Ökonomische Bedeutung von Migrantenunternehmen im Mittelstand
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- Ute Silke Wagner
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1 René Leicht Ökonomische Bedeutung von Migrantenunternehmen im Mittelstand Enquetekommission VI: Zukunft von Handwerk und Mittelstand in NRW Düsseldorf, Landtag Nordrhein-Westfalen,
2 Was sind Migrantenunternehmen? Selbstwahrnehmung oder Fremdzuschreibung? Konstrukt aus bestimmten Verhaltensmustern unternehmerischer Akteure, etwa beruhend auf Kultureller Identität? (Max Weber: Gemeinsamkeitsglauben ) oder Zuschreibungen? (essentialistisches Kulturverständnis) Amtliche Statistik: Selbständige Migranten / Migrantenunternehmen Beruflich Selbständige: leiten eine Unternehmung als (Mit-)Eigentümer eigenverantwortlich und tragen Verantwortung für Ergebnis Unternehmer/innen (Statistisches Bundesamt) Migranten: Personen mit Migrationshintergrund Ausländer + seit 1950 Zugewanderte + Deutsche mit ausländischstämmigem Elternteil
3 Ausgangssituation / Thesen Herausforderungen Veränderte Unternehmensdemografie: Sinkende Zahl an Gründungen und nachlassende Zahl an Übernahmen verlangt Suche nach neuen wirtschaftlichen Potenzialen Vorurteile bzgl. Unternehmen von Migrantinnen und Migranten Wenig Forschung, zumindest in Deutschland bzw. in NRW Chancen Neue Unternehmen durch Ausschöpfung der Potenziale von Zuwanderern und deren Nachkommen Wettbewerbsstärkung /erweitertes Waren- und Dienstleistungsangebot durch Migrantenunternehmen Fachkräftesicherung durch Stärkung der Aus- und Weiterbildungspotenziale in Migrantenunternehmen Soziale und ökonomische Integration (ggf. auch von Flüchtlingen)
4 Entwicklung von Selbständigen in Deutschland (in %) 200% 180% 160% 140% 120% 100% Index 2000=100% 80% Z E N S U S Selbstständige mit Migrationshintergrund absolut 2014 in Tsd. in % ohne MH ,1 Migranten ,9 darunter: EU ,7 Ausländer ,9 Erste Gen ,1 ausländische Selbständige deutsche Selbständige ausländische abhängig Beschäftigte deutsche abhängig Beschäftigte Quelle: Mikrozensus; eigene Berechnungen ifm Universität Mannheim.
5 Entwicklung von Selbständigen in NRW und D (in %) 140% Index 2005=100% 130% 120% 110% Z E N S U S 100% 90% Selb. Migranten NRW Selb. Migranten Deutschland Selb. ohne MH NRW Selb. ohne MH Deutschland Quelle: Mikrozensus; eigene Berechnungen ifm Universität Mannheim.
6 Selbstständige Migranten in NRW im Ländervergleich 25% 20% 15% 10% 5% 0% Selbstständigenquoten (SQ) 19,9% 15,3% 12,0% 10,6% 10,1% 9,4% 9,0% 9,3% 8,7% 8,7% 7,5% 7,0% Selbstständige in NRW Mikrozensus 2014 D. insg. in Tsd. in % in % ohne MH Migranten SQ ohne MH 10,2 10,7 SQ Migranten 8,7 9,6 darunter: Deutscher Pass Migranten insgesamt Deutsche ohne Mh Erste Generation Quelle: Mikrozensus 2014; eigene Berechnungen ifm Universität Mannheim Potenzial an selbständigen Migrantinnen und Migranten in NRW erscheint noch unterdurchschnittlich entwickelt bzw. noch nicht optimal ausgeschöpft
7 Heterogene Herkunftsstruktur Selbstständige mit Migrationshintergrund 2014 (NRW) EU = 45% Quelle: Mikrozensus 2014; eigene Berechnungen ifm Universität Mannheim Veränderte Zuwanderungsstrukturen erhöhen Anteil neuer Herkunftsgruppen. Zahl der Selbständigen aus ehemaligen Anwerbeländern nimmt tendenziell ab. führt zu Wandel im wirtschaftlichen und sozialen Profil.
8 Persönliche und betriebliche Charakteristika
9 Selbständige besser gebildet als abhängig Beschäfigte Herkunft [Deutschland] Quelle: Mikrozensus, eigene Berechnungen ifm Universität Mannheim Die Stärke unternehmerischer Aktivitäten wird maßgeblich durch Bildung bestimmt. Dies gilt auch für Migrantinnen und Migranten. Ethnische Ressourcen kommen zumeist nur in Kombination mit individuellen Ressourcen (Bildung) zur Wirkung.
10 Wissensintensive Dienste überragen Gastgewerbe Herkunft [Deutschland] Quelle: Mikrozensus; eigene Berechnungen ifm Universität Mannheim MigrantischesUnternehmertum hat einen erheblichen Modernisierungsschub erfahren. Ein Viertel aller Selbständigen arbeitet in wissensintensiven Diensten. Der Anteil von Handel und Gastgewerbe hat im Zeitverlauf stark abgenommen.
11 Einzelwirtschaftliche und volkswirtschaftliche Leistungen
12 Selbständige verdienen besser als abhängig Beschäftigte [Deutschland] Herkunft Quelle: Mikrozensus 2011 (Scientific Use File); Berechnungen ifm Universität Mannheim Der Weg in die berufliche Selbständigkeit bietet Migrantinnen und Migranten Chancen für sozialen Aufstieg. Sie können hier zudem ihre Qualifikationen besser verwerten als in einer abhängigen Beschäftigung.
13 Migrantenunternehmen schaffen Arbeitsplätze in Deutschland Gesamtzahl geschaffener Arbeitsplätze: 2,2-2,7 Millionen = 18% aller Beschäftigten in inhabergeführten KMU
14 Wachsendes Ausbildungsengagement (in Deutschland) Ausbildungsbetriebsquote (Anteil ausbildender Betriebe an allen Beschäftigtenbetrieben) Ausbildungsquote (Anteil der Auszubildenden an den Beschäftigten) Herkunft ohne MH mit MH 22% 19% Herkunft ohne MH mit MH 5,6 6,1 ehem. Anwerbeländer 17% ehem. Anwerbeländer 6,3 darunter Türkei 21% darunter Türkei 8,1 Osteuropa 21% Osteuropa 6,4 westl. Industrieländer 26% westl. Industrieländer 6,2 asiatische Länder 16% asiatische Länder 5,0 0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% Quelle: eigene Erhebungen ifm Uni Mannheim; N= % 2% 4% 6% 8% 10% Quelle: eigene Erhebungen ifm Uni Mannheim; N=5.393 Ausbildungsbeteiligung befindet sich im Aufholprozess Unterschiede zwischen Ethnien gehen auf betriebsstrukturelle Faktoren zurück Nur ein Drittel aller Migrantenbetriebe sieht sich als ausbildungsberechtigt Relative Ausbildungsleistung ist höher als bei autochthonen Betrieben im Verhältnis zur Beschäftigtenzahl bilden Migrantenunternehmen mit höherer Intensität aus
15 Herausforderungen und Chancen Weniger Unternehmen Zahl der Gründungen nimmt ab Gründungspotenzial unter Jüngeren sinkt Unternehmens-Nachfolgen dringend gesucht Weniger Ausbildungsbeteiligung Zahl der Ausbildungsbetriebe sinkt Bildungsentscheidungen verändern sich Zahl der Ausbildungsverträge sinkt Weniger Chancen für Migrant(inn)en BewerberInnenmit Migrationshintergrund haben auch bei gleichen Voraussetzungen ungleiche Chancen am Ausbildungsstellenmarkt Aber: Zahl der Migrantenunternehmen wächst Ausbildungsbeteiligung von Migrantenbetrieben wächst Migrantenbetriebe stellen häufiger migrantische Jugendliche ein
16 Stärken und Hemmnisse in Beschäftigung und Ausbildung Migrantenunternehmen nehmen in der Zahl stark zu besitzen großes Beschäftigungspotenzial bilden mit gleicher Intensität aus bieten weit mehr Ausbildungsplätze für Benachteiligte Aber Beschäftigtenrekrutierung und Ausbildung unter erschwerten betrieblichen, sozialen und institutionellen Bedingungen haben mit Vorurteilen und Diskriminierungen zu kämpfen haben schlechtere Ausgangsbedingungen im Wettbewerb um Fachkräfte und Jugendliche
17 Hoher Anteil der im Ausland erzielten Umsätze Herkunft in Deutschland Quelle: ifm-erhebung (Match-File Migrantenunternehmen in D. ) Ein starker Teil der inhabergeführten KMU von Migrantinnen und Migranten besitzt gute Geschäftskontakte ins Herkunftsland und ins übrige Ausland, was sich in hohen Auslandsumsätzen materialisiert und zur Internationalisierung beiträgt.
18 Fazit
19 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen 1. Zahl selbständiger Migrantinnen und Migranten wächst weit überproportional Unternehmenslandschaft in NRW wird zunehmend migrantisch geprägt sein 2. Selbständigkeitsniveau von Migranten in NRW im Ländervergleich eher niedrig Potenzial in NRW nur unterdurchschnittlich ausgeschöpft: Luft nach oben 3. Hohe Diversität in herkunftsspezifischer Zusammensetzung mit neuerer Zuwanderung verändert sich das sozioökonomische Profil 4. Selbständige Migranten besser gebildet als abhängig Beschäftigte Individuelle Ressourcen sind wichtiger als ethnische Gruppenressourcen 5. Bedeutung traditioneller Sektoren sinkt, die von modernen Diensten steigt Zukunftsfähigkeit von Migrantenunternehmen wächst 6. Einkommen von Selbständigen höher als von abhängig Beschäftigten Selbständigkeit ermöglicht sozialen Aufstieg 7. Migrantenunternehmen schaffen zusätzliche Arbeits- und Ausbildungsplätze Aber erschwerte Bedingungen erfordern gezielt Unterstützungsmaßnahmen 8. Überdurchschnittlich starke Auslandsumsätze Migrantenunternehmen induzieren Internationalisierung des Mittelstands
20 Handlungsfelder Trotz modernisierter und verbesserter Leistungsstrukturen sind Migrantenunternehmen (nach wie vor) wirtschaftlichen und institutionellen Ungleichheiten sowie Vorurteilen unterworfen. Die Ausschöpfung ihrer ökonomischen Potenziale erfordert eine erhöhte Wertschätzung im politischen und öffentlichen Diskurs stärkere Berücksichtigung bei der Entwicklung von wirtschaftspolitischen Strategien (auch auf kommunaler Ebene) konsequente Einbindung in die Regelinstitutionen gezielte Unterstützungsmaßnahmen, vor allem im Bereich von Ausbildung und Beschäftigung mehr empirisch fundiertes Wissen über die Strukturen und Determinanten der wirtschaftlichen Entwicklung und über die Funktion von Migrantenunternehmen.
21 Multiple Funktionen der Migrantenökonomie. Wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Nutzen Ökonomische Funktion Sozialräumliche Funktion Bildungspolitische Funktion Integrationspolitische Funktion
22 Kontakt: Dr. René Leicht Institut für Mittelstandsforschung Universität Mannheim Mannheim
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