Universität Regensburg
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- Barbara Günther
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1 Regensburg Universität Regensburg Lehren aus der Finanzkrise Lehren aus den Entwicklungen am Credit-Default-Swap- Markt Betreuender Hochschullehrer: Prof. Dr. Gregor Dorfleitner Studentische Teammitglieder: Wolfgang Grill Herbert Spitzner Gert Streber Andreas Witzany
2 Postbank Finance Award Lehren aus den Entwicklungen am Credit-Default-Swap-Markt
3 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 3 2 Was in der Finanzkrise bisher geschah 5 3 Credit Default Swaps Was ist Default-Korrelation? Zielsetzung und Inputparameter des Pricing-Modells Pricing eines Credit Default Swaps (CDS) Besonderheiten des CDS-Markts Vermeidung von Bailouts Der OTC-Markt Determinanten des Erfolgs von Kreditderivaten Das Kontrahentenrisiko Der Aufstieg und Fall von AIG Kurzportrait AIG Financial Products Der Schwarze Montag und seine Folgen Fehlerhaftes Risikomanagement Inputfaktoren für die Bewertung von CDS 33 7 Methodik Arten von Default-Korrelationen Verwendetes Default-Korrelations-Modell Berechnung der Default-Korrelation Analyse von CDS-Daten aus dem Finanzdienstleistungssektor Durchführung der Analyse Gesamtmarkt Einzelrmenanalyse Konsequenzen für zukünftige Bankenregulierung i
4 Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis Literaturverzeichnis Anhang iii iv v ix ii
5 Lehren aus den Entwicklungen am Credit-Default-Swap-Markt 2
6 1 Einleitung Diese Arbeit beschäftigt sich mit Credit Default Swaps und den Lehren, die aus den Geschehnissen an den Märkten für dieses Finanzderivat gezogen werden können. Um an das Thema der Finanzkrise heranzuführen, wird zunächst anhand einer Wirkungskette von Ereignissen erläutert was bisher geschah. Wie die Lage auf den Kapitalmärkten derartig eskalieren konnte und schlieÿlich auf die Realwirtschaft übergri. Eine zentrale Rolle in der Weltnanzkrise spielen Derivate, welche schon vor Jahren von Warren Buett als Massenvernichtungswaen der Finanzwelt bezeichnet wurden. Obwohl sie nicht die alleinige Schuld an der momentanen Situation trit, kann ihnen jedoch mit Sicherheit ein beträchtlicher Beitrag zugeschrieben werden. Groÿe Bedeutung am Markt von institutionellen Investoren haben Kreditderivate, wovon wiederum der mit Abstand gröÿte Anteil auf Credit Default Swaps entfällt. Diese Kontrakte stehen im Fokus der Arbeit und werden in Kapitel 3 eingeführt. Da es sich hierbei um eine Art Kreditversicherung handelt, ieÿen unter anderem Parameter wie Ausfallwahrscheinlichkeiten und deren Einschätzungen des Marktes in Form von CDS-Spread-Notierungen ein. Somit kann das Risiko, welches sich im Markt bendet, mit Hilfe von so genannten Default-Korrelationen gemessen werden, welche in der Arbeit detailliert analysiert werden. Mit Hilfe eines Iterationsverfahrens werden aus den CDS-Spread-Notierungen implizite Ausfallwahrscheinlichkeiten errechnet, die auch zum Pricing von CDS benötigt werden. In Kapitel 4 wird das Thema Bailouts, welches den Bankensektor, Versicherer wie z.b. AIG und CDS-Kontrakte betrit. Im Gegensatz zu anderen (börsengehandelten) Wertpapieren bietet der CDS-Markt einige Besonderheiten. Diese Kontrakte sind individuelle bilaterale Vertäge, die alle Besonderheiten eines OTC-Markts beinhalten und näher beschrieben werden. Das Thema der Arbeit wird anhand einer Fallstudie über AIG veranschaulicht, die das Kapitel 5 umfasst. Insbesondere die AIG-Tochter Financial Products war einer der weltweit gröÿten Emittenten von CDS-Kontrakten und wird deshalb genauer betrachtet. Aufbauend auf dem in Kapitel 3 erläuterten Pricing-Verfahren werden Spread-Notierungen von 15 Finanzdienstleistern untersucht. In Kapitel 6 und 7 werden die Stichprobe und die Vorgehensweise zur Ermittlung der Default-Korrelationen beschrieben. Im letzten Kapitel werden die berechneten Daten auf Einzelrmen- und Gesamtmarktebene betrachtet, wobei besonderes Interesse auf dem systemischen Risiko im Bankensektor liegt, das durch Default-Korrelationen beschrieben und analysiert werden kann. Lehren zur Regulierung von Banken, des Kapitalmarkts und zur Minimierung des systemischen Risikos werden 3
7 letztendlich durch die Analyse der Default-Korrelationen und der Fallstudie an AIG herausgearbeitet. 4
8 2 Was in der Finanzkrise bisher geschah Zu Beginn des Jahres 2006 änderte sich die Stimmung am US-Wohnimmobilienmarkt grundlegend, nachdem die Preise viele Jahre lang weit über Inationsniveau gestiegen waren. Die Preiszuwachsraten wurden immer kleiner und im Sommer 2007 sogar negativ, was zur Folge hatte, dass der Markt von überbewerteten Immobilien einbrach. Damals warnten Experten bereits davor, dass die Turbulenzen, mit welchen der Subprimemarkt zu kämpfen hatte, auch auf andere Marktsegmente, Branchen oder sogar auf ganze Volkswirtschaften übergreifen könnten. Wie wir heute wissen, entwickelte sich daraus eine weltweite Finanzkrise, die mittlerweile auch auf die Realwirtschaft Auswirkungen hat. Ein Ende ist ebensowenig abzuschätzen wie der Umfang der vielfältigen Maÿnahmen die national, europaweit oder weltweit zu den bereits Umgesetzten noch hinzukommen werden. Weiteren Aufschluÿ darüber wird wahrscheinlich der nächste G20-Gipfel, der Anfang April 2009 stattnden soll, geben. Dort sollen neue Ansätze vorgestellt und bereits bestehende des letzten Gipfels (November 2008) weiter konkretisiert und ausgebaut werden. Die Aufmerksamkeit der Öentlichkeit wurde erst im Sommer 2007 durch die Subprimekrise erregt. Die Subprime- und die Finanzkrise sind aber das Ergebnis einer Entwicklung, deren Ursachen sehr viel weiter zurückliegen. Nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 brachen die Kurse an den Börsen auf der ganzen Welt ein. Die dadurch entstandene Unsicherheit führte zu einer weltweiten Rezession, welche im Jahr 2003 ihren Höhepunkt erreichte. Um die Konjunktur anzukurbeln, senkten viele Zentralbanken die Leitzinsen. Am stärksten tat dies die Federal Reserve (FED), deren Leitzins zwischenzeitlich nur noch 1% betrug. Als die Weltwirtschaft wieder ansprang, verpassten es aber die amerikanische sowie die japanische Zentralbank, ihre Leitzinsen wieder schnell genug zu erhöhen. Das billig verfügbare Geld wurde zu groÿen Teilen für die Finanzierung von Immobilien verwendet, was einen regelrechten Immobilienboom auslöste. 1 Im Jahr 2006 gab es einige Entwicklungen, die eine Kettenreaktion auslösten, welche sogar noch eine selbstverstärkende Dynamik entwickelte. Aufgrund einer leichten Konjunkturaute stieg die Arbeitslosenquote in den USA an und die Kaufkraft der Bevölkerung sank. Gleichzeitig erhöhte sich das Zinsniveau, was für verschuldete Haushalte in den Vereinigten Staaten eine Rolle spielt, da Darlehen und Hypotheken dort üblicherweise mit 1 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung 2007 [2007]. 5
9 variabler Verzinsung abgeschlossen werden. Hinzu kommen noch zwei Besonderheiten die Subprimekredite betreen. Diese Kredite stellen erstens nur extrem niedrige Anforderungen an den Kreditnehmer (Underwriting Standards). Zum Beispiel wird der der Nachweis eines regelmäÿiges Einkommens nicht überprüft oder es wird sogar ganz darauf verzichtet, und es ist auch nicht erforderlich, einen bestimmten Betrag der Investitionssumme als Eigenkapital einzubringen. Die zweite Besonderheit, das sogenannte ARM-Feature (Adjustable Rate Mortgage) der neueren Subprimekreditgeneration, die in den Jahren 2005 und 2006 aufgelegt wurde, macht nur Sinn bei steigenden Immobilienpreisen. Es sieht vor, die zu bezahlenden Zinsraten schrittweise im Zeitablauf an vorher festgelegten Terminen (loan reset dates) zu erhöhen. 2 Diese Umstände führten dazu, dass viele Hypotheken nicht mehr bedient werden konnten und gekündigt werden mussten, sodass es zu zahlreichen Hausversteigerungen kam. Da es sich hier nicht um Einzelfälle handelte, und die Nachfrage wegen des vorangegangenen Immobilienbooms in Verbindung mit der ohnehin schon geschwächten Kaufkraft sehr klein war, ergab sich schnell ein Überangebot. Die Hauspreise brachen immer stärker und schneller ein, ein Teufelskreis der sich verselbständigte. Der Wertverfall der Wohnimmobilien war so beträchtlich, dass auch gesunde Kredite, die von den im vorherigen Absatz beschriebenen Problemen nicht in den nanziellen Ruin getrieben wurden, vorzeitig gekündigt werden mussten. Den jeweiligen Kreditbeständen standen keine genügend hohen Werte aus den Finanzierungsobjekten mehr gegenüber, d.h. ein Haus, welches im Jahr zuvor noch etwa einen Wert von $ hatte, war jetzt plötzlich nur noch $ wert. Die zugehörige Hypothek darauf hatte aber beispielsweise noch einen Stand von $ Also wurden Häuser in derartigen Fällen häug versteigert, obwohl die Hypothek noch bedient wurde. Der Liquidationserlös war i.d.r. gering. Es ergab sich also eine Lose/Lose-Situation für den Hauseigentümer und die betroene Bank. In früheren Zeiten wäre in solchen Fällen zwischen Kreditnehmer und -geber verhandelt worden. Dann hätte eine Konditionenanpassung, teilweiser Schuldenerlass oder andere Maÿnahmen die Situation heilen können. In den letzten Jahren gestaltete sich das aber etwas schwieriger. Frei nach dem Motto Originate and Distribute waren die Kredite abgeschlossen, gepoolt, in Tranchen eingeteilt, verbrieft und schlieÿlich die Wertpapiere am Kapitalmarkt platziert und weltweit vertrieben worden. Eine Verhandlung mit dem Kreditgeber bzw. mit den Inhabern der Kreditanteile wurde bei dieser Vorgehensweise unmöglich. 3 Auf Lösungsansätze für diese Problematik kommen wir weiter unten zurück. Mit dem Instrument der Verbriefung fanden die faulen Subprimekredite ihren Weg in die Portfolios von institutionellen Anlegern auf der ganzen Welt. Die Engangements in Subprimepositionen waren oft gewaltig. Bedingt durch deren Wertverluste und die folgenden Abschreibungen gerieten viele Unternehmen in Liquiditätsprobleme oder mussten 2 Vgl. Ernst and Krohn [2007]. 3 Vgl. Zingales [2008]. 6
10 sogar Insolvenz anmelden. Im Jahr 2007 traf es anfangs viele kleinere Hedgefonds und Hypothekenbanken, aber auch prominente Opfer wie Bear Stearns, IKB und verschiedene deutsche Landesbanken, die erhebliche Verluste zu verbuchen hatten. Eine detaillierte Auistung der wichtigsten Ereignisse in 2007 und 2008 bendet sich im Appendix. Die Turbulenzen auf den internationalen Finanzmärkten, die groÿe Verluste und viele Insolvenzen zur Folge hatten, treen den Finanzsektor (e.g. Banken, Investmentbanken, Versicherer und Hedgefonds) besonders hart. Meist ist deren Engagement in Subprimepapiere gröÿer als in anderen Branchen. Aber selbst für Banken ohne Engagement in diese Wertpapiere stellen sich in letzter Zeit enorme Herausforderungen, wie etwa negative Aktienkursentwicklungen, historische Tiefststände von Indizes verschiedenster Art, eine wahre Flut von Downgrades (durch Fitch, S&P und Moody's) bei Unternehmen aller Branchen, zu erbringende Marginleistungen (wie z.b. im Fall AIG) oder in letzter Zeit immer häuger anfallende Leistungen aus Kreditderivaten. Nicht zu vergessen ist auch der Vertrauensverlust einerseits der Banken untereinander, was die Interbanken- Renanzierungsmöglichkeiten erheblich einschränkt und andererseits gegenüber den Kunden, die die Banken als Hauptveranwortliche für die Finanzkrise sehen. Insbesondere der Handel mit Kreditderivaten gleicht immer mehr einem Glücksspiel. Man weiÿ nie, bei welchem Unternehmen die Insolvenz als nächstes zuschlägt, was mit einem Kreditdefault einhergeht und somit je nach Position, Erträge oder Aufwendungen aus Kreditderivaten zur Folge hat. Im Präzedenzfall Lehman Brothers wurde etwa im Vorfeld spekuliert, dass diese Investmentbank auch andere Intermediäre mit in den Abgrund reiÿen würde. Denn es befanden sich zu diesem Zeitpunkt sehr viele Kreditderivate auf Lehman Brothers am Markt, die nun abgewickelt werden mussten. Viele Experten erwarteten eine Katastrophe, als in der Lehman-Auktion eine Recovery Rate von nur ca. 8% festgelegt wurde. D.h., die auf Lehman Brothers geschriebenen Credit Default Swaps (CDS) mussten ca. 92% ihres jeweiligen Notionals ausbezahlen. Entgegen aller Erwartungen blieb aber weiteres Ungemach aus, und die Emittenten der Wertpapiere konnten ihre Leistungspicht vertragsgemäÿ erfüllen. Trotzdem bleibt es bisher unklar, welche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Kreditderivaten noch auf uns warten. In Krisenzeiten, wie sie derzeit herrschen, treten Schwächen des Systems verstärkt ans Tageslicht. Erst jetzt hat man bemerkt, dass fehlerhafte Risikomessung sowie daraus resultierende falsche Bewertung keine Seltenheit bei vielen Versicherungen und Banken ist, und dass viele Methoden schon längst überarbeitet gehören. Auch erscheint die Wahrscheinlichkeit gröÿer denn je, dass in nächster Zeit noch viele Zahlungsansprüche aus den o.g. Kontrakten auf den Finanzsektor zukommen. In welchem Ausmaÿ dies passieren könnte, hängt im Wesentlichen davon ab wie lange und stark die weltweite Konjunkturaute noch anhalten wird. Mit anderen Worten, wie stark die von der Finanzkrise ausgehenden Ansteckungseekte für sämtliche Branchen sind. Erst dann wird sich auch zeigen, wie gut die Kreditderivate-Portfolios der Banken und Versicherer diversiziert sind, denn es gibt auch hier durchaus Grund zu der 7
11 Annahme, das Risikomanagement sei unzureichend. So erweist sich die Annahme einer guten Diversikation in Krisenzeiten oft als falsch. Hier könnte z.b. die Berücksichtigung von sog. Default-Korrelationen oder das Einpreisen von Risiken, die durch die (verdeckte) Teilnahme von Dritten an bilateralen Verträgen entstehen, Abhilfe schaen. Dies wird im späteren Verlauf der Arbeit genauer erläutert. 8
12 3 Credit Default Swaps Kreditderivate sind relativ neuartige Finanzprodukte, die zu Beginn der 1990er eingeführt wurden. Seitdem gehören sie auch wegen ihres immensen Wachstums zu den interessantesten Derivaten. Bei der ersten Erfassung der ISDA (International Swaps and Derivatives Association) Mitte 2001, bei der Kreditderivate als eigener Posten aufgeführt wurden, betrug der ausstehende Nominalwert $631 Mrd.. Zu Beginn der Subprimekrise Mitte 2007 hatte sich das Volumen bereits auf $45,46 Bill. vergröÿert. In der letzten verfügbaren Umfrage (Mitte 2008) wurde ein Volumen von $54,6 Bill. ermittelt. Dieses Wachstum von ca. $9 Bill. liegt jedoch weit unter der Prognose, denn insbesondere seit 2008 ist der Markt rückläug. Dennoch handelt es sich hier um ein Marktvolumen das ca. fünfmal so groÿ ist als das der Equity-Derivate. 4 Kreditderivate sind Kontrakte deren Auszahlung vom Kreditdefault eines oder mehrerer Unternehmen bzw. eines oder mehrerer Länder abhängt. Dabei funktionieren sie wie Versicherungen. Der Käufer wird vor dem Defaultrisiko eines Bonds oder Kredits geschützt. Diesen Schutz garantiert der Verkäufer gegen Bezahlung einer regelmäÿigen Prämie. Der Hauptnutzen von Kreditderviaten für Unternehmen liegt darin, das Kreditrisiko ihres Portfolios aktiv managen zu können. Auÿerdem erönen Kreditderivate die Möglichkeit, das Kreditrisiko vom Grundgeschäft (Kredit; Referenz-Aktivum; Reference Entity/Asset) zu trennen, dieses separat zu handeln und das Ausfallrisiko (Defaultrisiko) zu übertragen. Das Risiko und der Kredit werden also getrennt voneinander handelbare Assets. Ein weiterer wichtiger Sachverhalt besteht darin, dass es in diesem Bereich (noch) kein zenrales Clearinghouse gibt, welches das Settlement, Dokumentationsaufgaben oder die Verwaltung von Marginkonten der Kontrakte vornimmt. Dies impliziert, dass es keine ozielle Institution gibt, die verlässliche Daten zur Verfügung stellt. Was es aber gibt sind mehrere Institutionen, deren Zweck es ist den Markt zu beobachten und dabei rein dokumentativen Aufgaben nachzukommen. Hier sind folgende zu nennen: ISDA (International Swaps and Derivatives Association) BBA (British Bankers' Association) DTCC (The Depository Trust & Clearing Corporation) 4 Vgl. ISDA [2008]. 9
13 BIS (Bank for International Settlements) Wie zu erwarten unterscheiden sich die berechneten Marktvolumina von jeder der o.g. Institute deutlich. Die DTCC nimmt beispielsweise seit November 2008 ein Netting bei den gröÿten Marktteilnehmern vor (pro Referenz-Aktivum und Gegenpartei), was zu mehr Markttransparenz und einer realistischeren Bewertung des tatsächlichen Marktvolumens führen sollte. Nach Beginn dieser Maÿnahme hagelte es Kritik seitens der anderen Institute. Der DTCC wurde vorgeworfen es mit dem Netting übertrieben zu haben, denn sie bezierten das Volumen auf nur noch $32,7 Billionen. Die ISDA veröentlichte eine Schätzung von $54,6 Bill. und sah sich nun auch zum Netting gezwungen. Indem sie die aus dem Weiterverkauf resultierenden Nominalbeträge wieder abzog, kam sie zu einem Marktvolumen von $46,95 Billionen. 5 Man kann über das Thema Marktvolumen sehr lange diskutieren. Festzuhalten ist, dass jedes der o.g. Institute behauptet seine Berechnungsmethoden seien korrekt und den anderen fehlerhafte Methoden vorwirft. Der exakte Wert bleibt letztendlich unklar. Für uns spielt aber hauptsächlich der Markttrend eine Rolle, welcher durch isolierte Betrachtung der Zahlen jeweils eines Instituts abgelesen werden kann. Diese Arbeit behandelt ausschlieÿlich Credit Default Swaps (CDS), das populärste Kreditderivat. Mit diesen Kontrakten versichert man sich gegen den Default eines bestimmten Unternehmens. Dieses Unternehmen wird als Referenz-Aktivum bezeichnet, und ein Default ist als Kreditereignis deniert, bei dem Zahlungsverpichtungen aus Krediten nicht erfüllt werden können oder es sogar zur Insolvenz kommt. Das bedeutet im Defaultfall bekommt der Sicherungsnehmer den Kreditausfall erstattet (abzüglich der Recovery Rate, welche in einer Auktion festgelegt wird) oder er bekommt das Recht, Bonds des Referenz-Aktivums zum Nominalwert zu verkaufen. Diesen Teil des CDS nennt man Protection Leg. Er kann in diesem Fall die Cheapest-to-Deliver-Anleihe liefern und erhält dafür den Nominalwert, wenn physische Lieferung vorliegt. Er kann sich aber auch nur die Ausgleichszahlung gutschreiben lassen, wenn Cash Settlement vorliegt. Dafür muss der Sicherungsnehmer vierteljährlich, halbjährlich oder jährlich Prämien (im Voraus) an den Sicherungsgeber bezahlen. Diesen Teil des CDS nennt man den Premium Leg. Diese Zahlungen werden in Basispunkten der Versicherungssumme gemessen und als CDS-Spreads bezeichnet. 6 In der Theorie können diese Spreads über eine recht einfache Arbitragebeziehung in folgender Gleichung ausgedrückt werden. Es gilt: CB = r f + CDS-Spread. 5 Vgl. Brettel [2008]. 6 Vgl. Hull [2006]. 10
14 Der eektive Coupon CB, den eine risikobehaftete Unternehmensanleihe bezahlt, muss dem risikolosen Zins (r f ) plus einem das Ausfallrisiko widerspiegelnden Aufschlag (daher Spread) entsprechen. Über diese Gleichung kann auch abgelesen werden, welchen impliziten risikolosen Zins der Markt verwendet, da CDS-Spreads und Bond-Yields am Markt zu beobachten sind, was für r f nicht gilt. Empirische Studien belegen eine annähernde Gültigkeit dieser Arbitragebeziehung. Auÿerdem entspricht der durchschnittliche implizite risikolose Zins ungefähr der LIBOR Swap Rate abzüglich 10 Basispunkten. 7 Eine weitere interessante Anwendungsmöglichkeit der Spreads ist die Berechnung der vom Markt antizipierten Ausfallwahrscheinlichkeiten des jeweiligen Referenz-Aktivums, womit man wiederum auf dessen Rating schlieÿen kann. Dies ist insbesondere nützlich wenn man die Spreads als Indikatoren für zukünftige Down- oder Upgrades benutzen will. Ziel unserer Arbeit ist es unter anderem die sogenannte Default-Korrelation zu errechnen und anhand dieser Kennzahl Rückschlüsse über Fehlverhalten von Marktteilnehmern zu ziehen. Unsere Berechnungen basieren auf empirischen Daten und Modellannahmen, die an dieser Stelle erläutert werden. 3.1 Was ist Default-Korrelation? Die Default-Korrelation gibt an wie stark die Wahrscheinlichkeit, dass eine Firma ihre Verbindlichkeiten nicht erfüllen kann, von der Zahlungsfähigkeit einer anderen Firma abhängt. Ein Beispiel für positive Default-Korrelation wäre, wenn Firma A ihre Verbindlichkeiten gegenüber Gläubigern nicht erfüllen kann, weil Firma B (mit der sie Geschäftskontakte unterhält) Zahlungen an Firma A nicht leistet. Die Zahlungsunfähigkeit von Firma B beeinusst somit die Zahlungsfähigkeit von Firma A. Die Default-Korrelation kann aber auch negativ sein, z.b. in Fällen, in denen A und B Wettbewerber sind, und somit Firma A durch verbesserte Marktposition von einer Insolvenz des Wettbewerbers B protieren könnte. Dies ist jedoch deutlich unwahrscheinlicher, da die Insolvenz eines Mitbewerbers im Normalfall auch auf strukturelle Probleme in der gesamten Branche hinweist, was auch Firma A negativ beeinussen würde. Die Default-Korrelation beschreibt also indirekt die Struktur von Insolvenzen, welche sich historisch typischerweise im Konjunkturzyklus in Ausfall-Clustern manifestiert 8. Diese beschreiben die Verteilung von Insolvenzen folgendermaÿen. In guten Zeiten, also bei guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind sie sehr selten. In schlechten Zeiten häufen sie sich jedoch überdurchschnittlich stark. Hohe Default-Korrelationen zwischen den Firmen in einer Branche deuten deshalb auf starke externe Faktoren hin, die alle Firmen gleichermaÿen betreen, als auch auf ein Abhängigkeitsverhältnis der jeweiligen Firmen untereinander. Die Default-Korrelation einer 7 Vgl. Zhu [2004]. 8 Vgl. Das et al. [2007]. 11
15 Firma gegenüber einem aus anderen Firmen derselben Branche gebildeten Index kann somit als Maÿ für systematisches Risiko und Ansteckungseekte verwendet werden. Dies steht im Gegensatz zur spezischen Ausfallwahrscheinlichkeit einer Firma, welche eher ein idiosynkratisches Risiko abbildet und durch rmenspezische Faktoren wie z.b. Schuldenquote oder Qualität des Managements erklärt werden kann. Im Vergleich zum Capitel Asset Pricing Model (CAPM), welches dasselbe Vokabular verwendet, geht es hier jedoch nicht darum, Renditen durch verschiedene Risiken zu erklären, sondern um die Wahrscheinlichkeit einer Zahlungsunfähigkeit. Eine hohe Default-Korrelation zeigt an, dass die Wahrscheinlichkeit eines gemeinsamen Defaults, entweder aufgrund eines wie auch immer gearteten Abhängigkeitsverhältnisses voneinander oder durch beide Firmen betreende äuÿere Faktoren als sehr hoch angesehen wird. In diesem Fall würde von einem Default einer Firma ein sehr hohes Risiko ausgehen welches andere Firmen ebenfalls hinabzuziehen und somit einen Dominoeekt auszulösen droht. Bei niedriger Korrelation hingegen droht nur einzelnen Firmen Insolvenz, da sie unabhängig von der Marktsituation schlechte Entscheidungen getroffen haben. Der Zusammmenhang mit der Finanzkrise ist klar. Durch Untersuchung von Default-Korrelationen und deren Entwicklung über die Zeit können Aussagen über die Höhe systematischer Risiken getroen werden, denen Banken unterliegen, bzw. darüber, wie äuÿere Faktoren diese beeinusst haben (positiv oder negativ). Somit können Schlüsse für zukünftige Handlungsweisen gezogen werden. Desweiteren können die Abhängigkeiten einzelner Firmen von systemischen Faktoren verglichen werden. Eine Untersuchung der Korrelationen erlaubt uns auch Schlüsse zu ziehen, ob man in Zukunft regulatorische Maÿnahmen gegen hohes systematisches Risiko im Bankensektor in Betracht ziehen könnte. Dies ist im Bankensektor besonders relevant. In anderen Bereichen der Wirtschaft kann eine Marktbereinigung, welche in Krisenzeiten auftritt, langfristig durchaus erwünscht sein, da nur die konkurrenzfähigeren Firmen überleben. Im Bankensektor jedoch können die Nebeneekte dieser Insolvenzen verheerende Wirkungen haben, sodass eine sinnvolle Regulierung das Ziel haben sollte, dass Banken nicht too interconnected to fail werden. Das bedeutet, die Insolvenz eines einzigen Instituts darf nicht so gravierende realwirtschaftliche Folgen nach sich ziehen, dass eine Rettung um nahezu jeden Preis erfolgen muss, um diese abzuwenden. Sollte sich herausstellen, dass die Default-Korrelation in Krisenzeiten höher ist als sie in Nichtkrisenzeiten war, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass keine so gute Risikostreuung durch Diversikation möglich war als man ursprünglich annahm. Zunächst wollen wir uns auf die dazu notwendige Theorie konzentrieren, bevor wir dann auf die empirischen Daten unserer Stichprobe eingehen werden. 12
16 3.2 Zielsetzung und Inputparameter des Pricing-Modells Von den drei Bestimmungsgröÿen des Kreditrisikos (Ausfallwahrscheinlichkeit, Exposure at Default, Recovery Rate) bildet die Ausfallwahrscheinlichkeit den Kern für jede Art des Pricing. Für unsere tiefergehende Analyse der Default-Korrelationen benötigen wir als Baustein unter anderem die entsprechenden Ausfallwahrscheinlichkeiten für den Zeithorizont eines Jahres für alle betrachteten Unternehmen. Für Plain-Vanilla-Kreditderivate lassen sich diese Ausfallwahrscheinlichkeiten unter Annahme einer Recovery Rate und Zinsstrukturkurve vergleichsweise einfach aus den jeweiligen Marktdaten (Spreads) der betrachteten Unternehmen ableiten. Die Spreads von kreditrisikobehafteten Wertpapieren enthalten wichtige Informationen über die vom Markt antizipierten Ausfallwahrscheinlichkeiten eines Obligors. Hierbei kommen sogenannte risikoneutrale Ausfallwahrscheinlichkeiten zur Anwendung, da bei der Analyse das Prinzip der risikoneutralen Bewertung bei der Berechnung des Barwertes der zukünftigen erwarteten Cash Flows verwendet wird. 9 Folgende Parameter bilden die Grundlage unseres Modells: 1. CDS-Spread: Es handelt sich dabei um quotierte mittlere CDS-Spreads (Mittelwert der gehandelten Ankaufs- und Verkaufskurse). 2. Risikoloser Zins: Unsere Analyse basiert auf einer achen Zinsstrukturkurve, hier als 5% gewählt (Erläuterung siehe Kapitel 6). 3. Recovery Rate: Wir folgen der gängigen Marktkonvention und verwenden eine Recovery Rate in Höhe von 40% Vgl. Hull [2006]. 10 Es besteht auch die Möglichkeit, das Recovery-Risiko isoliert zu handeln. Mit Hilfe einer Long-Position eines Digital Credit Default Swaps (DDS), bei dem die Recovery Rate bei Abschluÿ festgelegt wird, und einer Short-Position des Plain-Vanilla CDS, ist dies möglich. Die gesamte Position wird dann als Recovery Default Swap bezeichnet (Vgl. Whetten [2006]). 13
17 3.3 Pricing eines Credit Default Swaps (CDS) Beim Pricing eines CDS gilt es seinen fairen Spread für eine entsprechende Laufzeit zu ermitteln. Er wird ausgedrückt durch diejenige Prämie für die der Wert eines CDS bei Initiierung Null ist. Genaugenommen müssten bei der Bewertung neben der Bonität des Referenz-Aktivums auch die Bonitäten der beiden Kontrahenten (Protection Seller und Protection Buyer) berücksichtigt werden. Alle gängigen Pricing-Methoden ignorieren jedoch die Bonitäten der Vertragspartner, wodurch implizit das Vorhandensein von ausreichender Bonität oder geeigneten Collateral-Agreements vorausgesetzt wird. 11 Zum Zeitpunkt des Eintritts in einen CDS ist die faire Prämie durch den am Markt gehandelten CDS-Spread gegeben. Die Frage der Bewertung stellt sich damit hauptsächlich, wenn ein bereits abgeschlossener CDS vorzeitig aufgelöst werden soll ohne dass ein Credit Event (Trigger) eingetreten ist. Möchte man vor Laufzeitende aus der Position eines CDS aussteigen, so ist eine Glattstellung der Kontrakte notwendig. Die eleganteste Lösung hierbei ist die vorzeitige Auflösung des Kontrakts im Einvernehmen mit dem Kontrahenten. Dabei werden zukünftige Prämienzahlungsunterschiede diskontiert und als Termination Fee sofort beglichen. In der Realität ist diese Variante meist mangels fehlendem Konsens unter den Vertragspartnern schwer umsetzbar. Ein vorzeitiger Ausstieg aus einem CDS-Kontrakt erfordert daher den Aufbau einer gegenläugen Position (osetting position). Dabei ist allerdings eine Verdopplung des Kontrahentenrisikos zu beachten, bedingt durch den Einstieg in den gegenläugen Kontrakt mit einem zweiten Vertragspartner. Zur Gewinnrealisierung muss der Investor in diesem Fall beide Kontrakte, d.h. die anfängliche Position und den gegenläugen Trade bis zur Fälligkeit halten. Hat sich das Spreadniveau seit Abschluss des CDS drastisch erhöht tritt der Investor folglich in eine gegenläuge Shortposition ein und protiert in Summe somit von dem erhaltenen höheren Spread und dem zu zahlenden niedrigeren Spread zu jedem einzelnen Zahlungstermin. Im Falle eines Credit Events werden die verbleibenden Spreadzahlungen eingestellt und die resultierende Sicherheitsleistung (monetärer oder physischer Art) ohne Gewinn/Verlust Eekt weitergeleitet. 12 Für die Bewertung von CDS gibt es kein klares Standardbewertungsmodell, wie z.b. das allgemein bekannte Black-Scholes-Modell aus dem Jahre 1973 für Plain-Vanilla-Aktienoptionen. Es gibt vielmehr eine Vielzahl unterschiedlicher Modelle, die jeweils auf einem Arbitrage-Ansatz beruhen. Ein solches Umfeld ist womöglich auf das unter den Wirtschaftswissenschaftlern bekannte Problem der asymmetrischen Information zurückzuführen.im Gegensatz zu anderen OTC-Derivaten basieren die CDS auf den spezischen risikoneutralen Ausfallwahrscheinlichkeiten der jeweiligen Unternehmen. 13 Wesentliche Informationen zur Schätzung dieser Ausfallwahrscheinlichkeiten für die einzelnen Unternehmen 11 Vgl. Gruber [2005]. 12 Vgl. Hypovereinsbank [2004]. 13 Vgl. Hull [2006]. 14
18 sind nicht auf alle am Markt handelnden Akteure gleichverteilt. Dieser Umstand könnte sich in Zukunft negativ auf das Wachstum des CDS-Marktes auswirken. Letzteres bleibt aber abzuwarten. Zwei allgemeine Bewertungsverfahren seien hier kurz genannt: 1. Spreadorientierte Modelle: Die Basis spreadorientierter Modelle zur praxisorientierten Bewertung von CDS bildet der Aufbau ratingspezischer Diskontkurven. 2. Ausfallorientierte Modelle: Die Bewertung erfolgt hierbei anhand von Ausfallstrukturkurven, die selbst jedoch aus Spreads abgeleitet sein können. Für einfache CDS resultieren aus spread- und ausfallorientierten Methoden vergleichbare Ergebnisse. Unsere Analyse basiert auf dem ausfallorientierten Modell nach der Methodik von J.P.Morgan. Die Bewertung erfolgt hier auf Basis der Ausfallwahrscheinlichkeiten. Diese werden, wie bereits beschrieben unter der Annahme einer Recovery Rate und der Zinsstrukturkurve, aus den quotierten Spreads gehandelter CDS abgeleitet. Ein groÿer Vorteil der ausfallorientierten Modelle liegt darin begründet, dass die CDS sowohl auf liquide als auch auf illiquide Assets bewertet werden können. Darüberhinaus ist es möglich, durch einfache Modikationen auch komplexere CDS-Varianten zu bepreisen. An dieser Stelle soll nun unser ausfallorientiertes Pricing-Modell konkret an einem Beispiel erläutert werden, wobei folgende drei (vereinfachende) Annahmen gelten: 1. Mögliche Ausfälle des Referenz-Aktivums (Default) treten immer zur Jahresmitte ein. 2. Periodische Prämienzahlungen s des Protection Buyers erfolgen einmal jährlich am Jahresende. 3. Unser Diskontierungszins entspricht dem risikolosen (LIBOR)-Zins p.a. (hier 5%) bei stetiger Verzinsung. Aus der Perspektive des Protection Sellers kann ein heute abgeschlossener CDS mit gewisser Restlaufzeit folgende Zustände annehmen: Kein Default: Hierbei kommt es zu keinem Ausfall des Referenz-Aktivums. Der Protection Seller erhält vom Protection Buyer die periodischen CDS-Prämien s bezogen auf das Notional N bis zur Endfälligkeit des Kontrakts mit exakt derjenigen Wahrscheinlichkeit, dass das Referenz-Aktivum noch überlebt. Diese Wahrscheinlichkeit wird als sogenannte Überlebenswahrscheinlichkeit bezeichnet. Die erwartete Einzahlung des Protection Sellers ist somit das Produkt aus entsprechender Überlebenswahrscheinlichkeit im jeweiligen Jahr (vgl. fünfjährige Laufzeit unserer CDS-Kontrakte) und der gesuchten CDS-Prämie s. Die Summe der diskontierten jährlichen erwarteten Zahlungen ergibt den Wert für den Protection Seller, quanti- ziert durch den Barwert der Zahlungen. 15
19 Default: Im Falle eines Ausfalls des Referenz-Aktivums muss der Protection Seller zunächst eine entsprechende Ausgleichszahlung für den nicht abgesicherten Betrag an den Protection Buyer leisten. Die Höhe bestimmt sich folglich durch das Produkt aus Notional und dem Term (1 - Recovery Rate). Die korrespondierende Wahrscheinlichkeit ist in diesem Fall durch die entsprechende Ausfallwahrscheinlichkeit determiniert, die - gemäÿ Annahme 1 - immer zur Jahresmitte eintritt. Die erwartete Auszahlung - aus Sicht des Protection Sellers - ist somit durch das Produkt aus Notional, dem Term (1 - Recovery Rate) und der jeweiligen jährlichen Ausfallwahrscheinlichkeit deniert. Der Barwert des Payos bestimmt sich analog zu obiger Situation durch Diskontierung der künftigen erwartenen Zahlungen und deren Addition. Darüberhinaus erhält der Protection Seller die bis zum Defaultzeitpunkt (vgl. Annahme 1: Jeweils zur Jahresmitte) aufgelaufenen CDS-Prämien. Diese diskontierten anteiligen Zahlungen s des Protection Buyers an den Protection Seller multipliziert mit den entsprechenden jährlichen Ausfallwahrscheinlichkeiten, ergeben einen weiteren Barwert, der dem Protection Seller zukommt. Diese Überlegungen zugrundegelegt ist ein auf dem derzeitigen Spreadniveau abgeschlossener CDS demnach nur dann fair, wenn er einen Barwert von Null besitzt. Der Barwert berechnet sich aus der Dierenz des Premium Legs und des Protection Legs. Abbildung 3.1: Beispielhafte Berechnung des Barwerts des Premium Legs. 16
20 Abbildung 3.2: Beispielhafte Berechnung des Barwerts des Protection Legs. Abbildung 3.3: Impliziter CDS-Spread. Anders formuliert gilt folgender Zusammenhang: Barwert der Zahlungen des Premium Leg = Barwert der Zahlung des Protection Leg. Die Abbildungen 3.1 bis 3.3 zeigen beispielhaft die notwendigen Berechnungen. Durch Auösen der obigen Gleichung nach der unbekannten CDS-Prämie s erhält man den fairen Spread eines CDS. 17
21 4 Besonderheiten des CDS-Markts 4.1 Vermeidung von Bailouts Im Rahmen der konjunkturellen Entwicklung der letzten beiden Jahre sind Bailouts zu einem aktuellen und problematischen Thema gleichermaÿen geworden. Wörtlich übersetzt bedeutet Bailout aus der Klemme helfen oder sinngemäÿ übersetzt Rettungsaktion. Denitionsgemäÿ liegt ein Bailout vor, wenn ein Dritter (in den von uns betrachteten Fällen der Staat) Schulden eines Unternehmens oder Bürgschaften für ein Unternehmen übernimmt. Unabhängig davon ist, welche Gegenleistungen er dafür erhält. Wenn man Überlegungen darüber anstellt, wie Bailouts optimiert werden könnten, muss man auch im Auge behalten, dass es einer Regelung für Kreditderivate im Bailout-Fall bedarf. Eine von vielen Fragen die sich stellt ist z.b., ob CDS durch eine Rettung getriggered werden sollen oder nicht, was bei einer Bailout-Flut wie in letzter Zeit für Banken und Versicherer beträchtliche Konsquenzen hätte. Schlieÿlich würden sich daraus für Unternehmen, die CDS schreiben, immense Zahlungsverpichtungen ergeben, oder eben nicht. Dies festzulegen, wäre eine klare Ansage an alle Marktteilnehmer, die Planungssicherheit geben dürfte. Denn bisher lösen manche Bailouts CDS-Zahlungen aus, und manche nicht. Jedenfalls steigt die Anzahl der Unternehmen, die durch Konjunkturpakete, Hilfsfonds für verschiedene Branchen usw. einen Teil ihrer Verbindlichkeiten mit Staatsmitteln bedienen und somit für diese Thematik zur Disposition stehen, Woche für Woche. Deshalb soll zunächst auf einige grundsätzliche Problemstellungen eingegangen werden, die durch Bailouts verursacht werden. Alternative Rettungspläne im Detail vorzustellen, würde zu weit vom Thema der Arbeit abweichen. Das vom Staat zur Verfügung gestellte Geld muss möglichst eektiv eingesetzt werden, sodass die erwünschte Wirkung nicht verput. Einfach alle Firmen zu retten ist schon rein nanziell unmöglich. Genauso wie eine generelle Regel, nach der ab einer bestimmten Gröÿe des Unternehmens eine Rettung erfolgen würde. Dies wiederum würde zu einem Moral-Hazard-Problem bei Unternehmen führen, die sich in Sicherheit wiegen. Eziente Nutzung von Staatsmitteln bedeutet in erster Linie, mit ihrer Hilfe die Konjunktur zu beleben und dadurch die Anzahl der Firmen, die potentiell für eine Rettung in Frage kommen zu minimieren. Mit anderen Worten das momentan hohe Niveau der Ausfallwahrscheinlichkeiten aller Unternehmen wieder zu senken. Grundlage hierfür ist die Versorgung mit Krediten des Unternehmenssektors sicherzustellen. D.h. der Interbanken- 18
22 markt muss funktionieren und dem Bankensektor muss Sicherheit für die Rückzahlung von alten, bereits gewährten Krediten (Aktiva) gegeben werden (z.b. durch CDS oder Kreditversicherungen), sodass sich die Kreditausfälle wieder verringern und neue Kreditverträge geschlossen werden. Ein kostspieliger Lösungsansatz, denn die Versicherung des langfristigen Fremdkapitals der US-Banken würde lt. Hochrechnungen fast die Hälfte des US-Konjunkturpakets (fast $800 Mrd.) verschlingen (Stand: Oktober 2008). Erschwerend kommt die Annahme hinzu, dass sich durch die massive Bailout-Politik der US-Regierung die Anzahl der Kreditdefaults und -kündigungen erhöht, weil sich die Zahlungsmoral bei den Bankkunden verschlechtert, frei nach dem Motto: Die Bank hält sich nicht an die Spielregeln, also tue ich das auch nicht. Die entscheidende Frage ist aber: Welche Firmen sollen denn nun gerettet werden? Soll der Staat dies willkürlich entscheiden? Oder wäre es nicht besser, wenn der Markt das selbst regeln würde? 14 Empirische Studien haben gezeigt, dass das Aufkaufen von faulen Assets ein sehr inezienter Weg ist, um Unternehmen zu rekapitalisieren. Eine Studie des Internationalen Währungsfonds (IMF) über 42 Bankenkrisen kam zu dem gleichen Ergebnis (Laeven and Valencia [2008]). Das Aufkaufen fauler Assets war in allen Fällen die teuerste Strategie und musste in mehr als 85% der Fälle mit anderen Strategien ergänzt werden, um zu einem Erfolg zu führen. Bemerkenswert ist, dass in den Krisen, die am erfolgreichsten überwunden wurden, auf das Aufkaufen fauler Assets komplett verzichtet wurde, wie z.b. in der skandinavischen Bankenkrise Anfang der Neunziger (vgl. Nouriel Roubini's Global EconoMonitor). 15 Um die Vorgehensweise des Staats bei Rettungsaktionen zu verbessern, müsste man an zwei Punkten ansetzen, nämlich am Immobilien-/Hypothekenmarkt und am Bankenmarkt. Hierzu existieren schon zahlreiche, recht ausgereifte Vorschläge. 16 Die Sanierung des Immobilienmarkts ist jedoch nicht Thema dieser Arbeit. Das Vorgehen am Bankenmarkt betrit jedoch CDS-Emittenten und CDS-Kontrakte. Im Bankenbereich tritt meist das Problem auf, dass der Wert von notleidenden Assets nur schwer zu schätzen ist. Hier ist es deshalb das Ziel, zu umgehen, dass der Staat eine Bewertung dieser Assets durchführen und einen (überhöhten) Preis festlegen muss, zu welchem er sie kauft. Lucian Bebchuk, Professor für Wirtschaftsrecht in Harvard, hat dafür bereits vor 20 Jahren einen guten Mechanismus konzipiert, den er bis heute stets weiterentwickelt (Bebchuk [1988]). Er sieht vor, dass der Staat per Gesetz ein standardisiertes Preset an Bedingungen vorgibt (diese müssten die Regierung und die jeweiligen Marktteilnehmer vereinbaren), die bei drohender Insolvenz erfüllt werden müssen. Die Bank würde dann die Erlaubnis zur Restrukturierung des Fremdkapitals erhalten und könnte noch am gleichen Tag mit ihrer normalen Geschäftstätigkeit fortfahren. Diese 14 Vgl. Roubini [2008a]. 15 Vgl. Roubini [2008b]. 16 Vgl. Zingales [2008]. 19
23 Abbildung 4.1: Unternehmenswert in Abhängigkeit der Fremdkapitalquote. Eigene Darstellung nach Berk and DeMarzo [2007]. Prozedur wird Spezialinsolvenz genannt und beinhaltet einen teilweisen Schuldenerlass gegen Equity oder Bonds in Verbindung mit einer sog. Debt-to-Equity-Conversion. Im Vordergrund steht die Erzeugung einer neuen Kapitalstruktur, denn die Argumentation ist folgende. Wie Abbildung 4.1 zeigt, ist der Unternehmenswert abhängig von der Fremdkapital- Quote. Bis zu einem gewissen Punkt (Maximum) kann der Unternehmenswert durch mehr Fremdkapital hochgehebelt werden (Leverage-Eekt). Bedingt durch höhere Fremdkapital- Anteile steigt aber das Risiko einer Insolvenz (führt zu steigenden Insolvenzkosten) und die sog. Agency-Kosten steigen ebenfalls. D.h. irgendwann ist das Optimum erreicht, indem sich der Zugewinn durch mehr Leverage und der Verlust durch steigende Kosten die Waage halten. Mehr Fremdkapital führt bei Überschreiten dieses Punktes nur noch zu niedrigeren Unternehmenswerten. Die meisten notleidenden Banken benden sich an einem solchen Punkt, jenseits des Optimums. Deshalb muss die Kapitalstruktur geändert werden, was mittels des o.g. Debt-to-Equity-Swap geschieht. Der Fremdkapital-Anteil sinkt und das Unternehmen positioniert sich wieder irgendwo im steigenden Bereich der Kurve. Der Unternehmenswert steigt dabei, was für Debt- und Equity-Holder vorteilhaft ist. Wie der Name Debt-to-Equity-Conversion (so bezeichnet nach Zingales [2008]) schon vermuten lässt, muss Fremdkapital in Eigenkapital gewandelt werden. Wie dieser Prozess im Detail ablaufen soll, ist für unsere Zwecke nicht relevant. Wichtig ist lediglich das Ergebnis, nämlich dass dadurch in kurzer Zeit ein solider Eigenkapital-Sockel entsteht und wieder Kredite vergeben werden können. Auÿerdem ist vorgesehen, bei diesem komplexen Vorgang, durch den ein Groÿteil aller Stakeholder der betreenden Bank in irgendeiner Weise tangiert wird, CDS-Kontrakte, private Einlagen und Rückkaufvereinbarungen auÿen vor zu lassen. Das ist notwendig, um Ausbreitungs- und Ansteckungseekte 20
24 zu verhindern (die am CDS-Markt eine groÿe Rolle spielen), was am Ende der Arbeit genauer erläutert wird und im Fall Lehman Brothers passierte, da es ein solches Verfahren nicht gab. Die Spezialinsolvenz müsste also eine Klausel enthalten, die besagt, dass Unternehmen die in eine solche Prozedur eintreten, nicht als defaulted gewertet werden, was ihre CDS- und andere Kontrakte angeht. Bei Umsetzung einer solchen Spezialinsolvenz würden folgende Ergebnisse auftreten. Banken wären rekapitalisiert und das ohne Kosten für den Steuerzahler. Die Regierung bräuchte keine notleidenden Assets bewerten, da sich deren Wert bei Debt-to-Equity- Conversion nicht verändert. Der Markt und nicht die Regierung entscheidet, welche Institute überleben. Die Macht der Regierung wird lediglich dazu benutzt, die Restrukturierung zu beschleunigen und umzusetzen Der OTC-Markt Determinanten des Erfolgs von Kreditderivaten Unterbeteiligungen, Garantien oder auch Syndizierungen, all das sind altbewährte Instrumente des Kreditrisikotransfers. Wodurch erfuhr also der Markt für Kreditderivate derartige Wachstumsschübe bzw. worin liegen die revolutionären und neuen Elemente? Wir führen nachfolgend mehrere Gründe an, die für sich genommen, keine Neuerungen am Kreditderivatemarkt darstellen, aber in Kombination miteinander einen entscheidenden Mehrwert allen Banken und Institutionen erbringen, die tagtäglich mit Kreditrisiken arbeiten. Zur Verringerung rechtlicher Risiken bei der Abwicklung von CDS-Transaktionen werden diese meist unter einem Rahmenvertrag (Master Agreement) abgeschlossen. Seit 1999 können die handelnden Marktakteure standardisierte CDS-Verträge von der International Swaps and Derivatives Association (ISDA) verwenden, um den rechtlichen Rahmen vorab abzustecken. Grundlegende Punkte dieser allgemeinen Rahmenverträge sind unter anderem das Referenz-Aktivum, lieferbare Obligationen und Settlementbedingungen und die Denition des Credit Events, das abgesichert werden soll. Eine Standardisierung schat Vertrauen und Transparenz im Markt und fördert gleichzeitig die Handelbarkeit (Fungibilität) der Kontrakte. 18 Der Protection Buyer muss nicht notwendigerweise der Eigentümer des Referenz- Aktivums sein. Aufgrund der Anonymität und Unabhängigkeit gegenüber dem jeweiligen Referenz-Aktivum muss dieses weder Teil einer Kreditderivatetransaktion auf seinen Namen sein, noch von einer solchen Transaktion informiert werden - im Gegensatz zu Kreditabtretungen am Sekundärmarkt oder stillen Beteiligungen. Dies ermöglicht ein diskretes 17 Vgl. Zingales [2008]. 18 Vgl. Allen and Overy [2002]. 21
25 und professionelles Management der Kreditrisiken ohne Kundenbeziehungen zu stören. 19 Portfoliomanager können im Gegensatz zum normalen Bankgeschäft Kreditrisiken leerverkaufen (shorten), ohne einen sogenannten Short Squeeze zu riskieren. Ein Short Squeeze birgt die Gefahr, dass bei einer späteren Glattstellung der oenen Positionen - entgegen den Erwartungen der Leerverkäufer - der Preis steigt. Um gröÿere Verluste zu vermeiden, werden viele Leerverkäufer gleichzeitig das Underlying erwerben, was zu einem Nachfrageüberhang führen kann und in Folge den Preis noch weiter in die Höhe treibt. Bestes Beispiel aus der jüngeren Börsengeschichte für einen Short Squeeze ist die Kursexplosion der VW-Aktie am 27. Oktober Durch die Glattstellungen der Shortpositionen explodierte der Kurs der Aktie und VW wurde das Unternehmen mit der gröÿten Börsenkapitalisierung der Welt. Das Verlustpotential bei Leerverkäufen ist daher theoretisch unbegrenzt. Handelnde Marktakteure können auf diese Weise bestimmte Kreditrisiken shorten, um ein bestehendes Exposure zu hedgen, gezielt von negativen Erwartungen der Risikoprämien einzelner Schuldner zu protieren oder aber Arbitragegeschäfte zu tätigen. 20 Plain-Vanilla-Kreditderivate sind meist O-Balance-Sheet-Instrumente und ermöglichen somit die individuelle Auslagerung von originären Kreditrisiken aus der Bilanz. 21 Mittels Einsatz von Kreditderivaten kann der gewünschte Grad der Hebelwirkung (Leverage- Eekt) der Finanzierungskosten des Fremdkapitals auf die Eigenkapitalverzinsung bestimmt werden. 22 Neben den oensichtlichen Flexibilitäts- und Diversikationsvorteilen sind jedoch auch einige kritische Bedenken vorzubringen: Durch die Modularisierung des Kreditrisikos bzw. Aufspaltung in die einzelnen Komponenten (Spread-, Recovery- und Default-Risiko) und deren separate Handelbarkeit am Markt, steigt der Anreiz, neue Kreditrisiken entstehen zu lassen. Das Spreadrisiko beschreibt eine systematische, nicht diversizierbare Spreadänderung am Kapitalmarkt aufgrund veränderter Risikoeinschätzungen der Marktteilnehmer beispielsweise während einer Kapitalmarktkrise. 23 Das Default Risiko beschreibt die Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Kreditausfalls. 24 Das Recovery Risiko bezeichnet die Unsicherheit über die Höhe des tatsächlich ausfallenden Betrages (gegeben ein Ausfall tritt ein) bzw. umgekehrt über die Höhe der anteiligen Zahlungen des Forderungsbetrages, die die Gläubiger trotz eines Ausfalls erhalten. 25 Selbst wenn dieses Risiko auf viele Investoren verteilt wird, um das unsystematische Risiko zu reduzieren, wird der Gesamtbetrag an originärem systematischen Risiko zunehmen. Dies könnte trotz der oben angebrachten Argumente zu einer 19 Vgl. J.P.Morgan [2008]. 20 Vgl. J.P.Morgan [2008]. 21 Diese Bilanzierungsvorschrift basiert auf der deutsche Rechnungslegung nach HGB. Ausnahmen bilden Kreditderivate, die in Form von strukturierten Anleihen begeben werden. 22 Vgl. J.P.Morgan [2008]. 23 Vgl. Wingenroth [2004]. 24 Vgl. Steiner and Uhlir [2001]. 25 Vgl. Grundke [2003]. 22
26 Tabelle 4.1: Divergenz zwischen ökonomischen und berichteten Risiko. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Fitch. latenten Fragilität des gesamten Finanzsystems beitragen. Darüber hinaus muss bedacht werden, dass eine Akkumulation von Kreditrisikotransfers bei einigen wenigen Marktakteuren zu einer Erhöhung des sogenannten Kontrahentenrisikos führt, auf welches wir im nächsten Abschnitt eingehen werden. Die buchhalterischen Eekte von Kreditderivaten auf den Jahresabschluÿ und die Bilanz seien in Tabelle 4.1 kurz verdeutlicht. Die Divergenz zwischen dem ökonomischen und berichteten Risiko fördert, bedingt durch den Mangel an Transparenz in den Bilanzierungsvorschriften, neue Formen von subjektivem Risiko 26. Aus Sicht von Kreditinstituten erscheint es vorteilhaft, Kreditrisiken partiell an den Markt zu transferieren. Die daraus resultierenden Implikationen für mögliche Stakeholder sind verzerrt, zumal auch traditionelle Kapital- und Verschuldungsmaÿe ihren Erklärungsgehalt verlieren. Die Ratingagentur Fitch fordert deshalb umfangreichere Publizitätsvorschriften im Bereich der Rechnungslegung, damit traditionelle KPIs (Key Performance Indicators) weiterhin ihre Aussagekraft beibehalten. 27 Aus Sicht einer Ratingagentur können zusätzlich negative (Wohlfahrts-)Eekte in Form von Moral Hazard im Bankensystem entstehen, da die originäre Verbindung zwischen Ursprung und Management der Kreditrisiken zunehmend verblasst Hypovereinsbank [2004]. 27 Vgl. Fitch [2003]. 28 Vgl. Fitch [2003]. 23
27 4.2.2 Das Kontrahentenrisiko Da es sich bei CDS um OTC-Kontrakte handelt, ist neben dem Marktrisiko (Default-, Spread-, Zins- und Recovery-Risiko) auch ein Kontrahentenrisiko (Counterparty- bzw. Erfüllungsrisiko) enthalten. Letzteres trit hauptsächlich den Protection Buyer, der bei Default des Protection Sellers, unter Umständen ein Ersatzgeschäft mit erheblich schlechteren Konditionen tätigen muss (zum Beispiel eine höhere CDS-Prämie aufgrund eventueller negativer Entwicklungen beim Underlying). Ebenso denkbar wäre, als Worst-Case-Szenario, ein Doppeldefault des Referenz-Aktivums und des Protection Sellers. Hingegen stellt sich die Lage aus Sicht des Protection Sellers weniger dramatisch dar. Das Kontrahentenrisiko besteht hierbei lediglich darin, dass der Protection Buyer ausfällt und dass das folgende Ersatzgeschäft nur eine geringere Prämie für ihn abwirft. Um diesem Kontrahentenrisiko wirksam entgegenzutreten, gibt es risikomindernde Vereinbarungen, die Kreditderivatehändler standardgemäÿ in ihre Kontrakte integrieren. Diese seien nun kurz vorgestellt: Der durch den Ausfall der Gegenpartei erwartete Verlust wird durch das sogenannte Netting minimiert. Das Netting stellt sicher, dass bei einem Ausfall eines Unternehmens alle noch laufenden Kontrakte unter dem ISDA Master Agreement zwischen diesen beiden Parteien aufgrund der darin vereinbarten Netting-Klausel beendet werden. Das Netting umfasst insbesondere die Saldierung aller zu diesem Zeitpunkt bestehenden gegenseitigen Ansprüche auf Basis ihrer Marktwerte. Der auf diese Weise kalkulierte Netto- Saldo stellt den höchstmöglichen Ausfall dar. Das wirtschaftliche Konkursrisiko wird somit wirksam reduziert. Diese Netting-Vereinbarung hat erfolgreich vor vielen verschiedenen Gerichten bestanden. 29 Ein weiteres wirksames Instrument zur Begrenzung des Kreditrisikos liefern die sogenannten Downgrade-Trigger. Dies sind vertragliche Regelungen, die, im Falle einer Verschlechterung des Kreditratings der einen Partei die andere Seite bevollmächtigen, den jeweiligen Kontrakt zu aktuellen Marktpreisen zu schlieÿen. Neben dem Netting und dem Downgrade-Trigger wird standardgemäÿ eine weitere wichtige Maÿnahme in den Vertrag implementiert, um Verluste zu begrenzen: Die Besicherung. Ähnlich dem Margin-Konto bei Futures garantiert die Besicherungsvereinbarung (Collateralization) eine stetige Neubewertung der Kontrakte zu Marktpreisen. Auf diesem Wege erkennen beide Parteien frühzeitig, falls sich der Gesamtwert der Kontrakte an einem bestimmten Tag über ein festgesetztes Niveau hinausbewegt. Die Dierenz zwischen dem persönlich gesetzten Limit und dem Marktwert der Kontrakte muss als Sicherheit in bar oder in Form von Wertpapieren von der Gegenseite hinterlegt werden. Bei möglichem Default der einen Seite kann nun die andere Partei auf die hinterlegten Sicherheiten 29 Vgl. Hull [2006]. 24
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