DIFFERENTIELLE BENOTUNGEN VON JUNGEN UND MÄDCHEN
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- Uwe Raske
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1 DIFFERENTIELLE BENOTUNGEN VON JUNGEN UND MÄDCHEN Der Einfluss der Einschätzungen von Lehrkräften zur Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen Prof. Dr. Poldi Kuhl PROF. DR. POLDI KUHL»
2 Ausgangspunkt Frühere Forschung und Educational Policy zielten darauf ab, Bildungsteilhabe der Mädchen zu stärken und sie zu ermuntern, Bildungsangebote wahrzunehmen und hochwertige Bildungsabschlüsse anzustreben. Heutzutage finden sich mehr Mädchen als Jungen in den gymnasialen Bildungsgängen, häufiger erreichen sie auch einen Schulabschluss, der ihnen ein Hochschulstudium erlaubt (OECD, 2004). Öffentliche Diskussion darüber, ob Jungen die neuen Bildungsverlierer sind. 2
3 Ausgangspunkt Übergang von der Primar- in die Sekundarstufe als eine der Schlüsselstellen, an denen über spätere Bildungschancen entschieden wird und Bildungsungleichheiten sich verstärken. Noten in der Grundschule sind wichtige Prädiktoren der Übergangsempfehlungen der Lehrkräfte (z.b. Anders, McElvany & Baumert, 2010). 3
4 Theoretischer Hintergrund: Geschlechterunterschiede in der Benotung In der Grundschule erhalten Mädchen bessere Noten als man aufgrund ihrer Testleistungen erwarten würde (z.b. Helbig, 2010; Bos et al., 2007) Erklärungsansätze für die Diskrepanz von Leistungen und Noten: Hoher Anteil weiblicher Beschäftigter in Kindergärten und Grundschulen: Keine Evidenz für die Feminisierung der Bildung (z.b. Hannover, 2010) Standardisierte Tests und Testsituationen favorisieren Jungen (z.b. Willingham & Cole, 1997) Geschlechterunterschiede in Merkmalen von Persönlichkeit, Motivation, Sozialverhalten, die in unterschiedlicher Weise adaptiv für die Anforderungen von Schule sind (z.b. Segeritz, Stanat & Wolter, 2010; van Ophuysen, 2008) 4
5 Theoretischer Hintergrund: Geschlechterunterschiede im selbstgesteuerten Lernen Mädchen.. sind eher zur Impulskontrolle in der Lage und engagieren sich stärker in Schule. (z.b. Anders et al., 2010) verfügen über mehr Selbstdisziplin (z.b. Duckworth & Seligman, 2006) vermeiden Anstrengungen in einem geringeren Ausmaß. (z.b. Steinmayr & Spinath, 2008) setzen mehr Lernstrategien ein. (z.b. Kenney-Benson, Pomerantz, Ryan & Patrick, 2006) sind eher in der Lage, Belohnungen aufzuschieben. (z.b. Silverman, 2003) 5
6 Forschungsfrage: Zusammengefasst: Geschlechterunterschiede in der Benotung Geschlechterunterschiede in (der Wahrnehmung) selbstgesteuerten Lernen(s) Zentrale Forschungsfrage: Können Lehrereinschätzungen der Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen einen Beitrag zur Erklärung der Benotungsunterschiede von Jungen und Mädchen leisten? 6
7 Methode: Stichprobe Die KEGS-Studie am ISQ: Schülerstichprobe (2009): 78 Klassen in Brandenburg N = Schüler/innen 49.3 % Mädchen 10.4 Jahre alt (Spanne: 8-12) Lehrerstichprobe (2009): N = 78, n = 40 mit pers. Angaben 75 % Frauen, 80% Jahre alt M = 26.4 Jahre Schule (SD = 9.02) 7
8 Methode: Instrumente Mathematik : Kompetenztest mit 22 Items (α=.87) Deutsch: Kompetenztest zum Leseverständnis 2 Texte mit je 7 Aufgaben (α=.86) 1 Geschichte 1 Sachtext 8
9 Methode: Instrumente Fragestellung zum selbstgesteuerten Lernen jedes Kindes: In der Primarstufe unterscheiden sich Kinder dahingehend voneinander, wie stark sie bereits in der Lage sind, ihr Lernen selbst zu organisieren. Während manche sehr viel Unterstützung und Kontrolle durch Lehrer/in und/ oder Eltern brauchen, um schulische Ziele zu verfolgen (z.b. die Hausaufgaben zu erledigen; an einer Sache dranbleiben, auch wenn sie schwer; angenehme Aktivitäten und Vergnügungen für die Erreichung langfristiger schulischer Ziele zurückzustellen), sind andere aus sich heraus motiviert, wohl organisiert und entsprechen den Anforderungen, ohne dass sie von anderen dazu aufgefordert oder überwacht werden müssen. Bitte beurteilen Sie in der folgenden Tabelle für jedes einzelne Kind Ihrer Klasse: Dieses Kind ist bereits in der Lage, schulische Ziele selbstgesteuert zu verfolgen (1 trifft zu, 2 trifft ungefähr zu, 3 trifft eher nicht zu, 4 trifft nicht zu) 9
10 Halbjahresnote (1-6) Testleistung Ergebnisse: Mittelwerte in Noten und Tests 3 Noten 12 Tests 10 ** ** 8 2 Jungen Mädchen ,24 1,97 2,25 2,33 Deutsch-Note Mathematik-Note Mädchen haben bessere Noten und Leistungen in Deutsch. Keine signifikanten Unterschiede in Mathematik ,83 9,61 10,29 10,27 Deutsch-Punkte (von 14) Mathematik-Punkte (von 22) 10
11 Ergebnisse: Mittelwerte für selbstgesteuertes Lernen Jungen (M=2.79) 10,3 25,3 39,5 24,9 Mädchen (M= 3.07) 3,8 21,5 38,5 36,2 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% trifft nicht zu trifft eher nicht zu trifft eher zu trifft zu Mädchen wird von Lehrkräften stärkere Selbstverantwortung beim Lernen attestiert als Jungen. 11
12 Ergebnisse der Mediationsanalysen Selbstgesteuertes Lernen Geschlecht Testleistung Ma / De Halbjahresnote Ma / De Modell 1 zeigt Geschlechterunterschiede in Benotung. Modell 2 zeigt Geschlechterunterschiede unter Kontrolle der Leistung. Modell 3 testet die Hypothese, dass Lehrereinschätzungen der Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen die Benotungsunterschiede auch bei Kontrolle für Leistung (teilweise) erklären können. 12
13 Ergebnisse: Vorhersage der Deutsch-Noten Modell 1 Modell 2 Modell 3 Parameter B SE (B) B SE (B) B SE (B) Individual level Intercept 2.52** ** ** 0.06 Geschlecht -0.29** ** ** 0.03 Testwert Lesen -0.15** ** 0.01 Selbstgesteuertes Lernen (LK) -0.52** 0.02 R 2 (within class) R 2 (between classes) Zusammenhang zwischen Geschlecht und Note geht zurück. -Note. Bei LK = Kontrolle Einschätzung der Lehrkraft, Leistung * p <.05; werden ** p <.01 Mädchen besser benotet. 13
14 Ergebnisse: Vorhersage der Mathematik-Noten Modell 1 Modell 2 Modell 3 Parameter B SE (B) B SE (B) B SE (B) Individual level Intercept 2.15** ** ** 0.07 Geschlecht ** 0.04 Testwert Mathematik -.11** ** 0.00 Selbstgesteuertes Lernen (LK) -0.51** 0.02 R 2 (within class) R 2 (between classes) Note. Keine LK = Geschlechterunterschiede Einschätzung der Lehrkraft, * p in <.05; der ** Benotung, p <.01 auch nicht bei Kontrolle für die Leistung. - Zusammenhang zwischen Geschlecht und Note ersichtlich bei zusätzlicher Kontrolle der Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen (Modell 3). 14
15 Zusammenfassung & Ausblick: Lehrer schätzen Mädchen als fähiger ein, selbstgesteuert zu lernen. Lehrereinschätzungen zum selbstgesteuerten Lernen tragen zur Erklärung der Geschlechterunterschiede in der Benotung bei: Die ausgeprägtere Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen der Mädchen konnte deren bessere Noten in Deutsch teilweise erklären. In Mathematik, wurden bei Kontrolle von Leistungen und der wahrgenommenen Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen, Jungen besser benotet als Mädchen. Hinweis auf geschlechterrollenkonforme Erwartungen und Bewertungen der Lehrkräfte? 15
16 Erschienen in: Kuhl, P. & Hannover, B. (2012). Differentielle Benotungen von Mädchen und Jungen? Der Einfluss der von der Lehrkraft eingeschätzten Kompetenz zum selbstgesteuerten Lernen. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 44,
17 Kontakt/Impressum Leuphana Universität Lüneburg Institut für Bildungswissenschaft Prof. Dr. Poldi Kuhl Scharnhorststr Lüneburg Fon Fax poldi.kuhl@leuphana.de» TITEL DER PRÄSENTATION / Name der Autorin/des Autors 17
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