Adaptives Studiendesign aus der Sicht der Ethikkommissionen. Prof. Dr. med. Martin Hildebrandt Ethikkommission des Landes Berlin
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- Ingeborg Huber
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1 Adaptives Studiendesign aus der Sicht der Ethikkommissionen Prof. Dr. med. Martin Hildebrandt Ethikkommission des Landes Berlin
2 Interessenskonflikte: keine Die vorgetragenen Daten spiegeln meine persönliche Auffassung wider, sie sind nicht als offizielle Stellungnahme der Ethikkommission des Landes Berlin zu betrachten 30. Oktober
3 Ethikkommission des Landes Berlin Errichtung : Bewertung von 160 Anträgen (davon 54 monozentrische Phase I-Arzneimittelprüfungen) als zuständige Ethik-Kommission, Stellungnahme zu 346 Anträgen als beteiligte Ethikkommission 5 Ausschüsse für die Bewertung von Arzneimittelprüfungen, 45 Sitzungen p.a. Zuständigkeiten: Klin. Prüfungen nach AMG Klin. Prüfungen nach MPG Embryonenschutzgesetz TFG 30. Oktober
4 (Adaptives) Studiendesign: Aufgaben der Ethikkommission Prüfung u.a. folgender Voraussetzungen: 40 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 AMG: die vorhersehbaren Risiken und Nachteile gegenüber dem Nutzen für die Person, bei der sie durchgeführt werden soll, und der voraussichtlichen Bedeutung des Arzneimittels für die Heilkunde ärztlich vertretbar sind, 40 Abs. 1 S. 3 Nr. 6 AMG: eine dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechende pharmakologisch-toxikologische Prüfung des Arzneimittels durchgeführt worden ist, 42 Abs. 1 S. 7 Nr. 2 AMG: die vorgelegten Unterlagen einschließlich des Prüfplans, der Prüferinformation und der Modalitäten für die Auswahl der Prüfungsteilnehmer nicht dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen, insbesondere die klinische Prüfung ungeeignet ist, den Nachweis der Unbedenklichkeit oder Wirksamkeit eines Arzneimittels einschließlich einer unterschiedlichen Wirkungsweise bei Frauen und Männern zu erbringen. 30. Oktober
5 Präklinische und klinische Daten als Grundlage der Prognoseentscheidung Die zu einem Prüfpräparat vorliegenden präklinischen und klinischen Daten müssen die Durchführung der vorgeschlagenen klinischen Prüfung unterstützen., Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2005/28/EG Wenn und soweit zu einem Teil der klinischen Prüfung keine ausreichenden Daten vorliegen, die eine Abschätzung und Abwägung von Nutzen und Risiko zulassen, sind diese zunächst zu vorzulegen, bevor eine abschließende Bewertung hierzu erfolgen kann. Bei Erstanwendungen in First-in-human Studies beschränkt sich diese Pflicht auf präklinische Daten. Sobald ausreichende klinische Daten zu einer ersten Dosisstufe vorliegen, kann über eine weitere Dosisstufe eine Bewertungsentscheidung getroffen werden. 30. Oktober
6 Schlussfolgerungen und Entscheidungsvarianten Die Ethik-Kommission muss eine verantwortbare Prognoseentscheidung, insbesondere zur ärztlichen Vertretbarkeit von studienbedingten Risiken, für die Prüfungsteilnehmer treffen können. Sofern und soweit die notwendigen präklinischen oder klinischen Daten für eine Bewertungsentscheidung nicht vorliegen, kommen folgende Entscheidungsvarianten in Betracht: Nachforderung von Informationen, vgl. 8 Abs. 2 S. 2 GCP-V, Versagung des gestellten Antrags, vgl. 40 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 und 6 i.v.m. 42 Abs. 1 S. 7 Nr. 2 und 3 AMG, Sofern ein teilbarer Antrag (Part A, B, C) vorliegt: Teilbewilligung des gestellten Antrags bezüglich des bewertbaren Teils (Part A) Teilversagung der nicht bewertbaren Teile (Part B, C etc). 30. Oktober
7 Bewertung weiterer Studienteile nach Vorlage der notwendigen Daten via substantiellen Amendments? Beispiel: Sponsor beantragt zunächst Part A und behält sich vor, später weitere Teile (Part B, C, etc.) nach Durchführung und Auswertung von Part A zu beantragen Die Voraussetzungen des 10 Abs. 1 GCP-V sind erfüllt, wenn: A. es sich um dieselbe klinische Prüfung handelt (Identität des Antragsgegenstandes bezüglich des zu prüfenden Arzneimittels, Fragestellung sowie des Designs), B. eine Änderung dieser klinischen Prüfung beantragt wird (z.b.: Dosis wird (endgültig) festgelegt), C. Eine der Varianten des 10 Abs. 1 GCP-V vorliegt: 1. sich auf die Sicherheit der betroffenen Personen auszuwirken, 2. die Auslegung der wissenschaftlichen Dokumente, auf die die Prüfung gestützt wird, oder die wissenschaftliche Aussagekraft der Studienergebnisse zu beeinflussen, Oktober
8 Substantielles Amendment als (begrenzt) möglicher Umgang mit prognostischer Unsicherheit Teile einer Studie, die noch nicht bewertbar sind, weil die notwendigen präklinischen und/oder klinischen Daten fehlen, können und sollten zunächst nicht beantragt werden, sondern nach Vorliegen dieser Daten als substantielle Änderungen bei der Ethik- Kommission zur Bewertung vorgelegt werden. Voraussetzung: Wahrung der Identität der klinischen Prüfung (also kein Antrag auf eine nicht bereits im Prüfplan enthaltene Fragestellung oder ein anderes Design) 30. Oktober
9 Adaptives Studiendesign: Vorzüge Prüfung der Annahmen der ursprünglichen Studienplanung in der Lernphase Anpassung des Studiendesigns in der Bestätigungsphase Prüfung der Hypothese mit hinreichender Sicherheit durch methodische Unterfütterung mit Stop - und Fortsetzungsregeln Modernes Format klinischer Prüfungen zur Berücksichtigung moderner Variablen: Adaptive Dosisfindung Nahtlose Gestaltung eines Phase II-/ Phase III-Studiendesigns Neuschätzung der erforderlichen Probandenzahl Voraussetzung: Wahrung der Validität und Integrität der Studie 30. Oktober
10 Adaptives Studiendesign: Bedenken Fokussierung auf Parameter mit geringer Relevanz für die betreffenden Patienten Statistische Signifikanz alleine ist kein akzeptiertes Ziel Verschränkung unterschiedlicher klinischer Prüfungen Besonders in frühen Phasen der klinischen Prüfung: Prüfung der Hypothese unter Wahrung der Validität und Integrität der Studie unter Umständen erschwert: Mangelnde Kenntnis des Expositionsrisikos Bedenken bei vielen Änderungen im Studiendesign für zweiten Teil Änderung von Wirksamkeits und/oder Sicherheitsparametern Verletzung der Validität und Integrität der Studie 30. Oktober
11 Adaptive oder Gruppensequentielle Fall A: Prüfung in zwei Teilen: Pläne: Beispiele Teil I: Verträglichkeit bei Gesunden; aufsteigende Dosierungen Teil II Wirksamkeit bei Patienten mit einer Dosis, die aus Teil I als optimal definiert wurde. Fall B: Prüfung in zwei Teilen: beide Teile RCTs (z.b. Verum/Placebo) Teil I: Proof of Concept mit Stop für Futility (nur Verum) Teil II: Bei Fortsetzung Kombination von Teil I mit Teil II 30. Oktober
12 Problemfall A: Prüfung in zwei Teilen Teil I: Verträglichkeit bei Gesunden; Teil II Wirksamkeit bei Patienten Dosis-Eskalation in Teil I in kleinen Probandengruppen (n=4, 6 oder 8 mit eingestreuten Plazebo Gaben) Kleines DMC (z.b. Prüfungsleiter und Stellvertreter, Sponsor) beurteilen Daten jeder Eskalationsstufe und entscheiden, ob weiter gesteigert werden soll. Dasselbe DMC entscheidet über Dosierungen, die anschließend in klinischen Studien der Phase II bei Patienten eingesetzt werden sollen 30. Oktober
13 Problemfall A: Prüfung in zwei Teilen Teil I: Verträglichkeit bei Gesunden; Teil II Wirksamkeit bei Patienten Dosis-Eskalation in Teil I in kleinen Probandengruppen (n=4, 6 oder 8 mit eingestreuten Plazebo Gaben) Kleines DMC (z.b. Prüfungsleiter und Stellvertreter, Sponsor) beurteilen Daten jeder Eskalationsstufe und entscheiden, ob weiter gesteigert werden soll. Erneute Beratung in der Ethik-Kommission (Amendment) Dasselbe DMC entscheidet über Dosierungen, die anschließend in klinischen Studien der Phase II bei Patienten eingesetzt werden sollen. 30. Oktober
14 Problemfall B Prüfung in zwei Teilen: Teil I: RCT (z.b. Verum/Plazebo) Primärer Zielparameter binär (z.b. Erfolg/Misserfolg) Nullhypothese H0: Erfolgsrate (Verum) R (R ist z.b. ein aus historischen Daten begründeter Grenzwert) Nur wenn eine signifikante Ablehnung der Nullhypothese erfolgt, wird Teil II initiiert (wieder RCT, Verum/Plazebo) Für die Ergebnis-Darstellung (Verum- Plazebo Vergleich) werden Teil I und Teil II kombiniert (gepoolt) 30. Oktober
15 Problemfall B Prüfung in zwei Teilen: Teil I: RCT (z.b. Verum/Plazebo) Primärer Zielparameter binär (z.b. Erfolg/Misserfolg) Nullhypothese H0: Erfolgsrate (Verum) R (R ist z.b. ein aus historischen Daten begründeter Grenzwert) Nur wenn eine signifikante Ablehnung der Nullhypothese erfolgt, wird Teil II initiiert (wieder RCT, Verum/Plazebo) Für die Ergebnis-Darstellung (Verum- Plazebo Vergleich) werden Teil I und Teil II kombiniert (gepoolt) 30. Oktober
16 Problemfall B Prüfung in zwei Teilen: die Prüfung der Nullhypothese (Teil I) kann allein in der Verum Gruppe durchgeführt werden, eine Plazebo-Gruppe wird hierzu nicht benötigt Die naive Verwendung von Plazebo-Daten in Vergleichen aus den kombinierten Teilen I und II entspricht nicht dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis erforderlich wäre z.b. ein sequentielles oder adaptives Design mit methodisch basierten Schranken 30. Oktober
17 Adaptives Studiendesign: Grenzen Veränderung der ursprünglichen Studienplanung Prüfung der Hypothese ohne a priori bestimmte Stop - und Fortsetzungsregeln; bzw.: Das initiale Studiendesign muß jegliche Veränderung erlauben und rechtfertigen Außerhalb dieser Bedingungen: Substantielles Amendment Beantragung einer neuen Studie 30. Oktober
18 Zusammenfassung Adaptation is a design feature aimed to enhance the trial, not a remedy for inadequate planning. P. Gallo et al, J Biopharm Stat 16: (2006) Adaptives Design läßt in geplanter und vorab festgelegter Form Änderungen zu, welche die Validität und Integrität der Prüfung nicht beeinträchtigen, den zugestandenen Risikospielraum nicht überschreiten, dem Studienteilnehmer bekannt sind und denen er zugestimmt hat, den von der zuständigen Ethikkommission zustimmend bewerteten Rahmen nicht verlassen Alternativen: bei Wahrung der Studienidentität: Amendment gem. 10 Abs. 1 GCP-V Bei Verletzung der Identität der Studie: Beantragung einer neuen Studie 30. Oktober
19 Mein besonderer Dank an: - Dr.jur. Christian von Dewitz, Ethikkommission des Landes Berlin - Prof. Dr. Joachim Röhmel, Berlin/Bremen Für Rückfragen: martin.hildebrandt@tum.de 30. Oktober
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