Umgang mit pechhaltigem Straßenaufbruch Berlin,

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1 Umgang mit pechhaltigem Straßenaufbruch Berlin, Bernhard Gerstmayr, Referent im Referat 78 Produktverantwortung, Wertstoffrückgewinnung

2 Inhalte Begriffsbestimmungen und Hintergründe Wassergefährdungspotenzial und abfallrechtliche Einordnung Verwertung pechhaltigen Straßenaufbruchs - wesentliche Regelwerke Zukünftige Entsorgungsoptionen für pechhaltigen Straßenaufbruch Folie: 2

4 Begriffsbestimmungen Straßenaufbruch: mineralische Stoffe, die mit Bindemitteln gebunden oder auch ungebunden im Straßenbau verwendet wurden. Als Bindemittel kommen hydraulische Bindemittel, Bitumen und/oder Teerpech in Frage. Bituminöser Straßenaufbruch: mineralische Stoffe, die mit bitumenhaltigen Bindemitteln oder früher noch mit Teer/Pech gebunden wurden Pech-(teer-)haltiger Straßenaufbruch: durch lagenweises Fräsen oder durch Aufbrechen einer Schicht oder eines Schichtpaketes in Schollen gewonnenes Material, das im Bindemittel Pech oder kohlestämmige Öle enthält. Asphalt: technisch hergestelltes Gemisch aus Straßenbaubitumen oder bitumenhaltigen Bindemitteln und Gesteinskörnungen sowie ggf. weiteren Zuschlägen und/oder Zusätzen. Folie: 4

5 Hintergründe Pech-(teer-)haltiger Straßenaufbruch kann bei der Erneuerung oder Beseitigung von alten Straßen neben Ausbauasphalt regelmäßig anfallen. Noch bis vor ca. 30 Jahren wurden knapp zwei Drittel des gesamten Steinkohlenteerpechaufkommens in der Bundesrepublik Deutschland als Bindemittel im Straßenbau eingesetzt. Bis zum endgültigen Verzicht auf Straßenpech Anfang der 1980er Jahre wurden häufig auch unterschiedliche Gemische von Pech mit Bitumen als Bindemittel im Straßenbau verwendet. Dies erschwert heute häufig eine eindeutige Identifizierung von pechhaltigem Straßenaufbruch. Aufkommen in Bayern ca t pro Jahr. Folie: 5

7 Wassergefährdungspotenzial Als Pyrolyseprodukt von Steinkohle enthalten Teerpeche erhebliche Anteile PAK, von denen zumindest einige Verbindungen, wie z.b. das 1,2-Benzpyren (Benzo[a]pyren), als krebserzeugend gelten. Steinkohlenteerpech wurde deshalb in der MAK- und BAT-Werte- Liste als krebserzeugender Stoff (Kategorie 1 in Abschnitt III) eingestuft. Als weitere problematische Stoffe enthalten Teerpeche phenolische Substanzen, die wegen ihrer relativ guten Wasserlöslichkeit durch Niederschlagswasser leicht eluiert werden können. Geht man von einem Bindemittelgehalt von ca. 5 % in einer Mischung aus, so resultiert für pechhaltigen Straßenaufbruch im Mittel ein PAK-Gehalt von ca. 7,5 g/kg. Folie: 7

8 Abfallrechtliche Einstufung von Straßenaufbruch * Kohlenteerhaltige Bitumengemische Bitumengemische mit Ausnahme derjenigen, die unter fallen. In Bayern erfolgte bislang Einstufung gemäß 3 Abs. 2 der Abfallverzeichnis-Verordnung i.v. mit den Hinweisen des BMUB zur Anwendung der AVV: * bei PAK-Gehalt mg/kg oder Benzo(a)pyren-Gehalt 50 mg/kg Durch Novelle der AVV Wegfall von Eluatwerten und Summenparametern Bayerisches LfU arbeitet an Hinweisen für Vollzug. Folie: 8

9 Abfallrechtliche Einordnung von Straßenaufbruch - Weitere Beispiele Niedersachsen: Mit Bitumen gebundene Straßenausbaustoffe und Bitumengemische mit bis zu 25 mg/kg PAK (EPA) im Feststoff gelten als teerfrei (Abfallschlüssel ). Bei Überschreitung dieses Wertes muss davon ausgegangen werden, dass Straßenausbaustoffe teer-/pechhaltige Bindemittel enthalten. Folge: Abfallschlüssel * Baden-Württemberg: PAK-Gehalt 200 mg/kg gefährlich Sachsen-Anhalt: Ausbauasphalte, die 50 mg/kg [ppm] Benzo[a]pyren unterschreiten, sind als nicht gefährlich einzustufen (Abfallschlüssel: , Bitumengemische). Quelle: Recherchen des Bayerischen Landesamts für Umwelt, Januar 2016 Folie: 9

11 LAGA-Mitteilung 20 - Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Reststoffen/Abfällen, Technische Regeln Pechhaltiger Straßenaufbruch Verwertung gebunden Verwertung ungebunden nur Kaltbauweise mit hydraulischen/bitumenhaltigen Bindemitteln unter Kann bis zu einem PAK-Gehalt nach EPA von 100 mg/kg unter wasserundurchlässiger Schicht Einhaltung der Einbauklasse 2 (Z 2) auch ungebunden mit folgenden zusätzlichen Einschränkungen verwertet werden: Einsatz nur bei Großbaumaßnahmen und vollflächige Überbauung durch eine wasserundurchlässige Schicht. Eine bautechnische Verwendung von pechhaltigem Straßenaufbruch im Deponiekörper ist möglich. Ausgeschlossen ist auch der Einbau in Privatwege außerhalb von Industrie-und Gewerbegebieten, Wirtschaftswege sowie in Lärmschutzwälle. Dies gilt auch für den Einbau in Geh- und Radwege, sofern sie nicht in direktem Zusammenhang mit dem Straßenkörper stehen. Zum Vergleich: Ausbauasphalt Zuordnungswert Z 0 Z 1.1 Z 1.2 Z 2 PAK nach EPA mg/kg Phenolindex µg/l Phenolindex mg/l PAK nach EPA mg/kg Phenolindex µg/l Phenolindex mg/l PAK nach EPA mg/kg Phenolindex µg/l Phenolindex mg/l PAK nach EPA mg/kg Ausbauasphalt ungebunden 1 < 10 < 0, , , ,1 Verwertung uneingeschränkter Einbau eingeschränkter offener Einbau Phenolindex µg/l Phenolindex mg/l eingeschränkter Einbau mit definierten technischen Sicherungsmaßnahmen Folie: 11

12 RuVA-StB, Ausgabe 2001/Fassung 2005 (Richtlinien für die umweltverträgliche Verwertung von Ausbaustoffen mit teer- /pechtypischen Bestandteilen sowie für die Verwertung von Ausbauasphalt im Straßenbau) A B C Art der Straßenausbaustoffe Ausbauasphalt Ausbaustoffe mit teer-/pechtypischen Bestandteilen vorwiegend steinkohlenteertypisch vorwiegend braunkohlenteertypisch Verwertungsklasse Hintergrund 1) AS, BS, GS AS, BS, GS BS, GS Gesamtgehalt im Feststoff PAK nach EPA mg/kg Phenolindex im Eluat mg/l Verwertungsverfahren nach Abschnitt 2) 25 4) 0,1 4) 4.1 (4.2) (4.3) > 25 0,1 4.2 Wert ist anzugeben > 0,1 4.2 Legende: 1) AS = Arbeitsschutz, BS = Bodenschutz, GS = Gewässerschutz 2) in Klammern: nur in Ausnahmefällen, da keine hochwertige Verwertung 3) entfallen 4) Nachweis kann entfallen, wenn im Einzelnen zweifelsfrei nachgewiesen wird, dass ausschließlich Bitumen oder bitumenhaltige Bindemittel verwendet wurden. 4.1 Heißmischverfahren 4.2 Kaltmischverfahren mit Bindemitteln 4.3 Kaltverarbeitung ohne Bindemittel Folie: 12

13 LAGA M 20 und RuVA StB-01- Abweichung bzgl. ungebundenem Einbau Nach LAGA M 20 (1997) II pechhaltiger Straßenaufbruch kann pechhaltiger Straßenaufbruch bis zu einem PAK-Gehalt von 100 mg/kg unter Einhaltung der Anforderungen der Einbauklasse 2 mit zusätzlichen Einschränkungen auch ungebunden verwendet werden. Mit Allg. Rundschreiben Straßenbau Nr. 39/2004 in den RuVA enthalten wurde u. a. auf die Kaltverarbeitung ohne Bindemittel von Ausbaustoffen der Verwertungsklasse B (PAK > 25 mg/kg und Phenolindex kleiner oder gleich 0,1 mg/l) verzichtet. Folie: 13

14 Lagerung Bayerisches Staatsministerium für Lagerflächen für pechhaltigen Straßenaufbruch sind hier Anlagen zum Lagern von wassergefährdenden festen Stoffen. Um eine Auslaugung durch Niederschlagswasser zu verhindern, ist das Material (Schollen, Fräsgut und Granulat) unter Dach auf einer stoffundurchlässigen Fläche zu lagern (entspricht Nr. 8.3 TRwS 779). TRwS: Technische Regel wassergefährdender Stoffe Ist Lagerung unter Dach aus besonderen Gründen nicht möglich, darf pechhaltiger Straßenaufbruch in Ausnahmefällen auch im Freien gelagert werden. Niederschlagswasser ist ordnungsgemäß zu entsorgen. Hinweis: Für Ausbauasphalt ohne bzw. mit geringen Verunreinigungen gelten hiervon abweichende Regelungen. Folie: 14

15 Sammlung und Transport von pechhaltigem Straßenaufbruch Gefährlicher pechhaltiger Straßenaufbruch darf entsprechend der Anzeige- und Erlaubnisverordnung (AbfAEV) gewerbsmäßig nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde eingesammelt oder befördert werden. Wer eine Anzeige vornehmen muss oder eine Erlaubnis braucht, ist den 53 und 54 KrWG zu entnehmen. Ausnahmen von der Erlaubnispflicht oder beim Anzeigeverfahren sind möglich. Folie: 15

16 Erfordernis eines Entsorgungsnachweises Beispiel Bayern: Allgemeinverfügung des Landesamts für Umwelt (LfU), gemäß der nach Maßgabe bestimmter Bedingungen und Auflagen die an der Verbringung Beteiligten (z.b. Träger von Baumaßnahmen an Straßen in öffentlich-rechtlicher Baulast, Beförderer oder Betreiber von Aufbereitungsanlagen) von ihren Pflichten nach der Nachweisführung zur Führung von Entsorgungsnachweisen und Begleitscheinen befreit sind. Beispiel Niedersachsen: Teer-/pechhaltiger Straßenaufbruch, der als gefährlicher Abfall unter dem Abfallschlüssel * eingestuft wird, bedarf eines Entsorgungsnachweises unabhängig davon, ob eine Verwertung oder Beseitigung erfolgt. Quelle: Niedersächsische Gesellschaft zur Endlagerung von Sonderabfall mbh: Merkblatt zur Entsorgung von Straßenaufbruch, Stand 10/2012 Folie: 16

18 Allgemeines Rundschreiben Straßenbau 16/2015 Regelungen zum Aus- und Wiedereinbau Verzicht auf Verwertung im Bundesfernstraßenbau bis spätestens zum ; drei Fälle sind zu unterscheiden: Neu- und/oder Ausbaumaßnahmen Erhaltungsmaßnahmen Kein Einbau von Baustoffgemischen mit teer- /pechhaltigen Bestandteilen Wenn teer-/pechhaltige Schichten verändert werden müssen, ist dieses Material auszubauen und bevorzugt einer thermischen Verwertung oder Behandlung zuzuführen. Eine Verwertung vor Ort ist nicht mehr möglich. Erfolgt keine Veränderung der belasteten Schicht, kann das Material grundsätzlich vor Ort verbleiben. Folie: 18

19 Allgemeines Rundschreiben Straßenbau 16/2015 Vorgaben an die Entsorgung Verwertung nach KrWG ggü. Beseitigung zu bevorzugen Bei der Entsorgung des teer-/pechhaltigen Straßenaufbruchs sollen die thermische Verwertung (z.b. bei der Zementherstellung) oder die thermische Behandlung (vollständige Verbrennung der Schadstoffe und Wiederverwendung der Gesteinskörnungen) bevorzugt vorgesehen werden Umsetzung in Bayern für Bundes- und Staatsstraßen: thermische Behandlung oder Verwertung im Rahmen einer deponiebautechnischen Maßnahme Wiedereinbau in anderen technischen Bauwerken als Deponien ist auszuschließen. Auftragnehmer hat innerhalb eines überschaubaren Zeitraums Unterlagen vorzulegen, in denen der Entsorgungsweg für die Gesamtmenge des abgegebenen Materials vollständig dokumentiert ist. Folie: 19

20 Entsorgungsoptionen für pechhaltigen Straßenaufbruch Quelle: Thüringer Landesamt für Bau und Verkehr [1] Folie: 20

21 Beispiel Hamburg: Thermische Aufbereitung in den Niederlanden Die Stadt Hamburg hat im Januar 2012 einen zehnjährigen Entsorgungsvertrag mit der REMEX Mineralstoff GmbH getroffen, der die thermische Reinigung des gesamten teerhaltigen und teerverdächtigen Straßenaufbruchs der Stadt zum Ziel hat. Der gesamte städtische Straßenaufbruch, der Pech/Teer enthält oder der pech-/teerverdächtig ist, wird in einer Aufbereitungsanlage von Störstoffen befreit und auf die für die thermische Verwertung erforderliche Körnung gebrochen. Danach wird der Straßenaufbruch auf Schiffe verladen und mit entsprechender abfallrechtlicher Notifizierung in die Niederlande zur thermischen Aufbereitung gebracht. Nach der Behandlung wird die verbleibende Gesteinskörnung als ungefährlicher, gereinigter Sekundärbaustoff vermarktet. Folie: 21

22 Beispiel Bayern Geplantes Pilotprojekt in 2016 unter Federführung der Obersten Baubehörde (OBB): Entsorgung von rd m 3 von derzeit zwischengelagertem teer-/pechhaltiges Ausbaumaterial Maßnahme wird öffentlich ausgeschrieben Einschiffung vsl. in Würzburg / Aschaffenburg Erhoffte Lerneffekte betreffen v.a. Zulieferlogistik, Zwischenlagerung, Berechnung Sicherheitsleistung für Notifizierung Folie: 22

23 Quellen [1] Thüringer Landesamt für Bau und Verkehr: Leitfaden für den Umgang mit Boden und ungebundenen/gebundenen Straßenbaustoffen hinsichtlich Verwertung oder Beseitigung [2] Thüringer Landesamt für Bau und Verkehr: Ergänzungen und Änderungen zum Leitfaden für den Umgang mit Boden und ungebundenen/gebundenen Straßenbaustoffen hinsichtlich Verwertung oder Beseitigung - Stand: 03/2012 [3] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: Allgemeines Rundschreiben Straßenbau 16/2015 [4] Niedersächsische Gesellschaft zur Endlagerung von Sonderabfall mbh: Merkblatt zur Entsorgung von Straßenaufbruch, Stand 10/2012 [5] Merkblatt Umweltfachliche Beurteilung der Lagerung, Aufbereitung und Verwertung von bituminösem Straßenaufbruch des Bayerischen Landesamts für Umwelt (ab ca. Sept verfügbar; bislang Merkblatt 3.4/1 Wasserwirtschaftliche BeurteilungZ sowie LfU-infoBlatt Pechhaltiger Straßenaufbruch Folie: 23

24 Bernhard Gerstmayr Dipl.-Wirtschaftsing. Kontakt Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz Referat 78 Produktverantwortung, Wertstoffrückgewinnung Rosenkavalierplatz München Tel.: bernhard.gerstmayr@stmuv.bayern.de Folie: 24