomani 2009, 375) Nachdem der referenzielle Gebrauch der NP mit bestimmtem Artikel aus diachroner Perspektive betrachtet wurde, soll nun ein Blick auf die generische bzw. nicht referenzielle Perspektive geworfen werden. Ursprünglich, so zitiert Ortiz Ciscomani Givón (1984) und King (1992), 90

99 waren Generika artikellos. In der Forschungsliteratur werden der Ausweitung des Artikelgebrauchs auf diese Klasse unterschiedliche Daten zugeordnet und wird verdeutlicht, dass die Funktion des Subjekts jene war, die den Gebrauch des Artikels mit menschlichen Generika anstieß (Ortiz Ciscomani 2009, 348). Den Abschluss der Verbreitung des Artikels bei Generika in Subjektposition sieht Company Company am Ende des 13. Jahrhunderts (ebd. 1991, zit. in Ortiz Ciscomani 2009, 350) 111. Die Auswertung in Kapitel 5 beleuchtet auch den Artikelgebrauch in der spanischen Grammatikalisierung von HOMO. Die Zahlen zum Artikelgebrauch in Relation zur Grammatikalisierung ( ) und jene zum Artikelgebrauch in Relation zur syntaktischen Position ( ) spiegeln diese Entwicklung deutlich wider. Oben wurde bereits angeführt, dass der Artikel oder die Artikellosigkeit keine Indizien dafür darstellen, ob es sich um eine generische oder eine referenzielle NP handelt. Unter [77] und [78] werden die Beispiele [69b] und [70] wieder aufgenommen. Beide Beispiele und das neu eingeführte Beispiel [79] illustrieren dies. Die NP pan ist in allen Beispielen generisch, jedoch nicht in allen determiniert 112 : [77] El agua nos an vedada, exir nos ha el pan (Cantar de mio Cid, zit. in Ortiz Ciscomani 2009, 302 und 348) [78] Del agua fezist vino τ de la tierra, pan (Cantar de mio Cid, zit. in Ortiz Ciscomani 2009, 302 und 348) [79] Falido a amyo Çid el pan τ la cebada (Cantar de mio Cid, zit. in Ortiz Ciscomani 2009, 348) Andersherum ist ein bestimmter Artikel auch kein Indiz dafür, dass eine NP referenziell ist. Die unbelebten Substantive, die im 12. Jahrhundert in generischer Lesart belegt sind, sind Stoffnamen wie pan, oro und plata. Diese werden alle im Singular gebraucht. Des Weiteren finden sich abstrakte Nomina im Plural. Die belebten Substantive hingegen finden sich generell im Plural. Sie sind im Singular rar (Ortiz Ciscomani 2009, 348 f.): 111 Für Company Company (1991, zit. in Batllori 1998, 65), sind generische und abstrakte Nominalausdrücke die zögerlichsten in Bezug auf die Zulassung des Artikels. So sei es auch heute noch möglich, den Ausdruck toda ciudad mit einer generischen Interpretation zu finden. 112 Auch bei Generika spricht Ortiz Ciscomani von einer marca subjetiva, expresiva, die der Gebrauch des definiten Artikels darstellt. Hier finde sich folglich ebenso eine der ursprünglichen Bedeutungen des lateinischen Demonstrativums, der significado de expresividad. Der anfängliche generische Gebrauch ist eher als expressiver Gebrauch zu verstehen. Des Weiteren sind es ebenfalls die Subjekt- und die Objektposition, die für die im 12. Jahrhundert verzeichneten Substantive mit generischer Lesart (teils belebt, teils unbelebt) auszumachen sind (ebd. 2009, 350 f.). 91

100 [80] E ellas començaron estonçes a dar bozes e gritos, commo fazen las mugeres en tales fechos (General estoria, zit. in Ortiz Ciscomani 2009, 349) [81] Seríamos reputados como los onbres livianos que a toda cosa se ofrecen sin deliberaçion y se retraen della sin vergüenza (Crónica de los Reyes Católicos, Band 2: Guerra de Granada, zit. in: Ortiz Ciscomani 2009, 349) In Beispiel [80] referiert las mugeres nicht auf eine spezifische Gruppe Frauen, sondern auf die Klasse 'Frau' im Gegensatz zur Klasse 'Mann'. In Beispiel [81] bezieht sich los onbres livianos auf eine Untergruppe der Klasse 'Mann' (Ortiz Ciscomani 2009, 349). Es lohnt sich, genauer auf die belebten Substantive zu schauen. Entgegen Penny, der sagt, dass generisch genutzte Nomen im Singular oder Kollektiva im Plural im Altspanischen normalerweise keinen Artikel tragen (miseria de omne, cristianos e moros) und sich der Gebrauch des definiten Artikels erst zu Beginn des Goldenen Zeitalters allmählich einstellte (ebd. 2002, 146), zeigt Ortiz Ciscomani, dass NPs sowohl mit belebtem als auch mit unbelebtem Kopf in Subjekt- oder Objektposition stehen und sowohl von einem bestimmten Artikel determiniert als auch artikellos schon im 12. Jahrhundert belegt sind. Der Artikel ist, wie schon im Vorhergehenden für referenzielle NPs gezeigt, eine marca subjetiva, ein Mittel des Sprechers, das dazu dient, dass der Empfänger der Information die prominencia dekodiert, die die NP hat (ebd. 2009, 351 f.). 113 Zusammenfassend lässt sich zur Entwicklung der Generika sagen, dass [ ] se documentan FN con artículo con este valor, desde los primeros siglos. Entre los sustantivos genéricos se identifican tanto animados como inanimados, ya en el siglo XII: Los animados se presentan generalmente en plural, en tanto que en los inanimados el número varía: encontramos sustantivos de masa con significado génerico en singular, y nombres abstractos en plural. El corpus documentó, asimismo, en el siglo XIII, sustantivos de referencia única, en singular, con valor génerico. El contraste de sustantivos genéricos, con y sin artículo nos lleva a concluir que en estos usos el artículo es una marca subjetiva, expresiva. Estos sustantivos con significado genérico se registraron, desde el siglo XII, en función sujeto y en función objeto, por lo que podemos afirmar que, al igual que en el resto de clases léxicas, son las funciones argumentales de mayor topicalidad las que motivan el uso de nombres con esta interpretación. Su uso con todo tipo de sustantivos puede ubicarse en el siglo XIII (Ortiz Ciscomani 2009, 375). 113 Nach Ortiz Ciscomani ist der frühe generische Gebrauch eher als ein uso expresivo zu bezeichnen (vgl. ebd. 2009, 378) 92

101 Legt man das Augenmerk auf die NP auf der einen Seite und auf den Satz, von dem sie ein Teil ist, auf der anderen Seite, stellt sich die Frage, in welcher Relation die NP und die Syntax eines Satzes stehen. Ortiz Ciscomani sieht eine Beziehung zwischen der Semantik der NP und der Syntax des Satzes: La información que aporta la semántica de la FN con artículo debe ser acotada con la aportación de la sintaxis de la frase. Es indudable que su presencia inicial preferentemente en posiciones argumentales sujeto y objeto, la modificación y expansión de la FN, la alta individuación, animacidad y concreción del nominal son propiedades que en su conjunto permiten reforzar el argumento de que la presencia del artículo es un reflejo en la sintaxis del significado que para el usuario tiene la entidad nombrada. A esta descripción debe sumarse la aportación de la perspectiva pragmática en el sentido de que el empleo del artículo obedece a intenciones comunicativas y su uso facultativo es una habilidad inherente al ser humano (Ortiz Ciscomani 2009, 353 f.). Abschließend soll noch ein Blick auf die unterschiedlichen Funktionen von NPs mit definitem Artikel und auf die Akzessibilität, die sie haben, gerichtet werden. Der Artikel ist zum einen ein Rekurs des Sprechers, der es ermöglichen soll, den Referenten im diskursiven Kontext und in der außersprachlichen Wirklichkeit zu identifizieren. Zum anderen ist er eben auch das schon gesehene Mittel, über das der Sprecher verfügt, um seine eigenen Wertungen auszudrücken, damit der Empfänger seinen Standpunkt zu der gegebenen Entität dekodiert. Er nutzt den Artikel, um über Entitäten zu sprechen, von denen er annimmt, dass sie bekannt sind, wobei er aber dennoch sicherstellen möchte, dass der Empfänger sie auch identifizieren kann (Ortiz Ciscomani 2009, 354). Jedoch muss der Blickwinkel hier erweitert werden, wenn man verstehen will, wie diese Verweise funktionieren, denn aunque suele afirmarse que las FN con artículo refieren a alguna entidad o la identifican, en muchas ocasiones esta identificación se logra no con la presencia del artículo sino con aportes del contexto discursivo, del contexto gramatical o del contexto cultural, wie Ortiz Ciscomani in Einklang mit Bosque (1989) feststellt (Ortiz Ciscomani 2009, 354). Mit dem kulturellen Kontext kommt ein Faktor zur Sprache, der für die Untersuchungen von HOMO von Relevanz ist, der gemeinsame kulturelle Raum ( mundo cultural compartido ). Hierbei kommt dem Artikel die Funktion eines marcador de identificabilidad oder der familiaridad von Entitäten zu. Von diesen Entitäten nimmt der Sprecher an, dass sie für den Hörer, mit dem er ein diskursives oder kulturelles Universum teilt, identifizierbar sind. Es handelt sich hierbei um Entitäten, die nicht im vorhergehenden Diskurs erwähnt wurden, aber 93

102 dennoch, so Ortiz Ciscomani, in der Einschätzung des Sprechers dem Empfänger bekannt sind, por implicar el ámbito de la cultura, creencias y experiencias que el hablante considera que tiene en común con el destinatario (Ortiz Ciscomani 2009, 357). Der kulturelle Raum ist zum Beispiel, um einen Aspekt anzusprechen, der weiter oben schon angemerkt wurde, auch sichtbar, wenn man sich das Verhältnis von maskulinen und femininen Belegstellen im Korpus von Ortiz Ciscomani anschaut. Es scheint sich um eine Prädominanz der Männlichkeit zu handeln, was auch Ortiz Ciscomani (2009, 319) mit Blick auf die Subjektposition feststellt: [...] [L]a persistencia diacrónica de la superioridad del masculino en el sujeto sugiere la existencia de una cultura en donde lo masculino es central. Ortiz Ciscomani liefert eine treffende Zusammenfassung des Gebrauchs des definiten Artikels: En síntesis, el uso del artículo en la FN es una manifestación o reflejo de las intenciones del hablante en el momento de la enunciación, tanto en su función referencial como expresiva. En la función referencial, en cuanto que el hablante busca individualizar una entidad, concretarla y hacerla referencial, involucrando al oyente y al conocimiento que supone aquel tiene. En la función expresiva, ya que el hablante se vale del artículo para expresar su punto de vista sobre la entidad a la que remite (Ortiz Ciscomani 2009, 363). Die Entwicklung des definiten Artikels im Spanischen soll abschließend noch einmal mittels des folgenden Schemas zusammengefasst werden: DEMOSTRATIVO ARTÍCULO Referencia situacional Referencia anafórico-discursiva Referencia no anafórico [sic!] deíctico + significado expresivo + significado expresivo +/- significado expresivo género/número/caso género/ número género/ número forma plena forma +/- plena forma erosionada Abb. 11: Cambios en la evolución de demostrativo a artículo (Ortiz Ciscomani 2009, 368) Der indefinite Artikel Lüdtke vermutet, dass die Entstehung des indefiniten Artikels im Romanischen mit jener des definiten Artikels (ebd. 1991, 88) Hand in Hand geht. Im folgenden Kapitel wird die Entwick- 94

103 lung des indefiniten Artikels untersucht, welche von Garachana Camarero (2009) ausführlich dargestellt wurde. Ihr Korpus setzt im 13. Jahrhundert ein und damit später als jenes, auf das sich Ortiz Ciscomani zur Untersuchung der Entwicklung des definiten Artikels bezieht. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der definite und der indefinite Artikel sich zwar parallel entwickeln, die Entwicklung des definiten Artikels jedoch früher einsetzt und den Entwicklungsprozess des Artikels einleitet 114 (Garachana Camarero 2009, 455). Den schließenden Eckpunkt des Korpus setzt sie im 16. Jahrhundert, da der indefinite Artikel hier alle syntaktischen, semantischen und pragmatisch-diskursiven Möglichkeiten entwickelt habe, die das heutige Spanisch besitzt (Garachana Camarero 2009, 390) 115. Es gilt also, sich zunächst die grundlegenden Eigenschaften des indefiniten Artikels im Spanischen in Erinnerung zu rufen, bevor die Sprache auf die diachronen Entwicklungen kommt. Der indefinite Artikel kann sowohl eine spezifische (= referenzielle; si se hace referencia a una entidad concreta ) als auch eine nicht spezifische (= nicht referenzielle; si no se apunta a ninguna entidad en particular ) Lesart haben (Garachana Camarero 2009, 396). Ob es sich um die eine oder die andere handelt, hängt maßgeblich vom syntaktischen Kontext ab. De este modo, se distingue entre contextos extensionales, que, al hacer referencia a situaciones factuales, favorecen las lecturas específicas, y contextos intensionales, contrafactuales, que propician los sentidos inespecíficos, ya que implican situaciones no reales que permiten dejar en suspenso, sin concretar, la referencia del sustantivo determinado por un (vgl. Leonetti 1999, zit. nach Garachana Camarero 2009, 397). Neben diesen beiden Lesarten hat un auch noch eine generische ( para referirse a todo el conjunto denotado por el sustantivo ). Diese, so Garachana Camarero, stellt den punto de conexión mit dem definiten Artikel dar, jedoch ist in generischer Lesart, wie sie selbst feststellt, der indefinite Artikel nicht eins mit dem definiten Artikel, da es sich im Fall des Erstgenannten um lecturas partigenéricas (Referenz auf die Klasse mittels eines Mitglieds 116 ) und im Fall des Zweitgenannten um lecturas toti- 114 Der chronologische Vorteil zeige sich auch in einer weiteren Entwicklungsstufe des definiten Artikels, der als Konkordanzaffix in den zusammengesetzten Relativa (el cual, el que) genutzt werden kann, während un auf den Gebrauch in der Kategorie Artikel beschränkt bleibt (Garachana Camarero 2009, 455). 115 Dennoch könne man auch im 21. Jahrhundert noch nicht von einem abgeschlossenen Entwicklungsprozess reden, da in gewissen indefiniten Kontexten eine Alternanz zwischen vorhandenem und nicht vorhandenem Artikel zu beobachten sei (Se busca (una) secretaria que hable inglés) und in gewissen indefiniten Kontexten der indefinite Artikel zu inkorrekten Sätzen führe (*El hombre es un mortal; *Juan trabaja de un bombero). Im Gegensatz zum Englischen, wo der unbestimmte Artikel in allen indefiniten Kontexten stünde, weist das Spanische noch nicht spezifische Kontexte auf, in denen er nicht steht, z.b. soy profesora ('I m a teacher') (Garachana Camarero 2009, 414). Vgl. aber auch 'Ich bin Lehrerin' im Deutschen. Nichtsdestoweniger, Garachana Camarero sieht im 15. Jahrhundert das Jahrhundert der Grammatikalisierung des indefiniten Artikels, und eben das 16. Jahrhundert als das seiner Konsolidierung (ebd 2009, 459). 116 Hier ist der Ausgangspunkt der Grammatikalisierung, das Numeral unum, noch zu erkennen (vgl. Garachana Camarero 2009, 430). 95

104 genéricas (Referenz auf die gesamte Klasse) handelt. Des Weiteren zeigen sich die generischen Strukturen mit dem indefiniten Artikel abhängig von der Satzstruktur: la lectura genérica aparece en contextos sintácticos en los que se hace referencia a hechos no ligados a unas coordenadas espacio-temporales concretas (ebd. 2009, 398 f.). Der indefinite Plural Artikel unos entwickele sich mit einiger zeitlicher Verzögerung, verfolge dabei dieselbe Entwicklungslinie wie un und besitze heute den Großteil dessen valores característicos. Der generische Gebrauch sei jedoch markiert (ebd. 2009, 402). Im Kapitel zur Generizität wurde bereits angeführt, dass eine generische Lesart mit dem unbestimmten Artikel im Plural möglich ist, diese sich jedoch einigen Restriktionen ausgesetzt sieht. Entsprechend werden diese hier nicht weiter ausgeführt, sondern es wird auf die Bemerkungen dort verwiesen. Nachdem hier noch einmal die Charakteristika des indefiniten Artikels rekapituliert wurden, soll nun seine diachrone Entwicklung und so seine Grammatikalisierung besprochen werden. Garachana Camarero (2009: 416) stellt den folgenden Grammatikalisierungspfad für die semantische Entwicklung des indefiniten Artikels auf: [82] unum un un un numeral indefinido indefinido genérico específico inespecífico Neben diesem semantischen Entwicklungspfad verläuft ein zweiter, der einen emphatischen und metaphorischen Gebrauch zum Ziel hat (ebd. 2009: 417), auf den in dieser Arbeit aber erst später eingegangen werden soll: [83] unum un un numeral enfático no literal Zunächst also zur semantischen Entwicklung. Innerhalb des ersten Entwicklungsschritts des unter [82] angeführten Grammatikalisierungspfads verschwindet der quantifizierende Sinn des Numerales UNUM zugunsten einer Partikel, die, so Garachana Camarero (2009, 412), 96

105 darauf spezialisiert ist, konkrete Entitäten in Diskurs und Emphase anzuzeigen. Diese Bedeutungen seien bereits im castellano primitivo zu finden. Nicht in allen NPs steht der indefinite Artikel, so zum Beispiel, wenn das Substantiv von einer mit de eingeleiteten PP (caballero de armas blancas, si lo viste acá pasar?) oder von einem Relativsatz ergänzt wird oder wenn das Substantiv eine präpositionale Ergänzung ist (nos' deuríe meter ninguno sobre mar). Vor allem aber ist der Gebrauch des indefiniten Artikels oder seine Auslassung eine Frage der referenziellen Reichweite des Substantivs. Wenn dieses auf eine einzelne, konkrete Entität ( entidad individualizada ) verweist, steht un. Mit Substantiven, bei denen dies nicht so ist, steht un nicht. So verweigern Substantive mit generischer Lesart den Artikel, ebenso Namen von Gruppen, Klassen oder Berufen, substantivierte Adjektive, Stoffnamen, Kollektiva und Abstrakta 117 (Lapesa 1974/2000, zit. in Garachana Camarero 2009, 413). Die zweite Entwicklungsstufe ist jene von einer indefiniten referenziellen zu einer indefiniten nicht referenziellen Bedeutung des indefiniten Artikels. Diese Entwicklung ist durch gewisse intensionale oder opake syntaktische Kontexte begünstigt worden, die nicht die Existenz eines einzeln betrachteten Referenten implizieren, zum Beispiel Verben im Futur, Konditional, Subjunktiv oder Imperativ. Auch wenn diese Kontexte einen spezifischen referenziellen Gebrauch zulassen, so ermöglicht ihr nicht faktischer Charakter einen nicht referenziellen Gebrauch, der jedoch im Altspanischen sehr selten ist (Garachana Camarero 2009, 413 f.). Diese zweite Entwicklungsstufe stellt den Ausgangspunkt für den generischen Gebrauch (3. Entwicklungsstufe) des indefiniten Artikels dar 118, für den der früheste Beleg im Korpus von Garachana Camarero im 15. Jahrhundert zu finden ist (ebd. 2009, 414). Ein genauerer Blick auf diese Entwicklungsstufen ist lohnenswert, denn mit der Analyse der Primera Partida, des Evangelio de San Mateo und von Calila et Dimna in Kapitel 5 wird das Augenmerk auf das 13. Jahrhundert und dabei natürlich auch auf den Artikelgebrauch bei omne gelegt: El funcionamiento del artículo indefinido en el siglo XIII se encuentra en un estadio intermedio entre los valores que lo caracterizaron en sus orígenes y su empleo moderno. Por una parte, un no es ya una marca formal que permita diferenciar funciones sintácticas. Y, por otra parte, su valor como introductor de nuevas entidades en el discurso depende del carácter referencial del sustantivo. Es decir, al llegar al siglo XIII, los datos ponen de manifiesto que el artículo indefinido se había alejado de 117 Diese Restriktionen werden hier sowohl für den definiten als auch den indefiniten Artikel angeführt. 118 Garachana Camarero spricht vom nicht spezifischen [nicht referenziellen] Gebrauch als Bindeglied ( eslabón ) zwischen dem spezifischen [referenziellen] und dem generischen Gebrauch (ebd. 2009, 414) bzw. davon, dass der generische Gebrauch des indefiniten Artikels im Singular daraus resultiere, dass das nicht spezifische [nicht referenzielle] un in generischen syntaktischen Kontexten verwendet würde (ebd. 2009, 458). 97

106 su empleo inicial como marca singularizadora del sujeto, pero estamos todavía lejos de la generalización de un como presentador. Hasta finales del siglo XIV, el funcionamiento de un está fuertemente marcado por una regla semántico-pragmática que condiciona su aparición al carácter referencial del sustantivo núcleo de la FN (Garachana Camarero 2009, 417). Im 13. Jahrhundert wird der indefinite Artikel fast ausschließlich mit spezifischer [= referenzieller] 119 Lesart gebraucht, so macht diese hier (entsprechend der Korpusauswertung von Garachana Camarero) 94 % aus. Auch im 14. Jahrhundert erfährt dieser Wert mit 93 % keine signifikante Änderung (ebd. 2009, 417 f.). Häufig, so Garachana Camarero, werden referenzielle NPs durch Verben gefordert, die faktische, reale Situationen implizieren, so zum Beispiel haber oder ver, und so die referenzielle Lesart begünstigten: [84] Et çerca de aquel plado avía un león que era rey de todas las alimanias (Calila e Dimna, zit. in Garachana Camarero 2009, 419) 120 [85] viéronlo unos omnes de un aldea que estava çerca (Calila e Dimna, zit. in Garachana Camarero 2009, 419) Die Spezifität [Referenzialtät] wird außerdem auch noch durch Relativsätze (wie in den Beispielen [84] und [85]) verstärkt, auch Ergänzungen des Ortes beispielsweise tragen zu dieser Funktion bei. Ebenso kann der Gebrauch des Präteritums auf Bekanntes verweisen und begünstigt somit eine referenzielle Lesart (im Gegensatz zum prospektiven Charakter des Futurs). Auch die Konstruktion un + Possessivum + Substantiv begünstigt die referenzielle Lesart (vgl. ebd. 2009, 419 f.). Im 13. und 14. Jahrhundert zeigt sich also die erste Entwicklungsstufe. Die etymologische Bedeutung von unum wird erhalten. So findet sich der referenzielle Wert des Numerales im referenziellen Gebrauch des Artikels wieder: [ ] un es un introductor, un presentador en el discurso, de nuevas entidades concretas. La evolución del artículo indefinido irá eliminando estas restricciones y, de esta forma, se ampliarán sus contextos de empleo. De todos modos, el valor específico de un es casi general durante los siglos XIII y XIV (Garachana Camarero 2009, 420). 119 In der Wiedergabe werden hier die Termini referenziell bzw. nicht referenziell genutzt, auch wenn Garachana Camarero (2009) von spezifisch bzw. nicht spezifisch spricht. Lediglich an einigen Stellen wurde darauf verzichtet (um dem Leser das Konsultieren der Ausführungen von Garachana Camarero zu erleichtern), jedoch wird an diesen Stellen als Gedächtnisstütze die Terminologie dieser Arbeit in Klammern angeführt. 120 Die Hervorhebungen (Fettdruck) in den Beispielen aus Garachana Camarero (2009) stammen aus ebendiesem Beitrag. 98

107 Die wenigen im Korpus belegten Beispiele für das 13. und 14. Jahrhundert mit nicht referenziellem Gebrauch (6 % im 13. Jh. bzw. 7 % im 14. Jh.) finden sich in den oben schon angesprochenen opaken bzw. intensionalen Kontexten, hier beispielsweise in imperativischen Kontexten, Konditionalsätzen, Komparativsätzen, negativen Aussagen etc. (vgl. Garachana Camarero 2009, 422 f.). In diesen syntaktischen intensionalen Kontexten alternieren determinierte und nicht determinierte NPs, Garachana Camarero geht sogar so weit zu sagen, dass die nicht determinierte NP dominiert: [86] fazerlo ía así commo el buen pintor que pinta las imágenes en la pared que semejan a Ø omne que sale della (Calila e Dimna, zit. in Garachana Camarero 2009, 423) [87] e nunca Ø muger fizo tan grand bien a otros omnes como vos avedes fecho a nos (Crónica de veinte reyes, zit. in Garachana Camarero 2009, 423) 121 Neben diesen nicht referenziellem NPs ohne Determinante gibt es auch für die referenziellen NPs Belege ohne Determinante, jedoch sind diese nicht sehr zahlreich (und haben darüber hinaus auch noch determinierte Gegenstücke) und gehen auf eine vorhergehende Etappe zurück, in der artikellose NPs eine referenzielle Lesart haben konnten. In diesen Fällen ist das Substantiv der NP meist ein nicht zählbares Nomen, oder aber es folgt eine Ergänzung, in der Regel ein Relativsatz oder eine Adjektivphrase, die eine spezifizierende Funktion erfüllt und den Wegfall des Artikels ermöglicht (Garachana Camarero 2009, 423 f.). Das 15. Jahrhundert stellt, entsprechend der Korpusanalyse von Garachana Camarero, den großen Wendepunkt in der Konsolidierung von un als Indefinitmarker dar. So stehen in diesem Jahrhundert 55 % der Belege mit referenzieller Lesart 45 % der Belege mit nicht referenzieller Lesart gegenüber. Im 16. Jahrhundert konsolidiert sich diese Tendenz, hier stehen 43 % mit referenzieller Lesart 57 % mit nicht referenzieller Lesart gegenüber. Somit sind nun der referenzielle und der nicht referenzielle Gebrauch Teil der Semantik von un. Der jeweilige Texttyp spiele bei der Verteilung eine wichtige Rolle, so sei in mündlichen und schriftlichen umgangssprachlichen Texten (wobei sie selbst das Konzept umgangssprachlich für schriftli- 121 Auffällig ist in den Beispielen [85] und [86] das Vorkommen der NP omne(s). Garachana Camarero stellt ein erhöhtes Auftreten für diese fest, und sagt, dass el empleo del sustantivo omne no es casual; es la palabra contable que recoge un mayor número de sintagmas sin determinante en el periodo medieval (ebd. 2009, 423). Der artikellose Gebrauch hat, wie in dieser Arbeit bereits deutlich wurde, einen wichtigen Einfluss auf die Grammatikalisierung von HOMO. In der Analyse in Kapitel 5 wird entsprechend geschaut, ob die Grammatikalisierung im Spanischen (deren Prozess, anders als im Französischen und im Katalanischen, abgebrochen ist) ähnliche textsortenspezifische Verteilungsmuster zeigt wie hom im Katalanischen oder on im Französischen. 99

108 che Texte relativiert: en la medida que un texto escrito pueda ser coloquial ), in denen normalerweise auf entidades tangibles verwiesen werde, eine höhere Präsenz von referenziellen als nicht referenziellen Lesarten zu erwarten. In formaleren Texten hingegen, die abstraktere Themen behandeln, könnten die nicht referenziellen Lesarten überwiegen. So finde sich in den Moradas von Santa Teresa der indefinite Artikel vor allem mit nicht referenzieller Lesart, während er in El Lazarillo de Tormes vor allen mit referenzieller Lesart zu finden sei 122 (ebd. 2009, 425 f.). Wenden wir uns dem Wendepunkt im 15. Jahrhundert und den zugrundeliegenden Vorgängen etwas genauer zu: Hasta el siglo XV, el uso del artículo indefinido se articulaba en torno a dos reglas de diferente jerarquía. Por un lado, una regla semántico-pragmática, que establecía la aparición de un en contextos referenciales. Por otro lado, una regla pragmática, que establecía el recurso a un como introductor de nuevas entidades discursivas. Esta segunda regla estaba subordinada a la primera, de manera que, durante el periodo medieval, los valores discursivos de un como presentador estaban limitados a unos contextos precisos: su empleo dependía sobre todo del carácter específico del sustantivo al que determinaba (Garachana Camarero 2009, 428). Ab dem Moment, in dem die nicht referenzielle Bedeutung sich festigt, wird un zu einem wirklichen, indefiniten Artikel und die zweite Regel definiert seinen Gebrauch. Un markiert nun den nicht zugänglichen Charakter des Referenten des Substantivs, unabhängig vom referenziellen oder nicht referenziellen Charakter desselben. Der indefinite Artikel funktioniert nun hauptsächlich diskursiv und führt Entitäten ein, die im Diskurs zuvor nicht präsentiert wurden und von denen der Sprecher sich aufgrund des fehlenden Kontexts keine imagen mental machen kann (Garachana Camarero 2009, 428). Diese Entwicklung bedeutet nicht, dass der indefinite Artikel zwingend in allen indefiniten Kontexten stehen muss. Auch ab dem 15. Jahrhundert finden sich nackte NPs mit indefiniter Lesart, besonders in nicht spezifischen Kontexten 123. Für das 15. Jahrhundert enthält das Korpus 108 referenzielle NPs, von denen nur fünf Belege ohne den unbestimmten Artikel stehen. Dahingegen fehlt der Artikel in 58 von 141 indefiniten nicht referenziellen NPs. Diejenigen Substantive, die Teil von nicht determinierten nicht referenziellen NPs sind, haben weiterhin generischen Charakter (Garachana Camarero 2009, 428 f.). 122 Beide Texte stammen aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. 123 Zu Beginn des Kapitels wurde bereits darauf hingewiesen, dass der indefinite Artikel im Spanischen auch heute, anders als beispielsweise im Englischen, nicht in allen indefiniten Kontexten steht (vgl. Fußnote 115). 100

109 Die dritte Stufe in der semantischen Entwicklung des indefiniten Artikels konsolidiert sich ab dem 16. Jahrhundert (wobei, wie oben bereits erwähnt, ein generischer Gebrauch im Korpus für das 15. Jahrhundert belegt ist). Die Entwicklung der generischen Lesart hat ihren Ursprung in der nicht referenziellen Bedeutung des indefiniten Artikels und läuft innerhalb eines syntaktischen Kontextes ab, in dem keine konkreten räumlichen oder temporalen Bezugspunkte realisiert sind. So kann der indefinite Artikel auf alle Elemente der Klasse referieren, die durch das Substantiv benannt werden (Garachana Camarero 2009, 429 f.). Neben der Referenzialität spielen weitere Gesichtspunkte für die Setzung bzw. Auslassung des indefiniten Artikels eine Rolle, genauer gesagt, lexikalische und semantische Charakteristika: [...] [C]uando este [das Substantiv] designaba entidades referenciales, específicas e individualizadas, aparecía un; la situación contraria (no referencialidad, inespecificidad y no inividualización) motivaba la omisión del artículo indefinido. Garachana Camarero zeigt auf, dass hauptsächlich NPs determiniert sind, deren Nukleus ein zählbares Substantiv im Singular ist (ebd. 2009, 440). Lecturas específicas Lecturas inespecíficas 13. Jh. 14. Jh. 15. Jh. 16. Jh. Contable singular 88 % 88 % 48 % 22 % (352/402) (267/304) (89/185) (40/180) Contable plural 4 % 4 % 4 % 6 % (15/402) (13/304) (7/185) (10/180) No contable singular 3 % 1 % 3 % 15 % (14/402) (3/304) (5/185) (27/180) No contable plural 1 % 1 % (2/185) (1/180) Contable singular 5 % 7 % 41 % 49 % (21/402) (21/304) (77/185) (89/180) Contable plural 3 % (5/180) No contable singular 3 % 4 % (5/185) (8/180) No contable plural Tab. 13: Präsenz von un entsprechend dem Substantivtyp vom 13. bis zum 16. Jahrhundert (vgl. Garachana Camarero 2009, 441) Lässt man die Unterscheidung referenziell/nicht referenziell außer Acht, so stellt Garachana Camarero fest, dass sich die meisten Belege für den indefiniten Artikel mit einem nicht zählbaren Substantiv in wertenden Strukturen finden lassen, die einzigen Strukturen, in denen sie 101

110 die Charakteristik "nicht zählbar" behalten (siehe Beispiel [88]). In nicht wertenden Lesarten wird die NP entweder als "zählbar" rekategorisiert (siehe Beispiel [89]) oder aber in der Bedeutung eines Typs oder einer Klasse verstanden (siehe Beispiel [90]) (ebd. 2009, 442) 124. [88] Et assí andido en su casa un grand tiempo (El conde Lucanor o Libro de los enxiemplos del conde Lucanor, zit. in Garachana Camarero 2009, 442) [89] Siempre lo vi que por fuyr hombre de un peligro, cae en otro mayor (La Celestina, zit. in Garachana Camarero 2009, 443) [90] que aunque nunca dé Dios regalos, dará una paz y conformidad con que anden más contentas que otros regalos (Las moradas, zit. in Garachana Camarero 2009, 443) Auch von syntaktischer Warte aus ist eine Erklärung für die Auslassung des indefiniten Artikels in einigen Fällen möglich. So fehle er in gewissen präpositionalen Syntagmen und bei semantisch nicht so stark elaborierten Verben mit einer generellen Bedeutung (z.b. tener, haber oder faltar). In diesen Fällen funktioniere die Einheit aus Präposition und Substantiv oder Verb und Substantiv wie eine komplexe lexikalische Einheit mit unterschiedlichen Graden der Lexikalisierung (z.b. tener odio 'odiar' oder estar en cesto 'estar encestado') (Garachana Camarero 2009, 450). Zurück zum zweiten Grammatikalisierungspfad, der oben als Beispiel [83] aufgeführt wurde und hier als [91] wieder aufgenommen wird: [91] unum un un numeral enfático no literal Die Einführung der emphatischen und metaphorischen Bedeutung ist verbunden mit der Einführung des indefiniten Artikels in attributiver Funktion. Bereits sehr früh lässt sich un in be- 124 Während des gesamten Untersuchungszeitraums von Garachana Camarero zeigt sich die Neigung von un, zählbare Substantive im Singular zu determinieren. Auch hier läge die Erklärung wieder in der erhaltenen Bedeutung von lat. unum: [E]l peso del valor etimológico de un sigue manifestándose, una vez más, en el sentido de esta palabra, que selecciona un elemento entre varios de los que conforman un grupo y, de ahí, la renuencia a emplearse con sustantivos no contables, que no significan la unidad: los sustantivos continuos expresan una sustancia no susceptible a ser contada. Por lo tanto, la evolución de un no supone su generalización ante todo tipo de sustantivo, puesto que no se convierte en un determinante obligatorio en todos los contextos de indefinitud (ebd. 2009, 443). 102

111 wertenden Kontexten nachweisen, so beispielsweise in Funktion des Subjekts (Garachana Camarero 2009, 431): [92] salió luego vn olor tan sabroso en manera de bálsamo (Crónica de veinte reyes, zit. in Garachana Camarero 2009, 431) Der emphatische Ausdruck wird jedoch noch nicht durch den indefiniten Artikel erzeugt, sondern durch die Ergänzungen des Substantivs, im obigen Beispiel entsprechend tan sabroso. So hat un im 15. Jahrhundert noch nicht seinen Gebrauch als Intensifikationsmarker konsolidiert, ab dem 15. Jahrhundert jedoch encontramos otros [significados] en los que el sentido enfático de un no cuenta ya con la participación de modificador alguno; es la propia presencia de un la que otorga al sintagma el sentido ponderativo. Un ha desarrollado, por lo tanto, una nueva función como marca de énfasis informativo y aparece como determinante de sustantivos valorativos, sin requerir ya la presencia de modificador alguno (Garachana Camarero 2009, 432). Vor dem 15. Jahrhundert fehlte in diesen Kontexten der indefinite Artikel (ebd.). [93] Cómo has pensado hacerlo, que es un traydor? (La Celestina, zit. in Garachana Camarero 2009, 432) [94] Aparejos para baños, esto es una maravilla (La Celestina, zit. in Garachana Camarero 2009, 432) Parallel zu diesem emphatischen Gebrauch gibt es ab Ende des 15. Jahrhunderts auch Belege für den metaphorischen Gebrauch des unbestimmten Artikels, der im 16. Jahrhundert deutlich seine Häufigkeit steigert, sowohl in formalen als auch in umgangsprachlichen Texten. Nach Garachana Camarero ist der metaphorische Gebrauch möglicherweise eine Entwicklung aus dem emphatischen und so eine Ausweitung der emphatischen Bedeutung in Richtung des terreno de la irrealidad (ebd. 2009, 433). Aus syntaktischer Sicht der späteren Analyse sind vor allem die Nukleusfunktionen (Subjekt, direktes Objekt und indirektes Objekt) und in weniger hohem Maße jene der Präpositionalphrase interessant. Tabelle 14 verdeutlicht, dass hier bereits im 13. Jahrhundert mehr als eine klare Tendenz für den Gebrauch besteht, die folgenden Jahrhunderte geben dann die Be- 103

112 stätigung für die Festigung des Gebrauchs in diesen syntaktischen Funktionen (vgl. Garachana Camarero (2009, 435 f.) 125. Nukleus Subjekt dir. Objekt ind. Objekt Präpositionalphrase 13. Jh. 89 % 78 % 89 % 82 % 14. Jh. 94 % 86 % 97 % 50 % 15. Jh 80 % 67 % 80 % 51 % 16. Jh. 93 % 97 % 100 % 98 % Tab. 14: Präsenz des indefiniten Artikels nach syntaktischer Funktion vom 13. bis zum 16. Jahrhundert (vgl. Garachana Camarero 2009, 435) Abschließend lohnt ein Blick auf den unbestimmten Artikel im Plural. In diesem Kapitel wurde immer wieder angemerkt (siehe z.b. Fußnote 116 und 124), dass die ursprüngliche Bedeutung des lateinischen Numerales unum nicht gänzlich verloren gegangen ist. Im Fall von unos ergibt sich diesbezüglich ein Bruch: El plural unos rompe con la exigencia de que el sustantivo por él determinado haga referencia a una unidad, de modo que su empleo sólo puede definirse en términos de la indefinitud del referente del sustantivo al que el indefinido plural determina. [ ] Así pues, la existencia de unos sólo puede justificarse a partir de un significado indefinido, nunca a partir del sentido numeral y, por lo tanto, es un buen testimonio de la paulatina consolidación de un como artículo indefinido (Garnacha Camarero 2009, 447). Der Gebrauch des indefiniten Artikels im Plural, so Garachana Camarero, konzentriert sich auf referenzielle Lesarten. So sind es bis einschließlich im 15. Jahrhundert referenzielle Lesarten, in denen unos steht, in nicht referenziellen Kontexten fehlt unos immer. Erst im 16. Jahrhundert sind in ihrem Korpus Belege für den Gebrauch der nicht referenziellen Lesart verzeichnet, die aber quantitativ nicht ins Gewicht fallen. Die ersten Belege für den referenziellen Gebrauch von indefiniten NPs im Plural mit einem nicht zählbaren Substantiv im Nuk- 125 Den Rückgang im 15. Jahrhundert erklärt Garachana Camarero mit der häufigen Auslassung des indefiniten Artikels im Corbacho in pasajes de fuerte carga retórica (ebd. 2009, 436). 104

113 leus finden sich im 15. Jahrhundert; sie liefern ein weiteres Indiz für die Konsolidierung von unos als indefiniter Pluralartikel. Der generische Gebrauch ist bis Ende des 16. Jahrhundert im Korpus nicht belegt (ebd. 2009, 447 ff.; vgl. auch die Anmerkungen zum indefiniten Artikel im Plural in Kapitel ). Nach Garachana Camarero verläuft die Evolution des indefiniten Pluralartikels ähnlich der von un. Unterschiede zum Singular gehen auf den unterschiedlichen evolutiven Rhythmus zurück, der im Falle des Plurals langsamer ist (ebd. 2009, 449). 3.2 Die Verwendung des Artikels im Altfranzösischen Auch für das Altfranzösische ist es nicht möglich, sich auf eine referenzielle Analyse zu beschränken. Kleiber sieht eine Analyse der altfranzösischen Artikel, die ausschließlich auf den Kategorien "bestimmt" bzw. "unbestimmt" basiert, als unzureichend: le couple déterminé/ indéterminé se révèle inopératoire pour appréhender le fonctionnement des articles en ancien français et que, sans pour autant renoncer à la description des phénomènes référentiels de détermination et d indétermination, il vaut mieux, comme pour le français moderne, aborder le problème de l article en termes de quantification (Kleiber 1984, 248). Die Unterscheidung im Neufranzösischen, die zwischen "determiniert" und "indeterminiert" getroffen wird, entspricht, so Kleiber, der Unterscheidung zwischen "bekannt" und "nicht bekannt". Vergleichen wir die beiden folgenden Beispiele: [95] J ai vu le film. (entnommen aus Kleiber 1984, 248) [96] Pierre a vu un film. (entnommen aus Kleiber 1984, 248) Die NP le film in Beispiel [95] ist determiniert, da der Sprecher annimmt, der Gesprächspartner habe das Vermögen zu wissen, um welchen Film es sich handelt. Die NP in Beispiel [96] hingegen ist nicht determiniert, da sie es dem Gesprächspartner nicht ermöglicht zu erkennen, um welchen Film es sich handelt. Diese Bedeutung ist jedoch für das Altfranzösische nicht hilfreich: L opposition déterminé (actuel)/indéterminé (virtuel) utilisée pour les articles en ancien français n est pas à identifier avec cette acception de la détermination et de l indétermination des SN (Kleiber 1984, 248). 105

114 [97] Uns vileins assis s estoit sor une çoche, (Le chevalier au Lion, zit. in Kleiber 1984, 284) [98] Je m aprochai vers le vilain, (Le chevalier au Lion, zit. in Kleiber 1984, 284) Die beiden NPs uns vileins in [97] und le vilain in [98] sind gleichermaßen als bestimmte (bzw. aktuelle) NP zu betrachten. Was aber nun ist dann der Unterschied zwischen dem definiten und dem indefiniten Artikel? Dieser besteht genau in der Unterscheidung bestimmt/ nicht bestimmt im Sinne der referenziellen Identifikation: der bestimmte Artikel bezieht sich auf eine dem Sprecher bekannte Entität und der indefinite Artikel auf eine Realität, auf die die Sprache noch nicht gekommen ist. L opposition déterminé/indéterminé que nous avons à définir se place donc à un niveau supérieur et, ainsi qu en témoignent les caractérisations possibles de le et un comme étant respectivement des actualisateurs déterminés et des actualisateurs indéterminés, elle chapeaute en fait la distinction déterminé-identifié/indéterminé-non identifié (Kleiber 1984, 248). So ergibt sich die folgende Verteilung: SN déterminé (actuel) indéterminé (virtuel) déterminé (identfié) (connu) indéterminé (non identifié) (non connu) Abb. 12: Determinierung von Substantiven im Altfranzösischen (vgl. Kleiber 1984, 249) Kleiber unterscheidet zwei unterschiedliche Phänomene der Determination bzw. Indetermination eines Substantivs. So ist es zum einen grammatikalisch determiniert bzw. indeterminiert und zum anderen semantisch. Dieser Unterscheidung liegt die actualisation zugrunde, 106

115 die als der Übergang von der langue in den discours begriffen wird. Betrachtet man ein Substantiv auf der Ebene der langue, so ist es sowohl grammatikalisch indeterminiert (es finden sich keine morphologischen und syntaktischen Marker) als auch semantisch-referenziell, da es keinerlei Hinweis auf den Referenten enthält und nur virtuell auf alle Elemente verweist, die das Substantiv definitorisch umfasst (vgl. Kleiber 1984, 249). Wendet man den Blick nun auf das Altfranzösische, dann wird deutlich, dass dem Substantiv nicht immer ein Artikel vorangeht. Auch wenn die Artikellosigkeit im Altfranzösischen nach Moignet (1973, zit. in Kleiber 1984, 250) bereits einen Sonderfall darstellt, so passiert dies dennoch deutlich öfter als im Neufranzösischen. Somit kann man nicht die These aufrechterhalten, dass Determinanten notwendige grammatikalische Zeichen sind, um das Substantiv von der langue in den discours zu überführen. Im Gegenteil, ein Substantiv kann ohne Determinante grammatikalisch aktualisiert werden (vgl. Kleiber 1984, 250). Kritisch hinterfragt werden muss jedoch, ob es sich wirklich um einen cas particulier (Moignet 1973, zit. in Kleiber 1984, 250) handelt, da, wie unter anderem Carlier (s.u.) anhand ihrer Korpusanalyse nachweist und auch darüber hinaus im Weiteren deutlich werden wird, dem Nullartikel eine nicht zu vernachlässigende Rolle zukommt 126. Problematisch ist bei der Aussage Moignets, dass das Altfranzösische nicht in seiner Entwicklung, sondern global als ein Zustand betrachtet wird. Bei den Ausführungen zum Französischen soll der Fokus hier auf den Entwicklungen im Altfranzösischen liegen und sollen Tendenzen des Artikelgebrauchs aufgezeigt werden 127. Kommen wir noch einmal auf die Unterscheidung determiniert bzw. aktuell und indeterminiert bzw. virtuell (s.o.) zurück. Die meisten Autoren würden mittels dieser semantische Unterscheidung die [ ] différence qu il y a entre un SN qui porte sur des entités précises, par- 126 Vgl. auch Marchello-Nizia (2006, 206), die einen Konsens in der Forschungsliteratur zu den ältesten Stufen des Französischen in der Ansicht sieht, dass [ ] l expression du génerique y était assuré massivement par l article zéro, l emploi de l article défini étant plus tardif et restant longtemps exceptionnel. Buridant (2000, zit. in Marchello-Nizia (2006, 206 f.) sagt gar, dass der Artikel im Altfranzösischen bei NPs mit maximaler Extension [also jene mit Verweis auf eine Art oder Klasse] gewöhnlich nicht stünde und erwähnt die Möglichkeit der Artikelsetzung nur sehr vage. 127 Marchello-Nizia (2006, 207) macht auf ein Problem aufmerksam, das beispielsweise Carlier für ihre eigene Analyse auch kritisch angemerkt hat, sprich, das stark restringierte Korpus (vgl. Carlier 2001, 66). Dieses Problem ist jedoch nicht nur der Analyse von Carlier zu eigen, sondern auch beispielsweise jener von Epstein (1994, zit. in Marchello-Nizia 2006, 207). Auch sei bei diesen Analysen problematisch, dass das Altfranzösische als eine Synchronie beschrieben würde und sie n ont pas pour but de préciser ni le moment d apparition de ces emplois, ni les contextes sémantiques et syntaxiques favorables à cette innovation. Da diese Arbeit keinen Raum lässt für eine ausführliche Korpusanalyse zur Entwicklung des Artikelgebrauchs im Französischen, soll mittels der unterschiedlichen Ansätze und Korpora der für dieses Kapitel konsultierten Autoren ein breiter Überblick gegeben werden. Nicht zuletzt, da generische Ausdrücke nominell nicht sehr weit verbreitet sind, ist, so Marchello-Nizia (2006, 207), ein breites Korpus notwendig, so wie es von einigen Autoren (Sie führt Goyens (1994) und Goyens/Carlier (1998) an) und von ihr selbst zugrunde gelegt wird. 107

116 ticulières et un SN derrière lequel il n y a point de référent particulier, en d autres termes, entre un SN spécifique et un SN non spécifique zu markieren wissen (Kleiber 1984, 253 f.). Nach Kleiber ist eine determinierte bzw. spezifische NP [entsprechend der Terminologie dieser Arbeit eine referenzielle NP] eine solche, die auf eine Entität verweist, deren Existenz nur in einer einzigen, gegebenen Welt, der aktuellen (E! m) 128, wahr ist. Im Gegensatz dazu sind indeterminierte oder virtuelle NPs jene, die keinerlei räumlich-temporale Referenz implizieren. Sie sind in dem Sinne nicht spezifisch [entsprechend der Terminologie dieser Arbeit nicht referenziell], dass sie keinen Referenten in einer einzigen, gegebenen Welt, der aktuellen, situieren, ce qui fait que la question d une identification référentielle au moyen de connaissances empiriques ne se pose même pas. Sont concernés par conséquent par la non spécificité les SN en position attributive (c est-à-dire ceux où il n y a pas de référent à chercher, cf. je suis un homme) [sic!] les SN génériques, dont le référent a une existence vraie quel que soit le monde donné, les SN non génériques non spécifiques, potentiels comme dans Je vais acheter un livre (n importe lequel), irréels (cf. Si un homme était venu, ) etc. (Kleiber 1984, 254). In diesem Sinne, also jenem der spezifischen [referenziellen] gegenüber der nicht spezifischen [nicht referenziellen] NP, entspreche die Unterscheidung in determiniert bzw. aktuell und indeterminiert bzw. virtuell nach Kleiber (1984, 254) deutlich besser den Determinanten im Altfranzösischen. Die Präsenz des Artikels oder eben seine Abstinenz scheine mit dem spezifischen oder dem nicht spezifischen Charakter der NP verbunden zu sein: Ainsi que le notent les grammaires d ancien français, l opposition déterminé/indéterminé prédit la présence d un déterminant, lorsque le SN implique l existence spatio-temporellement déterminée d un référent (cf. Uns arcevesques est el letrin montez, Co. Louis, 50; Ot le li enfes, Co. Louis, 87) et son absence, lorsqu au contraire le SN n implique aucune référence à une entité particulière [ ] (Kleiber 1984, 254). Dieser zweite Fall, also jener, in dem keine Referenz auf eine bestimmte Entität impliziert ist, entspricht den folgenden Situationen (vgl. Keiber 1984, 254 f.) 129 : a) SN génériques b) SN des comparaisons génériques c) SN attributifs d) SN des locutions verbales e) SN potentiels ou irréels 128 Zum Wahrheitsgehalt von Aussagen siehe auch Kleiber (1983). 129 Kleiber (1984) führt die einzelnen Gruppen etwas genauer aus. 108

117 f) SN niés Es handle sich jedoch um keine kategorische Regel. Vielmehr zeigten sich zwei Schwierigkeiten: La thèse du déterminant actualisateur sémantico-référentiel se heurte en effet à deux difficultés: il y a d une part des SN non spécifiques accompagnés d un déterminant et d autre part des SN spécifiques qui en sont dépourvus (Kleiber 1984, 255). Kleiber zeigt unterschiedliche Ansätze für diese Problemstellung auf, so zum Beispiel jenen von Moignet, der sich, ohne den Zusammenhang zwischen der caractérisation sémantique indéterminée der NP und dem Fehlen des Artikels zu hinterfragen, damit begnügt zu konstatieren, dass der déterminant 'gagne du terrain' sur l article zéro (ebd. 1973, zit. in Kleiber 1984, 256). Ferner führt er jenen von Foulet an, der für spezifische NPs ohne Artikel feststellt, dass überall dort, wo heute ein Teilungsartikel (sowohl Singular als auch Plural) gesetzt wird, die generelle Regel im Altfranzösischen ist, keinerlei Artikel zu setzen. C est ainsi que dans une même phrase on peut trouver l article indéfini un, mais non, l article indéfini des, alors qu il s agit dans les deux cas de substantifs déterminés [ ] (ebd. 1961, zit. in Kleiber 1984, 257). Während Kleiber eine Erklärung basierend auf dem Konzept individualisiert bzw. nicht individualisiert ablehnt, greift er für die Auslassung des Artikels an den Stellen, an denen sich im Neufranzösischen der Teilungsartikel findet, auf eine Opposition in Bezug auf die Quantität zurück: Mais on dispose par contre de l opposition de quantité qui existe entre un et du/de la/des: avec un la quantité est déterminée, alors que du/de la/des marquent une portion et un nombre indéterminés. L opposition déterminé/indéterminé est du coup sauvegardée, mais, comme on voit, elle ne correspond plus du tout à la distinction sémantique spécifique (actuel)/non spécifique (virtuel). Il s agit à présent d une opposition conçue en termes de quantification qui lie la présence ou l absence de l article non pas au caractère spécifique ou non spécifique du SN, mais à l indication déterminée ou non de la quantité qu il exprime: l ancien français ( ) se passe de tout article quand il s agit de signifier une portion d une notion indéterminée, de l ordre du continu: mangier pain, avoir cuer, et aussi un nombre indéterminé d êtres de l ordre du discontinu: veoir chevalliers. [sic!] rompre lances [sic!] (G. Moignet, 1973, p. 109). On rend ainsi compte de l absence quasi-totale de des, puisqu au pluriel, comme dit P. Ménard (1973, p.28), l indétermination est constante, indétermination étant à prendre dans le sens d indication de quantité (Kleiber 1984, 258). Kleiber rückt also ab von einer referenziellen Analyse des definiten und des indefiniten Artikels im Altfranzösischen zugunsten einer quantitativen Analyse: Au lieu d accorder aux articles une fonction référentielle première, on émettra l hypothèse que comme en français mo- 109

118 derne, leur valeur fondamentale est une indication de quantification, dont dérivent, secondairement, les usages référentiels (Kleiber 1984, 259). So würde aus dem definiten Artikel statt eines outil référentiel, das auf ein bereits bekanntes Objekt verweist, ein quantificateur de totalité existentielle. In einer NP mit zählbarem Substantiv sei es der Sinn von le auszudrücken, dass es nur ein einziges Individuum gebe, das die vom Substantiv übertragene Eigenschaft besitzt (Kleiber 1984, 260). Diese Hypothese ermöglicht es, den Gebrauch des definiten Artikels in seinen unterschiedlichen Ausprägungen zu erklären: Cette hypothèse non référentielle permet de rendre compte de tous les usages référentiels de l article défini, aussi bien des emplois anaphoriques (anaphore fidèle comme anaphore associative) que des emplois situationnels (situation immédiate ou situation large), mais surtout l avantage d expliquer les emplois non référentiels attributifs et appositionnels que l option référentielle classique ne peut traiter, puisque dans tous ces cas il n y a tout simplement pas de référent à chercher [ ] (Kleiber 1984, 260). Der Artikel mit seinem sens de totalité ermöglicht auch die Erklärung des Artikelgebrauchs bzw. des nicht notwendigen Artikels bei Generika. Kleiber stellt den generischen NPs nicht generische NPs gegenüber und verdeutlicht, dass er im ersten Fall (dem der generischen NPs) nicht unbedingt notwendig ist, um die Totalität auszudrücken, puisque les substantifs présupposent par eux-mêmes l existence de la classe ou de l ensemble continu. Im Fall der nicht generischen NPs erweise sich der Artikel jedoch als notwendig, um einen Unterschied zwischen der quantification de totalité und der quantification partitive zu machen. Ohne den Artikel würden NPs wie Ber vint und Baron vinrent für zwei Interpretationen zugänglich sein, nämlich 'un baron' oder 'le baron' bzw. 'des barons' oder 'les barons'. Der bestimmte Artikel (z.b. li ber vint und li baron vinrent) würde diese Ambiguität zugunsten der Totalität lösen. Hieraus, sprich aus dem Ansatz der Totalität, begründe sich die progressive Ausweitung des Artikels auf generische NPs ganz natürlich, alors qu il est beaucoup plus délicat d expliquer ce passage d un sens référentiel (Kleiber 1984, 260). Zurück zu einer grundlegenden Charakteristik der Grammatikalisierung, nämlich der Tatsache, dass es sich um einen graduellen Prozess handelt (vgl. zum Beispiel Heine (1993) und sein Modell zum Conceptual Shift oder Lehmann (2002)). Aus dieser geht logisch hervor, dass es unterschiedliche Grammatikalisierungsstadien geben muss. Marchello-Nizia stellt für generische Ausdrücke im Altfranzösischen eine échelle de généricité auf, die vom größten Grammatikalisierungsgrad, den énoncés 'canoniquement génériques' de type prédicatif et définitoire, bis hin zu jenen führt, die den niedrigsten Grammatikalisierungsgrad aufweisen, 110

119 den [ ] énoncés enchassés et de syntagmes occupant une function grammaticale secondaire ou oblique [ ] (ebd. 2006, 208). Marchello-Nizia unterscheidet fünf Ausdrucksarten für das Altfranzösische und überprüft ihr Vorkommen bereits in den ältesten, vor 1130 geschriebenen, französischen Texten mit dem Ziel, für jeden Gebrauch den ältesten Beleg zeigen zu können. Die Ausdrucksarten von Generizität im Altfranzösischen sind die folgenden (ebd. 2006, 210): 1) Nullartikel (+ zählbares Nomen im Sg. oder Plural oder + Stoffnomen) 2) Def. Artikel (+ zählbares Nomen im Sg. oder Plural oder + Stoffnomen) 3) Indef. Artikel (+ zählbares Nomen im Sg.) 4) Indefinitpronomen (tel, tout, nul oder autre + Nomen) 5) Démonstratif de notoriété (cil + Nomen im Plural) Die folgende Tabelle bietet einen Überblick über die Ausdrucksarten und ihre frühesten Belege: Art der NP (Ausdrucksart) Text Beleg Art der Äüßerung Ø + zählb. N Sg./Pl. oder + Stoffnom. Serments de Strasbourg (Mitte 9. Jh.) Comput (Beginn 12. Jh.) Ch. De Roland (Ende 11. Jh.) si salverai cist meon fradre Karlo si cum om per dreit son fradra saluar dift 'J'aiderai mon frère Charles ici présent ainsi que tout homme (/un homme /l'on) doit aider légitimement son frère' Chevere est un' itel beste Qui munted alt pur pestre 'La chèvre est un animal qui monte haut pour paître' Pur ço sunt Francs si fiers cume leuns. 'A cause de cela les Francs sont aussi orgueilleux que des lions' Passion de Clermont (Ende 10. Jh.) Tal a regard cum focs ardenz 'Il a un regard semblable au feu ardent' énoncé déontique énoncé definitionnel énoncé comparatif 111

120 def. Art. + zählb. N Sg./Pl. oder + Stoffnom. indef. Art. + N Sg. (immer zählbar) tel, autre, tout, nul + N Sg. cil + N Ch. De Roland (Ende 11. Jh.) Passion de Clermont (Ende 10. Jh.) Comput (Beginn 12. Jh.) Si cum li cerfs s'en vait devant les chiens, Devant Rollant si s'en fuient paiens. 'De même que le cerf s'en va fuyant devant les chiens, Devant Roland s'enfuient les païens' Tal a regard cum focs ardenz Et cum la neus blanc vestimenz. 'Il a un regard semblable au feu ardent, et comme la neige de blancs vêtements' Car le eve signefie saint Espirit 'Car l'eau représente le saint Esprit' Passion de Clermont (Ende 10. Jh.) A la mort vai cum uns anels. '(il = le Christ) va à la mort comme un agneau' Ch. De Roland (Ende 11. Jh.) Ch. De Roland (Ende 11. Jh.) Eneas (12. Jh.) Ch. De Roland (Ende 11. Jh.) Charroi de Nîmes (1. Hälfte 12. Jh.) Si l'encaeinent altresi cum un urs. 'Ils l'enchaînent comme un ours (Akk.)' Ben le me guarde si cume tel felon! De ma maisnee ad faite traïsun. 'Garde-le moi bien, comme (on doit garder) (un) tel traître! Il a trahi mon camp' Il descendierent del donjon plus fierement que nus lion. 'Ils descendirent du donjon plus fièrement qu'aucun lion' Luisent cil elme as perres d'or gemmees, / E cil escuz e cez bronies sasfrees... 'Les heaumes brillent avec leurs pierres serties dans l'or, ainsi que les boucliers et les cottes de mailles ornées d'or' Ce fu en mai, el novel tens d'esté, / Fueillissent gaut, reverdissent li pré (Ms K: cil pré), / Cil oisel chantent belement et soé. énoncé comparatif énoncé definitionnel comparatif à parangon énoncé comparatif "démonstratif de notoriété" 112

121 'C'était en mai, au renouveau de l'été, Les bois bourgeonnent, les prés reverdissent, les oiseaux chantent de façon douce et harmonieuse' Tab. 15: Ausdrucksarten von Generizität im Altfranzösischen und ihre frühesten Belege (vgl. Marchello-Nizia 2006, 210 ff.) 130 Nicht in allen Fällen ist die generische Bedeutung die zentrale der jeweiligen Aussage, aber es handelt sich in allen Fällen um Nomen, die keine Objekt-Referenz kodieren, sondern um noms envisagés dans leur généralité (Marchello-Nizia 2006, 212). Welches ist aber das Werkzeug, mit dem wir entscheiden können, ob eine Aussage weniger oder stärker generisch ist? Marchello-Nizia (2006, 213) stellt die bereits angesprochene Skala entsprechend der folgenden Kriterien auf: Semantik des Nomens (zählbar (wenn ja, Singular oder Plural?) oder Stoffnomen), Semantik des Prädikats (Art des Verbs), Art der Äußerung (definitorisch, komparativ, deontisch), die Art des Satzes (Hauptsatz oder Nebensatz), die Position der generischen NP in der Äußerung und ihr informationeller Wert (diese beiden Charakteristika seien im Altfranzösischen oftmals miteinander verbunden) und die syntaktische Funktion. Sie unterscheidet sieben semantische Untertypen mit generischem Wert (mit dem höchsten Grad an Generizität unter (1) und dem schwächsten unter (7) (vgl. Marchello-Nizia 2006, ): (1) Sujet générique d un énoncé definitionnel Caractérisation de toute une classe Kodierung im Altfranzösischen durch: Nullartikel 131, best. Art. Sg. (ab Beginn 12. Jh.), ab 14. Jh. auch Plural NP (mit Artikel und artikellos), indef. Art. ab letztem Drittel des 14. Jh. (2) Sujet ou objet générique d un verbe déontique Verb dieser Aussagen: devoir Kodierung im Altfranzösischen: Nullartikel oder def. Artikel (3) Sujet collectif générique d un prédicat non définitionnel Bezeichnung eines Volkes oder einer Gruppe Das Prädikat ist nicht definitorisch, drückt aber eine punktuelle, temporal limitierte Charakteristik aus; Kodierung im Altfranzösischen: Nomen im Pl. entweder mit Nullartikel oder definit. Artikel (beide belegt ab dem 11. Jahrhundert). (4) Comparaison à parangon Vergleich mit dem Aufbau: N1 (Referent bestimmt) comme N2 (generisch) 130 Die Übersetzungen der Belegstellen sind entnommen aus Marchello-Nizia (2006, 210 ff.). 131 Der Nullartikel verschwindet in diesen Wendungen zu Beginn des 17. Jahrhunderts (Marchello-Nizia 2006, 214). 113

122 N2 als Muster oder exemplaire prototypique für eine einzige Eigenschaft oder Charakteristik, die beiden gemein ist. Kodierung im Altfranzösischen: Nullartikel, article déf. sg. massif, indef. Art. (alle ab Beginn des 11. Jh.), nus (ab Ende des 11. Jh.). (5) Comparaison avec le type Relation d identification (N1 est un N2) Belegt ab dem 11. Jh.; Vergleich wie im Fall der Comparaison à parangon, jedoch nicht anhand einer einzigen Eigenschaft. N2 ist in seiner Gesamtheit Prototyp. Kodierung im Altfranzösischen: Indefinitpronomen ( marquant l identité ; z.b. tel, autre), Nullartikel, def. und indef. Artikel von Beginn an aus dieser Konstruktion ausgeschlossen. (6) Comparaison de deux prédicats V1 est un cas de V2 Belegt ab dem 9 Jh.; Kodierung im Altfranzösischen: Entweder ist die Äußerung P2 deontisch und artikellos oder exemplarisch für den in der verglichenen Aussage beschriebenen Prozess (dann steht der def. Artikel); artikellose Konsttruktion belegt ab dem 9. Jh., Konstruktion mit def. Art. ab dem 12. Jh. (7) Démonstratif de notoriété Der Referent ist eine generische Nominalgruppe. Verwendung des Demonstrativums cil im Plural, meistens in Funktion eines Subjekts, das Nomen bezeichnet Lebewesen oder Objekte, die toujours présents dans le type de circonstance évoquée sind; Vorkommen hauptsächlich in den Chansons de geste; Nicht N1 selbst ist generisch, sondern sein Referent, et c est le démonstratif qui guide l interprétation générique du N, en indiquant que l auteur fait appel à la connaissance supposée partagée par l auditeur-lecteur du type de situation évoqué [sic!]. Die ältesten Belege finden sich zu Beginn des 12. Jh. Deutlich wird, dass es sich in den ersten drei Fällen um Hauptsätze handelt und die NP Subjekt eines mehr oder weniger charakterisierenden und allgemeinen Prädikats ist und in Topikposition steht. In den Fällen vier bis sieben hingegen steht die NP in Nebensätzen und hat so niemals die Funktion des Topiks. Somit handelt es sich bei der Situierung der einzelnen Ausdrucksformen auf dieser Generizitätsskala nicht so sehr um eine Einteilung nach Nicht- Spezifizität, Nicht-Idendifizierbarkeit und Totalität als vielmehr um die Art der syntaktischen Funktion der NP, darum, ob sie in einem Haupt- oder Nebensatz steht und ob die Nominalgruppe rhematisch oder thematisch ist (Marchello-Nizia 2006, 218). Auch verdeutlichen die Ausführungen, dass neben dem dominierenden Nullartikel die Artikel le, les und un in generischer Ausdrucksweise bereits in den frühesten altfranzösischen Texten, wie es scheint, vertreten sind, wenn auch noch begrenzt (ebd. 2006, 218). Bevor nun im Folgenden noch genauer auf den definiten und den indefiniten Artikel sowie den Teilungsartikel eingegangen wird, soll schon an dieser Stelle ein Abriss der Diachronie des französischen Artikelsystems nach Marchello-Nizia gegeben werden (Der Teilungsartikel 114

123 ist in dieser Übersicht nicht erfasst, wird aber in Kapitel in der für diese Arbeit notwendigen Ausführlichkeit dargestellt). Sie unterscheidet 6 Etappen (ebd. 2006, 219): 1 re étape: IX e siècle: en subordonnée de comparaison à valeur déontique: absence d article au sg. (Strasbourg); cet emploi perdure jusqu au XVII e siècle; 2 e étape: X e siècle: en subordonnée de comparaison: un + Nsg., le + Nsg. massif; les + Npl. Comme sujet principal (Passion); ces emplois sont toujours en vigueur en FM; 3 e étape: XI e XII e siècle: en subordonnée de comparaison: le + Nsg. comptable, et absence d article au pluriel (Roland), en subordonnée; ces emplois perdurent jusqu au XVII e siècle; 4 e étape: début XII e siècle (avant 1120): en principale à valeur universelle, le + Nsg. comptable, en fonction de sujet topicalisé, avec un prédicat définitionnel (Comput); 5 e étape: début XII e siècle (vers ): en principale, le + Nsg. massif/abstrait, en fonction d objet topicalisé (Charroi de Nîmes); 6 e étape: fin XIV e siècle: en principale, un + N, en fonction de sujet topicalisé, avec un prédicat définitionnel (Nicole Oresme). In Hinblick auf die Analyse in Kapitel 5 und ihren Untersuchungszeitraum (13. Jahrhundert) sind die Entwicklungen bis einschließlich zur 5. Etappe von Interesse. Die folgenden Ausführungen wenden sich nun im Einzelnen dem definiten und dem indefiniten Artikel sowie dem Teilungsartikel zu Der definite Artikel Vergegenwärtigen wir uns zu Beginn unserer Ausführungen noch einmal die Entwicklung des bestimmten Artikels aus dem Lateinischen unter Berücksichtigung des oben beschriebenen Zyklus von Greenberg und ziehen hierzu ein Diagramm von Harris heran: 115

124 Prefix markers of number and gender articles demonstratives CL - - HIC: ISTE : ILLE VL ECCE ISTE : ECCE - ILLE ILLE OFr - le cest: cel ModFr le ce ce ci : ce là Abb. 13: Die Entwicklung des definiten Artikels im Französischen (Harris 1977, 256) In Kapitel 3 wurde bereits diskutiert, ob der bestimmte französische Artikel im Zyklus von Greenberg (1978) in Stufe II oder Stufe III einzuordnen ist. Der Gebrauch als bloßer Marker, wie er hier für das Neufranzösische angenommen wird, und der Gebrauch von ce als definitem Artikel, wurden ebenso bereits im Vorfeld diskutiert. Das Diagramm in Abb. 13 soll an dieser Stelle nicht als aktueller Status verstanden werden, sondern als angestoßene Entwicklung im Bereich des Artikels. So hat ce sicherlich schon eine gewisse Schwächung seines demonstrativen Wertes erfahren und kann in einigen Domänen des Artikels gebraucht werden, von einer kompletten Übernahme kann jedoch noch nicht die Rede sein. In den Ausführungen zur Entwicklung des spanischen Artikels wurde bereits deutlich, dass dem Artikel neben der referenziellen Funktion noch eine weitere, und zwar expressive Funktion hinzukommt. Und auch für das Französische gilt, so argumentiert beispielsweise Epstein (1995a), dass eine analyse référentielle nicht ausreicht, um den Gebrauch des definiten Artikels im Altfranzösischen in seiner Gänze zu erfassen. Les notions référentielles telles que l unicité, l identifiabilité, etc., et les facteurs qui les établissent la mention préalable du référent, la présence du référent dans le contexte déictique, les connaissances communes aux interlocuteurs, etc. [ ] jouent bien sûr un rôle important dans l explication du sens et de la distribution de l article défini. Mais nous allons soutenir dans ce qui suit que ce ne sont pas les seuls facteurs à l œuvre dans le choix de l article en AF. Il y a aussi des facteurs expressifs qui justifient l emploi de l article défini, tels la thématicité du référent, sa focalisation, ou son importance par rapport à d autres référents de la même catégorie. Nous les regrouperons sous la rubrique de la «proéminence» (Epstein 1995a, 58 f.). Oftmals, so Epstein, entsprächen sich referenzielle und expressive Faktoren, zum Beispiel könne der Referent in einem gegebenen Kontext zugleich Gegenstand einer vorhergehenden Erwähnung (referenzieller Faktor) sein und zum anderen jener einer Fokussierung (expressiver Faktor). In diesem Fall käme dem Artikel eine doppelte Berechtigung ( double justification ) zu. Im entgegengesetzten Fall, also jenem, in dem die beiden Faktoren sich nicht ent- 116

125 sprechen, würden die expressiven Faktoren mitunter stärker ins Gewicht fallen, so dass es auch Kontexte gebe, in denen man den definiten Artikel in NPs finden würde, deren Referent nicht identifiziert werden könne. Ebenso gebe es Kontexte, in denen der Artikel in einer NP fehle, deren Referent aber vermutlich identifizierbar sei (ebd. 1995a, 59). Hieraus schließt Epstein, dass [ ] les locuteurs utilisent l article défini en AF non seulement pour indiquer qu ils présument que les interlocuteurs sont capables d identifier un référent, mais aussi pour obliger les interlocuteurs à accepter les référents sous une certaine apparence. Il faut souligner à cet égard que les référents ne sont pas neutres les locuteurs leur attachent une importance plus ou moins grande selon les besoins du contexte. L article défini est une forme grammaticale qui marque cette évaluation d importance. C est ainsi la trace de la subjectivité du locuteur dans le discours (Epstein 1995a, 59). Zurück zur referenziellen Gebrauchsweise des definiten Artikels. Der definite Artikel steht, wenn der Referent der NP ein Objekt ist, das der Gesprächspartner eindeutig erkennen kann, so zum Beispiel bei der anaphorischen Wiederaufnahme (Epstein 1995a, 59 f.). Der definite Artikel bestimmt auch Lebewesen und Objekte, deren Präsenz in der kontextuellen Situation notwendigerweise impliziert ist, auch wenn sie vorher nicht erwähnt wurden (Moignet, zit. in Epstein 1995a, 59 f.). Entgegen dem Gebrauch im Neufranzösischen kann der Artikel im Altfranzösischen ausgelassen werden. Generell bestimmt eine NP mit definitem Artikel ein konkretes und gut abgegrenztes Lebewesen oder Objekt. In Fällen, in denen dem Referenten diese Eigenschaften fehlen, steht im Altfranzösischen kein Artikel (Epstein 1995a, 60). Entsprechend argumentiert Moignet: Le nom commun est employé sans article quand il est pris avec sa valeur la plus générale et qu aucune particularisation n est requise (ebd. 1973, zit. in Epstein 1995a, 60). [99] Hom ki traïst altre, nen est dreiz qu il s en vant. (Chanson de Roland, v. 3974, zit. in Epstein 1995a, 60) 'Il est juste que [tout] homme qui trahit son semblable ne puisse s en vanter.' [Übersetzung entnommen aus Epstein 1995a, ] Hom ist in Beispiel [99] generisch gebraucht, referiert also auf die gesamte Klasse der Menschen und nicht auf ein Mitglied dieser Klasse. Entsprechend steht in der NP kein Artikel. Ebenso steht auch bei Stoffnamen kein Artikel, wenn es sich um eine unbestimmte Menge 132 Epstein (1995a) bezieht sich auf eine vorhandene Übersetzung. Die Einfügung in eckigen Klammern stammt von ihm. 117

126 handelt. Auch abstrakte Nomina, die per definitionem nicht auf eine konkrete Wirklichkeit hinweisen, seien dazu bestimmt, ohne Artikel zu stehen (Moignet 1973, zit. in Epstein 1995a, 61). Epstein selbst fasst den Gebrauch des Artikels im Altfranzösischen mit Bezug auf Moignet folgendermaßen zusammen: Si la propriété référentielle manque, l ancienne langue se passe, en général, d articles. Ceci se produit particulièrement avec les noms génériques, les noms massifs et les noms abstraits. De plus, l article est souvent absent quand un nom entre dans certaines constructions syntaxiques, comme les phrases négatives, interrogatives, comparatives ou hypothétiques, et aussi quand le nom a une fonction attributive (vgl. Moignet 1973, zit. in Epstein 1995a, 61). Nach den referenziellen Gesichtspunkten geht es im Folgenden um den expressiven Gebrauch des bestimmten Artikels. Brunot und Bruneau (1933, 311) sagen, dass d une manière générale, l article défini, en ancien français, a toujours une valeur précise, exprime toujours une intention de l écrivain. Mit Epstein ist diese Intention etwas genauer zu fassen: Quant à l article défini, sa fonction expressive est liée à l attitude subjective du locuteur par rapport au référent, sans aucun égard à la capacité présumée de l interlocuteur d identifier le référent (fonction référentielle). Plus précisément, nous avançons l hypothèse que l article défini en AF s emploie d une manière expressive quand il indique la proéminence du référent aux yeux du locuteur (ebd. 1995a, 62). Der bestimmte Artikel markiere in seinem expressiven Gebrauch die proéminence, die einem Referenten zukommt und die unterschiedliche Typen kennt. In Epstein (1995a) nennt er zwei dieser Typen: die importance syntagmatique und die importance paradigmatique. Zuunächst soll hier die importance syntagmatique erläutert werden. Hierunter ist der expressive Gebrauch des Artikels zu verstehen, bei dem die proéminence hauptsächlich auf die wichtige Rolle zurückgeht, die der Referent im Diskurs hat, von dem er ein Teil ist. Als Beispiel nennt Epstein den Gebrauch des bestimmten Artikels bei der Erstnennung eines Referenten, der an diesem Punkt noch nicht identifizierbar ist, im Weiteren aber zum thematischen Element wird (vgl. Epstein 1995a, 62). Auch die Fokussierung gehört zur importance syntagmatique. Das folgende Beispiel illustriert dies sehr deutlich: [100] Et dit li cuens: «Vos dites voir, beau niés; La leauté doit l en toz jorz amer. Deus le commande, qui tot a a jugier». (Charroi de Nîmes, v , zit. in Epstein 1995a, 60) 118

127 'Le comte répond: «Vous dites vrai, cher neveu ; On doit toujours aimer la loyauté. Dieu l ordonne, lui qui doit juger toute chose.»' [Übersetzung entnommen aus Epstein 1995a, 63] Normalerweise stehen Abstrakta und Generika, wie oben gesehen, im Altfranzösischen ohne Artikel. In Beispiel [100] ist die NP jedoch determiniert und steht des Weiteren zu Beginn des Satzes 133, obwohl sie die Funktion des direkten Objekts einnimmt. Der Gebrauch des bestimmten Artikels unterstütze die Dislokation bei der Hervorhebung der Wichtigkeit der leauté: Autrement dit, l article est un moyen de focaliser l attention sur un référent (vgl. Epstein 1995a, 63 f.). Der zweite von Epstein (1995a) angeführte Typ der proéminence ist jener der importance paradigmatique. Der expressive Gebrauch des Artikels zeige hierbei an, dass der Referent ein außerordentlich wichtiger Bestandteil der Kategorie ist, der er angehört: A la différence de l importance syntagmatique, où la proéminence dépend de la relation entre le référent et les autres élements du contexte (un rapport syntagmatique), avec l importance paradigmatique, la proéminence du référent provient de sa relation avec les autres éléments de sa catégorie (un rapport paradigmatique) (ebd. 1995a, 64). Auch diese Beziehung soll mit einem Beispiel illustriert werden: [101] La combati vers Corsolt l amiré, Le plus fort home de la crestienté N en paiennisme que l en peüst trover. (Charroi de Nîmes, v , zit. in Epstein 1995a, 64) 'Là, j ai lutté contre l émir Corsolt, L homme le plus fort que l on pût trouver Dans la chrétienté ou sur [la] terre des païens'. [Übersetzung entnommen aus Epstein 1995a, ] Das Beispiel veranschaulicht die importance paradigmatique besonders deutlich. Von den beiden abstrakten Nomen crestienté und paiennisme trägt nur Ersteres den bestimmten Artikel. Unter referenziellen Gesichtspunkten gibt es, so Epstein, keine Motivation für die Ungleichbehandlung der beiden Nomen, da beide Referenten in jener Zeit zweifelsohne Teil des allgemein geteilten Wissens und somit identifizierbar gewesen sind. Somit kommen nur ex- 133 Angesprochen ist der Erstverweis in Beispiel [100]. Die Hervorhebungen (Fettdruck) in den Beispielen aus Epstein 1995a stammen aus ebendiesem Text. 134 Epstein (1995a) bezieht sich auf eine vorhandene Übersetzung. Die Einfügung in eckigen Klammern stammt von ihm. 119

128 pressive Faktoren als Erklärung in Frage: Plus précisément, l article sert à valoriser le monde chrétien relativement au monde païen. Le locuteur dans ce contexte est bien sûr chrétien (Guillaume) et il tire parti de la fonction expressive de l article pour souligner que ces deux mondes ne sont pas équivalents. [ ] L article est ici la marque d une évaluation favorable de la part du sujet parlant (Epstein 1995a, 64 f.). Auch die Auslassung des Artikels darf nicht außer Acht gelassen werden. Entsprechend der Referenzanalyse dürfte es kein Nomen ohne Artikel geben, das auf einen spezifischen Referenten verweist und identifizierbar ist. Es existieren aber derartige Beispiele im Altfranzösischen. Diese Fälle verkörpern nach Epstein eine stratégie expressive de 'défocalisation' d un référent 135. Diese Technik diene zum einen dazu, das Fehlen von Wichtigkeit eines Referenten zu markieren und zum anderen der Generalisierung 136 (vgl. Epstein 1995a, 66). Das folgende Beispiel illustriert die Generalisierung: [102] En cel termine si avint que l empereres Morchufles, qui avoit les els traiz, cil qui avoit murtri son seignor l empereor, Alexi, le fil l empereor Sursac, celui que li pelerin avoient amené en la terre, s en fuoit oltre le Braz coiement et la poi de gent. E Tieris de Los le sot, cui il fu enseigniez; si le prist, l amena l empereor Baudoin en Constantinople. Et l empereres Baudoinss en fu mult iez, et em prist conseil a ses homes qu il en feroit d ome qui tel murtre avoit fait de son seignor. [La conquête de Constantinople, zit. in Epstein 1995a, 68] 'En ce temps-là, il advint que l empereur Morchufle, qui avait les yeux arrachés, celui qui avait tué son seigneur l empereur Alexis (le fils de l empereur Sursac, celui que les pèlerins avaient amené dans le pays), s enfuyait outre le Bras secrètement et avec peu de gens. Et Thierry de Lous l apprit, à qui il fut dénoncé; et il le prit, et il l amena à l empereur Baudoin à Constantinople. El [sic!] l empereur Baudoin en fut très joyeux, et il tint conseil avec ses hommes sur ce qu il ferait d [un] homme qui avait commis un tel meurtre sur son seigneur.' [Übersetzung entnommen aus Epstein 1995a, ] In Beispiel [102] finden wir in Morchufle einen spezifischen und identifizierbaren Referenten zu der Beschreibung ome qui tel murtre avoit fait, dennoch verzichtet der Autor auf den be- 135 Epstein (1995a) schließt bei diesen Betrachtungen Stoffnomen und Abstrakta aus. 136 Neben dem Ansatz basierend auf der Expressivität soll an dieser Stelle auf Carlier/Goyens aufmerksam gemacht werden, die zwischen zwei Arten von Generizität unterscheiden: [ ] le générique intensionnel, marqué par le degré zéro de la détermination, qui met en évidence le contenu intensionnel du SN ou le concept que ce SN véhicule, et le générique extensionnel, associé à l article défini, qui fait ressortir en outre sa dimension extensionnelle en appréhendant l extension nominale comme un ensemble. Die intensionelle Generizität sei im Neufranzösischen verloren gegangen, wofür der sehr eingeschränkte Gebrauch des Nullartikels, beispielsweise in Sprichwörtern) sprechen würde. Marchello-Nizia fragt jedoch zu Recht, ob dieser Unterschied im frühen Altfranzösischen bei NPs wie li Griu und Egyptien zugrunde liegt (Carlier/Goyens 1998, zit. in Marchello-Nizia 2006, 228). 137 Epstein (1995a) gibt die Übersetzung aus der herangezogenen Edition wieder. Die zweite Einfügung in eckigen Klammern stammt aus dieser, die Markierung als [sic!] hingegen von S.G. 120

129 stimmten Artikel. Vom Fall des Morchufle ausgehend wird hier also überlegt, was in einem Fall zu tun ist, in dem dasselbe Verbrechen von einem beliebigen Menschen begangen wird (vgl. Epstein 1995a, 68). Epstein selbst fasst die défocalisation wie folgt zusammen: Le fait qu un référent identifiable soit disponible dans la situation d énonciation n oblige pas le locuteur à en parler avec un SN défini. En utilisant un article défini, le locuteur marque son intérêt particulier pour l objet individuel en question, alors que l absence d article signale justement l absence d intérêt de la part du locuteur pour l objet en tant qu objet individuel. Cette défocalisation de l identité référentielle peut faire passer à l arrière-plan un référent qui n a pas d importance ou bien peut mettre en relief l aspect général d une situation au lieu de son aspect particulier (le référent est alors envisagé comme représentant de la classe entière). Les données de cette section confirment donc l affirmation de Du Bois (1980: 272): «a speaker s use of definiteness is not a merely automatic reaction to prior mention or to presence of a referent in the discourse situation». Ces données prouvent, au contraire, que l on choisit souvent l article en fonction de considérations expressives telles que la proéminence et la défocalisation (Epstein 1995a, 69). Der Unterschied zwischen den facteurs référentiels und den facteurs expressifs des definiten Artikels besteht für Epstein in einem unterschiedlichen Grad an Subjektivität. Erstere orientierten sich teilweise in Richtung des Gesprächspartners, dessen angenommene Kenntnisse vom Sprecher berücksichtigt werden müssten, um die Identifizierbarkeit des Referenten zu bestimmen. Letztere orientierten sich am Sprecher und würden seine wertende Position in Bezug auf den Referenten ausdrücken. Somit sind die facteurs expressifs subjektiver als die facteurs référentiels : Tout cela nous amène à conclure que la définitude est une notion beaucoup plus subjective qu on ne pensait (Epstein 1995a, 69) oder, anders gesprochen: [T]he use of articles does not depend so much on the intrinsic, objectively determinable properties of entities in the situation of utterance, as on the subjective judgments that speakers make about these entities (the construals that speakers impose on them) (vgl. Langacker 1991, zit. in Epstein 1995b, 170 f.). Epstein (1995b, 171) stellt die These auf, dass diese Subjektivität einen entscheidenden Einfluss auf das Tempo der Grammatikalisierung des Artikels habe, so würden sich relativ subjektive, diskursbasierte Elemente langsamer verändern und zum Beispiel weiter grammatikalisieren als Elemente mit relativ objektiver Funktion, die enger an das level of the clause gebunden sind: 121

130 The shift from Stage 0 to Stage I in the cycle of the definite article [entsprechend dem oben dargestellten Zyklus von Greenberg] involves the grammaticalization of a relatively objective grammatical element (the demonstrative) and appears to proceed relatively quickly (once the process gets underway). In contrast, the shift from Stage I to Stage II, and then Stage III, involves the grammaticalization of a highly subjective, discourse-based element (the article), and proceeds very slowly (Epstein 1995b, 171). Der Grund dafür, warum subjektive Bedeutungen einen entscheidenden Einfluss auf das Tempo der Grammatikalisierung haben, liegt in der Verständlichkeit der Bedeutungen 138 : One reason why subjective meanings should grammaticalize relatively slowly is that these meanings cannot be apprehended through simple observation of the world. Thus, if a speaker seeks to convey such a meaning to an addressee say, the distinction definite vs. indefinite that meaning must be explicitly coded in the utterance (the speaker could just let the addressee infer the meaning from the nature of the situation, but then there is a risk that the inference will be missed). Consequently, once they come to be marked, it is especially useful to preserve paradigmatic contrasts within highly subjective functional domains. If one marker generalizes throughout the domain, eliminating the possible occurrence of its competitors (say, if the definite article becomes obligatory on all nouns as a marker of pure nominality), then a valuable contrast will be lost. There is therefore the pressure to maintain the viability of several options, which slows the rate of grammaticalization (Epstein 1995b, 171) Der indefinite Artikel Im folgenden Kapitel richtet sich das Augenmerk auf den indefiniten Artikel im Altfranzösischen. Foulet verdeutlicht, dass dieser seinem Namen auf den ersten Blick ganz und gar nicht gerecht wird: [ ] du point de vue de la vieille langue l article indéfini ne mérite guère son nom. Au fond l ancien français n éprouve pas le besoin d accoler un article aux noms indéterminés. Il n emploie l article que devant des mots de sens nettement délimité et circonscrit, et alors, suivant le cas, il se sert de le, la, les ou de un, une. Et la grande différence qu il y a entre le défini et l indéfini [ ] [est]: l article indéfini s emploie devant les noms qui représentent des personnes ou des choses dont on n a pas encore parlé, l article défini, sauf des cas où il désigne des individus seuls de leur classe ou de leur espèce (le soleil, le Roi de France), ne s emploie, en général, qu avec des substantifs 138 Vgl. auch Epstein (1994, 75): In the OF period, speakers had a larger degree of freedom in deciding whether to use a definite article or no article at all; certain tendencies were nonetheless prevalent, so that atypical article usages, because they ran counter the expectations of the hearer, must have had high expressive value. 139 Der Unterschied zwischen dem Nullartikel und le/la/les könnte von den Französischsprechern als so nützlich erachtet werden, dass sie ihn erhalten und das Französische damit auf unbestimmte Zeit eine Stufe II-Sprache bleibt (Epstein 1995, 172). Vergleiche hingegen Harris (1980b, 81) [in Kapitel 3 angeführt], für den der Artikel im Neufranzösischen bereits näher an Stufe III als an Stufe II ist. 122

131 qui représentent des personnes ou des choses dont on a déjà parlé ou dont on a fait prévoir l apparition (Foulet 1966, 83) 140. Im Altfranzösischen war der bestimmte Artikel bereits sehr frequent, der indefinite hingegen auf ein Existenzminimum beschränkt 141. So sind in den Versen des Jeu de la Feuillée nur 47 Belege für den indefiniten Artikel zu finden, abzüglich von Formen wie l un, li un etc. blieben noch 37 Belege, also, so Foulet, 1 Beleg auf 36 Verse 142. In der Chastelaine de Vergi ist es gar nur ein Beleg auf 50 Verse (Foulet 1966, 83). Ab dem 13. Jahrhundert baut der indefinite Artikel seine Domäne Schritt für Schritt aus und verliert seinen horreur pour l indéterminé. Er trüge nun, so Foulet, zu Recht seinen heutigen Namen. Der indefinite Artikel ist, wie auch in dem Zitat von Foulet oben deutlich wurde, im 12. und 13. Jahrhundert ein sehr enger Nachbar des definiten Artikels und entfernt sich nur langsam von diesem, à mesure que grandit un nouveau venu [l article partitif] dont il va subir de plus en plus nettement l influence (Foulet 1966, 84). Es lohnt sich ein genauerer Blick auf den Gebrauch des indefiniten Artikels im Altfranzösischen. Dieser wurde genutzt, um ein être particulier zu präsentieren, das im Vorfeld noch nicht erwähnt wurde (Moignet 1973, 101), aber, um es mit den Worten von Foulet zu sagen: la vieille langue n emploie en général l article indéfini que si la personne ou la chose dont on n a pas encore parlé est parfaitement distincte des autres individus de la même classe (ebd. 1966, 76). Der Plural finde sich nicht so häufig 143 : Elles [Die Pluralformen] sont réservées à des cas d emploi très particuliers, ceux où l article s associe à des substantifs impliquant un ensemble, une collection. Auch Carlier verdeutlicht, dass es durchaus überraschend ist, dass eine Form, die mit einer unité singulière assoziiert ist, einen Plural entwickeln kann: Il peut paraître étonnant que la forme uns en ancien français, fortement associée à l idée d unité singulière, ait pu donner lieu à un pluriel. Or, il est généralement admis que ce pluriel morphologique n est pas un véritable pluriel sur le plan sémantique, mais plutôt un duel ou un collectif. Cet article pluriel apparaît en effet avant tout d une part auprès des pluralia tantum, qu il s agisse de substantifs qui n existent qu au pluriel (unes nopces) ou des substantifs prenant un sens différent au pluriel (uns dras «des vêtements») et d autre part auprès de substantifs qui désignent des paires voire des collections d objets identiques (unes botes, uns cheveus). En suivant Guillaume 140 Wobei hier hinsichtlich der Gebrauchsdomänen des definiten Artikels stark generalisiert wird (vgl. zum Gebrauch des definiten Artikels im Altfranzösischen das vorhergehende Kapitel). 141 Bei dieser Feststellung darf man jedoch nicht aus dem Blick verlieren, dass der definite Artikel im Altfranzösischen bereits weiter grammatikalisiert ist als der indefinite Artikel (vgl. auch Carlier 2001, 86). 142 Dem aufmerksamen Leser wird auffallen, dass der Wert von 1 Beleg je 36 Verse bei 37 Belegen auf 1099 Verse nicht stimmen kann. Gemessen an den Zahlen findet sich 1 Beleg je 29,7 Verse. 143 Vgl. auch Foulet (1966, 74) 123

132 (1969), nous regrouperons ces deux cas de figure sous le nom de «pluriel interne» (Carlier 2001, 81 f.). Auch Moignet (1973, 101) spricht von einem internen Plural 144, es handle sich um eine als teilbar wahrgenommene Entität 145. Als Beispiel führt er an: un degré, au cs [cas sujet] pluriel, = «des marches», = «un escalier». Des Weiteren sei es am häufigsten der Nullartikel, der dem Plural des indefiniten Artikels entspreche, und ab Ende des 12. Jahrhunderts konkurriere der Teilungsartikel mit diesem (Moignet 1973, 102), wie auch im weiteren Verlauf des Kapitels deutlich werden wird. Die Funktionen des Plurals entsprechen jenen der Singularformen (die im Weiteren noch genauer dargestellt werden), also dem Gebrauch als Numerale und jenem als Artikel mit der Funktion der Einführung eines neuen Diskursreferenten. Dieser Gebrauch gewinnt im Mittelfranzösischen weitere referenzielle Bedeutungen hinzu, als Letztes schließlich die generische Bedeutung 146 (Carlier 2001, 81). Zurück zum Singular. Nach Brunot und Bruneau (1933, 504) ist der indefinite Artikel sehr selten im frühen Altfranzösisch. Er stünde vor indeterminierten Nomen, die quelque chose de réel repräsentieren, könne aber auch fehlen: L article indéfini manque regulièrement toutes les fois que le mot est pris dans un sens abstrait ou général. Es dauert bis ins 16. Jahr- 144 Nach Carlier gab es zumindest eine tendance marginale zur Entwicklung der Pluralform uns zu einem externen Plural, so wie im Spanischen, Katalanischen und Portugiesischen, die jedoch nicht fortgesetzt wurde. Im Mittelfranzösischen zeigen sich zwei Entwicklungen. 1.) Es kommt zu einer erneuten Verengung der Gebrauchsdomäne. So sind die Formen uns und unes ab dem 15. Jahrhundert dem internen Plural vorbehalten und werden vor allem in Kombination mit den pluralia tantum genutzt. 2.) Die Form wird seltener und ihr Vorkommen ab dem 15. Jahrhundert außergewöhnlich. Die Form de + def. Artikel erreicht in dieser Epoche den Status als Artikel und erhöht seine Frequenz. Er löst den indefiniten Artikel ab (Carlier 2001, 82 f.). Dennoch wäre die Entwicklung von lat. UNUS zu einem externen Plural im Französischen nicht unmöglich gewesen: Il nous semble que la valeur d unité singulière associée à cette forme a pu freiner effectivement l évolution vers le pluriel externe et permet ainsi de comprendre pourquoi son utilisation au pluriel évoque en ancien français de façon dominante le pluriel interne et seulement de façon marginale le pluriel externe. Il reste pourtant que la forme plurielle issue du numéral latin unus ne peut pas être caractérisée par une «impuissance absolue» à livrer un pluriel véritable et que telle est la raison de sa disparition: d une part, la frontière du pluriel externe est bel et bien franchie en ancien français, même si la tendance est marginale [ ]; d autre part, dans les langues ibéroromanes, où les descendants du numéral latin unus sont aussi utilisés au pluriel, ces formes plurielles ont, tout en gardant leur fonction de marquer le pluriel interne, également acquis la possibilité d exprimer un pluriel externe et sont couramment utilisées dans la langue moderne avec cette valeur. Si ce stade d évolution n a pas été atteint en français, ce n est donc pas le fait seul de la valeur d unité singulière associée à la forme plurielle de l article un ; il faut admettre qu un autre facteur, externe au sémantisme de un, est responsable du revirement qui affecte cette forme en moyen français (Carlier 2001, 84). 145 Nach Raynaud de Lage (1993, 42) ist der indefinite Artikel im Plural im Altfranzösischen eigentlich nicht bekannt. In den vorhandenen Belegen würde der indefinite Artikel die Bedeutung eines Teilungsartikels bewahren. Uns/Unes stünden außerdem vor Substantiven im Plural, die Objekte bezeichnen, die aus zwei symmetrischen Elementen zusammengesetzt sind, z.b. unes levres. Außerdem charakterisiere der indef. Artikel im Plural des ensembles formés d éléments complémentaires, wie zum Beispiel uns degrez «un escalier» (ebd. 1993, 14). 146 Vgl. die Entwicklung des indefiniten Artikels im Altspanischen (Kapitel 3.1.2) mit dem Endpunkt des generischen Gebrauchs (s. [82]) 124

133 hundert, bis er aufhört, ein mot expressif zu sein und ein simple outil wird, wobei das Fehlen des Artikels noch nichts Außergewöhnliches war (vgl. ebd. 1933, 505). Dies änderte sich dann nach Brunot im 17. Jahrhundert: L usage actuel est dès lors définitivement établi. Il ne faut plus chercher une nuance dans l emploi de l article: c est son absence qui réclame une explication (ebd. 1933, 505). In der Diskussion des definiten Artikels und auch in diesem Kapitel wurde die Absenz des Artikels bereits thematisiert und wird hier wieder aufgegriffen. Raynaud de Lage (1993, 40) gibt in seiner Introduction à l ancien français eine ausführliche Liste 147 mit Fällen an, in denen im Altfranzösischen eine Tendenz zur Artikellosigkeit besteht: 1. Eigennamen a) Ländernamen und Namen von Regionen b) Flussnamen c) Nomen, die menschliche Gruppen oder Völker bezeichnen 2. Abstrakte Nomen und personifizierte Abstraktionen 3. Nomen, die belebte (und unbelebte) Entitäten bezeichnen, wenn sie in ihrer allgemeinsten Bedeutung genutzt werden 4. Nomen in Verbalphrasen mit allgemeiner Bedeutung 5. Nomen im Plural, wenn sie eine unbestimmte Zahl von Sachen oder Personen beschreiben, die einzeln betrachtet werden Des Weiteren nennt er (ebd. 1993, 41) einige syntaktische Kontexte, die das Fehlen des Artikels begünstigen: Negative, hypothetische und interrogative Kontexte Vergleiche (wobei der Artikel hier auch stehen kann) Bei Attributen Bei präpositionalen Ergänzungen Trotz dieser zahlreichen Konstruktionen und Kontexte, die die Absenz des Artikels begünstigen, gibt es Belege wenn auch nicht in der Häufigkeit wie für den bereits weiter grammatikalisierten definiten Artikel für den Gebrauch des indefiniten Artikels im Altfranzösischen. 147 Wir beschränken uns an dieser Stelle auf eine Aufzählung der Kontexte, in denen die besagte Tendenz zur Artikellosigkeit besteht. Beispiele werden in Raynaud de Lage (1993, 40, 41) gegeben, darüber hinaus findet sich auch in Moignet (1973, ) eine ausführliche Übersicht über die Fälle, in denen der Artikel im Altfranzösischen nicht steht. 125

134 Raynaud de Lage gibt an, dass [l] article indéfini s emploie pour présenter un animé ou un inanimé qui fait son apparition dans l énoncé où il est destiné à jouer un rôle (Raynaud de Lage 1993, 42). Zu diesem Gebrauch kommen noch weitere Bedeutungen, die der indefinite Artikel in einigen Fällen haben kann. In manchen Fällen ist ein Teil der Bedeutung von lat. UNUS erhalten geblieben, so dass un die Bedeutung un seul, un même trägt. Außerdem kann er wie ein Pronomen funktionieren, entweder indem er sich auf ein vorher genanntes Substantiv bezieht oder aber indem er die Rolle eines Indefinitpronomens einnimmt (ebd. 1993, 42). Deutlich wird der geringe Gebrauch des indefiniten Artikels im Altfranzösischen (s. Anmerkungen vom Beginn des Kapitels 3.2.2) auch in der Analyse von Carlier (2001). Sie zeigt mittels einer alt- und einer neufranzösischen Übersetzung lateinischer Texte 148 deutliche Tendenzen im Artikelgebrauch auf. Artikel Altfranzösisch Neufranzösisch le/les 50,4% 65,4% un 3,2% 12% du/des (de) 0% 4,2% Nullartikel 46,4% 18,4% Tab. 16: Vergleich des Artikelvorkommens Alt-/Neufranzösisch (vgl. Carlier 2001, 66) Die Tabelle illustriert den deutlichen Anstieg 149 der Häufigkeit des unbestimmten Artikels im Neufranzösischen, so vervierfacht sich der Wert beinahe und reduziert, ebenso wie der Tei- 148 Bei dem lateinischen Ausgangstext handelt es sich um zwei rhetorische Abhandlungen, zum einen De inventione von Cicero und zum anderen die Rhetorica ad Herennium. Für das Altfranzösische bezieht sich Carlier auf die Übersetzung von Jean d Antioche aus dem Jahre 1282 [im Folgenden ANTIOCHE], für das Neufranzösische auf die Übersetzung von Bornecque [aus dem Jahr 1932; im Folgenden BORNECQUE]; daneben gibt sie auch die neufranzösischen Übersetzungen von Achard an [1989, Rhetorica ad Herennium, im Folgenden ACHARD (Her.) bzw. 1994, De inventione, im Folgenden ACHARD (Inv.)]. Die Untersuchung basiert auf den ersten 2500 NPs der altfranzösischen Übersetzung und ihren Entsprechungen im Neufranzösischen. 149 Der bestimmte Artikel war bereits im Altfranzösischen frequent und erfährt im Neufranzösischen nochmals einen Okkurenzanstieg. Die Ausweitung des Gebrauchs erfolgt, so Carlier, vor allem im Bereich der Generizität, indem der Nullartikel nach und nach verdrängt wird. Das Resultat dieser Entwicklung ist der Verlust der Konkurrenz zwischen dem definiten Artikel und dem Nullartikel beim generischen Gebrauch, der definite Artikel bekommt aber dennoch keine neue Funktion hinzu, und auch seine zentrale Bedeutung, die Charakterisierung 126

135 lungsartikel und der definite Artikel, das Terrain des Nullartikels (Carlier 2001, 67). Der Vergleich der Werte der verschiedenen Artikel untereinander kann jedoch, wie Carlier selbst feststellt, nicht als repräsentativ angesehen werden, da die Untersuchung auf einem einzigen Text (bzw. jeweils auf einer Übersetzung der beiden Abhandlungen) basiert und die Textsorte einen entscheidenden Einfluss auf die Wahl des Artikels hat 150. Die rhetorische Abhandlung lässt einen hohen Anteil an NPs mit definitem Artikel erwarten. Dennoch finden sich auch kleine, zur Illustration angeführte Anekdoten, die den Raum liefern für den indefiniten Artikel (ebd. 2001, 66). Nach Carlier (2001, 68 f.) sind es die folgenden Kontexte, in denen der indefinite Artikel steht: Am Anfang einer Erzählung nach Formeln wie Jadis avient que 'Il arriva un jour que'. In Subjektposition steht die NP mit indefinitem Artikel vor allem bei Verbalprädikaten, die l existence, la venue à l existence ou l apparition markieren. Der indefinite Artikel findet sich insbesondere, wenn die NP in Objektposition und in Verbindung mit Schöpfungs- (faire, écrire, fonder etc.) und Wahrnehmungsverben steht. Der Referent der NP mit indefinitem Artikel kann auch indirekt eingeführt werden, en étant impliqué dans une situation ancrée dans le temps et dans l espace de manière autonome 151. Am Anfang von Fabeln, wo die Erwartung hervorgerufen wird, dass die Protagonisten eingeführt werden. Carlier (2001, 69) selbst fasst diesen Gebrauch wie folgt zusammen: L Article uns est donc utilisé très tôt dans l histoire quand un référent précis est introduit dans le récit et que ce référent est posé comme existant. Ces deux traits réunis sont constitutifs de l interprétation référentielle appelée spécifique indéfinie. Si le référent n est pas posé comme existant mais au contraire comme virtuel interprétation référentielle connue sous le nom de «non spécifique», uns fait le plus souvent défaut et on trouve le degré zéro de la détermination. des determinierten Substantivs als einziges, das réponde au contenu nominal «N», bleibt zwischen dem Altund dem Neufranzösischen stabil (ebd. 2001, 66 f.). 150 Zur Textsortenspezifik s. auch Kapitel Carlier (2001, 68) betont bei der Verankerung besonders die Rolle des Verbs, genauer: seiner Aktionsart und des grammatikalischen Aspekts. 127

136 Dies schließt auch den generischen Gebrauch mit ein. In der Forschungsliteratur sei entsprechend den dargestellten Daten vorgeschlagen worden, die Präsenz von uns und die Existenz des Referenten in Korrelation zu setzen 152. Jedoch gibt es, was nach den Ausführungen zum definiten französischen Artikel nicht überraschend sein dürfte, auch hier Gegenbeispiele: [L] article uns apparaît parfois dans le cas d une lecture non spécifique indéfinie et peut, inversement, être absent dans le cas d une lecture spécifique indéfinie (Carlier 2001, 69). Zur Illustration soll das folgende Beispiel herangezogen werden: [103] Il avint chose que uns mariniers orent une fortune de tens en mer. Et, quant il se virent en tele tempeste en grant peril, si voerent que, se il arrivassent en sauveté a cel port qu il desiroient, il feroient sacrefice d un toreau a celui deu qui seroit ileuques. Il lor avint qu en cel port ou il arriverent, si estoit le temple de cele Diane a qui n aferoit pas sacrefier torel. Cil, qui mesconoissoient cele loy, quant il eissirent dou vaissel, si sacrifierent le toreau, si com il avoient voé. Or sont il accuzé. L entencion est: «Vos sacrefiastes torel a celui deu a cui n aferoit mie» (ANTIOCHE, zit. in Carlier 2001, 69 f.). 'Or des marins, alors qu ils étaient au large, furent repoussés par des vents contraires et promirent, s ils parvenaient dans un port qu ils apercevaient, de sacrifier un veau à la divinité qui se trouvait là. Le hasard voulut que ce port possédât un sanctuaire de cette déesse, à qui il était interdit d immoler un veau. Comme ils ignoraient la loi, les marins, après avoir réussi à débarquer, immolèrent l animal. On les accuse, l accusation étant: «Vous avez immolé un veau a une déesse à qui il était interdit de faire ce sacrifice»' (ACHARD (Inv.), zit. in Carlier 2001, 70). Obwohl die NP un toreau von einem Artikel eingeleitet ist, ist die dazugehörige Referenz doch gänzlich virtuell. Die artikellose NP torel hingegen referiert auf ein existentes (reales) Tier. Das Beispiel steht der angenommenen Korrelation der Präsenz von uns und der Existenz des Referenten also gegenüber. Carlier sieht den indefiniten Artikel aufgrund der niedrigen Frequenz (siehe auch die zu Beginn des Kapitels angeführten Zahlen aus Foulet 1966, 83) und wegen der engen Bedingungen für den Gebrauch am Ende der altfranzösischen Periode noch in einem stade embryonnaire. Der aus dem lat. Numerale UNUS entstehende Artikelgebrauch an sich setzt im Französischen jedoch nicht spät ein; so finden sich bereits in den ältesten französischen Texten wie der Eulalia-Sequenz und dem Sermon sur Jonas Belege. Auch das Vulgärlateinische kennt bereits den Gebrauch von lat. UNUS als Artikel (ebd. 2001, 70). 152 Carlier führt als Beispiele an: Guiraud, P. (1963): L ancien français. Paris: PUF; Price, G. (1971): The French language: Present and Past. London: Arnold. Ersterer gibt die Beziehung mittels der Kategorien actuel/virtuel wieder, Letzterer mittels der Beschreibungen un certain x und un x quelconque. 128

137 Die Frage, was genau die aus dem lat. Numerale hervorgehende Form davon abhält, sich in der altfranzösischen Periode als Artikel auszubreiten, führt Carlier zur genaueren Beschäftigung mit dem Ausdruck der Einheit und zur Feststellung, dass, wie im Vorfeld auch schon angeführt wurde, das Altfranzösische die aus dem Lateinischen geerbte numerische Bedeutung beibehält und in einigen Fällen, ohne einer Systematik 153 zu unterliegen, darüber hinaus von den Ausdrücken seul und même verstärkt wird (ebd. 2001, 71): L alliance entre un et même est assez fréquente en ancien français. Elle montre l association qui existe dans l ancienne langue entre affirmer l unicité d un objet, opération marquée par un, et identifier un objet avec lui-même, nuance que rajoute même. Cette association entre unicité et identification se manifeste, dans les traductions du latin en ancien français, par la correspondance bidirectionnelle entre le marqueur de l identité et le numéral de l unité: non seulement la traduction du numéral de l unité du latin peut faire intervenir le marqueur de l identité en ancien français [ ], mais inversement le marqueur de l identité du latin, idem, est souvent traduit par le numéral de l unité en ancien français (Carlier 2001, 71). In dem noch dominanten numerischen Wert, der mit uns im Altfranzösischen verbunden ist, liegt für Carlier der Schlüssel zu dem eingeschränkten Gebrauch als Artikel in ebenjener Sprachstufe. Denn obwohl uns bereits als Artikel im Altfranzösischen gebraucht wird, fehle der numerische Wert nie gänzlich und hindere uns daran, sich vollständig zum Artikel zu entwickeln (ebd. 2001, 72). Sie argumentiert im Sinne des conceptual shift- Modells von Heine, das den Sprachwandel als eine graduelle Entwicklung abbildet, zwischen deren Ausgangs- und Zielpunkt sich das Ausgangskonzept und das Zielkonzept in intermediären Etappen überlappen: Stage I II III Type of concept Source Source Target Target Abb. 14: An Overlap Model of conceptual shift (Heine 1993, 49) Angewendet auf den Status von uns im Altfranzösischen zeigt sich ein Sprachwandelprozess, der Stufe II erreicht hat, die von einer Übereinanderlagerung des alten Konzepts (Numerale) 153 Carlier macht darauf aufmerksam, dass sich im Neufranzösischen häufig indications contextuelles wie z.b. ne que finden lassen, die die numerische Bedeutung hervorheben (ebd. 2001, 72). 129

138 und des neuen Konzepts (Artikel) gekennzeichnet ist. Als Numerale, so Carlier (2001, 73) müsse uns ein Stück Realität abgrenzen, das einer Einheit entspricht, und als Artikel komme eine textuelle Funktion hinzu. So werde diese occurrence unique als neuer Referent im Text eingeführt. Diese Koexistenz sei jedoch nicht einfach eine Doppeldeutigkeit: Il est important de souligner que la coexistence de l état ancien et de l état nouveau telle qu elle s observe pour cet article émergent ne réside pas dans une simple ambigüité par rapport au numéral de l unité, mais est à concevoir comme un cumul de l ancienne fonction descriptive, héritée du numéral, et de la nouvelle fonction textuelle, propre à son emploi comme article (Carlier 2001, 73). Mittels der Überlagerung des alten und des neuen Zustands lässt sich, so Carlier, verstehen, warum uns häufig bei spezifischen [= referenziellen] Lesarten gebraucht wird (ein präziser Referent und numerische Einheit), hingegen bei nicht spezifischen [= nicht referenziellen] Lesarten nicht gewöhnlich (virtueller Referent und ein x-beliebiger) und bei generischen Lesarten ungebräuchlich ist (Referenz nicht durch ein Mitglied der nominalen Extension, sondern möglicher Einbezug jedes Mitglieds) (vgl. Carlier 2001, 73). Was ist aber nun in den Fällen, in denen zwar eine indefinite spezifische [= referenzielle] Lesart vorliegt, die NP aber artikellos ist? L absence d article, plutôt rare dans le cas d une lecture spécifique indéfinie, a pour effet d estomper la délimitation individualisante et d abolir en même temps la faculté du SN de fonctionner comme référent textuel susceptible d entrer dans des relations anaphoriques. Ce procédé consistant à voiler le caractère individuel de l être désigné a pour corollaire de faire ressortir son appartenance à un type (Carlier 2001, 74). Dieses Verfahren der Maskierung der Spezifizität des benannten Objekts oder Lebewesens zielt darauf ab, seine Zugehörigkeit zu einer Gruppe hervorzuheben, so auch im Fall des fehlenden Artikels vor torel in Beispiel [103] (ebd. 2001, 74). Was aber passiert, wenn zwar eine nicht referenzielle Lesart vorliegt, die NP jedoch einen indefiniten Artikel trägt. Zur Illustration der folgenden Darstellung wird auf das folgende Beispiel eines hypothetischen Kontexts zurückgegriffen: [104] Conoissance ou notance si es tun aornement quant la nature d aucune personne est descrite et demoustree par certainz signes ; qui sont empressez et adonze a la nature, ausi come unes notes. Si com se tu vouloies descrive un vantierres et plain de vaine gloire qui se feroit riches et glorious, - mais il seroit malostru, avoirs et chiches, - tu ne senefierois pas qu il soit riches mais plains de vanité. (ANTIOCHE, zit. in Carlier 2001, 74 f.) 130

139 'La peinture de caractère consiste à décrire un caractère avec les traits déterminés qui, comme marques distinctives, lui sont propres. Par exemple si vous voulez décrire non un vrai riche mais quelqu un qui fait semblant de l être, vous direz : ' (ACHARD (Her.), zit. in Carlier 2001, 75) In Übereinkunft mit Karttunen (1972) stellt Carlier fest, dass eine nicht spezifische NP [also eine nicht referenzielle NP] einen Kurzzeitreferenten einführen kann, der als existent in einem hypothetischen oder nicht realen Kontext angenommen werden kann. Dieser Kurzzeitreferent kann im unmittelbar folgenden Kontext anaphorisch wieder aufgenommen werden, vorausgesetzt, dass das hypothetische oder nicht reale Universum, in dem der Referent der nicht spezifischen NP als existent angenommen wurde, erhalten bleibt oder reaktiviert wird (Carlier 2001, 75). Im Altfranzösischen erweisen sich die Belege von uns mit nicht spezifischer Lesart als strictement liées à la présence d une reprise anaphorique dans le contexte subséquent. Auch hier kommt uns seiner Rolle nach und führt neue textuelle Referenten ein, auch wenn die Existenz dieser Referenten auf ein hypothetisches oder nicht reales Universum beschränkt ist. Des Weiteren macht er sie für eine anaphorische Wiederaufnahme verfügbar (Carlier 2001, 75). Wie lang die Lebensspanne dieser Kurzzeitreferenten ist, ist nicht immer säuberlich abgegrenzt (Karttunen 1972, 186). Sie kann aber verlängert werden, indem der Text im passenden Modus fortgeführt wird. Was der passende Modus ist, hängt von den Umständen ab. Zum Beispiel kann jeder nachfolgende Satz (a) ein Modalverb als Hauptverb, (b) einen Quantifikator eines gewissen Typs enthalten oder (c) im Irrealis stehen. Das heißt, es ist möglich, sich eine Zeitlang über Situationen zu verbreiten, von denen man weiß, daß sie nicht bestehen, oder die bestehen können oder sollten, und zu diskutuieren, was manchmal oder immer der Fall ist (Karttunen 1972, 196). Im Mittelfranzösischen, genauer gegen Ende des 14. Jahrhunderts, lassen sich nach Carlier die ersten Belege für den indefiniten Artikel mit generischer Interpretation finden, dieser Gebrauch wird jedoch erst Ende des 16. Jahrhunderts frequent. Der indefinite Artikel mit nicht spezifischer [nicht referenzieller] Bedeutung breitet sich ab dem 15. Jahrhundert aus (ebd. 2001, 77). Es wird deutlich, dass sich die Verbindung zwischen dem Artikel und dem Numerale der Einheit im Laufe des Mittelfranzösischen lockern. Dies wird nicht zuletzt von Beispielen verdeutlicht, in denen die numerische Bedeutung von un nun mittels numéral renforcé ausgedrückt wird: 131

140 [105] C est disoient ilz ung seul venin et une corruption que l en a trouvé aux cités puissantes et riches affin que les grans seigneuries peussent estre mortelles. (Histoire romaine II, XLIV, übersetzt von P. Bersuire, zit. in Carlier 2001, 77) 'C était le seul poison, le seul fléau des États prospères, et il était fait pour rendre périssables les grands empires'. (Histoire romaine II, XLIV, übersetzt von G. Baillet, zit. in Carlier 2001, 77) Im Kontext des conceptual shift von Heine gesehen heißt dies, dass die 2. Stufe verlassen und die 3. Stufe erreicht wurde: [ ] [A]u cours de la période du moyen français s effectue un processus de désémantisation: la valeur numérale associé à la forme un s affaiblit et n apparaît plus, au bout du parcours, qu à condition d être activée par le contexte. À ce point de l évolution, l article un s est libéré de la tutelle du numéral de l unité et s est autonomisé par rapport à lui (Carlier 2001, 78) Der Teilungsartikel In Kapitel wurde bereits angeführt, dass der Teilungsartikel nach Moignet ab dem 12. Jahrhundert mit dem Plural des indefiniten Artikels konkurriere (ebd. 1973, 102). Nach Carlier (2001, 67) haben du und des im Altfranzösischen zwar noch keinen Artikelstatus, sie stellt aber fest, dass sie sich im Mittelfranzösischen nach und nach verbreiten. Diese Aussagen werden dadurch bekräftigt, dass die Form de + N früh belegbar ist, jedoch nicht, in welcher Funktion. Hier soll auf die Entwicklung des Teilungsartikels geschaut werden. Buridant (2007, 118) unterteilt die Ausbreitung der angesprochenen Form de + N in 4 Phasen: 154 Im Neufranzösischen ist un nicht mehr Numerale der Einheit, sondern grammatischer Marker des zählbaren Singulars (Carlier 2001, 81): L entrée de l article un dans le domaine du générique marque la rupture définitive avec le sens plus concret de l unité numérale. Le caractère obligatoire de un en tant que marque du singulier comptable et de l absence de liage anaphorique permet d expliquer pourquoi cet article finit par évincer le degré zéro de la détermination dans ces trois valeurs référentielles (Carlier 2001, 79). Ausführlicher kann hier nicht auf die Entwicklungen des indefiniten Artikels im Neufranzösischen eingegangen werden. 132

141 manger pain boire vin assez de pain molt de vin assez de Franceis assez des Franceis manger du pain boire du vin + complément boire du vin des chevaliers 1 re phase: absence de partitif spécifique/ générique 2 e phase: ébauche du partitif avec quantificateur + massif/comptable fraction indéterminée d'un tout déterminé spécifique 3 e phase: fraction indéterminée d'un générique (le générique) 4 e phase: construction partitive au pluriel avec des substantifs discontinus Abb. 15: Extension de l emploi du partitif: du partitif spécifique au partitif générique et au pluriel de l indéfini (Buridant 2007, 120) Es lohnt sich, auf die einzelnen Phasen genauer einzugehen. Während der ersten Phase steht der partitif nicht vor Stoffnomina im Singular. Mit einem Quantifikator jedoch konkurriere die Wendung mit de [107] mit jener ohne [106] 155 : [106] Pain et vin et bacons salez, Et bués et pors avons assez Por vandre, se besoinz estoit (Le Roman de Perceval ou le Conte du Graal, zit. in Buridant 2007, 118) 'Nous avons une importante quantité de pain et de vin, de jambons salés, de porcs et de bœufs, pour vendre, si besoin est' (Übersetzung entnommen aus Buridant 2007, 118) [107] Et poi mangierent et poi burent, car poi avoient de viande (La Conqueste de Constantinople, zit. in Buridant 2007, 118) 'Et ils mangèrent peu et ils burent peu, car ils avaient peu de vivres' (Übersetzung entnommen aus Buridant 2007, 118) Auch mit le plus und der damit einhergehenden Extraktion aus der Gesamtgruppe steht de ('die meisten von X'): [108] Et de ses chevaliers le plus O lui vendront de sa mesnie (Le Roman de Tristan, zit. in Buridant 2007, 84) 155 Die Hervorhebungen (Fettdruck) in den Beispielen aus Buridant (2007) stammt von S.G. 133

142 'Et la plupart des chevaliers de sa maison l accompagneront' (Übersetzung entnommen aus Buridant 2007, 118) Bei Negationen mit nicht gänzlich grammatikalisierten Ausdrücken wie goute, mie, nïent, rient, point, die eine winzig kleine Quantität ausdrücken, steht de. Diese Winzigkeit wird aus der Gesamtheit extrahiert (ebd.): [109] Rollant respunt: Jo n ai nïent de mel (Chanson de Roland, zit. in Buridant 2007, 118) 'Roland répond: Je n ai pas la plus petite douleur' (Übersetzung entnommen aus Buridant 2007, 118) Auch die Konstruktion aus de + Artikel und Quantifikator ist in den Texten des 12. und 13. Jahrhunderts belegt (ebd.): [110] Sire, dist Carlemains, er sair nus herbergastes, Del vin et del claret asez nus en donastes (Le Voyage de Charlemagne à Jérusalem et à Constantinople, zit. in Buridant 2007, 118) 'Sire, dit Charlemagne, hier soir vous nous avez donnée l hospitalité, vous nous avez offert à profusion du vin et de l hydromel' (Übersetzung entnommen aus Buridant 2007, 118) In der zweiten Phase wird de + def. Artikel mit einem spezifizierten Substantiv genutzt und drückt einen unbestimmten Teil eines spezifischen Ganzen aus, parfaitement déterminé par une relative, un complément de nom, ou par le contexte, et devant la référence (Buridant 2007, 118). Dieser Gebrauch sei bereits ab dem 12. Jahrhundert belegt (vgl. auch Foulet 1974, zit. in Englebert (1996, 9), der diesen Gebrauch als die initiale Stufe des Teilungsartikels sieht). Es ist so möglich, eine fraction catégorielle (Buridant 2007, 119) zu markieren, wie zum Beispiel in [111]: [111] Il sont de cels par qui nos somes deserité, et il sont des chevaliers aventureus (La Queste del saint Graal, zit. in Buridant 2007, 119) 'Ils font partie de ceux qui nous sommes dépouillés, et ils sont du nombre des chevaliers en quête d aventure' (Übersetzung entnommen aus Buridant 2007, 119) In Bezug auf einen generischen Gebrauch ist das Ziel in dieser Phase noch nicht erreicht: À cette étape, le partitif + article ne s emploie pas avec le générique non spécifié, dans un contexte non thétique. In Stufe 3 jedoch kann de + Artikel, so Buridant, je mehr der be- 134

143 stimmte Artikel anfängt, generisch genutzt zu werden, für eine nicht bestimmte Quantität aus einem tout massif das selbst auch unbestimmt ist stehen (ebd. 2007, 119): [112] Si li donra un de ces jors un baceler qui du pai li gaaignera par honor (Aucassin et Nicolette, zit. in Buridant 2007, 119) 'Bientôt il lui donnera pour époux un jeune homme qui lui gagnera honorablement de quoi manger' (Übersetzung entnommen aus Buridant 2007, 119) In der letzten (der vierten) Phase bekommt de + Artikel eine indefinite Bedeutung: [L]a forme des est alors employée avec des substantifs discontinus pour marquer le prélèvement d une pluralité d exemplaires sur un ensemble d éléments pris dans un sens générique, mangier des pommes concurrençant l emploi mangier pommes. Die ersten Belege für des im Gebrauch eines Plurals des indefiniten Artikels und alternierend mit der artikellosen Form finden sich im 13. Jahrhundert (Buridant 2007, 119). Englebert sieht die Position des Teilungsartikels im Altfranzösischen sehr eingeschränkt, so könne er nur vor Nomen in der Funktion eines direkten Objekts stehen und benötige ein verbe transitif direct, das ihn regiert. Diese Gruppe umfasst also nicht alle Verben, die das Kriterium der Transitivität erfüllen. Im 12. Jahrhundert können nur etwa 20 Verben ein direktes Objekt mit Teilungsartikel nach sich ziehen, darunter z.b. avoir, boire, donner, mangier, mettre und prester als die häufigsten. Erst im 13. Jahrhundert würde die Liste ein wenig länger (Englebert 1996, 11). Sie macht eine weitere Einschränkung, indem sie sagt, dass le DE «article partitif» de l ancienne langue est strictement utilisé en combinaison avec un quantifiant (ebd. 1996, 12). In diesem Zusammenhang ist ein Beispiel aus Buridant (2007) interessant, der aufzeigt, dass es in Verbindung mit einem Quantifikator durchaus auch zur Auslassung des partitiven de kommen kann: Cependant, avec un quantificateur, la tournure avec de marquant l extraction concurrence assez tôt la tournure sans de, qui s impose en position détachée, et peut perdurer (ebd. 2007, 118): [113] Pain et vin et bacons salez, Et bués et pors avons assez Por vandre, se besoinz estoit (Le Roman de Perceval ou le Conte du Graal, zit. in Buridant 2007, 118) 'Nous avons une importante quantité de pain et de vin, de jambons salés, de porcs et de bœufs, pour vendre, si besoin est' (Übersetzung entnommen aus Buridant 2007, 118) 135

144 Doch zurück zu den Restriktionen. Unter ancienne langue versteht Englebert wohl nur die Sprache bis einschließlich zum 12. Jahrhundert und sagt, dass [l]es conditions d emplois de l «article partitif» de l ancienne langue sont ainsi apparues strictement délimitées: on rencontre cet «article» uniquement en alliance avec un quantifiant, devant le nom objet singulier, concret et dense de verbes transitifs fragmentatifs (ebd. 1996, 13). Diese Restriktionen seien jedoch kurz darauf weniger geworden, in seinen Ausführungen beginnt dieser Prozess nach dem 12. Jahrhundert. Was die Notwendigkeit eines Quantifikators betrifft, so bleibe diese als einzige Restriktion erhalten (ebd. 1996, 21). Bereits in der langue ancienne sei es vor allem der bestimmte Artikel gewesen, der diese Rolle übernahm. Interessant ist jedoch die Restriktion, was die Objektposition betrifft. So ist der Teilungsartikel heute nicht mehr an das direkte Objekt gebunden, das Vorkommen vor Nomen in Subjektposition sei jedoch nicht sehr zahlreich (Englebert 1996, 27). Vielleicht ist dies der Grund dafür, dass das folgende Beispiel von Corblin (1987, zit. in Marchello-Nizia 2006, 203) diskussionswürdig erscheint: [114] Des arbres ont besoin d eau pour vivre. Marchello-Nizia selbst sagt, dass dieser Gebrauch zum Ausdruck von Generizität möglich sei, jedoch eher contraint (ebd. 2006, 203). Riegel, Pellat und Rioul (2006, 296) argumentieren, dass [l]es GN partitifs sont rarement en position de sujets, sauf avec un prédicat évènementiel (donc spécifiant et imposant des limites) qui assure leur ancrage discursif: Du pain se trouvait sur la table -? Des haricots accompagnaient le rôti ne sont guère acceptables, mais on peut trouver: Du sang tachait sa veste De l eau a coulé sous les ponts. 3.3 Die Verwendung des Artikels im Altkatalanischen Als Letztes soll in diesem Kapitel der Artikel im Altkatalanischen betrachtet werden. Bedauerlicherweise ist die Forschungsliteratur hier noch nicht so reich wie jene zum Artikelgebrauch im Altfranzösischen oder Altspanischen, so dass an dieser Stelle hauptsächlich auf eine Arbeit von Anfós Par (1923) zur Syntax in den Prosaschriften von Bernat Metge Bezug 136

145 genommen wird. Auch wenn die beiden Werke 156, auf die Par sich bezieht, aus dem Jahre 1398 stammen und somit knapp ein Jahrhundert nach den in dieser Arbeit untersuchten Texten verortet sind, bieten sie dennoch einen umfassenden Überblick über den Artikelgebrauch Ende des 14. Jahrhunderts und Einblicke in jenen zuvor. Zunächst erfolgt, wie bei den Betrachtungen zum Spanischen und zum Französischen, die Auseinandersetzung mit dem definiten Artikel (Kapitel 3.3.1) und dem indefiniten Artikel (Kapitel 3.3.2), bevor abschließend noch ebenso wie im Französischen der Teilungsartikel (Kapitel 3.3.3) thematisiert wird Der definite Artikel im Altkatalanischen Bereits im Vorfeld, bei den Betrachtungen zum Spanischen und Französischen, wurde deutlich, dass es vor allem die Subjektposition ist, die dem Artikelgebrauch die Tür öffnet bzw. die Position ist, die eine Verbreitung des Artikels erleichtert. Dies stellt Par auch für das Katalanische fest: Sa sobiranía en la proposició lo feya més independent, y, en conseqüencia, apte pera rebre lo novell determinatiu. Per aço en lo subjecte es ahont trobem la regió més lògica del article; [ ] Los règims, complements i predicats, en cambi, oposaren gran resistencia a dexar introduhir lo novell mot entre l verb y l sustantiu, entre la proposició y l sustantiu. La conexió d aytals elements era tan forta y íntima, qu en diversos casos hem heretada la frase com encunyada sens article, y aixís la usem encara avuy a despit de totes les regles estatuhides artificialment (Par 1923, 66). Die Beispiele, mit denen Par arbeitet, beziehen sich sowohl hier als auch bei der Betrachtung von NPs in anderen als der Subjektfunktion auf substantius presos individualment und nicht auf ihren Gebrauch mit generischer Bedeutung, da die Auslassung in diesem Fall eine aprovació lògica (Par 1923, 66) 157 habe. Die folgende Auflistung soll einen Überblick über den Gebrauch des bestimmten Artikels geben: - Mit direktem Objekt: häufige Aussparung des Artikels 156 Es handelt sich um das Werk Lo somni und die Übersetzung von Petrarcas Historia de Valter e Griselda: La historia de Griselda apareix en la obra italiana exposada en termes qui difereixen ben poch d aquests en que l nostre Bernat Metge ns la donà trelladada al català. Ab la circumstancia de que aquesta traducció no fou feta sobre el text italià de Boccacci [sic!], sinó sobre una traducció llatina que Petrarca feu de la susdita novella (Miquel y Planas 1910, VIII ). 157 Vergleiche hierzu Par selbst: Es palès, donchs, que segons lògica, hauría de portar article definit tot nom, quan ne volguem designar un indivíduu, isolat y com apart de l especie; y que, en cambi, quan volguem expressar aquesta en conjunt o una part d aquesta enterament indeterminada, hauríem de suprimir l article, aixís com, noresmenys, ab aquells noms qui son ja precisament uns (ebd. 1923, 65). 137

146 [115] han desiyat mort daltre 158 (Par 1923, 66) [116] piyor staria a mi no deffendre veritat (Par 1923, 66) Es findet sich jedoch bereits bei Metge ein häufiger Artikelgebrauch bei Substantiven mit sentit individual und sogar bei jenen mit sentit general indeterminat (ebd. 1923, 67): [117] no est bona sino a lavar les scudelles 159 (Par 1923, 67) [118] si trigue en dir la missa (Par 1923, 67) - Mit adverbialen Ergänzungen: Die Auslassung des Artikels zwischen der Präposition und dem Substantiv ist deutlich häufiger, wobei sich Unterschiede je nach Präposition zeigen (ebd. 1923, 67 f.): a) en: Die Präposition en ist nach Par die Präposition, die sich am stärksten der Setzung des Artikels entgegenstellt 160. b) a: Hier bezieht sich Par nicht nur auf adverbiale Ergänzungen, sondern auch auf den Gebrauch bei einem indirekten Objekt, wobei die Auslassung des Artikels bei einem Dativobjekt seltener sei, da es sich um locucions menys esteriotipades (Par 1923, 67) handle. Die Präposition a habe vielleicht wie en im selben Maße der Setzung des Artikels entgegengestanden, vor allem in kausaler und finaler Bedeutung. c) de: Die Einheit von Präposition de und Nomen sei bei Metge bereits schwächer, so dass die Auslassung des Artikels nicht so häufig sei. d) per: so wie zu Pars Zeit 161. e) andere Präpositionen: Mit anderen Präpositionen sei die Artikelauslassung seltener. 158 Par (1923) markiert (kursiv) in den Beispielen die NPs, die den Sachverhalt illustrieren. Hier werden die entsprechenden NPs fett gedruckt. 159 Zu Pars Zeit jedoch lavar escudelles (vgl. ebd. 1923, 67). 160 Par weist darauf hin, dass in fast allen hierfür angeführten Beispielen auch heute (also zu seiner Zeit) in den auf en folgenden NPs kein Artikel stehe (ebd. 1923, 67). 161 Zum Gebrauch von per und seinen Ergänzungen im heutigen Katalanisch s. Badia (1995, 226 ff.). 138

147 - Mit dem Adverb com (Komparativ): Das Adverb com widersetzt sich fortament der Zulassung des Artikels, und so finden sich in der Frühzeit des Katalanischen Beispiele wie das folgende: [119] lo feu fugir aixi com leo fa 162 (Par 1923, 68) Dem Substantiv kommt hier eine generische Bedeutung zu. Bei Metge findet sich jedoch der Gebrauch mit Artikel: [120] los espanta els feu fugir axi com lo leo lo cervo (Par 1923, 69) - Vor dem Prädikatsnomen stehe im Altkatalanischen fast nie ein Artikel: [121] la presencia del sol que era causa d aquell (Par 1923, 69) [122] Penolope muller de Ulixes volia morir (Par 1923, 69) Auch wenn die Prädikatsnomen dieser Beispiele bestimmt und bekannt sind und so einen Artikel tragen könnten, würde sich in dieser Konstruktion im Altkatalanischen dennoch kein Artikel finden (ebd. 1923, 69). - Nicht präpositionale Attributivkonstruktion aus zwei spezifischen Nomen: qualque resistencia a l adopció del article, und das obwohl la llengua senti cada cop més logicament y clara, que des lo moment qu havem un substantiu determinat, ço es assaber conegut, l article ha de concórrer a anunciar dita determinació (Par 1923, 69). - Einer Konstruktion aus einem spezifischen Substantiv und einem Adjektiv geht normalerweise ein Artikel voran: lo bon metge; lo pus alt lloch; la part contraria. Wenn diese Konstruktion jedoch eine qualitat intelectual oder eine proprietat corporal bezeichnet, lässt Metge den Artikel aus (Par 1923, 69): [123] home ab sana pensa (Par 1923, 69) [124] vell ab longa barba e sens ulls (Par 1923, 69) Dies ist jedoch bei Metge nicht einheitlich, wie das folgende Beispiel zeigt: 162 Keine Hervorhebung in Par (1923, 68) 139

148 [125] lo prohom ab la barba longa (Par 1923, 70) Dies liege daran, so Par, dass Metge den 'angesehenen Mann' (prohom) als bekannt annimmt. - 'Sant' + Substantiv: Hier steht bei Metge kein Artikel (mit einer Ausnahme: la sancta Trinitat). Wenn Eigennamen von einem anderen Adjektiv als sant bezeichnet werden, dann steht der Artikel: la verge Maria. Wenn das Adjektiv jedoch dem Substantiv nachgestellt ist, lässt Metge den Artikel aus (Par 1923, 70). - In absoluten Partizipialkonstruktionen steht bei Metge stets der Artikel, wenn keine andere Determinante vorhanden ist (ebd. 1923, 70). - Einer Konstruktion aus einem spezifischen Substantiv und einem weiteren Substantiv geht ebenfalls im Allgemeinen ein Artikel voraus, es sei denn, das eine Substantiv ist ein Eigenname und das andere ein genèrich de títol. Hier findet sich eine häufige Auslassung des Artikels, die auch noch in der Zeit von Metge andauert, wobei er im Allgemeinen den Artikel setzt (Par 1923, 70): [126] del rey Artus (Par 1923, 70) [127] les arpies Aelo, Occipite, e Celeno, les parques Cloto (Par 1923, 70) Mit geistlichen Bezeichnungen wie papa, sor etc. hingegen ist der lateinische Einfluss stärker gewesen: [128] havets feta part ab papa Clement (Par 1923, 70) - Substantive in Apposition tragen bei Metge nie einen Artikel. Dies führt Par darauf zurück, dass die Nachstellung gewöhnlich eine unbekannte Erklärung einführe (ebd. 1923, 70). - Vor den Indefinita un und altre standen im Altkatalanischen keine Artikel, bei Metge jedoch schon. [129] la un dels quals era jove fort bell e lo altre era molt vell (Par 1923, 72) 140

149 In dem Beispiel sticht der Gebrauch des definiten Artikels in seiner femininen Form vor un hervor. Metge benutzt diesen immer vor un 163. Es finden sich keine Beispiele bei ihm, in denen un ohne, aber altre mit Artikel benutzt wird, so wie dies zu Pars Zeit passiert (en un peu portava çabata y en l altre espardenya) (Par 1923, 72). - Nomen, die die Uhrzeit, Wochentage, Monate etc. ausdrücken, stehen (aufgrund eines lateinischen Einflusses) ohne Artikel (Par 1923, 72). Aber wie am Rande schon deutlich wurde, sind es nicht nur syntaktische Ursachen, die zu einer Auslassung oder einer Setzung des Artikels führten: En les construccions ahont cap preposició, conjuncció, element proposicional (règim directe, predicat, etc.) bandejà l article, l ús d aquest ve logicament determinat per sa significança; si l objecte es conegut o presuposat va precehit pel article, y aquest manca en cas contrari (Par 1923, 72). Nun soll auf die Ausnahmen, die sich mit Blick auf die gemachten Ausführungen ergeben, geschaut werden. Hierzu dient wieder Par (1923). Dieser führt zunächst Eigennamen an. Es wird deutlich, dass es bei diesen keine einheitliche Regelung 164 gibt, sondern die unterschiedlichen Typen von Eigennamen sich unterschiedlich verhalten. Eigennamen von Personen (zum Beispiel Gesprächspartner) tragen nie einen bestimmten Artikel, auch nicht, wenn es sich um berühmte Persönlichkeiten handelt: [130] entre Virgili e Homero (Par 1923, 73) [131] diu Petrarca (Par 1923, 73) [132] aquella que Julia, filla de Julius Cesar hague a Pompeu (Par 1923, 73) Geographische Eigennamen (z.b. Nationen, Grafschaften, Dörfer etc.) stehen ohne Artikel. Eigennamen von Bewohnern hingegen werden im Katalanischen, so Par, nicht als Eigennamen, sondern als qualificatius d un substantiu suplert gesehen und tragen in dieser Bedeutung einen Artikel: los romans, los moros, regina dels Assirians (Par 1923, 73). Die Eigen- 163 Es scheint sich hier nicht um eine Eigenheit von Metge zu handeln, auch bei Ramon Llull findet sich der feminine definite Artikel vor un (sowohl in seiner Funktion als indef. Artikel als auch als Numerale) und wird hier als die solució normal im Katalanischen des Mittelalters beschrieben (Martí i Castell 1981, 74). 164 Mit einheitlicher Regelung meinen wir eine Tendenz, an der wir uns orientieren und von der wir Ausnahmen bestimmen können. 141

150 namen von Bergen, Flüssen etc. tragen einen Artikel, jene von Inseln und Seen hingegen nicht. Büchernamen tragen einen Artikel (lo Genesi), Namen von coses úniques en llur especie hingegen gewöhnlich nicht: [133] de Purgatori e Paradis not sabria dir noves (Par 1923, 73) Vor Gattungsnamen steht der Artikel, wenn Metge sich auf ein oder mehrere bekannte Mitglieder der Klasse bezieht. Im Gegensatz dazu wird der Artikel ausgelassen, wenn das Nomen sich auf die ganze Klasse bezieht, es also in einer universellen oder abstrakten Bedeutung gebraucht wird: Quan designen [els noms comuns o apelatius] un o diversos ens, no com a l especie a que pertanyen, ans precisament aquells indivíduus que ja n conexem, usa Metge l article, tal com fem avuy. [ ] Emperò, si designen en conjunt tota l especie a la qual pertany un nom, ço es, quan esmercem aquest en un sentit universal y abstracte [ ], es vijarés qu hauriem de suprimirlo (Par 1923, 74). Als Letztes schaut Metge im Rahmen der Ausnahmen vom oben beschriebenen Artikelgebrauch auf die Stoffnamen. Wenn diese eine unbestimmte Teilmenge ausdrücken, sei es im Singular, wenn der Stoff, auf den sich das Nomen bezieht, nicht in Einzelteile geteilt werden kann, sei es im Plural, si [llur ( = Stoffnamen) significança] es d objectes reproduhits, steht kein definiter Artikel (Par 1923, 75): [134] donels a beure aur fus (Par 1923, 75) [135] los enveiosos giten veri (Par 1923, 75) [136] multitut d arbres roques, pedres, serps, cervos, lehons, falcons, aguiles, perdius, faysans e altres moltes besties (Par 1923, 75) Bei Stoffnamen, die keine Teilmenge bezeichnen, sondern eine allgemeine Bedeutung haben, zeigt sich von Metge bis zu Pars Zeit eine andere Entwicklung als in der Frühzeit des Katalanischen: Quan són [Stoffnomen] usats en sentit general, comprenent tota la mena de materia, si aquesta no es divisible en individualitats, o bé designant ab una individualitat tot lo conjunt d aquests, apar que, talment com los substantius abstractes, no hauríen de 142

151 portar article. Axís era en lo començament de la llengua. Emperò, Metge usa molt sovint l article, com avuy fem sempre [ ] (Par 1923, 75). Ramon Llull hingegen, so Par, nutzt den Artikel in diesen Fällen nicht. Wenn Stoffamen ein anderes Nomen bestimmen (verbunden durch die Präposition de) und diese selbst keine weitere Determinante verlangen, tragen sie niemals einen Artikel (ebd. 1923, 75): [137] rius daygua clara (Par 1923, 75) [138] rius de let (Par 1923, 75) [139] tapits de seda (Par 1923, 75) Der Artikel verlange, so Par, eine weitere Bestimmung des Nomens, so zum Beispiel des Substantivs llet (ebd. 1923, 75) Der indefinite Artikel im Altkatalanischen Auch für den indefiniten Artikel wird hier auf die Untersuchung von Par (1923, 86 ff.) zur Syntax Metges zurückgegriffen und der Gebrauch des indefiniten Artikels anhand der von ihm vorgegebenen syntaktischen Einteilung dargestellt. - Mit direktem Objekt: Das Altkatalanische zeigt eine ebenso große oder größere Resistenz gegenüber dem indefiniten Artikel in Objektposition wie gegenüber dem definiten (Par 1923, 80). - Bei adverbialen Ergänzungen, oder, allgemeiner gesprochen, nach Präpositionen, so Par, lässt Metge den Artikel deutlich häufiger aus, als es im Sprachgebrauch zu Zeiten Pars selbst zu beobachten ist. [140] per fembra mori Nabot (Par 1923, 80) [141] per crim capital per lo pretor a mort condempnada (Par 1923, 80) - Mit dem Adverb com (Komparativ): Wenn com Stoffnamen einführt und diese unbestimmt sind, dann stehen sie ohne den unbestimmten Artikel: 143

152 [142] fassen tornar negres com a carbo (Par 1923, 81) [143] esquivales com a lamps (Par 1923, 81) Bei konkreten Substantiven kann der indefinite Artikel gesetzt oder ausgelassen werden, wenn der Vergleich nicht precisa quin indivíduu. Metge lässt ihn aus: [144] Com bossa de pastor (Par 1923, 81) - Das Prädikatsnomen ist oft nicht individualisiert und unbekannt. In diesen Fällen ist der erforderliche Artikel der unbestimmte, der jedoch im Katalanischen zu Zeiten von Par relativ häufig und im Katalanischen Metges fast immer ausgelassen wird. Ebenso steht auch kein Artikel, wenn das Prädikat von einer Präposition eingeleitet wird: [145] tenen per bestia tot hom qui (Par 1923, 81) - Bestimmte Nomen Substantiv + Präposition + Substantiv: Für gewöhnlich wird der Artikel gesetzt. Bei Metge findet sich jedoch kein Beispiel. Substantiv + Adjektiv: Teilweise heftige Resistenz gegenüber dem Artikel, bei Metge steht er jedoch für gewöhnlich: [146] anant per un cami fort long e molt scur (Par 1923, 81) [147] parlant ab tu axi com ab bon amich (Par 1923, 82) - Einige Adjektive behindern die Artikelsetzung: a) Indefinite Adjektive: mig [bei Par mitg (ant.)], terç/quart, etc., cert, altre In diesen Fällen lässt Metge im Allgemeinen den Artikel aus, wobei es im Fall von altre Gegenbeispiele gibt. b) Adjektive der Art und der Quantität 165 : Bei gran mit quantitativer Bedeutung ('molt') steht der indefinite Artikel bei Metge fast nie: [148] es de gran necessitat (Par 1923, 82) 165 Par gibt selbst an, dass es sich in einigen Fällen um Adverbien handelt (ebd. 1923, 82), bezieht sich aber nur auf gran und zwei unterschiedliche Bedeutungen. 144

153 [149] has feta gran festa de la sciencia (Par 1923, 83) - Wenn der Referent des Nomens unbekannt ist und die Negation der indefiniten NP einer Negation der ganzen Klasse gleichkommt, dann wird der Artikel ausgelassen und das Substantiv mit sentit universal genutzt (ebd. 1923, 84): [150] no es animal en lo mon menys net que fembres (Par 1923, 84) [151] impossible es que dona del mon pogues haver la paciencia de Griselda (Par 1923, 84) - Auch wird der Artikel bei Stoffnamen ausgelassen, especificant un objecte : [152] no havia prest ferre ab ques matas (Par 1923, 84) - Vor tal + N steht bei Metge ebenso wie vor tant + Adj. + N kein Artikel: [153] que sia desituhit de tal amich (Par 1923, 84) [154] havets aconseguit gracia tant gran (Par 1923, 84) Der Teilungsartikel 166 im Altkatalanischen Zu Zeiten von Metge findet sich vor Nomen, die mit einer partitiven Bedeutung gebraucht werden, noch teilweise der Teilungsartikel. Dies führt Par auf einen spätlateinischen Einfluss zurück. Es finden sich bei Metge Beispiele wie (ebd. 1923, 85): [155] E que per arrear se be, a lur juy, dels cabells blanchs nols fassen tornar negres (Par 1923, 85) Auch beim emphatischen Gebrauch des Pronoms en steht der Teilungsartikel (ebenso wie im modernen Sprachgebrauch): 166 Es ist bekannt, dass der Teilungsartikel im Katalanischen nur in wenigen Konstruktionen erhalten ist, so in Konstruktionen wie una mica/un poc/un xic + de + N und jenen mit dem Pronomen ne [bzw. en] (s.o.) (vgl. Par 1923, 85). 145

154 [156] pens que de semblants ne pogues trobar hom (Par 1923, 85) Generell stellt Par für den Gebrauch des Teilungsartikels bei Metge fest, dass Metge l usava [den Teilungsartikel] molt més liberalment ab los pronoms indefinits, havent d ésser remarcat qu aquests en català no s presenten ab la valua substantiva independent, ans ab l adjectiva, y, en conseqüencia, concorden en genre y nombre ab los substantius determinats, malgrat l existencia de la preposició. Es precisament lo fet qu en nostra llengua aytal concordança hi sigui tan generalitzada, ço que m fa discrepar del criteri de Meyer-Lübke, qui pren les designacions numèriques generals (ço es los pronoms indefinits) ab valua substantiva. No: es simplement per llur valua adjectiva que hi ha concordança sens importar l existencia de la preposició, la qual precisament per aquest motiu consider en aytals construccions com a mer article partitiu [ ] (Par 1923, 85). 4. Der Gebrauch von HOMO in den frühesten Sprachstufen des Spanischen, Französischen und Katalanischen Nachdem in den letzten Kapiteln der Grammatikalisierungspfad von HOMO vorgestellt und situiert wurde und die Artikelentwicklungen in den drei Untersuchungssprachen genauer betrachtet wurden, soll mit den gewonnenen Erkenntnissen das Augenmerk nun auf den HO- MO-Grammatikalisierungen in unseren drei Untersuchungssprachen liegen. Bevor die Ergebnisse aus dem Untersuchungskorpus dieser Arbeit vorgestellt werden und damit ein Vergleich des Grammatikalisierungstands im 13. Jahrhundert ermöglicht wird, soll zunächst mittels der Forschungsliteratur ein diachroner Überblick über die Grammatikalisierungsgeschichten der drei UMPs in ihrer jeweiligen Sprache gegeben werden. Entgegen der Analyse in Kapitel 5, wo die Betrachtungen entsprechend den unterschiedlichen Betrachtungsprämissen der Grammatikalisierung organisiert sind, erfolgt die Darstellung in diesem Kapitel separiert nach Sprache, um dem Leser eine sprachinterne Einführung in die HOMO-Grammatikalisierung des Französischen, Spanischen und Katalanischen zu geben und so ein Fundament für die synchrone Betrachtung des 13. Jahrhunderts zu schaffen. 4.1 Alt- und Mittelfranzösisch In den sieben Kontexten, die Welton-Lair für den indefiniten Gebrauch von HOMO im klassischen Latein ausmacht, kann on auch im Altfranzösischen (ebd. 1999, 31 ff.) stehen. Der Ge- 146

155 brauch in den gleichen Kontexten deutet darauf hin, dass er seine Wurzeln in ebendiesen Konstruktionen im klassischen Latein hat (ebd. 1999, 33). Sie macht daneben jedoch auch zwei große semantische und syntaktische Entwicklungen aus, die aus der Grammatikalisierung resultieren. On kann nun in aktualisierten Kontexten stehen, und zwar mit einem imperfektiven oder einem perfektiven Verb. Es benötigt dennoch keine MANAs für eine indefinite Lesart, even though it occurs consistently in time-linked, actualized contexts (ebd. 1999, 35). Die Indefinitheit ist also ein semantisches Merkmal von HOMO im Altfranzösischen geworden und nicht mehr vom Kontext abhängig (ebd. 1999, 36). Darüber hinaus hat on pronominale Funktionen erlangt, vor allem in passiv-äquivalenten Konstruktionen. Hier erfüllt es die grammatikalische Rolle eines Subjekts bzw. Agens (ebd. 1999, 36). Diese Pronominalität zeigt sich sowohl semantisch als auch syntaktisch: Semantically, it functions as an indeterminate subject/agent in an active construction with passive value. Therefore it is interpreted as a grammatical marker whose role is simply to function as a place filler to satisfy the valency requirements of the verb for an overt grammatical subject. Syntactically, on has a very restricted syntactic distribution in passive-equivalent constructions of this type. In this context, it may not be modified in any way except with the definite article [ ] (Welton-Lair 1999, 38). Vor dem Hintergrund der kontextuellen Entwicklung, also jener, der zufolge on im Altfranzösischen sowohl in aktualisierten als auch in nicht aktualisierten Kontexten stehen kann, stellt Welton-Lair fest, dass das gemeinsame Merkmal, das die beiden historisch verbindet, das imperfektive Verb ist: [ ] [I]n Classical Latin, the only contexts in which non-specific homo could occur without a MANA such as si or nemo was in non-actualized contexts in combination with an imperfective verb, specifically, in gnomics with the present tense and in the homo potest construction with the modal potest. In Old French, on may likewise occur with an imperfective verb in the absence of MANA; but in both non-actualized and actualized contexts [ ]. This would suggest that homo/on spread to actualized contexts in collocation with the imperfective verb. In addition, since the only types of constructions in which non-specific homo could occur with an imperfective verb in the absence of MANA were gnomics and the homo potest construction, it is likely that homo/on spread to actualized contexts in these constructions (ebd. 1999, 39 f.). Es ist also hauptsächlich aufgrund des Verbs, warum HOMO in gnomischen Sätzen und in jenen mit der HOMO potest-konstruktion eine indefinite Lesart zukommt, weil gewöhnlich keine MANAs in diesen vorhanden sind. Mit dem erhöhten Gebrauch von HOMO in aktualisierten Kontexten ohne MANA unterliegt HOMO eben auch nicht mehr dem Zwang, mit ei- 147

156 nem MANA zu stehen. Dieser Umstand und der imperfektive Aspekt als Verbindung zwischen dem Gebrauch von HOMO im klassischen Latein und den neuen Funktionsweisen von on im Altfranzösischen führen Welton-Lair zu dem Schluss, dass gnomische Sätze und die HOMO + potest-konstruktion die Wurzeln für on sind (ebd. 1999, 40). Im Folgenden soll genauer auf die einzelnen Konstruktionen im Altfranzösischen geschaut werden, die da wären: on doit -Konstruktion, on peut-konstruktion, on + imperfektives Verb - Konstruktion, on dit-konstruktion. a) On doit - Konstruktion Im Altfranzösischen verzeichnet die Konstruktion einen Anstieg 167 in der Häufigkeit (von 4,2 % im Spätlateinischen auf 8,4 % der für on belegten Token) und eine Ausweitung auf Verben mit relativ starker Valenz. Als Konsequenz daraus kann die Konstruktion im Altfranzösischen neben direkten Objekten auch mit indirekten Objekten stehen, die auf spezifische Entitäten verweisen. Außerdem kann die on doit-konstruktion in Kontexten stehen, in denen on mit einer Referenz auf eine spezifische Gruppe von Individuen interpretiert werden kann (Welton-Lair 1999, 75 ff.). Der mögliche Verweis auf eine spezifische Gruppe von Individuen auch in nicht aktualisierten Kontexten sei ein Zeichen dafür, dass die im Spätlateinischen noch kontextinduzierte referenzielle pluralische Bedeutung von HOMO im Altfranzösischen zu einer inhärenten semantischen Eigenschaft von on geworden ist (ebd. 1999, 78). Ein weiteres Zeichen für die Erlangung pronominaler Eigenschaften ist die Tatsache, dass on in dieser Konstruktion im Altfranzösischen nur ohne Modifikation steht (ebd. 1999, 79). b) on peut - Konstruktion Die on peut-konstruktion ist (wie die zuvor besprochene on doit-konstruktion) relativ häufig im Altfranzösischen zu finden, verzeichnet jedoch einen merklichen Rückgang im Gebrauch entsprechend der spätlateinischen Verwendung zum Ausdruck einer Charakteristik eines Ortes oder eines Ereignisses. Dennoch hat sich on in dieser Konstruktion auf eine relativ große Bandbreite von Verben ausgedehnt. Stand die Konstruktion im Spätlateinischen noch mit Verben, die grundlegende menschliche Aktivitäten ausdrückten, breitet sie sich im Altfranzösischen auf Verben aus, die spezifischere Arten physischer Aktivitäten (z.b. 'finden', 'an- 167 Welton-Lair (1999, 75) selbst spricht von einem leichten Anstieg ( small increase ). Hier hingegen soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass der Wert nominell zwar noch relativ gering ist, er sich jedoch verdoppelt hat. 148

157 kommen', 'führen' etc.) ausdrücken. Darüber hinaus wird die Konstruktion nun auch mit zwei weiteren Verbarten benutzt (Verben der Einschätzung und Verben des Sagens und Meinens) (Welton-Lair 1999, 79 f.). Die on peut-konstruktion (ebenso wie die on doit-konstruktion) kann mit Verben mit relativ starker Valenz in passiv-äquivalenten Konstruktionen mit einem direkten Objekt in der Funktion des Themas/Topiks stehen. Dies sei eine Weiterentwicklung der Ausbreitung der Konstruktion auf weitere Verbarten wie die Verben des Sagens und Meinens. Auch kann die Konstruktion (ebenso wie die on doit-konstruktion) in Kontexten stehen, in denen on als Referenz auf eine spezifische Gruppe von Individuen interpretiert wird (ebd. 1999, 81 f.). Die Tatsache, dass diese Referenz auch in nicht aktualisierten Kontexten möglich ist, zeige ebenso wie schon zuvor für die on doit-konstruktion festgestellt, dass die im Spätlateinischen noch kontextinduzierte referenzielle pluralische Bedeutung von HOMO im Altfranzösischen zu einer inhärenten semantischen Eigenschaft von on geworden ist (ebd. 1999, 83). Auch steht on in der Konstruktion ohne Modifikatoren und habe mit seinem Gebrauch als Subjekt bzw. Agens in passiv-äquivalenten Konstruktionen eine klare grammatikalische Funktion. Diese Umstände deuten, so Welton-Lair, auf eine relativ weit vorangeschrittene Grammatikalisierungsstufe hinsichtlich der Pronominalität von on in dieser Konstruktion hin (ebd. 1999, 83). c) on + imperfektives Verb Die on + imperfektives Verb-Konstruktion geht im Altfranzösischen leicht zurück. Ebenso wie im Spätlateinischen ist sie zeitgebunden. Neben seiner dominanten Bedeutung im Sinne von '(any)one' kann on in einer peripheren Bedeutung in dieser Konstruktion auch als Verweis auf 'Leute (im Allgemeinen)' interpretiert werden (eine Referenz auf alle Individuen, die zu dem Zeitraum oder zu der besagten Gemeinschaft gehören) (Welton-Lair 1999, 84). Ebenso wie in den beiden zuvor dargestellten Konstruktionen zeigt auch die on + imperfektives Verb- Konstruktion eine Tendenz, mit Verben relativ hoher Valenz in Kombination mit einem direkten Objekt in der Funktion des Themas/Topiks zu stehen. In diesen Fällen würde die Konstruktion oft als passiv-äquivalent interpretiert (ebd. 1999, 85). Auch der Verweis auf sehr spezifische Gruppen von Individuen ist möglich, aber unlike the on doit and on peut constructions, [ ] the plural reading is dominant [ ]. This is primarily because on is timelinked [vgl. Kapitel und Fußnote 83] and referential. Therefore the action is construed as being carried out uniquely by those individuals (ebd. 1999, 86 f.). 149

158 d) On dit-konstruktion Die on dit-konstruktion erfährt einen merklichen Rückgang im Altfranzösischen (Welton- Lair 1999, 87). Aber welche Änderungen ergeben sich unabhängig von der Häufigkeit? Schon im Rahmen der Besprechung der Konstruktion mit dem Auxiliar peut wurde auf eine Ausweitung der Verbtypen, die mit on stehen können, hingewiesen. In Zusammenhang mit der on dit-konstruktion wird an dieser Stelle noch einmal auf die Verben des Sagens hingewiesen. Im Altfranzösischen kommen aber noch weitere Verben hinzu, mit denen on stehen kann: [I]t may also occur with verbs that denote 'calling', 'naming', 'knowing', 'accusing', 'invoking', 'thinking', 'blaming' and 'lying'. These verbs are grouped together here because they share two important features when they coocur [sic!] with on: they allow the referential, plural meaning of on that is typically peripheral in other constructions to be foregrounded, and at the same time, they allow on to be interpreted as having a grammatical function as a place filler representing an indeterminate subject/agent in a passive-equivalent construction (Welton-Lair 1999, 87 f.). Diese Kombination einer zentralen pluralischen Bedeutung mit einer klaren grammatikalischen Funktion unterscheide, so Welton-Lair (1999, 88), die on dit - Konstruktion von den drei zuvor behandelten. 168 Der referenzielle pluralische Gebrauch gehe auf die Zeitgebundenheit der Konstruktion zurück, da diese die Interpretation einer gleichzeitigen Referenz auf alle Individuen des entsprechenden Zeitraums ermöglicht. Zusammen mit Verben des Sagens und Meinens tendiere die pluralische Bedeutung dazu, in den Vordergrund zu treten (und die singularische Bedeutung im Sinne von '(any)one' trete in den Hintergrund). Dies liege maßgeblich daran, dass diese Art von Verben Aktivitäten darstellt, die gemeinschaftlich von allen Leuten ausgeübt werden, genauer z.b. eben das Sprechen, das Denken, das Wissen, das Meinungsbilden: As such, the on dit construction allows speakers to express opinions purported to be held in common by a people of a particular locale, generation or era. It also expresses the naming habits of a particular people, conventions which are necessarily established collectively 169 (ebd. 1999, 88). Neben dieser pluralischen Bedeutung hat die on dit - Konstruktion, wie bereits erwähnt, eine grammatikalische Funktion, und zwar als place filler in passiv-äquivalenten Konstruktionen (Diese Funktion konnte vom indefiniten HOMO im klassischen Latein und im Spätlatein 168 In diesen findet sich die dominante Bedeutung '(any)one', auch wenn die periphere pluralische Bedeutung in einigen Kontexten in den Vordergrund treten kann (Welton-Lair 1999, 92 f.). 169 Je nachdem, ob der Sprecher Teil der Referenz ist oder nicht, sei die Bedeutung 'Leute (im Allgemeinen)' (im ersten Fall) oder 'sie (3. Pers. Pl.)' (im zweiten Fall) (vgl. Welton-Lair 1999, 89). 150

159 nicht übernommen werden.). Der referenzielle Wert von on in dieser Konstruktion kann also als derart schwach interpretiert werden, dass seine einzige Funktion darin gesehen werden kann, nicht einen aktuellen Aktanten, sondern das von der Valenz verlangte overte grammatikalische Subjekt in passiv-äquivalenten Konstruktionen zu repräsentieren (ebd. 1999, 89 f.). Die Entwicklung von on in Bezug auf seine Funktion als unbestimmtes Subjekt bzw. Agens 170 im Altfranzösischen ist ein durchaus deutlicher Entwicklungsschritt: Recall that in the Late Latin corpus, non-specific homo tends to play a semantically passive role, functioning not as active agent, but rather as patient undergoing the action of the verb, or as experiencer performing an action involving the senses and the mind. This was due to the strong tendency for non-specific homo to occur with verbs of relatively weak valency, such as cognoscere 'to recognize', adspicere 'to perceive', and occiditur 'is killed'. By the Old French period, however, homo/on had spread to verbs of relatively strong valency, particularly in the on dit construction described here where it occurs with verbs of saying and opinion. In combination with these kinds of verbs, on is easily construed as having a fairly strong agentive function relative to the object in that it is felt as actively manipulating the object [ ] (Welton-Lair 1999, 90 f.). Nachdem hier die altfranzösischen Konstruktionen genauer angeschaut wurden, stellt sich die Frage, wie es zur Ausweitung des Gebrauchs von on auf passiv-äquivalente Konstruktionen kommt. Welton-Lair (1999, 93) sieht einen der Hauptgründe im Verlust des synthetischen Passivs im Spätlateinischen. Es bestehe keine Einigkeit in der Forschungsliteratur, wann genau dieser Verlust einsetzt (Sie gibt Ansätze an, die den beginnenden Verlust auf das 6. Jahrhundert datieren und andere, die das 8. Jahrhundert für diesen ausmachen.) 171. Im Altfranzösischen sei die synthetische Form jedoch aus der Sprache verschwunden und durch eine Zahl an alternativen Konstruktionen ersetzt worden, unter ihnen auch die passiv-äquivalente Konstruktion mit on. Diese habe sich bereits zu Beginn des 12. Jahrhunderts in der Sprache gefestigt (ebd. 1999, 94 f.). Nach Welton-Lair kommt der on dit-konstruktion eine Schlüsselrolle bei der Förderung der Ausbreitung von HOMO auf die passiv-äquivalente Konstruktion zu, da on zunächst als Alternative für das synthetische Passiv des Typs dicitur auf diese Konstruktion überging: 170 Die Ausbreitung des nicht spezifischen [ = nicht referenziellen] on in der Funktion des Subjekts bzw. Agens in passiv-äquivalenten Konstruktionen ist auch der Grund dafür, dass on im Altfranzösischen und auch im Neufranzösischen nur in der Position des Subjekts stehen kann: [ ] [G]iven that homo/on spread in its function as subject/agent, the syntactic conditions fostering the grammaticalization of homo/on would have clearly precluded the grammaticalization of its non-normative counterpart; since the non-nominative form, by definition, could not occur in subject position, it failed to grammaticalize. As a result, only the nominative form homo/on grammaticalized, and it was eventually reanalyzed as a non-specific subject pronoun (Welton-Lair 1999, 103). 171 Ein Indiz für einen relativ späten Verlust im Spätlateinischen ist die Tatsache, dass die passiv-äquivalente Konstruktion mit on in der Literatur nicht vor dem Altfranzösischen zu finden ist (Welton-Lair 1999, 96). 151

160 It is likely that, as an alternative to dicitur, homo/on began to be used with greater frequency in the homo dicit/on dit construction, thereby allowing it to acquire the semantic characteristics that would allow it to spread in the two main directions noted earlier, the spread to verbs of strong valency, and the spread to perfective verbs (i.e. actualized contexts describing an event that occurred at a specific moment in the past). Both trajectories would have culminated in the increased use of homo/on in passive-equivalent constructions (Welton-Lair 1999, 96 f.) 172. Die homo dicit - Konstruktion stellt nach Welton-Lair die Übergangsstufe zwischen dem Gebrauch von on mit Verben mit relativ schwacher Valenz im Spätlateinischen und dem Gebrauch mit Verben mit starker Valenz im Altfranzösischen dar. Mit dem vermehrten Gebrauch der Konstruktion als Alternative zum synthetischen Passiv wurde on von den Sprechern mit einer recht starken agentiven Funktion reinterpretiert und konnte so auch auf andere Verbarten mit starker Valenz übergehen (ebd. 1999, 97). Auch hat die on dit Konstruktion, so Welton-Lair, bei der Ausbreitung von on auf perfektive Verben geholfen. Die Eigenschaft, die dabei hilfreich gewesen ist, ist die Zeitgebundenheit, da sowohl die on dit - Konstruktion als auch perfektive Verben zeitgebunden sind (Letztere sind an einen spezifischen Moment in der Vergangenheit gebunden). So sei es möglich, dass on in Analogie von der on dit - Konstruktion auf perfektive Verben überging, als der Gebrauch der Konstruktion häufiger wurde (ebd. 1999, 98). Des Weiteren habe der erhöhte Gebrauch der Konstruktion mit ihrer zentralen pluralischen Bedeutung dazu geführt, dass on auch auf Kontexte überging, die mit spezifischen Gruppen von Individuen verbunden waren, wie zum Beispiel die on doit- und die on peut - Konstruktion (ebd. 1999, 98), ein Indiz dafür, dass es sich um eine inhärente semantische Bedeutung von on handelt und nicht um eine über den Kontext induzierte (ebd. 1999, 107). In einigen wenigen Beispielen in nicht aktualisierten Kontexten aus Welton-Lairs Korpus zum Altfranzösischen hat on eine egozentrische Referenz. Bei diesen handelt es sich um eine relativ kleine Gruppe von Individuen, in der der Sprecher selbst auch eingeschlossen ist (ebd. 1999, 108). Dieser Gebrauch kann sich im Sinne einer 1. Person Plural manifestieren, ist jedoch nicht besonders häufig im Korpus (Welton-Lair gibt für ihre Auswertung einen Wert 172 Die on + perfektives Verb-Konstruktion geht zurück auf zwei Prozesse, zum einen die Ausweitung auf klar abgegrenzte Zeitspannen, als der Gebrauch von on sich auf spezifische Gruppen von Individuen ausdehnte, und zum anderen der Übergang von on auf passiv-äquivalente Konstruktionen, in denen die singularische Bedeutung von on im Sinne von '(any)one' unterdrückt wurde. In Welton-Lairs Korpus zum Altfranzösischen kommen on in der Konstruktion zwei Interpretationen zu. Es kann simultan auf eine spezifische Gruppe von Individuen in der Bedeutung einer 3. Pers. Pl. oder 'Leute' referieren. In anderen Kontexten kann on als unbestimmtes Subjekt bzw. unbestimmtes Agens in passiv-äquivalenten Konstruktionen stehen (Welton-Lair 1999, 116 f.). Der allmähliche Anstieg in der Häufigkeit des Auftretens der Konstruktion im altfranzösischen Korpus [von Welton-Lair] deutet auf ihre allmähliche Verbreitung in der altfranzösischen Periode hin (ebd. 1999, 119). 152

161 von 2,8 % der Token von on). Aus den Belegen und ihrem numerischen Vorkommen schließt Welton-Lair, dass dieser Gebrauch relativ neu im Altfranzösischen ist und nicht vor Mitte des 12. Jahrhunderts vorkommt. Eine weitere, aber periphere Ausprägung des egozentrischen Gebrauchs von on ist jener in der Bedeutung einer 1. Person Singular. Hierfür ist jedoch nur ein Beleg im Korpus enthalten. (ebd. 1999, 110). Welton-Lair schließt aus der spärlichen Verbreitung im Altfranzösischen, dass die egozentrische Bedeutung erst relativ spät auftauchte (Vgl. hierzu auch die Darstellungen zum Grammatikalisierungsprozess von HOMO in Giacalone Ramat und Sansò (2007a und 2010; s. Kapitel 2.1), die den Gebrauch einer 1. Person Plural als Entwicklung sehen, die nicht zu dem eigentlichen Pfad des Grammatikalisierungsprozesses gehört und die sie ebenso wie Welton-Lair (1999) sehr spät ansetzen). Neben der egozentrischen Referenz gibt es im altfranzösischen Korpus auch einen Beleg für die Referenz auf den Adressaten (ebd. 1999, 11). Zurück zum Gebrauch in passiv-äquivalenten Konstruktionen. Das Altfranzösische weist zwei neue Gebrauchsarten von on auf, die beide auf die on dit-konstruktion zurückgehen und auf die oben bereits hingewiesen wurde: jene als Subjekt bzw. Agens in passiv-äquivalenten Konstruktionen in aktualisierten Kontexten mit einem imperfektiven Verb und jene als Subjekt bzw. Agens in passiv-äquivalenten Konstruktionen in nicht aktualisierten Kontexten. Im ersten Fall kommen dem Gebrauch eine zentrale pluralische Bedeutung mit referenzieller Funktion und eine periphere grammatikalische Bedeutung zu. Der Skopus der Referenz von on ist in diesen Kontexten variabel und kontextabhängig. Im zweiten Fall hat on eine zentrale grammatikalische Bedeutung und eine periphere referenzielle, wobei diese in einigen Fällen in den Vordergrund rücken kann, was als Zeichen verstanden werden kann, dass eine Reanalyse hin zur referenziellen Funktion stattgefunden hat (ebd. 1999, 115 f.). As a result of the spread of on to passive-equivalent constructions, it is argued here, that on was reinterpreted as a variable whose meaning is context-dependent. In some contexts it may have a dominant singular meaning in the sense of '(any) one'. In others it may be interpreted as referring simultaneously to all individuals of a contextually determined group in which case it may be interpreted as meaning 'they', 'people', 'we', 'you', or 'I', as determined by the context. In other contexts, it may be interpreted as primarily grammatical in function, in which case it is construed as representing an indeterminate subject/agent in a passive-equivalent construction. Depending on the context, two or more of these meanings may be present simultaneously, one usually more dominant than the other (Welton-Lair 1999, 116). 153

162 Die folgende Tabelle soll den indefiniten Gebrauch von HOMO und seine Kontexte im Altfranzösischen, dem klassischen Latein und dem Spätlatein gegenüberstellen 173 : Klassisches Latein Spätlatein Altfranzösisch Konditionalsätze Negative Sätze Interrogative Sätze Hypothetische Sätze 174 Komparationen Gnomische Sätze HOMO + potest (on peut- Konstruktion) HOMO + imperfectives Verb HOMO dicit - Konstruktion HOMO debet - Konstruktion (on dit - Konstruktion) (on doit - Konstruktion) Passiv-äquivalente Konstruktionen On + perfectives Verb Tab. 17: Der indefinite Gebrauch von HOMO/on und seine Kontexte (vgl. Welton-Lair 1999) Für das klassische Latein wurde in Kapitel bereits aufgezeigt, in welcher Weise es neben dem indefiniten Gebrauch benutzt werden konnte. Diese lexikalischen Verwendungsweisen finden sich im Altfranzösischen wieder. Sie sollen an dieser Stelle noch einmal (mit den entsprechenden Anpassungen) in Erinnerung gerufen werden (vgl. Welton-Lair 1999, 122 ff.): 173 Wobei keine Aussage über den Grammatikalisierungsgrad gegeben wird. Die entsprechenden Anmerkungen zur Referenzialität und damit auch zum Stand der Grammatikalisierung finden sich in den Ausführungen in den vorhergehenden Kapiteln. 174 Welton-Lair (1999) kommt in ihren Ausführungen nicht auf hypothetische Sätze im Altfranzösischen zu sprechen. Aufgrund des indefiniten Gebrauchs von HOMO im klassischen Latein und im Spätlatein sowie im Neufranzösischen in hypothetischen Sätzen wird hier davon ausgegangen, dass es auch im Altfranzösischen in diesen benutzt wurde. Dieser Annahme entsprechend ist der indefinite Gebrauch von on auch im altfranzösischen Korpus der vorliegenden Arbeit belegt. 154

163 Referenzieller Gebrauch; hom verweist auf ein bereits eingeführtes spezifisches Individuum; der Gebrauch wird häufig durch das adjektivische Demonstrativum cist oder den bestimmten Artikel li angezeigt Referenzieller Gebrauch; hom verweist auf ein noch nicht eingeführtes spezifisches Individuum; der Gebrauch wird typischerweise durch den indefiniten Artikel angezeigt Gebrauch als Vokativ; häufig begleitet durch ein attributives Adjektiv Nicht referenzieller, prädikativer Gebrauch; ermöglicht dem Leser den Ausdruck einer Charakteristik eines spezifischen (normalerweise männlichen) Individuums; in einigen pragmatischen Kontexten bezeichnet hom ein Individuum männlichen Geschlechts; gemeinhin in Kontexten, in denen das Individuum als in einer Aktion involviert oder als im Besitz einer typischerweise mit Männern assoziierten Eigenschaft dargestellt wird hom zur Bezeichnung von 'man' als Kategorie oder als ein Individuum der Klasse Mensch mit Betonung der menschlichen Charakteristika des Individuums; in beiden Fällen wird hom im Hinblick auf die Charakteristika beschrieben, die es als Spezies auszeichnet, wie seine Moralität oder seine Fähigkeit zu denken Zu diesen lexikalischen, bereits aus dem klassischen Latein überlieferten Verwendungsweisen von hom kommen im Altfranzösischen drei weitere, und zwar (a) jene zur Bezeichnung eines Vasallen (typischerweise in Gegenüberstellung zum Herrn), (b) jene zur Bezeichnung eines Ritters und (c) jene zur Bezeichnung eines Mannes adliger Herkunft (Welton-Lair 1999, 125 f.). Die differierende Graphie je nach pronominalem (<on>) bzw. lexikalischem Gebrauch (<hom>) im Altfranzösischen (wobei dem Gebrauch im Zusammenhang mit der Negation eine Sonderrolle zukommt) ist weder ein Produkt dieser Arbeit noch von Welton-Lair selbst, sondern ein Reflex des Gebrauchs: In its pronominal uses, the reflex of homo tends to be written without an initial h-, with forms such om, an, eom, en, and em. For this reason, it is referred to here as on. This form occurs frequently in most of the contexts in which non-specific homo occurs in Classical Latin, that is, in conditionals, comparatives, interrogatives, gnomics, and the on peut construction. There is also a strong tendency for it to occur in the on doit 155

164 construction, the on + imperfective verb construction, the on dit construction, the on + perfective verb construction, and in the passive-equivalent constructions. It tends not, however, to occur in negatives. In negatives, where the reflex of homo falls under the scope of negation, e.g. nus home 'no one', as well as in all of its lexical uses, the Old French reflex of homo tends to be written with an initial h-, and sometimes a final -e, with forms such as hom, hoem, huem, huen, and hon, and home. [ ] The reflex of non-nominative hominem tends to be written with an initial h- and a final -e, as in hume, and home (Welton-Lair 1999, 128; Fettdruck von SG) 175. Die unterschiedlichen Schreibungen verdeutlichen, so Welton-Lair, ein Bewusstsein auf Seiten der Schreiber für einen semantischen Unterschied zwischen pronominalen und lexikalischen Gebrauchsarten bei den Entwicklungen aus HOMO und für den syntaktischen Unterschied zwischen hom/on und home. Die Tatsache, dass hom im Altfranzösischen auch mit einem finalen -e geschrieben werden konnte, spiegele die Überschneidung in den lexikalischen Funktionen zwischen home und hom. Die Schreibung in negierten Sätzen (<hom>) mache deutlich, dass der Gebrauch hier eher lexikalisch als pronominal gesehen worden sei (ebd. 1999, 128). In den frühesten altfranzösischen Texten sei die Korrelation zwischen der Schreibung und der semantischen Funktion bezüglich der Unterscheidung hom/on noch nicht zu finden. Hier gebe es nur eine Unterscheidung zwischen dem nominativen und dem nicht nominativen Gebrauch. So finden sich in den Straßburger Eiden und dem Text La Vie de Saint Léger die beiden Formen om (nominativer Gebrauch, sowohl pronominale als auch lexikalische Funktion) und omne (nicht nominative Funktion) (ebd. 1999, 129). Gegen Mitte des 11. und im 12. Jahrhundert setze eine formale Unterscheidung ein, basierend auf den unterschiedlichen semantischen Funktionen und nicht mehr nur strikt vor dem Hintergrund syntaktischer Funktionen. Es zeige sich eine wachsende Tendenz zur Markierung der Entwicklung aus HOMINEM und des lexikalischen Gebrauchs der Entwicklung aus HOMO mittels eines initialen h-. Auch werde der Entwicklung aus HOMO mit lexikalischem Gebrauch ein finales -e angefügt: This will result eventually in a formal distinction between the lexical form of hom(e) and home, and the pronominal form on (ebd. 1999, 130). Ab Ende des 12. Jahrhunderts entwickele sich eine Tendenz dahingehend, dass das nicht nominative home das nominative hom(e) in den Kontexten 175 Dafür, dass on in Zusammenhang mit einer Negation eher lexikalisch interpretiert wird, spricht, so Welton- Lair (1999, 138), dass es in vielfältiger Art und Weise modifiziert werden kann (und in ihrem Korpus meistens mit initialem h- und finalem -e geschrieben wird), während der pronominale Gebrauch generell ohne Modifikation steht (abgesehen vom definiten Artikel, der hier jedoch keine determinierende Funktion hat, sondern a relic of an earlier stage where homo functioned as a fully modifiable noun ist (ebd. 1999, 134)). 156

165 ersetze, in denen es lexikalische Funktionen erfüllt (ebd. 1999, 131) 176. Mit dem Verlust des Zwei-Kasus-Systems seien alle lexikalischen Gebrauchsarten der Entwicklung aus HOMO mittels homme ausgedrückt worden, seine pronominalen Funktionen hingegen mittels on. In der entstandenen Dublette, so Welton-Lair, vertritt <on> die phonologische und grammatikalische Entwicklung des nominativen HOMO und <homme> jene des nicht nominativen HOMINEM (ebd. 1999, 133). 4.2 Alt- und Mittelspanisch 177 Vor dem Hintergrund der Entwicklungen im Spätlateinischen und mit Blick auf die oben geschilderten im Altfranzösischen soll an dieser Stelle nun die Entwicklung aus HOMO im Spanischen thematisiert werden. In dieser Arbeit wurde schon darauf hingewiesen, dass das Spanische heute kein UMP besitzt, das sich aus HOMO entwickelt hat, sondern hier auf andere Konstruktionen (z.b. se impersonal oder auch uno 178 ) zurückgreift. Es gab aber einen indefiniten Gebrauch von HOMO im Spanischen 179, dessen Vorläufer Brown im Lateinischen sieht. 176 Das Resultat im Neufranzösischen verdeutlicht dies. Hier kann das aus dem ursprünglich nicht nominativen HOMINEM entwickelte homme sowohl als Subjekt fungieren als auch im Casus Obliquus stehen (vgl. Welton- Lair 1999, 132). 177 Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass die Schreibung des spanischen UMP in der verwendeten Sekundärliteratur zur spanischen Grammatikalisierung stark divergiert. Hier wird darauf Rücksicht genommen und regelmäßig auf die alternative Schreibung (in eckigen Klammern) der vorliegenden Arbeit verwiesen. 178 Nicht unerwähnt bleiben darf an dieser Stelle, dass uno in seiner Funktion als indefinites Satzsubjekt dennoch einen gewissen referenziellen Gehalt hat, was durch die Setzung von una (vgl. NGLE Manual, 290 f.), wenn auf eine weibliche Person referiert wird, deutlich wird. Jedoch ist dies ein markierter Gebrauch, vergleichbar zur Setzung von frau anstelle von man im Deutschen. Siehe hierzu auch Pozas Loyo (2010, 279): In Medieval Spanish, this use of omne is especially frequent in moral prose. However, from the late fifteenth century on, it started to be used as a covert first person. With this new nuance it is well documented in the sixteenth century theatre, where it represents a feature of lower sociolects. Interestingly, impersonal uno has gradually developed this same value, although without the stigmatization that the use of omne in Golden-Age drama conveyed (Guillet, 1925). This explains why it is often found in correference [sic!] with first-person elements [ ] and can even show gender agreement when a female speaker utters a generalizing sentence that concerns solely women [ ]. Sie gibt hierfür das folgende Beispiel: (1) Muchas gracias tenemos que dar a Dios por haber nacido españolas. Si hubiéramos nacido en China, a lo mejor nuestros hijos se iban al limbo sin remisión. Tener hijos para eso! Con lo que una sufre para tenerlos y con la guerra que dan de chicos! (Colmena, zit. in Pozas Loyo 2010, 279) [Hervorhebung im Original]. Zum Konkurrenzverhältnis zwischen omne und uno auf der einen Seite und dem se impersonal auf der anderen stellt Ricós Vidal (2002, zit in Zielin ski 2012, 279) fest, dass si los pronombres omne y uno están capacitados para cubrir el yo, acercándose de esta manera a los interlocutores, la construcción impersonal con se resulta más objetiva a la hora de emitir el mensaje, por lo que es la que, al final, triunfó. Im Folgenden wird die Rolle von uno noch weiter betrachtet. 179 Nach Zielin ski (2012, 274) findet sich der erste Beleg für omne bei Berceo (vgl. auch Corominas 1954, s. v. hombre). Dies sei kein Zufall, sondern ein möglicher Hinweis auf einen okzitanischen Einfluss. Dies bestätige sich durch die große Zahl an Belegen für omne im Libro de Alexandre ( obra que refleja buena parte de la rica tradición trovadoresca ). In Bezug auf die Beeinflussung durch Sprachkontaktphänomene s. auch Kapitel 2.4 und

166 Es sind seiner Meinung nach eben auch alternative Konstruktionen, die dem unbetonten indefiniten HOMO im Spanischen zum Verhängnis wurden. Im 16. Jahrhundert sei der Gebrauch (der in unterschiedlichen Schreibweisen Ausdruck fand, wie z.b. (h)ome, (h)omme, (h)ombre) praktisch verloren gegangen, durch die Konkurrenz unter anderem des Passivs und des impersonal refleja. Aber auch die phonetische Identität mit dem betonten definiten hombre oder die unwieldiness eines unbetonten zweisilbigen Wortes können den Verlust verursacht haben (ebd. 1931, 265) 180. Die Beschreibungen von HOMO in der Forschungsliteratur, auf die Brown (1931, 266) verweist, sehen die Entwicklung als nicht besonders weitreichend an 181. Aus Bellos Ausführungen sei die Schlussfolgerung zu ziehen, dass hombre fast ausschließlich auf den Gebrauch mit Infinitiven 182 beschränkt sei und Lenz sehe den Gebrauch en vías de formación. Nach Brown jedoch sei hombre viel geläufiger als Subjekt eines finiten Verbs und auch nicht mehr in der Entwicklung, verdeutliche die Untersuchung altspanischer Texte doch, dass es bereits ein fester Bestandteil der spanischen Sprachstruktur über mehrere Jahrhunderte gewesen sei 183. So handle es sich doch eher um ein Scheitern bei der Erhaltung als um eines bei der Entstehung. Des Weiteren sei das artikellose hombre entgegen der Annahme von Diez (1876, 180 Nach Kärde (1943, zit. in Company Company/Pozas Loyo 2009, 1194) stehe das Verschwinden von omne zwar in Verbindung mit anderen Konstruktionen, die ebenso Indefinitheit ausdrücken konnten, aber weder das Passiv noch die dritte Person Plural seien echte Synonyme für omne gewesen (Kärde führt Unterschiede in Bezug auf die Koreferenzialität an), so dass ihre Rolle möglicherweise weniger tragend gewesen sein könnte als von Brown (1931) angenommen. Auch stellt Carrasco (1988, zit in Company Company/Pozas Loyo 2009, 1195) die Frage, warum die Konkurrenzsituation nicht bereits früher spürbar war und omne stattdessen gozó de un estatus reconocido. Auf die Konkurrenzsituation, in der sich omne befand, wird im Laufe des Kapitels noch näher eingegangen. 181 Zielin ski führt für das Altspanische als Hauptstrategien für den Ausdruck der Unpersönlichkeit das Passiv, die pasiva refleja, die dritte Person und die Entwicklung von omne an (Batllori Dillet 1998, zit. in Zielin ski 2012, 271). Hier (ebenso wie in den weiteren Ausführungen des Kapitels und in der Auswertung in Kapitel 5) wird bereits deutlich, dass es sich bei der Grammatikalisierung von HOMO im Spanischen nicht um eine Randerscheinung gehandelt hat. 182 Bello ([1847] (1988), zit in. Zielin ski 2012, 278) betrachtet das altspanische omne als Subjekt des Infinitivs. Auch Company Company/Pozas Loyo weisen vor dem Hintergrund ihrer Korpusanalyse auf eine Affinität zwischen dem Infinitiv und omne hin und führen diese auf die fehlende Flexion des Verbs zurück, lo cual impide que la predicación se entienda como relativa a una situación espacio-temporal específica (ebd. 2009, 1188). Die Untersuchung in Kapitel 5 erhebt keine Daten hinsichtlich des Gebrauchs des Infinitivs bei HOMO. Eine nähere Betrachtung des Infinitivs und seiner Rolle im Grammatikalisierungsprozess vor dem Hintergrund der Zeit- und Ortsungebundenheit könnte aber vor allem mit Blick auf die zentrale Rolle von nicht assertiven Kontexten innerhalb der Grammatikalisierung von Interesse sein und sollte daher Gegenstand weiterer Studien werden. 183 Vgl. auch Lapesa (2000, 830): Uso abundantísimo ha sido el de hombre con este sentido [als sujeto general o indeterminado ]. 158

167 zit. in Brown 1931, 266) nicht auf negative Kontexte 184 beschränkt, sondern stünde ebenso häufig in affirmativen Kontexten (ebd. 1931, 266) 185. Nach Company Company (2008, 39) jedoch handle es sich bei der Grammatikalisierung von HOMO im Spanischen um eine gramaticalización trunca 186 o una gramaticalización condicionada a un genero discursivo, deren Gebrauch sich niemals in der allgemeinen mittelalterlichen Sprache verbreitet habe. Von den von ihr untersuchten Belegen 187 entfallen 538 (54 %) auf die Textsorte sapiencial, 193 (19 %) auf Rechtstexte, 147 (15 %) auf erzählhistorische Texte, 82 (8 %) auf biographische und 40 (4 %) auf weitere prosaische Texte (ebd. 2008, 40). Es wird deutlich, dass das größte absolute Vorkommen von omne in den Texten zu finden ist, die sie als sapiencial bezeichnet, also die Texte Calila e Dimna, Sendebar und die Proverbios de Séneca. Allein diese drei moralisch-didaktischen Texte (54 %) weisen insgesamt ein größeres Vorkommen von omne auf als die anderen 10 Texte zusammen (46 %) (Company Company 2008, 40). Nun mag dieser Wert nahelegen, dass homne im Alt- bzw. Mittelspanischen in einigen Textsorten äußerst selten ist, jedoch beachten diese Werte noch nicht das für die in dieser Arbeit betrachtete Grammatikalisierung maßgebliche Merkmal [+/- referenziell] Zur Rolle der negativen Kontexte s. die Ausführungen zur Verankerung der Grammatikalisierung von HOMO in der Implicational Map von Haspelmath in Kapitel Dennoch muss darauf hingewiesen werden, dass auch Haspelmath (1997, 183) anmerkt, dass auf generischen Nomen basierende Indefinita eine Tendenz aufweisen, auf negative Kontexte oder Funktionen restringiert zu sein. Als Beispiel führt er u.a. frz. personne an. Diese Arbeit folgt dem Standpunkt, der auch schon von Brown eingenommen wurde, und sieht keine Einschränkung für HOMO im Hinblick auf negative oder affirmative Kontexte. 186 Die Bezeichnung als unvollständiger Sprachwandelprozess liegt für Company Company/Pozas Loyo nicht nur in der nicht grammatikalisierten indefiniten referenziellen Lesart (vgl. Kapitel 2.3), sondern auch in der nicht vorhandenen phonologischen Abnutzung [also der fehlenden phonologischen Reduktion] (ebd. 2009, 1178) begründet. Auch die Tatsache, dass es Belege mit definitem Artikel und ohne diesen während der ganzen Zeit, in der das indefinite omne produktiv gewesen sei, gebe, sei ein weiteres Indiz für die gramaticalización trunca im Spanischen (Company Company/Pozas Loyo 2009, 1181). 187 Das Untersuchungskorpus von Company Company (2008) basiert auf zwei Untersuchungszeiträumen (jeweils die zweite Hälfte des 13. bzw. des 15. Jahrhunderts) und insgesamt 13 Texten. Unter sapiencial fallen die Texte Calila e Dimna, Sendebar und die Proverbios de Séneca, unter Rechtstexte der Fuero Real und die Rechtstextesammlungen Documentos lingüísticos de España und die Textos para la historia del español, unter erzählhistorische Texte der Cantar de mio Cid, der zweite Teil der General estoria, der [Poema de] Fernán González, die Crónica de los Reyes Católicos, die Crónica de Enrique IV, unter Biographie Claros varones de Castilla und unter weitere Prosa La Celestina. Aus jedem Text wurden durchschnittlich Wörter untersucht. Die Gesamtzahl der Belege für omne beläuft sich auf (vgl. ebd. 2008, 40). 188 Unter [- referenziell] versteht Company Company sowohl den generischen als auch den indefiniten Gebrauch, enstprechend der Terminologie dieser Arbeit also den artgenerischen (a1) als auch den indefiniten nicht referenziellen (a 2 ) Gebrauch (vgl. ebd. 2008, 41). Sie (2008, 41) fasst jedoch auch auch den Verweis auf die Klasse Mann unter nicht referenziell, während unter artgenerisch in der Klassifizierung von Giacalone Ramat/Sansò (2007a, 2007b, 2010) nur der Verweis auf die Gattung Mensch verstanden wird. Da dem Verweis auf die Klasse Mann im Rahmen der Grammatikalisierung von HOMO keine Bedeutung zukommt, ist dieser in der Analyse in Kapitel 5 ebenso wenig unter a 1 (artgenerisch) gefasst, sondern unter dem Lemma Unterklasse/Teilgruppe. 159

168 Die folgende Tabelle fasst die Ergebnisse von Company Company unter der Berücksichtigung dieses Merkmals zusammen: Referencial No referencial Sapiencial 22 % (121/538) % (417/538) Jurídico 24 % (47/193) 76 % (146/193) Narrativo-histórico 53 % (78/147) 47 % (69/147) Biografía 12 % (10/82) 88 % (72/82) Otra prosa 15 % (6/40) 85 % (34/40) Tab. 18: Frecuencia de empleos no referenciales de hombre según género textual (Company Company 2008, 41) Das durch die Tabelle offenkundige Ungleichgewicht relativiert sich mit Blick auf den nicht referenziellen Gebrauch (also jener entsprechend der Stufe a 1 oder a 2, vgl. Fußnote 188). Hier wird deutlich, dass das nicht referenzielle omne mit Ausnahme der erzählhistorischen Texte in allen Textsorten mehr als 50 % an der Gesamtzahl der jeweiligen Belege ausmacht. Nur in den angeführten erzählhistorischen Texten bleibt der Wert mit 47 % knapp unter der 50 %- Marke. Auch die Lücke, die sich hinsichtlich der Gesamtbelegzahl für die einzelnen Textsorten zwischen den moralisch-didaktischen Texten und allen weiteren abzeichnete, stellt sich hier anders dar, denn diese weisen nicht den höchsten Anteil an nicht referenziellen Belegen von omne auf, stattdessen sind es die weiteren prosaischen und die biographischen Texte, für die die höchste Belegzahl für omne [- referenziell] zu verzeichnen ist. Die juristischen Texte, ein für die spätere Untersuchung in dieser Arbeit überaus interessantes Ergebnis, weisen einen bis auf 2 Prozentpunkte ebenso hohen Wert für den nicht referenziellen Gebrauch von omne wie die moralisch-didaktischen Texte auf: [ ][L]as distinciones entre varios de los géneros discursivos se vuelve muy tenue, casi se diluye: el Fuero real, considerado como género jurídico, está muy próximo a un texto moral en cuanto que contiene normas de conducta universales y los castigos a la transgresión de esas normas, y ello provoca que el conjunto de textos legales se aproxime en frecuencia, (76 %), al género sapiencial, (78 %), en empleos no referenciales; [ ] (Company Company 2008, 41). Auch wenn die erzählhistorischen Texte ein wenig hinterherhinken, so wird hier mit Blick auf die angeführten Werte die Ansicht vertreten, dass der nicht referenzielle Gebrauch über 189 Der erste Wert in der Klammer entspricht dem absoluten Wert des Vorkommens, auf das das jeweilige Merkmal [+/- referenziell] zutrifft, der zweite dem Gesamtvorkommen von hombre [omne] in der jeweiligen Textsorte. 160

169 die unterschiedlichen Textsorten hinweg verbreitet ist. Dennoch ist die Zuschreibung gramaticalización condicionada a un género discursivo (s.o.) zutreffend, da sich ein klarer Ausgangspunkt für die Grammatikalisierung zu ergeben scheint, betrachtet man die beiden Grammatikalisierungsstufen nominal generisch und pronominal indefinit separat (Terminologie, wie oben bereits angeführt, nach Company Company (2008, 41), in der Terminologie von Giacalone Ramat/Sansò (2007a, 2007b, 2010), auf die in der vorliegenden Arbeit zurückgegriffen wird, entsprechend "artgenerisch" und "indefinit nicht referenziell"). Es scheinen sich zwei mittelalterliche Diskurstraditionen abzuzeichnen, zum einen Texte mit moraldidaktischer Intention und zum anderen Texte ohne diese (Company Company 2008, 41): Pronominal indefinido Genéricos y no claramente indefinidos Sapiencial 25 % (104/417) 75 % (313/417) Jurídico 4 % (6/146) 96 % (140/146) Narrativo-histórico 14 % (10/69) 86 % (59/69) Biografía / 100 % (72/72) Otra prosa 6 % (2/34) 94 % (32/34) Tab. 19: Usos pronominales de hombre según género textual (Company Company 2008, 42) Tabelle 19 verdeutlicht, dass nur wenige Belege für den indefiniten nicht referenziellen Gebrauch im Alt- und Mittelspanischen vorhanden sind, was Company Company (2008, 42) als Ursache für die nicht in Gänze durchlaufene Grammatikalisierung von hombre im Spanischen ausmacht. Hier wird jedoch die Ansicht vertreten, dass es sich zwar um eine überschaubare Anzahl an Belegen für den indefiniten Gebrauch handelt, diese aber belegen, dass die Grammatikalisierung bis zu diesem Punkt 190 sehr wohl komplett durchlaufen wurde, jedoch wahrscheinlich aufgrund von Konkurrenzverhältnissen nicht in allen Textsorten gleichermaßen Fuß fassen und die Konventionalisierung nicht weit genug greifen konnte 191. Vor dem Hintergrund der von ihr selbst angeführten Daten und vor dem Hintergrund der Analyse in dieser 190 Die letzte Stufe der Grammatikalisierung (indefinit referenziell) wird von Company Company (2008) in ihren Ausführungen nicht beachtet. Jedoch finden sich hierfür in der im zweiten Teil dieser Arbeit vorgestellten Analyse auch keine Belege, so dass es wirklich so scheint, als wäre die zweite Grammatikalisierungsstufe, der indefinite nicht referenzielle Gebrauch, der Endpunkt der spanischen Grammatikalisierung von omne. Vgl. hierzu auch Company Company/Pozas Loyo (2009, 1178), die auf Kärde (1943) verweisen, wenn sie sagen, dass omne no se empleó nunca para referirse a un grupo limitado de personas a las que se les atribuye una acción real [ ]. Bei Übersetzungen von französischen Texten, in denen on in dieser Funktion gebraucht wird, bediene man sich im Spanischen im Allgemeinen der dritten Person Plural. 191 Natürlich bedingen die geringen Belegzahlen den Abbruch der Grammatikalisierung, sie sind aber gleichermaßen auch eine Folge des gestoppten Sprachwandelprozesses. 161

170 Arbeit wird also nicht die Meinung geteilt, dass dado que no aumentó su frecuencia y no generalizó, no fue una verdadera gramaticalización en la lengua española (Company Company 2008, 42), auch wenn dieser Gebrauch im späten 16./im 17. Jahrhundert (s. u.) letztlich verschwindet. Doch noch einmal zurück zu den zwei mittelalterlichen Diskurstraditionen. Wenn Company Company feststellt, dass in den Texten der Textsorte sapiencial die Grammatikalisierung am weitesten vorangeschritten ist, weil la expresión de verdades generales y atemporales, características de este género, favorece la presencia de sujetos indefinidos cuasi impersonales (ebd. 2008, 42), so kann dies hier nur unterstrichen werden. Dennoch stellt sich die Frage, warum die angeführte Belegzahl für den indefiniten Gebrauch in den juristischen Texten (4 %) so gering ist, handelt es sich doch auch um eine Textsorte, die unpersönliche Subjekte bevorzugen müsste. Schließlich haben die Angaben in den Texten mit den konstruierten Situationen und den möglichen Konsequenzen den Anspruch, auf jeden anwendbar zu sein. Hierauf wird in der Analyse in Kapitel 5 noch einmal ausführlich eingegangen. Im Gebrauch als indefinites Subjekt stand hombre gewöhnlich ohne den bestimmten Artikel 192. Jedoch unterschied das Altspanische oftmals nicht einheitlich zwischen hombre und el hombre 193. Ein Indiz für die Unsicherheit sieht Brown in Texten, in denen Varianten angegeben sind. So trüge die Variante oft den bestimmten Artikel, der Text hingegen nicht, oder umgekehrt. Auch in der Poesie kam es zu Schwankungen im Gebrauch des definiten Artikels mit hombre. Es sei manchmal nötig gewesen, ihn zu setzen oder auszulassen (Brown 1931, 267). Die Setzung des Artikels bei hombre [omne] mit indefiniter Lesart ist jedoch nicht nur dem Spanischen eigen. Brown charakterisiert den Gebrauch des definiten Artikels vor dem indefiniten HOMO als allgemein in den romanischen Sprachen 194. Umgekehrt könne dem artikellose hombre, seine grundlegende Bedeutung beibehaltend, eine generische Lesart zukommen. Dieser Unterschied zwischen hombre und el hombre illustriere die faint line of demarcation, 192 Vgl. Lapesa, der sagt, dass die Setzung des bestimmten Artikels im Altspanischen eine cierta individualización der NP ausdrücke (ebd. 2000, zit. in Zielin ski 2012, 278). 193 Vgl. auch Company Company/Pozas Loyo (2009, 1179) 194 In diesem Zuge charakterisiert er den Gebrauch des bestimmten Artikels oder seine Auslassung vor on im Altfranzösischen (und im Altitalienischen) als willkürlich (Brown 1931, 268). In dieser Arbeit wird der Standpunkt eingenommen, dass es sich eben nicht um eine willkürliche Entscheidung handelt. Hierfür soll noch einmal Welton-Lair angeführt werden, die sagt, dass der pronominale Gebrauch von on generell ohne Modifikation stehe, mit Ausnahme des definiten Artikels. Diesem komme aber hier keine determinierende Funktion zu. Er sei a relic of an earlier stage where homo functioned as a fully modifiable noun (ebd. 1999, 134). Somit handelt es sich nicht um eine freie, bedeutungslose Entscheidung für oder wider den Artikel. Er ist vielmehr ein Überbleibsel aus einer vorhergegangenen Entwicklungsstufe, in der homo noch die Funktion eines Nomens erfüllte und als dieses modifiziert werden konnte. Brown hingegen sieht, so wie oben für das Spanische beschrieben, die near identity der generischen und indefiniten Verwendungen von on in einigen Fällen als Ursache für die Setzung des Artikels (ebd. 1931, 269). 162

171 die manchmal zwischen dem generischen und dem indefiniten Gebrauch liege (ebd. 1931, 268 f.) 195. In dieser Hinsicht sind auch Company Company/Pozas Loyo anzuführen, nach denen [e]l hecho de que los sintagmas nominales escuetos carezcan de una referencia individuada los hace especialmente afines a los contextos génericos. Esto se debe a que [ ] en los contextos génericos no se predica sobre entidades particulares sino sobre la clase a que dichas entidades pertenecen (ebd. 2009, 1179). Den Autorinnen zufolge lege die Alternanz zwischen Artikelsetzung und Artikelauslassung 196 nahe, dass die Unterscheidung im Altspanischen zwischen der generischen und der pronominalen Form von hombre [omne] no se hallaba establecida de una manera categórica o nítida (ebd. 2009, 1180). Der Gebrauch von hombre [omne] geht, wie bereits oben angeführt, im späten 16. Jahrhundert (bzw. im 17. Jahrhundert; s. u.) verloren. Der Rückgang war dabei kein abrupter, sondern einer, der den Gebrauch immer stärker begrenzte: After enjoying a deal of prosperity in the theatre of the three decades preceding 1580, hombre then fell into disuse. From the Celestina on, we find that its use was in general restricted to texts retailing conversation, i.e., dialogs and the drama. After 1550, its use was limited for the most part not only to the theatre, but to speeches of one type of character: rustics, servants, students, gente de la hampa [sic!], and those of like degree. When seized upon by such characters, who often employed it metaphorically for yo, it doubtless already possessed a tinge of the archaic (Brown 1931, 270) 197. Auch Company Company/Pozas Loyo machen auf die funktionale Ausweitung in der Bedeutung einer 1. Person Singular aufmerksam, die jedoch, wie auch sie feststellen, nur aus dem Munde einiger, sozial markierter Charaktere möglich ist: [...] [E]n el siglo XVI omne comenzó a emplearse como una estrategia de encubrimiento del 'yo', puesta principialmente en boca de rufianes, gente baja, y, en 195 Nach Meyer-Lübke ( , zit. in Company Company/Pozas Loyo 2009, 1103) zeige die Alternanz zwischen Artikelsetzung und Artikelauslassung in den altsprachlichen Texten, dass es in dieser Zeit keine diferenciación tajante zwischen der generischen und der pronominalen Form gegeben habe. 196 Auch Company Company/Pozas Loyo (2009, 1180 f.) führen das Französische an, wo in den ersten Textzeugen eine Alternanz zwischen on und l on bestand. Mit abgeschlossener Grammatikalisierung des Pronomens würde die Variante mit Artikel verschwinden. Es soll hier jedoch angemerkt werden, dass auch heute im Französischen l on (neben der artikellosen Variante on) unter bestimmten Voraussetzungen (die jedoch nicht semantischer oder referenzieller Natur sind, sondern eine artikulatorische Motivation haben; vgl. hierzu Goosse (1991)) in Gebrauch ist. 197 Aparte la curiosidad sociológica, no está de más tener en cuenta que, en este registro, OMNE toma por primera vez y justo antes de su desaparación en español el valor de pronombre de 1. a [sic!] persona (cf. francés on). Es precisamente en este valor donde la competencia con uno se resuelve a favor de este último elemento (Carrasco 1988 und Company Company/Pozas Hoyo [sic!] 2009, zit. in Bartra/Picallo 2011, 178). Auf die Rolle von uno im Rahmen des Verschwindens der spanischen Grammatikalisierung aus HOMO wird am Ende des Kapitels eingegangen. 163

172 ocasiones, estudiantes, de manera que este uso popular de omne contrasta notablemente con el empleo del pronombre en los siglos anteriores en los que aparecía, como hemos visto, sobre todo en textos morales y en literatura doctrinal (Company Company/Pozas Loyo 2009, 1192). Auch nach 1580, also nach dem Zeitpunkt, den Brown nach der Untersuchung zahlreicher Texte der Edad de Oro für das Verschwinden des indefiniten hombre aus dem allgemeinen literarischen Gebrauch festsetzt, könnten, so Brown, noch sporadisch Beispiele gefunden werden (ebd. 1931, 270) 198. Company Company/Pozas Loyo sprechen, ebenso wie Lapesa (2000, 830), von einem kompletten Verschwinden von hombre [omne] im 17. Jahrhundert: Vemos entonces que mientras que en español medieval el uso del pronombre omne no implicaba un sociolecto particular, a partir del siglo XVI se le identificó como un signo característico del lenguaje de los rústicos, lo cual, según Kärde (1943: 28) pudo haber contribuido a su desaparación. A partir de esta reclusión en un cierto sociolecto, la frecuencia del uso pronominal de omne comienza a disminuir, disminución notoria a partir del siglo XVI y para el siguiente siglo las ocurrencias son cada vez más esporádicas hasta desaparecer completamente en el siglo XVII, posiblemente en su segunda mitad (Company Company/ Pozas Loyo 2009, 1194). Die Gründe dafür, dass der Gebrauch verloren geht, sind nach Brown unterschiedlicher Natur. Zunächst habe es nie einen großen Bedarf für die Konstruktion gegeben. Grundlegend dafür sei der marginale Gebrauch des indefiniten HOMO im klassischen Latein und auch im Spätlatein der Iberischen Halbinsel. Dass der Gebrauch jedoch gar nicht so spärlich war, wurde bereits in Kapitel und seinen Unterkapiteln deutlich 199. Brown gibt jedoch an, dass er nicht ausreichend weit verbreitet oder notwendig gewesen zu sein scheint, um im Cantar de Mio Cid angewandt zu werden. Dennoch würden spätere Texte darauf hindeuten, dass das indefinite omne Mitte des 13. Jahrhunderts eine echte spanische Konstruktion geworden sei (ebd. 1931, 271) 200. Die geringe Verwendung belegt er mittels der Untersuchung einer Textpassage 198 Alle Wissenschaftler, die sich mit der Entwicklung von omne beschäftigt haben, stimmen, so Zielin ski (2012, 279), darin überein, dass einer der Hauptgründe für sein Verschwinden der Gebrauch im Soziolekt der unteren Schichten sei. Während das pronominale omne mit keinerlei Klasse im Altspanischen verbunden gewesen sei, sei es im 16. Jahrhundert klar mit der Sprache der unteren Schichten verbunden gewesen. 199 Hier soll noch einmal auf die aktive und die passive Rolle des Lateinischen verwiesen werden, die oben im Zuge der Ausführungen zur Grammatikalisierung von HOMO im Rahmen der SAE-Sprachen angesprochen wurde. Natürlich muss gerade auch mit Blick auf die unterschiedlichen Grammatikalisierungsgerade in den verschiedenen romanischen Sprachen angeführt werden, dass es sich selbstredend nicht um ein einheitliches Latein handelte, auch wenn stets vom Spätlatein und vom klassischen Latein gesprochen wird, was eine Art von Einheitlichkeit suggeriert. 200 Für Zielin ski ist es kein Zufall, dass das Vorkommen des unpersönlichen, generalisierenden Pronomens (also des UMP hombre) einen merklichen Anstieg ab der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts erfährt, época en la que predomina el carácter didáctico-moralizador en los textos (ebd. 2012, 275). Die Signifikanz dieses Umstands wird daran ersichtlich, dass das pronominale, generalisierende omne Ende des 15. Jahrhunderts beginne zu ver- 164

173 aus der Primera Crónica General. In der angeschauten Passage fänden sich 129 Belege für das Passiv, 31 für die pasiva refleja, 36 für die indefinite 3. Person Plural und nur zwei Belege für das indefinite omne. Jede dieser Konstruktionen beschneide mögliche Funktionen von omne und die einzige Rechtfertigung für seine Erhaltung liege in seiner Fähigkeit, ein echtes indefinites Subjekt auszudrücken (ebd. 1391, 271). Das indefinite Subjekt adaptiere sich zwar leicht an das Verb 'sagen', jedoch stehe dezir im Altspanischen selten bei omne, anders als im Altfranzösischen, wo dies häufig der Fall sei (vgl. auch Kapitel 4.1, wo die Rolle von dire bereits ausführlich diskutiert wurde). Oftmals stünde auch noch ein Auxiliar 201 in dieser Konstruktion, so z.b. in einem der beiden angeführten Beispiele der Primera Crónica General: lo non podrie omne dezir (ebd. 1931, 272). So förderlich der Gebrauch des Verbum dicendi decir in der Konstruktion auch sein könnte, wie anhand der Schlüsselrolle der on dit-konstruktion für das Altfranzösische dargestellt wurde, im Altspanischen sieht sich omne auch hier einer Konkurrenzsituation ausgesetzt: Dezir, it is further significant to note, and llamar were the two verbs most commonly employed in the indefinite third plural, always a vigorous competitor of omne. This preemption, so to speak, by the third person plural, of the two verbs in which we should expect omne to receive its greatest encouragement, in indicating that there was in Old Spanish no special inclination toward the use of omne, forecasts its ultimate fate (Brown 1931, 272). Der große Vorteil des französischen on sei sein Gebrauch in Passiv-Konstruktionen gewesen (ebd. 1931, 272) und tatsächlich muss an dieser Stelle nach den Ausführungen oben nicht mehr auf die Wichtigkeit des Gebrauchs in passiv-äquivalenten Konstruktionen hingewiesen werden. Im Altspanischen waren es aber andere Konstruktionen (z.b. das echte Passiv und das reflexive), die diese Funktion einnahmen und omne mit einer alleinigen Funktion zurückließen (jener als echtes indefinites Subjekt), die aber nicht dazu führte, dass sich ein größerer Bedarf nach omne entwickelte (ebd. 1931, 272). Das französische Pendant on sei niemals von mehreren parallelen Konstruktionen eingeschränkt worden, die dieselbe Idee ausdrücken schwinden, dem Moment, in dem die Literatur mit didaktischem Charakter ungebräuchlich würde (vgl. ebd. 2012, 275). Jedoch soll hier noch einmal auf den offensichtlichen Umstand hingewiesen werden, dass der Schwund der UMPs aus der HOMO-Grammatikalisierung dennoch nicht in allen Sprachen eintrat. Die Bedeutung der Textsorte wird im Kapitel zur Ausrichtung des Korpus in dieser Arbeit (Kapitel 5.1) weiter verdeutlicht. 201 Die Rolle der Modalverben soll in dieser Arbeit nicht zu kurz kommen und wird in Kapitel 5 erörtert. An dieser Stelle soll sie jedoch auch kurz kommentiert werden, denn Zielin ski stellt zu Recht fest, dass la situación de contigüidad contextual con el verbo de modalidad deóntico o epistémico fue el verdadero motor del arranque del cambio (ebd. 2012, 275; vgl. auch die Ausführungen zur Rolle der Modalkonstruktionen im Lateinischen (Kapitel und seine Unterkapitel) und Altfranzösischen (Kapitel 4.1) für die Grammatikalisierung von HO- MO). 165

174 konnten (ebd.), und tatsächlich ist die Konkurrenz, in der sich omne befindet, so nicht im Französischen für on aufzeigbar. Es selbst geht als Agens in die Konstruktionen ein, die an die Stelle des lateinischen synthetischen Passivs treten. Die Entwicklung des overten grammatikalischen Subjekts im Französischen ist dabei an Wichtigkeit für die Durchsetzung von on nicht zu unterschätzen. Oben wurde bereits der Gebrauch von hombre 202 in der Funktion einer 1. Person Singular angesprochen. Gegen Mitte des 16. Jahrhunderts erfährt der Gebrauch von el hombre in der Funktion eines indefiniten Subjekts eine Blütezeit und kann fortan auch metaphorisch für die 1. Person Singular gebraucht werden. Dies geschah zum Zwecke der Verschleierung oder der Generalisierung im lenguaje villanesco der Pasos, der Farcen und der Comedias, die in der Mitte des 16. Jahrhunderts an Popularität gewannen. Hier war der Gebrauch von el hombre üblicher als jener von hombre: This popularity of el hombre now assisted in furthering the eclipse of hombre. The shift at this time from hombre to el hombre naturally weakened the hold of the former on the language and indicated that it no longer served as a satisfactory vehicle to render the indefinite sense (Brown 1391, 273). Der Gebrauch von el hombre habe sich noch ein paar Jahrzehnte fortgesetzt, war letzten Endes aber umständlich, wurde mit dem generischen Gebrauch verwechselt 203 und ging schließlich auch verloren (ebd. 1931, 273). 202 Die lautliche Entwicklung von omne > hombre hat nicht nur das unbetonte indefinite omne durchlaufen, sondern auch das betonte definite und generische omne (Brown 1931, 276), also entgegengesetzt zur phonologischen Reduktion im Rahmen lautlichen Entwicklung im Altfranzösischen und im Altkatalanischen. Dieser Umstand war in keinerlei Weise förderlich für die weitere Grammatikalisierung im Alt- und Mittelspanischen, denn [w]ith a like phonological change in each, the basic significance of homo naturally failed to divorce itself from the indefinite hombre (ebd. 1931, 276). Auch der Umstand, dass entgegen den monosyllabischen Entwicklungen, beispielsweise im Deutschen (man) und im Französischen (on), das Spanische keine phonologische Reduktion erfährt und nicht monosyllabisch wird, ist insofern interessant, als auch das mehrsilbige indefinite uomo im Italienischen verschwunden ist (vgl. Brown 1931, 276; wobei es noch in einigen wenigen italoromanischen Varietäten in Gebrauch ist, genauer gesagt, in einigen Varietäten des Lombardischen und im Abruzzesischen (Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 67).). Brown führt als Beleg für das Überleben der monosyllabischen Indefinitpronomen auch das Englische man (men) an. Dieses ist jedoch, wie oben bereits angeführt, zu Beginn des 15. Jahrhunderts verschwunden. Die geringe bzw. geringere (im Vergleich zum Spenderlexem) phonologische Integrität ist zwar ein Charakteristikum bei weit vorangeschrittenen Grammatikalisierungen, jedoch war das phonologische Gewicht im Englischen, ebenso wie im Deutschen, bereits zu Beginn gering. In der in Kapitel 5 folgenden Analyse wird deutlich werden, dass sich im untersuchten Korpus keine monosyllabischen Belege für das Spanische finden. Es enthält lediglich Belege, in denen der Konsonantennexus -mbr- noch nicht vorhanden ist (z.b. omne, ome), neben jenen mit dem eingeschobenem Konsonantennexus-mbr- (in Kapitel 5 wird die Schreibung mit Blick auf den Grammatikalisierungsstand untersucht). Das englische man, das soll hier am Rande angeführt werden, wird von Newmeyer (1998, zit. in Haspelmath 2004, 34) als Gegenbeispiel für die Unidirektionalität der Grammatikalisierung diskutiert. Haspelmath verdeutlicht jedoch, dass es sich bei dem Verlust der pronominalen Lesart und der Erhaltung der lexikalischen eher um eine Retraktion handelt, weil die nicht grammatikalisierte Lesart [wobei die artgenerische Verwendung in dieser Arbeit als erste Grammatikalisierungsstufe eingeordnet wird] die ganze Zeit existierte (ebd. 2002, 13). Vgl. hierzu auch Mihatsch (2015a, 591), nach der es sich bei heutigen generischen Verwendungen von engl. man um eine fossilierte artikellose Verwendung handelt. 203 Brown mutmaßt, dass sich der Spanier des 16. Jahrhunderts unter Umständen nicht in der Lage fühlte, das indefinite vom generischen hombre zu unterscheiden und so zögerte, das indefinite hombre zu nutzen, und lieber auf weniger mehrdeutige vorhandene Konstruktionen zurückgriff (ebd. 1931, 276 f.). Auch Zielin ski (2012, 279) führt Brown (1931) an und kommt auf die Verwechslungsgefahr zwischen dem pronominalen omne und dem 166

175 Zum Verlust des indefiniten hombre habe auch die 3. Person Plural beigetragen. Diese wurde vor dem 16. Jahrhundert nur zum Ausdruck einer indefiniten Pluralität verwendet, selbst dann, wenn die Schriftsteller, die es verwendeten, nur an eine Person dachten. Im 16. Jahrhundert wurde die Konstruktion dann auch zum Ausdruck für ein einzelnes Individuum genutzt. Die Konkurrenz mit dem indefiniten hombre war als Ausdruck für den indefiniten Plural bereits groß, aber umso größer wurde sie ab dem Zeitpunkt, ab dem die Konstruktion sich auf ein einzelnes Individuum bezog (Brown 1931, 273). Des Weiteren entwickelten sich in demselben Zeitraum auch noch das indefinite uno und un hombre, die einen ebenso perfekten Ersatz für das indefinite hombre darstellten wie das unpersönliche Passiv 204. Jedoch darf in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, dass sich reflexive Konstruktionen, in denen kein grammatikalisches Subjekt in der Form eines Substantivs oder einer Nominalphrase vorhanden war, mit Ausnahme des se habla de- Typs (der ab dem 15. Jahrhundert belegt sei), nicht vor dem 16. Jahrhundert (ebd. 1931, 274 f.) entwickelten. Das Verschwinden des indefiniten hombre ermöglichte also dem reflexiven se, stärker in Erscheinung zu treten: It is therefore highly important for the present discussion to note that during this century [das 16. Jh.], when the examples of hombre were becoming less numerous, the reflexive se began definitely to assume the function of a 'rhetorical' subject, that is, the function of an impersonal passive (Brown 1931, 275). Das unpersönliche se ist es letztlich auch, das dem indefiniten hombre im 16. Jahrhundert den Gnadenstoß gibt, nachdem es zuvor in einem aussichtslosen Kampf mit seinen drei bereits genannten Hauptkonkurrenten stand: dem Passiv, dem reflexiven Passiv und der indefiniten 3. Person Plural (ebd. 1931, 276) 205. Bartra und Picallo (2011, 180) hingegen sehen die Rolle der pasiva perifrástica (ser-passiv) als nicht derart zentral für das Verschwinden des indefiniten homonymen Substantiv zu sprechen, die neben anderen Gründen dafür verantwortlich gewesen sei, dass omne nie populär noch frequent in der Sprache gewesen sei. Mit Blick auf die in der vorliegenden Arbeit folgende Korpusanalyse kann jedoch auch nicht wie diese Aussage vermuten lassen mag von einem peripheren Gebrauch ausgegangen werden (So auch Brown (1931, 266), wie anfangs des Kapitels erwähnt, und, entgegen der angeführten Zitation von Zielin ski, sah das UMP omne als festen Bestandteil der spanischen Sprachstruktur an). 204 Brown (1931, 271) meint mit impersonal passive das se-passiv und versteht es als eine Entwicklung aus der pasiva refleja ( [ ] the reflexive passive, which later evolved into the impersonal passive ). Er sieht zwar nur marginale Unterschiede zwischen den beiden Konstruktionen, jedoch soll in dieser Arbeit betont werden, dass diese durchaus grundlegend sind. Als Stichworte seien hier die notwendige Konkordanz und die Beschränkung auf transitive Verben im Falle der pasiva refleja genannt. Dennoch sagt er, dass [t]he distinction, if any in the popular mind, at least, between the functions of the reflexive in se vençen moros, Cid 1753, and se vence a los moros; between se gana el pan, Cid 1643, and se habla de una cosa, is infinitesimal (ebd. 1931, 274). 205 Ricós Vidal sieht die Entwicklung des se impersonal ab Ende des 15. Jahrhunderts und seine Ausweitung auf intransitive Verben als möglichen negativen Faktor für die Entwicklung und weitere Grammatikalisierung von omne (ebd. 2002, 951). 167

176 hombre an. Zum einen, weil ihr Gebrauch ab dem 16. Jahrhundert zurückgehe (just dem Zeitpunkt, zu dem, wie eben angesprochen, das unpersönliche se den Endpunkt des indefiniten hombre bedeutet), zum anderen aufgrund der syntaktischen Einschränkung in Hinblick auf die Verben, die in diese Konstruktion eingehen können (unakkusative und intransitive Verben können nicht eingehen). Ferner hat die pasiva perifrástica normalerweise einen episodischen Wert und bezieht sich auf konkrete Ereignisse. Hombre [omne] hingegen weist keine episodische Lesart auf (ebd. 2011, 181). Darüber hinaus, das wäre zu ergänzen, erfährt es keine Einschränkungen bezüglich der Verben, mit denen es kombiniert werden kann 206. Eine weitere Konstruktion, die bei Brown nur am Rande im Rahmen einer Aufzählung der Konstruktionen erwähnt wird (vgl. ebd. 1931, 271), die in der Lage waren, in etwa den gewünschten Sinn zu übermitteln wie das indefinite hombre, ist uno. Bartra/Picallo stellen einen funktionalen Vergleich zwischen omne, uno und se auf: En un sistema como el de Harley & Ritter (2002), omne sería una expresión referencial sin rasgos individuativos, de clase o de persona, en caso nominativo. Su competidor directo, uno, tiene rasgos de persona y de género gramatical y, además, es compatible con diversas funciones. Ello lo convierte en el elemento con el mayor número de rasgos y susceptible de bloquear otros menos específicos por efecto del llamado Elsewhere Principle (Halle y Marantz, 1923: 120; Embick y Marantz, 2008). Si omne tiene valor 1P, se es distinto a este en cuanto a la geometría de rasgos, puesto que no incluye el hablante. Uno es más específico en cuanto al caso, puesto que no es exclusivamente nominativo. Adicionalmente, omne es más marcado fonológicamente, puesto que es bisílabo y tampoco es clítico (Bartra Picallo 2011, 181). Jedoch stellt sich mit Blick auf die ersten Belege für den unpersönlichen Gebrauch von uno die Frage, inwieweit es tatsächlich als Konkurrent des indefiniten hombre aufgetreten ist. Company Company und Pozas Loyo (2009, 1098) verdeutlichen, dass leicht divergierende Meinungen in der Forschungsliteratur vertreten werden: Keniston (1937) mache den frühesten Beleg für das unpersönliche uno im Dialogo de la lengua von 1535 aus. Lapesa (1942/1981) gehe ebenso vom 16. Jahrhundert aus 207, Eberenz jedoch spreche vom 15. Jahrhundert, gebe aber keine Belege für dieses Jahrhundert an. Carrasco (1988) sage, dass es un avance von uno im 16. Jahrhundert gebe, der bereits im 15. Jahrhundert beginne. Das Beispiel, das er gibt (y ladrón llamas a uno / sin que tengas más enojos), hat nach Company Company und Pozas Loyo un valor indeterminado, ist ihrer Meinung nach jedoch nicht gänzlich unpersönlich. 206 Die Analyse in Kapitel veranschaulicht und kommentiert die in die Grammatikalisierung im 13. Jahrhundert eingehenden Verben. 207 Wobei Lapesa, wie oben bereits erwähnt, zu einem späteren Zeitpunkt davon spricht, dass diese expresión desaparece definitivamente a lo largo del XVII (2000, 830). 168

177 Menéndez Pidal ( ) registriere überhaupt keinen generischen noch unpersönlichen Gebrauch von uno in der mittelalterlichen Periode, was dazu führe, von später angenommenen Lesarten auszugehen. Nach Pozas Loyo (2010, 283) ermöglicht die Ausdehnung von UNUS auf nicht spezifische Kontexte letztlich den generischen Gebrauch im Siglo de Oro. Dennoch ist es in diesem Kontext interessant, dass das Französische den unpersönlichen Gebrauch von uno nicht kennt, also just jene Sprache, in der HOMO in Gänze grammatikalisiert ist. Das Surselvische 208, das Italienische und das Spanische hingegen (die nach Meyer-Lübke , zit. in Company Company und Pozas Loyo (2009, 1105) das Hauptverbreitungsgebiet des unpersönlichen Gebrauchs aus UNUS 209 darstellen) weisen keinen indefiniten Gebrauch (mehr 210 ) von HOMO auf. Dies ist unter Umständen ein Hinweis darauf, dass das indefinite on im Französischen der unpersönlichen uno-konstruktion sprichwörtlich keinen Raum lies (vgl. auch Company Company und Pozas Loyo 2009, 1105). Andersherum wäre eben auch zu hinterfragen, wie groß die Rolle von uno im Rahmen der Nichtdurchsetzung des indefiniten omne im Spanischen war. Jedoch scheint diese, wenn überhaupt, eher marginal gewesen zu sein, wurde oben doch schon deutlich, dass die ersten Belege für diesen Gebrauch erst im 16. Jahrhundert auszumachen sind, also zu der Zeit, in der die Verbreitung des indefiniten omne schon stark eingeschränkt war und in der es letztlich auch verschwand (einige verstreute Beispiele gebe es womöglich auch noch nach 1580, dem Zeitpunkt, den Brown, wie oben angeführt, für das Verschwinden des indefiniten Gebrauchs von HOMO angibt (ebd. 1931, 270)) 211. Pozas Loyo (2010) zieht hieraus einen anderen Schluss und schreibt an promi- 208 Vgl. die Grammatik von Theodor Gartner, 128: Das dt. man [kursiv durch S.G.] giebt man in Graubünden und Tirol durch unus [kursiv durch S.G.] wieder (an der Gader mit etwas entstelltem Vokal) [ ]. Es ist jedoch nicht so, dass das Rätoromanische den Gebrauch von on überhaupt nicht kennen würde. Gartner gibt an, dass in Samedan und in Schleins zum Ausdruck von 'man' on mit dem Singular des Verbs genutzt würde (ebd. 1883, 105). Jedoch, darauf soll hier hingewiesen werden, wird in beiden Orten nicht das Surselvische, sondern im ersten Fall Puter (Oberengadinisch) und im zweiten Vallader (Unterengadinisch) gesprochen. Die Bezeichnung der bündnerromanischen Dialekte entspricht jener in Bossong (2008, 177). 209 Eine gute erste Übersicht über die indefinite Verwendung von UNUS > ins im Surselvischen findet sich in Spescha (1989, 369). 210 Im Fall des Spanischen und des Italienischen nicht mehr, da, wie in dieser Arbeit thematisiert, ältere Sprachstufen einen indefiniten Gebrauch von HOMO aufwiesen (einige Varietäten im italoromanischen Sprachraum, wie oben angesprochen, heute noch). 211 Vgl. auch Zielin ski (2012, 271), der sagt, dass [ ] el uso del impersonal uno [ ] empieza a triunfar en el siglo XVI, momento clave en la desaparación del omne pronominal und Company Company/Pozas Loyo (2009, 1195): [L]a desaparición de omne parece haber tenido como causa fundamental el avance de uno impersonal a partir del siglo XVI, es decir, precisamente el momento en el que omne pronominal inicia su declive. Wie oben bereits angesprochen wird hier davon ausgegangen, dass das Verschwinden des indefiniten omne zu diesem Zeitpunkt bereits weit vorangeschritten war. Company Company und Pozas Loyo (2009, 1196) sehen unter den von Brown angeführten Konstruktionen in uno die einzige Konstruktion, die als echter Ersatz für das indefinite omne fungieren konnte. Más aún, a medida que uno fue instaurándose en la lengua, adquirió paulatinamente [ ] un valor alusivo al 'yo', con lo cual, a partir del siglo XVI, pudo remplazar a omne en aquellos contextos en los que éste se empleaba con anterioridad, como una construcción en que la perspectiva del hablante es puesta en primer plano (ebd. 2009, 1196). Ricós Vidal sieht in uno und un hombre (auf un hombre geht die Analyse im 169

178 nenter Stelle, genauer gesagt, im Abstract zu ihrer Dissertation, der Entstehung des unpersönlichen uno eine nicht zu vernachlässigende Rolle beim Verschwinden des indefiniten hombre zu: I show that one of the consequences of the incorporation of un into generic contexts is the rise of the so-called impersonal uno, and explain that this event is crucial to explain the disappearance of another generic pronoun, omne, whose last examples are found in the sixteenth century, that is, precisely the moment where the first instances of impersonal uno occur (ebd. 2010, 2). Später allerdings schreibt sie, dass [ ] the rise of uno is also related to the disappearance of indefinite omne (< Lat. HOMINE), which was used throughout the medieval period (ebd. 2010, 278), was sich weniger in dem Sinne liest, dass das unpersönliche uno zum Verschwinden des unpersönlichen omne beigetragen oder dieses gar verursacht hat als vielmehr so, dass das unpersönliche uno davon profitiert hat. Alles in allem, so Brown, sei eine indefinite Entwicklung aus HOMO im Neuspanischen möglich gewesen, wären die Entwicklungen ähnlich verlaufen wie im Französischen: Had a nominative form such as ome (< homo), prevailed as the indefinite and remained uniformly atonic as in French, had the phonological development of omne in its one function ceased while in the other it continued, or had the word undergone a double development so that phonetic or syntactic doublets had evolved as in French, we assert that in all likelihood, in spite of the competition of parallel forms, some form of homo would today designate in Spanish an indefinite subject (ebd. 1931, 277). 4.3 Alt- und Mittelkatalanisch Zum Katalanischen gibt es bislang keine detaillierten Ausführungen zur Entwicklung von HOMO zu hom, so dass an dieser Stelle auf die oben gemachten Ausführungen zu den Entwicklungen im Lateinischen hingewiesen wird, aber nicht auf vorhandene Forschungsansätze (mit Ausnahme einiger Überlegungen in Bartra/Picallo (2011)) zum weiteren Fortgang der Grammatikalisierung im Altkatalanischen und etwaige Entwicklungen aus Sprachkontaktsituationen eingegangen werden kann. Somit wird hier auf die Analyse in Kapitel 5 verwiesen. Diese werden dann auch Annahmen konkretisieren bzw. widerlegen, die sich in Bartra/Picallo zweiten Teil der Arbeit auch noch einmal gesondert ein) die einzigen unter den Konstruktionen, die mit omne im 16. Jahrhundert koexistierten, die die Voraussetzung erfüllten, um es von dem Platz zu verdrängen, den es im System innehatte, da sie dieselben syntaktischen Eigenschaften gemeinsam hatten (ebd. 2002, 949). 170

179 (2011) finden. Diese sprechen davon, dass der Verlust der Kasusflexion und die zunehmende Setzung des bestimmten und des unbestimmten Artikels in der Folge das verursachen, was als Dublette el hombre, l hom/hom erscheinen mag: [L]a forma el hombre, l hom, para designar genéricamente un individuo, y el pronombre hom (ESP.: ome, omne) indefinido con significado existencial que tiende a desempeñar función de sujeto (ebd. 2011, 177). Es gebe jedoch auch einige wenige Belege für die Setzung von hom nach einer Präposition (ebd. 2011, 177 f.) 212. Die Analyse im zweiten Teil der Arbeit macht deutlich, dass es sich hierbei keineswegs um seltene Fälle handelt. Jedoch ist der Gebrauch der Entwicklungen aus HOMO im dreizehnten Jahrhundert noch nicht so weit konventionalisiert, wie hier suggeriert wird. Bartra und Picallo argumentieren, dass der Gebrauch nach einer Präposition andeutet, dass el pronombre conserva la forma nominativa (ebd. 2011, 177). Hier wird der Standpunkt vertreten, dass es sich in diesen Fällen nicht um einen pronominalen Gebrauch handelt, sondern sich vielmehr noch keine einheitliche Graphie ausgebildet hat, die zwischen dem lexikalischen und dem pronominalen Gebrauch unterscheidet, es sich also bei den betrachteten Belegen um einen Entwicklungsstand aus HOMO handelt, der noch stark lexikalisch ist (vgl. Kapitel ). Interessant ist in diesem Kontext ferner die idiomatische Wendung im heutigen mallorquí per hom ('por cabeza'), die in diesem Zusammenhang von Bartra und Picallo (2011, 177) angeführt wird. In der vorliegenden Arbeit wird sie als eine fixierte Form eines alten Sprachstands aufgefasst, in dem hom eben nicht ausschließlich pronominale Funktion hatte, sondern sich noch im Grammatikalisierungsprozess befand. 212 Von den drei Belegen, die von Bartra und Picallo (2011, 177 f.) exemplarisch für die wenigen Belegstellen angeführt werden, stammt einer exakt aus dem Untersuchungszeitraum der Analyse dieser Arbeit (13. Jahrhundert). Es handelt sich um den Text Vides de Sants Rosselloneses. In der vorliegenden Arbeit wurde aufgrund der dialektalen Färbung (català septentrional) darauf verzichtet, diesen Text zu untersuchen, da die Beeinflussung durch das Okzitanische ausgeschlossen werden sollte. Ferner gibt es einen weiteren Beleg aus den Homilies d Organyà. Diese sind auf Ende des 12./Anfang des 13. Jahrhunderts datiert und liegen somit in Bezug auf den Untersuchungszeitraum sehr früh, sind aber dennoch im Untersuchungskorpus erfasst (s. Kommentare zur Korpuszusammenstellung in 5.1). Der hieraus angesprochene Beleg für den Gebrauch von hom nach einer Präposition ist Teil des Untersuchungskorpus (HOMIL 18) der vorliegenden Arbeit und hier eine unter mehreren Belegstellen für den Gebrauch von hom in dieser syntaktischen Position. Er führt jedoch den bestimmten Artikel bei sich (auch in der Wiedergabe in Bartra und Picallo 2011, 177) und ist nicht mit pronominalem Gebrauch erfasst, sondern mit artgenerischer Lesart. Der dritte angeführte Beleg aus Tirant lo Blanch liegt deutlich später und fällt somit in der vorliegenden Untersuchung nicht weiter ins Gewicht. Festgehalten werden soll hier aber, dass es sich bei dem Gebrauch von hom nach einer Präposition keinesfalls um eine zahlenmäßig unbedeutende Gruppe von Belegstellen im 13. Jahrhundert handelt und somit, wie oben im Weiteren angemerkt, noch nicht von einer Konventionalisierung eines pronominalen Gebrauchs mit der Graphie hom gesprochen werden kann. 213 Es findet sich ein Beispiel für hom im katalanischen Vergleichskorpus (in der Crònica de Bernat Desclot) mit indefiniter nicht referenzieller Lesart nach einer Präposition (im Übrigen das einzige Beispiel für eine Lesart mit höherer Grammatikalisierung als dem artgenerischen Gebrauch in dieser Position im gesamten Korpus). Die Lesart kommt aufgrund eines koreferenziellen Gebrauchs zustande. Das Beispiel wird in Kapitel diskutiert. 171

180 5. Korpusstudie zur Grammatikalisierung von HOMO im Spanischen, Katalanischen und Französischen 5.1 Zum Korpus Im Weiteren wird nun die HOMO-Grammatikalisierung in den drei Untersuchungssprachen dieser Arbeit (Spanisch, Französisch und Katalanisch) im 13. Jahrhundert beleuchtet. Aber warum gerade dieses Jahrhundert? Oben wurde bereits angemerkt, dass es für Zielin ski (2012, 275) kein Zufall ist, dass das UMP hombre einen merklichen Frequenzanstieg ab der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts erfährt. Die in diesem Kapitel folgende Analyse wird zeigen, dass das Französische, das in dieser Arbeit aufgrund der am weitesten vorangeschrittenen Grammatikalisierung als Modell dient, im 13. Jahrhundert bereits den kompletten Grammatikalisierungspfad durchlaufen hat und auch die letzte Grammatikalisierungsstufe bereits gebräuchlich ist. Ferner verweist Zielin ski auf die Textsortencharakteristik in jener Zeit und spricht von einem vorherrschenden didaktisch-moralischen Charakter in den Texten dieser Epoche (ebd. 2012, 275). Dieser Charakter ist besonders förderlich für die Grammatikalisierung von UMPs, weil die aufgestellten Regeln eine Anwendbarkeit auf jedes Mitglied der Klasse Mensch voraussetzen. Auch Company Company/Pozas Loyo (2009, 1171) sehen eine besondere Affinität zwischen dem indefiniten Gebrauch von homo und Texten mit moralischem Inhalt (z.b. der auch in der Analyse dieser Arbeit erfasste Text Calila e Dimna) 214. Diese behandeln Normen, die das menschliche Verhalten lenken sollen 215. Vor allem wurde omne wie ein Indefi- 214 Vgl. hierzu auch Ricós Vidal (2002, 953): Estas estructuras son, pues, construcciones propias de una literatura doctrinal de carácter moral. En estas obras, se aúnan períodos narrativos puros (exempla) con discursos argumentativos didácticos (castigos), y es en estos apartados donde se acumulan las construcciones impersonales con omne/hombre. La presencia de este tipo de estructuras en diversas épocas, autores y libros confirma que no se debe al estilo de un autor determinado, sino a un rasgo caracterizador de determinado género literario. Ahora bien, por qué emplear ome y no las construcciones con se? [...] La evolución posterior parece indicar que el mayor uso de estas fórmulas en este género viene determinado por el carácter inclusivo con respecto al emisor y el valor genérico fluctuante entre la cuantificación universal y un yo encubierto. Excepto en algunos casos esporádicos en los que la construcción con ome enmascara el yo, el empleo de este pronombre en la Edad Media sirve para insistir en que se trata de leyes aplicables al ser humano, y en ese sentido los interlocutores del proceso, tanto el hablante como el emisor, están afectados por el precepto. 215 Entsprechend findet sich die generische Verwendung [= artgenerischer Gebrauch] äußerst häufig. Diese ist dabei im Korpus von Company Company/Pozas Loyo deutlich häufiger als der indefinite Gebrauch [= indefinit nicht referenzieller Gebrauch]. Sie machen darauf aufmerksam, dass sie ferner auch eine größere Verbreitung hinsichtlich der Kontexte, in denen sie sich findet, zu verzeichnen ist und führen das auf den Verlust an Autonomie im Rahmen des Grammatikalisierungsprozesses entsprechend Lehmann (1986) zurück, da die grammatikalisierten Formen weniger autonom als jene sind, aus denen sie hervorgehen (ebd. 2009, 1171 f.). Hier soll jedoch darauf hingewiesen werden, dass auch der generische Gebrauch, der entsprechend dem dieser Arbeit zugrundeliegenden Ansatz die erste Stufe der Grammatikalisierung darstellt, bereits kontextuell gebunden ist. 172

181 nitpronomen genutzt, um Urteile, Sprichwörter und Normen allgemeinen Charakters auszudrücken (ebd. 2009, 1172) 216. Mit Blick auf die Anwendbarkeit auf jedes einzelne Individuum sowie auf Urteile und Normen ist eine weitere Textsorte, die den didaktisch-moralischen Texten sehr nahe steht, zentral für die Betrachtungen dieser Arbeit: Rechtstexte 217. [ ][L]as distinciones entre varios de los géneros discursivos se vuelve muy tenue, casi se diluye: el Fuero real, considerado como género jurídico, está muy próximo a un texto moral en cuanto que contiene normas de conducta universales y los castigos a la transgresión de esas normas, y ello provoca que el conjunto de textos legales se aproxime en frecuencia, (76%), al género sapiencial, (78%), en empleos no referenciales; [...] (Company Company 2008, 41). Mihatsch (2015a, 581) hebt eine epochenübergreifende Besonderheit von Rechtstexten hervor, die Autoritativität 218, und damit verbunden der nur mit religiösen Texten vergleichbare Stellenwert des genauen Wortlauts, was zum Erhalt zahlreicher sprachlicher Archaismen in Lexikon und Grammatik führte [ ]. Rechtstexte besäßen ein besonderes Bedürfnis nach Generalisierung, da es darum gehe, möglichst lückenlos eine große Diversität von Einzelfällen ab[zu]decken (ebd. 2015, 581 f.). Das oberste Ziel, so Selig, sei die Absicherung der Eindeutigkeit des mitgeteilten Textinhalts (1992, zit. in Mihatsch 2015a, 582). Jedoch ist Rechtstext nicht gleich Rechtstext. Verdeutlicht werden soll dies hier anhand des Spanischen. Nach Ricós Vidal ist die Präsenz von omne in notariellen Dokumenten praktisch gleich null (stattdessen würde v.a. auf die dritte Person Plural, das periphrastische Passiv und die pasiva refleja zurückgegriffen). Die Belege von omne seien fragwürdig hinsichtlich ihrer unpersönlichen Interpretation und enthalten normalerweise einen negativen (nul) oder einen alle umfassenden (todo) indefiniten Quantifikator, die die Interpretation mit einer generischen 216 So findet sich in den Sätzen mit omne das Gewohnheitspräsens, ya que es este precisamente el tiempo prototípico de las predicaciones en que se expresan verdades universales y normas de conducta (Company Company/Pozas Loyo 2009, 1184). 217 Zur Rechtsgeschichte in der Romania des 12. und 13. Jahrhunderts und der damit einhergehenden Verschriftlichung der romanischen Sprachen wird hier auf das umfassende Werk von Kabatek (2005) verwiesen. In diesem findet sich auch eine Einordnung der in dieser Arbeit wichtigen rechtssprachlichen Werke (Primera Partida, Costums de Tortosa, Coutumes de Beauvaisis) in die juristische Diskurstradition des Römischen Rechts, die in der vorliegenden Arbeit nicht gegeben werden kann. Zur Rolle der Rechtstexte im Rahmen der Verschriftlichung der romanischen Sprachen vgl. auch Mihatsch (2015a, 581), die sich auf Koch (1993) bezieht, wenn sie sagt: Rechtstexte spielen ihrerseits eine besondere Rolle für die Verschriftung und Verschriftlichung romanischer Sprachen. Unter den ganz frühen romanischen volkssprachlichen Texten finden sich zahlreiche Rechtstexte, wie z.b. mündlich tradierte Rechtsgepflogenheiten und oral realisierte, aber in bestimmten Kontexten schriftlich festgehaltene Texte wie Eidesschwüre. 218 Mihatsch (2015a, 581) gebraucht hier den Begriff Autorität. 173

182 Lesart unterstützten. Selbiges gelte für die Fueros. La presencia de estructuras con ome se da en los apartados didácticos, en las sentencias, en las máximas o leyes generales. Aus diesem Grund finde sich omne in größerer Fülle in der doktrinellen Prosa des 13. und 14. Jahrhunderts (Ricós Vidal 2002, 953). Die Ausführungen von Company Company/Pozas Loyo (2009) und Company Company (2008) verdeutlichen jedoch das, was eingangs des Absatzes bereits angesprochen wurde, nämlich dass es sich bei der Betitelung Rechtstexte nicht um eine homogene Textsorte handelt. Company Company/Pozas Loyo sehen keinen Gebrauch von omne als UMP (bzw. als omne generalizador ) in Rechtstexten 219 : El hecho de que no existan ejemplos de omne generalizador ni en el Cid, ni en documentos jurídicos, ni en la novela sentimental ni en la lírica popular, demuestra que dicha forma fue una herramienta lingüística adscrita a un estilo formal y mayoritariamente empleado para la formulación de verdades universales, y que, por lo tanto, el cambio de categoría sustantivo > pronombre debío realizarse asociado a un cierto tipo de género textual, fundamentalmente el sapiencial (Company Company/Pozas Loyo 2009, 1174). Jedoch macht Company Company (2008, 41) mit Blick auf ihr Arbeitskorpus deutlich, dass zwar nicht so viele Belegstellen für omne in Texten des género jurídico wie in der Textsorte sapiencial zu finden sind, jedoch ist der deutlich größere Teil der Belege in der erstgenannten Textsorte (76 %) nicht referenziell (darunter versteht sie den Verweis auf die Klasse Mann 220 sowie, entsprechend der in dieser Arbeit verwendeten Terminologie, den artgenerischen (a 1 ) und den indefiniten nicht referenziellen (a 2 ) Gebrauch). Mit Blick auf die jeweils verwendeten Korpora fällt auf, dass zwar zwei der drei juristischen Dokumente aus dem Korpus von 2008 auch in jenem von 2009 enthalten sind, das Korpus der Studie von 2009 jedoch deutlich mehr juristische Dokumente aufweist. Inwiefern dies Einfluss auf die Ergebnisse hat, soll hier nicht diskutiert werden und würde zu weit von der infrage stehenden Eignung von juristischen Dokumenten zur Untersuchung der Grammatikalisierung von HOMO wegführen. Die Frage, was alles unter der Bezeichnung juristische Dokumente zu 219 Vgl. hierzu auch Bertrand (2002, 192): On et man ont en commun de pouvoir jouer un double jeu: d un côté ils désignent n importe qui, de l autre ils peuvent désigner un individu (ou des individus) précis. C est ce qui éxplique que on comme man sont exclus de la langue juridique. Celle-ci emploie quiconque et nul. On a donc un on/man général et un on/man particulier. 220 Company Company spricht von nominales genéricos (ebd. 2008, 41) und fasst darunter, wie oben dargestellt (vgl. Fußnote 188), den Verweis auf die Klasse Mann und die Gattung Mensch. Wie in Kapitel 4.2 bereits angesprochen, verstehen Giacalone Ramat/Sansò (2007a, 2007b, 2010) im Rahmen ihrer Klassifizierung nur den Verweis auf die Gattung Mensch unter dem artgenerischen Gebrauch, der die erste Stufe der Grammatikalisierung darstellt. Da dem Verweis auf die Klasse Mann im Rahmen der Grammatikalisierung von HOMO keine Bedeutung zukommt, ist dieser in der Analyse dieser Arbeit ebenso nicht unter dem Lemma a1 (artgenerisch; zur in dieser Arbeit von Giacalone Ramat/Sansò (2007b) abweichenden Schreibweise der Lemmata s. Fußnote 233) gefasst, sondern unter dem Lemma Unterklasse/Teilgruppe. 174

183 verstehen ist, führt in dieser Sache jedoch weiter. Company Company/Pozas Loyo stellen fest, dass [l]os ejemplos referenciales tienden a concentrarse, como es lógico, en textos de carácter narrativo o bien en documentos legales en que se hace referencia a eventos y personajes específicos (ebd. 2009, 1170). Vor diesem Hintergrund lohnt sich der Vergleich zwischen notariellen Dokumenten, beispielsweise Urkunden und Rechtsurteile, die genau dies tun, nämlich eine spezifische Referenz herstellen, und allgemeingültigen Rechtstexten, in denen Normen aufgestellt werden, die für jeden Menschen gültig sein sollen 221. Company Company/Pozas Loyo (2009, 1170) sprechen vom carácter generalizador, den Gesetze notwendigerweise besäßen. Entsprechend fänden sich häufig Ausdrücke wie todo omne, qualquier omne und ningun omne. Die Grammatikalisierung von HOMO ist in juristischen Texten also nicht ausgeschlossen, vielmehr geht es darum zu bestimmen, um welche Art von Texten es sich dabei handelt. In dieser Arbeit werden Rechtstexte herangezogen, also legislative Texte, in denen rechtliche Vorgaben gemacht werden. Entsprechend sind in allen drei Untersuchungssprachen die zentralen Texte Rechtstexte: die Primera Partida für das Spanische, die Coutumes de Beauvaisis für das Französische und die Costums de Tortosa für das Katalanische. Hinzu kommen jeweils ein Text aus dem moralisch-didaktischen Bereich und ein weiterer aus dem theologischen. Letzterer erklärt sich vor dem Hintergrund, dass auch theologische Texte eine Textsorte darstellen, die ein Norm- und Moralverständnis vermitteln (vgl. auch hier Mihatsch 2015a, 582). Das Gesamtkorpus setzt sich also wie folgt zusammen 222 : 221 Wobei auch in notariellen Dokumenten Belege für den indefiniten Gebrauch zu finden sind, wie Altolaguirre Tolosa (2011, 976) anhand des Lateinischen des 10. Jahrhunderts in Katalonien aufzeigt. 222 Für die Erstellung des spanischen Korpus wurde auf das Corpus Diacrónico del Español (CORDE) zurückgegriffen, für das katalanische Korpus auf das Corpus Informatitzat del Català Antic (CICA) und für das französische Korpus auf die Base de Français Médiéval (BFM). Die Datierung wurde für die spanischen Texte den Angaben im CORDE entnommen und für das Französische der BFM. Die Datierungen der Taula general und der Costums de Tortosa stammen aus dem CICA, das der Doctrina pueril aus Llull (2010, 6), jene der Homilies d Organyà (s.v. Homilies d Organyà) und der Crònica de Bernat Desclot (s.v. Llibre del rei En Pere) aus der Gran Enciclopèdia Catalana (GEC). Die Rede soll hier noch auf einen nicht zu vernachlässigenden Umstand kommen. Für die Aufnahme der verwendeten Texte in den angeführten Korpora wurde natürlich auf entsprechende Editionen zurückgegriffen, die selbst auch jeweils eine Interpretation darstellen (angefangen bei der Wahl der Handschrift(en) über die Entscheidung für eine Variante und die Angabe oder Auslassung abweichender Varianten etc.). Als Beispiel kann hier Beleg CdT 690 dienen. Hier konkordiert home mit dem Plural: (1) Home, so és sarrayn o sarrayna o altre servu o serva, no són enteses que sien en fruitz, éls ne ren que de lur cors ysca, per so com Déus nostre seynor no volc que fossen enteses en fruitz com totz los fruitz fossen fetz a serviï e a ús de home. (CdT 690) In anderen Handschriften (B-C) steht hier jedoch hòmens (vgl. Massip i Fonollosa 1996, 156). Zuletzt soll hier noch die Datierung der Doctrina pueril angesprochen werden. Die in CICA angesprochene Datierung (bzw. die zwei angegebenen Datierungen) des Manuskripts, auf die die ins Korpus aufgenommene Edition zurückgreift, ist im 14./15. Jahrhundert verortet, und somit eigentlich außerhalb unseres Untersuchungszeitraumes. Jedoch, so macht Santanach i Suñol (vgl. Llull 2010, 28 (Vorwort)) deutlich: Ihre [die der angesprochenen Edition] Grundlage bildet das Manuskript, das auch der Ausgabe von 1906 zugrunde lag und sich im Moment im Bestand der Biblioteca de Catalunya in Barcelona befindet; 175

184 Spanisch Katalanisch Französisch Text Jahr Text Jahr Text Jahr Rechtstext Primera Partida Costums de Tortosa 1272 Coutumes de Beauvaisis ca Didakt.-moralisch Calila e Dimna 1251 Doctrina pueril zw und 1276 De l'invention 1282 Ende 12. El Evangelio de Homilies Jh./Beginn 13. Religiös San Mateo vor 1260 d'organyà Jh. Crònica de zw und Vergleichskorpus Bernat Desclot 1286 Taula general Tab. 20: Zusammenstellung des Untersuchungskorpus Vie de sainte Geneviève 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts Für das Katalanische ist neben dem Untersuchungskorpus noch ein Vergleichskorpus angelegt worden. Dies ist dadurch begründet, dass das Katalanische, ohne die Untersuchungsergebnisse vorwegzunehmen, ähnlich weit wie das Französische grammatikalisiert ist und dementsprechend untersucht werden soll, inwiefern dieser Grammatikalisierungsgrad auch in Textsorten zu finden ist, die weniger charakteristisch für Handlungsanweisungen und moralische Betrachtungen sind, so beispielsweise Chroniken und historiographische Texte. Entsprechend findet sich im Vergleichskorpus die Crònica de Bernat Desclot. Hinzu kommt ein wissenschaftlich-technischer Text, die Taula general von Ramon Llull (übrigens auch der Autor der Doctrina pueril, was auch in Hinblick auf den Vergleich und eine ggf. (bewusst) unterschiedliche Verwendung von Seiten des Autors von Interesse ist). Ferner zeigt sich in der Analyse des katalanischen Korpus vermehrt die später grammatikalisierte Form tot hom ( > tothom). Das Vergleichskorpus soll auch hier dazu dienen, einige weitere Aussagen über diese Form treffen zu können. Der Umfang der Textzeugen konnte für die drei Untersuchungssprachen nicht gleich gestaltet werden, jedoch ist das Verhältnis der einzelnen Texte untereinander in den drei Sprachen in etwa gleich gewichtet. Der zentrale Text, der rechtssprachliche, ist in allen drei Sprachen der umfangreichste, gefolgt vom didaktisch-moralischen und vom religiösen: sie berücksichtigt sämtliche erhaltenen Überlieferungen des Werks, die frühen Übersetzungen mit eingeschlossen. Das Manuskript, auf das Santanach i Suñol hier zu sprechen kommt, stehe dem Archetypus (also dem Text von Llull) sehr viel näher als die Münchener Textzeugen (vgl. Llull 2010, 28 (Vorwort)), ohne dass hier weiter auf die Letztgenannten eingegangen werden soll (Santanach i Suñol gibt im Anhang eine ausführliche Auflistung der Manuskripte und frühen Editionen der Doctrina pueril). 176

185 Spanisch Katalanisch Französisch Text Wörter Text Wörter Text Wörter Rechtstext Primera Partida Costums de Tortosa Coutumes de Beauvaisis Didakt.-moralisch Calila e Dimna Doctrina pueril De l'invention Religiös El Evangelio de San Mateo Homilies d'organyà Vie de sainte Geneviève Vergleichskorpus Crònica de Bernat Desclot Taula general Tab. 21: Umfang der Textzeugen (gesamt) der Korpora Alle Texte wurden in Gänze untersucht. Lediglich im Fall der Doctrina pueril, der Coutumes de Beauvausis und des Texts De l invention wurden Auszüge untersucht 223 : Text untersucht Seiten gesamt Wörter entsprechend Doctrina pueril erste 146 Seiten 279 Seiten Wörter 224 Coutumes de Beauvaisis erste 50 Seiten 505 Seiten Wörter De l'invention erste 60 Seiten 308 Seiten Wörter Tab. 22: Abweichender Untersuchungsumfang der Doctrina pueril, der Coutumes de Beauvaisis und des Texts De l invention Der verringerte Untersuchungsumfang ist im Fall der katalanischen Doctrina pueril darin begründet, dass der Volltext eine deutlich höhere Belegzahl (798 Belege) als der Vergleichstext im Spanischen (Calila e Dimna; 462 Belege) und eine höhere Belegzahl als der Haupttext des katalanischen Korpus (Costums de Tortosa; 759 Belege) zu Tage gefördert hätte (weitere Belegzahlen s. Tab. 24), dieses Ungleichgewicht jedoch vermieden werden sollte. Im Fall der beiden französischen Texte ist dies auf den Umstand zurückzuführen, dass es sich im Fall des Französischen, das in dieser Arbeit als Modell für die Grammatikalisierung dient, um eine "Blaupause" handelt. Insofern wurde ein exemplarischer Korpusumfang gewählt, der Rück- 223 Im Fall der französischen Coutumes de Beauvaisis findet sich erst nach den ersten 50 Seiten der einzige Beleg für home. Im Fall der katalanischen Doctrina pueril sind alle drei Belege für òmens in der zweiten Hälfte des Textes situiert und damit, ebenso wie der angesprochene Beleg von home in den Coutumes de Beauvaisis, nicht Teil der Auswertung. Dennoch wird hier davon ausgegangen, dass ein für die Texte exemplarisches Ergebnis mittels der Auswertung der angegebenen Textausschnitte erreicht wird. 224 Die Werte der gesamten Spalte sind gerundet auf ganze Wörter. 177

186 schlüsse auf den Stand der Grammatikalisierung von on im 13. Jahrhundert zulässt (sie ist, wie bereits oben angesprochen, komplett durchlaufen) und als Muster für die Betrachtungen im Spanischen und im Katalanischen dient. Der Text Vie de sainte Geneviève wurde entgegen der beiden anderen Texte in Gänze untersucht, da es sich um einen kurzen Volltext handelt, die Analyse dieses Textes aber auch separat von den weiteren Texten eine Aussage ermöglichen soll (ebenso wie die Einzelstudie aller betrachteten Texte). Bevor in die Analyse der Daten eingestiegen wird, soll an dieser Stelle zunächst noch eine Übersicht über die Dimension des Untersuchungskorpus gegeben werden. Zunächst richtet sich der Blick auf die Belegverteilung in den einzelnen Texten 225 : Spanisch Prim. Part. omne (326) omnes (531) ombres (1) CeD hombre (6) ome (53) omne (301) onbre (4) omes (12) omnes (86) ESM omne (1) ombre (81) ombres (55) Katalanisch CdT hom (688) om (5) home (4) ome (2) hòmens (57) òmens (3) DP hom (178) om (8) home (47) ome (4) homa (3) homo (1) hòmens (64) hòments (1) HOMIL hom (1) om (40) hòmens (3) CD hom (205) om (1) home (2) hòmens (171) òmens (4) TG hom (137) om (3) home (96) ome (23) hòmens (25) Französisch CdB en (68) on (18) hons (8) homme (43) hommes (39) INV en (13) on (93) ome (6) hom (1) home (7) homes (24) VdSG en (28) on (3) hons (26) ome (4) hom (1) home (7) homme (2) hommes (2) homes (2) Tab. 23: Belegverteilung nach Text Insgesamt ergeben sich die folgenden Gesamtzahlen für die untersuchten Belege: 225 Die Texte werden im Weiteren wie folgt abgekürzt: Primera Partida (Prim. Part.), Calila e Dimna (CeD), El Evangelio de San Mateo (ESM), Costums de Tortosa (CdT), Doctrina pueril (DP), Homilies d Organyà (HOMIL), Crònica de Bernat Desclot (CD), Taula general (TG), Coutumes de Beauvaisis (CdB), De l Invention (INV), Vie de Sainte Geneviève (VdSG). 178

187 Spanisch Prim. Part. 858 CeD 462 ESM 137 gesamt Spanisch 1457 Katalanisch CdT 759 DP 306 HOMIL 44 gesamt Korpus I Katalanisch 1109 CD 383 TG 284 gesamt Vergleichskorpus Katalanisch 667 gesamt Katalanisch 1776 Französisch CdB 176 INV 144 VdSG 75 gesamt Französisch 395 gesamt alle drei Sprachen 3628 Tab. 24: Gesamtzahlen der untersuchten Belege Das Gesamtkorpus umfasst insgesamt 3628 Belege. Davon entfallen 1457 auf das spanische Teilkorpus, 1776 auf das katalanische (1109 auf das Korpus I, im Folgenden auch Hauptkorpus genannt, und 667 auf das Vergleichskorpus) und 395 auf das Korpus der französischen "Schablone". Die Korpora sind also nicht gleich gewichtet, was sich jedoch vor dem Hintergrund der Auswahlkriterien (zeitliche Einordnung 13. Jahrhundert und Textsorte) nicht vermeiden ließ 226. Somit wurde das Kriterium des Textumfangs nur dort berücksichtigt, wo trotz der beiden anderen Kriterien mehrere Textzeugen vorhanden waren. Ferner wurde im Katalanischen darauf geachtet, keine Textzeugen zu wählen, die dem Dialekt das Català septentrional zuzuordnen sind, um mögliche Kontaktphänomene mit dem Okzitanischen weitestgehend auszuschließen. Folglich konnten beispielsweise die Vides de Sants Rosselloneses leider nicht berücksichtigt werden. 226 An dieser Stelle soll hervorgehoben werden, dass das Spanische und das Französische zwar eine reichere Korpuslandschaft besitzen (auch wenn hier nur mit dem CORDE bzw. der BFM gearbeitet wurde), das CICA jedoch ein breites und gut ausgearbeitetes Werkzeug darstellt und somit auch im Katalanischen diachrone Korpusstudien mittels einer Datenbank (die ferner frei zugänglich ist) möglich sind. Auch soll hier noch darauf hingewiesen werden, dass die Textproduktivität natürlich nicht für alle drei Untersuchungssprachen und Textsorten gleich groß ist, auch wenn sich, wie oben beschrieben, bestimmte Textsorten in gewissen Epochen als besonders stark verbreitet erweisen. 179

188 In der Auswertung dieser Arbeit werden sowohl der Gebrauch von HOMO im Singular als auch jener im Plural analysiert. Der Gebrauch im Singular, das wurde bereits deutlich, ist jener, der eine mögliche Grammatikalisierung durchläuft. Dennoch ist der Plural auch von Interesse, da dieser Vergleiche dahingehend ermöglicht, ob sich die Kontexte, in denen HOMO gebraucht wird, die jeweilige syntaktische Position von HOMO und die Verben, mit denen HOMO genutzt wird, im (die Grammatikalisierung ermöglichenden) Singular und im Plural unterscheiden. Somit können nicht nur anhand der syntaktischen Position, der verwendeten Verben und der weiteren untersuchten Kriterien (die in Kapitel 5.2 erläutert werden) Rückschlüsse auf den Grad der Grammatikalisierung von HOMO (Singular) gezogen werden, sondern auch mittels des Vergleichs zum gänzlich lexikalischen Gebrauch von HOMO (Plural). Setzt man die Belegzahlen zum Umfang der untersuchten Texte in Relation, so erhält man das in Tabelle 25 dargestellte Ergebnis. Es zeigt das relative Vorkommen 227 von HOMO gesamt (= Singular und Plural) gegenüber von HOMO nur im Singular auf: Spanisch Wörter Belege gesamt (absolut) Belege gesamt auf Wörter Belege nur Singular (absolut) Belege Singular auf Wörter Prim. Part , ,706 CeD , ,382 ESM , ,685 gesamt Spanisch , ,409 Katalanisch CdT , ,954 DP , ,828 HOMIL , ,449 gesamt Korpus I Katalanisch , ,685 CD , ,949 TG , ,398 gesamt Vergleichskorpus Katalanisch , ,274 gesamt Katalanisch , ,880 Französisch CdB , ,348 INV , ,120 VdSG , ,167 gesamt Französisch , ,595 Tab. 25: Vorkommen von HOMO (gesamt) und HOMO (Singular) 227 Alle Frequenzwerte sind in dieser Arbeit auf ein Vorkommen pro Wörter gerechnet. Die Werte sind auf die dritte Nachkommastelle gerundet. Somit ergibt sich trotz der ungleichen Gewichtung aufgrund der stark variierenden Textlängen dennoch eine Vergleichbarkeit. 180

189 Das Gesamtvorkommen (Singular und Plural) auf Belege zeigt marginale Unterschiede zwischen dem Spanischen und dem Katalanischen (Spanisch: 57,39; Katalanisch Korpus I: 53,907). Das Französische hebt sich mit 85,23 Belegen auf Wörter deutlich ab. Auch mit Blick auf den Gebrauch von HOMO im Singular bietet das Französische (65,595) den höchsten Wert, während das Spanische (30,409) und das Katalanische (47,685) hier stark voneinander abweichen. Hieraus lassen sich zwei mögliche Schlüsse ziehen. Zum einen deutet ein höherer Wert auf ein höheres Grammatikalisierungspotential hin. Zum anderen, gerade auch mit Blick auf das Französische, aber auch in Hinsicht auf die fortgeschrittene Grammatikalisierung im Katalanischen, deutet ein hoher Wert der Belege im Singular auf einen möglichen hohen Gebrauch bereits grammatikalisierter oder sich in der Grammatikalisierung befindlicher Formen hin (Eine genaue Aufstellung über die Grammatikalisierungsgrade folgt im Rahmen der Auswertung). Interessanterweise sind bei den Belegen im Singular im Spanischen und im Französischen die didaktisch-moralischen Texte (CED mit 48,382 und INV mit 106,12) diejenigen mit den höchsten Vorkommen, im Katalanischen jedoch der theologische Text (HOMIL mit 84,449). Die Rechtstexte weisen im Spanischen (20,706) und im Katalanischen (40,954) jeweils die geringsten Belegzahlen (Singular) auf, im Französischen ist es hingegen der religiöse Text (32,167). Der Rechtstext (82,348) hat hier annähernd eine so hohe Belegokkurrenz wie der theologische im Katalanischen. Der Blick soll sich nun den grammatikalisierten Belegen und ihrer Beschaffenheit zuwenden. Bevor sich diese Arbeit jedoch den Ergebnissen der Korpusstudie zur Grammatikalisierung von HOMO im Spanischen, Katalanischen und Französischen im 13. Jahrhundert widmet, seien im nächsten Schritt zunächst die erfassten Untersuchungskategorien erläutert. 5.2 Im Korpus erfasste Untersuchungskategorien Die untersuchten Belege sind im Rahmen der Korpusanalyse nach unterschiedlichen Kriterien klassifiziert und tabellarisch erfasst worden (s. Anhangsband). Diese geben Aufschluss über den Grammatikalisierungsgrad des jeweiligen Belegs und über die unterschiedlichen Faktoren, die für ihn signifikant sind. Sie sollen hier im Einzelnen angeführt und erläutert werden. Zunächst geht es um den Grammatikalisierungsgrad: 181

190 Ø, singularisch Ø, pluralisch Grammatikalisierungsgrad Ø, Unterklasse/ Teilgruppe a1 a2 b Abb. 16: Darstellung des Grammatikalisierungsgrades in den Auswertungstabellen Die Belege sind im linken Teil der Auswertungstabellen (direkt im Anschluss an die Beispielnummerierung und die Angaben zur Graphie) in Hinblick auf ihren Grammatikalisierungsstand klassifiziert. Diese Skala umfasst zwei Teile, wobei im ersten die untersuchten Belege, wenn zutreffend, als nicht grammatikalisiert bzw. nicht auf dem Grammatikalisierungspfad befindlich verortet (Ø) und zusätzlich in drei Gruppen eingeordnet sind: singularisch, pluralisch und Unterklasse/Teilgruppe. 228 Unter singularisch wird hier die Referenz auf eine Einzelperson verstanden, egal ob bestimmt oder unbestimmt. [157] Sènyer dix él, jo són vengut assí a tu axí com hom a qui el rey d' Aragó à tolt tot quant avia, e vul éser ton cavaler e ton soldader. (CD ) Dabei ist auch der Gebrauch als Platzhalter möglich, vor allem mit Modifikatoren wie tal, aquel oder aital [158] oder einem Relativsatz [159]: [158] Lo veguer o el sag, en qual que manament fassen de venir a cort, deu dir e nomenar: «aytal hom se clama de vós, siatz aytal dia a la cort» e [ ] (CdT 35) [159] Mas el omne que non quiere saber; non quiere llegar a quanto podrie alcançar por su entendimiento. (Prim. Part. 7) Aber auch ohne weitere Modifikatoren und einfach nur mit dem unbestimmten Artikel [160] oder auch artikellos [161] ist dies möglich: [160] Amable fil, un hom pot auciura altra home, mas hom no pot tornar viu l' om que auciu (DP 37) 228 Hier wird die Meinung vertreten, dass es wichtig ist, auch das Verhältnis zwischen den nicht grammatikalisierten und den (teil)grammatikalisierten Belegen zu illustrieren, da daraus Rückschlüsse auf die Verbreitung des (teil)grammatikalisierten Gebrauchs gezogen werden können. Zur Betitelung (teil)grammatikalisiert s. Fußnote Die Hervorhebungen (Fettdruck) in den Korpusbeispielen stammen alle von S.G. In den tabellarischen Korpusauswertungen (s. Anhangsband) werden die Belege aus ökonomischen Gründen ohne Leerzeichen zwischen dem Textkürzel und der Belegnummer angegeben. 182

191 [161] E puys aprés sí li comtà en qual manera era vengut, ne com avia parlat ab eyl, e con era estat e l camp e com avia feta fer carta de testimoni que el rey d' Anglaterra ne hom per eyl, no l podien assegurar en la ciutat de Bordeyl. (CD 164) Unter pluralisch wird hier der Verweis auf eine Gruppe verstanden, die die Menschen umfasst, aber eben nicht die Gattung Mensch/die Menschheit 230 : [162] Ca si uos perdonaredes a los ombres sos pecados, perdonara a uos uuestro Padre celestial uuestros pecados. (ESM 91) In die Kategorie Unterklasse/Teilgruppe fallen die Belege, die auf eine bestimmte oder unbestimmte Zahl an Menschen referieren, oder aber auf eine Unterklasse der Gattung Mensch, z.b. der Mann 231 /Männer an sich wie in [163] und [164] oder aber auch des Typs hom de peu [165], hom religiós [166] etc.: [163] Caritat e tamor e humilitat, veritat, justícia e les altres vertuts semblans a aquestes són ajudans a tenir l' orde de matrimoni; e sobrefluïtat d' ornats vestiments e agensament de faysons e desordonats pensaments fan a hom trencar lo sagrament de matrimoni. (DP 93) [164] E esto cae en los Joglares. & en los remedadores de las ganancias que fazen por sus iuglerias & sus remedijos. & en las malas mugieres de lo que ganan por sus cuerpos yaziendo con los omnes. (Prim. Part. 802) [165] Los hòmens estrayns paguen el passage: hom de peu una mealla e cavalcan ab son troter e ab sa bèstia I diner tan solament per la primera entrada e per la exida, [ ] (CdT 1) [166] Item, en la cort de Tortosa pot tot hom avocar que avocar sàpia, clérege o lech qual se vol, jasia so que sia en sacris e aja benefeyt e cura d' ànimes ab que prevere no sia, o hom religiós, car aquels no y són oïtz, sinó en lurs fetz propris o per les lurs esgleyes, o per lur monestirs, e ab actoritat de lur major. (CdT 688) 230 Vgl. hierzu auch Mihatsch (2015a, 592), die in der Verwendung im Plural in der Bedeutung 'Leute' eine Referenz auf eine spatiotemporal vage abgegrenzte Gesamtheit [ ] [sieht], nicht aber auf die globale Klasse Menschheit, was ein verwandter, aber referenziell anders gelagerter Gebrauch sei. 231 Company Company/Pozas Loyo (2009, 1169) fassen die Unterklasse Mann unter die generische Lesart. In dieser Arbeit wird sie im Rahmen der nicht grammatikalisierten Kategorie Unterklasse/Teilgruppe aufgenommen, da sie zwar eine allgemeingültige Aussage über die Unterklasse Mann macht, jedoch nicht über die Gattung Mensch, die in a 1 aufgeführt wird und den Ausgangspunkt der Grammatikalisierung darstellt, für welche die Unterklasse Mann keinerlei Relevanz besitzt. 183

192 Ferner finden sich im katalanischen Teilkorpus noch Belege des Typs molt + hom, tant + hom. Nach Moll (1952, 330) würden molt und tant 232 im Altkatalanischen oft im Singular, aber mit pluralischer Bedeutung ( pluralidad de individuos ) genutzt. Er führt mehrere Beispiele an, darunter Molt monestir és pobre e endeutat aus dem Llibre del Consolat de Mar. [167] [ ] car per aytals coses molt hom ne pert son dret e s torba o per paor no demana son dret, la qual és contra Déu e contra hòmens, [ ] (CdT 168) Auch diese Belege werden in der vorliegenden Analyse in die Kategorie Unterklasse/Teilgruppe eingeordnet, da es sich nicht um einen Beleg der Kategorie pluralisch im Sinne von 'die Menschen' handelt, sondern um eine nicht weiter bestimmte Teilgruppe der Gattung Mensch. Der zweite Teil der Skala umfasst die Grammatikalisierungsstufen a1, a2 und b. Diese sind angelehnt an den in Kapitel 2 dargestellten Ansatz von Giacalone Ramat/Sansò (2007a, 2007b, 2010; die Betitelung orientiert sich an ebd. 2007b 233 ). Entsprechend sind in die Kategorie a1 die Belege mit artgenerischer Lesart [168] eingeordnet, in a2 jene mit indefiniter nicht referenzieller Lesart [169] und in b jene mit indefiniter referenzieller Lesart [170]: [168] Quar " home " si est partie de ce que nos avons dit dessus " creature " [ ] (INV 119) [169] Mes l' en a souvent veu avenir que maint homme ont commencié bonnes euvres qui n'avoient pas le sens en aus de parfournir, [ ] (CdB 2) [170] La messe estoit conmenciee et si lisoit on l'evangile quant li muéz i vint. (VdSG 70) Natürlich ist die Einordnung der Belege in diese Kategorien nicht immer zweifelsfrei möglich. Gerade die Unterscheidung zwischen a1 und a2 ist schwierig, wie auch Giacalone Ramat/Sansò (2010, 93) anmerken: 232 Nach Moll trifft dies auf die Indefinitpronomen der Quantität zu, wenn sie adjektivisch gebraucht werden, hierunter v. a. aber molt und tant (ebd. 1952, 330). 233 Um zu verdeutlichen, dass es sich um die angelehnte Verwendungsweise in dieser Arbeit handelt, und zur Situierung des Lesers in der Korpusauswertung dieser Arbeit werden die Lemmata nicht a 1, a 2 und b sondern a1, a2 und b genannt. 184

193 Dans beaucoup de ces cas, en effet, il est tout à fait difficile d établir si «homme» doit être interprété comme désignant l espèce humaine (interprétation générique d espèce) ou, plutôt, s il désigne un représentant quelconque de l ensemble des hommes (interprétation indéfinie non référentielle) [Markierung im Original]. So kann mitunter ein Beleg, der als a2 interpretiert wurde, auch als a1 interpretiert werden 234. Gründe für die Entscheidung zugunsten der Lesart im Sinne von a2 sind neben semantischen Gesichtspunkten v.a. Subjektstellung, Artikellosigkeit und fehlende modifizierende Elemente. In den Fällen, in denen zwei Lesarten möglich waren, fiel die Entscheidung stets zugunsten der höher grammatikalisierten Lesart 235. Hier sei aber auch angeführt, dass, so problematisch die Unterscheidung oftmals für die Zuordnung zu einer der Kategorien auch sein mag, dieser Umstand für die Grammatikalisierung wichtig ist, handelt es sich hierbei doch genau um den Bridging context (Brückenkontext), der den Fortgang der Grammatikalisierung mittels Implikaturen überhaupt erst ermöglicht, denn für Brückenkontexte gilt, so Heine (2002, 84): a. They trigger an inferential mechanism to the effect that, rather than the source meaning, there is another meaning, the target meaning, that offers a more plausible interpretation of the utterance concerned. b. While the target meaning is the one most likely to be inferred, it is still cancellable [ ], that is, an interpretation in terms of the source meaning cannot be ruled out. c. A given linguistic form may be associated with a number of different bridging contexts. Mit Blick auf das Spanische und die gestoppte Grammatikalisierung ist der letzte Punkt, den Heine hier anführt, von besonderem Interesse: d. Bridging contexts may, but need not, give rise to conventional grammatical meanings. 234 Vgl. auch Zielin ski (2012, 276): Creemos, además, que existe una frontera borrosa entre lo genérico y lo indefinido oder Kärde (1943; zit. in Company Company/Pozas Loyo (2009, 1196), der sagt, dass là où un grammairien reconnaît la valeur pronominale de omne, un autre pourra la contester et trouvera que omne est équivalent a [sic!] l homme ou à un homme. 235 Dies geschah aus praktischen Erwägungen, da in der Auswertungstabelle zugunsten der Lesbarkeit und der Übersicht darauf verzichtet wurde, Zwischenstufen einzubauen. Als Beispiel kann der Beleg DP 175 angeführt werden: e per assò és temable la justícia de Déu, cor per injúria hom no s pot defendre al poder de Déu. Eine artgenerische Lesart (in Gegenüberstellung zu Gott) ist hier möglich, jedoch ist eine indefinite nicht referenzielle Lesart hier deutlich naheliegender und die Negation schafft das entsprechende kontextuelle Umfeld, das diese Lesart befördert. 185

194 Zu der Frage, inwiefern die im Spanischen erreichte Stufe a2 konventionalisiert ist, gibt die in diesem Kapitel folgende Analyse wichtige Antworten. Die angesprochenen Brückenkontexte allein, so Heine, führen nicht geradewegs zu neuen Bedeutungen, vielmehr braucht es noch switch contexts (Wendekontexte), die die folgenden Eigenschaften besitzen (ebd. 2002, 85): a. They are incompatible, or in conflict, with some salient property of the source meaning. b. Hence, an interpretation in terms of the source meaning is ruled out. c. The target meaning now provides the only possible interpretation. d. Unlike conventional meanings, meanings appearing in switch contexts have to be supported by a specific context (or cluster of contexts). Die meisten kontextinduzierten Inferenzen, so Heine (2002, 85), bleiben beschränkt auf Brückenkontexte. Einige von ihnen, genauer gesagt diejenigen, die die Stufe der switch contexts erreichen, können eine gewisse Häufigkeit im Gebrauch entwickeln, so dass sie nicht länger durch den Kontext unterstützt werden müssen und zu normalen, inhärenten, gewöhnlichen oder semantischen Bedeutungen werden (vgl. Hopper/Traugott 1993, zit. in Heine 2002, 85). Dass eine Zielbedeutung 236 konventionalisiert ist, kann, so Heine, daraus geschlossen werden, dass sie in neuen Kontexten genutzt werden kann, die sich von denen unterscheiden, die charakteristisch für die Brücken- und Wendekontexte sind. Während in Wendekontexten die Zielbedeutung unvereinbar mit der ursprünglichen Bedeutung ist, können Konventionalisierungskontexte die ursprüngliche Semantik verletzen oder ihr widersprechen. Das bedeutet, dass die ursprüngliche Bedeutung und die konventionalisierte Zielbedeutung nebeneinander im selben Satz stehen können (vgl. Heine 2002, 85). Die folgende Tabelle stellt die Entwicklung dar: 236 Heine (2002, 86) spricht bei source meaning von non-grammaticalized, temporarily prior und bei target meaning von new grammatical meaning derived from the source meaning. Jedoch, so soll hier angemerkt werden, ist die Bezeichnung nicht grammatikalisiert unglücklich, da auch bereits zuvor grammatikalisierte Elemente weiter grammatikalisiert werden können. 186

195 Stage Context resulting meaning I Initial stage Unconstraint Source meaning II Bridging context III Switch context IV Conventionalization There is a specific context giving rise to an inference in favor of a new meaning There is a new context which is incompatible with the source meaning The target meaning no longer needs to be supported by the context that gave rise to it; it may be used in new contexts Target meaning foregrounded Source meaning backgrounded Target meaning only Tab. 26: A scenario how a linguistic expression acquires a new grammatical meaning (Heine 2002, 86) Heine betont, dass es sich bei diesen Stadien nicht um separate Etappen handelt, sondern um ein Kontinuum, das von Stadium I bis Stadium IV und darüber hinaus führt. Ferner, neben der Tatsache, dass dieser Prozess eine diachrone Entwicklung darstellt, kann er auch einen synchronen Status innerhalb einer gegebenen Sprache darstellen: For example, in the synchronic state of a given language, all four stages may (but need not) surface as contextually defined variants. The effect may be what Hopper (1991: 22) describes as layering, in that e.g. the source and the target meanings coexist side by side (Heine 2002, 86). Dies kann mit einem Blick ins Französische illustriert werden. Im heutigen Sprachgebrauch sind die Grammatikalisierungsstufen a2 und b beide in Gebrauch. Hinzu kommt eine weitere grammatikalisierte Form aus HOMO in der Funktion als 1. Person Plural (und darüber hinaus, wie in Kapitel 2.1 gesehen, auch in Funktion jeder anderen grammatischen Person). Zurück zu den Untersuchungskategorien. Nach der Bestimmung des Grammatikalisierungsgrades werden in den weiteren Untersuchungskategorien Faktoren erfasst, die Hinweise auf eben diesen geben. Den Beginn macht dabei der Numerus. Auf den ersten Blick scheint diese Kategorie redundant zu den beiden eben vorgestellten Klassifizierungsmerkmalen singularisch und pluralisch zu sein, jedoch handelt es sich bei diesen um semantische Gesichtspunkte, während es bei der Bestimmung des Numerus um grammatische Gesichtspunkte geht. Die Bestimmung, ob es sich bei dem entsprechenden Beleg um einen im Singular oder einen 187

196 im Plural handelt, ist durchaus aufschlussreich. Zum einen sind es, wie oben bereits angesprochen, die Belege im Singular, die das Potential für die Grammatikalisierung in sich bergen, zum anderen ist es nicht so, dass die Belege im Singular stets eine singularische Bedeutung hätten. Sie können auch im Sinne einer Unterklasse/Teilgruppe genutzt werden. Zur Illustration hier noch einmal der oben unter [167] aufgeführte Beleg, der hier unter [171] wieder aufgenommen wird: [171] [ ] car per aytals coses molt hom ne pert son dret e s torba o per paor no demana son dret, la qual és contra Déu e contra hòmens, [ ]. (CdT 168) Selbst eine pluralische Lesart scheint möglich: [172] On, per assò, fil, te cové enclinar al conseyl del Sant Esperit si en negunes cozes vols avenir, e esquiva e fuyg al conseyl d' aquels qui ignorantment e avent mala volentat són conseyadós, qui conseyen a hom feliments e errors. (DP 120) Neben dem Numerus finden sich in der Auswertungstabelle Angaben zum Artikelgebrauch. In Kapitel zwei wurde darauf hingewiesen, dass ein fehlender Artikel ein Indiz für einen ablaufenden Grammatikalisierungsprozess darstellen kann 237. Entsprechend können aus der Setzung oder der Auslassung Rückschlüsse gezogen werden. Jedoch darf man dabei nicht die Artikelentwicklung, die in Kapitel 3 thematisiert wurde, aus den Augen verlieren. Vor allem der Artikelgebrauch bei Generika ist hier von großer Signifikanz, ist doch die erste Stufe im Zuge der Grammatikalisierung von HOMO der artgenerische Gebrauch. Als Nächstes finden sich in der Auswertungstabelle Angaben dahingehend, ob der entsprechende Beleg modifiziert ist, und, wenn dies zutrifft, wodurch. Diese Angaben tragen dem Umstand Rechnung, dass hom, omne bzw. on mit zunehmender Grammatikalisierung keine Modifikatoren mehr zulassen. Ferner ist auch die Art der Modifikation interessant. Es wird deutlich werden, dass sich die Konstruktion tot + hom besonders häufig im Katalanischen finden lässt, wo sie im Weiteren auch grammatikalisiert wurde ( > tothom), während sie im Französischen und im Spanischen im Korpus zwar auch belegt ist (im Spanischen häufiger als 237 Vgl. auch Par (1923, 79) zur Artikelauslassung im Altkatalanischen: La resistencia a acceptar l article ab noms usats en sentit general, determinà també qu alguns substantius cambiessin de valua, esdevenint vers pronoms indefinits usats tostemps sens article. Açò és esdevingut ab 'hom', 'res', 'persona': 'Si hom demanava' (150), 'L home no ha res mes avant que la bestia' (103). [Die Angaben in runden Klammern geben die von Par zitierten Textstellen an.] 188

197 im Französischen), hier aber nicht grammatikalisiert wurde. Interessanterweise ist aber auch sowohl im Spanischen als auch im Französischen jeweils eine Konstruktion mit todo (sp.) bzw. tout (frz.) mit derselben Bedeutung grammatikalisiert worden, jedoch in Kombination mit dem Substantiv mundo (sp.)/monde (frz.). Die folgenden Spalten der Tabelle widmen sich der syntaktischen Position. Hier wird der Gebrauch als Subjekt, als direktes Objekt, als indirektes Objekt und als Agens (Passiv) unterschieden. In einer weiteren Spalte wird außerdem unterschieden und namentlich angeführt der Gebrauch als: Patiens (Passiv), Subjektsprädikativ, Objektsprädikativ, Apposition, Komparandum, isolierte NP und Vokativ. Ferner finden sich hier die Bezeichnungen COM und PRÄP. Unter Erstere fallen alle Belege, in denen die Grammatikalisierungen aus HOMO nach com/como/comme stehen und deren Bedeutungen u. a. im Sinne von 'als'/'in der Funktion von'/'(so) wie' (Vergleichskonstruktionen) zu verstehen ist. 238 Unter PRÄP fallen alle Typen von Präpositionalphrasen (Präpositionalobjekt, Adjunkte, auch das Genitivattribut de + HO- MO). Nach den Angaben dazu, wo sich der Beleg im Satzgefüge befindet (Hauptsatz, Nebensatz) gibt die Tabelle Aufschluss über den Kontext des Belegs. Diesem kommt eine gewichtige Rolle zu, denn [ ] mientras que en contextos genéricos [omne] recibía una interpretación de pronombre generalizador, su presencia en contextos episódicos originaba una interpretación existencial, es decir, equivalente a alguien o nadie (Company Company/Pozas Loyo 2009, 1172). Somit ist es nicht HOMO allein, wovon die Interpretation abhängt, sondern ebenso der Kontext, in dem es steht (vgl. die Ausführungen zur Generizität in Kapitel 2.2). Entsprechend werden in der Analyse verschiedene Kontexte differenziert, die im Folgenden genauer erläutert werden. In den bisherigen Ausführungen wurde bereits dargestellt, dass die erste Grammatikalisierungsstufe sich hauptsächlich in gnomischen Sätzen und Generalisierungen findet. In dieser 238 Die Verwendung von com/como/comme weist derartig viele Nuancen auf, dass in dieser Arbeit darauf verzichtet wird, diese zu unterscheiden, da es zum einen den Rahmen der Arbeit sprengen würde und zum anderen keine Rolle im Rahmen der Grammatikalisierung von HOMO spielt. Im Falle der Lesart in der Bedeutung von '(so) wie' kommt es zur Überschneidung mit dem Komparandum. Da jedoch oftmals aufgrund der angesprochenen Vielfalt an Bedeutungen nicht eindeutig zu entscheiden ist, ob es sich tatsächlich um diese Lesart handelt, werden die Belege nach com/como/comme mit angenommener '(so) wie'-lesart unter COM angeführt, was jedoch, wie angemerkt, keine Folgen für die Beschreibung der Grammatikalisierung hat. 189

198 Arbeit werden diese beiden Kontexte unter dem Kontext Generalisierung zusammengefasst 239 : [173] Pues es meior el ombre que la oueia, e assi conuiene fazer bien en los sabados. (ESM 26) Die zweite Grammatikalisierungsstufe wird, wie in Kapitel 2 ausgeführt, durch nicht assertive Kontexte befördert. Hier werden die Kontexte Interrogativ (umfasst direkte und indirekte interrogative Kontexte), Hypothetisch, Konditional, Deontisch und Negation unterschieden. Neben diesen nicht assertiven Kontexten findet sich ferner der Kontext Vergleich. Als letzten Kontext führen wir hier jenen der Beschreibung an, der eine Art Restegruppe darstellt, um die Kategorie übersichtlich zu halten. In dieser finden sich Personenbeschreibungen (z.b. mittels Relativsatz), Begründungen (außer in den Fällen, in denen die Begründung in einen der zuvor genannten Kontexte einzuordnen ist, beispielsweise eine deontische Aussage enthält ( weil man X <Verb> muss ), Definitionen, Erzählungen, Temporalsätze ('wenn'), Aufzählungen nach así como, wörtliche Rede (s. CdT 35), Finalsätze. Es ist nicht zu bestreiten, dass diese Einordnung nicht immer unproblematisch ist. Vor allem die Unterscheidung zwischen den Kontexten Beschreibung und Generalisierung fällt mitunter schwer, so schwingt in Begründungen mit car beispielsweise häufig eine generalisierende Aussage mit, so in [174]: [174] Considera, fil, los grans faliments que fan los hòmens envejosos, cor enveja fa hom ésser avar, fals, mentider, trahidor e enganable (DP 76) Es muss hier also von Fall zu Fall entschieden werden, ob es sich um eine Begründung und damit den Kontext Beschreibung oder aber um eine allgemeingültige Aussage und damit um den Kontext Generalisierung handelt, wie beispielsweise in [175]: [175] Et vi que tu golosía et tu cobdiçia alguna traiçión traería a ti et a mí. Ca el omne bueno et entendido piensa en las cosas ante que las faga et se meta en ellas; (CeD 134) Aber auch in negierten Aussagen kann eine Generalisierung mitschwingen, wie z.b. in [176]: 239 Jedoch beinhaltet der Kontext Generalisierung nur affirmative Aussagen. Ansonsten handelt es sich um den Kontext Negation, wie weiter unten erläutert wird. 190

199 [176] Verité me semble que un tens fu que les enfans et les homes neent sages ne soloient pas repairier es choses publiques et comunes (INV 131) In [176] geht die Generalisierung auf die Temporalangabe un tens fu und die Verbalkonstruktion soler + INF zurück, häufig ist es aber eben auch die NP selbst, die den generalisierenden Einschlag mitbringt, so in [177] und [178]: [177] Seynors ne cavalers, cléregues ne religiós, ne altres persones no poden fer vedatz en alcun loc dintre el termen de Tortosa als ciutadans ni als hòmens de Tortosa ni de sos térmens (CdT 702) [178] Per los hòmens estrayns, nul passàgie ne nula leuda no s dóna ne deu ésser donada, ne demanada, exceptatz hòmens de Lérida e de Çaragossa, que no són sotzmeses a aquesta leuda, [ ] (CdT 747) Der angesprochene generalisierende Einschlag geht hier auf die NPs selbst, also hòmens de Tortosa ni de sos térmens bzw. los hòmens estrayns zurück, das heißt NPs, die in der dieser Arbeit zugrundeliegenden Klassifikation in die Kategorie Unterklasse/Teilgruppe eingeordnet sind. Es handelt sich jeweils um eine genau umrissene Gruppe, auf all deren Mitglieder die getätigte negative Aussage zutrifft. Mitunter sind es mehrere Faktoren, die auch in negierten Aussagen einen generalisierenden Eindruck erwecken. In [179] ist es zum einen die Konjunktion car, die oben bereits angesprochen wurde, und zum anderen die NP der Kategorie Unterklasse/Teilgruppe. Ferner trägt auch die Einleitung mittels des Verbs decir dazu bei, indem eine nicht genannte Entität als eine Art Urheber der Aussage angeführt wird und dieser so Allgemeingültigkeit zukommt: [179] ca dizen que el ome entendido non tiene en mucho lo que sabe nin lo que aprendió dello, maguer que mucho sea (CeD 13) Es finden sich auch Belege, die der ersten Grammatikalisierungsstufe entsprechen, also solche mit artgenerischer Lesart, in negierten Kontexten mit generalisierender Tendenz: [180] No viu om solament de pa, mas de les paraules de Déu viu om 240. (HOMIL 30) 240 Dieser Beleg (HOMIL 30), ebenso wie der in [181] abgebildete Beleg ESM 6 und der hier nicht abgebildete Beleg HOMIL 31 stellen die einzigen Ausnahmen von dem oben genannten Prinzip dar, dass die Entscheidung bei der Einordnung entsprechend dem Grammatikalisierungsgrad stets zugunsten der höher grammatikalisierten 191

200 [181] Non uiue ombre de pan solo; mas uiue de toda palaura que sal de la boca de Dios. (ESM 6) Auch wenn es durchaus möglich wäre 241, von negativen Generalisierungen zu sprechen, sind Belege wie die eben Besprochenen und auch der folgende aus der Doctrina pueril ([182]), deren generalisierender Einschlag über die unzweifelhafte allgemeingültige Nachvollziehbarkeit der Aussage zustande kommt und keiner weiteren Verstärker bedarf, dennoch im Kontext Negation eingeordnet: [182] Amable fil, un hom pot auciura altra home, mas hom no pot tornar viu l' om que auciu; hon, si tu aucius l' om e Déus ta demana so que tolt li às, què feràs? (DP 38) Diese Beispiele verdeutlichen, was oben angemerkt wurde: Die Zuordnung zu einem Kontext ist nicht immer problemlos zu bewerkstelligen. In einigen Fällen ist gar nichts Anderes möglich, als zwei Kontexte anzugeben: [183] Mas aquest benefici d' abandonament los val a assò, que pus abandonat àn, que hom per aquel deute, en aquela saon que abandonarà, no pot hom ne deu metre en preson ne pugiar en la Çuda. (CdT 512) Zu guter Letzt wird in der Auswertungstabelle angegeben, welches Verb in Zusammenhang mit HOMO gebraucht wird. Hieraus sollen Schlüsse dahingehend gezogen werden, ob eine bestimmte Klasse von Verben besonders häufig im Rahmen der Grammatikalisierung zu finden ist. So wurde oben beispielsweise bereits deutlich, dass dem verbum dicendi DICERE bzw. dire und decir eine wichtige Rolle zufällt (Für das Katalanische kann dies auf diese Weise auch überprüft werden). Company Company/Pozas Loyo kommen im Zusammenhang mit den Verben, die mit dem pronominalen omne im Spanischen gebraucht werden können, auf einen wichtigen Aspekt zu sprechen. Dieses kann, anders als andere Mechanismen zur Depersonalisierung, sowohl mit transitiven als auch mit intransitiven Verben stehen: Lesart fiel, da hier zwar eine indefinite nicht referenzielle Lesart möglich, die artgenerische Lesart jedoch tradiert ist. 241 Hier wird darauf verzichtet, da das maßgebliche kontextuelle Merkmal der hier vertretenen Auffassung entsprechend die Negation ist und Ausdrücke wie negative Generalisierung oder generalisierende Negation eher verwirren würden, als dass sie im Rahmen der Analyse hilfreich wären. 192

201 Como veremos más adelante, la capacidad de omne pronominal de aparecer tanto con verbos transitivos como intransitivos constituye de nueva cuenta un elemento distintivo de este pronombre frente a otros medios de impersonalización, específicamente la construcción pasiva refleja [ ] (ebd. 2009, 1185). Die pasiva refleja, so Kärde (1943, zit. in Company Company/Pozas Loyo 2009, 1185) würde erst ab dem 16. Jahrhundert mit intransitiven Verben gebraucht 242. Ferner könne omne aparecer en oraciones con verbo pronominal o en construcciones reflexivas (Company Company/Pozas Loyo 2009, 1185). Auch wenn es letzten Endes eben nicht die HOMO-Grammatikalisierung war, die sich im Spanischen durchgesetzt hat, zeigt sich doch an dem Gebrauch von decir bzw. dire und den gerade eben besprochenen intransitiven Verben, dass es durchaus aufschlussreich sein kann, die mit HOMO in den unterschiedlichen Grammatikalisierungsstufen verwendeten Verben zu betrachten und die drei Untersuchungssprachen dahingehend zu vergleichen Grammatikalisierung von HOMO im Spanischen, Französischen und Katalanischen: Auswertung des Untersuchungskorpus Nachdem auf den vorhergehenden Seiten die Dimensionen des Untersuchungskorpus dargestellt und die der Studie zugrundeliegende Klassifizierung erläutert wurde, sollen nun im Weiteren die Ergebnisse aus der Analyse der 3628 Belege vorgestellt werden. Dabei wird, anders als im bisherigen Verlauf der Arbeit, keine einzelsprachliche Betrachtung vorgenommen, sondern ein Vergleich angestrebt, der die unterschiedlichen, für die Grammatikalisierung wichtigen Symptome parallel in den drei untersuchten Sprachen betrachtet. Dies soll es dem Leser erleichtern, die wichtigsten Unterschiede in Zusammenhang mit dem Grammatikalisierungsstand von HOMO im 13. Jahrhundert im Spanischen, Katalanischen und Französischen nachzuvollziehen. Die in 5.2 erläuterten Kategorien werden nacheinander beleuchtet und entsprechend zueinander in Relation gesetzt. 242 Damit angesprochen ist die Entwicklung des se impersonal aus der pasiva refleja (vgl. Brown 1931, 271), auf dessen Entwicklung bereits in Kapitel 4.2 eingegangen wurde. Dieses zeigt eine Ausweitung auf intransitive Verben. Vgl. hierzu auch Lapesa (1981, 383 f.): La construcción [die pasiva refleja] adquiere cada vez mayor carácter impersonal, manifiesto en su propagación a verbos intransitivos [ ]. Ricós Vidal sieht die Entwicklung des se impersonal, wie in Kapitel 4.2 bereits angemerkt, ab Ende des 15. Jahrhunderts (ebd. 2002, 951). 243 An einigen Stellen in den Auswertungstabellen sind die Verben in < > angeführt. Die eckigen Klammern dienen der Markierung, da das Verb in den entsprechenden Belegen ausgelassen wurde. 193

202 5.3.1 Belege nach Grammatikalisierungsgrad Zu Beginn der Analyse soll der Blick auf den Grammatikalisierungsgrad in den drei untersuchten Sprachen gerichtet werden. Die entsprechenden Angaben sind sowohl als synchrone, textsortengebundene Momentaufnahme des 13. Jahrhunderts zu verstehen, in Kombination mit den weiteren Kriterien der Klassifizierung in der folgenden Analyse geben sie aber auch Aufschluss darüber, warum sich eben dieser oder jener Grammatikalisierungsgrad in den Untersuchungssprachen abbildet. Spanisch Katalanisch Französisch Prim. Part. CeD ESM CdT DP HOMIL CD TG CdB INV VdSG singularisch pluralisch Unt./Teilgr a a b ohne gesamt Tab. 27: Absoluter Grammatikalisierungsgrad in Abhängigkeit von Sprache und Text Tabelle 27 gibt die absolute Verteilung der Belege auf die einzelnen Grammatikalisierungsgrade je nach Sprache und Textzeuge wieder 244. Es sticht der Umstand hervor, dass das Gros der Belege im Spanischen dabei auf die nicht grammatikalisierten Klassen (singularisch, pluralisch, Untergruppe/Teilklasse) entfällt, während das Verhältnis von (teil)grammatikalisierten 245 und nicht grammatikalisierten Belegen im Katalanischen und Französischen deutlich ausgewogener, mit Ausnahme der CD, erscheint. Die TG und die HOMIL im Katalanischen und der Text INV im Französischen weisen sogar mehr (teil)grammatikalisierte als nicht grammatikalisierte Belege auf. Zusammengefasst in Hinsicht auf die Unterscheidung (teil)grammatikalisiert/nicht grammatikalisiert ergibt sich das folgende Bild: 244 In die aufgeführte Kategorie ohne fallen Belege, die sich nicht entsprechend der hier verwendeten Grammatikalisierungsskala einordnen lassen, sondern im Sinne einer definiten referenziellen Lesart zu verstehen sind, also im Rahmen eines weiteren, unabhängigen Grammatikalisierungspfades. Vgl. hierzu u.a. Giacalone Ramat/Sansò 2007a, 75, die von der Stufe IIb sprechen. (Entsprechend Giacalone Ramat/Sansò 2007b Stufe c und ebd Stufe 3b; siehe zur Erläuterung der drei konzeptuellen gleichen Skalen mit unterschiedlicher Benennung auch Kapitel 2.1). Zu einem späteren Zeitpunkt in dieser Arbeit werden die entsprechenden Belege des Untersuchungskorpus diskutiert, sie werden jedoch nicht im Rahmen der eigentlichen Untersuchung zur Grammatikalisierung von HOMO zum UMP erfasst. 245 Der Ausdruck (teil)grammatikalisiert ist dem Umstand geschuldet, dass der Bezugspunkt die gesamte Grammatikalisierungsskala von a1 bis b ist und zu Beginn der Grammatikalisierung natürlich noch nicht von grammatikalisiert gesprochen werden kann. 194

203 Spanisch Katalanisch Französisch Prim. Part. CeD ESM CdT DP HOMIL CD TG CdB INV VdSG nicht grammatikalisiert (teil)grammatikalisiert ohne gesamt Tab. 28: Unterscheidung (teil)grammatikalisiert/nicht grammatikalisiert in Abhängigkeit von Sprache und Text (absolute Zahlen) Natürlich handelt es sich in beiden Übersichten um absolute Zahlen, die in keinerlei Relation zum Umfang des jeweiligen Texts stehen. Die folgenden Tabellen entsprechen exakt den beiden zuvor abgebildeten, geben aber die Belegzahl pro Wörter an: Spanisch Katalanisch Französisch Prim. Part. CeD ESM CdT DP HOMIL CD TG CdB INV VdSG singularisch 13,91 17,146 16,04 21,444 20,205 28,836 29,37 4,837 24,634 10,612 15,843 pluralisch 22,929 6,38 14,625 0,82 7,618 4,119 0,845 3,404 2,111 11,496 0,48 Unt./Teilgr. 11,115 20,735 16,04 3,047 22,193 2,06 36,342 2,687 36,599 9,728 3,841 a1 5,208 10,633 17,455 0,176 19,874 24, , ,769 0,96 a2 1,334 6,513 0,472 18,924 30,142 30,896 9,297 24,543 59,825 93,739 6,721 b ,059 0, , , ,201 Tab. 29: Grammatikalisierungsgrad in Abhängigkeit von Sprache und Text Tabelle 29 relativiert die zuvor in Tabelle 27 gegebenen Werte, indem sie Aussagen zum Verhältnis auf Grundlage derselben Bezugsgröße ermöglicht. Für das Spanische wird deutlich, dass in zwei von drei Fällen nicht grammatikalisierte Klassen die höchsten Belegzahlen aufweisen. Im Fall der Prim. Part. ist dies die Klasse pluralisch (22,929), im Fall des Texts CeD entfallen die meisten Belege auf die Klasse Unterklasse/Teilgruppe (20,735). Das ESM hingegen weist, zumindest in Vergleich zu den beiden anderen spanischen Texten, ein erhöhtes Grammatikalisierungspotential auf: Mit 17,455 Belegen pro Wörter findet sich der höchste Wert für die 1. Grammatikalisierungsstufe (a1), also den artgenerischen Verweis. Das Katalanische weist in drei von fünf Texten den höchsten Wert in der zweiten Grammatikalisierungsstufe (a2), dem indefiniten nicht referenziellen Gebrauch, auf 246 : die DP mit 30,142, die HOMIL mit 30,896 und die TG mit 24,543. Im Fall der CdT (singularisch: 21,444) und der CD (Unterklasse/Teilgruppe: 36,342) sind es jeweils nicht grammatikalisierte Klassen, die die höchste Belegfrequenz aufweisen. Interessanterweise ist die Belegfrequenz für die in den drei anderen Texten starke zweite Grammatikalisierungsstufe (a2) hier deutlich geringer ausgeprägt: Im Fall der CdT entfallen nur 18,924 Belege pro Wörter auf den indefini- 246 Vgl. Badia (1995, 299): Les construccions impersonals amb hom són normals (bé que no les úniques) en català antic [ ]. 195

204 ten nicht referenziellen Gebrauch, im Fall der CD gar nur 9,279. Im Französischen entfällt die größte Belegfrequenz zweimal ebenso auf die Grammatikalisierungsstufe a2: Die CdB weisen einen Wert von 59,825 und der Text INV gar 93,739 auf. Die VdSG hingegen versammelt die meisten Belege in der Klasse singularisch (15,843). Tabelle 30 stellt das Verhältnis zwischen (teil)grammatikalisierten und nicht grammatikalisierten Belegen noch einmal unter Bezugnahme des jeweiligen Textumfangs dar (relative Werte) und reduziert die gerade gewonnenen Einblicke auf eben diese Unterscheidung: Spanisch Katalanisch Französisch Prim. Part. CeD ESM CdT DP HOMIL CD TG CdB INV VdSG nicht grammatikalisiert 47,954 44,261 46,705 25,311 50,017 35,015 66,557 10,928 63,345 31,836 20,164 (teil)grammatikalisiert 6,542 17,146 17,927 19,100 50,679 55,613 14,368 39,949 60,529 95,508 14,883 Tab. 30: Unterscheidung (teil)grammatikalisiert/nicht grammatikalisiert in Abhängigkeit von Sprache und Text (relative Zahlen) Durch die Zusammenfassung der Klassen singularisch, pluralisch und Unterklasse/Teilgruppe unter der Betitelung nicht grammatikalisiert und durch die Zusammenfassung der drei Grammatikalisierungsgrade a1, a2 und b zur Klasse (teil)grammatikalisiert relativiert sich beispielsweise der Eindruck, der soeben vom ESM gewonnen wurde. Auch wenn hier die erste Grammatikalisierungsstufe die größte Frequenz aufweist, so sind die nicht grammatikalisierten Belege insgesamt dennoch deutlich häufiger zu finden (46,705 zu 17,927) 247 Die CdB zeigen trotz der mit 59,825 hohen Frequenz für den indefiniten nicht referenziellen Gebrauch ein relativ ausgeglichenes Verhältnis zwischen den nicht grammatikalisierten und den (teil)grammatikalisierten Belegen, da das Teilkorpus nicht einen Beleg für die erste Stufe (a1) enthält und nur eine Frequenz von 0,704 für den indefiniten referenziellen Gebrauch (b) aufweist. Die niedrige Frequenz des indefiniten referenziellen Gebrauchs ist jedoch keine Besonderheit der CdB. Lediglich drei der neun untersuchten Texte des Hauptkorpus weisen überhaupt Belege des höchsten Grammatikalisierungsgrades auf: die DP (0,662), die eben erwähnte CdB (0,704) und die VdSG (7,201). Die CD im katalanischen Vergleichskorpus weisen immerhin eine Frequenz von 5,071 auf Hier wird darauf hingewiesen, dass es sich bei den Werten in Tabelle 30 nicht um die entsprechenden Summen der Werte aus Tabelle 29 handelt, sondern diese mittels der absoluten Belegzahlen und des Textumfangs neu berechnet wurden, um so genau wie möglich zu sein und größere Rundungsabweichungen zu vermeiden. Dieses Vorgehen ist dasselbe für alle weiteren Tabellen in dieser Auswertung, in denen mit auf Wörter gerechneten Belegfrequenzen gearbeitet wird. Lediglich absolute Belegzahlen werden übernommen. 248 Hier soll auf Beleg CD 131 hingewiesen werden: 196

205 Betrachtet man die Werte textsorteninhärent, dann fällt auf, dass sich das Spanische und das Katalanische in Hinblick auf den Grammatikalisierungsgrad sehr ähnlich verhalten. Tabelle 31 greift die oben abgebildete Tabelle 30 wieder auf, ist jedoch nach Textsorten geordnet und lässt ferner das katalanische Vergleichskorpus aus: Rechtstexte didaktisch-moralisch religiös Prim. Part. CdT CdB CeD DP INV ESM HOMIL VdSG nicht grammatikalisiert 47,954 25,311 63,345 44,261 50,017 31,836 46,705 35,015 20,164 (teil)grammatikalisiert 6,542 19,100 60,529 17,146 50,679 95,508 17,927 55,613 14,883 Tab. 31: Unterscheidung (teil)grammatikalisiert/nicht grammatikalisiert sortiert nach Textsorte Sowohl das Spanische als auch das Katalanische haben die höchste Frequenz für den (teil)grammatikalisierten Gebrauch von omne bzw. hom im religiösen Text 249, die niedrigste hingegen im Rechtstext. Im Französischen rückt der religiöse Text an das untere Ende der Skala. Er ist derjenige Text des französischen Teilkorpus, der am wenigsten (teil)grammatikalisierte Belege enthält. Die folgende Abbildung stellt diesen Umstand noch einmal anschaulich dar: Abb. 17: Frequenz der (teil)grammatikalisierten Belege unter Berücksichtigung der Textsorte 250 Der erhöhte Gebrauch des (teil)grammatikalisierten omne im Spanischen bzw. hom im Katalanischen in religiösen Texten ist vor dem Hintergrund der in Kapitel 5.1 gegebenen Erläute- (1) E quant lo comte víu que tan prop s' acostaven a la sua tenda, fóu manament a la sua gent que hom no ls tragués ab balestes ne ab alre, ne nuyl hom no ls exís. (CD 131) Trotz der negierten Aussage, die zunächst eine indefinite nicht referenzielle Lesart nahelegt, ist der Beleg im Korpus mit einer indefiniten referenziellen Lesart erfasst. Die Referenz wird dabei über la sua gent bestimmt. 249 Auf die Rolle des Kirchenlateins im Rahmen der Grammatikalisierung von HOMO wurde bereits in Kapitel eingegangen. Hier sei auch an die von Mihatsch (2015a, 581) im Zusammenhang mit Rechtstexten angesprochene Autorität erinnert (s.o.) und damit verbunden der nur mit religiösen Texten vergleichbare Stellenwert des genauen Wortlauts, was zum Erhalt zahlreicher sprachlicher Archaismen in Lexikon und Grammatik führte [ ] (ebd. 2015, 581). 250 Legende: Rechtstexte (gepunktet), didaktisch-moralische Texte (diagonale Streifen), religiöse Texte (kariert) 197

206 rungen nicht überraschend. Religiöse Texte weisen, ebenso wie Rechtstexte, vermehrt Generalisierungen 251 auf (vgl. Mihatsch 2015a, 581). [184] De totes les paraules e de totz los faits qe om fa, aurà a redre radó al dia del judici a N[ostre] S[einor], [...] (HOMIL 37) [185] Pues es meior el ombre que la oueia, e assi conuiene fazer bien en los sabados. (ESM 26) Ferner finden sich hier Aussagen, in denen omne bzw. hom mit indefiniter nicht referenzieller Lesart gebraucht wird. Dies ist damit zu erklären, dass die ausgesprochenen Handlungsanweisungen und die in dieser Textsorte vermehrt enthaltenen nicht assertiven Kontexte (hypothetische, interrogative, konditionale etc. Kontexte) das entsprechende Diskursumfeld für eine solche Lesart bieten. Jedes einzelne Individuum aus der Klasse Mensch soll sich in den in religiösen Kontexten in großer Häufigkeit konstruierten Kontexten wiederfinden 252. [186] [ ] zo dix Nostre S[èiner], de tot vostre cor; car, si bé no s torna om de bon cor a N[ostre] S[einor], non ó farà d' altra causa. (HOMIL 19) Jedoch findet sich im religiösen Text des spanischen Korpus nur ein Beleg (0,472) für die indefinite nicht referenzielle Lesart, und das im Kontext einer Negation, also auch einem nicht assertiven Kontext, aber in diesem Fall eben in der Wiedergabe einer Begebenheit und nicht einer Modellsituation, also in einem Kontext, der nicht explizit charakteristisch für religiöse Texte ist. [187] E quando Ihesus fue passado a tierra de Genesare, uinieron a el dos demoniados que salien de los sepulcros mui crueles, assi que non podie ombre passar por aquella carrera; (ESM 14) Das für das Spanische häufige Vorkommen von (teil)grammatikalisierten Belegen resultiert aus der großen Zahl an Belegstellen mit artgenerischer Interpretation. Folglich, so illustrativ eine Gegenüberstellung nicht grammatikalisiert/(teil)grammatikalisiert auch ist, kommt man nicht um die Interpretation der einzelnen Grammatikalisierungsstufen herum. Nur die so ge- 251 Hier wird daran erinnert, dass auch in Belegen, die dem Kontext Beschreibung zugeordnet sind, ein generalisierender Einschlag bestehen kann (vgl. Kapitel 5.2). 252 Einschließlich des Sprechers. Vgl. auch Ricós Vidal (2002, 953): [E]l empleo del omne omnipersonal permite hacer alusión a un grupo indefinido de gente sin excluir al emisor. 198

207 wonnenen Werte geben Aufschluss über den Grad der Grammatikalisierung und über einen möglichen Abbruch derselben. Entsprechend greift die folgende Tabelle die zuvor abgebildete Tabelle 31 wieder auf, schlüsselt aber die (teil)grammatikalisierten Belege, wie weiter oben bereits geschehen, auf. So wie die angesprochene Tabelle 31 ist sie entsprechend den verschiedenen Textsorten organisiert: Rechtstexte didaktisch-moralisch religiös Prim. Part. CdT CdB CeD DP INV ESM HOMIL VdSG nicht grammatikalisiert 47,954 25,311 63,345 44,261 50,017 31,836 46,705 35,015 20,164 a1 5,208 0, ,633 19,874 1,769 17,455 24,717 0,96 a2 1,334 18,924 59,825 6,513 30,142 93,739 0,472 30,896 6,721 b 0 0 0, , ,201 Tab. 32: Unterscheidung nicht grammatikalisiert und nach Grammatikalisierungsgrad aufgeschlüsselte Belege sortiert nach Textsorte Abbildung 17 verdeutlichte, dass die didaktisch-moralischen Texte im Katalanischen und Spanischen jeweils einen annähernd so hohen Frequenzwert für die (teil)grammatikalisierten Belege haben wie die religiösen Texte. In Kapitel 5.1 wurde ja bereits auf den für UMPs förderlichen Charakter von didaktisch-moralischen Texten eingegangen. Überraschend hingegen ist die Diskrepanz im Spanischen zwischen der eben erwähnten Frequenz (teil)grammatikalisierter Belege im religiösen und im didaktisch-moralischen Text auf der einen Seite und jener im Rechtstext auf der anderen Seite. Jedoch lohnt sich hier ein Blick auf die entsprechenden Okkurenzwerte für die einzelnen Grammatikalisierungsstufen (s. Tabelle 32). Während für den religiösen Text (ESM) in Stufe a1 zwar eine Frequenz von 17,455 zu Buche schlägt, ist es im weiteren Verlauf der Grammatikalisierung nur noch eine Frequenz von 0,472. Im untersuchten Rechtstext (Prim. Part.) weist die Stufe a1 einen Wert von 5,208 auf. Dieser liegt zwar unter jenem im ESM, jedoch weist die Stufe a2 in der Prim. Part. einen Wert von 1,334 auf. Das entspricht in etwa einem Viertel der Belege der Stufe a1. Der didaktisch-moralische Text (CeD) hat gar einen Wert für a2, der fünfmal so hoch liegt (6,513) wie jener der Prim. Part. Dennoch, das muss hier konstatiert werden, liegt der Wert für a2 im spanischen Korpus in allen Texten niedriger als jener für a1. Auch im Katalanischen, das verdeutlicht Abb. 17, zeigt sich eine Diskrepanz zwischen dem religiösen und dem didaktischmoralischen Text auf der einen und dem Rechtstext auf der anderen Seite. Jedoch weisen alle drei katalanischen Texte aus dem Hauptkorpus, also auch der Rechtstext, allesamt einen höheren Wert für a2 als für a1 auf: CdT 0,176 zu 18,924; DP 19,874 zu 30,142; HOMIL 24,717 zu 199

208 30,896 (s. Tabelle 32). Auch wenn Abbildung 17 also zunächst gewisse Ähnlichkeiten zwischen dem Spanischen und dem Katalanischen suggeriert, zeigen die Werte in Tabelle 32 deutlich, dass diese, abgesehen vom Frequenz-Ranking der einzelnen Textsorten, nicht weitreichend sind. Dies erlaubt aber natürlich noch keine Rückschlüsse auf weitere untersuchte Kriterien, die später thematisiert werden. Im Französischen ist es der religiöse Text, der am wenigsten (teil)grammatikalisierte Belege aufweist (14,883). Im Rechtstext (CdB 60,529) und im didaktisch-moralischen Text (INV 95,508) finden sich etwa viermal bzw. etwa sechseinhalbmal so viele Belege (vgl. Abbildung 17). Ein Blick in Tabelle 32 verdeutlicht, dass auch hier die Stufe a2 stets mehr Belege auf sich vereint als die Stufe a1 (CdB 0 zu 59,825; INV 1,769 zu 93,739; VdSG 0,96 zu 6,721). Die folgende Abbildung (Abb. 18) stellt die Belegzahlen für die Grammatikalisierungsstufe a2 übersichtlich nebeneinander. Die Gegenüberstellung mit Abb. 17, die hier noch einmal wiedergegeben wird, verdeutlicht, dass sich das Ranking mit Blick auf die angesprochene Grammatikalisierungsstufe mit einer Ausnahme nicht verändert. Lediglich für das Spanische ist festzustellen, dass der religiöse Text (ESM) hier die Stelle des Texts mit den wenigsten grammatikalisierten Belegen einnimmt, da die zahlreichen artgenerischen Belege im gegebenen Fall nicht zu Buche schlagen. Interessanterweise entspricht das Textsortenranking im Spanischen so exakt dem im Französischen: Abb. 18: Frequenz der Grammatikalisierungsstufe a2 unter Berücksichtigung der Textsorte Abb. 17 Frequenz der (teil)grammatikalisierten Belege unter Berücksichtigung der Textsorte 200

209 Das katalanische Vergleichskorpus, dies ist Tabelle 29 zu entnehmen, weist (ebenso wie das katalanische Hauptkorpus und das französische, aber entgegen dem spanischen) jeweils mehr Belege für die Grammatikalisierungsstufe a2 als für Stufe a1 auf (CD 0 zu 9,297 und TG 15,406 zu 24,543). Welche Schlüsse können nun aus diesem Umstand gezogen werden? In allen drei Untersuchungssprachen sind home, hombre bzw. homme mit der artgenerischen Bedeutung 'Mensch' noch heute in Gebrauch, wobei es durchaus Alternativen gibt. So wären die Komposita (ser) humano (sp.), (être) humain (frz.) bzw. (ésser) humà (kat.) zu nennen, wobei dieses, so Mihatsch (2015a, 584) für das Spanische, distanzsprachlich markiert und in der Gemeinsprache nicht sehr frequent sei 253. Auch personne (frz.) bzw. persona (sp., kat.), selbst Ausgangspunkt für Grammatikalisierungsprozesse, wären hier zu nennen. Zur Grammatikalisierung von persona gegenüber jener von HOMO in Hinblick auf die Markierung sagt Mihatsch: Demgegenüber [gemeint ist die distanzsprachliche Markierung von (ser) humano] ist im Spanischen (wie auch im Französischen und Portugiesischen) der ursprüngliche Rechtsterminus persona nach eigenen Korpusanalysen in C-Oral-ROM heute das häufigste MS [Substantive der Bedeutung 'Mensch'] noch vor hombre und damit in einer dem deutschen Mensch vergleichbaren Position (vgl. ebd. 2015b, zit. in Mihatsch 2015a, 584). Doch zurück zum Gebrauch von HOMO und seiner Grammatikalisierung in den drei Untersuchungssprachen dieser Arbeit und zur oben dazu aufgeworfenen Frage. Der Umstand, dass sich im katalanischen und im französischen Teilkorpus mehr Belege für den Gebrauch im Sinne der zweiten Grammatikalisierungsstufe (a2) als jenem im Sinne der ersten (a1) finden, deutet darauf hin, dass dieser bereits stark konventionalisiert ist. Auch das Vorhandensein von Belegen der letzten Grammatikalisierungsstufe (indefinit referenziell; vor allem in der katalanischen CD mit einer Frequenz von 5,071 und in der französischen VdSG mit 7,201) deutet auf eine bereits sehr weit vorangeschrittene Grammatikalisierung und in diesem Rahmen auf eine bereits verfestigte Konventionalisierung der vorhergehenden Grammatikalisierungsstufe hin. Im Spanischen hingegen finden sich zwar, wie dargestellt, Belege für den artgenerischen Gebrauch (a1) und, in kleinerem Umfang, auch welche für die indefinite nicht referenzielle Lesart (a2), der geringere Umfang der Letztgenannten und das Fehlen der Grammatikalisierungsstufe b deuten aber an, dass eine Konventionalisierung noch nicht stattgefunden hat. In 253 Zum Gebrauch menschlicher Substantive vgl. auch die kontrastive deutsch-französische Studie von Mihatsch (2015b). 201

210 weiteren Untersuchungen für die folgenden Jahrhunderte müsste erörtert werden, inwiefern sich hier bereits der Prozess einer Retraktion 254 andeutet. Tabelle 33 stellt die drei Untersuchungssprachen mit den einzelnen Grammatikalisierungsgraden abschließend textsortenübergreifend einander gegenüber. Sie führt noch einmal in aller Deutlichkeit die Diskrepanz zwischen dem artgenerischen (a1) und dem indefiniten nicht referenziellen (a2) Gebrauch in den drei Sprachen vor Augen, wobei das Katalanische (sowohl im Haupt- als auch im Nebenkorpus) und das Französische jeweils deutliche Frequenzanstiege zugunsten des indefiniten nicht referenziellen Gebrauchs vorweisen, während im Spanischen zwischen der ersten und der zweiten Grammatikalisierungsstufe ein deutlicher Frequenzabfall auszumachen ist: Spanisch Katalanisch Katalanisch (Vergleichskorpus) Französisch a1 7,838 3,646 8,337 0,863 a2 2,797 20,853 17,547 44,233 b 0 0,097 2,327 3,452 Tab. 33: Die Frequenz der drei Grammatikalisierungsstufen nach Untersuchungssprache Im weiteren Verlauf der Analyse wird der Grammatikalisierungsgrad in den drei Sprachen näher untersucht. Hierbei werden die einzelnen in 5.2 vorgestellten Kriterien einbezogen und zueinander in Relation gesetzt Der Grammatikalisierungsgrad in Abhängigkeit vom Kontext Der Blick richtet sich hier zunächst auf den Kontext und den jeweiligen Grammatikalisierungsgrad der zugeordneten Belege. Weiter oben wurde bereits ausgeführt, dass Generalisierungen den artgenerischen Gebrauch von HOMO begünstigen und nicht assertive Kontexte die Interpretation im Sinne einer indefiniten nicht referenziellen Lesart. Aus diesem Grund werden hier zunächst die Frequenzwerte für die einzelnen Grammatikalisierungsstufen unter Berücksichtigung des Kontextes angeführt 255. Dies geschieht sowohl separat für die einzelnen 254 Zum Prozess der Retraktion vgl. Haspelmath (2002). 255 Die folgenden Tabellen enthalten neben den einzelnen Kontexten auch die Kombinationen Deontisch/Beschreibung, Negation/Deontisch und Beschreibung/Negation. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich 202

211 Texte, um einen textsortenspezifischen Vergleich zu ermöglichen, als auch textsortenübergreifend als Gesamtangabe für die jeweilige Sprache, um einen sprachübergreifenden Vergleich zu erleichtern. Den Beginn macht hier die textsorteninhärente Gegenüberstellung: CdT Generalisierung Vergleich Interrogativ Deontisch Konditional Hypothetisch Negation Beschreibung Deontisch/ Beschreibung Negation/ Deontisch Tab. 34: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad, Kontext und Textsorte (CdT) Beschreibung/ Negation singularisch 0,176 0,234 0,117 2,637 6,855 0,000 3,398 6,679 0,234 1,113 0,000 pluralisch 0,000 0,000 0,117 0,000 0,000 0,000 0,176 0,527 0,000 0,000 0,000 Unterkl./Teilgr. 0,059 0,117 0,000 0,352 0,527 0,059 0,059 1,816 0,000 0,059 0,000 a1 0,176 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 a2 0,000 0,176 0,527 0,937 4,336 0,176 4,043 7,968 0,293 0,410 0,059 b 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 Prim. Part. Generalisierung Vergleich Interrogativ Deontisch Konditional Hypothetisch Negation Beschreibung Deontisch/ Beschreibung Negation/ Deontisch Beschreibung/ Negation singularisch 0,699 0,699 0,889 1,588 4,827 0,254 1,143 3,811 0,000 0,000 0,000 pluralisch 0,826 0,508 2,032 2,858 2,350 0,127 0,699 13,529 0,000 0,000 0,000 Unterkl./Teilgr. 0,254 0,318 1,397 1,207 1,969 0,508 0,381 5,081 0,000 0,000 0,000 a1 0,635 0,445 0,254 0,064 0,381 0,000 0,445 2,985 0,000 0,000 0,000 a2 0,000 0,064 0,000 0,445 0,318 0,000 0,191 0,318 0,000 0,000 0,000 b 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 Tab. 35: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad, Kontext und Textsorte (Prim. Part.) CdB Generalisierung Vergleich Interrogativ Deontisch Konditional Hypothetisch Negation Beschreibung Deontisch/ Beschreibung Negation/ Deontisch Tab. 36: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad, Kontext und Textsorte (CdB) Beschreibung/ Negation singularisch 0,000 0,704 0,000 3,519 10,557 0,000 0,000 9,854 0,000 0,000 0,000 pluralisch 0,000 0,000 0,000 0,704 0,000 0,000 0,704 0,704 0,000 0,000 0,000 Unterkl./Teilgr. 0,000 2,815 0,704 1,408 11,965 0,000 1,408 17,596 0,704 0,000 0,000 a1 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 a2 0,000 0,000 26,745 3,519 7,038 0,000 0,704 21,819 0,000 0,000 0,000 b 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,704 0,000 0,000 0,000 Die drei abgebildeten Belegverteilungen in den drei Rechtstexten verdeutlichen, dass sowohl das Katalanische als auch das Französische die höchste einzelne Belegfrequenz, unter Berücksichtigung des Kontextes, im grammatikalisierten Bereich aufweisen. Sowohl für die CdT (7,968) als auch für die CdB (26,745) ist das der indefinit nicht referenzielle Gebrauch (a2), im ersten Fall entfällt die angegebene Frequenz jedoch auf den Kontext Beschreibung, im zweiten auf den Kontext Interrogativ, wobei hier angemerkt werden muss, dass die zweithöchste Frequenz in den CdB (21,819) auch auf den indefinit nicht referenziellen Gebrauch in Belege finden lassen wie beispielsweise CdT 631: [ ] sens defensió e contrast que nul hom no li n deu fer ne pot, pescador ne altre. Dieser Beleg findet sich eingeordnet im Kontext Negation/Deontisch. Die Reihenfolge ist bei diesen kombinatorischen Kontexten ohne Belang. 203

212 beschreibenden Kontexten entfällt. Der höchste Wert für den spanischen Rechtstext findet sich im Kontext Beschreibung und entfällt auf den pluralischen Gebrauch (13,529). Ein Blick auf die erste Grammatikalisierungsstufe, der artgenerische Gebrauch, verdeutlicht, dass sich im katalanischen Rechtstext nur in Generalisierungen ein entsprechender Gebrauch von hom finden lässt, in der spanischen Prim. Part. hingegen ist der Gebrauch auf diverse Kontexte verteilt, der höchste Wert findet sich dabei in Beschreibungen (2,985). Der französische Rechtstext weist keinen Beleg für den artgenerischen Gebrauch auf. In allen drei Tabellen sticht der Wert für den singularischen Gebrauch in konditionalen Kontexten hervor. Es handelt sich in dieser Lesart jeweils um die höchste Frequenzzahl (CdT 6,855; Prim. Part. 4,827; CdB 10,557). Diese Werte und ein genauerer Blick auf die weitere Beschaffenheit der entsprechenden Belege verdeutlichen, dass, auch wenn entsprechende Kontexte das Diskursumfeld für eine Grammatikalisierung schaffen, weitere Bedingungen zutreffen müssen, damit es tatsächlich zu dieser kommt. Verdeutlicht werden soll das hier an den eben angeführten singularischen Belegen in konditionalen Kontexten. In den CdT finden sich 117 Belege mit singularischer Lesart in eben diesen Kontexten. Von diesen sind 108 modifiziert, lediglich 9 nicht. Auch diese neun Belege können jedoch, trotz fehlender Modifikation, nicht pauschal, statt mit singularischer Bedeutung, im Sinne einer artgenerischen oder einer indefiniten nicht referenziellen Lesart verstanden werden. Zur Illustration für den beschriebenen Umstand sei der Beleg CdT 698 angeführt. Dieser trägt einen bestimmten Artikel und fungiert ferner als PRÄP, was die Interpretation im Sinne einer indefiniten nicht referenziellen Lesart zwar nicht unmöglich macht, aber deutliche Indizien gegen diese liefert. Auch eine artgenerische Lesart ist mit Blick auf die Handlung nicht möglich. [188] Emperò, si lo conductor aurà logada la bèstia tro a Lérida o a Barcelona o en altres locs, o més aenant o meyns, e ans que sia a jornada o a jornades e volrà altra bèstia menar e lexar aquela, pot -ó ffer, mas és tengut de pagar a aquela d' aitant con la aurà tenguda, e del tornar per jornades, e de fer sos obs a la bèstia e a l' ome o troter d' anar e de venir, d' aitant con aurà tenguda; (CdT 698) In der Prim. Part. sind 69 von 76 Belegen mit singularischer Lesart in konditionalem Kontext modifiziert, in den CdB 14 von 15 Belegen, der fehlende sei hier angeführt: [189] Mes en cas de mort d' homme ou de mehaing, se li commandemens estoit fes, il ne pourroit estre amendés [ ]. (CdB 79) 204

213 Homme ist in CdB 79 zwar artikellos, jedoch steht auch hier die Funktion als PRÄP einer indefiniten nicht referenzielle Lesart gegenüber. Eine artgenerische ist vor dem Hintergrund der Handlung nicht möglich. Sowohl die Modifizierung als auch der Artikelgebrauch werden zu einem späteren Zeitpunkt in der Analyse noch genauer betrachtet. Gleiches gilt für die Schreibung. Auch in den didaktisch-moralischen Texten findet sich die höchste Belegfrequenz unter Berücksichtigung des Kontextes im Katalanischen und im Französischen wiederum für die indefinite nicht referenzielle Lesart, in beiden Fällen in beschreibenden Kontexten: DP 18,880 und INV 47,754. Im didaktisch-moralischen Text des spanischen Korpus entfällt die größte Frequenz auf die singularische Lesart im Kontext Beschreibung. DP Generalisierung Vergleich Interrogativ Deontisch Konditional Hypothetisch Negation Beschreibung Deontisch/ Beschreibung Negation/ Deontisch Tab. 37: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad, Kontext und Textsorte (DP) Beschreibung/ Negation singularisch 0,000 1,325 0,662 0,000 1,656 0,331 3,975 12,256 0,000 0,000 0,000 pluralisch 0,000 0,662 0,331 0,000 0,662 0,000 0,331 5,631 0,000 0,000 0,000 Unterkl./Teilgr. 0,994 1,987 2,319 0,331 1,987 0,331 1,656 12,587 0,000 0,000 0,000 a1 0,331 0,994 0,000 0,331 0,662 0,000 1,656 15,899 0,000 0,000 0,000 a2 0,000 0,000 0,000 3,312 3,975 0,000 3,975 18,880 0,000 0,000 0,000 b 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,662 0,000 0,000 0,000 CeD Generalisierung Vergleich Interrogativ Deontisch Konditional Hypothetisch Negation Beschreibung Deontisch/ Beschreibung Negation/ Deontisch Tab. 38: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad, Kontext und Textsorte (CeD) Beschreibung/ Negation singularisch 0,266 1,728 0,133 0,266 1,196 0,133 1,196 12,228 0,000 0,000 0,000 pluralisch 0,665 0,266 0,000 0,266 0,665 0,133 0,399 3,988 0,000 0,000 0,000 Unterkl./Teilgr. 2,924 0,266 0,133 2,791 1,063 0,133 4,652 8,773 0,000 0,000 0,000 a1 1,462 0,266 0,399 1,196 1,329 0,000 2,127 3,855 0,000 0,000 0,000 a2 0,133 0,266 0,399 2,260 0,399 0,133 1,196 1,728 0,000 0,000 0,000 b 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 INV Generalisierung Vergleich Interrogativ Deontisch Konditional Hypothetisch Negation Beschreibung Deontisch/ Beschreibung Negation/ Deontisch Tab. 39: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad, Kontext und Textsorte (INV) Beschreibung/ Negation singularisch 0,000 0,000 2,653 0,000 1,769 0,000 0,884 5,306 0,000 0,000 0,000 pluralisch 0,000 0,000 0,000 0,000 0,884 0,000 0,000 10,612 0,000 0,000 0,000 Unterkl./Teilgr. 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,884 8,843 0,000 0,000 0,000 a1 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 1,769 0,000 0,000 0,000 a2 0,000 0,000 0,884 13,265 22,108 1,769 7,959 47,754 0,000 0,000 0,000 b 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 Der didaktisch-moralische Text des französischen Korpus (INV) weist nur für den Kontext Beschreibung eine geringe Frequenz des artgenerischen Gebrauchs auf. Im Spanischen weist der Text CeD, mit Ausnahme des hypothetischen Kontexts und der Kombinationen, Belege 205

214 für den artgenerischen Gebrauch in allen Kontexten auf. Auf die katalanische DP trifft dies ebenso zu, wobei hier zusätzlich auch der interrogative Kontext keine Belegstellen mit artgenerischer Lesart vorzuweisen hat. Tabelle 39 gibt eine deutliche Verteilung im didaktisch-moralischen Text (INV) hinsichtlich der Zuordnung von Grammatikalisierungsstufen zu Kontexten. Genauer gesagt, viele Lesarten sind auf eine geringe Zahl von Kontexten beschränkt. In der Diskussion der rechtssprachlichen Beispiele wurde bereits deutlich, dass der Kontext allein kein Indiz für die Zuschreibung einer Lesart ist, dennoch fällt hier ins Auge, dass der indefinite nicht referenzielle Gebrauch in allen nicht assertiven Kontexten (mit Ausnahme der Kombination Negation/Deontisch) eine mehr oder weniger hohe Frequenz aufweist. Mit Ausnahme des interrogativen Kontextes ist diese in allen Kontexten höher als die jeweiligen entsprechenden Werte in den beiden Vergleichstexten im Spanischen und im Katalanischen. Die bereits angesprochene Frequenz von 47,754 für den indefiniten nicht referenziellen Gebrauch in beschreibenden Kontexten kann als Indiz dafür gewertet werden, dass dieser Gebrauch in didaktisch-moralischen Texten schon stark kontextunabhängig konventionalisiert ist. Zur Erinnerung sei hier noch einmal erwähnt, dass der stärkste Wert im französischen Rechtstext auf den indefiniten nicht referenziellen Gebrauch im interrogativen Kontext (26,745) entfällt, im beschreibenden Kontext für denselben Gebrauch aber eine niedrigere Frequenz von 21,819 verzeichnet ist, die dennoch auf eine kontextunabhängige Konventionalisierung hindeutet. Im didaktisch-moralischen Text des Katalanischen (DP) beschränken sich die indefiniten nicht referenziellen Belege auf die Kontexte Deontisch (3,312), Konditional (3,975), Negation (3,975) und Beschreibung (18,880). Im Vergleichstext des Spanischen (CeD) finden sich in allen Kontexten (mit Ausnahme der Kombinationen) Belege für omne entsprechend der Grammatikalisierungsstufe a2, jedoch ist die Frequenz in allen Fällen niedriger als der geringste Wert für denselben Gebrauch im katalanischen Text (DP). Vergleicht man jedoch den didaktisch-moralischen Text des Spanischen mit dem spanischen Rechtstext, so fällt auf, dass die Frequenz der indefiniten nicht referenziellen Lesart in allen Kontexten im didaktischmoralischen Text höher ist (mit Ausnahme der Kombinationen, wo in keinem der beiden Texte entsprechende Belege mit indefiniter nicht referenzieller Lesart vorhanden sind). Auch im Französischen ist es diese Textsorte, die für die Grammatikalisierungsstufe a2 in allen Kontexten (in denen Belege vorhanden sind) höhere Frequenzwerte aufweist, mit Ausnahme des Kontexts Interrogativ. So scheint sich für das Spanische und das Französische die oben angesprochene Rolle der didaktisch-moralischen Texte im Rahmen der Grammatikalisierung von 206

215 HOMO zu bestätigen. Im Katalanischen bestätigt sich dieser Eindruck jedoch nicht. Hier weist die DP nur in den Kontexten Deontisch und Beschreibung einen höheren Wert auf, während in allen anderen (einschließlich der Kombinationen) im Rechtstext (CdT) eine höhere Frequenzzahl zu finden ist (mit Ausnahme des Kontexts Generalisierung, da hier in der DP und in den CdT keine Belege mit indefiniter nicht referenzieller Lesart zu finden sind). In der letzten Textsorte, den religiösen Texten, zeigt sich auf den ersten Blick das, was bereits in Kapitel deutlich wurde, nämlich die im Vergleich zu den beiden anderen Textsorten relativ geringe Frequenz des (teil)grammatikalisierten HOMO. HOMIL Generalisierung Vergleich Interrogativ Deontisch Konditional Hypothetisch Negation Beschreibung Deontisch/ Beschreibung Negation/ Deontisch Tab. 40: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad, Kontext und Textsorte (HOMIL) Beschreibung/ Negation singularisch 0,000 0,000 4,119 0,000 2,060 0,000 8,239 14,418 0,000 0,000 0,000 pluralisch 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 4,119 0,000 0,000 0,000 Unterkl./Teilgr. 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 2,060 0,000 0,000 0,000 a1 2,060 0,000 2,060 0,000 0,000 0,000 2,060 18,538 0,000 0,000 0,000 a2 0,000 0,000 0,000 6,179 0,000 6,179 0,000 18,538 0,000 0,000 0,000 b 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 ESM Generalisierung Vergleich Interrogativ Deontisch Konditional Hypothetisch Negation Beschreibung Deontisch/ Beschreibung Negation/ Deontisch Tab. 41: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad, Kontext und Textsorte (ESM) Beschreibung/ Negation singularisch 2,831 0,000 1,415 0,000 0,000 0,472 0,000 11,322 0,000 0,000 0,000 pluralisch 0,000 0,000 0,944 0,472 1,415 0,000 1,415 10,379 0,000 0,000 0,000 Unterkl./Teilgr. 0,944 0,472 1,887 0,000 0,472 0,000 1,415 10,851 0,000 0,000 0,000 a1 1,887 0,944 1,415 1,415 0,000 0,000 2,831 8,964 0,000 0,000 0,000 a2 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,472 0,000 0,000 0,000 0,000 b 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 VdSG Generalisierung Vergleich Interrogativ Deontisch Konditional Hypothetisch Negation Beschreibung Deontisch/ Beschreibung Negation/ Deontisch Tab. 42: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad, Kontext und Textsorte (VdSG) Beschreibung/ Negation singularisch 0,000 0,960 0,000 0,480 0,000 0,000 1,920 12,483 0,000 0,000 0,000 pluralisch 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,480 0,000 0,000 0,000 0,000 Unterkl./Teilgr. 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 3,841 0,000 0,000 0,000 a1 0,000 0,480 0,000 0,000 0,000 0,000 0,480 0,000 0,000 0,000 0,000 a2 0,000 0,000 0,000 0,480 0,480 0,000 1,440 4,321 0,000 0,000 0,000 b 0,000 0,000 0,480 0,000 0,000 0,000 0,000 6,721 0,000 0,000 0,000 Die höchste Frequenz findet sich im spanischen ESM für die, das ist wenig überraschend, nicht gammatikalisierte Lesart singularisch in beschreibenden Kontexten (11,322). Auch im Französischen (VdSG) ist es in diesem Fall eine nicht grammatikalisierte Lesart, die die höchste Frequenz aufweist, und zwar ebenso wie im Spanischen der singularische Gebrauch in beschreibenden Kontexten (12,483). Der katalanische religiöse Text hat den höchsten Fre- 207

216 quenzwert gleichermaßen im Kontext Beschreibung, und zwar sowohl bei hom mit artgenerischer als auch mit indefiniter nicht referenzieller Lesart (18,538). Das spanische ESM weist zwar in den meisten Kontexten Belege für das artgenerische omne auf, mitunter auch mit Blick auf die anderen in den Tabellen zum Kontext (Tab. 34 bis Tab. 42) für a1 dargestellten Werte durchaus überdurchschnittlich frequent (8,964 im Kontext Beschreibung) 256, jedoch findet sich nur im Kontext Negation überhaupt ein Frequenzwert für den indefiniten nicht referenziellen Gebrauch. Der religiöse Text des Französischen (VdSG) weist die höchsten Frequenzzahlen für den Gebrauch a2 (4,321) und den Gebrauch b (6,721) im Kontext Beschreibung auf. Auf diesen entfallen auch im Katalanischen (HOMIL) die meisten Belege (18,538) für die zweite Grammatikalisierungsstufe a2 (ebenso für die Grammatikalisierungsstufe a1), jedoch sind die Werte für die Kontexte Deontisch und Hypothetisch (je 6,179) deutlich höher als jene für die Kontexte Deontisch, Konditional (je 0,480) und Negation (1,440) in der französischen VdSG. Auch wenn, wie oben angemerkt, in religiösen Texten ebenso wie in didaktisch-moralischen Texten ein Norm- und Moralverständnis vermittelt wird, so sind die Frequenzwerte des indefiniten nicht referenziellen Gebrauchs für das Spanische und das Französische in allen Kontexten (in denen Belege vorhanden sind) im didaktisch-moralischen Text höher als im religiösen. Lediglich im Katalanischen sind die Frequenzwerte für a2 in den Kontexten Deontisch und Hypothetisch im religiösen Text höher, der Kontext Beschreibung weist relativ ausgegliche Werte in der DP und den HOMIL auf. Die folgenden Tabellen liefern zur abschließenden Betrachtung der erhobenen Werte eine textsortenübergreifende Darstellung der Grammatikalisierungsgrade in Relation zum Kontext: Katalanisch Generalisierung Vergleich Interrogativ Deontisch Konditional Hypothetisch Negation Beschreibung Deontisch/ Beschreibung Negation/ Deontisch singularisch 0,146 0,389 0,292 2,187 5,979 0,049 3,597 7,680 0,194 0,924 0,000 pluralisch 0,000 0,097 0,146 0,000 0,097 0,000 0,194 1,361 0,000 0,000 0,000 Unterkl./Teilgr. 0,194 0,389 0,340 0,340 0,729 0,097 0,292 3,403 0,000 0,049 0,000 a1 0,243 0,146 0,049 0,049 0,097 0,000 0,292 2,771 0,000 0,000 0,000 a2 0,000 0,146 0,437 1,410 4,180 0,292 3,937 9,819 0,243 0,340 0,049 b 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,097 0,000 0,000 0,000 Beschreibung/ Negation Tab. 43: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad und Kontext im katalanischen Korpus 256 Wenngleich es sich nicht um den höchsten Wert für a1 handelt (Dieser findet sich mit einem Frequenzwert von 18,538 in den HOMIL). 208

217 Spanisch Generalisierung Vergleich Interrogativ Deontisch Konditional Hypothetisch Negation Beschreibung Deontisch/ Beschreibung Negation/ Deontisch singularisch 0,748 0,945 0,709 1,064 3,348 0,236 1,064 6,933 0,000 0,000 0,000 pluralisch 0,709 0,394 1,339 1,891 1,773 0,118 0,670 10,438 0,000 0,000 0,000 Unterkl./Teilgr. 1,103 0,315 1,064 1,576 1,576 0,355 1,733 6,657 0,000 0,000 0,000 a1 0,985 0,433 0,394 0,512 0,630 0,000 1,142 3,742 0,000 0,000 0,000 a2 0,039 0,118 0,118 0,945 0,315 0,039 0,512 0,709 0,000 0,000 0,000 b 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 Tab. 44: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad und Kontext im spanischen Korpus Beschreibung/ Negation Französisch Generalisierung Vergleich Interrogativ Deontisch Konditional Hypothetisch Negation Beschreibung Deontisch/ Beschreibung Negation/ Deontisch singularisch 0,000 0,647 0,647 1,295 3,668 0,000 1,079 9,926 0,000 0,000 0,000 pluralisch 0,000 0,000 0,000 0,216 0,216 0,000 0,432 2,805 0,000 0,000 0,000 Unterkl./Teilgr. 0,000 0,863 0,216 0,432 3,668 0,000 0,647 9,278 0,216 0,000 0,000 a1 0,000 0,216 0,000 0,000 0,000 0,000 0,216 0,432 0,000 0,000 0,000 a2 0,000 0,000 8,415 4,531 7,768 0,432 2,805 20,283 0,000 0,000 0,000 b 0,000 0,000 0,216 0,000 0,000 0,000 0,000 3,237 0,000 0,000 0,000 Beschreibung/ Negation Tab. 45: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad und Kontext im französischen Korpus Bei der Betrachtung der textsortenübergreifenden Darstellung der drei Untersuchungssprachen tritt womöglich der Umstand am stärksten in den Vordergrund, dass, während im Katalanischen und im Französischen jeweils der Kontext Beschreibung die höchste Frequenz (Kat. 9,819 bzw. Frz. 20,283) für den indefiniten nicht referenziellen Gebrauch aufweist, der höchste (wenngleich noch immer niedrige) Wert für diesen im Spanischen auf den deontischen Kontext (0,945) entfällt. Die Verbreitung auf die nicht assertiven Kontexte auf der einen Seite, aber auch die hohe Frequenz in beschreibenden Kontexten auf der anderen deuten für das Katalanische und das Französische auf eine weit vorangeschrittene bzw. abgeschlossene Konventionalisierung des indefiniten nicht referenziellen Gebrauchs hin. Dieser Eindruck wird bestärkt durch bereits vorhandene Belege des indefiniten referenziellen Gebrauchs, im Französischen (Kontexte Deontisch: 0,216 und Beschreibung: 3,237) noch mehr als im Katalanischen (geringer Wert; nur im Kontext Beschreibung: 0,097) 257. Für das Katalanische kann dies mittels des Vergleichskorpus untermauert werden: 257 Vgl. auch die in Kapitel 2.1 ausgeführte Feststellung, dass sich der indefinite referenzielle Gebrauch aus der vorhergehenden Stufe (indefinit nicht referenziell) entwickelt. 209

218 Katalanisch Vergleichskorpus Generalisierung Vergleich Interrogativ Deontisch Konditional Hypothetisch Negation Deontisch/ Beschreibung Beschreibung Negation/ Deontisch singularisch 0,000 0,194 0,679 0,291 1,648 0,291 5,429 7,562 0,000 0,000 0,000 pluralisch 0,097 0,000 0,000 0,000 0,485 0,097 0,000 1,551 0,000 0,000 0,000 Unterkl./Teilgr. 0,000 0,388 0,194 0,097 0,388 0,000 0,679 16,384 0,000 0,000 0,000 a1 0,097 1,357 0,873 0,000 0,582 0,194 0,291 4,944 0,000 0,000 0,000 a2 0,000 0,194 1,066 1,163 0,873 0,000 1,163 12,991 0,000 0,097 0,000 b 0,000 0,000 0,097 0,000 0,000 0,000 0,194 2,036 0,000 0,000 0,000 Beschreibung/ Negation Tab. 46: Belegfrequenz in Abhängigkeit von Grammatikalisierungsgrad und Kontext im katalanischen Vergleichskorpus Auch hier zeigt sich, neben der Verbreitung auf alle nicht assertiven Kontexte (einschließlich der Kombination Negation/Deontisch), die höchste Frequenz (12,991) des indefiniten nicht referenziellen Gebrauchs im Kontext Beschreibung. Hinzu kommt ein ebenso wie im Französischen nicht nur auf einen Kontext beschränkter Gebrauch von hom mit indefiniter referenzieller Lesart, der jedoch in der Frequenz nicht allzu hoch ist: Interrogativ (0,097) Negation (0,194) und Beschreibung (2,036). Auch hier lässt sich also die Konventionalisierung des indefiniten nicht referenziellen Gebrauchs folgern. An dieser Stelle soll die Sprache auf die in Kapitel 2.3 angesprochene Modifizierung der Implicational Map von Haspelmath und den in dieser Modifizierung verankerten generischen Gebrauch kommen. Die in diesem Zusammenhang entwickelte Skala wird hier zur Illustration noch einmal abgebildet (weiterhin als Abb. 6): Abb. 6: Die Verankerung des generischen Gebrauchs in der Haspelmathschen Skala (ebd. 1997, 149) ausgehend von der Funktion FC Auch vor diesem Hintergrund erscheinen die hohen Frequenzwerte für den Kontext Beschreibung im Katalanischen und Französischen einleuchtend. Mit zunehmender Grammatikalisie- 210

219 rung wird der Gebrauch des indefiniten nicht referenziellen Gebrauchs immer stärker unabhängig von den Kontexten, die seine Grammatikalisierung überhaupt erst ermöglichen und diese im weiteren Verlauf der Grammatikalisierung befördern. So finden sich natürlich auch weiterhin Belege für kat. hom und frz. on 258 in nicht assertiven Kontexten, da die UMPs hom bzw. on hier die passenden indefiniten Platzhalter für jedes einzelne Individuum der Klasse Mensch und dementsprechend, beispielsweise in konditionalen Kontexten, das adäquate Ausdrucksmittel sind. Dennoch können sie, sobald ihre indefinite nicht referenzielle Bedeutung konventionalisiert ist, auch unabhängig von diesen Kontexten gebraucht werden, das heißt, diese Bedeutung muss nicht länger über den Kontext gestützt werden (siehe Kapitel 5.2). Auch wenn Brown (1931, 266) davon spricht, dass das indefinite omne 259 über mehrere Jahrhunderte ein integral part der spanischen Sprachstruktur gewesen sei, wurde doch oben für das 13. Jahrhundert deutlich, dass sich im Spanischen zum einen nicht annähernd so viele Belege für den Gebrauch von omne mit indefiniter nicht referenzieller Lesart wie für das Katalanische und das Französische finden lassen. Zum anderen deutet der Umstand, dass die höchsten Frequenzwerte in den untersuchten Texten nicht für den Kontext Beschreibung, sondern in einem der nicht assertiven Kontexte zu finden sind, darauf hin, dass die Konventionalisierung nicht abgeschlossen, sondern der Gebrauch von omne mit indefiniter nicht referenzieller Lesart noch kontextabhängig ist 260. Ferner verdeutlicht Abb. 6 das, was auch schon ganz zu Beginn, in Kapitel 2.1, angesprochen wurde: Stufe b der Grammatikalisierung ergibt sich aus Stufe a2. Dieser Umstand wurde hier bereits im Rahmen der Diskussion zum Zusammenhang zwischen Grammatikalisierungsgrad und Kontext deutlich. Während sowohl im katalanischen als auch im französischen Korpus Belege für den indefiniten referenziellen Gebrauch vorhanden sind, findet sich im gesamten spanischen Korpus nicht eine Belegstelle. In dieser Arbeit wird angenommen, dass nur bei einer weit vorangeschrittenen Konventionalisierung der nächste Grammatikalisierungsschritt möglich ist, so dass auch fehlende Belege für die letzte Grammatikalisierungsstufe im Spanischen ein Indiz auf eine noch nicht abgeschlossene Konventionalisierung der Stufe a2 sein können. 258 Bzw. l on. Der Artikelgebrauch wird in Kap genauer besprochen. In den Ausführungen der Analyse wird die artikellose Variante on zur Abbildung des französischen UMP verwendet. 259 Brown spricht von hombre. 260 Im ESM lassen sich gar keine Belege für omne entsprechend der Grammatikalisierungsstufe a2 in beschreibenden Kontexten finden und überhaupt gibt es in diesem Text nur einen Beleg für den indefiniten nicht referenziellen Gebrauch, und zwar im Kontext Negation. 211

220 Die dargestellten Entwicklungen verdeutlichen die Rolle der zweiten Grammatikalisierungsstufe als Dreh- und Angelpunkt der Grammatikalisierung. Sie ist gleichzeitig auch Übergang zwischen dem artgenerischen und dem nicht generischen Gebrauch. Zwar verweisen sp. omne, kat. hom und frz. on mit indefiniter nicht referenzieller Lesart nicht mehr auf die Gattung Mensch an sich, jedoch ermöglicht ihr Gebrauch eine Aussage, die für jedes einzelne Mitglied dieser Gattung Gültigkeit besitzt. Anders als in Kapitel 2.3 angeführt muss vor dem Hintergrund der Korpusdaten davon ausgegangen werden, dass die Brückenstellung nicht auf die Kontexte Interrogativ und Konditional beschränkt werden kann. Im Französischen sind es zwar im Bereich der nicht assertiven Kontexte vor allem der interrogative (8,415) und der konditionale Kontext (7,768), in denen sich die Belege für on mit indefiniter nicht referenzieller Lesart finden lassen, jedoch wurde bereits angesprochen, dass der Gebrauch im Französischen schon so weit grammatikalisiert zu sein scheint, dass von einem kontextunabhängigen Gebrauch die Rede sein kann und somit die angeführten Werte in ihrer Aussagekraft für einen laufenden Grammatikalisierungsprozess fragwürdig sind. Wie sieht es aber im Spanischen aus? Das spanische Gesamtkorpus weist die meisten Belege in den nicht assertiven Kontexten für die Kontexte Deontisch (0,945) und Negation (0,512) auf. Vor dem Hintergrund, dass es sich im Spanischen um den am schwächsten grammatikalisierten Gebrauch handelt, stellt sich hier also die Frage, welche Bedeutung die geringe Gebrauchsfrequenz von omne mit indefiniter nicht referenzieller Lesart im Kontext Interrogativ hat (0,118). Als Ansatzpunkt soll hierzu das Katalanische vergleichsweise herangezogen werden. Während der Kontext Konditional (4,180) hier unter den nicht assertiven Kontexten der mit den meisten Belegen ist, weist der Kontext Interrogativ eine Frequenz von 0,437 für den indefiniten nicht referenziellen Gebrauch auf. Ebenso wie im Spanischen findet sich aber eine hohe Frequenz im Vergleich zu den anderen Werten des katalanischen Korpus für den Kontext Negation, nämlich 3,937. Im katalanischen Vergleichskorpus sind die Werte für die beiden Kontexte Deontisch (1,163) und Negation (1,163) zwar gering, aber dennoch höher als jene für die Kontexte Interrogativ (1,066) und Konditional (0,873). Die nicht allzu hohen Werte für den Kontext Interrogativ im Katalanischen (sowohl im Haupt- als auch im Vergleichskorpus) zeigen, dass er als nicht assertiver Kontext, wie dargestellt, befördernd für die Grammatikalisierung von HOMO wirkt, jedoch keine Sonderrolle im Rahmen einer Brückenstellung einnimmt. Auch für den Kontext Konditional sind nicht in allen drei Sprachen gleichermaßen hohe Frequenzwerte auszumachen. Insofern wird hier die Position vertreten, die weiter oben bereits angedeutet wurde, nämlich dass die nicht assertiven Kontexte insgesamt die Rolle der zweiten Grammatikalisie- 212

221 rungsstufe als Dreh- und Angelpunkt im Grammatikalisierungsprozess ermöglichen. Die einzelnen Ausprägungen der Frequenzwerte variieren dabei, interessanterweise zeigen sich jedoch in Bezug auf die Frequenzhäufigkeiten der nicht assertiven Kontexte keine allzu großen textsortenspezifischen Ähnlichkeiten zwischen den Sprachen. Das heißt, die einzelnen Kontexte weisen keine vergleichbaren Häufigkeiten je nach Textsorte in den untersuchten Sprachen auf. Mitunter liegt dies auch daran, dass nicht für jeden Kontext in jeder Sprache und jeder Textsorte Belege vorhanden sind. Wenn sich Tendenzen ablesen lassen, dann nur sehr grobe. Für die Rechtstexte wäre das zum einen der Kontext Konditional. Dieser weist in den CdT die meisten Belege auf, in der Prim. Part. und den CdB die zweitmeisten Belege. Zurückzuführen ist dies gewiss auf die Fallbeispiele, die in dieser Textsorte gegeben werden. Zu erwarten wären auch hohe Belegzahlen für den deontischen Kontext, jedoch rangiert dieser nur für die Prim. Part. an erster Stelle, während er sich in den CdT und in den CdB nur an dritter Stelle wiederfindet. Für die religiösen Texte ist die Vergleichbarkeit zwischen den drei Sprachen aufgrund des angesprochenen Mangels an Belegen in einigen Kontexten unmöglich, da in allen Fällen maximal in zwei der drei Kontexte überhaupt Belege vorhanden sind. Im Fall der didaktisch-moralischen Texte weist der Kontext Konditional in der DP (hier punktgleich mit dem Kontext Negation) und in der INV die meisten Belege auf, für CeD hingegen fällt auf diesen nur der dritthöchste Wert (zusammen mit dem Kontext Interrogativ). Die meisten entfallen hier auf den Kontext Deontisch. Dieser rangiert in den beiden anderen Texten an zweiter Stelle. Die hohe Frequenz des Kontexts Deontisch in den religiösen Texten ist auf die hier gegebenen Handlungsanweisungen zurückzuführen Der Grammatikalisierungsgrad in Abhängigkeit von der syntaktischen Position Nachdem nun das kontextuelle Umfeld der Grammatikalisierung genauer untersucht wurde, soll das Augenmerk im Folgenden auf der syntaktischen Position liegen. In Kapitel 2.1 wurde bereits angesprochen, dass die Zahl der syntaktischen Positionen, in denen hom, ome bzw. on stehen können, mit zunehmender Grammatikalisierung abnimmt und es schließlich die Subjektposition ist, auf die der indefinite Gebrauch beschränkt ist. 213

222 Auch für unsere Texte lässt sich diese Entwicklung mehr als deutlich feststellen. Da sie nicht an die Textsorten gebunden ist, sollen hier die Gesamtwerte für die einzelnen Sprachen aufgeführt werden. 261 Katalanisch Subj. dir. Obj. ind. Obj. Agens (Passiv) Patiens (Passiv) Subjektspräd. Objektspräd. PRÄP COM Komparandum weitere singularisch 11,472 2,042 1,507 0,389 1,458 1,167 0,049 2,965 0,049 0,292 0,097 pluralisch 0,486 0,194 0,292 0,000 0,049 0,000 0,000 0,875 0,000 0,000 0,000 Unterkl./Teilgr. 1,847 0,681 0,292 0,049 0,437 0,535 0,049 1,507 0,146 0,097 0,194 a1 1,167 0,924 0,632 0,000 0,000 0,000 0,000 0,875 0,000 0,049 0,000 a2 19,638 0,000 0,049 0,000 1,167 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 b 0,097 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 Tab. 47: Grammatikalisierungsgrad in Relation zur syntaktischen Position (Katalanisch) Spanisch Subj. dir. Obj. ind. Obj. Agens (Passiv) Patiens (Passiv) Subjektspräd. Objektspräd. PRÄP COM Komparandum weitere singularisch 5,396 1,930 1,418 0,039 0,276 1,812 0,079 2,482 0,000 0,197 1,418 pluralisch 9,769 1,576 1,221 0,118 0,394 0,039 0,000 4,175 0,000 0,039 0,000 Unterkl./Teilgr. 7,405 1,300 1,339 0,118 0,158 0,670 0,197 2,560 0,000 0,236 0,394 a1 3,584 1,260 0,315 0,000 0,118 0,039 0,000 2,403 0,000 0,118 0,000 a2 2,718 0,000 0,000 0,000 0,079 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 b 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 Tab. 48: Grammatikalisierungsgrad in Relation zur syntaktischen Position (Spanisch) Französisch Subj. dir. Obj. ind. Obj. Agens (Passiv) Patiens (Passiv) Subjektspräd. Objektspräd. PRÄP COM Komparandum weitere singularisch 6,905 3,452 0,647 0,432 1,295 0,647 0,216 3,668 0,000 0,000 0,000 pluralisch 1,079 0,647 0,000 0,000 0,000 0,216 0,000 1,726 0,000 0,000 0,000 Unterkl./Teilgr. 5,826 2,589 1,079 0,647 0,216 0,216 0,000 4,747 0,000 0,000 0,000 a1 0,216 0,216 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,216 0,216 0,000 0,000 a2 44,018 0,000 0,000 0,000 0,216 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 b 3,452 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 Tab. 49: Grammatikalisierungsgrad in Relation zur syntaktischen Position (Französisch) Kat.Vergleichskorpus Subj. dir. Obj. ind. Obj. Agens (Passiv) Patiens (Passiv) Subjektspräd. Objektspräd. PRÄP COM Komparandum weitere singularisch 7,756 0,582 0,485 0,000 0,097 2,811 0,097 2,133 0,776 0,097 1,260 pluralisch 0,679 0,000 0,000 0,000 0,000 0,097 0,000 1,454 0,000 0,000 0,000 Unterkl./Teilgr. 5,623 2,327 0,969 0,582 0,194 2,908 0,000 4,557 0,485 0,000 0,485 a1 1,939 1,066 0,000 0,097 0,097 0,097 0,000 4,266 0,679 0,000 0,097 a2 17,450 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,097 0,000 0,000 0,000 b 2,327 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 Tab. 50: Grammatikalisierungsgrad in Relation zur syntaktischen Position (Kat. Vergleichskorpus) 261 Der Vollständigkeit halber findet sich eine tabellarische Aufstellung separiert nach Textsorte und Sprache im Anhang (B.1). 214

223 Ein Blick genügt, um festzustellen, dass bereits die zweite Stufe der Grammatikalisierung (a2) mit zwei Ausnahmen auf die Subjektposition beschränkt ist. Zum einen finden sich im Katalanischen (Haupt- und Vergleichskorpus) äußerst geringe Frequenzen für den indefiniten nicht referenziellen Gebrauch in der Position des indirekten Objekts und in der Position PRÄP. Es handelt sich dabei um einen Beleg aus der DP [199] und einen weiteren aus der CD [200]: [199] Vera caritat és, fil, amar Déu per so cor és bo, e falsa amor és si homi ama més Déu per so que dó a hom i pareýs e aquests béns temporals, que per la sua bonea; (DP 171) [200] Mas aquest és pijor, que ab seyal de crou ne de salpassa no se n pot homi gardar; que quant hom se pensa que eyl sia luyn C jornades, él és prés d' om i (CD 206) In syntaktischer Hinsicht ist der Gebrauch des indefiniten nicht referenziellen hom in der Position des indirekten Objekts in DP 171 [199] vor dem Hintergrund der dargestellten Zuspitzung auf die Subjektposition befremdlich, jedoch ist die syntaktische Position in den frühen Grammatikalisierungsstufen nicht auf die Subjektposition beschränkt. Hierzu soll noch einmal an Giacalone Ramat/Sansò (2007b, 112) erinnert werden, die feststellen, dass [i]n the initial stages of grammaticalization, man elements are likely to appear with indefinite value also in non-subject positions. In DP 171 [199] handelt es sich um eine Wiederaufnahme. Hom ist im vorliegenden Beleg koreferenziell zum vorangehenden indefiniten nicht referenziellen Erstverweis hom (verdeutlicht durch die Indizierung). Auch im zweiten Fall, dem Beleg CD 206 [200], ist die syntaktische Position PRÄP für das indefinite nicht referenzielle om überraschend. Aber auch hier handelt es sich um eine Koreferenz zum vorausgehenden Beleg ( no se n pot hom gardar ). Die zweite Ausnahme von der Subjektposition ist in allen drei Sprachen nachweisbar und in Hinblick auf die in Kapitel 4 gegebenen Ausführungen zur Rolle des Passivs im Rahmen der Grammatikalisierung nicht allzu überraschend. Im Spanischen, im Katalanischen (jedoch nicht im Vergleichskorpus) und im Französischen finden sich Belege für den indefiniten nicht referenziellen Gebrauch in der Position des Patiens, dem Subjekt des Passivsatzes 262 : 262 Die Nähe der beiden syntaktischen Positionen wird auch daran ersichtlich, dass in den CdT eine Doppelbelegung vorhanden ist, genauer gesprochen, dass ein Beleg in der gegebenen Satzkonstruktion sowohl die Position des Subjekts als auch jene des Patiens einnimmt und entsprechend für diesen Beleg zwei Positionen verzeichnet sind: Atressí és dit e és ciutadan tot altre hom qui en la ciutat o en sos térmens aurà estat o habitat per X ayns o plus (CdT 102). Dieser Beleg ist mit singularischer Lesart (wie alle Belege mit tot/tout/todo; für die Begründung 215

224 [201] [ ] et [parole] de quoi l' en est tenus a rendre a autrui son damage (CdB 23) [202] Atressí deven cridar tot consel que ls ciutadans vulen fer ne tenir, sens tot preu e serviï que hom no ls n' és tengut de fer ne de donar, sotz la pena sobredita. (CdT 588) [203] Amable fil, aquest darrer sagrament en lo qual és hom untat ab crisma e ab oli significa la santa unció del fil de Déu, la qual pres en la santa crou ab la preciosa sanch de son cors. (DP 108) [204] Ca si tenudo es omne de defender o de amparar a su uezino con derecho; mucho mas lo deue fazer assi mismo. (Prim. Part. 197) [205] La primera que es omne echado por ella; de fuera de la eglesia. & de todos los bienes que se fazen en ella; segund dize en las leyes deste titulo. (Prim. Part. 211) Im Spanischen und im Französischen ist dieser Gebrauch auf die Prim. Part. bzw. die CdB beschränkt, im Katalanischen auf die CdT und die DP. In den meisten Fällen (in den CdB in allen Belegen) handelt es sich um Konstruktionen mit sp. tener bzw. frz./kat. tenir, außer in der DP, wo diese Konstruktion auch nicht einmal zu finden ist, jedoch zumindest in einem Fall die semantisch nahe Konstruktion obligar a + INF. Die Kriterien syntaktische Position und Grammatikalisierungsgrad können natürlich noch um das Kriterium Modifikation ergänzt werden. Und auch hier zeigt sich die in Kapitel 2.1 angesprochene Entwicklung hin zum Verlust jeglicher Modifikation im Rahmen der Grammatikalisierung: Keiner der Belege des gesamten Korpus (einschließlich des katalanischen Vergleichskorpus) in Subjektposition mit indefiniter nicht referenzieller Lesart weist noch irgendeinen Modifikator auf 263. Ein Unterschied, der sich weiter zu untersuchen lohnen würde, ist die Belegverteilung in den drei Sprachen auf der ersten Grammatikalisierungsstufe. Der artgenerische Gebrauch ist im Spanischen breiter (also auf mehr syntaktische Positionen) verteilt als im Französischen und im Katalanischen. Das katalanische Vergleichskorpus hingegen weist eine noch breitere Verteilung auf. Hierbei darf jedoch nicht in Vergessenheit geraten, dass das Französische insgesamt die geringste Anzahl an Belegen für diesen Gebrauch aufweist. Illustriert werden soll dies mit einem Auszug aus der oben gegebenen Tabelle 29, der als Tab. 51 hier abgebildet wird: s. Kapitel 6.1.2) in die Analyse eingeordnet. Im weiteren Verlauf der Arbeit kommt die Sprache jedoch noch auf den Modifikator kat. tot/frz. tout/sp. todo. 263 Der Artikel, das wurde in Kapitel 5.2 deutlich, wird separat betrachtet und fällt nicht unter die Bezeichnung Modifikator. 216

225 Spanisch Katalanisch Französisch Prim. Part. CeD ESM CdT DP HOMIL CD TG CdB INV VdSG a1 5,208 10,633 17,455 0,176 19,874 24, , ,769 0,96 Tab. 51: Der artgenerische Gebrauch im Spanischen, Französischen und Katalanischen (separiert nach Texten) Die meisten der spanischen und katalanischen Belege für den artgenerischen Gebrauch entfallen, das ist den Tabellen weiter oben zu entnehmen, auf den Gebrauch in der Subjektposition, im katalanischen Vergleichskorpus ist es hingegen die Position PRÄP, die die stärkste Belegfrequenz aufweist (die zweitstärkste Belegfrequenz im Spanischen). In Hinsicht auf die wenigen vorhandenen Belege mit artgenerischem Gebrauch im Französischen (in absoluten Zahlen gesprochen sind es nur vier im gesamten französischen Korpus) wäre es interessant und eben hieraus begründet sich das Interesse an der Belegverteilung auf die unterschiedlichen syntaktischen Positionen zu untersuchen, welche anderen Konstruktionen für den Verweis auf die Gattung Mensch im Französischen des 13. Jahrhunderts in Gebrauch sind, was jedoch im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht geleistet werden kann Artikelgebrauch In Kapitel 3 wurde die Entwicklung des Artikelsystems in den drei Untersuchungssprachen dieser Arbeit ausführlich diskutiert. Darüber hinaus wurde in den bisherigen Ausführungen deutlich, dass sich der Artikelgebrauch im Laufe der Grammatikalisierung dahingehend verändert, dass sein Vorkommen immer weiter zurückgeht, bis zum Schwund. Jedoch, das wird die folgende Analyse zeigen, kann nicht in allen drei Sprachen gleichermaßen von Schwund gesprochen werden. Im Französischen bleibt der Artikel auch beim indefiniten (sowohl referenziell als auch nicht referenziell) Gebrauch von on erhalten (wenngleich auch nur als Alternative). Es handelt sich hierbei aber um eine fossilierte Verwendung des Artikels, hervorgegangen aus dem Gebrauch mit dem Spenderlexem 264, die jedoch keinen referenziellen oder 264 Vgl. auch Goosse (1991, 1): Toutes les grammaires historiques enseignent qu à cause de sa nature primitive, on a le privilège de pouvoir être accompagné de l article défini, sous la forme élidée. 217

226 expressiven Wert (vgl. zu den Funktionen und Entwicklung des bestimmten Artikels im Französischen auch Epstein (1995a) und Kapitel in dieser Arbeit) mehr aufweist Artikelgebrauch und Grammatikalisierungsgrad In Tabelle 52 wird ersichtlich, dass für den Artikelgebrauch in den nicht grammatikalisierten Lesarten keine Regelmäßigkeiten hinsichtlich einer Setzung oder Auslassung des Artikels zu erkennen sind. Somit müsste für eine Betrachtung des Artikelgebrauchs in diesen Belegen näher untersucht werden (stets unter Berücksichtigung der in Kapitel 3 beschriebenen Entwicklungen), wie genau die entsprechenden NPs gebraucht werden. Hier wären beispielsweise die Fragen danach, ob es sich bei der jeweiligen NP um einen Erstverweis oder eine Wiederaufnahme handelt, ob ihr ein besonderer expressiver Wert zukommt und ob sie modifiziert ist, von Interesse. Da es in dieser Arbeit jedoch um den Grammatikalisierungsstand von HO- MO in den drei Untersuchungssprachen geht, gehört eine solche Analyse hier nicht zum Thema. Nichtsdestoweniger fällt aber schon bei der einfachen Betrachtung von Tabelle 52 auf, dass sich bereits bei der Verwendung entsprechend der ersten Grammatikalisierungsstufe, dem artgenerischen Gebrauch, eine deutliche Tendenz in Bezug auf die Artikelsetzung bzw. auslassung abzeichnet und diese ab der zweiten Grammatikalisierungsstufe, dem indefiniten nicht referenziellen Gebrauch, gefestigt ist. Dennoch sind Unterschiede zwischen den drei Untersuchungssprachen auszumachen: Es zeigen sich nicht nur Unterschiede in Hinsicht auf den, auch bei komplett durchlaufener Grammatikalisierung, noch immer vorhandenen Artikel im Französischen, sondern auch mit Blick auf das Spanische, wo sich die Tendenz in Sachen Artikelsetzung zu Beginn der Grammatikalisierung anders darstellt als im Französischen und im Katalanischen. 265 Vgl. auch Grevisse/Goosse (2011, 1011): De son état de nom, on garde la faculté d être accompagné de l article défini dans la langue écrite. Ignorant l histoire, les grammairiens y ont vu une consonne euphonique dont ils exigeaient la présence pour éviter l hiatus, après des mots comme et, ou, où, qui, quoi, si (ils étaient obligés d ajouter que à cause de la fréquence de que l on, due en partie à la crainte de l homophonie). En fait, les auteurs en usent librement, soit qu ils mettent on seul alors qu il y a un hiatus, soit qu ils emploient l on après un mot terminé par une consonne articulée ou par un e muet ou encore après un point. [Fettdruck im Original] 218

227 singularisch pluralisch Unterklasse / Teilgruppe a1 a2 b ja nein ja nein ja nein ja nein ja nein ja nein Französisch CdB 6,334 18,300 1,408 0,704 22,523 14,077 0,000 0,000 47,860 11,965 0,704 0,000 INV 5,306 5,306 11,496 0,000 6,190 3,537 0,000 1,769 92,855 0,884 0,000 0,000 VdSG 13,443 2,400 0,480 0,000 2,400 1,440 0,480 0,480 5,281 1,440 6,241 0,960 Katalanisch CdT 1,172 20,272 0,352 0,469 0,762 2,285 0,000 0,176 0,000 18,924 0,000 0,000 DP 3,312 16,893 6,956 0,662 12,256 9,937 1,656 18,218 0,000 30,142 0,000 0,662 HOMIL 4,119 24,717 2,060 2,060 2,060 0,000 2,060 22,657 0,000 30,896 0,000 0,000 Kat. Vergleichskorp. CD 3,592 25,778 0,000 0,845 17,115 19,228 0,000 0,000 0,000 9,297 0,000 5,071 TG 0,358 4,479 3,404 0,000 1,791 0,896 4,299 11,107 0,000 24,543 0,000 0,000 Spanisch Prim. Part. 1,842 12,068 22,611 0,318 4,319 6,796 2,795 2,414 0,064 1,270 0,000 0,000 CeD 12,361 4,785 6,380 0,000 17,412 3,323 9,570 1,063 0,000 6,513 0,000 0,000 ESM 8,020 8,020 14,153 0,472 10,851 5,189 14,153 3,302 0,000 0,472 0,000 0,000 Tab. 52: Artikelgebrauch in Abhängigkeit vom Grammatikalisierungsgrad Diese Tendenz soll an den entsprechenden Werten verdeutlicht werden. Oben wurde bereits auf die wenigen Belege für den artgenerischen Gebrauch im Französischen hingewiesen. Folglich sind die Werte hier nicht derartig aussagekräftig wie beispielsweise im Katalanischen, dennoch seien sie angeführt und kurz kommentiert. Lediglich in der INV und der VdSG finden sich überhaupt Belege für den artgenerischen Gebrauch. Dabei halten sich die artikellose und die Verwendung mit Artikel in der VdSG die Waage, der Frequenzwert ist jedoch äußerst gering (0,480). Ein wenig höher ist dieser in der INV, hier ausnahmslos auf Seiten des artikellosen Gebrauchs (1,769). Auch wenn bei diesem niedrigen Wert eine Aussage nur einen Hinweis geben kann, so ist dennoch auffällig, dass hier der artikellose Gebrauch stärker ausgeprägt ist, während es im weiteren Verlauf der Grammatikalisierung der Gebrauch mit Artikel ist, der dominiert. Womöglich deutet dies auf eine Unterscheidung der beiden Lesarten hin. Entsprechend interessant ist es, sich die Schreibung der Belege anzuschauen. Dies geschieht in Kapitel Doch zunächst soll das Augenmerk hier weiter auf dem artgenerischen Gebrauch liegen. Im Katalanischen zeigt sich in allen drei Texten des Hauptkorpus eine Tendenz zugunsten der Artikellosigkeit bei hom mit artgenerischer Lesart: CdT 0 zu 0,176, DP 1,656 zu 18,218 und HOMIL 2,060 zu 22,657. In den CdT ist der Wert verschwindend gering, und somit kann es sich hier, wie im Fall der INV, nur um einen Hinweis handeln, jedoch zeigen die anderen beiden Texte eine mehr als deutliche Tendenz. Und auch im Vergleichskorpus bestätigt sich dieses Bild. Hier stehen sich der Gebrauch mit Artikel und der ohne Artikel in der TG mit 4,299 zu 11,107 gegenüber, also zwar nicht so deutlich wie in der DP oder den HOMIL, aber dennoch klar in der Verteilung. Die CD liefert keine Belege für den artgenerischen Gebrauch. Das Spanische weist zwar sowohl für den artgenerischen Gebrauch mit als auch für jenen 219

228 ohne Artikel Belege in allen drei Texten auf, jedoch ist der Frequenzwert jeweils für den Gebrauch mit Artikel höher, im Fall der Prim. Part. unwesentlich (2,795 zu 2,414), im Fall der CeD (9,570 zu 1,063) und des ESM (14,153 zu 3,302) hingegen deutlich. Um diese Werte richtig interpretieren zu können, ist ein Blick auf die nächste(n) Grammatikalisierungsstufe(n) hilfreich. Für das Französische ist schon angemerkt worden, dass der indefinite nicht referenzielle Gebrauch (a2) hauptsächlich mit Artikel in Erscheinung tritt, der artikellose Gebrauch aber nicht verschwindet. Dasselbe gilt für die dritte und damit letzte Grammatikalisierungsstufe (indefinit referenziell). Auch hier überwiegt der Gebrauch mit Artikel deutlich. Ein Blick auf die INV und den dort vorhandenen artikellosen artgenerischen Gebrauch von on im Gegensatz zur Artikelsetzung (92,855 mit bzw. 0,844 ohne Artikel) im Fall des indefiniten nicht referenziellen Gebrauchs können ein Indiz für die Unterscheidung der beiden Lesarten sein, wie oben bereits angedeutet. Im Katalanischen scheint es diese Unterscheidung so nicht zu geben. Vielmehr ist der Artikelschwund in der ersten Grammatikalisierungsstufe (a1) noch nicht so weit fortgeschritten wie in der zweiten (a2). In dieser sind ausnahmslos sowohl im katalanischen Haupt- als auch im katalanischen Vergleichskorpus nur artikellose Belege vorhanden. Für das Spanische wurde weiter oben bereits angeführt, dass in allen drei Texten der Gebrauch mit Artikel bei omne mit artgenerischer Lesart überwiegt, in zwei von drei Fällen gar sehr deutlich. Im Fall des indefiniten nicht referenziellen Gebrauchs zeichnet sich dann relativ eindeutig ein artikelloser Gebrauch ab. In der Prim. Part. findet sich eine Belegfrequenz von 1,270 gegenüber 0,064 zugunsten des artikellosen Gebrauchs, die beiden anderen Texte weisen nur Belege für diesen auf (CeD 6,513; ESM 0,472). Ist die Setzung des Artikels ein Indiz für eine noch nicht weit fortgeschrittene Entwicklung? Hier soll noch einmal Company Company (1991, zit. in Ortiz Ciscomani 2009, 278) in Erinnerung gerufen werden. Sie führt, das wurde bereits in Kapitel erläutert, drei Etappen im Rahmen der Entwicklung des definiten Artikels auf. Die erste ist Ende des 13. Jahrhunderts bereits abgeschlossen. Hier tritt der bestimmte Artikel mit konkreten Substantiven, belebten Substantiven und menschlichen Generika auf (alle in Subjektposition). Im Altfranzösischen, das wurde in Kapitel deutlich, stehen Generika artikellos, es sei denn, sie unterliegen einem expressiven Gebrauch. Somit muss der Gebrauch des Artikels, unabhängig von der in Stufe a1 mit dem artgenerischen Gebrauch beginnenden Grammatikalisierung, auch vor dem Hintergrund der Artikelentwicklungen gesehen werden. Für das Altfranzösische ist dies mit Blick auf die spärlichen Belege schwerlich mit Bestimmtheit zu sagen, doch das leichte Übergewicht der artikellosen Verwendung entspricht sowohl der Entwicklung des Artikelgebrauchs im Rahmen der Grammatikalisierung als auch dem allgemeinen Artikelgebrauch bei Generika 220

229 auf dieser Sprachstufe. Im Spanischen scheint das Übergewicht des Gebrauchs mit Artikel dem Entwicklungsstand des Artikelgebrauchs bei belebten Substantiven im 13. Jahrhundert zu entsprechen. Die dennoch auffällig hohe Frequenz für den artikellosen Gebrauch von omne mit artgenerischer Lesart, im Fall der Prim. Part. fast in derselben Höhe wie der Gebrauch mit Artikel, scheint gleichzeitig ein Indiz für die laufende Grammatikalisierung zu sein (Jedoch darf hier auch nicht der Umstand vernachlässigt werden, dass die angesprochene Setzung des bestimmten Artikels mit konkreten, mit belebten Substantiven und mit menschlichen Generika erst Ende des 13. Jahrhunderts abgeschlossen ist). Im Katalanischen wurde in Kapitel mit Par (1923, 65) festgestellt: Es palès, donchs, que segons lògica, hauría de portar article definit tot nom, quan ne volguem designar un indivíduu, isolat y com apart de l especie; y que, en cambi, quan volguem expressar aquesta en conjunt o una part d aquesta enterament indeterminada, hauríem de suprimir l article, aixís com, noresmenys, ab aquells noms qui son ja precisament uns. Für den Fall der Auslassung des Artikels beim generischen Gebrauch von Substantiven spricht Par von einer aprovació lògica (ebd. 1923, 66). Im Katalanischen entspricht die Auslassung des Artikels in der ersten Grammatikalisierungsstufe, also dem artgenerischen Gebrauch, erkennbar dem Artikelgebrauch der damaligen Sprachstufe und im Übrigen dem im Rahmen der Grammatikalisierung ablaufenden Artikelschwund. Es ergibt sich die Frage, inwiefern die beschriebenen Artikelsetzungs- bzw. -auslassungsphänomene ein Indiz dafür sein können, dass das Katalanische und das Französische in dieser Hinsicht bereits weiter grammatikalisiert sind als das Spanische. Dies scheint schwierig zu beurteilen, da in den beiden Erstgenannten, um die Beobachtungen noch einmal zusammenzufassen, der allgemeine Artikelgebrauch der Epoche mit der Artikelentwicklung im Rahmen der Grammatikalisierung von HOMO vereinbar ist, während dies im Fall des Spanischen nicht zutrifft. Somit muss es an dieser Stelle wohl beim gegebenen Denkanstoß bleiben. In den Ausführungen dieses Kapitels wurde bereits häufig vom definiten Artikel gesprochen, und in der Tat wurde, mit all dem bisher Gesagten rund um den Grammatikalisierungsprozess von HOMO, auch die Verwendung ebendieses Artikels vorausgesetzt. Dennoch soll hier der Beweis erbracht werden, dass im Rahmen der Grammatikalisierung der indefinite Artikel nicht zur Anwendung (s. Tabelle 53) und auch nicht in Betracht kommt, weder für den artgenerischen Gebrauch noch für den indefiniten. 221

230 singularisch pluralisch Teilgruppe a1 a2 b best. unbest best. unbest. best. unbest. best. unbest. best. unbest. best. unbest. Französisch CdB 4,927 1,408 1,408 0,000 22,523 0,000 0,000 0,000 47,860 0,000 0,704 0,000 INV 4,422 0,884 11,496 0,000 6,190 0,000 0,000 0,000 92,855 0,000 0,000 0,000 VdSG 6,241 7,201 0,480 0,000 2,400 0,000 0,480 0,000 5,281 0,000 6,241 0,000 Katalanisch CdT 0,820 0,352 0,352 0,000 0,762 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 DP 1,987 1,325 6,956 0,000 11,924 0,331 1,656 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 HOMIL 4,119 0,000 2,060 0,000 2,060 0,000 2,060 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 Kat. Ver- CD 1,690 1,902 0,000 0,000 17,115 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 gleichskorp. TG 0,000 0,358 3,404 0,000 1,791 0,000 4,299 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 Spanisch Prim. Part. 1,143 0,699 22,611 0,000 4,319 0,000 2,795 0,000 0,064 0,000 0,000 0,000 CeD 7,178 5,184 6,380 0,000 17,013 0,399 9,570 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 ESM 3,302 4,718 14,153 0,000 10,851 0,000 14,153 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 Tab. 53: Bestimmter und unbestimmter Artikel in Abhängigkeit vom Grammatikalisierungsgrad Aber wieso ist der unbestimmte Artikel vom Grammatikalisierungsprozess ausgeschlossen? Im Kapitel wurde bereits ausgeführt, dass der indefinite Artikel nur im Fall von taxonomischen Lesarten eine generische Verwendung haben kann. Entsprechend kommt er für die ersten beiden Grammatikalisierungsstufen (der artgenerische und der indefinite nicht referenzielle Gebrauch) nicht in Frage. Selbst wenn in einem Beleg mit einer dieser beiden Lesarten ein Artikel steht (was mit zunehmender Grammatikalisierung, das wurde bis hierhin deutlich, nicht mehr zutrifft; der gänzlich pronominale Gebrauch ist selbstredend artikellos), so ist dies der definite. Unabhängig von der Notwendigkeit einer taxonomischen Lesart spricht auch die Entwicklungsgeschichte des indefiniten Artikels selbst gegen einen Eingang in die HOMO- Grammatikalisierung. Es lohnt sich ein Rückgriff auf die Ausführungen zum indefiniten Artikel im Spanischen in Kapitel Hier wird auf Garachana Camarero (2009, 414) verwiesen, die anspricht, dass der indefinite nicht referenzielle Gebrauch des indefiniten Artikels im Altspanischen sehr selten ist. Erst ab dem 15. Jahrhundert wird er häufiger (ebd. 2009, 425). Einen generischen Gebrauch des indefiniten Artikels, der sich aus dem indefiniten nicht referenziellen Gebrauch entwickelt, macht sie zwar bereits für das 15. Jahrhundert aus, jedoch konsolidiert er sich erst ab dem 16. Jahrhundert (ebd. 2009, 429). Im Französischen (vgl. Kapitel 3.2.2) zeigt sich ein ähnliches Bild. Der unbestimmte Artikel mit nicht referenzieller Lesart breitet sich, so Carlier, ab dem 15. Jahrhundert aus. Die generische Lesart ist ab dem Ende des 14. Jahrhunderts belegt, wird aber erst Ende des 16. Jahrhunderts frequent (Carlier 2001, 77). Es wird deutlich, dass sich der für die beginnende Grammatikalisierung notwendige generische Gebrauch im Spanischen und Französischen erst spät entwickelt, genauer gesagt, deutlich nach dem Zeitraum des Untersuchungskorpus (13. Jahrhundert) und spät hinsichtlich der viel früher einsetzenden HOMO-Grammatikalisierung. In diesem Sinne soll hier 222

231 auf Zielin ski verwiesen werden, nach dem der NP mit unbestimmtem Artikel eine existenzielle Lesart zukommt: Llegados a este punto, no debemos olvidar que el empleo del artículo indefinido u otro adjetivo indefinido provoca de inmediato que la lectura sea linear, en conformidad con el principio de composicionalidad y, por consiguiente, el sintagma un omne refleja la noción indefinida de existencia: 'alguien' (Zielin ski 2012, 277). Der indefinite referenzielle, nun gänzlich pronominale Gebrauch schließt einen Artikelgebrauch aus. Die Setzung des bestimmten Artikels im Französischen ist hierbei, wie bereits erwähnt, als fossilierter Gebrauch, ohne jeglichen referenziellen oder expressiven Wert, zu betrachten. Als Letztes soll hier der Frage nachgegangen werden, warum viele der oben in Tabelle 52 angeführten Belege zwar artikellos, aber dennoch den nicht grammatikalisierten Lesarten zugeordnet sind. Neben dem Artikel sind es, unabhängig von semantischen Gesichtspunkten, wie bereits ausführlich dargestellt, die syntaktische Position (die im folgenden Kapitel in Relation zum Artikel betrachtet wird) und etwaige weitere Modifikatoren, die eine Aussage über den Grammatikalisierungsstand des jeweiligen Belegs zulassen. Die folgende Tabelle führt die nicht grammatikalisierten, artikellosen Belege auf und gibt an, wie viele dieser modifiziert sind: singularisch, artikellos davon modifiziert pluralisch, artikellos davon modifiziert Tab. 54: Nicht grammatikalisierte artikellose Belege und deren Anteil mit Modifikator Unterkl./Teilgr., artikellos davon modifiziert Französisch CdB (92,3 %) 1 1 (100 %) (90 %) INV 6 5 (83,3 %) / / 4 4 (100 %) VdSG 5 5 (100 %) / / 3 3 (100 %) Katalanisch CdT (97,7 %) 8 1 (12,5 %) (79,5 %) DP (60,8 %) (86, 7 %) HOMIL (91,7 %) 1 1 (100 %) / / Kat. Vergl. CD (95,1 %) 4 4 (100 %) (96,7 %) TG (88 %) / / 5 5 (100 %) Spanisch Prim. Part (85,8 %) 5 2 (40 %) (80,4 %) CeD (91,7 %) / / (96 %) ESM (100 %) (81,8 %) Die Werte verdeutlichen, dass in 16 Fällen mehr als 90 % der nicht grammatikalisierten Belege ohne Artikel einen anderen Modifikator tragen, darunter achtmal gar 100 %. In 6 Fällen 223

232 sind es zumindest noch mehr als 80 %, lediglich in weiteren 6 Fällen liegt der Wert unter 80 %. In 5 Kategorien (verteilt auf 5 Texte und alle 4 Teilkorpora) ist kein artikelloser Gebrauch verzeichnet. Dann, wenn kein Modifikator vorliegt, sind es die syntaktische Position oder die Handlung, die dazu führen, dass eben keine Interpretation im Sinne einer artgenerischen oder einer indefiniten Lesart möglich ist. Der Vollständigkeit halber soll an dieser Stelle noch auf die im Korpus vorhandenen Arten der Modifikatoren eingegangen werden. Die folgende Aufstellung bildet alle im Korpus vorhandenen Modifikatoren ab: Französisch Katalanisch Spanisch CdB INV VdSG CdT DP HOMIL CD TG Prim. Part. CeD ESM Adj. Adj. Adj. Adj. Adj. Adj. Adj. Adj. Adj. Adj. Adj. Adjektivphrase Adjektivphrase autres Adjektivphrase Adjektivphrase Apposition Adjektivphrase algun Adjektivphrase Adjektivphrase aquel aucun de Apposition li uns de (li autres) aital alguns Demonstrativum alguns altre algún algún Gerundivphrase autres aucuns nul algun altre ningun altre aquell algunos alguno muchos Demonstrativum autre Numerale altre altres nul altres cadascun Apposition algunos NP l'une partie de autres nus altres Apposition präp. Ergänzung Apposition ningun aquel Apposition Numerale maint ('manche') itel Relativsatz Apposition cadascun Relativsatz aquest NP aquellos aquel otros NP nul aquell demés tots Demonstrativum präp. Ergänzung cada cada Partizipialphrase nul präp. Ergänzung dit molt gran res de Relativsatz cualesquiera cualquier Possessivum Numerale Relativsatz la meitat molts molts tots cualquier cualquier(a) präp. Ergänzung Possessivum molt NP molts uns cualquier(a) Demonstrativum Relativsatz präp. Ergänzung molts nul nul fulán muchos todo Relativsatz nul Partizipialphrase nuls más ningún todos suffisamment Numerale Possessivum Numerale muchos NP tous Parenthese präp. Ergänzung Parenthese ningún Numerale tout Possessivum Relativsatz Partizipialphrase ninguno otro präp. Ergänzung tant Possessivum NP otros pus él 'außer ihm' tot präp. Ergänzung Numerale Partizipialphrase Relativsatz tots Relativsatz otro Possessivum tal tant otros präp. Ergänzung tot tot Partizipialphrase Relativsatz tots tots pocos tal Possessivum todo präp. Ergänzung todos Relativsatz tal tales todo todos Tab. 55: Liste der Modifikatoren im Gesamtkorpus (separiert nach Text) Die Zahl der Modifikatoren ist stark variierend zwischen den einzelnen Sprachen, aber auch zwischen den einzelnen Texten. Dies hängt natürlich mit dem jeweiligen Textumfang und ebenso mit der absoluten Belegzahl zusammen. Die größte Gruppe sprach- und textübergreifend ist jene der Quantifikatoren mit ihren unterschiedlichen Ausprägungen in den einzelnen Sprachen. Hinzu kommen weitere sprachübergreifend vorhandene Modifikatoren (beispielsweise Adjektive und Numerale), aber auch idiomatische Wendungen. Die Liste soll an dieser Stelle nicht bis ins letzte Detail diskutiert werden, dennoch sind einige Betrachtungen durchaus illustrativ für bisher Gesagtes oder aber für später folgende Betrachtungen. Angeführt seien hier die bereits betrachteten Kontexte, die unterschiedlichen Kategorien, in die die nicht grammatikalisierten Belege einzuordnen sind, und die bereits angesprochene Grammatikalisierung mit kat. tot, sp. todo und frz. tout. Zunächst zu den Kontexten. In der Liste lassen sich 224

233 die unterschiedlichen Kontexte teilweise wiedererkennen. So zum Beispiel der Kontext Beschreibung (vor allem Adjektive und Relativsätze). Ferner findet sich in allen Texten, außer dem ESM, ein negativer Quantifikator (nul, nus, ningún). Dieser findet sich natürlich vor allem im Kontext Negation, jedoch nicht ausschließlich. Gerade im Katalanischen ist nul semantisch häufig anders in Gebrauch. Hier wird es oft mit der Bedeutung 'algun' genutzt, und zwar vor allem in konditionalen [206] und interrogativen [207] Kontexten: [206] Si alcun hom mana a nul hom de la sua compayna que gitàs per forsa alcun hom de ça possessió, o aquel per sa pròpria auctoritat lo n gitarà, e lo seynor per ferm o aurà, axí n' és tengut lo seynor com si él o avia fet personalment, per so com ho à manat o aüt per ferm, quia qui per aliud facit per se facere videtur. (CdT 521) [207] Ne per què per son fil pert nuyl hom la gràcia de Déu? (DP 26) Auch die Kategorien der nicht grammatikalisierten Belege lassen sich wiedererkennen. Modifikatoren wie frz. maint, kat. molts, sp. muchos deuten auf einen pluralischen Gebrauch hin, sp. algún bzw. kat. algun hingegen auf einen singularischen Gebrauch. Mit Blick auf die im Katalanischen durchlaufene Grammatikalisierung tot hom > tothom ist es interessant, dass nur 3 (CdT, DP, CD) der 5 Texte aus dem katalanischen Haupt- und dem katalanischen Vergleichskorpus den Modifikator tot enthalten, und hier auch nur in den CdT in großer Häufigkeit. Ferner muss auch hier beachtet werden, inwiefern weitere Modifikatoren hinzukommen. 266 Im Spanischen ist todo in allen Texten enthalten, tout im Französischen nur in den CdB. Genauere, auch quantitativ untermauerte Betrachtungen der Verbreitung und des Gebrauchs der Konstruktion tot/todo/tout + HOMO folgen in Kapitel Abschließend sollen hier noch ein paar in großen Teilen des Korpus verbreitete Modifikatoren hervorgehoben werden. Die beiden einzigen, die sich in allen Texten wiederfinden, sind Adjektive und Relativsätze, die, entsprechend ihrer Verbreitung im Kontext Beschreibung (wobei sie natürlich auch in anderen Kontexten zu finden sind), eine große Häufigkeit im Korpus aufweisen. Präpositionale Ergänzungen, zahlreich beispielsweise in der Kategorie Unterklasse/Teilgruppe verwendet, haben eine ähnlich große Verbreitung (10 Texte, lediglich in der VdSG nicht vorhanden). Anschließend tut sich bereits eine Lücke auf. Numerale, Adjektivphrasen und Possessiva sind in 7 der 11 Texte des Gesamtkorpus vorhanden. Neben vielen 266 Die oben abgebildete Liste führt alle Modifikatoren separat auf. Es versteht sich von selbst, dass diese im Korpus auch in Kombination vorhanden sind. 225

234 Gemeinsamkeiten im Bereich der Art der Modifikation zeigen sich also auch Unterschiede. Diese würden noch augenscheinlicher, wenn man sich die Häufigkeit der einzelnen Modifikatoren anschaute. Auch wäre eine genauere Betrachtung in Hinblick auf die unterschiedlichen Textsorten durchaus lohnend. Beides führte jedoch zu weit weg von der in dieser Arbeit bearbeiteten Fragestellung und soll daher hier außer Acht bleiben Artikelgebrauch und syntaktische Position Zuletzt soll der Artikelgebrauch bei den Entwicklungen aus HOMO noch unter Berücksichtigung der syntaktischen Position diskutiert werden. Zunächst müssen zwei Dinge festgehalten werden. Zum einen geht es um die in wiedergegebene Entwicklung. Für das Spanische wurde angeführt, dass bei menschlichen Generika im 13. Jahrhundert der bestimmte Artikel steht (bzw. diese Entwicklung Ende des 13. Jahrhunderts abgeschlossen ist), im Katalanischen und im Französischen Generika jedoch artikellos gebraucht werden. Zum anderen soll hier auf die Signifikanz der Subjektposition bei der Durchsetzung des Artikels hingewiesen werden (vgl. Kapitel 3). Dies ist natürlich auch insofern interessant, als dass es allein die Subjektposition ist, in welcher die aus HOMO grammatikalisierte Form am Ende des Grammatikalisierungsprozesses steht. Dementsprechend ist diese Position besonders aufschlussreich und soll hier zunächst betrachtet werden. Die folgende Tabelle 267 liefert eine Aufstellung für den Gebrauch von HOMO mit bzw. ohne Artikel in Relation zur syntaktischen Position, separiert nach Sprache und Text: 267 Die Tabellen zum Artikelgebrauch in Relation zur syntaktischen Position geben die Frequenzwerte mit zwei statt drei Nachkommastellen wieder, da es sich bereits um hoch differenzierte Tabellen handelt. Ferner wird hier darauf aufmerksam gemacht, dass sich auch in Tabelle 56 die oben in Fußnote 262 angesprochene Doppelbelegung aus den CdT (ein Beleg sowohl in Subjektposition als auch als Patiens) niederschlägt. 226

235 syntakt. Position Subjekt dir. Obj. ind. Obj. Agens (Passiv) Patiens (Passiv) Komparandum Subjektsprädikativ Objektsprädikativ Artikel ja nein ja nein ja nein ja nein ja nein ja nein ja nein ja nein ja nein ja nein ja nein Frz. CdB 60,53 16,19 4,22 11,26 1,41 1,41 0,70 0,70 1,41 0,70 0,00 2,11 0,00 0,00 10,56 12,67 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 INV 102,58 5,31 4,42 0,88 0,00 0,00 1,77 0,00 0,88 0,00 0,00 0,88 0,00 0,00 6,19 3,54 0,00 0,88 0,00 0,00 0,00 0,00 VdSG 22,56 4,32 1,92 0,00 1,44 0,48 0,00 0,48 1,92 0,00 0,00 0,48 0,48 0,00 0,96 0,96 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 Kat. CdT 1,11 29,41 0,12 1,64 0,18 1,82 0,00 0,53 0,12 3,11 0,00 0,64 0,00 0,00 0,70 4,28 0,06 0,12 0,00 0,29 0,00 0,35 DP 7,95 48,36 4,97 9,61 1,99 5,96 0,00 0,00 0,66 2,32 1,32 5,63 0,00 0,66 6,29 3,97 0,33 0,00 0,66 0,66 0,00 0,00 HOMIL 0,00 49,43 4,12 6,18 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 6,18 0,00 0,00 6,18 18,54 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 Kat. CD 10,99 28,95 1,27 4,01 2,11 1,06 1,06 0,21 0,63 0,00 0,63 11,62 0,00 0,21 3,59 8,24 0,00 2,54 0,00 0,21 0,42 3,17 Vergl. TG 2,69 29,56 0,18 2,69 0,00 0,00 0,00 0,18 0,00 0,18 0,18 0,36 0,00 0,00 6,09 6,99 0,54 0,90 0,00 0,00 0,18 0,18 Sp. Prim. Part. 18,10 8,64 3,05 3,43 2,29 2,10 0,00 0,25 0,89 0,57 0,19 2,79 0,00 0,13 6,80 3,11 0,00 0,00 0,13 0,51 0,19 1,33 CeD 25,79 10,37 3,59 0,93 2,92 0,53 0,27 0,00 0,13 0,13 0,80 0,93 0,13 0,40 9,17 1,73 0,00 0,00 0,40 0,27 2,53 0,40 ESM 12,27 6,60 5,19 3,30 5,19 1,42 0,47 0,00 0,00 0,47 0,47 1,89 0,00 0,47 23,59 3,30 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 Tab. 56: Artikelgebrauch bei den Entwicklungen aus HOMO in den drei Untersuchungssprachen unter Berücksichtigung der syntaktischen Position und separiert nach Text PRÄP COM weitere Das Französische weist ein deutliches Übergewicht für die Artikelsetzung mit Entwicklungen aus HOMO in Subjektposition auf. Dieser Umstand überrascht auch vor dem Hintergrund der eben noch einmal angesprochenen Entwicklungen im Bereich der Artikelsetzung nicht. Denn obwohl der generische Gebrauch im Altfranzösischen im Allgemeinen artikellos ist, fällt das dennoch in der vorliegenden Analyse nicht stärker ins Gewicht. Der artgenerische Gebrauch ist, wie gesehen, im französischen Korpus nicht besonders stark ausgeprägt (ferner findet sich nur ein Viertel dieser Belege in Subjektposition), und nicht alle Belege sind dabei artikellos in Verwendung. Auch einige wenige Belege der Kategorie Unterklasse/Teilgruppe sind durch eine generische Verwendung charakterisiert (vgl. Ausdrücke wie homme de fief (CdB 83)), jedoch sind Belege dieser Kategorie mit generischer Lesart im französischen Korpus selten und stehen nicht in Subjektposition (wie der erwähnte Beleg CdB 83) oder sie stehen in Subjektposition, tragen aber trotz ihrer generischen Lesart einen Artikel (vgl. les homes neent sages (INV 131)) oder sie stehen weder in Subjektposition noch sind sie artikellos ( les soverains homes (Agens; INV 133)). Ferner, das wurde in Kapitel angesprochen, bestimmt eine NP mit definitem Artikel generell ein konkretes, gut abgegrenztes Lebewesen oder Objekt (vgl. Epstein 1995a, 60). Die Charakterisierung des konkreten, gut abgegrenzten Lebewesens trifft auf große Teile der nicht grammatikalisierten Belege zu: für die singularischen Belege dort, wo es sich nicht um einen Platzhalter (siehe Kapitel 5.2) handelt, für die pluralischen Belege insofern, als dass sie auf die Menschen, jedoch nicht auf die Menschheit an sich, verweisen, und im Fall der Kategorie Unterklasse/Teilgruppe wird mittels Demonstrativa, Numeralia etc. vor HOMO ebenso auf eine klar abgegrenzte Gruppe verwiesen, es sei denn, es handelt sich um einen generischen Verweis auf eine bestimmte Gruppe/Unterklasse. Ein Blick in Tabelle 52 in Kapitel verdeutlicht, dass der Gebrauch mit Artikel in allen drei Kategorien in allen Texten (teilweise 227

236 deutlich) überwiegt, lediglich im singularischen Gebrauch sind jener mit und jener ohne Artikel in der INV gleich frequent, und in den CdB ist der Gebrauch ohne Artikel in ebendieser Kategorie fast dreimal so hoch wie der ohne. Zu dem Gebrauch bei konkreten, gut abgegrenzten Lebewesen kommt noch ein expressiver Gebrauch des Artikels, der in Kapitel näher betrachtet wurde (vgl. Epstein 1995a). Auch die Tatsache, dass die indefiniten Belege im Französischen, die mit einer kleinen Ausnahme (Patiens: 0,216) auf die Subjektposition beschränkt sind (vgl. Tabelle 49), mit äußerst großer Mehrheit einen Artikel tragen, führt dazu, dass der stark überwiegende Gebrauch des Artikels in Subjektposition nicht verwunderlich ist. Dennoch darf nicht übersehen werden, dass die Belege ohne Artikel in Subjektposition im Französischen keine Randerscheinung sind. Auf einige Ursachen wurde schon hingewiesen. Ferner fehlt der Artikel häufig, wenn die NP in bestimmten Kontexten steht: De plus, l article est souvent absent quand un nom entre dans certaines constructions syntaxiques, comme les phrases négatives, interrogatives, comparatives ou hypothétiques [ ] (vgl. Moignet 1973, zit. in Epstein 1995a, 61, vgl. auch Raynaud de Lage 1993, 41). Dies, das ist auffällig, sind eben jene nicht assertiven Kontexte, die die zweite Grammatikalisierungsstufe befördern, innerhalb welcher, ganz entsprechend der von Moignet für das Altfranzösische gemachten Feststellung, im Spanischen und im Katalanischen der Artikelverlust zu nahezu 100 % vollzogen ist (gemäß der hier vorliegenden Korpusdaten für das 13. Jahrhundert), während er im Französischen in der gleichen Grammatikalisierungsstufe erhalten bleibt und deutlich überwiegt (s. Werte in Tabelle 52). Es ist wichtig sich zu vergegenwärtigen, dass jede der untersuchten Kategorien von HOMO, also sowohl die nicht grammatikalisierten als auch die grammatikalisierten, in Subjektposition stehen können, teilweise (so im Fall einer fortgeschrittenen Grammatikalisierung) müssen. Im Katalanischen (im Haupt- und im Vergleichskorpus) weist der artikellose Gebrauch in Subjektposition ein deutliches Übergewicht auf auch das vermag nicht zu überraschen. Zur Illustration soll auf eine Tabelle zur Gegenüberstellung des nicht und des (teil)grammatikalisierten Gebrauchs aus Kapitel zurückgegriffen werden, die hier noch einmal angeführt wird. Da hier gerade nicht der Sprachvergleich im Vordergrund steht, werden der Anschaulichkeit halber die absoluten Werte angeführt und wird nicht auf eine Darstellung mit relativen Werten zurückgegriffen: 228

237 Spanisch Katalanisch Französisch Prim. Part. CeD ESM CdT DP HOMIL CD TG CdB INV VdSG nicht grammatikalisiert (teil)grammatikalisiert ohne gesamt Tab. 25: Unterscheidung (teil)grammatikalisiert/nicht grammatikalisiert in Abhängigkeit von Sprache und Text Stellt man die nicht grammatikalisierten und die (teil)grammatikalisierten Belege im Katalanischen einander gegenüber, so erhält man im katalanischen Hauptkorpus einen Wert von 600 zu 506 Belegen (die drei Belege ohne Zuordnung werden hier nicht berücksichtigt) und im Vergleichskorpus einen von 376 zu 291 Belegen. Die (teil)grammatikalisierten Belege sind nicht alle artikellos und stehen auch nicht alle in Subjektposition, jedoch der mit Abstand größte Teil davon. Hinzu kommen dann noch weitere Belege aus den nicht grammatikalisierten Kategorien in Subjektposition, die teilweise auch einen artikellosen Gebrauch aufweisen, deren genauere Bestimmung und Charakterisierung hier aber nicht von Interesse ist. Im Spanischen jedoch ist es der Gebrauch mit Artikel, der deutlich überwiegt. Hier, das wurde in Kapitel deutlich, ist der artgenerische Gebrauch in den meisten Fällen mit dem Artikel verbunden. Der indefinite Gebrauch mit seiner Artikellosigkeit hingegen weist keine so hohe Frequenz auf, dass diese sich entsprechend deutlich in einer Artikellosigkeit in Subjektposition niederschlagen würde. Es sei daran erinnert, dass im Rahmen der Artikelentwicklung im Spanischen in der ersten von Company Company (1991, zit. in Ortiz Ciscomani 2009, 278) angeführten Phase, die Ende des 13. Jahrhunderts beendet ist, der Artikel nicht nur bei menschlichen Generika, sondern bei belebten Substantiven im Allgemeinen steht. Dies trifft auf alle nicht grammatikalisierten Belege zu. Auch wenn nicht zu erwarten ist, dass dieser Gebrauch schon vollkommen konventionalisiert ist, so ist die stärker ausgeprägte Artikelsetzung in Subjektposition im Spanischen dennoch nicht überraschend. Die weiteren syntaktischen Positionen sollen hier noch zusammenfassend betrachtet werden. Dazu dient die folgende Tabelle: syntakt. Position Subj. dir. Obj. ind. Obj. Agens (Passiv) Patiens (Passiv) Komparandum Subjektspräd. Objektspräd. Artikel ja nein ja nein ja nein ja nein ja nein ja nein ja nein ja nein ja nein ja nein ja nein Französisch 53,73 8,20 3,24 3,67 1,08 0,65 0,65 0,43 1,51 0,22 0,00 1,08 0,22 0,00 5,18 5,18 0,00 0,22 0,00 0,00 0,00 0,00 Katalanisch 2,09 32,67 0,92 2,92 0,44 2,38 0,00 0,44 0,19 2,92 0,19 1,51 0,00 0,10 1,65 4,57 0,10 0,10 0,10 0,34 0,00 0,29 Kat. Vergl. 6,50 29,28 0,68 3,30 0,97 0,48 0,48 0,19 0,29 0,10 0,39 5,53 0,00 0,10 4,94 7,56 0,29 1,65 0,00 0,10 0,29 1,55 Spanisch 19,89 8,98 3,39 2,68 2,72 1,58 0,12 0,16 0,59 0,43 0,39 2,17 0,04 0,24 8,90 2,72 0,00 0,00 0,20 0,39 0,87 0,95 Tab. 57: Artikelgebrauch bei den Entwicklungen aus HOMO in den drei Untersuchungssprachen unter Berücksichtigung der syntaktischen Position (Sprachen gesamt) PRÄP COM weitere 229

238 Nur im katalanischen Korpus zeigt sich eine eindeutige Tendenz. Lässt man die eben betrachtete Subjektposition außen vor, dann steht in 9 von 10 Positionen überwiegend kein Artikel, lediglich in einem Fall ist die Belegfrequenz für den Artikelgebrauch und die Artikelauslassung ausgeglichen (COM). Im Vergleichskorpus zeigt sich auch ein deutliches Übergewicht für die Artikelauslassung (7 zu 3 Positionen). Im Französischen und im Spanischen ist das Verhältnis hinsichtlich der Positionen hingegen recht ausgeglichen. Im Französischen ergibt sich eine Tendenz von 4 zu 3 Positionen, in denen der Artikel vorwiegend steht (bei 1 ausgeglichenen Position (PRÄP) und 2 Positionen gänzlich ohne Belege) und im Spanischen ein Verhältnis von 5 zu 4 Positionen, in denen der Artikel ausgelassen wird (bei 1 Position, für die keine Belege verzeichnet sind). Bei all diesen Ausführungen darf aber nicht übersehen werden, dass es sich bis hierhin in diesem Kapitel ( ) um Werte für den Artikelgebrauch generell handelt. Das heißt, dass diesbezüglich noch keine Aussage darüber getätigt werden kann, inwiefern der unbestimmte Artikel in einzelnen Positionen einen größeren Einfluss hat oder die gewonnenen Einsichten unter Umständen gar relativiert werden müssen. Zur Einschätzung dieser Frage dient die folgende Tabelle: syntakt. Position Komparandum Agens Patiens Subjektsprädpräd. Objekts- Subjekt dir. Obj. ind. Obj. (Passiv) (Passiv) PRÄP COM Artikel best. unb. best. unb. best. unb. best. unb. best. unb. best. unb. best. unb. best. unb. best. unb. best. unb. best. unb. Frz. CdB 59,83 0,70 3,52 0,70 1,41 0,00 0,70 0,00 1,41 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 10,56 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 INV 101,70 0,88 4,42 0,00 0,00 0,00 1,77 0,00 0,88 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 6,19 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 VdSG 18,24 4,32 1,44 0,48 1,44 0,00 0,00 0,00 0,48 1,44 0,00 0,00 0,00 0,48 0,48 0,48 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 Kat. CdT 0,88 0,23 0,06 0,06 0,18 0,00 0,00 0,00 0,12 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,64 0,06 0,06 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 DP 6,96 0,99 4,97 0,00 1,66 0,33 0,00 0,00 0,66 0,00 1,32 0,00 0,00 0,00 5,96 0,33 0,33 0,00 0,66 0,00 0,00 0,00 Kat. Vergl. HOMIL 0,00 0,00 4,12 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 6,18 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 CD 9,72 1,27 1,27 0,00 2,11 0,00 1,06 0,00 0,42 0,21 0,42 0,21 0,00 0,00 3,59 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,21 0,21 TG 2,69 0,00 0,18 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,18 0,00 0,00 0,00 5,91 0,18 0,54 0,00 0,00 0,00 0,00 0,18 Sp. Prim. Part. 17,85 0,25 3,05 0,00 2,22 0,06 0,00 0,00 0,89 0,00 0,19 0,00 0,00 0,00 6,41 0,38 0,00 0,00 0,13 0,00 0,19 0,00 CeD 23,66 2,13 3,19 0,40 2,26 0,66 0,27 0,00 0,13 0,00 0,40 0,40 0,00 0,13 7,44 1,73 0,00 0,00 0,40 0,00 2,39 0,13 ESM 9,91 2,36 3,77 1,42 5,19 0,00 0,47 0,00 0,00 0,00 0,47 0,00 0,00 0,00 22,64 0,94 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 Tab. 58: Bestimmter/unbestimmter Artikel bei den Entwicklungen aus HOMO unter Berücksichtigung der syntaktischen Position weitere Die maßgebliche Position für die Betrachtung ist weiterhin die Subjektposition. Der erste Blick zeigt, dass in zwei der spanischen Texte ein wahrnehmbarer Anteil auf den unbestimmten Artikel entfällt (CeD 2,13 unbestimmter gegenüber 23,66 bestimmter Artikel und ESM 2,36 unbestimmter Artikel gegenüber 9,91 bestimmter Artikel). Im katalanischen Vergleichskorpus entfallen in der CD immerhin 1,27 Belege (gegenüber 9,72) auf den Gebrauch des unbestimmten Artikels und im französischen Korpus sind in der VdSG vermehrt Belege mit 230

239 dem unbestimmten Artikel vorhanden (4,32 zu 18,24 zugunsten des bestimmten Artikels). Diese wahrnehmbaren, aber auch die niedrigeren Frequenzminderungen (von der Gesamtzahl für den Artikelgebrauch zum Gebrauch des bestimmten Artikels) haben keinen signifikanten Einfluss auf das Verhältnis zum artikellosen Gebrauch in der Subjektposition. Vergleicht man die Frequenzen für den bestimmten Artikel mit jenen für den artikellosen Gebrauch in ebendieser Position, so ergibt sich dasselbe Bild wie zuvor: Im Französischen überwiegt der Gebrauch mit Artikel, im Katalanischen (Haupt- und Vergleichskorpus) der Gebrauch ohne Artikel und im Spanischen wiederum der Gebrauch mit Artikel. Das Frequenzverhältnis hat sich also leicht verändert, aber nicht umgekehrt. Am stärksten fällt die Entwicklung in einem der spanischen Texte ins Gewicht. Im ESM ist das Verhältnis nun 9,91 zu 6,60 zugunsten des Gebrauchs mit dem bestimmten Artikel gegenüber dem artikellosen, während der Artikel allgemein (d. h. nicht differenziert nach bestimmt bzw. unbestimmt) einen fast doppelt so hohen Wert wie die Artikellosigkeit hatte (12,27 zu 6,60). Auch wenn der höchste Wert für den unbestimmten Artikel auf die VdSG (4,32) entfällt, schlägt sich dieser im Verhältnis zur Artikellosigkeit aufgrund des hohen Werts für den Gebrauch mit Artikel allgemein in diesem Text nicht so deutlich nieder. Tabelle 59 stellt den Gebrauch mit dem bestimmten Artikel dem artikellosen in Subjektposition gegenüber: CdB INV VdSG CdT DP HOMIL CD TG Prim. Part. CeD ESM best. ohne best. ohne best. ohne best. ohne best. ohne best. ohne best. ohne best. ohne best. ohne best. ohne best. ohne 59,83 16,19 101,70 5,31 18,24 4,32 0,88 29,41 6,96 48,36 0,00 49,43 9,72 28,95 2,69 29,56 17,85 8,64 23,66 10,37 9,91 6,60 Tab. 59: Gegenüberstellung des Gebrauchs von HOMO mit bestimmtem und ohne Artikel, Subjektposition Generell aber, so wird es in Tabelle 58 sichtbar, überwiegt der definite Artikel deutlich den indefiniten. Es findet sich im gesamten Korpus kein Wert für den unbestimmten Artikel, der höher liegt als der eben für die VdSG in Subjektposition zitierte (4,32). Im niedrigen Frequenzbereich des Korpus gibt es vier Positionen, für die ausgeglichene Werte verzeichnet sind (CdT in der Position des direkten Objekts mit 0,06; CeD in der Position des Subjektsprädikativs mit 0,40; die VdSG in der Position PRÄP mit 0,48 und die CD in Restegruppe weitere mit 0,21). In zwei Fällen sind höhere Werte für den unbestimmten Artikel zu finden. Zum einen ist dies in der VdSG in der Position des Patiens (1,44 zu 0,48) und zum anderen in der TG (0,18 zu 0). Die niedrigen Werte für den unbestimmten Artikel müssen natürlich vor dem Hintergrund der zeitlich versetzten Entwicklung im Vergleich zum bestimmten Artikel gesehen werden (vgl. auch Kapitel 3). Die hier gemachten Angaben sollten jedoch für die Zwecke 231

240 dieser Arbeit genügen, zumal der unbestimmte Artikel, wie oben erörtert, nicht in die Grammatikalisierung eingehen kann. Dennoch ist es wichtig, sich die Zahlen zu diesem Gebrauch vor Augen zu führen, denn Belege, die den unbestimmten Artikel tragen, gehören nicht zu jenen, die im Rahmen von Brückenkontexten eine artgenerische Lesart ermöglichen, da sie nur in taxonomischen Kontexten eine generische Lesart hervorrufen können. Somit hat der unbestimmte Artikel dennoch Relevanz für die Betrachtungen zur Grammatikalisierung von HOMO, und sei es nur, weil entsprechende Belege aus dem Gros der im Sinne einer artgenerischen Lesart interpretierbaren Belege herausfallen und die weiteren Belege somit untereinander andere Verhältnismäßigkeiten konstituieren Grammatikalisierungsgrad und Modifikation Nachdem in den Ausführungen in Kapitel bereits auf die Modifikation in Zusammenhang mit dem Artikelgebrauch und den nicht grammatikalisierten Belegen eingegangen wurde, soll an dieser Stelle noch einmal ein gesonderter Blick auf den Aspekt der Modifikation unter Berücksichtigung des Grammatikalisierungsgrads geworfen werden. Die folgende Tabelle stellt die Werte separiert nach Sprache und Text einander gegenüber: modifiziert a1 nicht modifiziert a2 nicht modifiziert modifiziert modifiziert nicht modifiziert Französisch CdB 0,000 0,000 0,000 59,825 0,000 0,704 INV 0,000 1,769 0,000 93,739 0,000 0,000 VdSG 0,000 0,960 0,000 6,721 0,000 7,201 Spanisch Prim. Part. 0,318 4,891 0,000 1,334 0,000 0,000 CeD 0,133 10,500 0,000 6,513 0,000 0,000 ESM 0,000 17,455 0,000 0,472 0,000 0,000 Katalanisch CdT 0,000 0,176 0,000 18,924 0,000 0,000 DP 0,000 19,874 0,000 30,142 0,000 0,662 HOMIL 0,000 24,717 0,000 30,896 0,000 0,000 Kat. Vergl. CD 0,000 0,000 0,000 9,297 0,000 5,071 TG 1,433 13,973 0,000 24,543 0,000 0,000 Tab. 60: Grammatikalisierungsgrad in Relation zur Modifikation (separiert nach Sprache und Text) b Die Tabelle zeigt deutlich, dass sich die in Kapitel 2.1 gemachten Ausführungen hinsichtlich der sukzessiven Abnahme von modifizierenden Elementen mit zunehmender Grammatikalisierung im Untersuchungskorpus dieser Arbeit bestätigt finden. Im Französischen sind bereits 232

241 für den artgenerischen Gebrauch keine Belege mehr vorhanden, die irgendeine Art von Modifikation aufweisen, ebenso wenig im katalanischen Hauptkorpus. Im Spanischen finden sich in der Prim. Part. (0,318) und in CeD (0,133) verschwindend geringe Werte für den Gebrauch von HOMO mit artgenerischer Lesart und modifizierendem Element, in der katalanischen TG (katalanisches Vergleichskorpus) ist dieser Wert etwas höher (1,433). Schaut man sich die Werte in Relation zu den nicht modifizierten Belegen mit artgenerischer Lesart an, dann wird deutlich, dass es sich um Ausnahmen handelt: Der nicht modifizierte Gebrauch liegt in der TG knapp 10-mal, in der Prim. Part etwa 15-mal und im Text CeD gar knapp 79-mal so hoch wie der modifizierte Gebrauch. Die Belege mit indefiniter Lesart weisen allesamt keine modifizierenden Elemente auf Grammatikalisierungsgrad und Schreibung Arbeit mit unterschiedlichen Korpora und damit letzten Endes auch unterschiedlichen Editionen bedeut Arbeit an bereits editorisch interpretierten Texten. Dennoch sollen in diesem Kapitel die unterschiedlichen Graphien für die Entwicklungen aus HOMO näher betrachtet werden. Dabei wird auf die absoluten Werte zurückgegriffen, da der Sprachvergleich hier keine Rolle spielt. Die zentrale Frage in diesem Kapitel ist, ob sich die Entwicklungen in der Graphie widerspiegeln, also, genauer gesagt, ob sich eine Trennung zwischen lexikalischen und (teil)grammatikalisierten Belegen in der Schreibung zeigt. Die in diesem Kapitel folgenden Tabellen geben zum einen, für jede Sprache separiert nach Text, die Graphie des Belegs und seinen Grammatikalisierungsgrad wieder und zum anderen die textübergreifende Schreibung in Relation zum Grammatikalisierungsgrad 268. Begonnen wird hier mit dem Katalanischen. 268 Da es die Belege im Singular sind, die das Potenzial für eine Grammatikalisierung mitbringen (vgl. Kapitel 5.2), konzentrieren sich die Ausführungen auf ebendiese Belege. 233

242 Katalanisch Unterklasse/ singularisch pluralisch Teilgruppe a1 a2 b CdT <hom> <home> <hòmens> <om> <ome> <òmens> DP <hom> <homa> <home> <hòmens> <hòments> <homo> <om> <ome> HOMIL <hom> <om> <òmens> Tab. 61: Schreibung der katalanischen Belege (Hauptkorpus), separiert nach Text, in Relation zum Grammatikalisierungsgrad Die größte Varianz an Graphien weist die DP (8) 269 auf, gefolgt von den CdT (6) und von den HOMIL (3). Die zu beobachtende Begrenzung in den HOMIL spiegelt sich auch in der Verteilung der Schreibungen für die nicht grammatikalisierten und die (teil)grammatikalisierten Belege wider. Nur <om> wird in den (teil)grammatikalisierten (a1 und a2) Kontexten genutzt, jedoch nicht ausschließlich. Es finden sich auch Belege der Kategorie singularisch mit dieser Schreibung. Gleiches zeigt sich auch in den beiden anderen Sprachen. In den CdT finden wir die Schreibungen <hom>, <home> und <ome> für die (teil)grammatikalisierten Belege, alle drei sind jedoch auch mit nicht grammatikalisierter Lesart im Korpus vertreten. Von den drei angeführten Schreibweisen ist nur <hom> für die Grammatikalisierungsstufe a2 belegt, für das dennoch unwesentlich mehr Belege in nicht grammatikalisierten Lesarten verzeichnet sind (358 Belege singularisch und 5 Belege Unterklasse/Teilgruppe zu 1 Belegstelle a1 und 323 Belegstellen a2). In der DP finden sich vier Graphien für die (teil)grammatikalisierten Lesarten: erneut, wie in den CdT, <hom> und <home>, aber ebenso die Varianten ohne vorangestelltes <h>, <om> (wie in den HOMIL) und <ome>. Von diesen Schreibungen finden sich nur 2 für Belege mit der Lesart a2, nämlich <hom> und <om>, wobei nur <hom> auch Belegstellen für den indefiniten referenziellen Gebrauch aufweist (wenngleich nur 2) und <om> im Vergleich zu den 90 Belegstellen für den indefiniten nicht referenziellen Gebrauch von <hom> mit 1 Belegstelle eher eine Randerscheinung ist. 269 Die Schreibung <homa> erklärt sich durch Neutralisierungsprozesse im Katalanischen. Das auslautende a ist als Schwa zu verstehen. 234

243 Betrachtet man die Schreibung textübergreifend, dann wird das eben gezeichnete Bild noch deutlicher, wie die folgende Tabelle zeigt: Katalanisch singularisch pluralisch Unterklasse/ Teilgruppe a1 a2 b <hom> <home> <om> <ome> <homa> <homo> <hòmens> <hòments> <òmens> Tab. 62: Schreibung der katalanischen Belege (Hauptkorpus, textübergreifend) in Relation zum Grammatikalisierungsgrad Von den sechs Schreibweisen im katalanischen Hauptkorpus, die grammatisch dem Singular entsprechen, sind vier mit einer artgenerischen Lesart in Gebrauch: <hom>, <home>, <om>, <ome>. Von diesen wiederum finden sich zwei (<hom> und <om>) mit indefiniter nicht referenzieller Lesart im katalanischen Korpus wieder und <hom> schließlich als einzige Graphieversion mit indefiniter referenzieller Lesart. Die beiden Schreibungen mit vorangestelltem <h> (<hom>: 35; <home>: 24) sind im artgenerischen Gebrauch stärker vertreten als jene ohne (<om>: 13; <ome>: 3). In beiden Gruppen sind es jeweils die Schreibungen ohne auslautendes -e, die mehr Belege aufweisen. Die beiden letztgenannten Tendenzen manifestieren sich deutlich im indefiniten nicht referenziellen Gebrauch, wo die Schreibung mit vorangestelltem <h> und ohne auslautendes -e mit 413 Belegen deutlich jene ohne vorangestelltes <h> aber mit auslautendem -e (16) überwiegt und schließlich in der letzten Grammatikalisierungsstufe die einzige Schreibung darstellt. Festgehalten werden muss jedoch, dass diese Graphie eben nicht nur für die (teil)grammatikalisierten Lesarten in Gebrauch ist. Bevor die beiden anderen Sprachen näher betrachtet werden, soll hier das katalanische Vergleichskorpus zur Überprüfung der Beobachtungen herangezogen werden: 235

244 Katalanisch Vergleichskorpus singularisch pluralisch Unterklasse/ Teilgruppe a1 a2 b CD <hom> <home> <hòmens> <om> <òmens> TG <hom> <home> <hòmens> <om> <ome> Tab. 63: Schreibung der katalanischen Belege (Vergleichskorpus), separiert nach Text, in Relation zum Grammatikalisierungsgrad Die CD weisen ebenso wie die TG jeweils fünf Schreibweisen auf, die in vier Fällen übereinstimmen. Zu <hom>, <home>, <hòmens>, <om> ist in der CD noch <òmens> und in der TG <ome> verzeichnet, also im Fall der TG eine potenzielle Schreibweise mehr für den (teil)grammatikalisierten Gebrauch. Entsprechend der großen Schnittmenge in Bezug auf die vorhandenen Schreibungen zeigen sich auch deutliche Parallelen in ihrer Verteilung. Der stärkste Vertreter für die indefinite nicht referenzielle Lesart ist in beiden Fällen, wie zu erwarten, <hom>, was im Fall der CD auch der Graphie für den indefiniten referenziellen Gebrauch entspricht (für die TG ist kein Beleg mit dieser Lesart verzeichnet). Es finden sich für die Lesart im Sinne der zweiten Grammatikalisierungsstufe marginal weitere Belege mit der Graphie <om> (sowohl in der CD als auch in der TG), die jedoch nicht stärker ins Gewicht fallen. In der CD sind keine artgenerischen Belege vorhanden, so dass eine Betrachtung der Schreibweise hier entfällt. In der TG entfallen die meisten Belege mit artgenerischem Gebrauch auf die Schreibung zwar mit vorangestelltem <h>, aber auch das auslautende -e ist bei diesen vorhanden. Die Graphie <hom>, die in der indefiniten nicht referenziellen Lesart dominiert, macht hier nur den kleinsten Teil der Belege (3) aus. Ein möglicher Grund könnte eine Separierung zwischen den beiden Gebrauchsarten sein. Unterklasse/ Kat. Vergl. singularisch pluralisch Teilgruppe a1 a2 b <hom> <home> <om> <ome> <hòmens> <òmens> Tab. 64: Schreibung der katalanischen Belege (Vergleichskorpus, textübergreifend) in Relation zum Grammatikalisierungsgrad 236

245 Es zeigen sich also in Hinblick auf die zweite und dritte Grammatikalisierungsstufe (a2 und b) dieselben Entwicklungen wie im Hauptkorpus, also der Gebrauch der Schreibung mit vorangestelltem <h> und ohne auslautendes -e, jedoch ist diese Schreibung die am schwächsten vertretene für den Gebrauch mit artgenerischer Lesart. Hier dominiert mit <home> eine Schreibung, die nicht so stark graphematisch reduziert ist wie <hom>. 270 Auch im Vergleichskorpus, das verdeutlichen die Werte, ist die Schreibung <hom> nicht dem indefiniten Gebrauch vorbehalten, sondern findet sich auch bei nicht grammatikalisierten Belegen. Als nächstes soll der Blick auf das Französische gerichtet werden. Entsprechend wird hier als Erstes die Verteilung der Schreibweisen auf die einzelnen Grammatikalisierungsstufen, zunächst separiert nach Text, abgebildet: Französisch Unterklasse/ singularisch pluralisch Teilgruppe a1 a2 b CdB <en> <homme> <hommes> <hons> <on> INV <en> <hom> <home> <homes> <ome> <on> VdSG <en> <hom> <home> <homes> <homme> <hommes> <hons> <ome> <on> Tab. 65: Schreibung der französischen Belege separiert nach Text in Relation zum Grammatikalisierungsgrad Anders als im Katalanischen lässt sich im Französischen eine klare Zweiteilung der Graphien in jene für den (teil)grammatikalisierten und jene für den nicht grammatikalisierten Gebrauch erkennen. In allen drei untersuchten Texten sind die Graphien für den indefiniten Gebrauch (sowohl referenziell als auch nicht referenziell) <en> bzw. <on>. Für beide lassen sich keinerlei Belege mit nicht grammatikalisierter oder artgenerischer Lesart im Korpus finden. Belege für den artgenerischen Gebrauch lassen sich nur in der INV und in der VdSG finden, und auch 270 Also jene Graphie (<home>), die auch heute für den lexikalischen Gebrauch in Verwendung ist. Im Hauptkorpus ist die Tendenz für diese Graphie noch nicht vorhanden (s. Tabelle 62). 237

246 hier nur marginal. In einem der drei Fälle, einem der beiden in der VdSG, handelt es sich um die Schreibweise <hom>, die in diesem Text nur einmal belegt ist (ansonsten noch einmal in den CdB, hier jedoch mit singularischer Lesart). Die beiden anderen Fälle (<home> in der INV und <ome> in der VdSG) sind Graphien, die auch in nicht grammatikalisierter Lesart belegt sind, und zwar in beiden Fällen mit singularischer Lesart. Es scheint sich graphisch bei den Belegen für den artgenerischen Gebrauch um eine Art Scharnier zwischen dem lexikalischen und dem schon relativ weit grammatikalisierten indefiniten nicht referenziellen Gebrauch (a2) zu handeln, also um eine Graphie, die einen Gebrauch verschriftlicht, der zwar schon eine gewisse semantische und phonologische Reduktion erlitten hat, wobei diese aber noch längst nicht abgeschlossen sind, und der formal noch eher der lexikalischen Funktion zuzurechnen ist. 271 Die folgende Tabelle stellt die Entwicklungen noch einmal übersichtlich und unabhängig vom Einzeltext dar: Französisch singularisch pluralisch Unterklasse/ Teilgruppe a1 a2 b <en> <on> <hom> <ome> <hons> <home> <homme> <homes> <hommes> Tab. 66: Schreibung der französischen Belege (textübergreifend) in Relation zum Grammatikalisierungsgrad Zu guter Letzt soll an dieser Stelle die Schreibung im spanischen Korpus betrachtet werden. Die folgende Tabelle führt, wie zuvor bereits für die beiden katalanischen Korpora und für das französische Korpus, die Schreibung in Relation zum Grammatikalisierungsgrad, separiert nach Text, auf: 271 Vgl. hierzu beispielsweise auch die bisher gewonnenen Einsichten in Kapitel zu einer noch immer möglichen Modifizierung beim artgenerischen Gebrauch, wenngleich im französischen Korpus keine modifizierten artgenerischen Belege vorhanden sind, was sicherlich auch der spärlichen Belegzahl mit dieser Lesart geschuldet ist. 238

247 Spanisch Unterklasse/ singularisch pluralisch Teilgruppe a1 a2 b Prim. Part. <omne> <ombres> <omnes> CeD <omne> <ome> <omes> <hombre> <omnes> <onbre> ESM <omne> <ombre> <ombres> Tab. 67: Schreibung der spanischen Belege, separiert nach Text, in Relation zum Grammatikalisierungsgrad In der Prim. Part. hat die Auswertung drei, in CeD sechs und im ESM drei Schreibweisen zutage gebracht. In allen drei Texten finden sich Belege für den artgenerischen und für den indefiniten nicht referenziellen Gebrauch (wobei diese numerisch, zumindest mit Blick auf das ESM, stark schwanken), so dass es sich lohnt, hier zu schauen, welche Graphien verwendet werden. In allen drei Texten findet sich die Schreibung <omne> für den artgenerischen Gebrauch, jedoch ist sie nur in der Prim. Part. die entsprechende alleinige Schreibweise, während in CeD und im ESM jeweils mindestens eine weitere hinzukommt. Im Fall von CeD sind das <ome> und <onbre>, die jedoch beide deutlich weniger Belege als <omne> mit artgenerischer Lesart aufweisen. Die Graphie <onbre> mit nur einem Beleg kann dabei als Randerscheinung betrachtet werden. Im Fall des ESM kehrt sich dieses Bild um. Hier ist <omne> mit artgenerischer Lesart mit nur einem Beleg die Randerscheinung, während für <ombre> mit dieser Lesart deutlich mehr Belege (36) verzeichnet sind und sogar ein Beleg der folgenden Grammatikalisierungsstufe, des indefiniten nicht referenziellen Gebrauchs (der auch gleichzeitig der höchste Grammatikalisierungsgrad ist, für den sich im spanischen Korpus Belege finden lassen). In der Prim. Part. sind die Belege für die indefinite nicht referenzielle Lesart mit derselben Schreibung (<omne>) wie jene der artgenerischen Belege verzeichnet, in CeD sind die beiden quantitativ relevanten Schreibungen für den artgenerischen Gebrauch, <omne> und <ome>, auch die der indefiniten nicht referenziellen Belege. Lediglich im Fall der Randerscheinung <omne> im ESM finden sich keine lexikalischen Belege mit derselben Schreibung. In allen anderen Fällen finden sich für die einzelnen Schreibungen jeweils mehr Belege mit nicht grammatikalisierter als mit (teil)grammatikalisierter Lesart. 239

248 Spanisch singularisch pluralisch Unterklasse/ Teilgruppe a1 a2 b <omne> <ome> <ombre> <onbre> <hombre> <omnes> <ombres> <omes> Tab. 68: Schreibung der spanischen Belege (textübergreifend) in Relation zum Grammatikalisierungsgrad Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Trennung des weiterhin vorhandenen artgenerischen Gebrauchs und des indefiniten Gebrauchs im Französischen graphisch eindeutig ist, während im Katalanischen und im Spanischen in der Schreibung sowohl hier Schnittmengen bestehen als auch zwischen dem (teil)gramatikalisierten Gebrauch und dem lexikalischen. Im Französischen hingegen verläuft, um im Bilde des Grammatikalisierungspfads zu bleiben, rechts des artgenerischen Gebrauchs ein Bruch hinsichtlich der Schreibung. Die zwei Graphien (<on> und <en>), die sich für die beiden indefiniten Lesarten finden, zeigen sich bei keiner anderen Lesart im französischen Korpus. In dieser Hinsicht grenzt sich das Französische klar vom Katalanischen und vom Spanischen ab. Hinsichtlich der Unterschiede zwischen dem Spanischen und dem Katalanischen ist zu konstatieren, dass das Spanische in den beiden ersten Grammatikalisierungsstufen eine breitere Streuung der Graphien aufweist. Ferner ist die phonologische Reduktion im Katalanischen deutlich weiter vorangeschritten als im Spanischen 272, wenngleich noch nicht so weit wie im Französischen 273. Abgesehen davon zeigt sich eine große Gemeinsamkeit zwischen dem Spanischen und dem Katalanischen. Sowohl im Katalanischen als auch im Spanischen ist die Graphie, die sich (im Fall des Spanischen vermeintlich) durchsetzt, in keiner der beiden Sprachen in allen Texten für die Grammatikalisierungsstufe a2 verzeichnet. In den katalanischen HOMIL findet sich kein Beleg mit der Schreibung <hom> mit indefiniter nicht referenzieller Lesart und im spanischen ESM keiner mit der Schreibung <omne> in ebendieser Zur lautlichen Entwicklung im Spanischen siehe Fußnote 202. Diese läuft entgegengesetzt zur phonologischen Reduktion im Französischen und Katalanischen (vgl. hierzu Brown 1931, 276). 273 Auch heute ist die phonologische Reduktion im Französischen weiter vorangeschritten als im Katalanischen. 274 Es wird aber noch einmal darauf hingewiesen, dass editorische Eingriffe, wie zu Beginn des Kapitels erläutert, nicht ausgeschlossen werden können. 240

249 5.3.7 Im Rahmen der Grammatikalisierung verwendete Verben Als Letztes, bevor im Ausblick noch weitere Beobachtungen (u. a. der Grammatikalisierungspfad von tot + hom) diskutiert werden, sollen die Betrachtungen der Grammatikalisierung von HOMO zum UMP hier mit einigen Beobachtungen zu den im Rahmen der Grammatikalisierung häufig vorkommenden Verben abgeschlossen werden. Dabei sollen und können hier natürlich nicht alle Verben diskutiert werden, die im Korpus bei hom, omne oder on stehen. Als interessant wird hier die Frage erachtet, ob es Verben gibt, die besonders häufig im Zusammenhang mit den (teil)grammatikalisierten Lesarten stehen. Um eine Aussage diesbezüglich treffen zu können, wurden alle Verben mit einer Häufigkeitsangabe versehen tabellarisch erfasst. Die entsprechenden Tabellen finden sich in Gänze im Anhang (B.3) 275. Hier sollen die häufigsten Verben betrachtet und mit der entsprechenden Grammatikalisierungsstufe in Verbindung gebracht werden. Die folgenden Tabellen geben für alle Texte diejenigen Verben wieder, die mindestens viermal im jeweiligen Korpus vertreten sind: 275 Hier wird angemerkt, dass die Zahl der Belege in den einzelnen Sprachen und die Gesamtzahl der Verben nicht übereinstimmen müssen, da bei einigen Belegen mehr als ein Verb vorhanden war. Die Fälle, in denen kein Verb vorhanden war, sind in den Tabellen mit / erfasst. 241

250 Spanisch Prim. Part. CeD ESM Verb Anzahl Verb Anzahl Verb Anzahl hacer und hacer + INF 141 ser 62 ser 20 ser 97 haber 44 decir 9 dar und dar a + hacer und hacer + INF 59 INF 28 venir 9 haber 47 / 15 dar 7 caer 22 ver 14 / 7 tener 22 dar 12 haber 5 meter 16 saber 10 ensuciar 4 recibir 16 decir 9 enviar 4 poner 15 convenir 7 semejar 4 decir 14 tener 7 ver 4 saber und saber + INF 13 estar 6 tomar 12 caer 6 ganar 11 poner 6 matar 11 acaecer 5 descomulgar ('excomulgar') 9 amar 5 herir 9 demandar 5 sacar 9 levantarse 5 apartar 7 asegurarse 4 entender 7 dejar und dejar de + INF 4 guardar 7 llegar 4 vender 7 tomar 4 venir 7 trabajarse 4 embargar 6 venir 4 nacer 6 soterrar 6 toller ('quitar') 6 estar 5 juzgar 5 moverse und moverse a + INF 5 pasar 5 vivir 5 amparar 4 ayunar 4 dejar und dejar de + INF 4 elegir 4 enviar 4 excusar 4 llamar 4 mandar und mandar + INF 4 mover 4 pecar 4 rogar 4 tornar 4 usar 4 Tab. 69: Die häufigsten Verben im spanischen Korpus 242

251 Katalanisch CdT DP HOMIL CD TG Verb Anzahl Verb Anzahl Verb Anzahl Verb Anzahl Verb Anzahl tenir 73 fer, auch fer + INF 52 ser 6 ser 72 ser 56 fer, auch fer + INF 66 ser 50 fer 5 fer und fer + INF 23 haver 52 ser 49 haver 35 apellar 4 / 20 / 15 haver und haver a + INF 41 donar 20 haver 4 saber und saber + INF 17 fer 14 donar 39 aucir/ auciure ('occir') 17 haver 14 encercar 11 clamar-se 33 turmentar 7 trametre 12 tenir 11 forçar 30 prendre 4 dir 11 crear 10 prendre 26 entrar 11 atènyer 9 apelar-se 20 venir 10 estar 7 demanar 17 anar 9 entendre 6 destrènyer 16 apellar 7 saber und saber + INF 6 metre 14 exir 7 amar 5 / 12 haver-hi 7 aplicar 5 vendre 11 prendre 6 elegir 5 posar 9 tenir 6 conèixer 4 trobar 9 llevar 5 anar 8 parlar 5 dir 8 ajustar 4 guanyar 8 donar 4 pagar 8 pregar 4 acusar 7 romandre 4 cobrar 7 trobar 4 deure 7 enantar 7 establir 7 lliurar 7 penyorar 7 saber 7 vedar 7 entendre 6 parlar 6 servir 6 usar 6 venir 6 voler 6 comptar 5 contrastar 5 emparar 5 entrar 5 moure 5 perdre 5 assignar 4 convenir 4 defendre fermar 4 gitar 4 guardar 4 llaurar 4 manar 4 obligar 4 provar 4 tocar 4 toldre 4 veure 4 Tab. 70: Die häufigsten Verben im katalanischen Korpus 243

252 Französisch CdB INV VdSG Verb Anzahl Verb Anzahl Verb Anzahl faire und faire + INF (auch se faire partie) 22 demander 14 amener 6 être 15 dire 12 avoir 5 faire und faire + appeler 7 faire 8 INF 5 avoir 7 regarder 8 venir 5 juger 7 être 7 être 4 mettre 7 trouver 5 savoir 4 demander 4 aller 4 mouvoir 4 conter ('raconter', 'dire') 4 prendre 4 cuidier 4 savoir 4 prendre 4 tenir und tenir à + INF 4 voir 4 Tab. 71: Die häufigsten Verben im französischen Korpus Die Tatsache, die zunächst ins Auge sticht, ist die deutlich voneinander abweichende Länge der Listen, nicht nur im Vergleich zwischen den Sprachen, sondern auch innerhalb der Korpora. Dies hängt natürlich in erster Linie mit den unterschiedlichen Textlängen zusammen. Dennoch können die Spitzenwerte aufschlussreich sein. Denn vergleicht man die Prim. Part. ( Wörter, 858 Belege) mit den CdT ( Wörter, 759 Belege 276 ), so ist der fast doppelt so hohe Wert für das häufigste Verb im Spanischen (hacer und hacer + INV, 141) gegenüber dem Katalanischen (tenir, 73) wohl kaum mit den Parametern Länge und Belegzahl zu erklären. Die Frage, die sich hier ergibt, ist, ob es sich unabhängig von semantischen Notwendigkeiten aufgrund der Handlung bei hacer vielleicht um ein Verb handelt, das besonders häufig im Kontext (teil)grammatikalisierter Verwendungen von omne findet. Ebenso ist diese Frage zu stellen für die anderen Verben, die sich in ihren jeweiligen Texten oft in den Belegstellen finden. Ferner stellt sich die Frage, ob es text-und sprachübergreifend dieselben Verben sind, die sich in den Rankings weit oben befinden. Natürlich ist hier auch ein textsorteninhärenter Vergleich naheliegend, da ein Rechtstext selbstredend auf andere semantische Felder zugreift als ein religiöser Text. So findet sich in den CdT beispielsweise auffallend 276 In der Auflistung der Verben sind auch die fünf Belege der Kategorie "ohne" erfasst (korpusübergreifend: einer in den CdT, zwei in der DP und zwei in der VdSG). 244

253 häufig die Wendung tenir cort, was sich, für diesen Text, in der Einordnung des Verbs tenir an erster Stelle niederschlägt. Zunächst richtet sich die Aufmerksamkeit auf einige zentrale Verben, die, so weit wie möglich (vgl. die Anmerkung zu tenir im letzten Abschnitt), textsortenunabhängig sind, und zwar jene mit den Bedeutungen 'haben', 'sein', 'machen', 'sagen', 'sehen'. Betrachtet man das Verb 'haben', so findet sich dieses im Französischen in den CdB und der VdSG in der Kurzliste oben wieder, da es im ersten Fall in 7 bzw. im zweiten in 5 Belegstellen vorkommt und somit den für das Erscheinen in den abgebildeten Tabellen geringen vorausgesetzten Wert (eine Okkurrenz in 4 Belegstellen) erfüllt. In der INV ist dies nicht der Fall. Hier ist das Verb avoir nicht einmal verzeichnet. Im Katalanischen erfüllen nur die CdT (diese jedoch aufgrund der angesprochenen Wendung tenir cort deutlich) die Voraussetzung von mindestens 4 Belegstellen für das Verb tenir (in der DP und den HOMIL weisen die Langtabellen im Anhang (vgl. B.3) jeweils nur eine Belegstelle aus). Jedoch finden wir stattdessen 35 (DP) bzw. 4 (HOMIL) Belegstellen mit haver, das im Altkatalanischen u. a. mit der Bedeutung 'tenir' benutzt wurde 277. In der CD und der TG ist es hingegen verhältnismäßig häufig mit einem Gebrauch in 6 bzw. 11 Belegstellen. Im Spanischen hat tener es in das Kurzranking der Prim. Part. (22) und von CeD (7) geschafft, im ESM hat es die Hürde von 4 Belegen nicht überwunden (lediglich 1 Belegstelle), jedoch finden wir hier 4 Belegstellen für haber, das ebenso wie sein katalanisches Pendant im Sinne von 'tener' gebraucht wurde. Die anderen Verben werden in der folgenden Aufstellung einander gegenübergestellt: CdB INV VdSG CdT DP HOMIL CD TG Prim. Part. CeD ESM 'sein' 'machen' x 'sagen' x x x x x 'sehen' x x x x x x x Tab. 72: Das Vorkommen von 'sein', 'machen', 'sagen' und 'sehen' unter den häufigsten Verben im Korpus Ebenso wie bei der Betrachtung von 'haben' ist der Richtwert auch in der abgebildeten Tabelle ein Vorkommen des entsprechenden Verbs in mindestens 4 Belegstellen. Findet sich das Verb 'sein' noch in allen Texten des Korpus, so ist ein kontextuell breit verwendbares Verb wie 'machen' in 11 von 12 Texten jeweils in mindestens 4 Belegstellen vorhanden, nicht aber im ESM. Das Verb 'sagen' ist zumindest noch in 6 der 11 Texte in mindestens 4 Belegen in Ver- 277 Vgl. DCVB, s.v. haver 245

254 wendung, das Verb 'sehen' aber gar nur noch in 4 Texten. Gerade für das Verb 'sagen' ist dies zunächst einmal überraschend, kommt ihm doch im Rahmen der HOMO- Grammatikalisierung eine durchaus zentrale Rolle zu, wie Welton-Lair (1999) für die Grammatikalisierung im Französischen feststellt (vgl. Kapitel 4.1 der vorliegenden Arbeit). Trotz dieser zentralen Rolle ist es im französischen und im katalanischen Haupt- und Vergleichskorpus jeweils in nur einem Text unter denjenigen Verben, die in mindestens 4 Belegstellen vorkommen. In INV steht es mit 12 Belegstellen an 2. Stelle der häufigsten Verben, in den CdT mit 8. Belegstellen an 16. Stelle und in der CD mit 11 Belegstellen an 7. Stelle. Interessant ist, dass decir hingegen im Spanischen in allen Texten unter den häufigsten Verben vorhanden ist. In der Prim. Part. steht es in 14 Belegstellen und ist somit das achthäufigste Verb. Dieselbe Position hat es mit 9 Belegstellen in CeD inne. Im ESM ist es in 9 Belegstellen zu finden und steht hinter ser an zweiter Stelle im Ranking der häufigsten Verben. Hier stellt sich die Frage, inwiefern der breite Gebrauch dieses für die HOMO-Grammatikalisierung zentralen Verbs im Spanischen ein Indiz dafür darstellt, dass sich omne im Spanischen im 13. Jahrhundert gerade in einer Phase befindet, in der der indefinite Gebrauch noch nicht in dem Maße konventionalisiert ist wie im Katalanischen oder Französischen. Eine tendenzielle Aussage in diese Richtung wurde u. a. bereits in Kapitel mit Blick auf die Verteilung der Belege nach ihrem Grammatikalisierungsgrad gegeben. Die Verbreitung von decir kann diesbezüglich jedoch nicht als Indiz gewertet werden, denn schaut man sich an, welchen Grammatikalisierungsgrad die jeweiligen Belege haben, mit denen decir steht, so zeigt sich kein erhöhter Gebrauch der Konstruktion bei den (teil)grammatikalisierten Belegen. In der Prim. Part. finden sich 2 Belege mit artgenerischer Lesart (gegenüber 12 nicht grammatikalisierten), in CeD und im ESM jeweils 1 Beleg mit artgenerischer Lesart (gegenüber 8 nicht grammatikalisierten), die mit dem Verb decir stehen. Zum Vergleich: In den französischen INV haben alle 12 Belege mit dire eine indefinite nicht referenzielle Lesart, wobei dieser Wert in Bezug auf die laufende Grammatikalisierung keine Aussagekraft hat, da en bzw. on (siehe Kapitel zur Schreibung) bereits in Gänze grammatikalisiert und mit indefinitem Gebrauch konventionalisiert sind. Im Katalanischen, wo ebenso ein bereits konventionalisierter indefiniter Gebrauch zu beobachten ist (vgl. Kapitel 5.3.1), zeigt sich kein erhöhter Gebrauch von dir in Belegen mit (teil)grammatikalisierter Lesart. Der einzige (teil)grammatikalisierte Beleg in den CdT (gegenüber 7 nicht grammatikalisierten Belegen) hat eine indefinite nicht referenzielle Lesart, ebenso die beiden (teil)grammatikalisierten Belege in der CD (gegenüber 9 nicht grammatikalisierten Belegen). Für das Altspanische kann die von Welton-Lair (1999) für das Altfranzösische aufgezeigte Rolle des Verbs 'sagen' im Korpus dieser Arbeit also nicht nach- 246

255 gewiesen werden. Auch Brown (1931, 272) stellte bereits fest, dass dezir im Altspanischen selten beim indefiniten omne stünde, dezir und llamar hingegen in der indefinit fungierenden dritten Person Plural ( always a vigorous competitor of omne ) vorkämen. Unter der Annahme, dass der indefinite nicht referenzielle Gebrauch im Spanischen noch nicht in dem Maße wie im Französischen oder im Katalanischen konventionalisiert ist, ist es von Interesse zu sehen, welche Verben es denn sind, die in die Grammatikalisierung eingehen und ob sich Parallelen zwischen den drei Texten zeigen. Die folgenden Auflistungen geben die Verben wieder, die in den artgenerischen und den indefiniten nicht referenziellen Gebrauch eingehen 278 : Primera Partida Artgenerisch (a1); n = 82 hacer (16x), ser (8x), apartar (7x), dar (3x), ensuciar (3x), recibir (3x), tener (3x), caer (2x), decir (2x), dolerse (2x), estar (2x), haber (2x), llegar (2x), alegrar, aliñar, arrepentirse, asmar ('estimar'), ayudar, bautizar, comprar, conocer, crecer, desayunarse, embargar, enlaydecir, errar, ganar, guardar, hacerse, herir, lavar, morir, obedecer, pecar, perdonar, toller ('quitar'), sacar, salir, salvarse, tomar, valer, vender (42 Verben) Indefinit nicht referenziell (a2); n = 21 hacer (8x), dar (3x), caer (2x), haber (2x), adelantar, dejar, echar, ganar, llorar, tener (10 Verben) Calila e Dimna Artgenerisch (a1); n = 80 ser (16x), hacer (10x), haber (4x), beber (3x), ayudar (2x), dar (2x), echar (2x), venir (2x), ver (2x), acaecer, acusar, alongar ('alargar'), andar, apoderarse, asegurarse, atender, ayu- 278 Da, wo das Verb mehr als einmal vorkommt, steht die Häufigkeit in Klammern hinter dem Verb. Die Zahl am Ende der Auflistung gibt wieder, wie viele unterschiedliche Verben bei omne mit artgenerischer bzw. indefiniter nicht referenzieller Lesart im jeweiligen Text verzeichnet sind. Diese muss nicht mit der Belegzahl übereinstimmen, da, wie bereits angesprochen, teilweise mehr als ein Verb pro Beleg oder auch keins verzeichnet ist. Dennoch, um einen Indikator für die jeweilige Relation zu haben, wird die absolute Belegzahl des jeweiligen Gebrauchs (artgenerisch bzw. indefinit nicht referenziell) vor den Listen (n = x) angeführt. 247

256 darse, baratar, buscar, cesar, convenir, decir, dejar, echarse, encomendarse, engañar, envolver, estar, estorcer, fiarse, galardonar, hallarse, holgar, juzgar, llegar, morar, parecer, partirse, pedir, probar, saber, sospechar, tornar, trabajar, trabajarse, traer (46 Verben) Indefinit nicht referenziell (a2); n = 49 haber (15x), ver (3x), guardarse (2x), parar (2x), saber (2x), ser (2x), tener (2x), andar, apoderarse, dar, desdeñar, esconder, fiar, fiarse, hacer, levar, llegar, llegarse, meterse, poder, probar, recibir, sofrir, temer, temerse, tenerse, tomar, volver (28 Verben) Evangelio de San Mateo Artgenerisch (a1); n = 37 ser (6x), venir (5x), ensuciar (4x), dar (3x), haber (3x), comer, decir, enviar, hablar, hallar, ir, meter, morir, resucitar, tener, trair ('traicionar'), ver, vivir (18 Verben) Indefinit nicht referenziell (a2); n = 1 pasar (1 Verb) Betrachtet man die Listen, so stellt man fest, dass es sich bei den meisten der Verben um alltägliche Handlungen (ayudar, comer, beber, herir, ver, temer, venir etc.), um kontextuell ungebundene Verben wie hacer, haber und ser oder aber um mit der Handlung der Textsorte verbundene Verben handelt (z.b. ensuciar im religiösen Text, wobei diese Verben natürlich nicht auf die eine Textsorte beschränkt sind; so findet sich beispielsweise ensuciar auch in der Prim. Part.). Mit Blick auf die einzelnen Texte als abgeschlossene Textzeugen fällt zunächst auf, dass sich die Verben, die in dem Ranking zu Beginn des Kapitels ganz oder weit oben stehen, auch hier mit einer großen Frequenz wiederfinden. In der Prim. Part. stehen die Verben hacer und ser an den ersten beiden Stellen, sowohl im Ranking als auch in der Auflistung der Verben, die bei omne mit artgenerischer Lesart stehen. Unter den Verben in der Prim. Part., die bei omne mit indefiniter nicht referenzieller Lesart stehen, findet sich jedoch nur hacer (das aber am häufigsten). In CeD sind die drei ersten Verben des Rankings ser, haber und hacer. Alle drei finden sich für den artgenerischen Gebrauch wieder (wobei hacer hier deutlich häufiger zu finden ist als haber). Alle drei sind auch für den indefiniten nicht referenziellen Gebrauch 248

257 verzeichnet, jedoch nur haber mit einer hohen Frequenz (15), ser ist nur zweimal enthalten und hacer gar nur einmal. Im ESM ist das häufigste Verb des oben abgebildeten Rankings (ser) auch das häufigste Verb bei omne mit artgenerischer Lesart. Ferner ist das drittplazierte Verb venir hier verhältnismäßig (5) häufig, während das zweitplatzierte Verb decir nur einmal im Korpus des ESM bei omne mit artgenerischer Lesart verzeichnet ist. Es ergeben sich also Verschiebungen, aber keine großen Überraschungen. Vergleicht man die beiden Lesarten innerhalb der einzelnen Texte, dann wird deutlich, dass die Verben, die für die indefinite nicht referenzielle Lesart in den einzelnen Texten auffindbar sind, nicht alle auch eine Rolle beim artgenerischen Gebrauch spielen. Für die Prim. Part. heißt das, dass nur 6 der 10 mit omne in indefiniter nicht referenzieller Lesart (a2) verwendeten Verben sich auch bereits in der Liste des artgenerischen Gebrauchs wiederfinden lassen. Neu hinzu kommen in Stufe a2 adelantar, dejar, echar und llorar. In CeD sind 13 der 28 für den indefiniten nicht referenziellen Gebrauch identifizierten Verben auch schon für den artgenerischen Gebrauch verzeichnet. Neu hinzu kommen: guardarse, parar, desdeñar, esconder, fiar, levar, llegarse, meterse, poder, sofrir, temer, temerse, tenerse, tomar und volver. Das Verb pasar, das Verb des einzigen indefiniten nicht referenziellen Belegs im ESM, ist in der Liste zum artgenerischen Gebrauch nicht vorhanden. Auch wenn die Gruppen nicht deckungsgleich sind, so fallen nicht nur große Parallelen innerhalb des jeweiligen Textes ins Auge, sondern eben auch über die Textgrenzen hinweg: Hacer mit seiner überwiegend häufigen Verwendung in der Prim. Part. und in CeD in beiden Lesarten, haber mit seiner Verwendung in beiden Lesarten in allen drei Texten (außer dem indefiniten nicht referenziellen Gebrauch im ESM, was hier aber auf die fast nicht vorhandene Verwendung entsprechend dieser Grammatikalisierungsstufe zurückzuführen ist), ser mit seiner Verwendung bei omne mit artgenerischer Lesart in allen Texten und bei omne mit indefiniter nicht refernzieller Lesart in CeD. Sie alle übernehmen eine zentrale Rolle im Rahmen der Grammatikalisierung. Hinzu kommen weitere Verben wie dar (in beiden Lesarten in allen Texten außer der indefiniten nicht referenziellen im ESM aufgrund mangelnder Belege vorhanden), deren Häufigkeit jedoch nicht mehr ganz so hoch ist. Quantitativ nicht erfasst, aber dennoch mehr als augenscheinlich im Korpus, ist die häufige Verwendung des Modalverbs 'können' in Zusammenhang mit der indefiniten nicht referenziellen Lesart. Beispielhaft seien die folgenden Belege angeführt: 249

258 [208] En les riberes de les ayges, e ls plans e en les muntaynes e e ls torrentz e e ls altres locs del termen de Tortosa pot hom draps lavar, canejar, secar, fem posar, arena o grava o terra, e d' aquén cavar e portar, e fusta posar, caltz e aljeptz fer, francament e quítia, sens vedament de nul hom. (CdT 30) [209] Ya sabes mi acuerdo en la lid quál es et cómmo la aborrezco, mas cuido que por arte podremos aver folgura desta lazería en que somos. Ca mucho aína puede omne aver por arte lo que non puede aver por fuerça, así commo fizieron los tres omnes que engañaron al religioso quando le llevaron el çiervo que traía. (CeD 227) [210] Et ce qui est a venir, peut l' on demander ensi: "Se nos laisserons Cartage saine, n'avenra il aucun domage a la chose publique?" (INV 29) Worin aber genau liegt die Besonderheit der Verbindung zwischen dem indefiniten nicht referenziellen Gebrauch und dem Hilfsverb 'können'? Dieses rückt die Handlung in den Bereich des Möglichen, also in Richtung eines nicht assertiven Gebrauchs. Die Handlung, die über die Konstruktion 'können' + INF beschrieben wird, kann, muss aber nicht vollzogen werden. Somit ist omne ein Platzhalter für das Subjekt einer virtuellen, hypothetischen Handlung. Company Company/Pozas Loyo (2009, 1186) heben ebenso den häufigen Gebrauch des omne pronominal (also des indefiniten omne) in Zusammenhang mit Modalperiphrasen 279 hervor und führen dies darauf zurück, dass omne ein Mittel zur impersonalización darstelle, dessen Funktionalität sich vor allem in Urteilssprüchen, Sprichwörtern und moralischen Normen einstelle. Destaca el empleo de omne pronominal en oraciones con perífrasis modales, lo cual se deriva de nueva cuenta del hecho de que la forma constituye una herramienta de impersonalización cuya funcionalidad se manifiesta sobre todo en la formulación de sentencias, proverbios y normas morales. [ ] (Company Company/Pozas Loyo 2009, 1186). Auch Ricós Vidal (2002) sieht die Häufung des Gebrauchs von Modalverben in Zusammenhang mit dem indefiniten omne, und zwar in gewissen Sprachstufen und Textsorten (vgl. hierzu die in Kapitel 5.1 gemachten Anmerkungen zur Textsorte und Sprachstufe des dieser Arbeit zugrundeliegenden Korpus). Für sie sind es diese Modalkonstruktionen (vgl. die Ausfüh- 279 Die Konstruktion 'müssen' + INF verhält sich sehr ähnlich, da auch diese die Handlung als nicht assertiv markiert. Die über 'müssen' + INF wiedergegebene Handlung ist eine, die vollzogen werden muss, aber noch nicht vollzogen worden ist und für die auch nicht klar zu sagen ist, ob sie vollzogen werden wird. Entsprechend ermöglicht auch sie omne eine Funktion als Platzhalter für das Subjekt, das die beschriebene Handlung ausführen muss. Weiter wird an dieser Stelle nicht auf die Konstruktion 'müssen' + INF eingegangen, da oben bereits der deontische Kontext ausführlich kommentiert wurde. 250

259 rungen zur Rolle der nicht assertiven Kontexte im Rahmen der Grammatikalisierung in Kapitel 2.5), die die Entwicklung von omne zu einem sujeto indeterminado, also dem, was hier weiter oben Platzhalter genannt wurde (folglich letzten Endes die Entwicklung zum UMP), ermöglichen: Pero, cuales son las características de esta construcción que pueden explicar su concentración en determinados géneros y épocas? [ ] Por otro lado, el propósito perceptivo de los textos conduce al uso de los verbos deber y poder con valor de obligación moral. Igual que en el desarollo de la pasiva con se, estos auxiliares favorecen la abstracción y consiguen atenuar el valor determinado y concreto de omne. Todo ello propicia que omne adquiera un valor de sujeto indeterminado, generalizador (Ricós Vidal 2002, 950 f.). Die von Welton-Lair angeführte zentrale Rolle der HOMO + potest Konstruktion im Rahmen der HOMO-Grammatikalisierung im Altfranzösischen (vgl. Kapitel 4.1) kann also auch für das Spanische und das Katalanische angenommen werden und verdeutlicht sich in der allgegenwärtigen Verwendung im dieser Arbeit zugrundegelegten Korpus. Der so im Rahmen der Arbeit mit den Belegen gewonnene Eindruck müsste noch mit Zahlen untermauert werden. 6. Weitere (potentielle) Grammatikalisierungspfade Das letzte Kapitel vor den Schlussbetrachtungen ist einigen weiteren Beobachtungen gewidmet, die im Rahmen der Arbeit mit den Belegen deutlich wurden. Dies sind zum einen häufig verwendete Konstruktionen, in die HOMO eingeht, und zum anderen Belege für den in Kapitel 2.1 angesprochenen Grammatikalisierungspfad hin zu einem definiten referenziellen Gebrauch von HOMO. In beiden Fällen handelt es sich um von der in dieser Arbeit behandelten Grammatikalisierung unabhängige Prozesse, für deren Verständnis hier nur ein Denkanstoß, aber keine exhaustive Analyse gegeben werden soll. Dies ist auch darin begründet, dass die für die Analyse zusammengestellten Belege zwar alle in den untersuchten (Teil)Texten vorhandenen Belege aus HOMO umfassen, aber beispielsweise nicht alle Belege von tothom 280. Ferner müssten im Fall von nul (kat., frz.)/ningun (kat.)/ningún (sp.) + HOMO 281 zum Beispiel auch die Alternativen ningú (kat.), ninguno (sp.) und personne 282 (frz., im Altfrz. dane- 280 Wobei diese sehr rar sind. Im Fall der fünf untersuchten Texte ergibt eine Suchanfrage im CICA nur 2 Belege. 281 Bei der Akzentsetzung im Fall von ningun und ningún wird auf die heutige sprachliche Orthographie des Katalanischen und des Spanischen zurückgegriffen. 282 Bzw. die unterschiedlichen altsprachlichen graphischen Varianten von ningú, ninguno und personne. 251

260 ben auch noch negun + HOMO) untersucht werden, um eine umfassende Analyse durchzuführen. 6.1 Konstruktionen des Typs x + HOMO Die Arbeit mit den Belegen verdeutlichte das, was sich in den Auswertungstabellen widerspiegelt. Es finden sich, wenn auch nicht in allen Sprachen gleichermaßen, Konstruktionen des Typs x + HOMO. Es handelt sich dabei, d. h. bei x, um unterschiedliche Determinanten, die häufig bei HOMO stehen und Konstruktionen bilden, die teilweise als feste Wendung interpretiert werden können oder sogar auch das Potential für eine eigene Grammatikalisierung haben. Betrachtet werden sollen in diesem Sinne nul (kat., frz.)/ningun (kat.)/ningún (sp.) + HOMO und tot (kat.)/tout (frz.)/todo (sp.) + HOMO Zur Konstruktion nul (kat., frz.)/ningun (kat.)/ningún (sp.) + HOMO In den beiden katalanischen Korpora fällt die große Zahl an Belegen auf, die von nul (auch in der Graphie <nuyl>) determiniert werden. Die beiden folgenden Tabellen geben die entsprechenden Belegzahlen für das Katalanische und die beiden weiteren untersuchten Sprachen an, einmal in absoluten Zahlen und einmal in Frequenzwerten (Ersteres, um den generellen Eindruck zu illustrieren, Letzteres, um einen Vergleich zwischen den einzelnen Texten und Sprachen zu ermöglichen) Es wird darauf hingewiesen, dass sich, wie zuvor angegeben, im Katalanischen neben nul auch ningun finden lässt. Letzteres ist jedoch nur eine Randerscheinung in den beiden katalanischen Korpora (je ein Beleg in den HOMIL und der TG), während die maßgebliche Determinante in der diskutierten Konstruktion nul ist. Entsprechend werden nur die Belege mit nul in den beiden Tabellen erfasst und jene mit ningun lediglich der Vollständigkeit halber an dieser Stelle aufgeführt. 252

261 Katalanisch CdT DP HOMIL (nul ) Katalanisch Vergl. CD TG (nul ) 70 0 Französisch CdB INV VdSG (nul ) Spanisch Prim. Part. CeD ESM (ningún ) Tab. 73: Absolutes Vorkommen von nul bzw. ningún im Untersuchungskorpus Katalanisch CdT DP HOMIL (nul ) 8,027 4,637 2,060 Katalanisch Vergl. CD TG (nul ) 14,790 0,000 Französisch CdB INV VdSG (nul ) 0,704 1,769 0,960 Spanisch Prim. Part. CeD ESM (ningún ) 0,508 0,133 0,000 Tab. 74: Frequenzwerte des Vorkommens von nul bzw. ningún im Untersuchungskorpus Der Eindruck, der im Rahmen der Arbeit mit den katalanischen Belegen gewonnen wurde, bestätigt sich mit Blick auf die in Tabelle 74 gegebenen Frequenzwerte. Hierbei sind es besonders die CdT und die CD, die hervorstechen. Company Company/Pozas Loyo (2009, zit. in Mihatsch 2015a, 589) weisen für das Spanische darauf hin, dass gerade in Rechtstexten gehäuft ningun omne auftaucht. Vergleicht man den spanischen Rechtstext (Prim. Part. 0,508) mit den beiden weiteren Texten (CeD 0,133 und ESM 0,000), so lässt sich dem zustimmen. Im Vergleich zum katalanischen Rechtstext relativiert sich dieser Eindruck jedoch. Die analoge Konstruktion nul + hom ist in den CdT mit einem Frequenzwert von 8,027 annähernd 16-mal so hoch wie jener der Prim. Part. (0,508). Vergleicht man die Texte hingegen sprachintern, dann fällt auf, dass die Prim. Part. im Verhältnis zu den beiden anderen Texten mehr Belege aufweist 284 (knapp viermal so viele wie CeD, das ESM enthält keinen Beleg für 284 Vgl. Mihatsch (2015a, 590): Insgesamt fällt auf, dass zumindest bezüglich emphatisch negativer Verwendungen altspanische Rechtstexte ab dem 13. Jh. durchaus, wenn auch nicht durchgängig, eine im Verhältnis zu nichtrechtssprachlichen Texten stärkere Präferenz für expressive Verfahren zeigen. Gemeint ist der Gebrauch von ningún hombre (hier wird, anders als in Mihatsch (2015a), entsprechend der heutigen Norm die Graphie mit Akzent gesetzt und nicht auf die altspanische Schreibung zurückgegriffen) anstelle von ninguno. Mihatsch (2015a, 590) macht jedoch darauf aufmerksam, dass hombre vorzugsweise in Rechtstexten gebraucht würde und dies beachtet werden müsse. Auch Company Company/Pozas Loyo (2009, 1170) weisen darauf hin, dass Aus- 253

262 ningún + omne) als die CdT im Verhältnis zu den beiden anderen Texten des katalanischen Hauptkorpus (deutlich unter zweimal so viele Belege im Vergleich zur DP bzw. knapp viermal so viele Belege im Vergleich zu den HOMIL). Diese Häufigkeit im Katalanischen von nul + hom, die von hom bereits durchlaufene Reduktion 285 und die mögliche Interpretation im Sinne von 'niemand' hätten eine Grammatikalisierung ermöglicht, zu der ist es jedoch nicht gekommen. Eine Korpusanfrage im CICA für das 13., 14., 15. und 16. Jahrhundert belegt dies. Es finden sich lediglich 4 Belege (drei für nulhom und einer für nulhum) in der Questa del sant grasal (dem ostkatalanischen Dialekt der Balearen zuzuordnen), aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts (1380). Jedoch unterstreichen diese (wenn auch spärlichen) Belege die durchaus vorhandene Wahrnehmung der Konstruktion mit der angesprochenen Bedeutung 'niemand' anstelle von 'kein Mensch'. Dass diese Entwicklung nicht richtig in Gang gekommen ist, liegt womöglich an der bereits vorhandenen Grammatikalisierung von hom zum UMP, die eine weitere im Sinne eines negativen Indefinitpronomens blockiert haben mag. Vor diesem Hintergrund ist es interessant, dass eine weitere Grammatikalisierung mit demselben Spenderlexem, jene von tot + hom, im Katalanischen möglich war also eben auch eine Grammatikalisierung zu einer nicht negativen Verwendung, die darüber hinaus semantisch stark verwandt ist mit der ersten (hom). Handelt es sich beim indefiniten nicht referenziellen Gebrauch von hom um eine Blickweise, die vom Einzelindividuum ausgeht, wobei dieses als Platzhalter für alle weiteren Mitglieder der gegebenen Gruppe fungiert, bezieht sich tothom auf die Gesamtheit einer Gruppe, die jedes Einzelindividuum einschließt. Auf die letztgenannte Grammatikalisierung geht das folgende Kapitel ein Zur Konstruktion tot (kat.)/tout (frz.)/todo (sp.) + HOMO Eine zweite Konstruktion, die hier angesprochen werden soll, ist tot (kat.)/tout (frz.)/todo (sp.) + HOMO. Diese hat im Katalanischen, anders als in den beiden anderen untersuchten Sprachen, eine Grammatikalisierung durchlaufen. Im Spanischen und im Französischen wurde, wie bereits in Kapitel 5.2 angesprochen, eine andere Konstruktion mit tout (frz.) bzw. todo drücke wie todo omne, qualquier omne und ningun omne wegen des generalisierenden Charakters von Gesetzen besonders socorridas in Rechtstexten seien. 285 In allen Belegen findet sich das phonologisch reduzierte hom, lediglich in der DP geht dreimal home in die Konstruktion ein. In den HOMIL findet sich ferner die ebenfalls phonologisch reduzierte Form ohne das vorangestellte <h>: om. 254

263 (sp.) grammatikalisiert, und zwar jeweils mit dem Substantiv monde (frz.)/mundo (sp.). Sie haben die gleiche Bedeutung wie das katalanische tothom, scheinen aber noch nicht so weit grammatikalisiert zu sein 286. Was bedeutet das in sprachgeschichtlicher Hinsicht? Wie oben angemerkt, lassen sich für die Graphie tothom nur zwei Belege in den Texten des Untersuchungskorpus finden: [211] Tota dona pot, estant en son matrimoni, fer donació entre vius de son dot e de son creix a tothom, però no li pot liurar, per so con lo marit n' és seynor del dot e de l' escreix mentre que l matrimoni dura. (CICA, Costums de Tortosa) [212] Sènyer rey, so que vós avets dit és obra de Déu, a la qual nul hom no pot melorar. Per què tothom se deu esforsar de presona e d' aver que us ajut; e yo adés promet -vos valença de C cavalers e de II_M_a hòmens a peu a la mia messió. (CICA, Crònica de Bernat Desclot) Das 13. Jahrhundert ist das erste, für das sich überhaupt Belege für tothom finden lassen, auch wenn diese noch sehr spärlich sind. Eine Anfrage im CICA ergibt lediglich 15 Belegstellen (alle aus der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts). In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts erfährt tothom einen ersten kleinen Anstieg (51 Belege), in der zweiten Hälfte dann einen deutlichen. Die hier erreichten 237 Belege werden in keinem der beiden Hälften des Folgejahrhunderts erreicht (erste Hälfte 15. Jahrhundert: 169 Belege; 2. Hälfte 15. Jahrhundert: 226 Belege). Die folgende Graphik illustriert die absolute (dargestellt durch die Balken) und die relative (dargestellt durch die Kurve) Frequenz von tothom 287 vom 11. bis zum 16. Jahrhundert in den im CICA verzeichneten Texten: 286 Anzuführen wären hier beispielsweise die größere Fügungsenge und die geringere Integrität (zumindest was das phonologische Gewicht betrifft) des katalanischen tothom gegenüber dem französischen tout le monde und dem spanischen todo el mundo. 287 Andere Graphien sind im CICA nicht verzeichnet. 255

264 Abb. 19: Absolute und relative Frequenz von tothom ( Jahrhundert) 288 Wie aber erklärt sich der deutliche Frequenzabstieg nach dem Höhepunkt in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts (mit einer kleinen Stagnation des Abstiegs also einer erneuten Zunahme in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts)? Der Verlust an Vitalität fällt in die Epoche der Decadència. Gergen (2000, 13) fasst die Entwicklungen dieser Zeit treffend zusammen, wenn er von einem sukzessive[n] Funktionsverlust des Katalanischen, insbes. seine[r] Dialektalisierung und Zurückentwicklung in die Mündlichkeit spricht. Ablesen lässt sich das auch am Umfang des im CICA für die einzelnen Jahrhunderte vorhandenen Textmaterials. Gut vergleichbar sind dabei die Gesamtwortzahlen 289 : 11. Jahrhundert: Wörter 12. Jahrhundert: Wörter 13. Jahrhundert: Wörter 14. Jahrhundert: Wörter 15. Jahrhundert: Wörter 16. Jahrhundert: Wörter 17. Jahrhundert: Wörter 18. Jahrhundert: Wörter 288 Die Graphik ist mittels CICA generiert. Die relativen Frequenzwerte sind entgegen der Berechnung auf Wörter in der Auswertung der vorliegenden Arbeit auf 100 Wörter gerechnet. 289 Nur katalanische Wörter. 256

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