Vorlesung: Analysis I für Ingenieure
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- Gerrit Melsbach
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1 Vorlesung: Analysis I für Ingenieure Michael Karow Thema: Satz von Taylor
2 Die Taylor-Entwicklung I Satz von Taylor. Sei f : R D R an der Stelle x n-mal differenzierbar. Dann gilt für x D, n f (k) (x ) f(x) = (x x ) k + R(x), k! k= Restglied T aylor P olynom wobei R(x) = r(x)(x x ) n und lim x x r(x) =. ( Es ist also lim x x Falls f zwischen x und x sogar (n + )-mal differenzierbar ist, hat man ) R(x) (x x ) = n R(x) = f(n+) (ξ) (n + )! (x x ) n+ (Lagrange-Form des Restglieds), wobei ξ eine (nicht näher bekannte) Zahl zwischen x und x ist. Bemerkungen: Das Taylor-Polynom ist das eindeutige Polynom vom Grad n, welches an der Stelle x denselben Funktionswert und dieselben ersten n Ableitungen wie f hat. Falls f selbst schon ein Polynom n-ten Grades ist, dann ist die (n+)-te Ableitung von f die Nullfunktion. Also ist das Restglied und man hat n f (k) (x ) f(x) = (x x ) k. k! k=
3 Die Taylor-Entwicklung II Die Taylor-Entwicklung von f um x bis zur. Ordnung ist f(x) = f(x ) + f (x )(x x ) +R(x), Gleichung der T angente lim x x R(x) (x x ) = bzw. R(x) = f (ξ) 2 (x x ) 2 Die Taylor-Entwicklung von f um x bis zur 3. Ordnung sieht so aus: f(x) = f(x ) + f (x )(x x ) + f (x ) 2 wobei lim x x (x x ) 2 + f (x ) (x x ) 3 + R(x), 6 R(x) (x x ) = bzw. R(x) = f(4) (ξ) (x x 3 ) 4. 4! Die Taylor-Entwicklung in anderer Schreibweise: Mit den neuen Bezeichungen x x := h, R(x) R(h) ist f(x + h) = f(x ) + f (x )h + f (x ) 2 h 2 + f (x ) h 3 + R(h), 6 R(h) wobei lim = bzw. R(h) = f(4) (ξ) x x h 3 4! h 4
4 Die Taylor-Entwicklung III Das Taylor-Polynom ist eine Linearkombination der Funktionen x (x x ) n. Diese Funktionen sehen so aus: x (x x ) x (x x ) 3 x (x x ) 5 x (x x ) x (x x ) 2 x (x x ) 4 x (x x ) 6 x (x x ) Merke: Je größer n desto flacher ist die Funktion x (x x ) n in der Nähe von x. Wenn n gerade, dann nimmt x (x x ) n an der Stelle x das globale Minimum an. Wenn n ungerade, dann hat x (x x ) n kein Minimum und kein Maximum.
5 Lokale Maxima und Minima Satz. Sei x R ein innerer Punkt des Definitionsbereiches von f : R D R und sei Dann gilt folgendes. f (k) (x ) = für k =,..., n und f (n) (x ). ( ) n ungerade x ist keine Extemalstelle. (n gerade und f (n) (x ) > ) striktes lokales Minimum an der Stelle x. (n gerade und f (n) (x ) < ) striktes lokales Maximum an der Stelle x. Begründung mit Satz von Taylor: Wegen ( ) sind die mittleren Terme im Taylor-Polynom =. Also n f (k) (x ) f(x) = (x x ) k + R(x) R(x) = r(x)(x x ) n, lim r(x) = k! x x k= ( ) = f(x ) + f(n) (x ) f (x x ) n + r(x)(x x ) n (n) (x ) = f(x ) + + r(x) (x x ) n. n! n! =g(x) Ob in x ein lokales Extremum vorliegt, hängt davon ab, welches Vorzeichen der Term g(x)(x x ) n hat. Ist das Vorzeichen stets positiv (negativ), liegt ein striktes lokales Minimum (Maximum) vor. Wechselt das Vorzeichen, in jeder noch so kleinen Umgebung von x, dann liegt kein Extremum vor. Wegen lim x x r(x) = haben aber g(x) und f (n) (x ) dasselbe Vorzeichen, wenn x hinreichend nahe bei x liegt. Das Vorzeichen von g(x)(x x ) n hängt dann nur vom Vorzeichen von (x x ) n und f (n) (x ) ab.
6 Beispiel: Taylor-Entwicklung der Sinus-Funktion Wir haben sin (x) = cos(x), cos (x) = sin(x). Daraus folgt für die Taylorentwicklung von sin bis zur 9. Ordnung sin(x) = sin(x ) + cos(x )(x x ) sin(x ) 2 (x x ) 2 cos(x ) (x x ) sin(x ) 24 (x x ) 4 + cos(x ) 2 (x x ) 5 sin(x ) 72 (x x ) 6 cos(x ) 7! (x x ) 7 + sin(x ) 8! Wegen sin() =, cos() = hat man speziell für x =, (x x ) 8 + cos(x ) (x x ) 9 sin(ξ) 9!! (x x ) sin(x) = x 6 x3 + 2 x5 7! x7 + 9! x9 sin(ξ)! x. Die allgemeine Formel für die Taylor-Entwicklung von sin um den Punkt x = ist n sin(x) = () k x 2k+ (2k + )! + sin(ξ) ()n+ (2n + 2)! x2n+2 k= Bei festgehaltenem x konvergiert das Restglied gegen für n gegen. Folglich ist n sin(x) = lim () k+ x 2k+ n (2k + )! = () k+ x 2k+ (2k + )! k= k=
7 Die Sinus und Cosinus als Taylor-Reihen (Potenzreihen) Wir haben eben gezeigt, dass sin(x) = () k x 2k+ (2k + )! = x 6 x3 + 2 x5 7! x7 + 9! x k= Analog zeigt man, dass cos(x) = k= () k x2k (2k)! = 2 x x4 6! x6 + 8! x8 +...
8 Einschub: Beweis des Satzes von Taylor mit Lagrange-Restglied Beweis wird folgendermaßen aufgebaut: () Satz von der Existenz von Extremwerten von stetigen Funktionen auf kompakten Intervallen. (2) Satz von Rolle. (3) Mittelwertsatz. (4) Anwendung des Mittelwertsatzes auf eine geeignete Funktion Satz von Taylor.
9 Der Satz von Rolle Satz: Sei f : [a, b] R stetig und auf ]a, b[ differenzierbar. Ausserdem sei f(a) = f(b) =. Dann gibt es (mindestens) ein ξ ]a, b[, so dass f (ξ) =. Beweis: Da f stetig ist, nimmt f das globale Maximum an mindestens einer Stelle ξ [a, b] an. Angenommen f(x) > für mindestens ein x ]a, b[. Dann liegt (wegen f(a) = f(b) = ) die Maximalstelle ξ in ]a, b[. Es folgt, dass f (ξ) =. Analog argumentiert man, wenn f(x) < für mindestens ein x. Dann liegt nämlich eine Minimalstelle ξ in ]a, b[. Wenn beide Fälle nicht eintreten, dann ist f die Nullfunktion, und folglich ist f (ξ) = für alle ξ [a, b]. Bild zum ersten Fall: waagerechte Tangente f a ξ b
10 Der Mittelwertsatz: Satz: Sei f : [a, b] R stetig und auf ]a, b[ differenzierbar. Dann gibt es (mindestens) ein ξ ]a, b[, so dass f(b) f Tangente Sekante f (ξ) = f(b) f(a). } b {{ a } Sekantensteigung f(a) a ξ b Beweis: Gleichung der Sekante durch die Punkte (a, f(a)), (b, f(b)): f(b) f(a) s(x) = (x a) + f(a), s f(b) f(a) (x) =. b a b a Für die Differenzfunktion d(x) := s(x) f(x) gilt d(a) = d(b) =. Nach dem Satz von Rolle gibt es ein ξ ]a, b[ so dass = d (ξ) = s (ξ) f f(b) f(a) (ξ) = f (ξ). b a
11 Beweis des Satzes von Taylor mit Lagrange-Restglied durch Anwendung des Mittelwertsatzes Ansatz: n f (k) (x ) f(x) = f(x ) + (x x ) k k! k= T aylorpolynom + ρ(x x ) n+ Restglied Dabei ist ρ R eine Zahl, die so gewählt ist, dass die Gleichung stimmt. Definiere: F(t) := f(t) + k= n k= f (k) (t) (x t) k + ρ(x t) n+ k! Dann ist F(x) = F(x ) = f(x) und n ( ) f F (t) = f (k+) (t) (t) + (x t) k f(k) (t) (x t)k (n + ) ρ(x t) n k! (k )! = f(n+) (t) (x t) n (n + ) ρ(x t) n = n! ( f (n+) (t) n! (n + ) ρ ) (x t) n Nach dem Mittelwertsatz gibt es ein ξ zwischen x und x (aber x ξ x), so dass = F(x) F(x ( ) ) f = F (n+) (ξ) (ξ) = (n + ) ρ (x ξ) n. x x n! Daraus folgt f(n+) (ξ) n! (n + ) ρ =, also ρ = f(n+) (ξ) (n + )!.
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