Bewegung in Lebenswelten. Prof. Dr. Rolf Rosenbrock. Forum Sport und Gesundheit BARMER GEK/LSV Schleswig-Holstein Landeshaus Kiel, 25.
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1 Forum Sport und Gesundheit BARMER GEK/LSV Schleswig-Holstein Landeshaus Kiel, 25. Mai 2016
2 Gestaltungsaufgaben der Gesundheitspolitik Nachhaltige Strategien und Interventionen, die ohne Diskriminierung insbesondere bei sozial benachteiligten Menschen die Manifestation v.a. chronisch-degenerativer Erkrankungen vermeiden oder verschieben das Leben mit chronischer Krankheit qualitativ verbessern und verlängern 2
3 Gesundheit in reichen Gesellschaften (1) Die Lebenserwartung steigt um ein bis zwei Jahre pro Dekade. Die älter werdende Bevölkerung wird im Durchschnitt immer gesünder älter. Circa drei Viertel des Krankheits- und Sterbegeschehens erklären sich durch wenige große, chronische Erkrankungen. Große Potenziale der Prävention. 3
4 Gesundheit in reichen Gesellschaften (2) Die Gesundheitsgewinne der letzten Jahrzehnte sind zu maximal einem Drittel auf das Wirken der klinischen Medizin zurückzuführen. Die Gesundheitsgewinne sind stabil ungleich verteilt. Die sozial bedingte Ungleichheit von Gesundheitschancen ist groß und nimmt in den meisten Ländern weiter zu. Knapp die Hälfte dieser Unterschiede erklären sich aus den Unterschieden zwischen den Gruppen im Gesundheitsverhalten (v.a. Ernährung, Bewegung, Tabak). 4
5 Compression of Morbidity: Pflegebedürftigkeit 2050 im Vergleich (DE) Status Quo Kompressionsthese Quelle: GBE (2009), Statistisches Bundesamt (2006a), eigene Darstellung, eigene Berechnung 5
6 Herausforderung: ungleiche Gesundheitschancen (DE) Lebenser war tung Männer Lebenser war tung Fr auen 0-60% Netto Äquivalenzeinkommen > 150% Netto Äquivalenzeinkommen Lebenser war tung i.g.g. Männer Lebenser war tung i.g.g. Fr auen 6
7 Gesundheitschancen ^= Gesundheitsbelastungen physische psychische soziale Gesundheitsressourcen physische psychische soziale 7
8 physisch psychisch sozial Zusammenhänge Synergien z.b. Sport 8
9 Gesundheitsressourcen werden benötigt, um die psychischen und physischen Bewältigungsmöglichkeiten von Gesundheitsbelastungen zu erhöhen, die Handlungsspielräume zur Überwindung gesundheitlich belastenden Verhaltens zu vergrößern, die Handlungskompetenzen für die Veränderung solcher Strukturen zu entwickeln und freizusetzen, die a) entweder direkt Gesundheit belasten oder b) gesundheitsbelastendes Verhalten begünstigen. 9
10 Gesundheitsressourcen (objektiv) Bildung Einkommen Handlungsspielräume soziales Kapital 10
11 Gesundheitsressourcen ( intern, subjektiv ) Wille zum Sinn (Viktor Frankl) self efficacy (Albert Bandura) locus of control (Julian Rotter) hardiness (Suzanne Kobasa) sense of coherence (Aaron Antonovsky) empowerment (Julian Rappaport) control of destiny (Leonard Syme) health literacy (Ilona Kickbusch) 11
12 Gesundheitsressourcen (subjektiv) Selbstwertgefühl Selbstwirksamkeit Reziproke Einbindung Sinn 12
13 Typen und Arten der Primärprävention Individuum Setting/ Lebenswelt Bevölkerung Information, Aufklärung, Beratung z.b. ärztliche Gesundheitsberatung peer education z.b. Anti-Tabak-Aufklärung in Schulen z.b. Esst mehr Obst Sport tut gut Rauchen gefährdet die Gesundheit Beeinflussung des Kontexts z.b. präventiver Hausbesuch Schwangere ältere Menschen z.b. betriebliche Gesundheitsförderung als Organisationsentwicklung z.b. HIV/Aids-Kampagne Trimm-dich-Kampagne Forschungsgruppe Public Health 13
14 Präventionsgesetz a Abs. 1 SGB V: Lebenswelten sind für die Gesundheit bedeutsame, abgrenzbare soziale Systeme insbesondere des Wohnens, der Lernens, des Studierens, der medizinischen und pflegerischen Versorgung sowie der Freizeitgestaltung einschließlich des Sports. 14
15 Eine Lebenswelt (Setting) ist ein durch formale Organisation und/oder regionale Situation und/oder gleiche Lebenslage und/oder gemeinsame Werte/Präferenzen definierter Sozialzusammenhang. 15
16 Setting-Intervention systemische und partizipative Intervention Identifikation von Zielen und Aktionen durch Stakeholder Veränderung von Wahrnehmung, Verhalten und Strukturen Ziel: lernende Organisation 16
17 Die Wirkung einer Intervention von außen ist nicht vorhersagbar; sie hängt von den komplexen internen Kommunikationsmustern ab, die sich in einem permanenten Veränderungsprozeß befinden. Grossmann/Scala (1994) 17
18 Prävention in der Lebenswelt Professionals Ermutigung Förderung Interaktion Ermöglichung Unterstützung advocacy Information materiell-technisch Zielgruppen Selbstwertgefühl Selbstwirksamkeit Reziprozität soziale Verankerung Zuversicht reale Verbesserungen Empowerment 18
19 Gesundheitsförderung durch Prozess und Ergebnis 19
20 Setting-Interventionen von Knowledge Attitude Practice (KAP) zu Practice Attitude Knowledge (PAK) 20
21 Gesundheitsförderung im Setting gesundheitsförderliches Setting 21
22 Lebenswelten nach der BRE der NPK ( insbesondere ): Kommunen Kindertagesstätten Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Freizeitgestaltung Schulen und Hochschulen Betriebe Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen pflegerische Versorgung (ambulant und stationär) Bundesrahmenempfehlungen der Nationalen Präventionskonferenz - verabschiedet am
23 Landesrahmenvereinbarungen (bislang in Hessen und Thüringen) GKV, DRV, DGUV mit zuständigen Stellen Ziele Koordinierung Zuständigkeiten gegenseitige Beauftragung Zusammenarbeit mit ÖGD und Jugendhilfe weitere relevante Einrichtungen Prävention in Lebenswelten 23
24 Präventionsgesetz b Abs. 1 SGB V: Die Krankenkassen fördern mit Leistungen zur Gesundheitsförderung in Betrieben (betriebliche Gesundheitsförderung) insbesondere den Aufbau und die Stärkung gesundheitsförderlicher Strukturen. Hierzu erheben sie unter Beteiligung der Versicherten und der Verantwortlichen für den Betrieb sowie der Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeits-sicherheit die gesundheitliche Situation einschließlich der Risiken und Potenziale und entwickeln Vorschläge zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation sowie zur Stärkung der gesundheitlichen Ressourcen und Fähigkeiten und unterstützen deren Umsetzung. 24
25 Präventionsgesetz 2015 Finanzierung ab 2016: 7 Euro pro GKV-Versicherten (GKV) (ca. 500 Mio. Euro) davon: 2 Euro für BGF (ca. 140 Mio. Euro) 2 Euro für andere Settings (ca. 140 Mio. Euro) 0,30 Euro pro Versichertem PflVers (ca. 21 Mio. Euro)?? Euro in der Rehabilitation (ohne Deckel, aber nur medizinische Leistungen )?? Beiträge der PKV und der privaten PflVers Dynamisierung ( 20 Abs. 6 SGB V) Anreiz zur vollständigen Ausschöpfung ( 20 Abs. 6 und 20b Abs. 4) 25
26 GKV-Ausgaben für Leistungen der primären Prävention und betrieblichen Gesundheitsförderung im Jahre 2014 in Mio. Euro Primärprävention - Settingansatz ( 20 Abs. 1 SGB V alt) Primärprävention - Individualansatz ( 20 Abs. 1 SGB V alt) 193,04 (66,0%) 31,71 (10,8%) 67,79 (23,2%) Betriebliche Gesundheitsförderung ( 20a/20b SGB V alt) Quelle: Lenhardt (2015) 26
27 Ausgaben der Krankenkassen für betriebliche Gesundheitsförderung (in Mio. Euro) , , ,16 42,29 46, ,58 35, ,71 25, , Quelle: Lenhardt (2015) 27
28 Verhaltens- und verhältnispräventive Aktivitäten in der BGF 2001 bis % 80% 38% 50% 32% 33% 39% 36% 36% 60% 40% 46% 41% 53% 54% 54% 58% 56% 20% 0% 16% 15% 9% 13% 7% 6% 8% Quelle: Lenhardt (2015) Verhältnis Verhältnis + Verhalten Verhalten 28
29 Anteil der BGF-Aktivitäten mit GZ Zahl der durchgeführten GZ Gesundheitszirkel in den BGF-Aktivitäten der Krankenkassen % 30% % 20% 15% 10% 20% % 26% 25% 25% 26% 24% % % % 19% % 500 0% Quelle: Lenhardt (2015) 29
30 Verbreitung unterschiedlicher BGF-Niveaus in deutschen Betrieben 2011 BGF-Niveau II: Datenanalysen oder Individualprävention oder Gesundheitszirkel 29% 18% BGF-Niveau III: Datenanalysen und Individualprävention BGF-Niveau I: Keinerlei Maßnahmen 44% 9% BGF-Niveau IV: Gesundheitszirkel und Datenanalysen und/oder Individualprävention Quelle: Lenhardt (2015) 30
31 Präventionsgesetz Grenzen und Perspektiven Regelung primär innerhalb des SGB V Fehlanreize Ressourcen im Promille-Bereich Verminderung sozial bedingter sowie geschlechtsbezogener Ungleichheit von Gesundheitschancen Kassen können sollen leisten 31
32 Seid realistisch: fordert das Unmögliche! Graffiti, Berlin 1968 Es ist besser, eine Kerze anzuzünden, als die Dunkelheit zu beklagen. Chinesisches Sprichwort 32
33 Die Politik bedeutet ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich. Max Weber (1919) 33
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