Und dann habe ichden Hof verlassen
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- Frank Engel
- vor 6 Jahren
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1 Und dann habe ichden Hof verlassen Ulrike Siegel (Hrsg.) Frauen erzählen von ihrem Abschied vom Landleben Mein herzlicher Dank gilt den Autorinnen, die uns mit ihren Geschichten einen Einblick in ihre Lebenswelt gewähren. Für diesen Mut und die Offenheit gebührt ihnen großer Respekt.
2 dass meine Zeit am Hof noch nicht abgelaufen war, sondern dass es nach wie vor mein Platz sein sollte. Zu der Zeit hatte ich immer noch das Gefühl, dass wir als Familie zusammengehören und wir nur die nötige Hilfe bekommen müssten, um unsere Probleme zu bewältigen. So verkündete ich also nach meiner Rückkehr mit einer ordentlichen Portion Mut und Zuversicht auf das Lösen unserer Probleme, dass ich bleiben würde. Na, dann geh eben ich!, war die Antwort meines Mannes, und eh ich mich s versah, war er über alle Berge. Auf Wolke 7 davongeschwebt, weit weg von Betrieb, Kühen, Kindern, Frau, Mitarbeitern, Mitbewohnern. Nun sollte eine heftige Zeit auf mich zukommen, mit diversen Baustellen: Hof, Kinder, ich selber, Trennung, Scheidung und Arbeit ohne Ende.
3 Gleichzeitig war es eine intensive Zeit. Jeden Tag rief jemand an und bot mir seine Hilfe an; das soziale Netz hat unglaublich funktioniert. Ich lernte das Führen des Betriebes mit allem, was dazugehört und was wir uns vorher als gutes Team geteilt hatten. Ich durfte ein sehr intensives Verhältnis zu meinen tapferen Töchtern entwickeln, die ihren Papa sehr vermissten und doch mutig ihren Weg weitergingen. Auch einen neuen Umgang mit den Mitarbeitern und Mitbewohnern konnte ich entwickeln. Es musste nicht immer alles gut und eine heile Welt sein, stattdessen haben wir gelernt, mit Konflikten umzugehen und gemeinsam zu Problemlösungen zu kommen, die von allen Beteiligten mitgetragen werden. Oft waren mir diese ganze Aufgabe und vor allem die Verantwortung, die sie mit sich zog, viel zu viel und viel zu schwer. Und doch fand sich
4 immer Hilfe und tolle Menschen bereicherten weiterhin den Hof. Mit der Zeit fühlte ich mich der neuen Aufgabe immer besser gewachsen und es entwickelten sich vor meinem inneren Auge viele neue Ideen und Zukunftspläne für den Hof. Sie sind nach wie vor da und lassen sich so leicht nicht verdrängen, werden aber wohl nie Realität, denn im Oktober 2010 verkündete mir mein Exmann und eigentlicher Hofeigentümer, dass er selber den Hof bewirtschaften wolle und ich somit gehen müsse. Und das gerade, als ich mir ganz sicher war, dass ich diesen Betrieb bewirtschaften möchte, solange die Kinder noch zur Schule gehen, und ich vor allem der Aufgabe auch gewachsen bin. Das gibt mir doch zu denken und ich frage mich, ob mein Platz nicht doch woanders sein soll, weshalb nun der Abschied
5 von meinem Leben hier zwangsläufig vor der Tür steht. Es bleiben mir im Moment noch vier Monate auf dem Hof. Außer mir gehen alle, die zurzeit hier wohnen. Der Hof wird also für eine neue Ära frei. Nie hätte ich gedacht, dass es so gehen könnte. Es erstaunt mich, wie schwierig und essenziell die zwischenmenschlichen Beziehungen sind. Ich hatte immer ein herzliches und enges Verhältnis zu meinen Schwiegereltern und meiner Schwägerin. Am Anfang, als ihr Sohn und Bruder mir nichts, dir nichts verschwand, waren alle geschockt und empört, bestürzt und entsetzt. Sie halfen mir und stärkten mir den Rücken, wofür ich ihnen sehr dankbar bin. Doch im Laufe der Zeit hat sich ihre Haltung mir gegenüber sehr geändert. Kaum waren wir geschieden, er wieder verheiratet und eine neue
6 Schwiegertochter in der Familie, kühlte sich das Verhältnis zu mir rasant ab. Abgrenzung, Ablehnung, falsche Unterstellungen und die klare Aussage, ich habe auf dem Hof nichts zu suchen, er gehöre ihrem Sohn und ich solle ihm nicht den Platz wegnehmen, gehören auch zu dieser Geschichte. Einerseits kann ich sie verstehen, sie haben ihrem Sohn den Hof vererbt, nicht mir. Andererseits sind seine Kinder aber hier und irgendwie hat er schließlich die ganze Geschichte ins Rollen gebracht. Diese plötzliche, starke Ablehnung von dem Rest meiner angeheirateten Familie so gnadenlos zu spüren, hat mich wirklich getroffen und vielleicht ist es zwischen den Zeilen zu lesen, dass ich diesen Brocken erst noch verdauen muss. Vielleicht ist es ja etwas sehr Hoftypisches, da gelten ganz andere Familienbanden, und
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