Grundlagen der Wahrscheinlichkeitstheorie
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- Karlheinz Dittmar
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1 Priv.-Doz. Dr. H. Steinacker Wintersemester 2013/2014 Grundlagen der Wahrscheinlichkeitstheorie betrachte Wiederholungen eines Experimentes, gleicher Vorbereitung (z.b. Würfeln, Dart werfen, Doppelspaltexperiment,...) Zufallsereigniss: Ausgang kann nicht individuell vorhergesagt werden. gemittelter Ausgang von vielen Wiederholungen desselben Experimentes kann vorhergesagt werden Wahrscheinlichkeitstheorie. mögliche zugrundeliegende Mechanismen: statist. Fluktuationen der Anfangs- oder Nebenbedingungen absichtlicher Informationsverzicht (Thermodynamik & statist. Physik) prinzipielle Unbestimmtheit (Quantenmechanik) mittlerer Ausgang eines Zufallsexperimentes beschrieben durch Wahrscheinlichkeitsmaß P auf Stichprobenmenge Ω. Axiomatisierung dieser Ideen: Die möglichen Ausgänge eines Zufallsexperiment heißen Elementarereignisse ω i Menge aller Elementarereignisse (Stichprobenmenge): Ω = {ω i } beobachtbares Ereignis: A Ω (beliebige Teilmenge von Ω) Beispiel. Einmal würfeln: Ω = {1, 2, 3, 4, 5, 6} Ereignis: Gewürfelte Augenzahl ist gerade: A = {2, 4, 6} Definition (Wahrscheinlichkeit): Sei Ω... Stichprobenmenge, A = {A Ω}... Menge aller Teilmengen (=beobachtbarer Ereignisse) (genauer: A = σ-algebra) heißt Wahrscheinlichkeit, wenn P : A [0, 1] 0 P (A) 1 für alle A A P ( ) = 0, P (Ω) = 1 1
2 3. P ( A n ) = P (A n ) n=1 n=1 falls A n A m = für n m Definition (bedingte Wahrscheinlichkeit) Seien A, B Ω zwei Ereignisse. die bedingte Wahrscheinlichkeit von A vorausgesetzt B, geschrieben als P (A B), ist definiert durch P (A B) P (A B) = P (B) Definition (statistische Unabhängigkeit) 2 Ereignisse A, B Ω sind staatistisch unabhängig wenn dies ist äquivalent zu P (A B) = P (A). P (A B) = P (A)P (B) Diskreter Wahrscheinlichkeitsraum Sei Ω = {ω 1,..., ω n,...} diskret (z.b. endlich): p i := P ({ω i }) [0, 1] P ( ) = 0, P (Ω) = 1 3. P ({ω i1,..., ω in }) = k=1 p ik (Ω, A, P ) heißt Wahrscheinlichkeitsraum Wiederholung von unabhängigen Zufallsexperimenten: Ein Zufallsexperiment sei beschrieben durch (Ω, A, P ) Die n fache Wiederholung desselben Experiments ist beschrieben durch den Zufallsraum Ω n = Ω... Ω, bestehend aus Folgen von Ereignissen (ω 1,..., ω n ) Ω n. Das Wahrscheinlichkeitsmaß auf Ω n ist gegeben durch P (A 1... A n ) = P (A 1 )... P (A n ) Beispiel: Wir würfeln zwei mal, mit Ergebnissen (ω 1, ω 2 ) {1,.., 6} {1,..., 6}. 2
3 Die Wahrscheinlichkeit, zuerst 1 und dann 2 zu würfeln ist 1 1 = Die Wahrscheinlichkeit, zwei mal 6 zu würfeln ist Die Wahrscheinlichkeit, einmal eine eins und einmal eine 2 zu würfeln ist P ({(1, 2), (2, 1)} = Die Wahrscheinlichkeit, beim ersten Wurf eine 1 zu würfeln ist P ({(1, 1), (1, 2), (1, 3), (1, 4), (1, 5), (1, 6)} = 1, genauso für den zweiten Wurf. Offensichtlich ist das erste und das zweite Ergebnis statistisch 6 unabhängig. Beispiel: Binomialverteilung. Wir betrachten ein Ja/Nein Experiment, mit zwei möglichen Ausgängen Ω = {0, 1} mit Wahrscheinlichkeiten p = P ({1}) und 1 p = P ({0}). Wir wiederholen das Experiment N mal (unabhängig). Wir suchen die Wahrscheinlichkeit, dass k mal das Ergebnis 1 eintritt. Dafür gibt es mögliche Elementarergebnisse, somit dies erfüllt offensichtlich wie es sein muss. β k;n := P ( k mal 1 ) = p k (1 p) N k ( N k β k;n = (p + (1 p)) N = 1 ) ( ) k n Man kann zeigen, dass für p 1 die Binomialverteilung in die Poisson-Verteilung übergeht: λ λk β k;n e k! für λ = pn = const (1) Zufallsvariablen Definition (Zufallsvariable). Sei Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, A, P ) gegeben. Eine Zufallsvariable X : Ω R (2) ω X(ω) (3) ist eine (messbare) Abbildung von Ω nach R. Beispiel. Nummer des Rings der Zielscheibe, in dem der Pfeil steckt. Definition (Mehrdimensionale Zufallsvariable). Seien X 1, X 2,..., X n auf (Ω, A, P ) definierte Zufallsvariable Beispiel. Ω = {Bevölkerung einer Stadt} X : Ω R n (4) ω (X 1 (ω), X 2 (ω),...x n (ω)) (5) 3
4 X 1... Größe, X 2... Gewicht, X 3... Alter Definition (Stetige Zufallsvariable). X heißt stetige Zufallsvariable, wenn es eine Wahrscheinlichkeitsdichte p(x) gibt, sodass Bemerkung. P ({ω Ω X(ω) < t}) = P (X < t) = t p(x)dx lim P ({ω Ω X(ω) < t}) = p(x)dx = 1 t (X hat sicher irgendeinen Wert). Daraus folgt weil P (X [a, b]) = b a p(x)dx P (X < a) + P (a x b) = P (x < b) Beispiel: Gauss (Normal-) Verteilung... ist definiert durch P (a x b) = P (x < b) P (x < a) (6) P (X (, z]) = Φ µ,σ (z) = 1 2πσ z dxe 1 2 ( ) 2 x µ σ (7) Mehrdimensionale, stetige Zufallsvariable: P (X B) = B p(x 1, x 2,...x n )dx 1...dx n für B R n. Definition: Zwei Zufallsvariablen X, Y auf Ω heißen unabhängig, wenn P (X A, Y B) = P (X A)P (Y B) für alle A, B Ω. bei stetigen Zufallsvariablen X, Y gilt dies wenn p(x, y) = p(x)p(y). Erwartungswert und Varianz 1. Definition (Erwartungswert einer stetigen Zufallsvariable X): X = beziehungsweise, falls Y = g(x), Y = Allgemein gilt X 1 + αx 2 = X 1 + α X 2. 4 xp(x)dx g(x)p(x)dx
5 2. Definition (Erwartungswert einer diskreten Zufallsvariable X). X = i X(ω i )p i beziehungsweise, falls Y = g(x), Y = i g(x(ω i ))p i Definition (Varianz einer Zufallsvariable X): Die Varianz V X einer Zufallsvariablen X ist definiert durch V X = (X X ) 2 Die Streuung oder Standardabweichung von X ist definiert durch Beispiel: Gauss (Normal-) Verteilung σ X = V X = (X X ) 2 Erwartungswert und Varianz der Gauss-Verteilung sind gegeben durch Beispiel: Binomialverteilung X = µ, σ X = σ (8) Wir können die Binomialverteilung mit der folgende Zufallsvariable beschreiben X gibt an wie oft das Ergebnis 1 auftritt. Dann ist X : {0, 1} N N (9) X((ω 1,..., ω N )) = ω i (10) i=1 P (X = k) = β k;n = p k (1 p) N k ( N k allgemeiner: eine Zufallsvariable X mit Werten in Ω N = {0, 1,..., N} binomialverteilt (genauer: β k;n -verteilt), wenn ( ) N P (X = k) = β k;n = p k (1 p) N k k Der Erwartungswert von X ist gegeben durch ( ) N X = kp k (1 p) N k = k ) kp k (1 p) N k N! k!(n k)! (11) = Npp k 1 (1 p) N k (N 1)! (k 1)!(N k)! k=1 N 1 ( ) N 1 = Np = Np (12) k 1 wie zu erwarten war. Dies folgt auch leicht aus X i = i X i wobei X i das Resultat des i-ten Zufallsexperimentes ist. dies führt zum 5
6 Gesetz der großen Zahlen Seien X 1, X 2,... unabhängige Zufallsvariablen mit identischer Verteilung und Erwartungswert µ. Definiere die summierte Zufallsvariable S N = i=1 X i Dann gilt (Bernoulli,...) P ( 1 N S N µ > ε) 0 für N Dies besagt, dass die relative Häufigkeit des Ereignisses ω 1 durch p gegeben ist. Schließlich geben wir nun den zentralen Grenzwertsatz an: Zentraler Grenzwertsatz Seien X 1, X 2,... unabhängige Zufallsvariablen mit identischer Verteilung, Erwartungswert µ und Varianz σ. Betrachte die Zufallsvariable S N = X X N (13) bzw. die standardisierte Zufallsvariable Dann gilt Z N = S N Nµ σ N (14) lim P (Z N z) = Φ 0,1 (z) = 1 z e 1 2 x2 dx (15) N 2π Dies erklärt die Universalität der Gauss-Verteilung! 6
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