Soziale Ökologie Kritische Theoriearbeit und Forschungspraxis am ISOE 2. Februar 2010 Friedrich-Schiller-Universität Jena
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1 Soziale Ökologie Kritische Theoriearbeit und Forschungspraxis am ISOE 2. Februar 2010 Friedrich-Schiller-Universität Jena Dr. Thomas Jahn Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE), Frankfurt am Main
2 Das Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) 1989 Institutsgründung Erste Projekte für Greenpeace und die Stadt Frankfurt Stadtökologische Projekte zu Wasser und Mobilität Projekte zu nachhaltigem Konsum Internationale Projekte für UNESCO / EU Rahmenkonzept Sozial-ökologische Forschung 1999 Nachwuchsgruppe demons Forschungsverbund MOMUS Buchveröffentlichung zur Sozialen Ökologie IWRM-Projekt CuveWaters Beteiligung Masterstudiengang Umweltwissenschaften Kooperation Biodiversität und Klima Forschungszentrum BiK F
3 Forschungsschwerpunkte des ISOE Wasser und nachhaltige Umweltplanung Mobilität und Lebensstilanalysen Transdisziplinäre Konzepte und Methoden Gender & Environment Alltagsökologie, Energie, Konsum Bevölkerungsentwicklung und Versorgung 3
4 Übersicht 1. Sozial-ökologische Probleme 2. Transdisziplinärer Forschungsprozess 3. Gesellschaftliche Naturverhältnisse 4. Sozial-ökologische Systeme 4
5 Definition Soziale Ökologie Soziale Ökologie ist die Wissenschaft von den Beziehungen der Menschen zu ihrer jeweiligen natürlichen und gesellschaftlichen Umwelt. In der sozial-ökologischen Forschung werden die Formen und Gestaltungsmöglichkeiten dieser Beziehungen in einer disziplinübergreifenden Perspektive untersucht. Ziel der Forschung ist es, Wissen für gesellschaftliche Handlungskonzepte zu generieren, um die zukünftige Reproduktionsund Entwicklungsfähigkeit der Gesellschaft und ihrer natürlichen Lebensgrundlagen sichern zu können (Becker 2003: 171) 5
6 Problemstruktur in der Sozialen Ökologie Soziales Handeln und ökologische Effekte untrennbar Komplexität von Wirkungsprozessen Rückkopplungsschleifen und Skalenprobleme Gesellschaftlicher Kontext Unterschiedliche Interessen und Nutzungsansprüche Gesellschaftliche Problemwahrnehmung als Teil der Problemdynamik Risiken und Chancen technologischer Innovationen Wissenschaftlicher Kontext Unsicherheit des verfügbaren Wissens Zielkonflikt Wahrheit vs. Nützlichkeit Neue Formen von Science Governance 6
7 Herausforderung Integration Kommunikative Integration: Unterscheiden und Verknüpfen der kommunikativen Praktiken der beteiligten wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Akteure Soziale und organisatorische Integration: Unterscheiden und Verknüpfen von Ansprüchen, Aktivitäten, Wünschen, Erwartungen unterschiedlicher Individuen, Gruppen, Institutionen Wissensintegration: Unterscheiden und Verknüpfen von disziplinären Wissensbeständen sowie von wissenschaftlichem und alltagspraktischem Wissen 7
8 Transdisziplinärer Forschungsprozess Lebensweltzentrierter Zugang Gesellschaftliche Probleme Lebensweltbezug akteursspezifisch Konstitution des Forschungsgegenstandes Teambildung Verwaltungen Industrie NGO Haushalte Politik Neues Wissen Ergebnisse für die gesellschaftliche Praxis Strategien Konzepte Maßnahmen Prototypen Quelle: Becker/ Jahn (2006): 325 (modifiziert) 8
9 Transdisziplinärer Forschungsprozess Wissenschaftszentrierter Zugang Konstitution des Forschungsgegenstandes Teambildung Wissenschaftliche Probleme Strittiges Wissen / Nichtwissen Fehlende Methoden Disziplinäre Spezialisierung Neues Wissen Hochschulen Außeruniv. F-Einrichtungen Ergebnisse für die wissenschaftliche Praxis Methodische und theoretische Innovation Neue Forschungsfragen Quelle: Becker/ Jahn (2006): 325 (modifiziert) 9
10 Transdisziplinärer Forschungsansatz Integrativer Zugang Gesellschaftliche Probleme Lebensweltbezug akteursspezifisch Konstitution gemeinsamer Forschungsgegenstand Teambildung Wissenschaftliche Probleme Strittiges Wissen / Nichtwissen Fehlende Methoden Disziplinäre Spezialisierung Akteursspezifischer gesellschaftlicher Diskurs Verwaltungen Industrie NGO Haushalte Politik Neues anschlussfähiges Wissen Wissenschaftlicher Diskurs Hochschulen Außeruniv. F-Einrichtungen Ergebnisse für die gesellschaftliche Praxis Strategien Konzepte Maßnahmen Prototypen Transdisziplinäre Integration akteursbezogen interdisziplinär Ergebnisse für die wissenschaftliche Praxis Methodische und theoretische Innovation Neue Forschungsfragen Quelle: Becker/ Jahn (2006): 325 (modifiziert) 10
11 Gesellschaftliche Naturverhältnisse (1) Die gesellschaftlichen Naturverhältnisse bilden das epistemische Objekt der Sozialen Ökologie. Sie repräsentieren begrifflich die dynamischen Beziehungsmuster zwischen dem Bereich der Gesellschaft und dem Bereich der Natur. Gesellschaftliche Naturverhältnisse werden materiell reguliert und kulturell symbolisiert. Basale gesellschaftliche Naturverhältnisse bilden sich in Prozessen der Bedürfnisbefriedigung heraus, manifestieren sich in alltäglichen Handlungen und werden durch Geschlechter- und Produktionsverhältnisse strukturiert Jahn / Becker (2006):
12 Gesellschaftliche Naturverhältnisse (2) Die Grundunterscheidung von Natur und Gesellschaft wird begrifflich als vermittelter Zusammenhang gefasst Als Abstraktion von Realzusammenhängen verfasst, bezeichnen keine realen Entitäten oder abgegrenzten Erfahrungsbereiche Sind historisch konstituiert, wissenschaftlich erkennbar und gesellschaftlich gestaltbar 12
13 Regulation gesellschaftlicher Naturverhältnisse Mikro-Ebene: Regulation der kulturellen Formen individueller Bedürfnisbefriedigung und Versorgungsaktivitäten Meso-Ebene: Regulation von Versorgungssystemen, Ressourcennutzung und institutioneller Kontexte Makro-Ebene: Regulation der gesellschaftlichen Reproduktion und sozialen Integration in Form von Produktions-, Eigentums- und Geschlechterverhältnissen 13
14 Getrennte Welten Natur Gesellschaft Natur Gesellschaft Naturalistische Sicht Kulturalistische Sicht 14
15 Mensch-Umwelt-System Beispiel WBGU-Modell WBGU (Hg.) (1993): Welt im Wandel: Grundstruktur globaler Mensch-Umwelt-Beziehungen. Jahresgutachten 15
16 Sozial-ökologische Systeme (1) Natur Gesellschaft 16
17 Sozial-ökologische Systeme (2) Natur Sozial-ökologisches System Gesellschaft 17
18 Modell von Versorgungssystemen als sozial-ökologische Systeme Hummel et al. (2006) 18
19 Sozial-ökologische Transformationen Zugang zu Veränderungen von Mustern von Beziehungen Analyse krisenhafter Entwicklungsprozesse und Phasenübergänge Ist charakterisiert durch wirkungsverstärkende und wirkungsausgleichende Dynamiken Zielt auf Transformationsmanagement und Strategien zur Erhöhung der Regulationsfähigkeit Erlaubt die Identifikation und Bewertung von möglichen Entwicklungspfaden 19
20 Beispiel: Transformation der Wasserversorgung Teufelskreis Quelle: Hummel (2008):
21 Sozial-ökologische Regulationen Analyse der Gestaltbarkeit von Transformationsprozessen Inklusives Konzept, strukturiert adaptiv-iterative Lernprozesse Explikation von Rückwirkungen und Rückkopplungsschleifen Zirkuläre Kausalität, Verknüpfung von Selbstregulation und Fremdsteuerung Bezug auf Regulationen zweiter Ordnung Normative Aspekte: Adaptivität, Integration, Funktionserhalt 21
22 Beispiel: Regulation der Wasserversorgung Regulationsform zweiter Ordnung Quelle: Hummel (2008):
23 Becker, Egon / Thomas Jahn (Hg.) (2006): Soziale Ökologie. Grundzüge einer Wissenschaft von den gesellschaftlichen Naturverhältnissen. Frankfurt am Main: Campus Hummel, Diana (Hg.) (2008): Population Dynamics and Supply Systems. A Transdisciplinary Approach. Frankfurt am Main: Campus Bergmann, Matthias / Engelbert Schramm (Hg.) (2008): Transdisziplinäre Forschung. Integrative Forschungsprozesse verstehen und bewerten. Frankfurt am Main: Campus Bergmann, Matthias / Thomas Jahn / Tobias Knobloch / Wolfgang Krohn / Christian Pohl / Engelbert Schramm (im Erscheinen): Methoden transdisziplinärer Forschung. Ein Überblick mit Anwendungsbeispielen. Frankfurt am Main: Campus Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) (2009): Institutsbericht Frankfurt am Main 23
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