DAS GEHEIMNIS DES KOFFERS.
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- Astrid Kappel
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1 DAS GEHEIMNIS DES KOFFERS. VOM SCHICKSAL EINES BÖHMISCHEN ADELIGEN IM FUGGERSCHEN BLUMENTHAL.»Fugger im Archiv. Die Fundstücke-Geschichten.«ist eine jährliche Veranstaltung im Rahmen des Fugger Forum. Historiker präsentieren dabei Gegenstände, die im Fuggerarchiv aufbewahrt werden und erzählen die oft erstaunlichen Geschichten hinter den Fundstücken.
2 FUGGER IM ARCHIV.
3 DAS GEHEIMNIS DES KOFFERS. VOM SCHICKSAL EINES BÖHMISCHEN ADELIGEN IM FUGGERSCHEN BLUMENTHAL. Im»Museum«des Fugger-Archivs lagern Gegenstände aus Gebäuden der Fuggerschen Stiftungen, die gerade nicht gebraucht werden oder ihre ursprüngliche Funktion verloren haben. Auch ein paar Koffer aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert werden dort aufbewahrt. Darunter welche, die früher auf dem Speicher von Schloss Blumenthal bei Aichach standen. Blumenthal war im Jahr 1806 an einen Fugger gekommen. Von 1870 bis 2006 gehörte die Liegenschaft zu den Fuggerschen Stiftungen, so dass sich einige Fundstücke aus Blumenthal im Fugger-Archiv finden. Nach dem 2. Weltkrieg bot Blumenthal zunächst Flüchtlingen und Vertriebenen Zuflucht. Später entwickelte sich daraus ein Altenheim für die, die geblieben waren, vor allem aber für Menschen aus der Gegend um Augsburg und Aichach. Grundlage dafür war eine alte Spitalstiftung, die Anton Fugger vierhundert Jahre zuvor in Waltenhausen errichtet hatte. Deren Stiftungszweck wurde nach dem Krieg wiederaufgenommen und modern belebt. Unter den ersten Bewohnern des modernen Blumenthal waren auffallend viele Adelige, insbesondere aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten. Durch den Krieg hatten sie Besitz und Heimat verloren. Davon gibt auch einer der Koffer im Fugger-Archiv Zeugnis. Es ist zwar nicht bekannt, wem genau er gehörte. Aber der Koffer mag stellvertretend für eine Persönlichkeit aus dem Kreis der vertriebenen Adeligen stehen, die nach dem Krieg in Blumenthal lebten. Es handelt sich dabei um Graf Karl Chotek, der einem böhmischen Uradelsgeschlecht entstammte. Die Chotek sind seit dem Jahr 1115 nachgewiesen erfolgte die Erhebung in den Reichsgrafenstand, 1945 wurden sie enteignet. Der (Reichs)Graf Karl Chotek kam daher völlig mittellos aus Böhmen über Österreich nach Blumenthal. Sein persönliches Schicksal spiegelt die Wirrungen und tragischen Entwicklungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf ganz besondere Weise wider. Denn Graf Chotek stand indirekt mit epochalen Ereignissen in Verbindung. Sogar Kaiser Franz Joseph I. von Österreich Gemahl der Kaiserin Sisi spielt dabei eine Rolle. Denn dessen Neffe und Thronfolger, Erzherzog Franz Ferdinand, heiratete in nicht standesgemäßer Ehe die Gräfin Sophie Chotek. Das bedeutete zwar einerseits für die Grafen Chotek eine besondere Stellung. Andererseits bezahlte Sophie einen bitteren Preis für die Liebesheirat: sie durfte weder Kaiserin noch Königin werden, künftige Kinder aus der Ehe mit Franz Ferdinand wurden von der Thronfolge ausgeschlossen. Die Geschichte nahm aber noch einen weitaus tragischeren Verlauf: aus der Kaiser-Nachfolge wurde ohnehin nichts. Erzherzog Franz Ferdinand und Herzogin Sophie, geborene Gräfin Chotek, starben am 28. Juni 1914 gemeinsam durch die Schüsse eines serbischen Nationalisten bei jenem Attentat in Sarajevo, das den 1. Weltkrieg auslöste.
4 Mehr als 30 Jahre und einen Weltkrieg später kam Sophies entfernter Verwandter Graf Chotek als Vertriebener nach Blumenthal, Zimmer Nr. 8. Er blieb dort für den Rest seines Lebens, vielleicht stand auch sein Koffer auf dem Dachboden des Schlosses. Als Graf Chotek 1970 starb, fand er seine letzte Ruhe auf dem Dorffriedhof im benachbarten Klingen. Seine mehr als 800 Jahre alten Wurzeln im böhmischen Adel traten noch einmal, ein letztes Mal, bei seiner Beerdigung zu Tage. Ein Augenzeuge berichtete von einer anrührenden Zeremonie auf dem Friedhof. Getreu der Tradition beendete ein mittelalterliches Ritual die lange Geschichte des Geschlechts, das keine Zukunft mehr hatte. Denn nachdem der Sarg mit den sterblichen Überresten von Graf Karl Chotek in die Grube gesenkt worden war, erhob sich eine Stimme. Der Ruf ging in alle vier Himmelsrichtungen. Nach Osten:»Ist da ein Chotek?«Nach Süden:»Ist da ein Chotek?«Nach Westen:»Ist da ein Chotek?«Nach Norden:»Ist da ein Chotek?«Aus keiner Richtung eine Antwort. Am Grab wurde das Wappen der Chotek zerschlagen. Graf Karl Chotek war der letzte männliche Chotek. Ein leerer Koffer im Fugger-Archiv erinnert an ihn. AUTOR Franz Karg M. A. Archivar Fürstlich und Gräflich Fuggersches Familien- und Stiftungsarchiv BEI RÜCKFRAGEN Astrid Gabler Leitung Kommunikation T
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