Die Unterstützung von Menschen mit komplexem Hilfebedarf als kommunale Koordinationsaufgabe
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- Jesko Bergmann
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1 Die Unterstützung von Menschen mit komplexem Hilfebedarf als kommunale Koordinationsaufgabe Prof. Dr. Johannes Schädler / Martin F. Reichstein, M.A. Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste (ZPE), Universität Siegen
2 Gliederung 1. Lebens- und Betreuungssituation in Nordrhein- Westfalen 2. Lebensqualität und Veränderungserfahrungen 3. Aktuelle Herausforderungen und Entwicklungen 4. Problemanzeigen und Perspektiven Prof. Dr. Johannes Schädler
3 Zum Personenkreis: Menschen, die Probleme haben und Probleme machen Herausforderndes Verhalten als Ergebnis einer Lerngeschichte von Menschen, die bestimmte wenig angepasste, provokante, hoch destruktive oder auch forensisch erfasste Verhaltensweisen unter jeweils spezifischen Bedingungen sinnhaft hervorgebracht haben. Zumutungen, die Probleme für soziale Umgebung (Angehörige, Professionelle, Verwaltung, Nachbarschaft, Gesellschaft) machen
4 LEBENS- UND BETREUUNGSSITUATION VON MENSCHEN MIT KOGNITVER BEEINTRÄCHTIGUNG UND HERAUSFORDERNDEM VERHALTEN IN NRW Ausgewählte Untersuchungsergebnisse
5 NRW Befragung zu Hilfeangeboten für Menschen mit Behinderungen und herausforderndem Verhalten Befragung von Einrichtungen und Diensten der wohnbezogenen Eingliederungshilfe in beiden Landesteilen von NRW (LVR, LWL) zu Betreuungskonzepten und Personen mit herausforderndem Verhalten Frage: Welche dominierenden Einschätzungen, welche Praxis und welche perspektivischen Vorstellungen gibt es diesbezüglich im nordrhein-westfälischen Hilfesystem?
6 Forschungspraktische Definition des Personenkreises von Menschen mit herausforderndem Verhalten Erwachsene Personen mit geistiger oder seelischer Behinderung in der wohnbezogenen Eingliederungshilfe und 1. Unterbringungsbeschluss 1906 BGB oder 2. bei denen ein Unterbringungsbeschluss nach 1906 BGB erwogen wurde, da regelhaftes herausforderndes Verhalten seit mindestens sechs Monaten besteht
7 Forschungspraktische Definition des Personenkreises von Menschen mit herausforderndem Verhalten 3. die regelhaft herausforderndes Verhalten zeigen, ohne dass ein Unterbringungsbeschluss nach 1906 BGB erwogen wurde 4. Beurlaubung aus dem Maßregelvollzug und unter der Auflage einer geschlossenen Unterbringung
8 Untersuchung in beiden Landesteilen NRWs Westfalen-Lippe /LWL: August bis September 2015, 301 Ansprechpersonen, Beteiligung durch 48 % Rheinland/LVR: November 2015 bis Januar 2016, 807 Ansprechpersonen, Beteiligung durch 31 Prozent Insgesamt: 396 Einrichtungen und Dienste Rückmeldungen aus 48 von 54 Gebietskörperschaften Siedlungs- und Trägerstruktur repräsentativ abgebildet
9 Fälle geschlossener Unterbringung seit 1992 Anordnungen bzw. Genehmigungen sowie Ablehnungen geschlossener Unterbringung nach 1906 BGB in NRW ( ) y = 306,26x ,6 R² = 0, Anordnungen bzw. Genehmigungen Ablehnungen Linear (Anordnungen bzw. Genehmigungen)
10 Ausgewählte Befunde (I) Anteil von Einrichtungen mit geschlossenen Wohnangeboten in beiden Landesteilen gleich hoch, die konkrete Ausgestaltung unterscheidet sich z.t. deutlich Höhere Einschätzung zur Dringlichkeit der Schaffung geschlossener Wohnplätze in Westfalen-Lippe. Hoher Konsens über Vereinbarkeit freiheitsentziehender Maßnahmen mit Leistungen der EGH (LWL: 81 % Zustimmung; LVR: 61 % Zustimmung)
11 Ausgewählte Befunde (II) Anteil von Personen mit herausforderndem Verhalten im stationären Bereich höher als in ambulanten Settings Herausforderndes Verhalten ist in vielen Behinderteneinrichtungen Teil des Betreuungsalltags und kann hinreichend angemessen bearbeitet werden Herausforderndes Verhalten kommt bei massiven Gewalthandlungen gegen andere Menschen (andere Klienten, Mitarbeiter/innen, Außenstehende) an Grenzen
12 LEBENSQUALITÄT UND VERÄNDERUNGSERFAHRUNGEN - EINE EXPLORATIVE FALLSTUDIE IN STATIONÄREN EINRICHTUNGEN Ausgewählte Untersuchungsergebnisse
13 Befragte Personen Befragung von 14 Personen, die in unterschiedlichen stationären Einrichtungen der Hilfen für Menschen mit Behinderungen betreut werden Darunter: 4 Personen, die in geschlossenen Wohnangeboten der Eingliederungshilfe in Westfalen- Lippe betreut werden Erhebungszeitraum: August 2016 bis Februar
14 Problemanzeigen aus individueller Pespektive Klient/inn/en mit herausfordernden Verhaltensweisen haben oft lange Hilfekarriere, weit entfernt vom Herkunftsort. Hilfeverläufe oft mit biografischen und räumlichen Brüchen. Entwicklung von dauerhaften persönlichen und örtlichen Bindungen erschwert, Personen werden oft nicht an Veränderungsentscheidungen beteiligt, sondern von Einrichtung zu Einrichtung prozessiert (z.b. ohne Hilfeplanverfahren)
15 Besondere Problematik geschlossener Unterbringung Einschränkung persönlicher Rechte Erleben von belastenden Interaktionen, insbesondere mit anderen Bewohner/inn/en mit herausforderndem Verhalten Geschlossene Unterbringung wird von betroffenen Personen als überwiegend als Leidenserfahrung beschrieben
16 AKTUELLE ENTWICKLUNGEN UND HERAUSFORDERUNGEN IM ZUSAMMENHANG MIT DEM PERSONENKREIS Thesen zu ausgewählten Aspekten
17 Trägerkonzepte im Bereich der Eingliederungshilfe und Überörtliche Versorgungsplanung
18 Modell: Abgestuftes Wohnangebot für Menschen mit Behinderungen Eingestreute geschlossene Plätze 24 er Wohnheim (Außen-) Wohngruppe Stationär betreutes Einzelwohnen Intensiv betreutes Wohnen Ambulant betreutes Wohnen Wohnen ohne professionelle Hilfen zum Wohnen Erzählung: Angebot zunehmend offener, d.h. weniger besondernder und weniger restriktiver Wohnformen für unterschiedlich selbständige Klient/inn/en
19 Ergänzung des abgestuften Modells der Wohnangebote für Menschen mit Behinderungen Forensische Kliniken Familien Andere Leistungssysteme Geschlossene Wohnheime Wohnheim (Außen-) Wohngruppe Stationär betreutes Einzelwohnen Tendenz: Flächendeckende Etablierung geschlossener Wohneinrichtungen als restriktivere Wohnform mit Aufnahmen auch aus weniger besondernden und restriktiven Wohnangeboten
20 Entsteht ein neuer Exklusionsbereich?
21 Wirkungen: Deutungsansätze Erweiterung der Angebotspalette als Teil der Ausbaustrategie der Träger Erweiterung als Folge von internem Handlungsdruck durch Ambulantisierung der Fitten in Wohnheimen Erzeugung von Push & Pull Mechanismen (Sogwirkung) (Re-)Konstruktion des harten Kerns, d.h. der Personengruppe der Systemsprenger
22 PROBLEMANZEIGEN UND PERSPEKTIVEN Kommunale Planung und der beschriebene Personenkreis
23 Besondere Problematik geschlossener Unterbringung Aktuell: Fachdiskussion in mehreren Bundesländern Diskussion über die grundsätzliche Erforderlichkeit Kritische Reflexion der geschlossenen Einrichtungen Formulierung von Standards für entsprechende Einrichtungen (bspw. durch das LASV Brandenburg, 2013)
24 Notwendigkeit der Integration von horizontalen und vertikalen Planungslogiken Vertikale Planungslogik z. B. im Bereich der Eingliederungshilfe Überörtliche Versorgungsplanung mit Trägerorientierung Senioren-Service-Stellen in kommunaler Trägerschaft Initiativen und Angebote im Vor- und Umfeld des Leistungsgeschehens (exemplarische Darstellung) Horizontale Planungslogik Bereits jetzt. im Bereich der Pflege zu ergänzen um andere Bereiche Kommunale Daseinsvorsorge mit sozialräumlicher Orientierung
25 Perspektiven für bestehende Planungspraktiken (auch für Angebote für Menschen mit herausforderndem Verhalten) Aktive Rolle der Kommunen in Angebotsplanung der Eingliederungshilfe in Verbindung mit anderen Sektoren vor Ort, Stärkung insbesondere sozialräumlicher Kooperationen unter Einbeziehung der Eingliederungshilfe Initiierung integrierender Sozialplanung
26 Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit! Prof. Dr. Johannes Schädler Martin F. Reichstein, M.A. Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste (ZPE) Universität Siegen Tel.: Prof. Dr. Johannes Schädler
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