Update Vergaberecht , Berlin

Transkript

1 Aktuelle Rechtsprechung Welche Entscheidungen des letzten Jahres müssen Sie kennen? Und was ändert sich dazu nach neuem Recht? Dr. Ute Jasper Rechtsanwältin Update Vergaberecht , Berlin

2 Rechtsprechung 2015/2016 (BGH) und was würde sich nach neuem Vergaberecht ändern? Oberlandesgerichte 2

3 Eignungs- und Zuschlagskriterien EuGH, erstmals nach altem Recht zugelassen Qualität des Teams darf bei intellektuellen Leistungen gewertet werden ebenso OLG Düsseldorf, / : Qualität des Teams Anzahl der Berater Kapazitäten Vertretungsregeln etc. 58 Abs. 2 VgV : Organisation, Qualifikation und Erfahrung des Personals als Zuschlagskriterium 3

4 Unterschwellen-Vergaben EuGH Primärrecht anzuwenden Gleichbehandlung Transparenz grenzüberschreitendes Interesse erforderlich, schon ab denkbar 4

5 Anpassung Schwellenwerte 2016 Auftrag Schellenwert neu Schwellenwert alt Bauaufträge Liefer- und Dienstleistungsaufträge Sektorenbereich Bundesbehörden GWB: dynamische Verweisung auf EU-Recht 5

6 Anforderungen an Inhouse Geschäfte EuGH und nicht erfüllt bei Universitäten wegen Autonomie in Forschung und Lehre nicht erfüllt, wenn Sozialträger = Gesellschafter Kontrolle wie über Dienststelle Inhouse-Geschäft kein wesentliches Drittgeschäft 6

7 Ex-ante-Transparenz-Bekanntmachung EuGH Nichtigkeit der Direktvergabe vermeiden durch vorab sorgfältige Prüfung Ex-ante-Bekanntmachung Art. 2d Abs. 4 RiLi 2007/66/EG Wartefrist von 10 Tagen bis Vertragsschluss 135 GWB regelt um Ex-ante und Ex-post-Bekanntmachungen 7

8 Beginn der Rügefrist EuGH Objektiv erkennbar? Worauf kommt es an? Subjektiv erkennbar? EuGH: Erkennbarkeit: durchschnittlich fachkundiger Bieter übliche Sorgfalt OLG Düsseldorf, : keine Rügepflicht bei intransparenter Wertung 160 GWB: neue Fristen für Rügen und Reaktionen: 10 Tage ab Erkennen, sonst bis Angebot, 15 Tage ab Rügezurückweisung 8

9 Kein Standorterfordernis Auftraggeber will nur Bieter aus bestimmtem Ort Begründung: kurze Anreise für Patienten EuGH, : geografische Beschränkung nur, wenn Natur des Dienstleisters dies rechtfertigt keine Orientierung an politischen Grenzen, sondern nur an sachlichen Kriterien, beispielsweise Entfernung oder Erreichbarkeit 9

10 Abgrenzung Auftrag und Konzession OLG Koblenz, Keine Konzession, wenn Einnahmerisiko beim Aufgabenträger Auftrag liegt vor, wenn festes Entgelt je gefahrenem Beförderungskilometer OLG Thüringen, Konzession liegt vor, wenn: Staat per Gestattung eine Dienstleistung ausführen lässt Entgelt ist das Recht die Leistung zu nutzen oder entsprechend zu verwerten Konzessionär trägt überwiegend wirtschaftliche Nutzungsrisiko 105 GWB Definition ähnlich Rechtsprechung: Betriebsrisiko entscheidet 10

11 Interessenkollision Planer berät ist Subunternehmer öffentlicher Auftraggeber obsiegender Bieter (Architekt) OLG Brandenburg, : Vertrag AG-Bieter unwirksam Planer = sonst unterstützende Person nach 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV unwiderlegbare Vermutung eines Interessenskonfliktes 124 Abs. 1 Nr. 5 GWB Ausschluss nur wenn kein milderes Mittel, um Interessenkollision zu beseitigen 11

12 Projektanten Planungsleistungen auf Seiten Auftraggeber + Bieter Zulässig? KG, Auftraggeber muss für gleiche Informationen sorgen auch wenn nur Subunternehmer seines Planers für Bieter arbeitet 124 Abs. 1 Nr. 6 GWB (konkretisierend VgV): regelt Projektanten- Problematik => möglichst beseitigen, notfalls Ausschluss 12

13 Loslimitierung Loslimitierung durch AG: Angebote für alle Lose Zuschlag nur für eines oder einige Loslimitierung durch Bieter OLG Karlsruhe, zulässig, bei komplexem umfangreichen Auftrag zulässig + praktiziert besonders bei Nachfragemarkt Losvergabe 97 GWB Loslimitierung: 30 VgV => zulässig 13

14 Losvergabe Voraussetzung OLG München, praktische Lösung: mehr als fordert mehr als Besonderheit typischer typische des Einzelfalls Mehraufwand wirtschaftliche finden und/oder für Lose oder gestalten erforderlich technische und Gründe dokumentieren Nachträgliche Losbildung/Loszuschnitt? - Möglich 14

15 Verhandlungsverfahren OLG Düsseldorf, Umfangreiche Änderungen im Verfahren zulässig, z.b.: alle Bestandteile der Vergabeunterlagen der angekündigte Verfahrensablauf Mindestanforderungen Unterkriterien Voraussetzung: Transparenz: schriftliche Mitteilung aller Änderungen zweifelhaft, ob das weiter so gilt - 17 VgV 15

16 Eignung I OLG München, OLG Frankfurt, Eignungsnachweise sind klar und konkret in der Bekanntmachung zu fordern. Unklarheiten gehen zu Lasten AG neues GWB / neue VgV OLG Naumburg, Neue Eignungsprüfung vor Zuschlag bei neuen Erkenntnissen ähnliche Regelungen OLG Koblenz, VK und OLG darf Eignung nicht selbst prüfen Aber: neue Kriterien in 122 Abs. 2 GWB 16

17 Eignung II OLG Saarbrücken, Eignungsprüfung bei beschränkter Ausschreibung vor Aufforderung erforderlich Mindestlohngesetz Ausschluss bei Verstoß gegen MiLoG. Ab Auftragswert muss AG Auskunft bei Gewerbezentralregister einholen OLG Karlsruhe, Auftraggeber muss Sachverhalt für Eignungsprüfung vollständig ermitteln und Einwänden des Bieters sorgfältig nachgehen neue VgV regelt in jetzt ausführlich Rechtsformen, Eignungs- Leihe, Einheitliche Europäische Eigenerklärung etc. 17

18 Bietergemeinschaften OLG Düsseldorf, möglicher Kartellrechtsverstoß vergaberechtlich zu prüfen BG unzulässig, wenn Bieter Leistung allein erbringen konnte OLG Karlsruhe, Synergieeffekte reichen nicht, selbst bei geringem gemeinsamen Marktanteil OLG Düsseldorf, BG aus konzernverbundenen Gesellschaften zulässig 43 GWB: Bietergemeinschaft nicht ausschließbar und grundsätzlich nicht auf Rechtsform festlegbar 18

19 Nachfordern und Aufklären OLG Düsseldorf, Nachfordern betrifft Unterlagen, die fehlen, aber mit Angebot abzugeben waren Aufklären bedeutet, der Bieter soll inhaltliche Widersprüche seines Angebots aufklären Sind nachgeforderte Unterlagen widersprüchlich, muss aufgeklärt werden 56 VgV: Nachfordern fakultativ 16a VOB/A: Nachfordern obligatorisch 19

20 Auftragswert OLG Düsseldorf, Vertragsänderung > 20 % oder > Schwellenwert gebietet Neuausschreibung, es sei denn, Änderung war bekanntgemacht worden OLG Koblenz, Haupt- und Interimsauftragswerte sind nicht zu saldieren 132 GWB regelt Vertragsänderungen komplex und vollständig neu 20

21 Preise OLG München Preisaufklärung grundsätzlich ab 20 % Preisabstand beim Gesamtpreis OLG Düsseldorf Zwingend geforderte, aber fehlende Einzelpreise führen zum Ausschluss des Angebots Prüfung und Wertung der Angebote in 58 ff VgV komplett neu geregelt: Preise/Kosten/Lebenszyklus/soziale, qualitative, umweltbezogene Kriterien 21

22 Dumping-Angebote OLG Brandenburg, (Zivil) Sachverhalt: bestes Angebot 6 % unter Kostenschätzung Bieter beruft sich nach Angebotsfrist auf Kalkulationsfehler und will Ausschluss vom Verfahren Auftraggeber erteilt dennoch Zuschlag Auftragnehmer macht Schadensersatz geltend Entscheidung: kein Schadensersatz, da keine Pflichtverletzung des Auftraggebers Verbot, Dumping-Angebot zu bezuschlagen, schützt nicht die Bieter ( 16 VI Nr. 1 VOB/A 2012) Kalkulationsirrtum war für Auftraggeber wegen nur geringer Abweichung nicht offensichtlich 22

23 Wertungskriterien OLG Düsseldorf, starres Preiswertungssystem 10 oder 3 Punkte unzulässig OLG Düsseldorf, Bewertungsmaßstab ist transparent vorzugeben volle Punktzahl bei besonders dienlichem Angebot genügt nicht 58 Abs. 2 GWB: reiner Qualitätswettbewerb zulässig 23

24 Reine Preiswertung bei Nebenangeboten BGH, klärt Meinungsstreit im Sinne des OLG Düsseldorf bei Nebenangeboten muss auch die Qualität gewertet werden OLG Düsseldorf, : Nebenangebote nachträglich zulässig 35 Abs. 2 S. 3 VgV und 127 Abs. 4 S. 2 GWB reine Preiswertung für Nebenangebote künftig zulässig 24

25 Aufhebung OLG Naumburg, Fehlende Haushaltsmittel kein Aufhebungsgrund, wenn Kostenschätzung fehlerhaft OLG Frankfurt a.m., Aufhebung aufgrund eigener Fehler des Auftraggebers unzulässig 63 VgV neu: keine Pflicht zum Zuschlag Aufhebungsgründe wie bisher 25

26 Aufhebung - Rechtsfolgen Grundsatz: Kein Kontrahierungszwang AG hebt auf Sachlicher Grund und gesetzlicher Aufhebungsgrund Sachlicher Grund aber kein gesetzlicher Aufhebungsgrund Weder sachlicher Grund noch gesetzlicher Aufhebungsgrund Rechtsfolge Rechtsfolge Rechtsfolge Aufhebung wirksam und rechtmäßig kein SE Aufhebung wirksam aber rechtswidrig SE, neg. Interesse Aufhebung der Aufhebung mgl. SE, pos. Interesse 26

27 Einstweiliger Rechtsschutz unterhalb der EU-Schwellenwerte, OLG Frankfurt a. M., Voraussetzung: Zuschlag auf Angebot des Antragstellers darf nicht unwahrscheinlich erscheinen Konzessionsvergabe, OLG Celle, unzulässig nach Vertragsschluss, da das verfolgte Ziel dann nicht mehr erreichbar Prüfung des Vertrags im Hauptsachverfahren 27

28 Wesentliche Vertragsänderung I von Rechtsprechung entwickelt wesentliche Vertragsänderungen zwingen zur Neuvergabe OLG Schleswig, Leistungserweiterung um 16 % bei mehreren Änderungen: Kumulation komplett neu geregelt in 132 GWB Grundsatz: Neuvergabe diverse Ausnahmen z. B. bei Änderungen < Schwellenwert + < 10 % (15 % Bau) 28

29 Wesentliche Vertragsänderung II OLG Dresden, keine Neuvergabe bei konkreter Vertragsanpassungsklausel in ursprünglichen Vergabeunterlagen Umstände der Vertragsanpassung müssen konkret bei Vertragsschluss erkennbar sein ähnlich 132 Abs. 2 GWB 29

30 Rechtsanwältin Dr. Ute Jasper Assistentin Yvonne Möller Telefon Telefax y.moeller@heuking.de Georg-Glock-Straße 4 D Düsseldorf

31 Die Sozietät berät seit 1972 mit derzeit zehn Büros und weit über 300 spezialisierten Anwälten bundesweit sowie in Brüssel und Zürich Das Dezernat zählt seit Jahren zu den drei besten Vergabe-Sozietäten berät seit 1991 bei Vergaben, Umstrukturierungen, Großprojekten und Kooperationen der öffentlichen Hand hat mehrere hundert Groß-Projekte von Bund, Ländern und Kommunen und deren Tochtergesellschaften mit einem Volumen von insgesamt mehr als 20 Mrd. begleitet, ohne dass bisher ein Verfahren erfolgreich angegriffen wurde

32 Unsere Standorte

33 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit