Qualitätssicherungsbericht 2015 Disease Management Programme in Nordrhein

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1 Qualitätssicherungsbericht 2015 Disease Management Programme in Nordrhein Langfassung, Version 4 Erstellt im Auftrag der Gemeinsamen Einrichtung DMP Nordrhein Autoren: Dr. Sabine Groos, Dipl.-Psych. Jens Kretschmann, Dr. Christine Macare, Arne Weber, M.A. PH, Dr. Bernd Hagen Mitarbeit: Dominik Bohn, BSc, Chafik El Mahi, BSc, Tobias Groben, Dr. Andreas Juhasz, Fritz Lichtner, Anna Peer, M.A., Dipl.-GesÖk. Julia de Vasconcelos Valente, (alle Zi), Maik Heringer (Heringer Consulting) Köln, 15. November 2016 Korrespondenz an: Dr. Bernd Hagen Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, DMP Projektbüro Sedanstr , Köln Fon: Mail: bhagen@zi.de Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland Rechtsfähige Stiftung Herbert-Lewin-Platz Berlin Tel Fax zi@zi.de Vorstandsvorsitzender: Dr. med. Andreas Gassen Geschäftsführer: Dr. Dominik Graf von Stillfried Vorstandsmitglieder: Dipl.-Med. Regina Feldmann Dr. med. Wolfgang Krombholz Dr. med. Peter Potthoff Dr. med. Angelika Prehn Dr. med. Sigrid Ultes-Kaiser

2 Inhalt Inhalt Abbildungsverzeichnis... 5 Tabellenverzeichnis... 8 Abkürzungsverzeichnis Zusammenfassung Der Qualitätsbericht als Instrument der Qualitätssicherung: Zielsetzung und Adressaten Disease-Management-Programme Qualitätssicherung in den DMP Qualitätssicherungsziele Strukturqualität Prozessqualität: Reminder und Feedback-Berichte als Instrumente der Qualitätssicherung Weitere begleitende qualitätssichernde Maßnahmen Ergebnisqualität Methodische und statistische Grundlagen der hier vorgenommenen Analysen Teilnehmerzahlen und Dokumentationsvolumen Teilnehmerzahlen Dokumentationsvolumen DMP Diabetes mellitus Typ Definition und Prävalenz des Diabetes mellitus Typ Ziele des DMP Diabetes mellitus Typ 2 und Kooperation der Versorgungsebenen Patienten im DMP Diabetes mellitus Typ Erreichen der Qualitätsziele im DMP Diabetes mellitus Typ Univariate Analyse der Qualitätszielerreichung Multivariate Analyse der Qualitätszielerreichung Analyse der Qualitätszielerreichung auf Praxisebene Vollständigkeit und Plausibilität der Dokumentationen Patientenmerkmale und Befunde bei der Einschreibung Begleit- und Folgeerkrankungen, auffällige Befunde, Risikofaktoren Stoffwechseleinstellung, Blutdruck und Serum-Kreatinin Stoffwechseleinstellung und Stoffwechselentgleisungen Blutdruck Serum-Kreatinin und glomeruläre Filtrationsrate Blutzuckersenkende Therapie Weitere Medikation bei Begleit- und Folgeerkrankungen Schulungen Kontrolluntersuchungen, Einweisungen und Betreuung von Patienten mit Fußläsionen Vergleich der hausärztlich und in diabetologischen Schwerpunktpraxen betreuten Patienten Unterschiede zwischen kontinuierlich und diskontinuierlich am DMP teilnehmenden Patienten Patienten, die mindestens ein Jahr an dem DMP nicht mehr teilnehmen Regionale Vergleiche DMP Diabetes mellitus Typ Definition und Prävalenz des Diabetes mellitus Typ Ziele des DMP Diabetes mellitus Typ Patienten im DMP Diabetes mellitus Typ Erreichen der Qualitätsziele im DMP Diabetes mellitus Typ Univariate Analyse der Qualitätszielerreichung Multivariate Analyse der Qualitätszielerreichung

3 Inhalt Analyse der Qualitätszielerreichung auf Praxisebene Vollständigkeit und Plausibilität der Dokumentation Patientenmerkmale und Befunde bei der Einschreibung Stoffwechseleinstellung, Blutdruck und Serum-Kreatinin Stoffwechseleinstellung und Stoffwechselentgleisungen Blutdruck Nierenfunktion und geschätzte glomeruläre Filtrationsrate Folgekomplikationen, Begleiterkrankungen, auffällige Befunde und Risikofaktoren Diabetische Folgekomplikationen Begleiterkrankungen Auffällige Befunde und Risikofaktoren Begleitmedikation Schulungen Kontrolluntersuchungen und stationäre Einweisungen Hausärztlich und in DSP betreute Patienten Unterschiede zwischen kontinuierlich und diskontiunierlich am DMP teilnehmenden Patienten Patienten, die mindestens ein Jahr an dem DMP nicht mehr teilnehmen DMP Koronare Herzkrankheit Definition und Prävalenz der koronaren Herzkrankheit Ziele des DMP Koronare Herzkrankheit Patientengruppen im DMP Koronare Herzkrankheit Erreichen der Qualitätsziele im DMP Koronare Herzkrankheit Univariate Analyse der Qualitätszielerreichung Multivariate Analyse der Qualitätszielerreichung Analyse der Qualitätszielerreichung auf Praxisebene Vollständigkeit und Plausibilität der Dokumentation Patientenmerkmale und Befunde bei der Einschreibung Komorbidität Schmerzsymptomatik und Risikofaktoren Häufigkeit ausgewählter Begleiterkrankungen im Zeitverlauf Blutdruck und LDL-Cholesterin Koronartherapeutische Interventionen und Krankenhausbehandlungen Medikation Schulungen Überweisungen und Kontrolluntersuchungen Unterschiede zwischen kontinuierlich und diskontinuierlich am DMP teilnehmenden Patienten Patienten, die mindestens ein Jahr an dem DMP nicht mehr teilnehmen Verstorbene Patienten DMP Asthma bronchiale Definition der Erkrankung und Prävalenz des Asthma bronchiale Ziele des DMP Asthma bronchiale Patientengruppen im DMP Asthma bronchiale Erreichen der Qualitätsziele im DMP Asthma bronchiale Univariate Analysen der Qualitätszielerreichung Multivariate Analysen der Qualitätszielerreichung Analyse der Qualitätszielerreichung auf Praxisebene Vollständigkeit und Plausibilität der Dokumentation Querschnittlicher Vergleich ausgewählter Patientenmerkmale bei der Einschreibung Komorbidität Lifestyle-Faktoren Kontrolle der Asthma-Symptomatik Medikation Schulungen

4 Inhalt 9.11 Teilnahmekontinuität von Asthma-Patienten Ausstellung von Selbstmanagementplänen und Kooperation der Versorgungsebenen Pneumologisch qualifizierte Betreuung Patienten, die aus dem DMP Asthma bronchiale ausscheiden Regionale Aspekte Schwerpunkt Symptomkontrolle DMP Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung (COPD) Definition und Prävalenz der chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung Ziele des DMP COPD Patientengruppen im DMP COPD Erreichen der Qualitätsziele im DMP COPD Univariate Analysen der Qualitätszielerreichung Multivariate Analysen der Qualitätszielerreichung Analyse der Qualitätszielerreichung auf Praxisebene Vollständigkeit und Plausibilität der Dokumentation Patientenmerkmale und Befunde bei der Einschreibung Begleiterkrankungen, auffällige Befunde, Risikofaktoren Stationäre Notfälle und Exazerbationen Medikation Schulung Inhalationstechnik und Behandlungsplan Vergleich der hausärztlich und von pneumologisch qualifizierten Fachärzten betreuten Patienten Unterschiede zwischen kontinuierlich und diskontinuierlich am DMP teilnehmen-den Patienten Patienten, die aus dem DMP COPD ausscheiden Verstorbene Patienten DMP Brustkrebs Definition und Inzidenz des Brustkrebs Ziele des DMP Brustkrebs Verschiedene Patientinnengruppen im DMP Brustkrebs Erreichen der Qualitätsziele im DMP Brustkrebs Erreichen patientinnenbezogener Qualitätsziele Vollständigkeit und Plausibilität der Dokumentation Patientinnen nach dem Schweregrad ihrer Erkrankung bei Einschreibung Behandlungsmaßnahmen Operative Verfahren Strahlentherapien Chemotherapien Endokrine Therapien Bisphosphonat-Therapie In mehreren DMP betreute Patienten Literatur

5 Inhalt Abbildungsverzeichnis 5 Teilnehmerzahlen 5-1: Anzahl betreuter Patienten (D2, KHK, AB, COPD) : Anzahl betreuter Patienten (D1, AB nur Kinder & Jugendliche, COPD) : Anzahl betreuter und neu hinzugekommener Patienten : Anzahl dokumentierender Ärzte seit DMP Diabetes mellitus Typ 2 6-1: Patientengruppen im DMP Diabetes mellitus Typ : Erreichen der Qualitätsziele : Praxenspezifische Unterschiede bei den Zielerreichungsquoten : Häufigkeit einer Neuro-, Nephro- oder Retinopathie : Häufigkeit einer Amputation, Dialyse oder Erblindung : Prädiktoren der ersten Dokumentation einer Amputation, Dialyse oder Erblindung innerhalb der ersten beiden Jahre im DMP : Veränderung des HbA 1c -Werts in Gruppen mit unterschiedlich hohen Ausgangswerten : Prädiktoren für die Dokumentation eines nicht tödlichen Herzinfarkts seit : Prädiktoren für die Dokumentation eines nicht tödlichen Schlaganfalls seit : Veränderung des systolischen und diastolischen Blutdrucks in Gruppen mit unterschiedlich hohen Ausgangswerten des systolischen Blutdrucks : Veränderung des Blutdrucks bei Patienten mit Herzinfarkt, Schlaganfall und Nierenschädigung : Praxenspezifische Unterschiede bei den antidiabetischen Verordnungen : Veränderung der blutzuckersenkenden Therapie : Veränderung der blutzuckersenkenden Medikation nach Medikationsstatus : Veränderung der Verordnung von Antihypertensiva, TAH und Statinen : Prädiktoren des Schulungsstatus bei bis 2008 eingeschriebenen Patienten : Prädiktoren einer Schulungsempfehlung : Häufigkeit einer jährlichen ophthalmologischen Netzhautuntersuchung seit : Häufigkeit der Beobachtungskontinuität : Muster der Beobachtungskontinuität : Prädiktoren eines unter 50 % liegenden Anteils insgesamt beobachteter Quartale : Prädiktoren des Ausscheidens aus dem DMP : Anteil Patienten mit diabetischen Folgekomplikationen nach Kreis : mittlere Entfernung von einer Hausarztpraxis zu den 10 nächstgelegenen DSP : Prädiktoren eines HbA 1c unter 8,5 % : Prädiktoren einer individuellen HbA 1c -Zielwerterreichung : Prädiktoren des Vermeidens schwerer Hypoglykämien DMP Diabetes mellitus Typ 1 7-1: Patientengruppen im DMP Diabetes mellitus Typ : Erreichen der Qualitätsziele : Prädiktoren des Erreichens ausgewählter Qualitätsziele : Praxenspezifische Unterschiede bei den Zielerreichungsquoten : HbA 1c -Werte 2015 in Abhängigkeit vom Alter : Veränderung des HbA 1c -Werts in Gruppen mit unterschiedlich hohen Ausgangswerten : Veränderung des systolischen und diastolischen Blutdrucks in Gruppen mit unterschiedlich hohen Ausgangswerten des systolischen Blutdrucks : Blutdruckentwicklung nach einem Herzinfarkt : Prädiktoren der Wahrnehmung einer Diabetes-Schulung : Zeit bis zur ersten Schulungsempfehlung nach Einschreibung : Zeit bis zur ersten Schulungswahrnehmung nach Empfehlung : Häufigkeit einer ophthalmologischen Netzhautuntersuchung seit : Häufigkeit der Beobachtungskontinuität : Muster der Beobachtungskontinuität

6 Inhalt 7-15: Prädiktoren eines unter 50 % liegenden Anteils insgesamt beobachteter Quartale : Prädiktoren des Ausscheidens aus dem DMP DMP Koronare Herzkrankheit 8-1: Patientengruppen im DMP Koronare Herzkrankheit : Erreichen der Qualitätsziele : Praxenspezifische Unterschiede bei den Zielerreichungsquoten : Häufigkeit ausgewählter Begleiterkrankungen : Prädiktoren der ersten Dokumentation eines kombinierten Endpunktes innerhalb der ersten beiden Jahre im DMP KHK : Veränderung des systolischen und diastolischen Blutdrucks in Gruppen mit unterschiedlich hohen Ausgangswerten des systolischen Blutdrucks : Veränderung des Blutdrucks bei Patienten mit Herzinfarkt, Schlaganfall oder Herzinsuffizienz : Prädiktoren für die Dokumentation eines nicht tödlichen Herzinfarkts seit : Prädiktoren für die Dokumentation eines nicht tödlichen Schlaganfalls seit : Praxenspezifische Unterschiede bei den Verordnungen : Veränderung der Medikation : Veränderung der Verordnung von TAH oder Statinen bei Patienten mit ausgewählten Begleiterkrankungen : Veränderung der Verordnung von Beta-Blockern oder ACE-Hemmern bei Patienten mit ausgewählten Begleiterkrankungen : Häufigkeit der Beobachtungskontinuität : Muster der Beobachtungskontinuität : Prädiktoren eines unter 50 % liegenden Anteils insgesamt beobachteter Quartale : Prädiktoren des Ausscheidens aus dem DMP : Prädiktoren des Versterbens DMP Asthma bronchiale 9-1: Patientengruppen nach Alter im DMP Asthma bronchiale : Erreichen der Qualitätsziele : Prädiktoren des Erreichens ausgewählter Qualitätsziele : Praxenspezifische Unterschiede bei den Zielerreichungsquoten : Qualitätszielerreichung erwachsener DMP-Teilnehmer in Abhängigkeit von der Komorbidität : Häufigkeit der aktuellen Asthmasymptomatik : Entwicklung der Asthmasymptomatik im Vergleich zum Vorjahr : Veränderung der Verordnung von SABA, ICS und LABA im Zeitverlauf bei Kindern und Jugendlichen : Praxisspezifische Unterschiede in der Verordnung asthmaspezifischer Wirkstoffe : Schulungsstatus und Symptomfreiheit bei Kindern und Jugendlichen : Häufigkeit der Beobachtungskontinuität : Muster der Beobachtungskontinuität : Prädiktoren eines unter 50 % liegenden Anteils insgesamt beobachteter Quartale bei erwachsenen Patienten : Prädiktoren des Ausscheidens aus dem DMP : Regionale Verteilung der erwachsenen Patienten mit einer guten Symptomkontrolle : Regionale Verteilung der Kinder und Jugendlichen mit einer guten Symptomkontrolle : Regionale Verteilung von Patienten mit einem Rückgang der Symptomhäufigkeit im Vergleich zum Vorjahr DMP COPD 10-1: Patientengruppen im DMP COPD : Erreichen der Qualitätsziele : Prädiktoren des Erreichens der Qualitätsziele : Praxenspezifische Unterschiede bei den Zielerreichungsquoten : Prädiktoren eines stationären Notfalls im aktuellen Berichtsjahr : Prädiktoren einer Exazerbation im aktuellen Berichtsjahr : Häufigkeit stationärer Notfälle und von Exazerbationen im Zeitverlauf : Unterschiede zwischen den Praxen bei der Verordnung COPD-spezifischer Wirkstoffe : Kombinationen der Verordnungen nach Obstruktionsgrad

7 Inhalt 10-10: Veränderung der Verordnungshäufigkeiten: SABA/SAAC, LABA, LAAC, ICS : Veränderung der Verordnungshäufigkeiten: THEO, OCS, andere Medikation : Häufigkeit der Beobachtungskontinuität : Muster der Beobachtungskontinuität : Prädiktoren eines unter 50 % liegenden Anteils insgesamt beobachteter Quartale : Prädiktoren des Ausscheidens aus dem DMP : Prädiktoren des Versterbens DMP Brustkrebs 11-1: Erreichen der Qualitätsziele In mehreren DMP betreute Patienten 12-1: absolute Größe der Patientengruppen : Schnittmengen der Patientengruppen : Prädiktoren eines nicht tödlichen Herzinfarkts seit : Prädiktoren eines nicht tödlichen Schlaganfalls seit

8 Inhalt Tabellenverzeichnis 2 Einführung 2-1: Laufende Disease-Management-Programme und bundesweite Teilnehmerzahlen Teilnehmerzahlen 5-1: Anzahl der dokumentierenden Haus- und Fachärzte 2015 nach DMP : Mittlere Anzahl betreuter Patienten pro dokumentierender Praxis nach DMP : Dokumentationsvolumina 2014, 2015 und kumulativ bis DMP Diabetes mellitus Typ 2 6-1: Altersverteilung nach Geschlecht : Komorbidität nach Geschlecht : Erreichen der Qualitätsziele differenziert nach Patientengruppen : Prädiktoren der Qualitätszielerreichung : Patientenmerkmale, Befunde, Begleiterkrankungen und medikamentöse Therapie bei Einschreibung 2014 und : Begleiterkrankungen und Folgekomplikationen nach Alter und Geschlecht : Auffällige Befunde und Risikofaktoren 2015 nach Alter und Geschlecht : Schweregrad eines Fußbefundes 2015 nach Geschlecht : Inzidenz von Folgekomplikationen und -schädigungen innerhalb der ersten beiden Jahre im DMP und insgesamt nach Einschreibekohorte : HbA 1c -Wert und Erreichen des individuellen Zielwerts 2015 nach Alter und Geschlecht : HbA 1c -Veränderung nach Art der antidiabetischen Therapie : Patienten mit schweren Hypoglykämien 2015 nach Alter und Geschlecht : Antidiabetische Therapie und Patienten mit schweren Hypoglykämien : Blutdruck 2015 nach Alter und Geschlecht : Geschätzte glomeruläre Filtrationsrate 2015 nach Alter und Geschlecht : Blutzuckersenkende Therapie 2015 nach Alter und Geschlecht : Veränderung der blutzuckersenkenden Therapie zwischen der Einschreibung und : Begleiterkrankungen oder Folgekomplikationen und aktuelle Begleitmedikation : Diabetes- und Hypertonie-Schulungen nach Alter und Geschlecht : Regelmäßige Kontrolluntersuchungen, Einweisungen und Betreuung bei schweren Fußläsionen nach Alter und Geschlecht : Regelmäßige Kontrolluntersuchungen, Einweisungen und Betreuung bei schweren Fußläsionen nach Komorbidität : Befunde und antidiabetische Therapie bei hausärztlich und in einer DSP betreuten Patienten : Patientengruppen mit unterschiedlich großer Beobachtungskontinuität : Befunde und antidiabetische Therapie unterschiedlich kontinuierlich betreuter Patienten : Unterschiede zwischen verbliebenen und ausgeschiedenen Patienten DMP Diabetes mellitus Typ 1 7-1: Altersverteilung nach Geschlecht : Komorbidität nach Altersgruppen : Erreichen der Qualitätsziele differenziert nach Patientengruppen : Patientenmerkmale, Befunde, Begleiterkrankungen und medikamentöse Therapie bei Einschreibung : HbA 1c -Wert und Erreichen des individuellen Zielwerts 2015 nach Alter und Geschlecht : Patienten mit schweren Hypoglykämien 2015 nach Alter und Geschlecht : Zusammenhang zwischen HbA 1c und schweren Hypoglykämien : Blutdruck 2015 nach Alter und Geschlecht : Geschätzte Glomeruläre Filtrationsrate 2015 nach Alter und Geschlecht* : Diabetische Folgekomplikationen nach Alter und Geschlecht : Begleiterkrankungen nach Alter und Geschlecht : Auffällige Befunde und Risikofaktoren 2015 nach Alter und Geschlecht : Schweregrad der Fußläsion 2015 nach Geschlecht

9 Inhalt 7-14: Verordnungen bei kardio-vaskulären Begleiterkrankungen und diabetischen Folgekomplikationen : Verordnungshäufigkeit von TAH und Statinen vor und nach Auftreten einer kardio-vaskulären Begleiterkrankung : Geschätzte glomeruläre Filtrationsrate und ACE-Hemmer-Verordnung : Diabetes- und Hypertonie-Schulungen : Netzhautuntersuchungen und stationäre Einweisungen : Unterschiede zwischen hausärztlich und in einer DSP betreuten erwachsenen Patienten : Patientengruppen mit unterschiedlich großer Beobachtungskontinuität : Befunde unterschiedlich kontinuierlich betreuter Patienten : Unterschiede zwischen verbliebenen und ausgeschiedenen Patienten DMP Koronare Herzkrankheit 8-1: Altersverteilung nach Geschlecht : Komorbidität nach Geschlecht : Erreichen der Qualitätsziele differenziert nach Patientengruppen : Prädiktoren der Qualitätszielerreichung : Patientenmerkmale, Befunde, Begleiterkrankungen, Verordnungen und Interventionen bei Einschreibung 2014 und : Komorbidität nach Alter und Geschlecht : Schmerzsymptomatik und Risikofaktoren 2015 nach Alter und Geschlecht : Inzidenz kardio-vaskulärer Ereignisse und eines kombinierten Endpunktes insgesamt sowie innerhalb der ersten beiden Jahre im DMP nach Einschreibekohorte : Blutdruck 2015 nach Alter und Geschlecht : Stationäre Behandlungen und koronartherapeutische Interventionen 2015 nach Alter und Geschlecht : Medikamentöse Verordnungen 2015 nach Alter und Geschlecht : Medikamentöse Verordnungen 2015 bei Begleiterkrankungen nach Alter und Geschlecht : Erreichter Blutdruckwert und antihypertensive Medikation 2015 bei Patienten mit arterieller Hypertonie nach Alter und Geschlecht : Diabetes- und Hypertonie-Schulungen nach Alter und Geschlecht : Über-, Einweisungen und jährliche Kontrolle der Serum-Elektrolyte nach Alter und Geschlecht : Patientengruppen mit unterschiedlich großer Beobachtungskontinuität : Befunde und Medikation unterschiedlich kontinuierlich betreuter Patienten : Unterschiede zwischen verbliebenen und ausgeschiedenen Patienten : Unterschiede zwischen überlebenden und verstorbenen Patienten DMP Asthma bronchiale 9-1: Altersverteilung nach Geschlecht : Beschreibung der Patientengruppen und geforderte Erreichungsquoten der Qualitätsziele : Erreichen der Qualitätsziele differenziert nach Patientengruppen : Patientenmerkmale, Befunde und Medikation bei Einschreibung : Komorbidität der erwachsenen Asthma-Patienten nach Geschlecht und Alter : Körpergewicht und Raucherstatus bei Einschreibung und aktuell : Patientenmerkmale, Qualitätsziele und Verordnungshäufigkeiten nach Symptomkontrolle : Medikamentöse Therapie nach Alter : Jahr der letzten dokumentierten Asthma-Schulung : Patientenschulungen nach Alter, Betreuung und Symptomkontrolle : Befunde, Qualitätszielerreichung und Medikation unterschiedlich kontinuierlich betreuter Patienten : Ausstellung eines Selbstmanagementplans und Über- oder Einweisungen nach Alter und Symptomkontrolle : Hausärztlich vs. pneumologische betreute Patienten : Unterschiede zwischen verbliebenen und ausgeschiedenen Patienten DMP COPD 10-1: Altersverteilung nach Geschlecht : Grad der Atemwegsobstruktion nach Geschlecht : Erreichen der Qualitätsziele differenziert nach Patientengruppen

10 Inhalt 10-4: Patientenmerkmale, Befunde, Begleiterkrankungen und medikamentöse Therapie bei der Einschreibung : Komorbidität nach Obstruktionsgrad und Geschlecht : Befunde und Risikofaktoren nach Obstruktionsgrad und Geschlecht : Stationäre Notfallbehandlungen und Exazerbationen 2015 nach Obstruktionsgrad und Geschlecht : Medikamentöse Therapie nach Obstruktionsgrad und Geschlecht : COPD-Schulungen nach Obstruktionsgrad und Geschlecht : Kontrolle der Inhalationstechnik und Überweisungen nach Obstruktionsgrad und Geschlecht : Unterschiede zwischen hausärztlich und von pneumologisch qualifizierten Fachärzten betreuten Patienten : Patientengruppen mit unterschiedlich großer Beobachtungskontinuität : Befunde und Medikation unterschiedlich kontinuierlich betreuter Patienten : Unterschiede zwischen ausgeschiedenen und verbliebenen Patienten : Unterschiede zwischen verstorbenen und überlebenden Patienten DMP Brustkrebs 11-1: Altersverteilung der Patientinnen : Erkrankungsdauer der Patientinnen : Erreichen der Qualitätsziele differenziert nach Patientinnengruppen : Darstellung der T-Klassifikation : Befundstatus bei Einschreibung : chirurgische Maßnahmen entsprechend der Angaben bei Einschreibung In mehreren DMP betreute Patienten 12-1: Merkmale, Befunde und Medikation bei, in mehreren DMP betreuten Patienten

11 Inhalt Abkürzungsverzeichnis AB Asthma bronchiale (DMP) HbA 1c Glykohämoglobin ACE Angiotensin-konvertierendes Enzym HER2 Humaner epidermaler Wachstumsfaktor Rezeptor 2 ACCORD Action to Control Cardiovascular Risk in Diabetes Studie HMG-CoA 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl-Coenzym-A ACOS Asthma-COPD-Überlappungssyndrom ICD-10-GM Internationale Klassifikation der Erkrankungen, 10. Revision, deutsche Ausgabe ACS akutes Koronarsyndrom ICS inhalative Glukokortikoide (Kortikosteroide) ADA American Diabetes Association IQR Interquartil-Bereich adj. adjustiert KHK Koronare Herzkrankheit (auch: DMP) ADVANCE Atherosclerotic Disease, Vascular Function and Genetic Epidemiology Studie KiGGS Kinder- und Jugendgesundheitssurvey A.p. Angina pectoris K/J Kinder- und Jugendliche ASS Acetylsalicylsäure (Aspirin) KVWL Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe AVK arterielle Verschlusskrankheit LAAC langwirksame Anticholinergika BIG 1-98 Breast International Group Studie LABA langwirksame Beta-2-Sympathomimetika BK Brustkrebs (DMP) LTRA Leukotrien-Rezeptorantagonist BMI Body-Mass-Index MI Myokardinfarkt BOLD Burden of Obstructive Lung Disease Studie NVL Nationale Versorgungs-Leitlinie BVA Bundesversicherungsamt MW Mittelwert Ca. Karzinom OAD Orale Antidiabetika CI Konfidenzintervall OCS orale Glukokortikoide (Kortikosteroide) CO COPD (DMP) OP Operation COPD Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung OR Odds Ratio (Chancen-Verhältnis) D1 Diabetes mellitus Typ 1 (DMP) pcr polymerase Kettenreaktion D2 Diabetes mellitus Typ 2 (DMP) PTCA Perkutane transluminale koronare Angioplastie, ggf. mit Stent-Implantation DCCT Diabetes Control and Complications Trial ptnm Tumorklassifikation nach Größe, Lymphknotenbefall und Fernmetastasen; R = Resektion, G = Grading DCIS Duktales Karzinom in situ R 2 Nagelkerkes R 2 DDG Deutsche Diabetes Gesellschaft RENAAL Studie DEGS1 Deutscher Gesundheitssurvey RKI Robert-Koch-Institut DGIM Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin RR Blutdruck (Riva-Rocci) DMP Disease-Management-Programm RSAV Risikostruktur-Ausgleichsverordnung DSP diabetologische Schwerpunktpraxis S3 Leitlinie der Entwicklungsstufe 3 EASD European Association for the Study of Diabetes SAAC kurzwirksame Anticholinergika EBCTCG Early Breast Cancer Trialists' Collaborative Group Studie SABA kurzwirksame Beta-2-Sympathomimetika ED Erstdokumentation SD Standardabweichung Erw Erwachsene SGB V Sozialgesetzbuch V FD Folgedokumentation SLNB Sentinel-Lymphknoten-Biopsie FEV1 G-BA GE Einsekundenkapazität; Volumen, das forciert innerhalb von einer Sekunde ausgeatmet werden kann Gemeinsamer Bundesausschuss (der Selbstverwaltung) Gemeinsame Einrichtung Disease-Management- Programme GbR TAH THEO UKPDS Thrombozyten-Aggregationshemmer Theophyllin United Kingdom Prospective Diabetes Studie GEDA Gesundheit in Deutschland aktuell Studie Zi Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in GKV Gesetzliche Krankenversicherung der Bundesrepublik Deutschland 11

12 Kapitel 1: Zusammenfassung 1 Zusammenfassung Der vorliegende Bericht stellt Ergebnisse strukturierter Versorgungsprogramme für chronisch Kranke aus der Region Nordrhein vor, die mit knapp 8,1 Millionen gesetzlich Krankenversicherten zu den größten medizinischen Versorgungsgebieten Deutschlands zählt. Insgesamt wurden 2015 in Nordrhein Patienten und Patientinnen in den sechs Programmen betreut. Hieran waren Ärzte aus Praxen beteiligt, darunter eine große Zahl an Fachärzten, u. a. Diabetologen, Gynäkologen, Pneumologen und Kardiologen sowie Ärzte in über 100 Krankenhäusern. Im Folgenden sollen ausgewählte, als zentral anzusehende Ergebnisse der Auswertungen wiedergegeben werden. DMP Diabetes mellitus Typ 2 Gemäß aktueller Umfragedaten zur Diabetesprävalenz nehmen 2015 vermutlich zwischen 85 und 97 % der an einem Diabetes mellitus Typ 2 erkrankten gesetzlich Versicherten an dem DMP in Nordrhein teil. Die insgesamt Typ-2-Diabetiker sind im Mittel 68,4 Jahre alt. Bei 20,1 % der Patienten im DMP ist zusätzlich eine koronare Herzerkrankung, eine arterielle Verschlusskrankheit, eine chronische Herzinsuffizienz, ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall dokumentiert. Für eine Teilgruppe von 32,4 % der Patienten sind diabetische Folgekomplikationen nachgewiesen. Über den DMP-Zeitraum von 2003 bis 2015 geht die Häufigkeit der insgesamt im DMP dokumentierten schweren diabetischen Folgeschädigungen deutlich zurück. Betrachtet man nur solche Patienten, die bereits an einer diabetischen Neuro-, Nephro- oder Retinopathie leiden, dann sinkt die Häufigkeit einer Amputation von 268 auf 53, die einer Dialyse (seit 2005) von 84 auf 51 und die einer Erblindung von 96 auf 13 Fälle pro Patienten. Parallel hierzu verringert sich die Zweijahresinzidenz dieser Folgeschädigungen, von der Einschreibekohorte 2003/04 mit 59 Fällen auf 22 Fälle pro Patienten in der Kohorte 2013/14. Fast acht von zehn Diabetikern im DMP weisen 2015 einen HbA 1c von maximal 7,5 % auf, fast die Hälfte einen von höchstens 6,5 %. Im Mittel wird liegt der HbA 1c bei 6,91 1,21 %. Innerhalb der letzten sechs Jahre erhöhen sich bei kontinuierlich am DMP teilnehmenden Patienten mit HbA 1c - Ausgangswerten bis zu 7,5 % diese Werte um durchschnittlich ca. 0,22 Prozentpunkte. Ein HbA 1c über 8,5 % im Jahr 2010 erhöht in dem Zeitraum seit 2011 statistisch bedeutsam das Risiko für das Neuauftreten eines nicht tödlichen Herzinfarkts (OR 2,11; 95 %-CI 1,92 2,32) oder Schlaganfalls (OR 1,98; 95 %-CI 1,83 2,15). Von den vertraglich festgelegten Qualitätszielquoten werden in der Gesamtgruppe aller DMP- Patienten sieben der zehn patientenbezogenen Ziele erreicht: der Anteil von Patienten mit einem HbA 1c unter 8,5 %, das Einhalten des individuell vereinbarten HbA 1c -Zielwerts, das Vermeiden schwerer Hypoglykämien und stationärer Diabetes-Behandlungen, das Erreichen eines Blutdrucks unter 140/90 mmhg bei bestehender Hypertonie, die regelmäßige Überprüfung der Nierenfunktion sowie das Verordnen von Metformin bei oral monotherapeutisch behandelten, übergewichtigen Patienten. 12

13 Kapitel 1: Zusammenfassung DMP Diabetes mellitus Typ 1 Insgesamt werden Patienten, die an Diabetes mellitus Typ 1 erkrankt sind, im DMP betreut. Dies sind vermutlich zwischen 76 und 87 % der von dieser Erkrankung Betroffenen unter den gesetzlich Versicherten in der Region. 5 % der Patienten sind unter 18 Jahre alt. Fast 90 % der Patienten werden in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis betreut. Im Vergleich zu 2006/07 werden in späteren Kohorten mehr Kinder und Jugendliche eingeschrieben. Der Anteil von Patienten mit einem HbA 1c ab 8,5 % hat sich zwischen 2006/08 und 2015 von 33 auf 47 % deutlich erhöht, derjenige von Patienten, bei denen eine diabetische Neuro-, Retino- oder Nephropathie dokumentiert ist, hat sich dagegen bei der Einschreibung von 25 auf 12 % mehr als halbiert. 48 % der Patienten weisen 2015 einen HbA 1c -Wert von maximal 7,5 % auf, ältere DMP-Teilnehmer erreichen dabei niedrigere Werte als die jüngeren Patienten. Schwere Hypoglykämien sind 2015 bei 3 % der Patienten dokumentiert. Insgesamt 44 % aller erwachsenen Typ-1-Diabetiker im DMP sind von einer diabetischen Folgekomplikation betroffen (Neuropathie: 29 %, Retinopathie: 24 %, Nephropathie: 17 %). Für die genannten Folgekomplikationen zeigt sich eine deutliche Zunahme der Prävalenz mit dem Alter. Von den insgesamt 13 patientenbezogenen, quantitativ festgelegten Qualitätszielquoten werden 2015 acht erreicht. Deutlich übertroffen werden die Zielwerte zum Vermeiden schwerer Hypoglykämien sowie zum Erreichen eines Blutdrucks unter 140/90 mmhg bei erwachsenen Typ-1- Diabetikern mit arterieller Hypertonie. Ebenso werden die Zielwerte überschritten, die sich auf das Überprüfen der Sensibilität, des Puls- und Fußstatus, der Injektionsstellen sowie der Nierenfunktion beziehen. Auch die Zielquote zum Vermeiden stationärer Diabetes-Behandlungen wird erreicht. DMP Koronare Herzkrankheit Mit insgesamt betreuten Patienten nehmen an dem DMP koronare Herzkrankheit (KHK) vermutlich etwa 45 bis 48 % der von dieser Erkrankung betroffenen gesetzlich Krankenversicherten in der Region teil. Das mittlere Alter der Patienten liegt bei 72,1 Jahren und ist damit das höchste im Vergleich aller DMP. 44 % der Patienten im DMP sind älter als 75 Jahre. Mit einem Männeranteil von rund 64 % werden in dem DMP im Vergleich zu KHK-Studienkollektiven vergleichsweise wenige Männer betreut. Bei 79 % der KHK-Patienten ist zusätzlich ein Diabetes mellitus, ein Herzinfarkt oder eine andere Form des akuten Koronarsyndroms (ACS), eine chronische Herzinsuffizienz, eine arterielle Verschlusskrankheit (AVK) oder ein Schlaganfall, häufig auch in einer Kombination, dokumentiert. Dieses hohe Ausmaß an Multimorbidität findet seinen Niederschlag darin, dass 42 % aller KHK-Patienten auch in dem DMP Diabetes mellitus Typ 2 betreut werden (vgl. Kapitel zur DMP-Mehrfachteilnahme). Gegenüber der Einschreibekohorte der Jahre 2004/05 sinkt die Inzidenz für das Neuauftreten des kombinierten Endpunktes aus Herzinfarkt / akutem Koronarsyndrom, Schlaganfall oder Tod in der Kohorte 2012/13 innerhalb der jeweils ersten beiden Jahre im DMP von 9,2 auf 5,1 %. Eine Analyse der Sterbefälle mit Bezug auf das Jahr 2014 bestätigt, dass die größten Sterberisiken unter den KHK-Patienten neben einem hohen Alter vor allem von dem Vorliegen spezifischer Begleiterkrankungen ausgehen (chronische Herzinsuffizienz, COPD, Diabetes mellitus, arterielle Ver- 13

14 Kapitel 1: Zusammenfassung schlusskrankeit, Schlaganfall). Hierbei ist die mittlere Betreuungszeit im DMP der überlebenden Patienten sogar etwas kürzer als diejenige der verstorbenen (5,5 vs. 5,9 Jahre). Unter Einschluss der Qualitätsziele für KHK-Patienten, die zusätzlich an dem Modul Chronische Herzinsuffizienz teilnehmen, werden 2015 vier der sechs patientenbezogenen, quantitativ definierten Qualitätszielquoten erreicht. Dies trifft zu auf das Erreichen eines Blutdrucks unter 140/90 mmhg bei bestehender arterieller Hypertonie, die Verordnung von Thrombozyten- Aggregationshemmern, Beta-Blockern und Statinen. DMP Asthma bronchiale Im DMP Asthma bronchiale werden in der Region Nordrhein mit Patienten vermutlich 25 % der gesetzlich Krankenversicherten betreut, die an dieser Erkrankung leiden. 12 % der Patienten sind unter 18 Jahre alt, die überwiegende Mehrzahl dieser Patienten wird innerhalb des DMP pädiatrisch betreut. 69 % der Kinder und Jugendlichen sowie 89 % der erwachsenen Patienten weisen 2015 eine gute Asthma-Symptomkontrolle auf. Die Chance, eine gute Symptomkontrolle zu erreichen, reduziert sich mit dem Alter der Patienten, und ist auch bei Rauchern oder Patienten, die zusätzlich eine COPD aufweisen, deutlich geringer. Erwachsene Patienten, die im Vorjahr eine gute Symptomkontrolle aufwiesen, sind zu 82 % auch 2015 symptomfrei geblieben. 24 % der Patienten, die im Vorjahr häufiger als zweimal wöchentliche an Asthmasymptomen litten, sind 2015 symptomfrei geblieben. 72 % der Patienten erhalten SABA bei Bedarf, 85 % aller Patienten mit einer Dauermedikation werden ICS verordnet. Mit 89 % (Bedarfsmedikation) liegt die SABA-Verordnungsrate bei Kindern und Jugendlichen deutlich über derjenigen bei Erwachsenen (69 %). 12 % der Kinder und Jugendlichen sowie 30 % der Erwachsenen wird eine Kombination aus SABA, ICS und LABA verordnet. Bei 58 % der Kinder und Jugendlichen bzw. 50 % der Erwachsenen ist nach einer entsprechenden Empfehlung die Teilnahme an einer Schulung innerhalb des DMP dokumentiert. Nach der Teilnahme an einer Schulung verringert sich der Anteil von Patienten, die häufiger als zweimal wöchentlich eine Asthmasymptomatik aufweisen. Von den patientenbezogenen Qualitätszielen mit einer quantitativen Vorgabe wird 2015 in der Gesamtgruppe nur die geforderte Rate in Bezug auf das Vermeiden stationärer Notfallbehandlungen erreicht. Es existieren jedoch große Unterschiede der beobachteten Raten zwischen einzelnen Patientengruppen. So werden mit Ausnahme der Schulungswahrnehmung in der Gruppe der Kinder und Jugendlichen alle Ziele erreicht. Ebenfalls vergleichsweise sehr hohe Erreichungsquoten zeigen sich in der Teilgruppe der, von pneumologisch qualifizierten Fachärzten betreuten Patienten. DMP Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung (COPD) Im DMP COPD werden 2015 insgesamt Patienten betreut. Gemessen an der vermuteten Zahl der COPD-Patienten ab Stadium II unter allen gesetzlich Krankenversicherten Nordrheins nehmen etwa 39 % davon am DMP teil. 14

15 Kapitel 1: Zusammenfassung Im Mittel sind die Patienten 67,3 Jahre alt und werden seit 4,6 Jahren im DMP betreut. Bei 3 % der Patienten sind im Jahreszeitraum stationäre Notfallbehandlungen dokumentiert, für 12 % der Patienten ist das Auftreten von Exazerbationen nachgewiesen. Beide Ereignisse hängen allerdings stark vom Grad der Atemwegsobstruktion ab. Im Vergleich zu Patienten mit der geringsten Beeinträchtigung ist bei Patienten mit sehr starker Beeinträchtigung das Risiko einer stationären COPD- Behandlungen fast sechsmal (OR 5,52; 95 %-CI 4,83 6,31) und das von Exazerbationen fast zweieinhalbmal (OR 2,35; 95 %-CI 2,18 2,53) höher. 62 % der Patienten erhalten SABA/SAAC als Bedarfs- und 56 % LABA sowie 37 % LAAC als Dauermedikation, bei Patienten mit höherem Obstruktionsgrad werden deutlich höhere Verordnungsraten beobachtet. Im Zeitverlauf des DMP ist eine Zunahme der, mit den DMP-Zielen übereinstimmenden Pharmakotherapie zu beobachten. 37 % der COPD-Patienten wurden im Verlauf des DMP bislang eine Schulung empfohlen. Bei 47 % der Patienten ist nach einer solchen Empfehlung die Teilnahme an einer Schulung dokumentiert. In Bezug auf die ausgewerteten, patientenbezogenen und quantitativ definierten Qualitätszielquoten werden die beiden zum Vermeiden stationärer Notfallbehandlungen und zum Vermeiden von Exazerbationen erreicht. Nur beim Überprüfen der Inhalationstechnik wird die geforderte Quote unterschritten. Es bestehen sehr deutliche Unterschiede in der Qualitätszielerreichung zwischen einzelnen Patientengruppen. So wird bei Patienten mit geringer Atemwegsobstruktion seltener die Inhalationstechnik überprüft, zudem werden seltener Exazerbationen und stationäre Notfallereignisse dokumentiert. In der Gruppe der fachärztlich pneumologisch betreuten COPD- Patienten werden alle drei geforderten Zielquoten überschritten. DMP Brustkrebs Im Jahr 2015 werden Patientinnen im DMP betreut, ihr mittleres Alter liegt bei 63,7 Jahren Frauen bzw. 11,6 % derjenigen, bei denen die Erstmanifestation histologisch bestätigt wurde, sind 2015 an Brustkrebs erkrankt und ins DMP eingeschrieben worden. Aufgrund der Erkrankungsinzidenz sowie Angaben zu Krankenhausbehandlungsfällen ist von etwa bis neu erkrankten unter den gesetzlich krankenversicherten Frauen in Nordrhein auszugehen. Demnach sind vermutlich zwischen 20 und 22 % der neu an Brustkrebs erkrankten Frauen unmittelbar nach Diagnosestellung bzw. Beginn der Primärtherapie in das strukturierte Behandlungsprogramm aufgenommen worden. 52,8 % der Frauen werden in einem frühen Erkrankungsstadium (pt1) behandelt und haben somit eine gute Prognose im Hinblick auf Rezidivfreiheit und ihr weiteres Überleben. 84,9 % der Frauen mit einem pt1-befund konnten brusterhaltend therapiert werden. Bei 79,1 % der Patientinnen erfolgte eine Sentinel-Lymphknoten-Biopsie. 90,4 % der Patientinnen wurden nach einer brusterhaltenden Operation strahlentherapeutisch nachbehandelt, 85,7 % erhielten bei nodalpositiven und rezeptornegativen Tumoren eine adjuvante Chemotherapie und 89 % bei hormonrezeptorpositiven Tumoren eine adjuvante endokrine Therapie. 15

16 Kapitel 1: Zusammenfassung DMP-übergreifende Fragestellungen (1): Teilnahmekontinuität Seit langer Zeit wird nach den Ursachen geforscht, weshalb chronisch kranke Patienten unterschiedlich kontinuierlich ärztlich betreut werden. Derartige Unterschiede in der Teilnahmekontinuität existieren auch in den DMP. So liegen von den bis 2013 eingeschriebenen und 2015 betreuten Patienten für 2 bis 6 % weniger als die Hälfte der erwarteten Dokumentationen vor. Hierbei bestehen große Unterschiede zwischen den DMP. Die geringste Anteil diskontinuierlicher Teilnehmer findet sich im DMP KHK, dem DMP mit dem höchsten Durchschnittsalter der darin betreuten Patienten. Der höchste Anteil wird in den beiden DMP mit den jüngsten Teilnehmern beobachtet: Diabetes mellitus Typ 1 und Asthma bronchiale. Als wiederkehrendes Muster der Diskontinuität zeigen sich dabei nicht nur häufige, sondern zum Teil auch sehr lange Phasen der Teilnahmeunterbrechung. Diskontinuierliche Teilnehmer sind aber nicht nur jünger, sondern häufiger auch männlich. Sie weisen zudem eine deutlich schlechtere Stoffwechseleinstellung, jedoch seltener diabetische Folgekomplikationen (D2 und D1) sowie ebenfalls seltener kardio-vaskuläre Begleiterkrankungen auf (D2, D1, KH, AB, CO). Die Teilnahmekontinuität beeinflusst bedeutsam das Erreichen der Qualitätsziele. Die deutlichsten Zusammenhänge lassen sich hierbei im DMP D2 nachweisen. So steigen bei einer hohen Teilnahmekontinuität die Chancen dafür stark, dass der HbA 1c -Wert unter 8,5 % liegt (OR 2,29; 95 %- CI 2,20 2,40), die Nierenfunktion überprüft (OR 2,42; 95 %-CI 2,30 2,55) oder die Netzhaut augenärztlich untersucht wird (OR 3,31; 95 %-CI 3,20 3,42). DMP-übergreifende Fragestellungen (2): In mehreren DMP betreute Patienten Die Analysen der Begleiterkrankungen haben gezeigt, dass ein hoher Teil der in den DMP Diabetes mellitus Typ 2 (D2), Koronare Herzkrankheit (KHK) und COPD betreuten Patienten als multimorbid anzusehen ist. Es ist daher zu fragen, in welchem Ausmaß Patienten in Nordrhein parallel auch in mehreren DMP betreut werden und welche besonderen Merkmale solche Patienten auszeichnen. Vor allem zwischen den beiden DMP D2 und KHK existiert eine große Schnittmenge bei der Betreuung von Patienten. 19,5 % der Patienten des DMP D2, dies sind , werden 2015 auch im DMP KHK betreut. Dies entspricht wiederum 42,3 % aller Patienten des DMP KHK. Weitere große Überschneidungen ergeben sich mit Patienten im DMP COPD, Patienten werden sogar in allen drei DMP betreut. Patienten, die in zwei oder drei der genannten DMP betreut werden, sind deutlich älter und weisen die höchsten Raten diabetischer Folgekomplikationen sowie kardio-vaskulärer Begleiterkrankungen auf. In diesen Patientengruppen werden auch die höchsten Verordnungsraten für Insulin, ACE-Hemmer oder Sartane, Diuretika sowie Statine beobachtet. Patienten, die in beiden DMP D2 und KHK oder in allen drei genannten DMP betreut werden, haben gegenüber nur im DMP D2 betreuten Patienten ein annähernd acht- bzw. siebenfach erhöhtes Risiko für einen neu auftretenden, nicht tödlichen Herzinfarkt (OR 7,92; 95 %-CI 7,43 8,43 bzw. OR 6,72; 95 %-CI 5,97 7,56). 16

17 Kapitel 2: Zielsetzung und Adressaten 2 Der Qualitätsbericht als Instrument der Qualitätssicherung: Zielsetzung und Adressaten Der vorliegende Qualitätsbericht hebt auf eine komplexe Intervention mit einer besonderen Regelungstiefe der medizinischen Versorgung für ausgewählte chronische Erkrankungen ab, die überwiegend im ambulanten Versorgungsbereich stattfindet. Ihr Gegenstand sind die so genannten strukturierten Behandlungsprogramme bei chronischen Krankheiten (SGB V, 137f), die seit ihrer Einführung in Deutschland im Jahr 2002 in allen Bundesländern umgesetzt werden. Zum Ende des Jahres 2015 verzeichnet das Bundesversicherungsamt (BVA) bundesweit über 6,6 Millionen Versicherte, die in mindestens einem der zugelassenen Programme ärztlich versorgt werden (Tabelle 2-1). Tabelle 2-1: Laufende Disease-Management-Programme und bundesweite Teilnehmerzahlen Indikation zugelassene Teilnehmerzahl Versicherte, die in Programme* einem / mehreren DMP eingeschrieben sind Asthma bronchiale Brustkrebs COPD Diabetes mellitus Typ Diabetes mellitus Typ Koronare Herzkrankheit insgesamt *: Anzahl teilnehmender Krankenkassen mal Anzahl der Regionen; Quelle: Bundesversicherungsamt, grundlegende Informationen zu DMP, Stand: 31. Dezember 2015 Der vorliegende Bericht dient der öffentlichen Darlegung der Programmerfahrungen in der Region Nordrhein und verfolgt insbesondere das Ziel, auf der Basis einer transparenten Darstellung zu einer sachlichen Debatte um die Entwicklungspotenziale von Konzepten zur strukturierten Versorgung chronisch Kranker beizutragen. Die Herausgeber des Qualitätsberichts erhoffen sich, den an den DMP teilnehmenden Ärztinnen und Ärzten, den Patientinnen und Patienten und auch der interessierten Fachöffentlichkeit mit den vorgestellten Analysen ein umfassendes Bild der DMP-Umsetzung in Nordrhein zu vermitteln. 17

18 Kapitel 3: Disease-Management-Programme 3 Disease-Management-Programme Disease-Management-Programme (DMP) sind komplexe Interventionen. Sie sollen dazu beitragen, die Behandlung und Betreuung chronisch kranker Menschen über verschiedene Behandlungspfade und Leistungssektoren der ambulanten und stationären Versorgung auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse zu optimieren und damit die Versorgungsqualität verbessern. In Deutschland wurden 2002 die Grundelemente dieser Programme in gesetzliche Rahmenprogramme und ministerielle Erlassregelungen eingebunden, um eine weitgehend einheitliche Durchführung der Programme sicherzustellen. Mit Inkrafttreten der Vierten Verordnung zur Änderung der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung zum 1. Juli 2002 wurden erstmals gesetzliche Anforderungen an die DMP in Deutschland konkretisiert. Nachdem die inhaltlichen Vorgaben der DMP früher somit gesetzlich geregelt worden sind, hat der Gesetzgeber den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) im Jahr 2012 damit beauftragt, die Gestaltung der strukturierten Behandlungsprogramme künftig über Richtlinien in eigener Verantwortung zu regeln. In der Folge sind entsprechende Richtlinien des G-BA zur Gestaltung der Programme veröffentlicht worden. Etabliert wurden bislang DMP zu den Indikationen Brustkrebs, Diabetes mellitus Typ 2 und 1, Koronare Herzkrankheit sowie Asthma bronchiale / COPD. Abgesehen von den DMP Brustkrebs und Diabetes mellitus Typ 1 stellen die Programme die hausärztliche Betreuung in den Vordergrund, außerdem liegt ein Schwerpunkt auf der ärztlichen Kooperation bei besonderer Gefährdung der Patienten und der Stärkung der Selbstkompetenz der Patienten durch Förderung der Patientenschulungsprogramme. DMP werden regional zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen, gesetzlichen Krankenkassen und Krankenhausbetreibern vertraglich vereinbart. Die Implementierung und Durchführung strukturierter Behandlungsprogramme für chronisch Kranke ist aufwändig und mit hohen Kosten verbunden. Daher erhalten diejenigen Krankenkassen, die solche Programme für ihre chronisch kranken Versicherten anbieten, einen Ausgleich für ihre damit verbundenen Aufwendungen aus dem Gesundheitsfonds, dessen Höhe der GKV-Spitzenverband jährlich neu festlegt. Im Jahr 2015 betrug die Programmkostenpauschale für Dokumentations- und Koordinationsleistungen 143,04 Euro je eingeschriebenen Versicherten. Mittels externer Evaluationen wird versucht, die Frage zu klären, ob die DMP ihre erwartete Wirkung entfalten. Hierzu haben die gesetzlichen Krankenkassen Institute beauftragt, die Berichte zu DMP- Indikationen aus allen Vertragsregionen Deutschlands vorgelegt haben. Das BVA hat zentrale Fragestellungen der Evaluation sowie leitende Kriterien verbindlich vorgegeben. Mittlerweile wurde eine Vielzahl von Studien veröffentlicht, die sich mit der Wirksamkeit strukturierter Behandlungsprogramme im Sinne der Verbesserung der Gesundheit, der Lebenserwartung oder der Lebensqualität auseinandersetzen (eine umfangreiche Übersicht enthält der Qualitätsbericht Nordrhein für das Jahr 2011). Diese Studien sind als außerordentlich heterogen hinsichtlich der Fragestellungen, ihres jeweiligen methodischen Zugangs und nicht zuletzt der jeweiligen Datenbasis zu beschreiben. Zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein als Vertreterin der niedergelassenen Ärzte, den nordrheinischen Krankenkassenverbänden und der Krankenhausgesellschaft NRW wurden erstmals in den Jahren 2003 (Brustkrebs, Diabetes mellitus Typ 2), 2004 (Koronare Herzkrankheit) und 2006 (Diabetes mellitus Typ 1, Asthma bronchiale / COPD) Verträge zu den in den Klammern genann- 18

19 Kapitel 3: Disease-Management-Programme ten Indikationen abgeschlossen. Alle DMP-Verträge einschließlich der Anlagen sind auf der Homepage der KV Nordrhein hinterlegt ( Durch die Integration und Koordination aller an der Behandlung der Erkrankung Beteiligten und die Berücksichtigung evidenzbasierten medizinischen Wissens soll eine Verbesserung der Versorgungsqualität unter optimalem Einsatz der zur Verfügung stehenden Mittel erreicht werden. Im Einzelnen werden folgende Ziele angestrebt: Sicherung und Verbesserung der Qualität der Langzeitversorgung der eingeschriebenen Versicherten durch einen strukturierten Behandlungsverlauf Vermeidung von Symptomen der Erkrankung Verbesserung der Lebensqualität der eingeschriebenen Versicherten eine strukturierte Information der Versicherten über die Programme die aktive Teilnahme der Versicherten bei deren Umsetzung Die Aufgaben der ärztlichen Qualitätssicherung in den DMP werden von der Nordrheinischen Gemeinsamen Einrichtung Disease-Management-Programme GbR (im Weiteren Gemeinsame Einrichtung) wahrgenommen bzw. veranlasst. Gleichberechtigte Gesellschafter der Gemeinsamen Einrichtung sind die KV Nordrhein, die nordrheinischen Krankenkassen bzw. Verbände der Krankenkassen und die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen. Aufgabe der Gemeinsamen Einrichtung ist es, auf Basis der von den teilnehmenden Ärzten regelmäßig zu erstellenden Behandlungs- und Befunddokumentationen die ärztliche Qualitätssicherung durchzuführen. Dies umfasst insbesondere die: Unterstützung beim Erreichen der vertraglich festgelegten Qualitätsziele Unterstützung einer qualitätsgesicherten und wirtschaftlichen Arzneimitteltherapie Erstellung von Feedback-Berichten Die Daten werden aus den DMP-beteiligten Praxen zunächst an eine DMP-Datenstelle geschickt, die von dem Unternehmen systemform MediaCard GmbH in Bamberg betrieben wird. Nach Annahme, Prüfung und Pseudonymisierung der eingehenden Daten werden diese von der Datenstelle an die Krankenkassen, die Gemeinsame Einrichtung und die KV Nordrhein weitergeleitet. Die Gemeinsame Einrichtung hat 2003 das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) mit begleitenden qualitätssichernden Maßnahmen für die DMP in Nordrhein beauftragt. Hierzu zählen u. a. das Erstellen von Feedback-Berichten mit Benchmarking-Vergleichen sowie von Erinnerungsschreiben (Reminder) hinsichtlich der quartalsweise einzubestellenden Patienten, jeweils für alle teilnehmenden Praxen. Darüber hinaus unterstützt das Zi die Gemeinsame Einrichtung auch in Form von Vorträgen zu DMP-Themen bei ärztlichen Fortbildungsveranstaltungen oder auf wissenschaftlichen Tagungen. Und nicht zu Letzt wird auch der vorliegende Bericht durch Mitarbeiter des Zi im Auftrag der Gemeinsamen Einrichtung erstellt. 19

20 Kapitel 4: Qualitätssicherung in den DMP 4 Qualitätssicherung in den DMP Es ist ein erklärter Anspruch der DMP, die Ergebnisse der strukturierten Behandlung chronisch kranker Patienten anhand definierter Qualitätsziele darlegen und überprüfen zu können. Dazu sind in den Anlagen zu den DMP-Verträgen Qualitätsziele formuliert, die auf folgende Aspekte abheben: Einhaltung der Anforderungen an die Strukturqualität Vollständigkeit, Verfügbarkeit und hohe Qualität der Dokumentation Behandlung nach evidenzbasierten Leitlinien qualitätsgesicherte und wirtschaftliche Arzneimitteltherapie Beachtung der Kooperation der Versorgungsebenen aktive Teilnahme der Versicherten 4.1 Qualitätssicherungsziele Zur Bestimmung der Qualitätszielerreichung für alle am DMP beteiligten Praxen wurden durch den Gemeinsamen Bundesausschuss Indikatoren und Auswertungsalgorithmen für die begleitende Qualitätssicherung vorgegeben. Das Ausmaß der individuellen Zielerreichung wird jeder Praxis über ihren halbjährlichen Feedback-Bericht vermittelt. Aufgrund der Heterogenität der in die Programme eingeschlossenen Patienten können allerdings die DMP-Vorgaben nicht allen Einzelfällen gerecht werden. Dies gilt insbesondere für die medikamentöse Versorgung, für die fachmedizinisch häufig viel differenziertere Konzepte entwickelt wurden als sie die Rahmenvorgaben des DMP vorsehen. Im Zeitverlauf wurden sowohl jeweiligen DMP-Befunddokumentationen als auch die anzustrebenden Qualitätsziele sowie die Algorithmen ihrer Berechnung mehrfach angepasst. Da diese Modifikationen für die statistischen Auswertungen und insbesondere die Interpretation der Ergebnisse relevant sind, werden sie in den folgenden Berichtskapiteln an den betreffenden Stellen thematisiert. 4.2 Strukturqualität In den DMP-Verträgen wird geregelt, welche Anforderungen die teilnehmenden Vertragsärzte und stationären Einrichtungen erfüllen sollen. Hierbei geht es um fachliche, räumliche und personelle Voraussetzungen einer Praxis bzw. eines Krankenhauses. Die DMP-Teilnahme ist für Ärzte, Krankenhäuser und selbstverständlich auch für die Patienten freiwillig. Um die Teilnahmeberechtigung aufrecht zu erhalten, müssen sich Vertragsärzte an Qualitätszirkeln bzw. sonstigen DMP-orientierten Fortbildungsveranstaltungen beteiligen. Darüber hinaus verpflichten sie sich u. a. dazu, die Koordination der Behandlung zu übernehmen, Information und Beratung der Versicherten sicherzustellen, behandlungsbezogenen Dokumentationen zu übermitteln, spezifischen DMP-Qualitätsziele anzustreben, Patienten zu schulen, sofern sie über eine entsprechende Schulungsberechtigung verfügen sowie Versicherten bevorzugt in solche stationären Einrichtungen einzuweisen, die am DMP teilnehmen. 20

21 Kapitel 4: Qualitätssicherung in den DMP Die Zulassung des einzelnen Arztes zum DMP, ob als koordinierender Hausarzt oder als Facharzt, nimmt die KV Nordrhein vor. 4.3 Prozessqualität: Reminder und Feedback-Berichte als Instrumente der Qualitätssicherung Ärzte, die am DMP teilnehmen, haben sich unabhängig davon, ob sie im vertragsärztlichen oder stationären Bereich tätig sind dazu verpflichtet, die in den DMP-Verträgen empfohlenen medizinischen Inhalte zu berücksichtigen. Die teilnehmenden Praxen erhalten zweimal jährlich ca. vier bis sechs Wochen nach Quartalsende je einen Feedback-Bericht pro Indikation. Dieser ermöglicht ihnen eine Betrachtung ihrer DMP- Ergebnisse auf der Ebene aggregierter sowie individueller Daten (Patientenlisten). Die Praxen können auswählen, ob sie eine eher kompakte oder eine ausführlichere, kommentierte Fassung der Berichte erhalten möchten und ob diese postalisch oder ausschließlich elektronisch (über das Mitgliederportal der KV Nordrhein) übermittelt werden sollen. Aktuelle Musterberichte sind auf der Homepage des Zi verfügbar ( Regelmäßig werden die Adressaten um eine Einschätzung der zugesandten Berichte gebeten. Im Vordergrund stehen deren Aktualität, Verständlichkeit, Übersichtlichkeit, Relevanz und Brauchbarkeit für eine eventuelle Diskussion im Qualitätszirkel. Bislang haben zwischen 6 und 28 % der angeschriebenen Ärzte an diesen Befragungen teilgenommen und dabei die Berichte wiederholt positiv bewertet. Die meisten Feedback-Berichte werden seit 2005 regelmäßig mit Zusatzausführungen versehen, welche eine wechselnde klinische Thematik, aktuelle Befunde der Analysen oder Neuerungen aus den jeweiligen Nationalen Versorgungsleitlinien vertiefen. Ein Teil dieser Zusatzberichte wurde durch die Integration eines Frage- und Antwortteils in die Form eines Beitrags zur ärztlichen Fortbildung (CME) gebracht und von der nordrheinischen Ärztekammer zertifiziert. Bis in die jüngere Vergangenheit hat sich etwa ein Viertel aller teilnehmenden Ärzte mindestens einmal hieran beteiligt. Das Zi erstellt für die Gemeinsame Einrichtung neben den halbjährlichen Feedback-Berichten in jedem Quartal so genannte Reminder für die teilnehmenden DMP-Praxen, die systematisch auf Wiedervorstellungstermine der Patienten hinweisen. Damit soll die regelmäßige Teilnahme der Versicherten an den Programmen unterstützt und eine im Einzelfall eventuell drohende Aus- und Wiederneueinschreibung möglichst vermieden werden. 4.4 Weitere begleitende qualitätssichernde Maßnahmen Die Mitarbeit der Ärzte an einem Qualitätszirkel bildet einen wesentlichen Baustein der begleitenden Qualitätssicherung zum DMP und ist für die teilnehmenden Ärzte verpflichtend. Das Zi unterstützt alle Qualitätszirkel, die dies wünschen, durch kostenfreie Vorträge zur aktuellen Umsetzung der DMP in der Gesamtregion und der Teilregion, in der sich der einladende Zirkel etabliert hat. Zusätzlich beteiligt sich das Zi mit Vorträgen an der zweimal jährlich stattfinden, DMP-spezifischen ärztlichen Fortbildung der Nordrheinischen Akademie auf Norderney. 21

22 Kapitel 4: Qualitätssicherung in den DMP Zur Unterstützung der Kommunikation mit den beteiligten Praxen setzt das Zi ein Customer Relationship Management System (CRM) ein. Dieses dient vorrangig dazu, bei Anrufen aus der Arztpraxis Daten und Informationen wie Reminder und Feedback-Berichte praxisspezifisch zusammenzuführen, um beispielsweise den Dokumentationsverlauf einzelner DMP-Patienten nachvollziehen oder Fragen gezielt beantworten zu können. Seit Beginn der DMP werden außerdem zentrale Befunde auf relevanten Fachkongressen, z. B. dem Deutschen Kongress für Versorgungsforschung, oder den Jahrestagungen einzelner medizinischer Fachgesellschaften, z. B. der Deutschen Diabetes Gesellschaft, durch das Zi präsentiert. Darüber hinaus wurden eine Reihe von Ergebnissen aus den DMP in verschiedenen Fachbüchern sowie wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht. Ein detailliertes Verzeichnis aller Vorträge und Veröffentlichungen ist einsehbar auf Ergebnisqualität Aussagen zur Ergebnisqualität der DMP müssen sich aus methodischen Gründen primär auf die in den Dokumentationsbögen abgebildeten Parameter und die vertraglich formulierten Qualitätsziele beschränken. Die Auswertung der im Dokumentationsbogen zu berichtenden krankheitsbezogenen negativen Ereignisse steht vor dem Problem, dass die betroffenen Patienten auch nach Ereigniseintritt im DMP verbleiben müssen, um dieses protokollieren zu können. Da die Folgen der Ereignisse zum Teil so schwerwiegend sind, dass die Patienten teilweise die bisherige hausärztliche Versorgung verlassen und über längere Zeiträume oder dauerhaft institutionsgebundener Pflege oder Rehabilitation bedürfen, ist davon auszugehen, dass nur ein Teil der insgesamt auftretenden schwerwiegenden negativen Ereignisse überhaupt bzw. ohne Zeitverzug dokumentiert werden. Aufbereitungen der externen Evaluatoren hierzu liegen vor. Sie zeigen eine niedrige Ereignisrate von Sterbefällen und schwerwiegenden Ereignissen, die gewisse Zweifel wecken, ob das derzeit gegenwärtige Berichtssystem, das auf dem erfolgten Besuch des Patienten in der Praxis aufsetzt, für eine zeitnahe und vollständige Erfassung dieser für die abschließende Bewertung der Wirksamkeit bedeutsamen Ereignisse angemessen ist. 4.6 Methodische und statistische Grundlagen der hier vorgenommenen Analysen Der auswertungstechnische Ansatz, der in diesem Qualitätsbericht gewählt wird, unterscheidet sich in verschiedener Hinsicht von demjenigen der, mit der externen Evaluation beauftragten wissenschaftlichen Institute. Während sich die Auswertungen des Zi auf alle DMP-Patienten beziehen, unabhängig von der jeweiligen Kassenart, beschränken sich die Auswertungen der externen Evaluatoren auf Aussagen über Versicherte bestimmter Kassenarten. Zudem betrachten die externen Evaluatoren die Versicherten einer Kohorte bis zu deren eventuellem Ausscheiden aus dem DMP und ordnen im Fall einer erneuten Einschreibung die Patienten einer späteren Kohorte zu. Das Zi reiht dagegen alle Dokumentationen zwischenzeitlich ausgeschiedener und dann neu eingeschriebener Patienten wieder in den Zeitverlauf ein, und dies auch dann, wenn der Patient inzwischen in einer anderen Praxis oder von einem anderen Arzt betreut wird. Die vorliegende Analyse 22

23 Kapitel 4: Qualitätssicherung in den DMP ergänzt somit die im Hinblick auf die Kassenart ausschnitthafte Analyse der externen Evaluatoren und bietet einen weiteren Baustein für die Analysen der Programmwirkungen. Im Hinblick auf die Frage nach der Wirksamkeit der DMP auf Patientenebene im Vergleich zur Versorgung unter Nicht-DMP-Bedingungen besteht das Problem, dass keine Betrachtungen zu nicht an den DMP teilnehmenden Patienten vorgesehen sind, da geeignete Kontrollgruppen fehlen. Die hier erläuterten Analysen des Zi beschränken sich daher weitgehend auf deskriptive Darstellungen der Befundsituation der DMP-Patienten in quer- und längsschnittlicher Perspektive im Sinne eines Programm-Monitorings. Von besonderem Interesse sind dabei das frühzeitige Erkennen der Abweichungen von den geforderten Qualitätszielen bzw. den Programmanforderungen. Allerdings kann beispielsweisen beim Nichterreichen eines Qualitätsziels nur gemutmaßt werden, ob dies durch konzeptionelle Fehler bedingt (weil der unterstellte Wirkmechanismus nicht zutrifft) oder eine Folge spezifischer Abweichungen von den Programmvorgaben ist (also die DMP-Implementation defizitär erfolgte), oder ob vielleicht Besonderheiten der eingeschlossenen Patientenpopulation hierbei eine vorrangige Rolle spielen. Dieser Qualitätsbericht beschreibt ausführlich die Ergebnisse einer großen Anzahl, auf Basis der DMP-Daten durchgeführter Quer- und Längsschnittanalysen. Dabei sollte man sich stets vergegenwärtigen, dass DMP-Patienten Selektionsprozessen unterworfen sind. So sollen gemäß den Vorgaben Patientinnen und Patienten nicht eingeschrieben werden, die aufgrund mangelnder Teilnahme- oder fehlender Schulungsbereitschaft nicht aktiv am Behandlungsprozess partizipieren bzw. dies aus altersbedingten Gründen oder infolge ausgeprägter Pflegebedürftigkeit nicht können. Demzufolge kann von den DMP-Daten nicht unmittelbar auf alle Patienten mit den entsprechenden Erkrankungen geschlossen werden. Vor allem die Analysen zur Teilnahmekontinuität und zum Ausscheiden aus den Programmen (Dropout) liefern Hinweise auf mögliche, die Repräsentativität beeinflussende Effekte. Im vorliegenden Bericht werden die folgenden statistischen Verfahren und Methoden angewandt: deskriptive Analyse der absoluten und relativen Häufigkeiten von Gesamt- und Teilpopulationen der an den verschiedenen DMP teilnehmenden Patienten Ausweis der Perzentil- bzw. Interquartilbereiche zu den relativen Häufigkeiten bei der Darstellung der Qualitätszielerreichung und der Verordnungshäufigkeiten logistische Regressionsanalysen zur Vorhersage der Qualitätszielerreichung, des Auftretens spezifischer, erstmalig dokumentierter Begleiterkrankungen unter Einschluss relevanter Kovariaten sowie einer Reihe weiterer Zielvariablen Cox-Regressions- bzw. Survivalanalysen zur Bestimmung des Zeitverlaufs bis zum Eintritt definierter Ereignisse in unterschiedlichen Einschreibekohorten bzw. Patiententeilgruppen varianzanalytische Schätzung der Mittelwerte des HbA 1c und Blutdrucks unter Einschluss von Kovariaten im Zeitverlauf alters- und geschlechtsadjustierte Analysen zur relativen Häufigkeit verschiedener Ergebnisparameter auf der Ebene der regionalen Kreise Die meisten statistischen Darstellungen in dem Bericht geben die relativen (prozentualen) Häufigkeiten für das jeweils betrachtete Merkmal oder einen Befund wieder. Wenn hierbei von Veränderungen in Prozent die Rede ist, sind stets die Unterschiede in Prozentpunkten gemeint. Es erfolgt eine 23

24 Kapitel 4: Qualitätssicherung in den DMP systematische Darstellung der Ergebnisse in Teilgruppen des Patientenkollektivs, z. B. für Frauen vs. Männer oder Kinder / Jugendliche vs. Erwachsene. Darüber hinaus wird in diesem Bericht an verschiedenen Stellen auch auf bedeutsame Unterschiede zwischen den beteiligten Praxen eingegangen. Hierbei wird zunächst für jede an einem DMP beteiligte Praxis der Prozentwert von Patienten ermittelt, die z. B. eines der Qualitätsziele erreichen oder eine spezifische Medikation erhalten. Die Prozentwerte für alle Praxen werden nach ihrer Größe sortiert und in gleich große Gruppen (Perzentile für 5, 25, 50, 75 und 95 Prozent aller Praxen) unterteilt. Für Praxen, die mindestens zehn Patienten in einem DMP betreuen, wird beispielsweise ausgewiesen, in welchem Interquartilbereich (Bereich zwischen dem Ende des 25- und dem Anfang des 75- Prozent-Perzentils) die patientenbezogenen Prozentwerte für die Qualitätszielerreichung oder die Verordnung in den Praxen liegen. Dieses Vorgehen erlaubt im Unterschied zur reinen Darstellung von Punktwerten Aussagen über die typische Schwankungsbreite um den Punktwert, vergleichbar zu der Angabe einer Standardabweichung um einen Mittelwert bei intervallskalierten Parametern wie z. B. dem Alter, der Erkrankungsdauer oder dem Blutdruck. 24

25 Kapitel 5: Teilnehmer- und Dokumentationszahlen 5 Teilnehmerzahlen und Dokumentationsvolumen In einer ersten Übersicht werden vor den indikationsspezifischen Kapiteln DMP-übergreifend die Teilnehmerzahlen (Patienten, Ärzte, Praxen) sowie die Dokumentationszahlen berichtet. Dabei stehen folgende Fragen im Vordergrund: Wie hoch sind die Zahlen der in den sechs DMP betreuten Patienten und wie haben sich im Laufe der Jahre verändert? Wie groß ist der Anteil der neu hinzugekommenen Patienten? Welche Entwicklungen auf Seiten der beteiligten Ärzte festzustellen? Die Ergebnisse zeigen, dass bei allen Programmen, abgesehen vom DMP Brustkrebs, sowohl die Zahl der betreuten Patienten als auch die der aktiv teilnehmenden Ärzte stetig zugenommen hat. Auch hinsichtlich der im DMP Asthma bronchiale betreuten Kinder und Jugendlichen ist ein Rückgang der Teilnehmerzahlen zu erkennen. Nach einer etwa bis zu drei Jahre andauernden Phase starken Wachstums nach Beginn eines DMP erfolgt im weiteren Verlauf ein relativ konstanter Zustrom neuer Patienten. Parallel hierzu sinkt der Anteil derjenigen Patienten, die bereits seit Beginn eines DMP betreut werden. Trotz dieses Trends sind aber solche Patienten in allen DMP weiterhin in beachtlicher Anzahl präsent, abgesehen erneut vom DMP Brustkrebs, infolge der hier geltenden vertraglichen Regelungen zur Beendigung der Teilnahme. 5.1 Teilnehmerzahlen Je nach DMP-Indikation liegt der Schwerpunkt der Betreuung der eingeschriebenen Patienten entweder auf Seiten der teilnehmenden hausärztlichen (Diabetes mellitus Typ 2, Koronare Herzkrankheit, Asthma bronchiale, COPD) oder der diabetologischen Schwerpunktpraxen bei Diabetes mellitus Typ 1 sowie der gynäkologische Praxen bei Brustkrebs. Allgemein ist im Hinblick auf die vier DMP, in denen die Patienten schwerpunktmäßig hausärztlich betreut werden, eine hohe bis sehr hohe ärztliche Beteiligung festzustellen. Die Anzahl jeweils pro Jahr betreuter Patienten hat zwischen 2003 und 2015 abgesehen von derjenigen im DMP Brustkrebs deutlich zugenommen (Abbildungen 5-1 und 5-2). Dabei haben sich die Zahlen der in dem DMP Diabetes mellitus Typ 2 betreuten Patienten in dem Zeitraum zwischen dem Beginn der DMP im Jahr 2003 und 2015 fast verdreifacht. Ähnliche Steigerungen gegenüber dem Auftakt sind in den DMP Asthma bronchiale und COPD erzielt worden, wobei hier die Beteiligung der Patienten des Jahres 2007 mit der des Jahres 2015 verglichen wurde. Geringfügig schwächer fallen diese Zunahmen der Patientenzahlen für die DMP Diabetes mellitus Typ 1 (2,1-fach) und Koronare Herzkrankheit (2,5-fach für 2005 vs. 2015) aus. Entgegen dieses allgemeinen Trends deutlicher Zuwächse bei den Zahlen der innerhalb der DMP betreuten Patienten ist im DMP Brustkrebs nach einem Höhepunkt der Zahl eingeschriebener Patientinnen im Jahr 2011 ein Rückgang zu beobachten. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei der Zahl der im DMP Asthma bronchiale betreuten Kinder und Jugendlichen. 25

26 Kapitel 5: Teilnehmer- und Dokumentationszahlen Diabetes mellitus Typ 2 Koronare Herzkrankheit Asthma bronchiale COPD Querschnittszahlen der jeweils in einem Jahr in dem DMP betreuten Patienten; 2003 und 2004: Zahlen reanalysiert Abbildung 5-1: Anzahl betreuter Patienten (D2, KHK, AB, COPD) Diabetes mellitus Typ 1 Asthma bronchiale (nur Kinder & Jugendliche) Brustkrebs Querschnittszahlen der jeweils in einem Jahr in dem DMP betreuten Patienten; 2003 und 2004: Zahlen reanalysiert Abbildung 5-2: Anzahl betreuter Patienten (D1, AB nur Kinder & Jugendliche, COPD) Es erscheint in diesem Zusammenhang auch interessant, sich den Anteil jeweils jährlich neu hinzugekommener Patienten pro DMP zu vergegenwärtigen. Hierbei ist festzustellen, dass bei den DMP seit etwa 2009 (D1, KH), 2010 (D2) bzw (AB, CO, BK) Jahr für Jahr eine in etwa gleich große Menge an Patienten neu hinzugekommen ist (Abbildung 5-3). 26

27 Kapitel 5: Teilnehmer- und Dokumentationszahlen Diabetes mellitus Typ Diabetes mellitus Typ Koronare Herzkrankheit Asthma bronchiale COPD Brustkrebs neu hinzugekommen im Jahr Abbildung 5-3: Anzahl betreuter und neu hinzugekommener Patienten Abgesehen von einer ausgeprägten Wachstumsphase in den ersten zwei bis drei Jahren eines DMP sind darüber hinaus im weiteren Programmverlauf vergleichsweise konstante Zuwachszahlen über die Jahre zu erkennen ( Jahresschichten ). Außerdem ist, trotz eines überall zu beobachtenden Rückgangs, der Anteil von Patienten, die seit Beginn der Programme betreut werden, weiterhin sehr groß. Die einzige Ausnahme hiervon stellt das DMP Brustkrebs dar, in dem die Regelung der Beendigung der Teilnahme greift, sobald eine Patientin fünf Jahre nach Abschluss der Primärtherapie rezidivfrei geblieben ist. 27

28 Kapitel 5: Teilnehmer- und Dokumentationszahlen Genauere Angaben zur Zahl der an den DMP aktiv beteiligten, also Patienten dokumentierenden Ärzte sind mit Einschluss der lebenslangen Arztnummer (LANR) in die DMP-Dokumentation seit der zweiten Hälfte des Jahres 2008 möglich. Betrachtet man die Entwicklung der Arztzahlen unter der Auswertung der verschiedenen LANR in den DMP-Dokumentationen, dann lässt sich, ähnlich wie bei den Patientenzahlen, in der Regel eine Zunahme beobachten (Abbildung 5-4) Diabetes mellitus Typ 2 Diabetes mellitus Typ 1 Koronare Herzkrankheit Asthma bronchiale COPD Brustkrebs Querschnittszahlen, Datengrundlage: distinkte lebenslange Arztnummer (LANR) Abbildung 5-4: Anzahl dokumentierender Ärzte seit 2008 Insbesondere sind in diesem Zeitraum die Teilnehmerzahlen in den beiden DMP Asthma bronchiale und COPD angestiegen. Nur im DMP Brustkrebs zeigt sich auch auf der Ebene der Anzahl beteiligter Ärzte ein deutlicher Rückgang. Die größten Anzahlen dokumentierender Ärzte finden sich in den DMP Diabetes mellitus Typ 2 und Koronare Herzkrankheit (Tabelle 5-1). Tabelle 5-1: Anzahl der dokumentierenden Haus- und Fachärzte 2015 nach DMP Hausarzt DSP-Arzt Pädiater Pneumologe Gynäkologe Kardiologe Diabetes mellitus Typ Diabetes mellitus Typ Koronare Herzkrankheit Asthma bronchiale COPD Brustkrebs Mehrfachteilnahme an den DMP möglich Bedingt durch den Einschluss von Patienten unter 18 Jahren sind an den DMP Diabetes mellitus Typ 1 und Asthma bronchiale zudem auch kinder- und jugendmedizinische Praxen beteiligt. Da altersge- 28

29 Kapitel 5: Teilnehmer- und Dokumentationszahlen rechte Betreuungsangebote jedoch zum Teil auch in DSP oder pneumologisch qualifizierten Facharztpraxen existieren, kommt es hier Überschneidungen bei den Teilnehmerangaben. Eine Betrachtung der Anzahl pro dokumentierender Praxis 2015 betreuten Patienten zeigt, dass diese in der Mehrzahl hausärztlich betreut werden (Tabelle 5-2). Tabelle 5-2: Mittlere Anzahl betreuter Patienten pro dokumentierender Praxis nach DMP alle Patienten hausärztlich Patienten Praxen Patienten pro Praxis fachärztlich Patienten Praxen Patienten pro Praxis Diabetes mellitus Typ Diabetes mellitus Typ Koronare Herzkrankheit Asthma bronchiale COPD Brustkrebs Mehrfachteilnahme an den DMP möglich; für Asthma bronchiale: fachärztlich pneumologisch (152 Praxen, 138 Pat/ Prax), pädiatrisch (308 Praxen, 39 Pat/Prax), pneumologisch und pädiatrisch Patienten; für Diabetes mellitus Typ 1 pädiatrisch innerhalb einer DSP (15 Praxen, 104 Pat/Prax) Patienten Ausnahmen hiervon bestehen allerdings in den DMP Brustkrebs, Diabetes mellitus Typ 1 und mit Einschränkungen auch im DMP Asthma bronchiale. Dort finden sich sehr hohe (Brustkrebs, Diabetes mellitus Typ 1) bis überdurchschnittlich hohe (Asthma bronchiale) Quoten fachärztlich betreuter Patienten. Meist ist auch die durchschnittliche Anzahl der pro Praxis betreuten Patienten in spezialisierten Praxen deutlich höher als in den hausärztlichen Praxen. Besonders ausgeprägt ist diese Differenz der Fallzahlen betreuter Patienten im DMP Diabetes mellitus Typ 1, während im DMP Koronare Herzkrankheit in dieser Hinsicht sich kaum Unterschiede zwischen den Versorgungsebenen (Hausarzt / Kardiologe) zeigen. 5.2 Dokumentationsvolumen Analog zu der Entwicklung bei den Zahlen teilnehmender Ärzte und eingeschriebener Patienten lässt sich auch auf der Ebene der Dokumentationen in den meisten DMP ein Mengenzuwachs beobachten (Tabelle 5-3). Gegenüber dem Vorjahr fällt dieser mit einer Steigerung der Zahl vorliegender DMP- Dokumentationen um 6,7 % am größten für das DMP Diabetes mellitus Typ 1 aus. In den DMP Asthma bronchiale (+ 4,3 %) und COPD (+ 3,6 %) hat sich ebenfalls das Dokumentationsvolumen deutlich erhöht. In den beiden DMP Diabetes mellitus Typ 2 (+ 1,8 %) und Koronare Herzkrankheit (+ 1,6 %) liegen die Zuwachsraten etwas niedriger. Ähnlich wie auf der Ebene der Ärzte und Patientinnen findet sich für das DMP Brustkrebs auch auf der Dokumentationsebene dagegen ein Rückgang der Zahl der DMP-Datensätze um 3,7 % im Vergleich zum Vorjahr. 29

30 Kapitel 5: Teilnehmer- und Dokumentationszahlen Tabelle 5-3: Dokumentationsvolumina 2014, 2015 und kumulativ bis seit DMP- Beginn Diabetes mellitus Typ Diabetes mellitus Typ Koronare Herzkrankheit Asthma bronchiale COPD Brustkrebs Anzahl aller verarbeiteten DMP-Dokumentationen, bereinigt um Doppler 30

31 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 6 DMP Diabetes mellitus Typ 2 Abschnitt A, Analysen zum Erreichen der vertraglich definierten Qualitätsziele In den folgenden Abschnitten dieses Kapitels werden die, für das DMP Diabetes mellitus Typ 2 grundlegenden Voraussetzungen und Ergebnisse präsentiert. Hierzu zählen eine kurze Beschreibung des Erkrankungsbildes und seiner mutmaßlichen regionalen Prävalenz, eine Rekapitulation der wichtigsten Ziele des Programms sowie eine umfangreiche und differenzierte Untersuchung des Erreichens der vertraglich definierten Qualitätsziele. Die folgenden Fragen sollen dabei durch diese Abschnitte führen: Welche Qualitätsziele wurden erreicht und welche nicht? Existieren hierbei Unterschiede zwischen den, nach Alter, Geschlecht, Komorbidität und Betreuung im DMP verschiedenen Patientengruppen? Wenn sich solche Gruppenunterschiede nachweisen lassen, welche sind davon dann am bedeutsamsten? Finden sich Veränderungen beim Erreichen der Qualitätsziele gegenüber dem Vorjahr? Existieren daneben Unterschiede beim Erreichen der Qualitätsziele auf der Ebene der teilnehmenden Praxen? Ein bereits in der Übersichtsdarstellung dieses Berichts deutlich gewordener Aspekt wird durch die genauere, auf Untergruppen der Patienten abhebende Auswertung mehrfach bestätigt: die Typ-2- Diabetiker, die in das DMP eingeschrieben sind, stellen keine vollständig homogene Patientengruppe dar. Die Unterschiede hinsichtlich des Alters und der Komorbidität sind dabei zum Teil beträchtlich, was vor dem Hintergrund der völlig verschiedenen Erkrankungsphasen, in denen sich neu- im Vergleich zu langjährig erkrankten Diabetikern befinden, auch unmittelbar einleuchtend erscheint. Als Konsequenz hieraus ergibt sich auch die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung der Qualitätszielerreichung werden insgesamt sieben der zehn patientenbezogenen sowie das, auf die Qualität der Dokumentationen Bezug nehmende Ziel erreicht. Deutlich übertroffen werden dabei vor allem die Ziele zur Verordnung von Metformin und zum Blutdruck, deutlich verfehlt vor allem die zur Überweisung bei schweren Fußläsionen und zur jährlichen Netzhautuntersuchung. Während für das erstgenannte Phänomen der deutliche Anstieg im DMP-Verlauf auf eine verbesserte Ergebnisqualität hindeutet, stellt sich bei den zuletzt genannten Beobachtungen vor allem die Frage, in wie weit hier alle relevanten Ereignisse in den Hausarztpraxen vollständig dokumentiert wurden. Die Veränderungen gegenüber dem Vorjahr sind bei den meisten Qualitätszielen sehr gering ausgeprägt. Die relativ stärksten Steigerungen der Quoten zeigen sich beim Erreichen des individuellen HbA 1c -Ziels und der Metformin-Verordnung, die deutlichsten Rückgänge sind bei den Quoten der augenärztlich untersuchten Patienten sowie der Überprüfung der Nierenfunktion zu beobachten. Der deutliche Zuwachs bei den Überweisungen infolge schwerer Fußläsionen ist hingegen auf Veränderungen bei der Dokumentation und im Auswertungsalgorithmus zurückzuführen. Zum Teil beträchtliche Unterschiede lassen sich jedoch zwischen verschiedenen Untergruppen der Patienten feststellen. So wird die in Bezug auf einen HbA 1c -Wert unter 8,5 % geforderte Quote von mindestens 90 % in der Gruppe von Patienten ab 76 Jahren deutlich übertroffen. Ebenfalls deutlich häufiger wird bei älteren Patienten die Nierenfunktion überprüft und die Netzhaut untersucht. Zusätzlich erweist sich das Vorliegen vor allem von diabetischen Folgekomplikationen als relevant für 31

32 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 die erreichte Rate bei den Qualitätszielen. Während beispielsweise hinsichtlich der Stoffwechselbezogenen Ziele Patienten ohne diabetische Folgekomplikationen höhere Raten erreichen, zeigt sich das umgekehrte Bild in Bezug auf die Kontrolluntersuchungen und die Überweisungen bei Fußläsionen. Diese erfolgen häufiger bei Patienten mit diabetischen Folgekomplikationen. Folgerichtig bestätigen multivariate Analysen der Qualitätszielerreichung, dass hierfür neben dem Alter vor allem das Vorliegen diabetischer Folgekomplikationen bzw. die Therapie mit Insulin die bedeutendsten Prädiktoren darstellen. Alle drei Faktoren hängen stark mit der Erkrankungsdauer zusammen. Allerdings gelingt es beim Vermeiden schwerer Hypoglykämien und stationärer Diabetes- Behandlungen diesen massiven Effekt durch eine spezialisierte Betreuung der Patienten bzw. bei den Netzhautuntersuchungen durch eine längere Betreuungszeit im DMP teilweise zu kompensieren. Darüber hinaus kann durch Analysen auf Praxenebene nachgewiesen werden, dass zwischen den Praxen besonders deutliche Unterschiede beim Erreichen des HbA 1c -Zielwerts, des Blutdruckziels, dem Verordnen von TAH, dem Untersuchen der Netzhaut sowie dem Überweisen bei einer schweren Fußläsion bestehen. Dagegen zeigen sich vor allem beim Vermeiden hoher HbA 1c -Werte, schwerer Hypoglykämien und stationärer Diabetes-Behandlungen nur sehr geringe Unterschiede zwischen den Praxen. 6.1 Definition und Prävalenz des Diabetes mellitus Typ 2 Der Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) stellt die häufigste endokrine Störung dar. Unter dem Namen der Erkrankung werden verschiedene Formen der Störung des Glukosestoffwechsels mit jeweils unterschiedlicher Ätiologie und Symptomatik zusammengefasst. Ihr gemeinsames Kennzeichen ist der relative bis absolute Mangel an Insulin. Der Diabetes mellitus Typ 2 erstreckt sich über die Spanne von der dominierenden Insulinresistenz mit Hyperinsulinämie bis hin zu einem Sekundärversagen mit Insulinresistenz. Eine chronische Hyperinsulinämie und Insulinresistenz führen in der Regel zur Erschöpfung der Beta-Zellfunktion. Übergewicht, meist verbunden mit einer Fettstoffwechselstörung und Bluthochdruck, gilt als Risikofaktor für einen Diabetes mellitus Typ 2. Auf Grundlage des Bundesgesundheits-Surveys von 1998 wurde für den manifesten Diabetes mellitus Typ 1 und 2 in Deutschland eine Prävalenz von ca. 5 Prozent in der Gesamtbevölkerung ermittelt (Thefeld, 1999), dies entspricht einer Anzahl von etwa 4 Millionen Menschen. Etwa 5 bis 10 Prozent der Erkrankten haben einen Typ 1-Diabetes. Die Prävalenz des Typ 2-Diabetes steigt mit dem Alter und hat während der letzten Jahrzehnte in Deutschland, wie auch weltweit, vermutlich zugenommen. Auf Grundlage repräsentativer Bevölkerungsumfragen liegt die Lebenszeitprävalenz des Diabetes in Deutschland bei 5,8 (Kohler, Ziese, Robert Koch-Institut, 2004), 6,7 (Ellert et al., 2006), 7 (Hauner, Köster, von Ferber, 2003), 7,2 (DEGS1, Heidemann et al., 2013) bzw. 9 Prozent für über 18- jährige Frauen und 8 Prozent für über 18-jährige Männer (GEDA09, Heidemann et al., 2011; RKI, 2011). Zum 1. Juli 2015 waren in der Region Nordrhein Menschen gesetzlich krankenversichert. Wenn man von den Ergebnissen der beiden neuesten Surveys ausgeht, sind in der Region Nordrhein alters- und geschlechtsadjustiert zwischen (DEGS1) und (GEDA09) GKV-Versicherte mit Diabetes mellitus Typ 2 zu erwarten. 32

33 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ Ziele des DMP Diabetes mellitus Typ 2 und Kooperation der Versorgungsebenen Am 6. Mai 2003 vereinbarten die Vertragspartner in Nordrhein das Disease Management Programm Diabetes mellitus Typ 2. Im Vertragstext zu dem DMP Diabetes mellitus Typ 2 sind die folgenden Ziele festgelegt: Vermeidung von Symptomen der Erkrankung (z. B. Polyurie, Polydipsie, Abgeschlagenheit) einschließlich der Vermeidung neuropathischer Symptome, Vermeidung von Nebenwirkungen der Therapie (insbesondere schwere oder rezidivierende Hypoglykämien) sowie schwerer hyperglykämischer Stoffwechselentgleisungen, Reduktion des erhöhten Risikos für kardiale, zerebrovaskuläre und sonstige makro-angiopathische Morbidität und Mortalität, Vermeidung der mikrovaskulären Folgekomplikationen (insbesondere Retinopathie mit schwerer Sehbehinderung oder Erblindung, Niereninsuffizienz mit der Notwendigkeit einer Nierenersatztherapie), Vermeidung des diabetischen Fußsyndroms mit neuro-, angio-, und/oder osteopathischen Läsionen und von Amputationen. Allgemein soll die Lebenserwartung der Patienten erhöht und die durch den Diabetes beeinträchtigte Lebensqualität erhalten oder verbessert werden. Abhängig vom Alter und eventuellen Begleiterkrankungen sind mit dem Patienten individuelle Therapieziele anzustreben. Die Kooperation der Versorgungsebenen wird einer der Anlagen des DMP-Vertrages beschrieben. Der DMP-Vertrag definiert zudem, welche Aufgaben der koordinierende Arzt ( Teilnahmevoraussetzungen und Aufgaben des hausärztlichen Versorgungsbereichs koordinierender Arzt ) übernimmt. Hierzu zählen die Einschreibung des Patienten, die Koordination und Dokumentation der Behandlung sowie gegebenenfalls eine Überweisung des Patienten. Außerdem ist vertraglich festgelegt, welche Aufgaben Ärzte in diabetologischen Schwerpunktpraxen ( Teilnahmevoraussetzungen und Aufgaben des diabetologisch qualifizierten Versorgungsbereichs diabetologische Schwerpunktpraxen ) bzw. Krankenhäuser oder Rehabilitationseinrichtungen übernehmen. 6.3 Patienten im DMP Diabetes mellitus Typ 2 Die insgesamt Typ-2-Diabetiker werden überwiegend in hausärztlichen Praxen betreut (Abbildung 6-1). Die Patientengruppe setzt sich zu praktisch gleichen Anteilen aus weiblichen wie männlichen Patienten zusammen. Etwas weniger als 40 % der Patienten sind bis zu 65 Jahre alt, etwa je 30 % liegen in dem Altersbereich zwischen 66 und 75 bzw. über 75 Jahren. Etwa jeweils ein Drittel aller Patienten ist seit mindestens viereinhalb Jahren in das Programm eingeschrieben, seit über viereinhalb bis zu maximal neun Jahren bzw. bereits seit über neun Jahren. Die mittlere Betreuungsdauer im DMP liegt bei 6,7 3,9 Jahren. 33

34 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 betreut in (Hausarztpraxis / DSP) 92,5 7,5 Geschlecht (weiblich / männlich) 49,4 50,6 Alter ( 65 / / 76 Jahre) 38,5 28,6 32,9 Betreungszeit im DMP ( 4,5 / > 4,5 9 / > 9 Jahre) 34,0 33,2 32, % insgesamt Patienten, davon (97,1 %) mit aktueller Folgedokumentation 2015 Abbildung 6-1: Patientengruppen im DMP Diabetes mellitus Typ 2 An dieser Stelle sollen ergänzend die Gruppen kurz beschrieben werden, die sich aus der Kombination von Alter und Geschlecht bzw. Komorbidität und Geschlecht ergeben. Analysen in den folgenden Abschnitten dieses Kapitels greifen häufig eine dieser Unterteilungen auf, um einzelne Befunde differenzierter darzustellen. Weibliche DMP-Patientinnen sind im Durchschnitt 2,6 Jahre älter und der Anteil von Patientinnen in einem Alter ab 76 Jahren liegt um 9,7 % über demjenigen der Männer (Tabelle 6-1). Tabelle 6-1: Altersverteilung nach Geschlecht Alter (Jahre) alle n % n % n % n % mittleres Alter weiblich , , , ,0 69,7 ± 12,5 männlich , , , ,0 67,1 ± 12,0 zusammen , , , ,0 68,4 ± 12,3 mittleres Alter: Mittelwert ± Standardabweichung Zusätzlich wird die Komorbidität der Patienten zur differenzierten Beschreibung ausgewählter Befunde wie z. B. bei der Qualitätszielerreichung herangezogen. Hierbei wurden vier voneinander unabhängige Gruppen von Patienten gebildet: Patienten ohne eine der nachfolgend betrachteten Begleiterkrankungen, Patienten mit einer kardio-vaskulären Begleiterkrankung, das heißt koronarer Herzkrankheit, arterieller Verschlusskrankheit, Herzinfarkt, Herzinsuffizienz oder Schlaganfall, 34

35 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Patienten mit einer diabetischen Folgekomplikation, das heißt einer Neuro-, Retino-, Nephropathie, Erblindung, Amputation oder der Notwendigkeit einer Dialyse, sowie Patienten mit einer Kombination aus kardio-vaskulärer und diabetischer Begleit- bzw. Folgekomplikation (Tabelle 6-2). Tabelle 6-2: Komorbidität nach Geschlecht Begleiterkrankung oder Folgekomplikation keine kardio-vaskulär diabetisch kardio-vaskulär und diabetisch n % n % n % n % weiblich , , , ,2 männlich , , , ,6 zusammen , , , ,4 Wie deutlich zu erkennen ist, sind weibliche und männliche Typ 2-Diabetiker von diesen Begleit- und Folgeerkrankungen in sehr unterschiedlichem Ausmaß betroffen: Frauen leiden aufgrund ihres höheren Durchschnittsalters und der damit zusammenhängenden längeren Erkrankungsdauer auch häufiger an diabetischen Folgekomplikationen; bei Männern sind dagegen kardio-vaskuläre Begleiterkrankungen wesentlich häufiger dokumentiert. Aufgrund dieser Unterschiede werden im Folgenden alle relevanten Befunde geschlechtsspezifisch ausgewiesen. Da außerdem das Alter der Patienten für das Auftreten von Begleiterkrankungen und Folgekomplikationen, die Stoffwechselsituation, den Blutdruck und die medikamentöse Versorgung sehr bedeutsam ist, werden alle zentralen Befunde ebenfalls altersspezifisch dargestellt. Zusätzlich erfolgt an ausgewählten Stellen eine Analyse in Abhängigkeit von der Komorbidität der Patienten. Die Qualitätsziele werden außerdem noch nach Teilnahmedauer am und Art der Betreuung im DMP (haus- vs. fachärztlich) untersucht. Die Auswertungen zur Häufigkeit spezifischer Begleiterkrankungen und Folgekomplikationen basieren auf den Daten aller Patienten, die 2015 im DMP Diabetes mellitus Typ 2 dokumentiert wurden. Darstellungen aktueller Befunde basieren auf dem Patientenkollektiv, von dem eine aktuelle Folgedokumentation aus dem Jahr 2015 vorliegt, dies sind Patienten. Nur für diese Patientengruppe sind Veränderungen der momentanen Situation gegenüber früheren Zeitpunkten abbildbar. Abweichungen von dieser Fallzahlbasis ergeben sich lediglich bei unvollständigen Angaben zu einzelnen Variablen, wie zum Beispiel bei einem fehlenden HbA 1c -Wert, sowie bei Analysen über den gesamten bisherigen DMP-Zeitverlauf. Letztere setzen vollständige Dokumentationsverläufe und häufig spezifische Erkrankungsmerkmale voraus, weshalb hierbei ein eingeschränkteres Kollektiv betrachtet wird. Bei einer vermuteten Zahl von bis Typ-2-Diabetikern unter allen GKV-Versicherten Nordrheins (s.o.) würden etwa zwischen 85 bis 97 % dieser Patienten in dem DMP betreut. 35

36 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ Erreichen der Qualitätsziele im DMP Diabetes mellitus Typ 2 In der entsprechenden Anlage des DMP-Vertrages werden hinsichtlich der arzt- und regionenbezogenen Qualitätssicherung die folgenden Ziele formuliert: niedriger Anteil von Patienten mit hohen HbA 1c -Werten hoher Anteil von Patienten, die ihren individuell vereinbarten HbA 1c -Wert erreichen Vermeiden schwerer Hypoglykämien Vermeiden notfallmäßiger stationärer Behandlungen wegen Diabetes mellitus hoher Anteil von Hypertonikern mit normotensiven Blutdruckwerten hoher Anteil von Patienten mit jährlicher Überprüfung der Nierenfunktion hoher Anteil von Patienten, die bei makroangiopathischen Begleit- bzw. Folgeerkrankungen Thrombozyten-Aggregationshemmer erhalten hoher Anteil von mit Metformin behandelten übergewichtigen Patienten bei Monotherapie mit einem oralen Antidiabetikum hoher Anteil von Patienten mit jährlicher augenärztlicher Untersuchung Mitbehandlung durch eine auf die Behandlung des diabetischen Fußes spezialisierte Einrichtung bei auffälligem Fußstatus / schwerer Fußläsion Sicherstellung der Vollständigkeit und Plausibilität der Dokumentation Durch Veränderungen in der Dokumentation zum 1. Juli 2015 ergeben sich eine Reihe von Konsequenzen für einzelne, qualitätszielrelevante Auswertungen. Dies betrifft die folgenden Zielindikatoren: hoher Anteil von Patienten, die ihren individuell vereinbarten HbA 1c -Wert erreichen: Im Gegensatz zu der früheren Unterscheidung von Wert halten (= Ziel erreicht) und Wert senken (= nicht erreicht) werden jetzt explizit die Ausprägungen erreicht vs. nicht erreicht übermittelt. hoher Anteil von Patienten mit jährlicher Überprüfung der Nierenfunktion: Statt der Übermittlung des jährlich zu bestimmenden Serum-Kreatininwerts erfolgt jetzt die direkte Weitergabe der geschätzten glomerulären Filtrationsrate egfr. hoher Anteil von Patienten, die bei makroangiopathischen Begleit- bzw. Folgeerkrankungen Thrombozyten-Aggregationshemmer erhalten: Durch die zusätzliche Berücksichtigung von Patienten, die orale Antikoagulanzien erhalten, kann die Nennerpopulation verkleinert werden. Also wird die Zahl der Patienten geringer, für die dieses Ziel im engeren Sinne Gültigkeit beansprucht. Mitbehandlung durch eine auf die Behandlung des diabetischen Fußes spezialisierte Einrichtung bei auffälligem Fußstatus / schwerer Fußläsion: Statt einer ausschließlichen Dokumentation einer veranlassten Überweisung zu einer qualifizierten Einrichtung für das diabetische Fußsyndrom kann jetzt zusätzlich auch die erfolgte Behandlung oder Mitbehandlung in einer solchen festgehalten werden. Hierdurch vergrößert sich bei diesem Qualitätsziel deutlich die Zählerpopulation, also die Zahl der Patienten, die das Ziel erreichen Univariate Analyse der Qualitätszielerreichung Zehn der Ziele beziehen sich auf die Behandlung der Patienten, davon weisen alle eine quantitative Zielvorgabe auf. Sieben der zehn patienten- bzw. behandlungsbezogenen Qualitätsziele werden 2015 erreicht. Deutlich übertroffen werden die Ziele zum Erreichen eines Blutdrucks unter 140/90 mmhg bei Patienten mit arterieller Hypertonie sowie zur Verordnung von Metformin bei übergewichtigen 36

37 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Patienten unter oraler antidiabetischer Monotherapie (Abbildung 6-2 und Tabelle 6-3). HbA1c < 8,5 % 90,1 individuellen HbA1c-Zielwert erreichen 61,6 schwere Hypoglykämien vermeiden stationäre Diabetes-Behandlungen vermeiden 99,8 99,8 RR bei Hypertonie < 140/90 mmhg 58,6 Nierenfunktion überprüfen 94,3 TAH bei spezifischen Indikationen 71,6 Metformin bei Übergewicht u. OAD-Therapie 88,4 Netzhaut untersuchen 66,1 bei schwerer Fußläsion überweisen 50, % grüne Balken: quantitative Zielvorgabe Abbildung 6-2: Erreichen der Qualitätsziele Deutlich unterschritten werden 2015 die angestrebten Quoten bezüglich einer jährlichen augenärztlichen Untersuchung bei Patienten, die mindestens schon ein Jahr an dem DMP teilnehmen, zur Verordnung von Thrombozyten-Aggregationshemmern (TAH) bei spezifischen Begleiterkrankungen sowie zur Überweisung bei schweren Fußläsionen. Gegenüber dem Vorjahr ändern sich die 2015 erreichten Quoten bei den Qualitätszielen in der Regel nur marginal in einem Bereich ± 0,4 Prozentpunkte. Die einzigen Ausnahmen hiervon zeigen sich in Form einer ausgeprägteren Abnahme des Anteils solcher Patienten, bei denen die Nierenfunktion überprüft bzw. die Augen untersucht wurden ( 0,9 bzw. 1,5 Prozentpunkte). Der deutliche Zuwachs um fast 20 Prozentpunkte in der Gruppe von Patienten, die bei Vorliegen einer schweren Fußläsion überwiesen wurden, ist darauf zurückzuführen, dass seit dem 1. Juli 2015 sowohl das Veranlassen einer Überweisung wie auch die aktuelle Mitbehandlung dieser Patienten dokumentiert werden können. Inwieweit diese Effekte auf den Einschluss jüngerer, mutmaßlich kürzer erkrankter und durch diabetische Folgeerkrankungen auffällig geringer belasteter Patienten zurückzuführen sind, wird weiter unten diskutiert. Zudem sind aber möglicherweise auch weitere Faktoren hierfür relevant. Fraglich ist zum Beispiel, in wie weit alle tatsächlich in den Facharztpraxen erfolgten Netzhautuntersuchungen auf Seiten der Hausärzte auch dokumentiert wurden. Nach wie vor ist auch unklar, ob wirklich alle Überweisungen von Patienten mit schweren Fußläsionen erfasst worden sind. 37

38 HbA1c < 8,5 % HbA1c-Zielwert Hypoglykämien vermeiden stationäre Diabetes- Behandlung vermeiden RR bei Hypertonie < 140/90 mmhg Nierenfunktion TAH bei spezifischen bei schwerer Fußläsion Qualitätssicherungsbericht 2015 DMP Nordrhein Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Tabelle 6-3: Erreichen der Qualitätsziele differenziert nach Patientengruppen Zielerreichung insgesamt erreichena Qualitätsziele Ziel erreicht (n) Ziel gültig (n) Zielquote > 99 > erreicht 90,1 61,6 99,8 99,8 58,6 94,3 71,6 88,4 66,1 50, erreicht 90,4 61,3 99,8 99,7 58,5 95,2 71,5 88,0 67,6 30,9 in Teilgruppen Geschlecht weiblich 91,0 63,3 99,8 99,8 58,8 94,3 67,1 87,8 66,4 43,6 männlich 89,2 60,0 99,8 99,7 58,4 94,2 74,8 88,9 65,8 54,0 Alter (Jahre) 65 86,8 56,3 99,8 99,8 58,0 93,3 67,9 92,1 62,4 55,8 66 bis 75 91,3 62,1 99,8 99,8 57,9 94,6 72,2 88,9 69,0 51, ,8 67,1 99,8 99,7 59,6 95,0 73,1 81,7 67,5 47,0 Komorbidität keine 91,6 63,1 99,9 99,9 56,8 93,4 90,4 63,4 42,5 kardio-vaskulär 91,5 62,9 99,9 99,8 61,7 94,6 69,7 86,5 63,1 34,5 diabetisch 87,5 58,6 99,8 99,7 56,1 94,6 33,6 88,4 71,8 48,2 kardio. + diab. 86,7 58,9 99,6 99,3 61,0 95,7 74,4 83,2 70,8 54,0 DMP seit (Jahren) 4,5 93,6 67,9 99,9 99,8 58,0 93,5 72,7 90,1 61,9 47,2 > 4,5 bis 9 90,0 61,5 99,9 99,8 58,8 94,5 70,8 88,8 65,9 47,4 > 9 86,5 55,2 99,7 99,6 58,8 94,6 71,7 85,9 69,7 53,3 betreut hausärztlich 90,2 61,4 99,8 99,7 58,7 94,5 72,0 88,5 65,7 50,5 in einer DSP 88,6 64,6 99,9 99,8 57,3 91,3 66,9 86,3 71,1 Patienten mit aktueller Folgedokumentation; n: Anzahl Patienten; keine: keine der genannten Begleit- und Folgeerkrankungen; kardio-vaskulär: koronare Herzkrankheit (KHK), arterielle Verschlusskrankheit (AVK), Herzinfarkt, Herzinsuffizienz oder Schlaganfall, diabetisch: Neuro-, Retino-, Nephropathie, Erblindung, Amputation oder Dialyse, k + d: kardio-vaskulär und diabetisch; alle Angaben in Prozent; TAH: Thrombozyten-Aggregationshemmer; a: aufgrund der mittleren Betreuungsdauer von über 6 Jahren Zielwert 6 Jahre DMP-Dauer ausgewählt; b: für Patienten mit mindestens einjähriger DMP-Teilnahme; c: bei einer AVK, KHK, einem Schlaganfall, Herzinfarkt oder einer Amputation; d: auffälliger Fußstatus und Wagner-Stadium 2 und / oder Armstrong-Klassifikation C oder D überprüfenb Indikationen verordnenc Metformin bei Übergewicht verordnena Netzhaut untersuchena,b überweisena,d Erweitert man zum Beispiel das weiterhin relativ eng definierte Ziel der zu überweisenden Patienten mit schweren Fußläsionen um solche, die mit einem entsprechenden Befund in einer spezialisierten Einrichtung versorgt wurden, dann erhöht sich die Quote noch einmal auf 59,4 % bzw. 63,7 % für Patienten bis 65 Jahre. Erweitert man den Zeithorizont einer Netzhautuntersuchung auf zwei Jahre 38

39 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 und schließt nur Patienten in die Analyse ein, die mindestens so lange am DMP teilnehmen, dann ist bei 74,9 % dieser Patienten eine derartige Untersuchung dokumentiert. Betrachtet man in dieser Auswahl nur solche Patienten, bei denen bereits diabetische Folgekomplikationen oder -schädigungen eingetreten sind, erreicht die Quote einer zweijährigen Netzhautuntersuchung sogar 79,9 %. Im welchem Ausmaß die Qualitätsziele erreicht werden, erweist sich als abhängig vom Alter, dem Geschlecht, der Komorbidität, der Teilnahmedauer sowie der Betreuung in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis. Ältere Patienten erreichen deutlich öfter die beiden, auf die Einstellung des Stoffwechsels bezogenen Qualitätsziele. Die in Bezug auf einen HbA 1c -Wert unter 8,5 % geforderte Quote von mindestens 90 % wird vor allem in der Gruppe von Patienten ab 76 Jahren deutlich überschritten. In dieser Altersgruppe wird außerdem häufiger das Blutdruckziel erreicht. Häufiger erfolgt bei älteren Diabetespatienten auch eine Überprüfung der Nierenfunktion und eine Untersuchung der Netzhaut, auch TAH werden indikationsspezifisch älteren Patienten häufiger verordnet. Deutlich seltener erhalten ältere Patienten Metformin, was vermutlich auf den fortgeschrittenen Diabetesverlauf zurückzuführen ist. Ältere Patienten mit schweren Fußläsionen werden außerdem seltener überwiesen. Patienten, bei denen bislang keine der hier betrachteten oder lediglich kardio-vaskuläre Begleiterkrankungen dokumentiert sind, erreichen wesentlich öfter die beiden Stoffwechselziele als Patienten, die bereits an diabetischen Folgekomplikationen leiden. Vor allem erreichen sie auffallend häufiger den vereinbarten HbA 1c -Zielwert. Daneben erleiden sie seltener schwere Hypoglykämien und müssen seltener stationär behandelt werden. Außerdem ist in dieser Patientengruppe der höchste Anteil von Metformin-Verordnungen bei übergewichtigen Patienten festzustellen. Zusammengenommen zeigt dies, dass in dieser Gruppe die Erkrankungsdauer vermutlich noch vergleichsweise kurz ist. In der Gruppe von Patienten mit einer kardio-vaskulären Begleiterkrankung findet sich etwas häufiger ein normotoner Blutdruck, während im Falle vorliegender diabetischer Folgeerkrankungen bei den Patienten häufiger die Nierenfunktion überprüft und die Netzhaut untersucht wird. Patienten mit diabetischen Folgekomplikationen werden bei einer schweren Fußläsion auch ausgeprägt häufiger überwiesen. Auffällig bleibt die besonders geringe Häufigkeit einer TAH-Verordnung bei Patienten, die ausschließlich an diabetischen Folgekomplikationen leiden. Definitionsgemäß wird allerdings hier nur eine sehr kleine Patientengruppe betrachtet, bei der als spezifische Komplikation eine Amputation dokumentiert ist. Eine längere Teilnahme am DMP korreliert vor allem positiv mit dem Überprüfen der Nierenfunktion und einer jährlichen ophthalmologischen Netzhautuntersuchung sowie einer Überweisung im Fall einer schweren Fußläsion. Der Zusammenhang von längerer Teilnahme und geringeren Raten für die beiden Stoffwechselziele ist wahrscheinlich ebenso wie das leicht häufigere Auftreten von Hypoglykämien und stationären Behandlungen sowie die kleinere Rate an Metformin-Verordnungen auf die parallel zur Teilnahmedauer ansteigende Erkrankungsdauer zurückzuführen. Geschlechtsunterschiede in Bezug auf das Ausmaß der Zielerreichung sind meist nur schwach ausgeprägt. So erreichen Frauen etwas höhere Raten in den beiden Stoffwechselzielen, dem Blutdruckziel sowie bei der Netzhautuntersuchung, Männer dagegen in den Zielen zur TAH- und Metformin-Verordnung sowie bei der Überweisungsfrequenz infolge einer schweren Fußläsion. Patienten, die in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis betreut werden, erreichen etwas öfter ihren HbA 1c -Zielwert, sie werden darüber hinaus deutlich häufiger ophthalmologisch untersucht. Auf der anderen Seite weisen mehr Patienten dieser Gruppe einen HbA 1c von 8,5 % oder darüber auf, sie 39

40 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 erreichen seltener das Blutdruckziel, bei ihnen wird seltener die Nierenfunktion überprüft und TAH bzw. Metformin werden seltener verordnet Multivariate Analyse der Qualitätszielerreichung Ergänzend zu diesen univariaten Betrachtungen werden in dem vorliegenden Bericht an ausgewählten Stellen die Zusammenhänge zwischen den Ziel- und den Gruppierungsvariablen, also Patientenmerkmalen, auch multivariat betrachtet. Dieses Vorgehen dient dem Zweck, abschätzen zu können, welche Patientenmerkmale zum Beispiel für das Erreichen eines Qualitätsziels von vorrangiger und welche von eher untergeordneter Bedeutung sind. In dem vorliegenden Bericht wurden für alle zehn patienten- bzw. behandlungsbezogenen Qualitätsziele jeweils separate multivariate, logistische Regressionsanalysen durchgeführt. Der Aufbau der Modelle schließt systematisch immer ein identisches Set patientenbezogener Variablen (Prädiktoren) ein. Dies sind das Geschlecht, das Alter, die Betreuungszeit im DMP, die Komorbidität, die Art der Betreuung im DMP durch eine Hausarzt- oder diabetologische Schwerpunktpraxis sowie die antidiabetische und die antihypertensive Medikation. Hierbei sind die Komorbidität (diabetische Folgeerkrankungen) und die antidiabetische Therapie als Näherungs- oder Proxyindikatoren für eine längere Diabetes-Erkrankungsdauer anzusehen. Die Merkmalsausprägungen bzw. das beschriebene Grundset werden bei der Modellierung des Erreichens von Qualitätszielen, die nur für Patiententeilgruppen mit spezifischen Begleiterkrankungen (Verordnen von TAH), einer besonderen antidiabetischen Therapieform (Verordnen von Metformin) oder einer besonderen Form der Betreuung (Überweisen bei Auftreten schwerer Fußläsionen) gelten, entsprechend reduziert. Die statistische Chance dafür, dass ein HbA 1c -Wert unter 8,5 % erreicht wird, ist bei älteren Patienten größer (Odds Ratio OR bis zu 2,35) und solchen, die in einer DSP betreut werden (OR 1,14; Tabelle 6-4). Sie ist vor allem dann geringer, wenn bereits diabetische Folgekomplikationen vorliegen bzw. die Patienten mit Insulin behandelt werden müssen (OR bis zu 0,06). Diese Unterschiede spiegeln sich in annähernd gleicher Größenordnung wider beim Erreichen des vereinbarten HbA 1c -Zielwerts (Alter: OR bis zu 1,68; DSP-Betreuung: OR 1,40; Insulintherapie: OR 0,19). Übereinstimmend zu diesen Befunden ist auch die Chance dafür, dass schwere Hypoglykämien vermieden werden können, deutlich größer bei Patienten, die in einer DSP betreut werden (OR 2,46). Sie ist insbesondere dann gering, wenn die Patienten an diabetischen Folgekomplikationen leiden bzw. mit Insulin therapiert werden (OR bis zu 0,09). Während sich beim Vermeiden einer stationären Diabetes-Behandlung auch ein negativer Zusammenhang mit dem Vorliegen diabetischer Folgekomplikationen oder einer Insulinbehandlung existiert (OR bis zu 0,13), besteht hier ein positiver Zusammenhang mit einer langen Betreuungszeit und vor allem mit der Betreuung in einer DSP (OR bis zu 2,25). Diese Befunde verdeutlichen, dass mit fortschreitender Erkrankungsdauer vor allem das Erreichen der, auf die Güte der Stoffwechseleinstellung bezogenen Qualitätsziele schwerer fällt als zu Erkrankungsbeginn. 40

41 HbA1c < 8,5 % HbA1c-Zielwert erreichen Hypoglykämien vermeiden stationäre Diabetes- Behandlung vermeiden RR bei Hypertonie < 140/90 mmhg Nierenfunktion überprüfen TAH bei spezifischen Indikationen verordnen Metformin bei Übergewicht verordnen Netzhaut untersuchen bei schwerer Fußläsion überweisen Qualitätssicherungsbericht 2015 DMP Nordrhein Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Tabelle 6-4: Prädiktoren der Qualitätszielerreichung Qualitätsziele Prädiktor Geschlecht männlich 0,94 Alter ( 65 Jahre) 0,92 0,96 66 bis 75 1,87 1,82 1, ,35 2,29 2,41 Komorbidität (keine) kardio-vaskulär 0,92 0,89 0,95 diabetisch 0,94 0,92 0,97 kardio-vas. + diabet. 0,86 DMP seit ( 4,5 Jahren) 0,84 0,89 > 4,5 bis 9 0,72 0,70 0,74 > 9 0,68 betreut 0,66 0,69 in einer DSP 1,14 Medikation (keine) 1,10 1,18 orale Antidiabetika 0,18 0,18 0,19 Insulin, ggf. mit OAD 0,06 Antihypertensiva 0,06 0,07 verordnet 1,15 1,13 1,18 0,95 0,94 0,96 1,36 1,34 1,38 1,68 1,65 1,70 0,93 0,91 0,94 1,07 1,05 1,09 1,08 1,06 1,10 0,83 0,81 0,84 0,76 0,75 0,77 1,40 1,37 1,43 0,36 0,36 0,37 0,19 0,19 0,19 1,16 1,15 1,18 1,27 1,10 1,45 1,05 0,88 1,25 1,24 1,04 1,48 1,13 0,89 1,45 0,70 0,57 0,85 0,53 0,44 0,65 1,06 0,86 1,31 0,99 0,81 1,21 2,46 1,78 3,42 0,63 0,47 0,85 0,09 0,07 0,12 0,83 0,68 1,00 1,05 0,93 1,18 1,04 0,89 1,22 0,87 0,75 1,01 0,60 0,49 0,73 0,53 0,44 0,64 0,25 0,21 0,30 1,18 1,00 1,38 1,41 1,20 1,65 2,25 1,72 2,93 0,51 0,41 0,64 0,13 0,10 0,16 0,82 0,69 0,98 0,97 0,95 0,98 0,96 0,94 0,97 0,99 0,97 1,00 1,24 1,22 1,26 1,00 0,98 1,01 1,24 1,21 1,26 1,04 1,02 1,05 1,05 1,03 1,07 0,96 0,94 0,98 0,88 0,87 0,90 0,85 0,83 0,87 0,94 0,92 0,95 0,97 0,95 1,00 1,15 1,12 1,19 1,20 1,16 1,23 1,11 1,07 1,15 1,18 1,14 1,23 1,41 1,35 1,47 1,09 1,06 1,12 1,03 0,99 1,06 0,60 0,58 0,63 1,10 1,07 1,13 1,09 1,05 1,13 1,20 1,16 1,23 1,52 1,48 1,55 1,19 1,15 1,22 1,28 1,24 1,32 1,20 1,17 1,23 0,85 0,83 0,88 0,81 0,78 0,83 0,75 0,72 0,78 0,99 0,97 1,02 1,24 1,20 1,28 3,88 3,75 4,01 1,06 1,03 1,09 0,72 0,69 0,75 0,42 0,41 0,44 0,79 0,76 0,82 0,95 0,91 0,99 0,70 0,68 0,74 0,99 0,96 1,03 0,90 0,87 0,93 0,78 0,74 0,82 1,15 1,11 1,19 0,99 0,97 1,00 1,24 1,22 1,26 1,12 1,10 1,14 0,89 0,88 0,91 1,31 1,29 1,34 1,18 1,15 1,20 1,11 1,10 1,13 1,22 1,20 1,24 1,25 1,22 1,28 1,12 1,10 1,13 1,06 1,04 1,08 1,29 1,27 1,31 1,44 1,19 1,74 0,81 0,63 1,04 0,71 0,56 0,89 0,69 0,42 1,12 1,04 0,69 1,57 1,32 0,90 1,95 0,95 0,73 1,25 1,11 0,86 1,44 1,38 1,00 1,91 1,77 1,30 2,41 1,31 0,99 1,72 Fallzahl im Modell Nagelkerkes R 2 0,162 0,126 0,089 0,085 0,005 0,010 0,077 0,037 0,020 0,052 Odds Ratio (oberer Zahlenwert) und 95 %-Konfidenzintervall; Patienten mit aktueller Folgedokumentation; Referenzgruppen mehrstufiger Prädiktoren kursiv gesetzt (Referenzgruppe für das Ziel zur TAH-Verordnung bei dem Prädiktor Komorbidität: kardio-vaskuläre Begleiterkrankungen); Komorbidität, keine: keine der genannten Begleit- und Folgeerkrankungen (kardio-vaskulär: koronare Herzkrankheit, arterielle Verschlusskrankheit, Herzinfarkt, Herzinsuffizienz oder Schlaganfall, diabetisch: Neuro-, Retino-, Nephropathie, Erblindung, Amputation oder Dialyse, kardio-vas. + diabet.: kardio-vaskulär und diabetisch); OAD: orale Antidiabetika; TAH: Thrombozyten-Aggregationshemmer 41

42 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Das Erreichen des Blutdruckziels korreliert positiv mit dem Vorliegen kardio-vaskulärer Begleiterkrankungen (OR bis zu 1,24). Für eine Überprüfung der Nierenfunktion (OR bis zu 1,41) oder eine ophthalmologische Untersuchung der Netzhaut (OR bis zu 1,32) erhöht sich jeweils die Chance bei Vorliegen diabetischer Folgekomplikationen bzw. einer Kombination aus diesen mit kardio-vaskulären Begleiterkrankungen. Auch dies ist sicherlich als ein Effekt der längeren Erkrankungsdauer in diesen Patientengruppen zu interpretieren. Eine Netzhautuntersuchung erweist sich zudem als abhängig von der Betreuungszeit im DMP: bei längerer Zeitdauer erhöht sich ebenfalls die Chance dafür, dass eine solche Untersuchung erfolgt (OR bis zu 1,22). Eine Überweisung bei Vorliegen einer schweren Fußläsion korreliert insbesondere mit der Insulinverordnung, also mit einer bereits fortgeschrittenen Erkrankungsdauer (OR 1,77). Mit Blick auf das Qualitätsziel zum Verordnen von TAH bei spezifischen Indikationen lässt sich erwartungsgemäß ein sehr deutlicher, positiver Zusammenhang mit einer antihypertensiven Komedikation feststellen (OR 3,88) sowie ein etwas schwächerer mit einer Insulinverordnung (OR 1,24) bzw. einem höheren Alter (OR bis zu 1,28). In Bezug auf das Verordnen von Metformin bei übergewichtigen Patienten unter oraler antidiabetischer Monotherapie bestehen ausgeprägt negative Zusammenhänge mit dem Alter der Patienten sowie dem Vorliegen diabetischer Folgeerkrankungen (OR bis zu 0,42), was vermutlich gleichfalls auf den Einfluss der Erkrankungsdauer zurückgeführt werden kann. Ein signifikanter negativer Alterseffekt findet sich auch für das Ziel zum Überweisen hausärztlich betreuter Patienten mit schweren Fußläsionen (OR bis zu 0,71). Für das Erreichen der Qualitätsziele lassen sich nur unbedeutende oder schwache Effekte des Geschlechts nachweisen. Abweichend hiervon erhöht sich die Chance, das jeweilige Ziel zu erreichen, etwas ausgeprägter für männliche Patienten beim Vermeiden schwerer Hypoglykämien (OR 1,27), der indikationsspezifischen TAH-Verordnung (OR 1,52) sowie der Überweisung infolge einer schweren Fußläsion (OR 1,44). Insgesamt bestätigen somit die multivariaten Analysen, dass neben dem Alter vor allem das Vorliegen diabetischer Folgekomplikationen bzw. die antidiabetische Therapie mit Insulin die bedeutendsten Prädiktoren für das Erreichen oder Nichterreichen der Qualitätsziele sind. Alle drei Faktoren sind dabei als Korrelate einer längeren Erkrankungsdauer anzusehen. Die Effekte der Betreuung in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis in Bezug auf das Vermeiden schwerer Hypoglykämien und stationärer Diabetes-Behandlungen sowie die der Teilnahmedauer hinsichtlich einer Netzhautuntersuchung zeigen allerdings, dass es teilweise gelingt, diesen massiven Effekt durch eine spezialisierte Betreuung zu kompensieren Analyse der Qualitätszielerreichung auf Praxisebene Ergänzend zu der, auf einen Punktwert bezogenen Betrachtung der Zielerreichungsquoten auf der Patientenebene wird nachfolgend deren Streubreite in einer Analyse auf der Ebene der teilnehmenden Praxen dargestellt. Dieser Auswertung liegen die Daten jener Praxen zugrunde, die mindestens 10 Patienten im DMP betreuen. Berechnet wurde, wie viele Patienten der Praxis das jeweilige Qualitätsziel erreichen. Gezeigt wird, welche Quoten in jeweils 5, 25, 50, 75 und 95 Prozent dieser Praxen erreicht werden (Abbildung 6-3). 42

43 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Praxen HbA1c < 8,5 % individuellen HbA1c-Zielwert erreichen schwere Hypoglykämien vermeiden stationäre Diabetes-Behandlungen vermeiden RR bei Hypertonie < 140/90 mmhg Nierenfunktion überprüfen TAH bei spezifischen Indikationen Metformin bei Übergewicht Netzhaut untersuchen bei Fußläsion überweisen % % der Patienten, die das jeweilige Ziel in 5, 25, 50, 75 und 95 % der Praxen erreichen, und Anzahl Praxen, die mindestens 10 Patienten mit aktueller Folgedokumentation betreuen Abbildung 6-3: Praxenspezifische Unterschiede bei den Zielerreichungsquoten Die Praxen unterscheiden sich im Ausmaß der Zielerreichung zum Teil beträchtlich voneinander. Bezogen auf den Interquartilbereich, also die Patientenanteile, die in 25 bis 75 Prozent der betrachteten Praxen vorliegen, erreichen ihren individuellen HbA 1c -Zielwert beispielsweise zwischen 45 und 76 % der Patienten einer Praxis und das Blutdruckziel zwischen 44 und 68 %. Der Anteil an Patienten einer Praxis, die TAH bei spezifischen Indikationen erhalten, liegt zwischen 62 und 85 %, derjenige augenärztlich untersuchter Patienten schwankt sogar zwischen 43 und 92 %. Der extrem unterschiedlich ausgeprägte Anteil von Patienten einer hausärztlichen Praxis, die mit einer schweren Fußläsion an eine entsprechend qualifizierte Einrichtung überwiesen werden, ist allerdings primär auf die geringe Größe der hier betrachteten Risikogruppe zurückzuführen. Enge bis sehr enge Interquartilbereiche bestehen dagegen beim Vermeiden hoher HbA 1c -Werte, dies gelingt im Bereich der mittleren 50 Prozent aller Praxen bei 87 bis 94 % aller Patienten einer Praxis, beim Vermeiden schwerer Hypoglykämien und stationärer Diabetes-Behandlungen sowie dem Überprüfen der Nierenfunktion. Bei allen drei zuletzt genannten Zielen sind Patientenanteile von annähernd 100 Prozent zu beobachten. Ebenso erfolgt eine Metformin-Verordnung bei 84 bis 95 % der übergewichtigen, nur oral antidiabetisch behandelten Patienten. Zusammen mit den vorangehenden Analysen verdeutlichen diese Ergebnisse, in welcher unterschiedlich starken Ausprägung die Qualitätsziele im DMP Diabetes mellitus Typ 2 erreicht werden (können). Deren Erreichbarkeit hängt offensichtlich in beträchtlichem Ausmaß von den jeweiligen Merkmalen der Patienten in einer Praxis ab, wobei das Alter und die Komorbidität bzw. Erkrankungsdauer die entscheidenden Faktoren sind. Hinsichtlich dieser Merkmale bestehen wiederum zwischen den Praxen teilweise große Unterschiede. 43

44 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ Vollständigkeit und Plausibilität der Dokumentationen Wie oben bereits ausgeführt, fordert das elfte Ziel der arzt- und regionenbezogenen Qualitätssicherung die Sicherstellung der Vollständigkeit und Plausibilität der Dokumentation. Mindestens 95 Prozent aller Dokumentationen sollen beim ersten Eingang vollständig und plausibel sein. Im Fall fehlerhafter oder unplausibler Dokumentationen wird der Arzt seitens der Datenstelle um eine Nachlieferung gebeten. Laut Mengenbericht lagen der Datenstelle bis zum Stichtag kumulativ Dokumentationen aus dem DMP Diabetes mellitus Typ 2 vor, hierbei handelt es sich ausschließlich um fristgerecht eingereichte Dokumentationen, von denen mehrfach eingereichte bereits abgezogen worden sind. Insgesamt wurden bzw. 0,70 Prozent als unvollständig bzw. unplausibel bewertet. Im Vorjahr lag diese Quote bei 0,73 Prozent. Das vertraglich festgelegte Ziel (< 5 Prozent) wird somit deutlich übertroffen. 44

45 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Abschnitt B, Vertiefende Analysen 6.5 Patientenmerkmale und Befunde bei der Einschreibung Der nachfolgende Abschnitt ist der Klärung der Frage gewidmet, ob sich die 2015 in das DMP eingeschriebenen Patienten von denen unterschieden, die im Vorjahr eingeschrieben wurden. Im Jahr 2015 hält der Trend zur Einschreibung von Patienten in das DMP an, die offensichtlich erst seit kürzerer Zeit an Diabetes mellitus Typ 2 leiden. Diese Patienten sind deutlich jünger, haben häufiger hohe HbA 1c -Werte, Bluthochdruck und Übergewicht, leiden dafür aber seltener an Herz- Kreislauferkrankungen. Die antidiabetische Therapie zeichnet sich durch eine Zunahme der Verordnung von Metformin und Insulin aus, parallel hierzu sinkt die Rate der nicht medikamentös antidiabetisch behandelten Patienten. In der Vergangenheit wurden an dieser Stelle die seit DMP-Beginn eingeschriebenen Patienten hinsichtlich zentraler Parameter verglichen. Hierbei wurden alle, jemals in das DMP eingeschriebenen Patienten untersucht. Da die Betreuung von Patienten, die 2003 eingeschrieben wurden, zum überwiegenden Teil bereits innerhalb der Strukturverträge Diabetes mellitus Typ 2 erfolgte, unterschieden sich vor allem die Patientenkohorten der Anfangsjahre des DMP deutlich von denjenigen der nachfolgenden Jahre. Die Ergebnisse hierzu sind in den früheren Qualitätssicherungsberichten ausführlich dargestellt. Im Folgenden werden deshalb lediglich die beiden letzten Einschreibekohorten direkt einander gegenübergestellt. Die im aktuellen Berichtsjahr eingeschriebenen Patienten sind im Mittel ein halbes Jahr jünger als die im Vorjahr eingeschriebenen, auch die Altersstruktur der eingeschriebenen Patienten verändert sich (Tabelle 6-5). Der Anteil der bis zu 65-jährigen Patienten hat sich von 56,9 auf 58,6 % erhöht, parallel dazu gehen die Anteile der beiden höheren Altersgruppen zurück. Ebenfalls als leicht rückläufig erweist sich der Anteil eingeschriebener Frauen. Dagegen haben die Anteile von Patienten mit einem HbA 1c ab 8,5 %, von hypertonen und von schwer übergewichtigen Patienten jeweils zugenommen. Bei den 2015 in das DMP eingeschriebenen Diabetiker ist ähnlich häufig ein auffälliger Pulsstatus, Sensibilitäts- oder Fußbefund dokumentiert bzw. eine Neuro-, Nephro- oder Retinopathie. Schwerwiegende diabetische Spätkomplikationen sind unter den 2015 eingeschriebenen Patienten geringfügig seltener dokumentiert. Darüber hinaus weisen Angehörige der derzeit jüngsten Eingangskohorten seltener Erkrankungen des Herz-Kreislauf- bzw. zerebrovaskulären Systems auf (Hypertonie, arterielle Verschlusskrankheit, koronare Herzkrankheit, Herzinfarkt, Schlaganfall). Parallel hierzu erhalten 2015 eingeschriebene Patienten zum Zeitpunkt ihrer Einschreibung seltener Antihypertensiva oder TAH, allerdings etwa gleich häufig Statine. In Bezug auf die antidiabetische Therapie sind 2015 gegenüber der Vorjahreskohorte höhere Raten bei der Metformin- und Insulinverordnung sowie bei der Verordnung nicht näher spezifizierter oraler Wirkstoffe zu erkennen. Die Verordnung von Glibenclamid ist dagegen rückläufig, die betrifft ebenso den Anteil von Patienten mit einer nicht medikamentösen Therapie. 45

46 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Tabelle 6-5: Patientenmerkmale, Befunde, Begleiterkrankungen und medikamentöse Therapie bei Einschreibung 2014 und 2015 Merkmale Kohortengröße (n) Altersdurchschnitt (Jahre) 62,6 ± 13,6 62,1 ± 13,6 Alter 65 (Jahre) 56,9 58,6 Alter (Jahre) 23,6 22,2 Alter 76 (Jahre) 19,5 19,2 Geschlecht (weiblich) 47,9 47,3 Befunde HbA 1c 8,5 % 14,2 14,5 RR 140/90 mmhg 42,8 43,3 BMI 30 kg/m 2 51,1 51,9 Sensibilität auffällig 9,3 9,4 Fuß-, Pulsstatus auffällig 5,6 5,6 Begleiterkrankungen Neuro-, Retino-, Nephropathie 6,3 6,4 Amputation, Dialyse, Erblindung 0,5 0,4 arterielle Hypertonie 67,9 65,2 Herzinfarkt 2,1 2,1 arterielle Verschlusskrankheit 3,1 2,9 Schlaganfall 3,3 2,4 koronare Herzkrankheit 14,9 14,5 Fettstoffwechselstörung 44,3 42,9 antidiabetische Medikation Metformin 38,7 39,6 Glibenclamid 2,9 2,6 sonstige orale Antidiabetika 9,9 10,8 Insulin, Insulinanaloga 8,9 9,4 nicht medikamentöse Therapie 51,7 51,1 sonstige Medikation Antihypertensiva 68,1 65,5 Statine 29,8 29,7 Thrombozyten-Aggregationsh. 26,6 25,2 Datenbasis: alle jemals 2014 und 2015 in das DMP eingeschriebenen Patienten; alle Angaben außer zur Kohortengröße und zum Altersdurchschnitt (Mittelwert ± Standardabweichung) in Prozent 46

47 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ Begleit- und Folgeerkrankungen, auffällige Befunde, Risikofaktoren Drei von zehn Diabetikern im DMP sind 76 Jahre alt oder älter. Es ist davon auszugehen, dass es sich hierbei nicht nur um länger erkrankte und deshalb häufiger von diabetischen Folgeerkrankungen betroffene, sondern auch um insgesamt multimorbide Patienten handelt. Die Fragen lauten deshalb hier: Welche Begleiterkrankungen kommen am häufigsten vor, wovon sind Frauen und Männer in unterschiedlichem Ausmaß und welche Altersgruppen sind wovon am stärksten betroffen? Über neun von zehn der in das DMP eingeschriebenen Diabetiker leiden an mindestens einer weiteren Begleiterkrankung oder Folgekomplikation, sie sind also zu recht als ein multimorbides Kollektiv anzusehen. Die drei häufigsten Begleiterkrankungen sind eine arterielle Hypertonie bei mehr als acht von zehn, eine Fettstoffwechselstörung bei fast sieben von zehn und eine koronare Herzerkrankung bei über jedem vierten Patienten. Mit Ausnahme einer Retinopathie, einer Hypertonie oder eines Asthma bronchiale sind männliche Typ-2-Diabetiker häufiger von einer Begleiterkrankung betroffen. Abgesehen von einem Asthma leiden ältere Typ-2-Diabetiker an allen Begleiterkrankungen deutlich häufiger. Eine für den Zeitraum 2003 bis 2015 durchgeführte Analyse der Häufigkeit von Amputationen, einer Dialyse oder Erblindung innerhalb der DMP-Population zeigt, unter Berücksichtigung einer eventuell bereits vorliegenden Neuro-, Nephro- oder Retinopathie, eine deutlich rückläufige Entwicklung. So sinkt bei Vorliegen mindestens einer der drei genannten diabetischen Folgekomplikationen die Häufigkeit einer Amputation von 268 auf 53, die einer Dialyse ( ) von 84 auf 51 und die einer Erblindung von 96 auf 13 Fälle unter jeweils Patienten. Parallel hierzu weisen die Kohorten später eingeschriebener Patienten innerhalb der jeweils ersten beiden Jahre im DMP unter Kontrolle von Alter, Geschlecht und Komorbidität ein geringeres Risiko für die erstmalige Dokumentation schwerer diabetischer Folgeschädigungen auf. Bei 93,1 % aller im DMP betreuten Typ-2-Diabetiker ist mindestens eine Begleit- und Folgeerkrankung dokumentiert, bei Patienten ab 76 Jahren erhöht sich dieser Anteil noch einmal auf 97,7 % dieser Altersgruppe. Hierbei werden zum Zeitpunkt der Einschreibung anamnestisch dokumentierte mit im Verlauf des DMP aufgetretenen Erkrankungen zusammengefasst betrachtet, wobei bereits die einmalige Dokumentation einer Erkrankung für die Klassifikation als erkrankt ausreicht. Die mit Abstand am häufigsten festgestellte Begleiterkrankung der Diabetiker ist eine arterielle Hypertonie (Tabelle 6-6). Sie wird bei mehr als acht von zehn Patienten angegeben. Am zweithäufigsten ist eine Fettstoffwechselstörung, an der zwei Drittel aller Patienten leiden, gefolgt von einer koronaren Herzkrankheit bei mehr als jedem vierten sowie einer diabetischen Neuropathie bei mehr als jedem fünften und einer diabetischen Nephro- oder Retinopathie sowie einer chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung (COPD) bei etwa jedem zehnten Patienten. Gravierende diabetische Folgekomplikationen (Amputation, Dialyse oder Erblindung) sind jeweils bei weniger als einem von hundert Patienten belegt. 47

48 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Tabelle 6-6: Begleiterkrankungen und Folgekomplikationen nach Alter und Geschlecht Alter (Jahre) alle w m w m w m w m insg. Neuropathie 13,2 15,4 22,8 27,3 31,6 35,1 22,8 24,4 23,6 Nephropathie 6,5 7,6 10,6 13,7 15,7 19,4 11,1 12,7 11,9 Retinopathie 4,8 4,9 8,5 9,9 12,1 12,6 8,6 8,5 8,6 Amputation 0,3 0,6 0,4 1,1 0,4 1,2 0,4 0,9 0,7 Dialyse 0,3 0,4 0,5 0,7 0,5 0,8 0,5 0,6 0,5 Erblindung 0,2 0,2 0,3 0,4 0,5 0,5 0,3 0,3 0,3 arterielle Hypertonie 71,2 72,3 87,7 87,2 92,6 90,9 83,9 81,9 82,9 koronare Herzkrankheit 10,2 19,6 20,9 36,7 32,7 47,6 21,7 32,5 27,1 chronische Herzinsuffizienz 2,5 3,8 6,2 8,6 14,8 15,1 8,2 8,4 8,3 Herzinfarkt 1,6 4,5 3,2 8,5 5,0 11,1 3,3 7,5 5,5 arterielle Verschlusskrankheit 3,1 5,4 6,8 12,5 10,5 17,4 6,9 10,9 8,9 Schlaganfall 2,5 3,3 5,0 7,3 8,0 10,9 5,3 6,6 6,0 Fettstoffwechselstörung 56,5 60,9 69,5 70,4 72,1 71,3 66,0 66,6 66,3 chronisch obstruktive Atemwegser. 9,5 9,8 11,9 14,1 11,1 14,9 10,8 12,5 11,6 Asthma bronchiale 8,9 5,1 6,5 3,9 4,7 3,3 6,6 4,2 5,4 jemals dokumentiert; Patienten; alle Angaben in Prozent; Mehrfachangaben möglich Die meisten Begleiterkrankungen und Ereignisse sind bei Männern häufiger dokumentiert als bei Frauen. Besonders ausgeprägt ist dieser Unterschied bei der koronaren Herzkrankheit, einem Herzinfarkt und der arteriellen Verschlusskrankheit. Männer sind ebenfalls häufiger als Frauen von einer diabetischen Nephro- oder Neuropathie betroffen, erleiden häufiger einen Schlaganfall oder eine Amputation und weisen auch öfter zusätzlich zum Diabetes eine COPD auf. Frauen leiden dagegen häufiger als Männer unter arterieller Hypertonie oder Asthma bronchiale. Alle Begleiterkrankungen und Ereignisse hängen ausgesprochen stark mit dem Alter der Patienten zusammen. Abgesehen von einem Asthma bronchiale, das bei älteren Diabetikern seltener auftritt, sind die 76-jährigen und älteren Typ 2-Diabetiker in einem substanziell höheren Ausmaß von allen anderen Begleiterkrankungen und Ereignissen betroffen als die bis zu 65 Jahre alten Patienten. Gegenüber der jüngsten verdoppelt sich in der ältesten Patientengruppe die relative Häufigkeit einer Neuro-, Nephro- oder Retinopathie sowie die einer Amputation oder Dialyse. Eine Verdreifachung der Auftretenshäufigkeit zeigt sich für eine Erblindung, eine koronare Herz- oder arterielle Verschlusskrankheit, für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Annähernd fünfmal so häufig ist in der ältesten Typ 2-Diabetikergruppe eine chronische Herzinsuffizienz dokumentiert. Eine vergleichbare Situation ist bei den aktuell auffälligen Befunden festzustellen (Tabelle 6-7). Männer weisen häufiger als Frauen einen auffälligen Befund bei der Sensibilitätsprüfung sowie im Pulsund Fußstatus auf. Männer sind zudem häufiger als Frauen von Fußläsionen (Wagner-Stadium 1 und höher, Armstrong-Klassifikation B oder höher, Tabelle 6-8) betroffen. 48

49 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Tabelle 6-7: Auffällige Befunde und Risikofaktoren 2015 nach Alter und Geschlecht Alter (Jahre) alle w m w m w m w m insg. Sensibilität auffällig 9,8 12,6 17,1 21,1 25,1 28,8 17,7 19,7 18,7 Fuß-, Pulsstatus auffällig 5,8 7,1 9,2 12,1 14,1 17,1 9,9 11,4 10,7 Fußbefund klassifiziert* 2,6 3,2 3,9 4,9 5,3 6,1 4,0 4,5 4,3 BMI 30 kg/m 2 63,7 54,4 51,2 44,0 38,2 31,7 50,4 44,8 47,6 Rauchen (aktuell) 21,3 27,1 10,2 13,6 3,7 6,2 11,5 17,1 14,3 *: nach Wagner/Armstrong; BMI: Body Mass Index; Patienten mit aktueller Folgedokumentation (Sensibilität: , Fuß-, Pulsstatus: , Gewicht: ); alle Angaben in Prozent; Mehrfachangaben möglich Tabelle 6-8: Schweregrad eines Fußbefundes 2015 nach Geschlecht Wagner-Stadium Armstrong-Grad A B C D weiblich 82,9 12,7 2,7 0,8 0,8 0,2 92,0 4,8 2,4 0,9 männlich 76,6 15,6 4,2 1,8 1,4 0,5 87,5 6,6 4,2 1,7 alle 79,5 14,2 3,5 1,3 1,1 0,4 89,6 5,8 3,4 1,3 absolut alle Angaben in Prozent außer bei der absoluten Häufigkeit Die genannten Befundparameter zeigen genauso wie die Begleiterkrankungen und Folgekomplikationen eine ausgeprägte Erhöhung der Auftretenshäufigkeit mit einem höheren Alter der Patienten. Für die beiden Risikofaktoren Übergewicht und Rauchen lassen sich ebenfalls Geschlechtsunterschiede nachweisen: Männer sind etwas seltener als Frauen übergewichtig (BMI 30 kg/m 2 ) und männliche Diabetiker sind zu einem höheren Anteil Raucher. Es besteht zudem ein starker, negativer Zusammenhang zwischen der Häufigkeit eines Übergewichts und der des Rauchens mit dem Alter der Patienten: je älter diese sind, desto seltener sind ein Übergewicht oder das Rauchen dokumentiert. Im Rahmen des vorliegenden Berichts wurde der zeitliche Verlauf der Häufigkeit diabetischer Folgekomplikationen und -schädigungen vom Beginn des DMP bis zum Jahr 2015 untersucht. Diese Auswertung beruht auf den Dokumentationen von insgesamt Patienten, die in diesem Zeitraum an dem DMP teilnahmen. Zwischen 2003 und 2015 wächst der Anteil von Patienten, die eine diabetische Neuropathie bzw. Nephropathie aufweisen, während der Anteil von Patienten mit einer diabetischen Retinopathie abnimmt (Abbildung 6-4). Die dargestellten Kurvenverläufe spiegeln die DMP- Historie wider. Gut zu erkennen sind der Einschluss vieler, bereits länger erkrankter Patienten 2003, ebenso wie die Umstellung einer inzidenzbezogenen Dokumentation ( neu aufgetretene Begleitoder Folgeerkrankungen ) der Folgekomplikationen auf eine prävalenzbezogene Seither verbleibt ein wachsender Anteil von Patienten auch länger im DMP, was die Zunahme des Anteils von Patienten mit diesen Folgekomplikationen gut erklärt. 49

50 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 pro Neuropathie Nephropathie Retinopathie Basis: alle jeweils pro Jahr teilnehmenden Patienten; Retinopathie : drei Dokumentationsfelder berücksichtigt Abbildung 6-4: Häufigkeit einer Neuro-, Nephro- oder Retinopathie Parallel zu dieser Entwicklung zeigt sich dagegen bei den schwerwiegenden Folgeschädigungen Amputation, Dialyse und Erblindung ein anderer zeitlicher Verlauf. Bezogen auf alle Patienten ist jeweils pro Patienten zwischen 2003 und 2015 für Amputationen ein ausgeprägter Rückgang der Häufigkeiten von 85,6 auf 19,5 und für eine Erblindung von 28,2 auf 7,4 zu beobachten (Abbildung 6-5). pro Amputation (alle Patienten) Dialyse (alle Patienten) Erblindung (alle Patienten) Amputation bei Folgekomplikation Dialyse bei Folgekomplikation Erblindung bei Folgekomplikation Basis: alle jeweils pro Jahr teilnehmenden Patienten bzw. Patienten mit einer Neuro-, Nephro- oder Retinopathie Abbildung 6-5: Häufigkeit einer Amputation, Dialyse oder Erblindung

51 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Dagegen wächst der Anteil derjenigen leicht, bei denen in diesem Zeitraum eine Dialyse notwendig wird, von 17,4 auf 20 (2005 vs. 2015). Schließt man lediglich solche Patienten in die Auswertung ein, bei denen zum Zeitpunkt der Dokumentation einer dieser drei schwerwiegenden Folgeschädigungen bereits mindestens eine der drei diabetischen Folgekomplikationen vorlag, dann zeigen sich jeweils pro Patienten sowohl für Amputationen (von 267,8 auf 53,2), eine Dialyse (von 83,8 auf 50,6) als auch für eine Erblindung (von 95,9 auf 13,4) sehr ausgeprägte Rückgänge der Prävalenz. Die Dokumentation dieser drei Folgeschädigungen erfolgte über den gesamten Zeitverlauf innerhalb einer Folgedokumentation inzidentell. Eine zusammenfassende Betrachtung der Inzidenz diabetischer Folgekomplikationen bzw. -schädigungen lässt erkennen, dass auch diese über die Jahre des DMP-Zeitverlaufs stark rückläufig ist. Aus Gründen des Zeithorizonts der Inzidenzbeobachtung werden hierbei nur die Einschreibe- Kohorten 2003/04 bis 2013/14 betrachtet. Die Häufigkeit des Neuauftretens einer schweren diabetischen Folgeschädigung innerhalb der ersten beiden Jahre im DMP verringert sich gegenüber der Kohorte 2003/04 in der Kohorte 2013/14 von 58,7 auf 22,1 Fälle pro Patienten (Tabelle 6-9). Tabelle 6-9: Inzidenz von Folgekomplikationen und -schädigungen innerhalb der ersten beiden Jahre im DMP und insgesamt nach Einschreibekohorte Erste Dokumentation einer Neuro-, Nephro-, Retinopathie Erste Dokumentation einer Amputation, Dialyse, Erblindung innerhalb der ersten beiden Jahre insgesamt innerhalb der ersten beiden Jahre insgesamt Einschreibung n pro n pro n pro n pro n Kohorte 2003/ , , , , / , , , , / , , , , / , , , , / , , , , / , , , , Basis: alle Patienten der jeweiligen Einschreibekohorten; erste Dokumentation: keine Dokumentation einer Neuro-, Nephro-, Retinopathie, Amputation, Dialyse bzw. Erblindung bei Einschreibung Berücksichtigt man die Umstellung der Dokumentation für Neuro-, Nephro- und Retinopathien im Jahr 2008, lässt sich seither ein Rückgang auch dort feststellen, wenngleich in nicht so ausgeprägter Form wie bei den schweren Folgeschädigungen. In einem multivariaten, logistischen Regressionsmodell erweist sich der Einfluss des Prädiktors Einschreibekohorte gleichfalls als statistisch bedeutsam für die erste Dokumentation einer Amputation, Dialyse oder Erblindung innerhalb der ersten beiden Jahre im DMP (Abbildung 6-6). 51

52 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Geschlecht männlich Alter (45 65 Jahre) Einschreibekohorte (2003/04) 2005/ / / / /14 Neuro-, Nephro-, Retinopathie Herzinfarkt Schlaganfall 0,85 (0,78 0,92) 0,95 (0,87 1,05) 0,83 (0,74 0,92) 0,85 (0,75 0,96) 0,90 (0,79 1,01) 0,79 (0,69 0,92) 0,79 (0,67 0,92) 0,82 (0,69 0,98) 1,04 (0,94 1,14) 1,18 (1,06 1,32) 1,04 (0,94 1,17) Odds-Ratio und 95%-CI (erste Folgeschädigung innerhalb von 2 Jahren nach Einschreibung) Fallzahl im Modell: ; R 2 : 0,008; Referenzgruppen mehrstufiger Prädiktoren kursiv gesetzt Abbildung 6-6: Prädiktoren der ersten Dokumentation einer Amputation, Dialyse oder Erblindung innerhalb der ersten beiden Jahre im DMP Im Vergleich zu der frühesten Kohorte haben alle nachfolgenden Einschreibekohorten jeweils ein geringeres Risiko, dass eine schwere diabetische Folgeschädigung erstmalig dokumentiert wird. Dieser Effekt tritt hierbei unabhängig von dem eventuellen Vorliegen einer Neuro-, Nephro- oder Retinopathie oder der Diagnose eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls auf. Lediglich bei Typ-2- Diabetikern mit einem Herzinfarkt erhöht sich das Risiko für das erstmalige Auftreten einer schweren diabetischen Folgeschädigung. Insgesamt lässt sich somit im DMP Diabetes mellitus Typ 2 über die Jahre sowohl eine geringere Prävalenz schwerer diabetischer Folgeschädigungen als auch eine Verringerung ihrer Inzidenz erkennen. Es muss an dieser Stelle allerdings offen bleiben, in wie weit dies auf eine verbesserte Sekundärprophylaxe innerhalb des DMP zurückzuführen ist. Gegenüber der Referenzgruppe zeigt sich zwar jeweils ein erheblicher Unterschied. Jedoch weisen die nachfolgenden Kohorten keine weiteren signifikanten Risikoreduktionen auf. Gleichzeitig spielen sicherlich auch die Prozesse der selektiven Aufnahme und des selektiven Verbleibens von Typ-2-Diabetikern im DMP eine bedeutende Rolle. Da sich das zuletzt genannte Phänomen im Gegensatz zu dem der selektiven Einschreibung innerhalb der DMP-Patientenpopulation untersuchen lässt, setzt sich dieser Bericht in zwei der weiteren Abschnitte (Analyse der Beobachtungskontinuität und des Ausscheidens aus dem DMP) genau mit dieser Frage auseinander. 52

53 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ Stoffwechseleinstellung, Blutdruck und Serum-Kreatinin Stoffwechseleinstellung und Stoffwechselentgleisungen Der HbA 1c-Wert ist im Rahmen bestehender Qualitätssicherungssysteme ein weit verbreiteter Surrogatparameter. Da jedoch keine Evidenz für einen exakten Grenzwert vorliegt, muss ein Kompromiss zwischen der Vermeidung von Hypoglykämien und diabetischen Spätkomplikationen sowie den Bedürfnissen des Patienten gefunden werden. Im Folgenden werden Befunde zur Stoffwechseleinstellung der Patienten dargestellt: Welche aktuellen HbA 1c -Werte werden erreicht und wie verändern sie sich im Zeitverlauf? Wie häufig und in welchen Patientengruppen sind schwere Stoffwechselentgleisungen dokumentiert? Welche Bedeutung hat die Stoffwechseleinstellung für das Auftretensrisiko kardio-vaskulärer oder renaler Ereignisse? Fast acht von zehn Diabetikern im DMP weisen 2015 einen HbA 1c von maximal 7,5 % auf, fast die Hälfte einen von höchstens 6,5 %. 88,5 % der 70-jährigen und älteren DMP-Patienten weisen einen HbA 1c -Wert 8 % auf. Bei lediglich 2,4 % der Patienten im DMP ist 2015 ein HbA 1c -Wert > 10 % dokumentiert. Der mittlere HbA 1c -Wert in der Gesamtgruppe aller Patienten liegt bei 6,91 1,21 %. Innerhalb der letzten sechs Jahre zeigt sich bei kontinuierlich beobachteten Patienten mit Ausgangswerten bis zu 7,5 % ein leichter Anstieg des HbA 1c in einer Größenordnung von etwa 0,22 Prozentpunkten. Patienten mit Ausgangswerten von durchschnittlich 9,4 % weisen nach dieser Zeit einen HbA 1c von 8,3 % auf. In der Teilgruppe von Patienten mit diabetischer Neuro-, Nephro- oder Retinopathie sinkt der HbA 1c in diesem Zeitraum leicht um etwa 0,02 0,04 Prozentpunkte. Die Dokumentation schwerer Hypoglykämien hängt ausgeprägt mit der Behandlungsform zusammen. Während derartige Ereignisse 2015 bei 10 von nicht medikamentös bzw. 27 von oral antidiabetisch therapierten Patienten festgehalten sind, ist dies bei über 219 von mit Insulin behandelten Patienten der Fall. Ein HbA 1c -Wert > 8,5 % im Jahr 2010 erhöht in dem Zeitraum seit 2011 deutlich das Risiko für das Neuauftreten eines nicht tödlichen Herzinfarkts (OR 2,11; 95 %-CI 1,92 2,32) oder eines Schlaganfalls (1,98; 1,83 2,15). Bereits Patienten mit einem HbA 1c > 6,5 % weisen für diese Ereignisse ein erhöhtes Risiko auf. Diese Befunde deuten darauf hin, dass die Patienten im DMP von einer niedrigen Stoffwechseleinstellung profitieren. In der ACCORD- und der ADVANCE-Studie wurden Typ 2-Diabetiker untersucht, die im Median bereits zehn Jahre erkrankt waren und zu über einem Drittel auch bereits ein kardio-vaskuläres Ereignis in ihrer Vorgeschichte hatten (Action to Control Cardiovascular Risk in Diabetes ACCORD Study Group, 2008; The ADVANCE Collaborative Group, 2008). In diesem Patientenkollektiv resultierten aus einer aggressiven Senkung der HbA 1c -Werte keine Vorteile hinsichtlich der Mortalität und des Auftretens kardio-vaskulärer Ereignisse bei einem gleichzeitig höheren Risiko für das Auftreten schwerer Stoffwechselentgleisungen. Lediglich für das Vermeiden einer chronischen Niereninsuffizienz bzw. einer Mikro- sowie Makroalbuminurie konnte in einer neueren Analyse der ADVANCE-Studiendaten ein Vorteil einer intensiven Blutzuckersenkung nachgewiesen werden (Perkovic et al., 2013). Vor diesem Hintergrund empfehlen aktuelle evidenzbasierte Leitlinien sowie Meta-Analysen patientenspezifisch individuelle HbA 1c -Ziele zu definieren (ADA/EADS, 2012; Bundesärztekammer et al., 2013; DDG / DGIM, 2013; Cochrane-Review vgl. Hemmingsen et al., 2011). Im weiteren Verlauf dieses Abschnitts 53

54 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 wird untersucht, in welchem Ausmaß Typ-2-Diabetiker im DMP, abhängig von der Höhe ihres HbA 1c - Werts, von neu auftretenden kardio-vaskulären oder renalen Ereignissen betroffen sind. 77,6 % der Typ-2-Diabetiker im DMP haben einen HbA 1c -Wert von maximal 7,5 %, nur bei weniger als einem Zehntel (9,1 %) der Patienten liegt der HbA 1c -Wert über 8,5 % (Tabelle 6-10). Tabelle 6-10: HbA 1c -Wert und Erreichen des individuellen Zielwerts 2015 nach Alter und Geschlecht Alter (Jahre) alle HbA 1c (%) w m w m w m w m insg. 6,5 47,9 42,6 47,8 43,9 50,0 47,3 48,7 44,3 46,5 > 6,5 bis 7,5 28,3 29,4 31,9 33,7 31,1 33,3 30,4 31,8 31,1 > 7,5 bis 8,5 12,8 14,7 12,9 14,0 12,4 13,0 12,7 14,0 13,4 > 8,5 11,0 13,3 7,3 8,4 6,5 6,4 8,2 9,9 9,1 HbA 1c -Zielwert erreicht 58,3 54,7 63,5 60,9 67,5 66,6 63,3 60,0 61, Patienten mit validen Werten bei aktueller Folgedokumentation ( für die Zielwerterreichung); alle Angaben in Prozent Der aktuell erreichte HbA 1c -Wert weist je nach Höhe eine unterschiedliche Altersabhängigkeit auf. So weisen im Vergleich zu den bis 65-jährigen etwas mehr der über 75-jährigen Patienten einen Wert zwischen 6,5 und 7,5 % auf. Auf der anderen Seite reduziert sich der Anteil von Patienten mit einem HbA 1c -Wert über 8,5 % in der höchsten Altersgruppe auf knapp die Hälfte des Anteils, der bei den Patienten bis zu 65 Jahren beobachtet wird. Synchron hierzu wird auch der individuelle HbA 1c -Zielwert häufiger in der Gruppe der älteren Patienten erreicht. Von den Typ-2-Diabetikern unter 70 Jahren erreichen 74,6 % einen HbA 1c -Wert 7,5 %. 88,5 % der 70-jährigen und älteren DMP-Patienten weisen einen HbA 1c -Wert 8 % auf. Bei lediglich 2,4 % der Patienten im DMP ist 2015 ein HbA 1c -Wert > 10 % dokumentiert. Der beobachtete HbA 1c -Wert steht in einer umgekehrt proportionalen Beziehung zu dem individuell vereinbarten Zielwert. Je höher der HbA 1c -Wert liegt, desto seltener erreichen Patienten ihren Zielwert. So erreichen 87,5 % der Patienten mit einem HbA 1c -Wert bis 6,5 % ihren individuell vereinbarten Zielwert, aber nur 7,4 % derjenigen mit einem HbA 1c -Wert über 8,5 %. Gegenüber dem Vorjahr verändern sich die Anteile von Patienten kaum, die einen HbA 1c -Wert bis zu maximal 7,5 % (2014: 78 %) bzw. ihren individuell vereinbarten HbA 1c -Zielwert erreichen (2014: 61,3 %). Auch der mittlere HbA 1c -Wert hat sich 2015 in der Gesamtgruppe aller Patienten gegenüber 2014 nicht verändert (6,91 1,21 % bzw. 6,91 1,19 %). Insgesamt deuten diese Ergebnisse auf eine insgesamt weiterhin meist gute Stoffwechseleinstellung der Patienten im DMP hin. In welchem Ausmaß verändert sich der HbA 1c -Wert im Verlauf der DMP-Teilnahme? Diese Fragestellung wurde für jene Patienten genauer analysiert, die zwischen 2010 und 2015 über eine Zeitdauer von mindestens sechs Jahren an dem DMP teilnahmen und zwischen 2011 und 2015 in jedem Halbjahr kontinuierlich dokumentiert wurden. Betrachtet werden die mittleren HbA 1c -Werte in vier Gruppen mit jeweils unterschiedlichen HbA 1c -Ausgangswerten. Die Ausgangswerte wurden aus bis zu vier Quartalswerten gemittelt. Die in der Abbildung dargestellten HbA 1c -Werte nach

55 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 entsprechen geschätzten Mittelwerten, wobei die Alters- und Geschlechtsunterschiede berücksichtigt sind (Abbildung 6-7). HbA 1c (%) 10,5 9,5 8,5 7,5 6,5 5, /1 11/2 12/1 12/2 13/1 13/2 14/1 14/2 15/1 15/2 HbA 1c 2010 (%): > 8,5 > 7,5 bis 8,5 > 6,5 bis 7,5 6,5 HbA 1c -% 2010 gruppiert n 2010 Mw ± SD 2. Hj adj. Mw (95% CI) > 8, ,44 ± 0,91 8,30 (8,28 8,31) > 7,5 bis 8, ,93 ± 0,28 7,70 (7,70 7,71) > 6,5 bis 7, ,96 ± 0,28 7,14 (7,13 7,14) 6, ,10 ± 0,31 6,36 (6,35 6,37) Längsschnittanalyse für Patienten mit entsprechenden Ausgangswerten im Jahr 2010 sowie kontinuierlicher Teilnahme bis 2015; Ausgangswert gemittelt; Mw: Mittelwert, SD: Standardabweichung, adj.: adjustiert für Alter und Geschlecht, 95 % CI: 95-Prozent-Vertrauensintervall Abbildung 6-7: Veränderung des HbA 1c -Werts in Gruppen mit unterschiedlich hohen Ausgangswerten Die Analyse bestätigt, dass in einer Teilgruppe von Patienten mit sehr hohen HbA 1c -Ausgangswerten deutliche Absenkungen über die Beobachtungszeit auftreten. Dieser Effekt ist unabhängig vom Alter und Geschlecht der Patienten. Über eine Beobachtungsdauer von mindestens sechs Jahren ist bei den meisten Patienten, die kontinuierlich an dem DMP teilnehmen, ein leichter Anstieg des HbA 1c - Werts um durchschnittlich 0,22 Prozentpunkte festzustellen. Zum Vergleich: in der UKPDS wurden deutlich stärkere Erhöhungen beobachtet. Dort stieg der HbA 1c je nach Gruppe bei HbA 1c -Ausgangswerten um 7,0 % über eine Zeit von fünf Jahren um 0,5 bis zu 0,8 Prozentpunkte an (UKPDS 33, 1998). Im DMP erfolgte ergänzend eine Längsschnittanalyse der HbA 1c -Veränderung bei Patienten, die zusätzlich an einer Neuro-, Nephro- oder Retinopathie leiden. Anders als in der Vergleichsgruppe aller Patienten mit einem HbA 1c -Ausgangswert von etwa 7,0 % geht in diesen drei Gruppen zwischen 2010 und 2015 der Wert leicht zurück (Nephropathie: 7,29 7,27; Neuropathie: 7,34 7,32; Retinopathie: 7,43 7,39). Je nach antihyperglykämischer Therapie sind unterschiedliche mittlere HbA 1c -Werte zu erkennen. So unterscheiden sich Patienten, die über den gesamten Zeitverlauf konstant nicht medikamentös behandelt werden, deutlich von jenen, die bereits bei Einschreibung eine kombinierte Medikation aus 55

56 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 oralen Antidiabetika (OAD) und Insulin erhalten. Beide Patientengruppen weisen bei der Einschreibung im Mittel einen Unterschied von fast zwei HbA 1c -Prozentpunkten auf (Tabelle 6-11). Tabelle 6-11: HbA 1c -Veränderung nach Art der antidiabetischen Therapie bei Einschreibung bei aktueller Folgedokumentation konstante Therapie Mittelwert ± Standardabw. Mittelwert ± Standardabw. keine antidiabetische Medikation 6,26 ± 0,70 6,22 ± 0,73 orale Antidiabetika (OAD) 7,35 ± 1,60 7,00 ± 1,16 Insulin, -analoga 7,77 ± 1,71 7,56 ± 1,36 OAD plus Insulin, -analoga 8,21 ± 1,86 7,72 ± 1,39 Wechsel der Therapie keine antidiabetische Medikation OAD 6,77 ± 1,15 6,93 ± 1,05 OAD Insulin, -analoga 7,82 ± 1,68 7,61 ± 1,33 OAD OAD plus Insulin, -analoga 7,95 ± 1,73 7,78 ± 1,33 übrige 7,40 ± 1,74 7,23 ± 1, Patienten mit aktueller Folgedokumentation und Angaben zum HbA 1c ; mittlere DMP-Teilnahmedauer 6,7 Jahre; Therapiekonstanz bzw. -wechsel zwischen Einschreibung und 2015 Patienten, die nur mit OAD oder Insulin behandelt werden, liegen dazwischen. In allen drei konstant therapiert Patientengruppen sinkt über die Beobachtungszeit der HbA 1c leicht. Dies ist auch in den Patientengruppen der Fall, deren Behandlung mutmaßlich intensiviert wird (Umstellung von OAD auf Insulin oder auf eine kombinierte Therapie), jedoch nicht bei jenen, die von einer nicht medikamentösen auf eine Behandlung mit OAD umgestellt werden. Hierbei darf aber nicht vergessen werden, dass von einer konstanten Therapie nur innerhalb der Limitationen der DMP-Dokumentation (lediglich Wirkstoffklasse bekannt, keine Informationen über die Dosierung) berichtet werden kann. Einige Formen der antihyperglykämischen Therapie wie die Behandlung mit Sulfonylharnstoffen und vor allem die Insulintherapie begünstigen das Auftreten leichter oder schwerer Hypoglykämien. Hierbei sinkt der Blutglukosewert unter 50 mg/dl (2,8 mmol/l). Ihre Ursachen können oft auf Abweichungen vom gewohnten zeitlichen Schema der Nahrungsaufnahme oder Fehler bei der Insulindosierung zurückgeführt werden. Leichte Hypoglykämien, die sich zum Beispiel in Form von Hungergefühlen, Konzentrationsschwäche, körperlichen Erschöpfungsgefühlen oder Zittern manifestieren, lassen sich durch den Patienten über die Einnahme von Glukose selbst behandeln. Schwere Hypoglykämien können dagegen zu Bewusstlosigkeit und einem hypoglykämischen Koma führen, in diesem Fall ist eine schnelle Fremdhilfe erforderlich, um schwerwiegende physiologische Schädigungen zu verhindern. Schwere Hypoglykämien sind in der Gruppe der DMP-Patienten insgesamt sehr selten protokollierte Ereignisse. Sie sind 2015 für Patienten nachgewiesen, dies entspricht einem Anteil von 0,5 % bzw. 52,8 von Patienten (Tabelle 6-12). 56

57 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Tabelle 6-12: Patienten mit schweren Hypoglykämien 2015 nach Alter und Geschlecht Alter (Jahre) alle w m w m w m w m insg. pro Patienten 45,1 44,1 53,7 55,2 61,3 59,8 57,7 51,9 52,8 absolute Anzahl Patienten mit aktueller Folgedokumentation und Angaben zu schweren Hypoglykämien Gegenüber dem Vorjahr mit bzw. 0,6 % oder 61,1 pro Patienten zeigt sich sowohl absolut wie auch relativ eine leichte Abnahme. Das Auftreten dieser Stoffwechselentgleisungen ist weitgehend unabhängig vom Geschlecht der Patienten. Allerdings besteht zwischen dem Alter der Patienten und der Auftretenshäufigkeit schwerer Stoffwechselentgleisungen ein Zusammenhang. Schwere Hypoglykämien sind geringfügig häufiger bei den älteren Patienten dokumentiert. Dieser Effekt hängt vermutlich mit der häufigeren Verordnung von Insulin bei den älteren Patienten zusammen. Deutliche Unterschiede in der Auftretenshäufigkeit schwerer Stoffwechselentgleisungen lassen sich zwischen den einzelnen antidiabetischen Therapien beobachten. Die meisten Stoffwechselentgleisungen treten bei Patienten unter einer, zwischen der Einschreibung und der aktuellen Folgedokumentation konstanten antihyperglykämischen Therapie mit Insulin oder nach der Umstellung von einer Therapie mit OAD auf eine mit Insulin auf (Tabelle 6-13). Tabelle 6-13: Antidiabetische Therapie und Patienten mit schweren Hypoglykämien 2015 konstante Therapie pro Patienten absolute Anzahl keine antidiabetische Medikation 10,0 144 orale Antidiabetika (OAD) 26,7 429 Insulin, -analoga 218,6 471 OAD plus Insulin, -analoga 166,0 281 Wechsel der Therapie keine antidiabetische Medikation OAD 19,6 147 OAD Insulin, -analoga 171,1 237 OAD OAD plus Insulin, -analoga 119,5 415 übrige 124, Patienten mit aktueller Folgedokumentation und Angaben zu schweren Hypoglykämien ausschließlich in Folgedokumentationen; mittlere DMP-Teilnahmedauer 6,7 Jahre; Therapiekonstanz bzw. -wechsel zwischen Einschreibung und 2015 Höhere Raten schwerer Hypoglykämien werden auch bei einer kombinierten Behandlung mit OAD und Insulin beobachtet. Dagegen sind diese Ereignisse sowohl bei einer konstant nicht medikamentösen bzw. mit OAD erfolgenden Therapie, aber auch bei einer Umstellung von einer nicht medikamentösen Therapie auf eine mit OAD sehr selten. 57

58 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Wie am Beginn dieses Abschnitts erwähnt, wird seit einigen Jahren in der Forschungsliteratur die Frage kontrovers diskutiert, welche Stoffwechselziele vor dem Hintergrund eines insbesondere größeren Hypoglykämierisikos bei der Behandlung älterer und häufig kardio-vaskulär vorbelasteter Typ- 2-Diabetiker idealerweise anzustreben sind. Häufig wurde aus den hierzu vorliegenden Studienergebnissen der Schluss gezogen, auch noch (relativ) hohe HbA 1c -Werte bei diesen Patienten zu tolerieren. Im Folgenden wurde deshalb untersucht, in welchem Ausmaß erhöhte HbA 1c - und Blutdruckwerte das Risiko des Auftretens kardio-vaskulärer und renaler Begleiterkrankungen oder Folgekomplikationen im DMP vergrößern. Nimmt man die Stoffwechsel- und Blutdruckeinstellung der Jahre 2010 als Ausgangsbasis, dann vergrößert sich zwischen 2011 und 2015 vor allem bei hohen HbA 1c -Werten, aber auch bei hohen systolischen Blutdruckwerten das Risiko für das Auftreten eines neuen, nicht tödlichen Herzinfarktes (Abbildung 6-8), eines Schlaganfalls (Abbildung 6-9) oder einer Dialysepflicht (ohne Abbildung). Geschlecht männlich Alter ( 65 Jahre) DMP seit (< 7,5 Jahren) 7,5 bis < Neuro-, Nephro-, Retinopathie Amputation, Dialyse, Erblindung HbA 1c 2010 ( 6,5 %) > 6,5 bis 7,5 > 7,5 bis 8,5 > 8,5 RR sys 2010 (< 130 mmhg) 130 bis < bis < RR dia 2010 (< 75 mmhg) 75 bis < bis < ,89 (1,78 2,00) 1,25 (1,16 1,35) 1,49 (1,38 1,61) 0,90 (0,84 0,96) 0,83 (0,77 0,89) 1,33 (1,22 1,45) 1,11 (0,75 1,65) 1,26 (1,17 1,35) 1,62 (1,49 1,77) 2,11 (1,92 2,32) 1,01 (0,94 1,08) 1,14 (1,05 1,23) 1,22 (1,04 1,43) 0,91 (0,84 0,99) 0,93 (0,86 1,00) 0,85 (0,74 0,98) Odds-Ratio und 95%-CI (Herzinfarkt seit 2011) Fallzahl im Modell: ; R 2 : 0,020; Referenzgruppen mehrstufiger Prädiktoren kursiv gesetzt Abbildung 6-8: Prädiktoren für die Dokumentation eines nicht tödlichen Herzinfarkts seit 2011 So erhöht sich das Risiko für einen Herzinfarkt bei Patienten mit einem HbA 1c -Wert > 8,5 % gegenüber solchen mit einem von 6,5 % um mehr als das Doppelte (OR 2,11; 95 %-CI 1,92 2,32) und für einen Schlaganfall fast um das Doppelte (1,98; 1,83 2,15). Bereits bei Patienten mit einem HbA 1c > 6,5 % weisen für die hier untersuchten Ereignisse ein leicht erhöhtes Risiko auf. Ein systolischer Blutdruck 160 mmhg erweist sich für alle Ereignisse gleichfalls als bedeutsamer Risikofaktor, vor allem für eine Dialysepflicht (2,05; 1,58 2,66), dagegen kann der an anderer Stelle berichtete Einfluss der Höhe des diastolischen Blutdrucks auf solche Ereignisse mit DMP-Daten nicht bestätigt werden. Parallel zu diesen Befunden sind auch weitere Risikofaktoren bedeutsam. Männliche DMP-Patienten weisen durchgängig ein wesentlich höheres Risiko als die weiblichen auf, ebenso wie die ältesten gegenüber den jüngeren DMP-Patienten. 58

59 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Geschlecht männlich Alter ( 65 Jahre) DMP seit (< 7,5 Jahren) 7,5 bis < Neuro-, Nephro-, Retinopathie Amputation, Dialyse, Erblindung HbA 1c 2010 ( 6,5 %) > 6,5 bis 7,5 > 7,5 bis 8,5 > 8,5 RR sys 2010 (< 130 mmhg) 130 bis < bis < RR dia 2010 (< 75 mmhg) 75 bis < bis < ,33 (1,27 1,39) 1,71 (1,59 1,84) 2,64 (2,47 2,83) 0,92 (0,87 0,98) 0,97 (0,91 1,03) 1,27 (1,19 1,37) 1,46 (1,08 1,97) 1,23 (1,16 1,30) 1,50 (1,40 1,61) 1,98 (1,83 2,15) 1,04 (0,98 1,10) 1,13 (1,06 1,21) 1,31 (1,15 1,49) 0,90 (0,84 0,96) 0,92 (0,86 0,98) 0,91 (0,81 1,02) Odds-Ratio und 95%-CI (Schlaganfall seit 2011) Fallzahl im Modell: ; R 2 : 0,024; Referenzgruppen mehrstufiger Prädiktoren kursiv gesetzt Abbildung 6-9: Prädiktoren für die Dokumentation eines nicht tödlichen Schlaganfalls seit 2011 Der gegenläufige, also quasi protektive, risikoreduzierende Effekt einer längeren Teilnahme am DMP ist mutmaßlich auf das selektive Ausscheiden von Teilnehmern zurückzuführen, die derartige Ereignisse nicht überlebt haben oder zumindest danach nicht mehr dazu in der Lage oder willens waren, an dem DMP weiter teilzunehmen. Bei dieser Interpretation ist allerdings zu berücksichtigen, dass prinzipiell im DMP nur nicht tödlich endende Ereignisse dokumentiert werden können, da keine Erfassung von Informationen über ausgeschiedene bzw. verstorbene Patienten vorgesehen ist. Insgesamt belegen diese Befunde, dass innerhalb der Gruppe von Typ-2-Diabetikern im DMP eine schlechte Stoffwechseleinstellung in früheren Jahren in starkem Ausmaß mit nachfolgenden kardiovaskulären oder renalen Ereignissen assoziiert ist. Literaturbefunde, die in einer Gruppe größtenteils älterer und häufig kardio-vaskulär vorbelasteter Diabetiker die Bedeutung der Stoffwechseleinstellung relativieren, lassen sich mit den DMP-Daten somit nicht bestätigen. Im Gegensatz zu den oben erwähnten Studienbefunden scheinen DMP-Patienten hinsichtlich des Auftretensrisikos vor allem eines Herzinfarktes oder Schlaganfalls von einer guten (niedrigen) Stoffwechsel- und Blutdruckeinstellung zu profitieren. Der 2015 weiterhin hohe Anteil von Patienten mit HbA 1c -Werten bis zu maximal 7,5 % bzw. von Patienten, die ihren individuell definierten Zielwert erreichen, ist deshalb positiv zu bewerten. 59

60 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ Blutdruck Im Zusammenhang mit der Blutdrucksituation der Patienten im DMP stellen sich die folgenden Fragen: Welche Blutdruckwerte werden erreicht? Wie stark verändert er sich im Zeitverlauf und dies vor allem in Teilgruppen mit zusätzlichen Begleiterkrankungen? Hängt ein hoher Blutdruck mit nachfolgenden kardio-vaskulären bzw. renalen Ereignissen zusammen? Einen Blutdruck unter 140/90 mmhg weisen 60,4 % aller Patienten im DMP Diabetes mellitus Typ 2 auf, 31,7 % einen systolischen Blutdruck unter 130 mmhg. Der Anteil normotensiver Patienten erhöht sich im DMP-Verlauf bei Diabetikern mit arterieller Hypertonie um 9,1 Prozentpunkte. Bei der Mehrzahl der Patienten sinken im DMP-Verlauf die Blutdruckwerte. Bei Patienten mit Nierenschädigung, Schlaganfall oder Herzinfarkt liegt der systolische Blutdruck im Mittel knapp über 130 mmhg. Ein systolischer Blutdruck 160 mmhg im Jahr 2010 erhöht in dem Zeitraum seit 2011 deutlich das Risiko für einen neuen, nicht tödlichen Herzinfarkt (OR 1,22; 95 %-CI 1,04 1,43), einen Schlaganfall (1,31; 1,15 1,49) oder eine Dialysepflicht (2,05; 1,58 2,66). Die Höhe des Blutdrucks beeinflusst bei Diabetikern das Risiko des Auftretens einer Makro- oder Mikroangiopathie, eines Schlaganfalls oder Herzinfarktes, einer Herz- oder Niereninsuffizienz sowie das Fortschreiten einer diabetischen Nephropathie (Gasic & Bayerle-Eder, 2004). In einer Reihe von Längsschnittstudien konnten bedeutsame Effekte einer erfolgreichen Blutdrucksenkung bei Diabetikern beobachtet werden. So war zum Beispiel unter UKPDS-Patienten mit einem niedrigeren Blutdruck (im Mittel 144/82 vs. 154/87 mmhg) die Auftretenshäufigkeit einer Herzinsuffizienz und eines Schlaganfalls signifikant geringer (UKPDS 38, Turner et al., 1998). Unter RENAAL-Patienten mit einem niedrigeren Blutdruck nach einem Jahr Beobachtungszeit (im Mittel 146/78 vs. 150/80 mmhg) und weitgehender Angleichung ab dem zweiten Jahr reduzierte sich die Inzidenz eines Nierenversagens signifikant (Brenner et al., 2001). Bei 60,4 % der Diabetiker im DMP ist in der aktuellen Folgedokumentation ein normotoner Blutdruck, also ein Wert unter 140/90 mmhg angegeben (Tabelle 6-14). Tabelle 6-14: Blutdruck 2015 nach Alter und Geschlecht Alter (Jahre) alle sys./dia. Blutdruck (mmhg) w m w m w m w m insg. < 120/80 8,3 6,3 6,1 6,5 6,7 8,2 7,1 6,9 7,0 120/80 129/84 26,2 23,1 21,8 21,4 21,5 22,5 23,2 22,5 22,8 130/85 139/89 30,0 30,1 30,9 31,2 30,6 31,0 30,5 30,7 30,6 140/90 159/99 28,1 31,7 32,2 32,4 31,9 30,6 30,7 31,6 31,1 160/ /109 6,0 7,1 7,3 6,9 7,3 6,4 6,9 6,8 6,8 180/110 1,4 1,6 1,8 1,6 2,0 1,3 1,7 1,5 1,6 RR sys < 130 mmhg 37,5 32,3 29,4 29,2 29,4 31,8 32,1 31,2 31, Patienten mit aktueller Folgedokumentation und Angaben zum Blutdruck; alle Angaben in Prozent Bei 31,1 % liegt allerdings der Blutdruck in dem Bereich zwischen 140/90 und 159/99 mmhg und bei 8,5 % sogar darüber. Geschlechtsunterschiede spielen beim Blutdruck keine bedeutende Rolle. Dage- 60

61 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 gen besteht, ähnlich wie beim HbA 1c, auch beim Blutdruck ein Zusammenhang mit der Alter der Patienten, jedoch in einer Wechselwirkung mit deren Geschlecht: während der Anteil hypertoner Frauen mit dem Alter deutlich ansteigt, nimmt derjenige hypertoner Männer geringfügig ab. Einen systolischen Blutdruck unter 130 mmhg erreichen 31,7 % der Patienten. Dieser Anteil sinkt allerdings vor allem bei Frauen im höheren Alter. Von den über 75-jährigen Patienten weisen 10,9 % (weiblich) bzw. 9,4 % (männlich) einen systolischen Blutdruck über 150 mmhg auf. Hohe Blutdruckwerte sind mit einer erhöhten Verordnungsrate von Antihypertensiva verknüpft. Während bei Patienten mit einen Blutdruck unter 120/80 mmhg die Verordnungsrate 72,1 % beträgt, erreicht sie 83,6 % bei Patienten mit einem Blutdruck ab 180/110 mmhg. In welchem Ausmaß verändert sich der Blutdruck im Verlauf der DMP-Teilnahme? Bei einer globalen Betrachtung zeigt sich, dass gegenüber 53 % bei Einschreibung zum Zeitpunkt der aktuellen Folgedokumentation 60,4 % der Patienten normotone Werte aufweisen. Für Typ-2-Diabetiker mit einer arteriellen Hypertonie erhöht sich dieser Anteil von 49,5 auf 58,6 %. Gegenüber dem Vorjahr bleibt 2015 der Anteil normotoner Patienten (RR < 140/90 mmhg) sowohl in der Gesamtgruppe aller Diabetiker als auch in der Teilgruppe der Diabetiker mit arterieller Hypertonie annähernd konstant. Die Blutdruckveränderung wurde zusätzlich für jene Patienten genauer analysiert, die zwischen 2010 und 2015 über eine Zeitdauer von mindestens sechs Jahren an dem DMP teilnahmen und zwischen 2011 und 2015 in jedem Halbjahr kontinuierlich dokumentiert wurden. Betrachtet werden die mittleren systolischen und diastolischen Blutdruckwerte in vier Gruppen mit jeweils unterschiedlichen Ausgangswerten des systolischen Blutdrucks. Die Ausgangswerte wurden aus bis zu sechs Quartalswerten gemittelt. Die in der Abbildung dargestellten Blutdruckwerte nach 2010 entsprechen geschätzten Mittelwerten, wobei die Alters- und Geschlechtsunterschiede berücksichtigt sind (Abbildung 6-10). Die Analyse bestätigt, dass in einer Teilgruppe von Patienten mit sehr hohen Ausgangswerten des systolischen Blutdrucks deutliche Absenkungen sowohl des systolischen ebenso wie des diastolischen Blutdrucks über die Beobachtungszeit auftreten. Dieser Effekt ist unabhängig vom Alter und Geschlecht der Patienten. Über eine Beobachtungsdauer von mindestens sechs Jahren ist bei den meisten Patienten, die kontinuierlich an dem DMP teilnehmen, eine Absenkung beider Blutdruckwerte festzustellen. Um die im Zeitverlauf des DMP erzielten Verbesserungen der Blutdrucksituation weiter zu beschreiben, erfolgte zusätzlich eine Längsschnittanalyse der Veränderung der Blutdruckwerte bei Patienten mit ausgewählten kardio-vaskulären oder renalen Ereignissen in der Vorgeschichte und kontinuierlicher Teilnahme zwischen 2010 und 2015 (Abbildung 6-11). 61

62 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Blutdruck (mmhg) /1 11/2 12/1 12/2 13/1 13/2 14/1 14/2 15/1 15/2 RR sys 2010 (mmhg): 160 syst (A) < 160 syst (B) < 140 syst (C) < 130 syst (D) dias (A) dias (B) dias (C) dias (D) RR sys mmhg 2010 gruppiert n 2010 Mw ± SD systolischer Blutdruck 2. Hj adj. Mw (95% CI) 2010 Mw ± SD diastolischer Blutdruck 2. Hj adj. Mw (95% CI) ,8 ± 9,0 145,5 (145,3 145,8) 88,9 ± 9,3 81,0 (80,8 81,1) 140 bis < ,8 ± 5,2 138,5 (138,4 138,6) 82,4 ± 6,6 79,2 (79,1 79,2) 130 bis < ,7 ± 2,9 133,6 (133,5 133,6) 78,9 ± 5,2 78,1 (78,0 78,1) < ,4 ± 5,6 128,7 (128,7 128,8) 75,5 ± 5,6 76,6 (76,5 76,6) Längsschnittanalyse für Patienten mit entsprechenden Ausgangswerten 2010 sowie kontinuierlicher Teilnahme bis 2015; Ausgangswert gemittelt; Mw: Mittelwert, SD: Standardabweichung, adj.: adjustiert für Alter und Geschlecht, 95 % CI: 95- Prozent-Vertrauensintervall Abbildung 6-10: Veränderung des systolischen und diastolischen Blutdrucks in Gruppen mit unterschiedlich hohen Ausgangswerten des systolischen Blutdrucks Blutdruck (mmhg), systolisch diastolisch /1 11/2 12/1 12/2 13/1 13/2 14/1 14/2 15/1 15/2 Begleiterkrankung: Herzinfarkt Schlaganfall Nierenschädigung Begleiterkrankung n 2010 adj. Mw (95% CI) systolischer Blutdruck 2. Hj adj. Mw (95% CI) 2010 adj. Mw (95% CI) diastolischer Blutdruck 2. Hj adj. Mw (95% CI) Herzinfarkt ,4 (132,1 132,7) 131,8 (131,5 132,1) 77,7 (77,6 77,9) 76,8 (76,6 77,0) Schlaganfall ,1 (132,8 133,4) 132,3 (132,0 132,6) 78,1 (77,9 78,3) 77,0 (76,9 77,2) Nierenschädigung ,3 (133,0 133,6) 132,4 (132,1 132,7) 78,0 (77,9 78,2) 76,9 (76,7 77,0) Längsschnittanalyse für Patienten mit entsprechender Begleiterkrankung sowie kontinuierlicher Teilnahme von 2010 bis 2015; Ausgangswert gemittelt; Nierenschädigung: Nephropathie oder Dialyse, adj.: adjustiert für Alter und Geschlecht, 95 % CI: 95-Prozent-Vertrauensintervall Abbildung 6-11: Veränderung des Blutdrucks bei Patienten mit Herzinfarkt, Schlaganfall und Nierenschädigung 62

63 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Die Absenkung des systolischen Blutdrucks über die Zeit findet in diesen drei Patientengruppen mit einem systolischen Ausgangswert von etwa 133 mmhg, vor allem bei Patienten mit einem Schlaganfall oder einer Nierenschädigung, etwas ausgeprägter statt, als in der Vergleichsgruppe aller Patienten. Während in der Vergleichsgruppe mit einem Ausgangswert von 134 mmhg lediglich ein Rückgang um durchschnittlich 0,1 mmhg beobachtet wird, sinkt dieser in den hier betrachteten drei Gruppen im Mittel um 0,8 mmhg. Auch die durchschnittliche Absenkung des diastolischen Blutdrucks fällt in der Vergleichsgruppe etwas geringer aus als in den drei Patientengruppen (0,8 vs. 1,1 mmhg). In dieser, auf einen engen Bereich fokussierten Betrachtung ist außerdem gut zu sehen, dass die Blutdruck-Absenkung stufenförmig verläuft, wobei Phasen des Absinkens meist in den Zeitraum des 2. Halbjahres und die leichter Anstiege in den des 1. Halbjahres fallen. Typ-2-Diabetiker mit hohen systolischen Blutdruckwerten (RR sys 160 mmhg) im Jahr 2010 haben ein deutlich erhöhtes Risiko für einen neuen, nicht tödlichen Herzinfarkt (OR 1,22; 95 %-CI 1,04 1,43), einen Schlaganfall (1,31; 1,15 1,49) oder eine Dialysepflicht (2,05; 1,58 2,66; vgl. Abschnitt 6.7.1) seit Serum-Kreatinin und glomeruläre Filtrationsrate Im Zusammenhang mit der Überprüfung der Nierenfunktion und der Bestimmung des Serum-Kreatinins der Patienten im DMP stellen sich die folgenden Fragen: Welche geschätzten glomerulären Filtrationsraten (egfr) lassen sich bei den Patienten im DMP beobachten bzw. errechnen? Bleiben diese Werte nach der Dokumentationsumstellung im Juli 2015 konstant? Welche Alters- und Geschlechtsunterschiede existieren hierbei? Mit einer mittleren egfr von 72,2 21,7 vor und 71,5 22,5 ml/min/ 1,73m 2 nach der Umstellung erweisen sich die im DMP beobachteten Werte als weitgehend konstant. Bei den Patienten im DMP zeigt sich der erwartete, sehr deutliche Anstieg einer beeinträchtigten Nierenfunktion mit wachsendem Alter: so sinkt der Patientenanteil mit einer egfr > 90 von 38 bzw. 41 % im Alter bis zu 65 Jahren auf bis zu 2 3 % im Alter ab 76 Jahren. Frauen zeigen im Vergleich zu Männern eine etwas stärker beeinträchtigte Nierenfunktion. Die Bestimmung des Serum-Kreatinins dient bei Typ 2-Diabetikern der Einschätzung der Nierenfunktion und sollte mindestens einmal jährlich erfolgen (NVL Nierenerkrankung bei Diabetes). Nach neueren Arbeiten ist bei Typ 2-Diabetikern ein hohes Serum-Kreatinin bzw. eine niedrige glomeruläre Filtrationsrate (GFR) mit hohen Mortalitätsraten assoziiert (Barkoudah et al., 2012; Targher et al., 2012). Liegt die errechnete GFR unter 60 ml/min/ 1,73m 2 bei Patienten unter 60 Jahren bzw. unter 45 ml/min/1,73m 2 bei Patienten ab 60 Jahren, wird eine mindestens halbjährliche Bestimmung empfohlen, bei Vorliegen klinischer Ereignisse gegebenenfalls eine noch häufigere. Infolge einer Niereninsuffizienz akkumuliert sich Metformin. Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion (und Hypertonie) sollten mit ACE-Hemmern behandelt werden, bei denen von einer, gegenüber anderen Antihypertensiva effektiveren Hemmung der Progression der Niereninsuffizienz ausgegangen wird. Bis Juni 2015 erfolgte im Rahmen des DMP eine Dokumentation des Serum-Kreatininwerts, hieraus wurde die glomeruläre Filtrationsrate mittels der CKD-EPI-Formel (Chronic Kidney Disease Epidemiology Collaboration, Levey et al., 2009) geschätzt (egfr). Seit Juli 2015 wird die egfr direkt aus den Laborergebnissen in die DMP-Dokumentationen übertragen und übermittelt. Ein Vergleich der egfr- 63

64 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Werte vor und nach der Dokumentationsumstellung zeigt eine weitgehende Parallelität dieses Parameters. Während vorher eine mittlere egfr von 72,2 21,7 beobachtet wurde, lag dieser Mittelwert nach der Umstellung bei 71,5 22,5 ml/min/ 1,73m 2, wobei noch zu berücksichtigen ist, dass dem Wert nach der Umstellung erst die Ergebnisse aus zwei Quartalen zugrunde liegen. Die egfr ist vom Geschlecht und Alter der Patienten abhängig, mit steigendem Alter sinkt ihr Wert. Im DMP weisen Frauen bis 29 Jahre eine egfr von 108,1 ± 22,3 und Frauen, die 90 Jahre oder älter sind, eine egfr von 47,8 ± 18,3 ml/min/1,73m 2 auf. Für Männer liegen in diesen beiden Altersrandgruppen die entsprechenden Werte bei 109,9 ± 22,7 bzw. 50,4 ± 18,9 ml/min/1,73m 2. Die Verteilung auf die unterschiedlichen egfr-stadien zeigt ebenfalls einen deutlichen Altersverlauf (Tabelle 6-15). Tabelle 6-15: Geschätzte glomeruläre Filtrationsrate 2015 nach Alter und Geschlecht* Alter (Jahre) alle egfr (ml/min/körperfläche) w m w m w m w m insg. > 90 38,3 41,2 10,9 11,3 2,0 3,1 16,8 21,6 19,2 > ,3 50,7 58,7 63,2 39,8 46,8 48,9 53,3 51, ,3 7,1 28,2 23,1 51,1 44,4 30,5 22,4 26,4 < 30 1,1 1,0 2,3 2,3 7,1 5,7 3,7 2,7 3,2 *: last observation carried forward: Kreatinin-Messwert aus bis zu acht Quartalen einschließlich des 2. Quartals 2015 bzw. aus dem egfr-wert des 3. bis 4. Quartals 2015 fortgeschrieben, egfr in ml/min/1,73m 2 ; Patienten mit validen Werten und einer Dokumentation 2015; alle Angaben in Prozent So sinkt der Anteil von Patienten mit einer egfr über 90 von 38 bzw. 41 % im Alter bis zu 65 Jahren auf bis zu 2 3 % im Alter ab 76 Jahren. Parallel hierzu erhöht sich derjenige mit einer egfr unter 30 von knapp 1 % im Alter bis zu 65 auf etwa 6 7 % ab 76 Jahren. Demgegenüber ist der Geschlechtsunterschied vergleichsweise schwach ausgeprägt, Frauen zeigen gegenüber Männern eine etwas stärker beeinträchtigte Nierenfunktion. Gegenüber dem Vorjahr ist, vermutlich bedingt durch die Dokumentationsumstellung, eine leichte Veränderung der relativen Häufigkeit mit einer Verschiebung der Anteile in den beiden oberen Klassen zu erkennen. So wiesen % der Patienten eine egfr > 90 und 48,8 % eine > auf. In den beiden unteren Klassen zeigen sich nur geringe oder keine Veränderungen (egfr %, < 30 3,2 %). 64

65 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ Blutzuckersenkende Therapie Die folgenden Fragen stehen im Zentrum der beiden nächsten Abschnitte: In welchem Ausmaß werden die Patienten im DMP medikamentös und nicht medikamentös antidiabetisch behandelt? Welcher zeitlichen Veränderung im Längsschnitt ist diese Behandlung bei kontinuierlich beobachteten Patienten unterworfen? Aktuell werden 52,4 % der Typ 2-Diabetiker im DMP mit Metformin versorgt, 22,3 % erhalten Insulin oder Insulinanaloga und 31 % werden nicht medikamentös behandelt. Zwischen den Praxen finden sich hohe Schwankungsbreiten vor allem für die Metformin-Verordnung (45 65 %) und die nicht medikamentöse Therapie (17 38 %), diese sind vermutlich primär von der unterschiedlichen Erkrankungsdauer abhängig. Zwischen der Einschreibung und 2015 werden die größten Zuwächse bei der Verordnung von Metformin (+13 Prozentpunkte) und Insulin (+11,2 Prozentpunkte), der stärkste Rückgang bei der nicht medikamentösen Therapie ( 14,2 Prozentpunkte) festgestellt. Für kontinuierlich am DMP teilnehmende Patienten verändern sich diese Raten abhängig vom Therapiestatus am Ausgangspunkt der Beobachtungszeit. So nehmen vor allem die Medikationsraten für Metformin bei Patienten zu, die 2010 nicht medikamentös versorgt wurden, und auch die für Insulin bei Patienten, die 2010 bereits medikamentös versorgt wurden. Dagegen bleibt der Anteil der ursprünglich nicht medikamentös und im weiteren Verlauf mit Insulin behandelter Patienten über bis zu sechs Jahre sehr gering. Die medikamentöse Therapie des Typ 2-Diabetes folgt einem Stufenschema (NVL Therapie des Typ-2- Diabetes). Sie beginnt mit einer nicht medikamentösen Basistherapie (1. Stufe), bestehend aus Schulung, Ernährungstherapie, körperlicher Aktivität und Aufforderung zum Rauchverzicht. Angestrebt wird ein HbA 1c -Zielkorridor zwischen 6,5 7,5 %. Wird das individuelle HbA 1c -Ziel nach drei bis sechs Monaten nicht erreicht, erfolgt eine medikamentöse Therapie (2. Stufe, Basis- plus Pharmaka- Monotherapie), vorrangig mit Metformin. Bei einem Nicht-Erreichen des HbA 1c -Ziels nach weiteren drei bis sechs Monaten wird die medikamentöse Therapie erweitert (3. Stufe), verordnet wird dann Insulin allein oder eine OAD-Zweifachkombination. Lässt sich abermals in einem Zeitraum von drei bis sechs Monaten das individuelle HbA 1c -Ziel hiermit nicht erreichen, ist eine intensivierte Insulinund Kombinationstherapie (4. Stufe) anzustreben. 69 % aller Typ-2-Diabetiker im DMP werden aktuell mit einem blutzuckersenkenden Medikament behandelt. Am häufigsten werden Metformin und Insulin verordnet (Tabelle 6-16). Bei der Verordnung antidiabetischer Medikamente sind geringe Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Patienten zu erkennen. Unabhängig von dem Wirkstoff erhalten Männer etwas häufiger eine antidiabetische Medikation. In stärkerem Ausmaß ist eine derartige Verordnung jedoch vom Alter der Patienten abhängig. So werden älteren Patienten seltener Metformin bzw. sonstige orale Wirkstoffe verordnet, dagegen erhalten sie häufiger Glibenclamid und Insulin. 65

66 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Tabelle 6-16: Blutzuckersenkende Therapie 2015 nach Alter und Geschlecht Alter (Jahre) alle w m w m w m w m insg. KI Metformin 56,3 60,6 52,5 55,7 42,4 44,9 50,0 54,8 52,4 2,6 Glibenclamid 4,5 5,2 6,7 8,0 8,3 9,4 6,6 7,2 6,9 1,0 sonstige orale Antidiabetika 20,3 23,5 19,7 22,7 18,1 20,5 19,3 22,4 20,9 Insulin, Insulinanaloga 18,9 21,0 21,7 24,7 23,3 25,0 21,4 23,2 22,3 keine antidiabetische Medikation 32,5 27,4 32,5 27,2 35,3 31,7 33,6 28,5 31, Patienten mit aktueller Folgedokumentation und Angaben zur Medikation; alle Angaben in Prozent; Mehrfachangaben möglich; Kontraindikationen (KI) berücksichtigt Die Verordnungshäufigkeiten unterscheiden sich von Praxis zu Praxis teilweise beträchtlich. Um einen Eindruck davon zu erhalten, wie stark diese Schwankungen ausfallen, wurde deren Interquartilbereich berechnet (Abbildung 6-12). Praxen Metformin Glibenclamid sonstige orale Antidiabetika Insulin, Insulinanaloga keine antidiabetische Medikation % % der Patienten, welche die betreffende Verordnung in 5, 25, 50, 75 und 95 % der Praxen erhalten, und Anzahl Praxen, die mindestens 10 Patienten mit aktueller Folgedokumentation betreuen Abbildung 6-12: Praxenspezifische Unterschiede bei den antidiabetischen Verordnungen Für die vorrangig von der Erkrankungsdauer der Patienten abhängige Spannweite der Verordnungshäufigkeiten der blutzuckersenkenden Therapien lässt sich erkennen, dass vor allem die Spanne der Verordnungshäufigkeit von Metformin (45 65 %) sowie die der Häufigkeit einer nicht medikamentösen Therapie (17 38 %) größer ist als die der Verordnungshäufigkeit von Insulin (16 28 %) oder Glibenclamid (2 10 %). Welche Veränderungen sind im DMP-Zeitverlauf bei der blutzuckersenkenden Therapie zu beobachten? Zunächst soll die Situation bei Einschreibung mit derjenigen bei der aktuellen Folgedokumentation verglichen werden. Vor dem Hintergrund der oben geschilderten Zusammenhänge zwischen 66

67 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Erkrankungsdauer und Therapie ist erwartungsgemäß festzustellen, dass zwischen Einschreibung und Folgedokumentation der Anteil nicht medikamentös versorgter Patienten deutlich zurückgeht (Abbildung 6-13). Metformin 39,4 52,4 Glibenclamid 6,8 6,9 sonstige orale Antidiabetika 12,7 20,9 Insulin, Insulinanaloga 11,1 22,3 keine antidiabetische Medikation 31,0 45, % bei Einschreibung bei aktueller Folgedokumentation Patienten mit aktueller Folgedokumentation und Angaben zur Medikation; mittlere DMP-Teilnahmedauer 6,7 Jahre; Mehrfachangaben möglich, Kontraindikationen berücksichtigt Abbildung 6-13: Veränderung der blutzuckersenkenden Therapie Auf der anderen Seite verdoppelt sich annähernd der Anteil der mit Insulin behandelten Patienten. Ein Zuwachs ist auch bei der Patientengruppe zu sehen, die mit oralen Antidiabetika versorgt werden. Besonders auffällig ist der Zuwachs bei der Verordnung von Metformin. Zwischen der Einschreibung und der aktuellen Folgedokumentation erfolgt bei zwei Drittel der Patienten kein Wechsel der blutzuckersenkenden Therapie (Tabelle 6-17). Diese Therapiekonstanz ist am ausgeprägtesten bei Patienten, die orale Antidiabetika erhalten. Bemerkenswert ist zudem, dass mehr als ein Viertel aller Patienten über einen Zeitraum von durchschnittlich fast sieben Jahren konstant nicht medikamentös versorgt wird. Frauen werden etwas öfter konstant nicht medikamentös, Männer häufiger konstant mit oralen Antidiabetika versorgt. Der häufigste Therapiewechsel resultiert aus der Umstellung einer nicht medikamentösen Versorgung auf eine mit oralen Antidiabetika. Unter den, in der Rubrik übrige Therapiewechsel zusammengefassten Therapieumstellungen dominieren solche von einer reinen Insulintherapie auf eine mit oralen Antidiabetika kombinierte bzw. umgekehrt. Beim Therapiewechsel sind keine ausgeprägten Unterschiede zwischen Frauen und Männern zu erkennen. Einzelne Therapieformen zeigen eine deutliche Altersabhängigkeit. So verdoppelt sich in etwa der Anteil konstant mit Insulin versorgter Patienten in der höchsten Altersgruppe. Ebenso nimmt in dieser Altersgruppe auch der Anteil der von OAD auf Insulin umgestellter Patienten zu, geringer wird dagegen in dieser Gruppe der Anteil derer, die von einer nicht medikamentösen auf eine orale antidiabetische Therapie umgestellt werden. 67

68 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Tabelle 6-17: Veränderung der blutzuckersenkenden Therapie zwischen der Einschreibung und 2015 Alter (Jahre) alle konstante Therapie: w m w m w m w m insg. keine Medikation 29,7 24,8 29,7 24,4 31,4 28,2 30,3 25,6 28,0 orale Antidiabetika 32,2 36,0 29,7 32,7 27,1 29,3 29,5 33,1 31,3 Insulin, Insulinanaloga 2,5 3,3 3,6 4,7 5,6 5,8 4,0 4,4 4,2 OAD plus Insulin, -analoga 3,2 3,6 3,5 3,6 3,0 2,8 3,2 3,4 3,3 zusammen 67,6 67,7 66,5 65,4 67,1 66,1 67,0 66,5 66,8 Therapiewechsel: keine Med. OAD 15,6 14,7 15,6 14,8 13,7 13,4 14,9 14,4 14,6 OAD Insulin, -analoga 1,6 1,7 2,5 2,8 3,7 4,3 2,7 2,7 2,7 OAD OAD plus Insulin, -analoga 6,7 7,3 6,8 7,9 5,6 6,6 6,3 7,3 6,8 übrige 8,5 8,7 8,7 9,1 10,0 9,6 9,2 9,1 9,1 zusammen 32,4 32,4 33,6 34,6 33,0 33,9 33,1 33,5 33, Patienten mit aktueller Folgedokumentation und Angaben zur Medikation; mittlere DMP-Teilnahmedauer 6,7 Jahre; alle Angaben in Prozent In einer Reihe von Längsschnittanalysen wurde untersucht, in welchem Ausmaß sich die Verordnungsraten antidiabetischer Medikamente bei Patienten mit einer kontinuierlichen Teilnahme zwischen 2010 und 2015 verändert haben (Abbildung 6-14). Unterschieden werden dabei zwei Patientengruppen: solche ohne eine antidiabetische Medikation zum Ausgangszeitpunkt der Analyse und solche, die eine entsprechende Medikation bereits 2010 erhielten. Es ist deutlich zu erkennen, dass für alle Medikationsarten in der Gruppe der initial nicht antidiabetisch medikamentös versorgten Patienten über einen Zeitraum von bis zu sechs Jahren deutliche Zuwächse der Raten erfolgen. Am ausgeprägtesten nimmt die Rate der Metformin-Verordnung auf 23,1 % zu, mit deutlichem Abstand gefolgt von der Rate der Verordnung sonstiger oraler Antidiabetika (7,2 %). Der Anteil kontinuierlich beobachteter Patienten, die 2010 noch nicht medikamentös behandelt wurden und 2015 Insulin erhalten, erreicht dagegen lediglich 2,8 %. In der Gruppe der bereits 2010 antidiabetisch medikamentös behandelten Patienten entwickeln sich die Verordnungsraten anders. Während die Verordnungsraten für Metformin und Glibenclamid jeweils leicht zurückgehen, werden sonstige orale Antidiabetika mit leicht zunehmender Häufigkeit verordnet. In Bezug auf die Verordnung von Insulin zeigt sich ein Anstieg von 28,6 auf 38,4 % der Patienten. Insgesamt spiegeln die dargestellten Verläufe die Entwicklung der Erkrankung gut wider. Festzuhalten ist, dass bei den meisten der langfristig im DMP betreuten Typ 2-Diabetiker über die Zeit und damit im Verlauf des Fortschreitens der Erkrankung eine leitliniengerechte antihyperglykämische Versorgung erfolgt. Deren Schwerpunkt liegt auf der Verordnung von Metformin und Insulin. Anders als vielfach befürchtet erfolgt darüber hinaus bei nicht medikamentös behandelten Patienten auch keine rasche Umstellung der antidiabetischen Therapie auf Insulin. 68

69 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 a 25 % b 80 % /1 11/2 12/1 12/2 13/1 13/2 14/1 14/2 15/1 15/ /1 11/2 12/1 12/2 13/1 13/2 14/1 14/2 15/1 15/2 Metformin sonstige OAD Glibenclamid Insulin Metformin sonstige OAD Glibenclamid Insulin antidiabetische Medikation a: 2010 keine Medikation, n = Halbjahr 2015 % a: 2010 mit Medikation, n = % 2. Halbjahr 2015 % Metformin 23,1 75,8 71,3 Glibenclamid 1,7 15,8 12,2 sonstige OAD 7,2 29,2 32,8 Insulin 2,8 28,6 38,4 Längsschnittanalyse für Patienten mit kontinuierlicher Teilnahme von 2010 bis 2015; Mehrfachangaben möglich; Kontraindikationen berücksichtigt Abbildung 6-14: Veränderung der blutzuckersenkenden Medikation nach Medikationsstatus 2010 Um die klinisch wichtige Frage zu beantworten, in welchem Ausmaß sich das Gewicht der Typ-2- Diabetiker im DMP nach der Umstellung auf Insulin erhöht, wurde in den früheren Berichten an dieser Stelle eine Längsschnittanalyse der Gewichtsentwicklung dargestellt. Über mehrere Berichtsjahre hinweg konnte hierbei wiederholt festgestellt werden, dass kontinuierlich beobachtete Patienten ohne Insulinverordnung über eine Zeitdauer von bis zu fünf Jahren etwa 1 kg abnahmen, Patienten mit Insulinverordnung in dem gleichen Zeitraum dagegen ungefähr 1 kg zunahmen (vgl. Bericht 2013, S ). Entgegen Literaturbefunden lässt sich somit auf der Grundlage der DMP-Dokumentationen ein dramatischer Gewichtszuwachs bei insulinierten Typ-2-Diabetikern nicht bestätigen. 6.9 Weitere Medikation bei Begleit- und Folgeerkrankungen In welchem Ausmaß sind im DMP bei Typ-2-Diabetikern, die an weiteren Erkrankungen leiden, Begleitmedikationen dokumentiert? Wie stark haben sich diese Raten im Laufe der Zeit verändert? Die innerhalb des DMP nachzuweisenden Verordnungshäufigkeiten von Antihypertensiva, TAH und Statinen sind bei Diabetikern mit zusätzlichen Begleiterkrankungen sehr hoch: so ist bei nahezu allen Diabetikern mit einer koronaren Herzkrankheit (KHK), einem Herzinfarkt, einer arteriellen Verschlusskrankheit (AVK) oder einem Schlaganfall die Verordnung eines blutdrucksenkenden Medikaments dokumentiert, und bei etwa acht von zehn Diabetikern mit einem Herzinfarkt die von TAH 69

70 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 bzw. Statinen. Zwischen 2010 und 2015 nimmt die Verordnung von TAH und Statinen bei kontinuierlich beobachteten Diabetikern mit einer KHK oder AVK bzw. einem Herzinfarkt oder Schlaganfall in einer Größenordnung von 9 bis 14 Prozentpunkten stark zu. Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass eine, an dem kardio-vaskulären Risiko orientierte Behandlung der Diabetiker erfolgt. Für die Primärprävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind neben einer Raucher-Entwöhnung, einer aggressiven Blutdrucksenkung und normnahen Blutzuckereinstellung bei Typ 2-Diabetikern nicht medikamentöse und gegebenenfalls medikamentöse Maßnahmen zur Lipidsenkung in Betracht zu ziehen. Bei Typ 2-Diabetikern mit einer koronaren Herzkrankheit oder weiteren kardiovaskulären Risikofaktoren ist eine Therapie mit niedrigdosierter Acetylsalicylsäure (ASS) oder Clopidogrel zu erwägen (NVL Chronische KHK). Neben einer normoglykämischen Blutzuckereinstellung wird eine Senkung des Blutdrucks unter 130/80 mmhg, eine Senkung der Blutfette sowie eine Gewichtsreduktion empfohlen. Bezüglich einer lipidsenkenden Behandlung werden die Strategien einer Senkung des LDL-Cholesterins unter 100 mg/dl oder einer festen Statindosis diskutiert (NVL Therapie des Typ-2- Diabetes). Insgesamt erhalten aktuell 87,3 % der Patienten, bei denen eine Begleiterkrankung oder Folgekomplikation dokumentiert sind, Antihypertensiva, lipidsenkende Medikamente oder Thrombozyten- Aggregationshemmer (TAH). Noch häufiger ist eine der genannten Medikationen bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit, einem Herzinfarkt, einem Schlaganfall, einer arteriellen Verschlusskrankheit oder einer Nephropathie: hier erhalten 94,4 % der Patienten aktuell mindestens eines der aufgeführten Medikamente. Hervorzuheben ist in erster Linie die häufige Verordnung von Antihypertensiva, TAH und Lipidsenkern bei Diabetikern mit Herzinfarkt, koronarer Herzkrankheit, arterieller Verschlusskrankheit oder einem Schlaganfall. Vor allem bei Diabetikern mit einem Herzinfarkt oder einer chronischen Herzinsuffizienz werden sehr häufig Antihypertensiva verordnet (Tabelle 6-18). Tabelle 6-18: Begleiterkrankungen oder Folgekomplikationen und aktuelle Begleitmedikation Begleiterkrankung, Folgekomplikation TAH Beta- Blocker ACE-I oder Sartane Thiaziddiuretika Antihyper. insgesamt Statine Nephropathie 55,4 60,4 67,5 40,6 87,4 58,4 Amputation 65,8 55,5 65,8 36,5 84,9 57,1 arterielle Hypertonie 43,2 55,3 63,1 35,6 86,6 47,9 koronare Herzkrankheit 74,2 73,7 69,4 37,1 91,7 69,3 chronische Herzinsuffizienz 68,8 74,2 72,2 43,5 93,5 63,0 Herzinfarkt 83,8 80,7 74,4 39,8 94,4 79,8 arterielle Verschlusskrankheit 74,0 64,3 70,0 39,5 89,2 67,5 Schlaganfall 76,4 63,6 69,3 39,9 90,0 66,5 Fettstoffwechselstörung 45,9 53,8 60,4 34,0 81,5 57,2 Patienten mit entsprechender Begleiterkrankung, aktueller Folgedokumentation und Angaben zur Medikation; alle Angaben in Prozent; Mehrfachangaben möglich; Kontraindikationen berücksichtigt Eine Analyse der Veränderung der Verordnung von Antihypertensiva, TAH sowie Statinen zwischen Einschreibung und aktueller Folgedokumentation wird durch die im Verlauf des DMP mehrfach geänderte Dokumentation dieser Medikamente stark erschwert. Zudem erfolgte eine Dokumentation 70

71 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 von Thrombozyten-Aggregationshemmern erst seit dem 2. Halbjahr 2004, die differenzierte Erfassung von Beta-Blockern und ACE-Hemmern ist erst seit dem 2. Halbjahr 2008 möglich. Ferner können auch erst seit dem 2. Halbjahr 2008 eventuelle Kontraindikationen dieser Medikamente angegeben und bei den Auswertungen berücksichtigt werden. Seit dem 2. Halbjahr 2015 ist die Dokumentation der Verordnung oraler Antikoagulanzien sowie von Sartanen bzw. Diuretika innerhalb des DMP möglich, allerdings ist gleichzeitig die Möglichkeit entfallen, die Verordnung nicht näher spezifizierter Antihypertensiva zu dokumentieren. Der zuletzt genannte Umstand ist auch als vorrangige Ursache dafür anzusehen, dass die Raten für die Antihypertensiva insgesamt 2015 zum Teil deutlich unter dem Niveau des Vorjahres liegen. Auf der anderen Seite ist zumindest ein Teil der, bei allen Verordnungen außer der sonstigen antihypertensiven Medikation zu erkennenden, teilweise beträchtlichen Zuwächse (TAH, Statine) im DMP-Verlauf einer verbesserten Erfassung durch die neuen Dokumentationen zuzuschreiben (Abbildung 6-15). a b TAH 19,5 37,6 KHK (TAH) 62,0 76,3 Antikoagulanzien 4,0 2,5 Herzinfarkt (TAH) 75,6 85,9 Beta-Blocker 40,3 48,4 Schlaganfall (TAH) 65,3 79,5 ACE-Hemmer 42,7 52,0 AVK (TAH) 63,3 76,3 Sartane 7,3 5,1 KHK (HMG) 60,0 71,0 Thiaziddiuretika 18,9 31,0 Herzinfarkt (HMG) 72,6 81,5 sonstige Antihypertensiva 47,9 48,2 Schlaganfall (HMG) 58,3 68,7 Statine 28,4 43,9 AVK (HMG) 60,1 69, bei Einschreibung bei aktueller Folgedokumentation % Halbjahr % (a) Patienten mit aktueller Folgedokumentation und Angaben zur Medikation; mittlere DMP-Teilnahmedauer 6,7 Jahre; besonders zu beachten: für Antikoagulanzien, Diuretika und Sartane ist die Fallzahlbasis bei Einschreibung (2. Hj. 2015) sehr klein, sonstige Antihypertensiva konnten letztmalig im 1. Hj dokumentiert werden; (b) Längsschnittanalyse für Patienten mit jeweiliger Begleiterkrankung und kontinuierlicher Teilnahme von 2010 bis 2015; 2010: Medikation in mindestens zwei Quartalen verordnet; Mehrfachangaben möglich, Kontraindikationen berücksichtigt; KHK: koronare Herzkrankheit, AVK: arterielle Verschlusskrankheit, TAH: Thrombozyten-Aggregationshemmer, HMG: Statine Abbildung 6-15: Veränderung der Verordnung von Antihypertensiva, TAH und Statinen In zwei weiteren Längsschnittanalysen wurde untersucht, in welchem Ausmaß sich die Verordnung von TAH und Statinen zwischen 2010 und 2015 bei jenen Patienten verändert hat, die zusätzlich einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten haben oder eine koronare Herzkrankheit bzw. eine arterielle Verschlusskrankheit aufweisen und damit ein erheblich erhöhtes zusätzliches kardio-vaskuläres Risiko tragen. Für TAH erhöhen sich bei Diabetikern, die zusätzlich einen Herzinfarkt erlitten haben, in diesem Zeitraum die Verordnungsraten von 76 auf 86 %. In der größten Teilgruppe, die von Typ 2- Diabetikern mit einer koronaren Herzkrankheit gebildet wird, steigt die TAH-Verordnung von 62 auf 76 %. Ähnliche Entwicklungen zeichnen sich für die Verordnung von Statinen ab: unter Diabetikern 71

72 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 mit einem Herzinfarkt erhöhen sich die Raten von 73 auf 82 %, unter jenen mit einer koronaren Herzkrankheit von 60 auf 71 %. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die sekundärpräventiven Bemühungen der in das DMP einbezogenen Ärzte deutlich intensiviert wurden. Die sekundärpräventiv motivierte medikamentöse Interventionsrate bei Diabetikern mit diesem erhöhten Risikoprofil liegt zwar noch unterhalb der in ärztlichen Leitlinien gesetzten Empfehlungen. Die hier ebenso wie an anderer Stelle (Schunk et al., 2011) im Zeitverlauf ausgewiesenen Raten lassen aber zweifellos eine stärkere Berücksichtigung des kardiovaskulären Risikos bei der Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 erkennen. Möglicherweise handelt es sich um einen säkularen Trend, der auch in Praxen erwartet werden kann, die nicht am DMP beteiligt sind. Die erkennbare Dynamik im Sinne der Bereitschaft, die entsprechende Medikation auch einzusetzen, könnte im DMP jedoch eher höher als in der Routineversorgung außerhalb der DMP sein. Hierauf deuten auch Ergebnisse aus der KORA-Studie hin (Stark et al., 2009; Stark et al., 2011). In Bezug auf die Gabe von TAH ist zweifellos von einer Unterschätzung der Verordnungsraten auszugehen. Beispielsweise werden die am DMP beteiligten Ärzte keine Verordnung von TAH festhalten, wenn die Patienten diese privat erstehen. 72

73 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ Schulungen In dem nachfolgenden Abschnitt wird untersucht, in welchem Ausmaß Patienten im Rahmen des DMP empfohlene Schulungen wahrgenommen haben und welche Faktoren den Schulungsstatus vorrangig beeinflussen. Analysiert wird auch, ob die erste Schulungsempfehlung und die sich daran anschließende Wahrnehmung einer empfohlenen Schulung von der Höhe des HbA 1c abhängen. 71,8 % der Patienten bzw. 20 % derjenigen mit einer arteriellen Hypertonie, die vor Ende Juni 2008 in das DMP eingeschrieben wurden, gelten jeweils als geschult. Einer Schulungsempfehlung sind innerhalb von 12 Monaten 55,9 (Diabetes) bzw. 41 % (Hypertonie) nachgekommen. Als stärkster Prädiktor des Schulungsstatus erweist sich die Verordnung von Insulin, die in der Regel auch von einer entsprechenden Schulung begleitet wird. Die Chance einer Schulungsempfehlung hängt insbesondere von der Teilnahmedauer ab, d. h. je länger die Patienten teilnehmen, desto eher wird ihnen auch eine Schulung empfohlen. Bereits für eine Einschreibung in das DMP Diabetes mellitus Typ 2 ist die Bereitschaft des Patienten zur aktiven Mitwirkung und Teilnahme an Schulungen eine wichtige Voraussetzung. Dementsprechend ist jedem teilnehmenden Patienten der Zugang zu einem strukturierten und evaluierten spezifischen Schulungsprogramm zu ermöglichen. Dieses soll den Patienten dazu befähigen, seinen Krankheitsverlauf besser zu bewältigen und informierte Patientenentscheidungen zu treffen (DMP- Vertrag, 20). Gemäß der derzeit geltenden vertraglichen Regelungen sind Patienten auszuschreiben, die innerhalb von zwölf Monaten zwei empfohlene Schulungen ohne plausiblen Grund nicht wahrgenommen haben (DMP-Anforderungen-Richtlinie, 2a). Der Schulungsstatus bei Einschreibung wurde nur bis Ende Juni 2008 im DMP erfasst. Unter den bis zu diesem Zeitpunkt eingeschriebenen und bis 2015 im DMP verbliebenen Diabetikern gelten 71,8 % als geschult. 45,3 % der aktuell dokumentierten Patienten wurde im Verlauf des DMP eine Diabetes- Schulung empfohlen, 55,9 % davon haben diese innerhalb eines Jahres danach wahrgenommen (Tabelle 6-19). Bezogen auf die gesamte, im Jahr 2015 dokumentierte Patientenzahl ist bei knapp der Hälfte (46,4 %) eine Diabetes-Schulung vor oder während des DMP nachgewiesen. In Bezug auf Hypertonie-Schulungen bei Diabetikern mit einer arteriellen Hypertonie finden sich jeweils deutlich geringere Raten. Hier haben nur 20 % der bis Ende Juni 2008 eingeschriebenen und bis 2015 verbliebenen Patienten an einer entsprechenden Schulung teilgenommen. 14,7 % der Diabetiker mit einer Hypertonie wurde die Teilnahme an einer Schulung empfohlen, 41 % davon sind dieser Empfehlung innerhalb eines Jahres gefolgt. Geschlechtsunterschiede bezüglich der Schulungen sind lediglich schwach ausgeprägt. Hinsichtlich einer Diabetes-Schulung scheint diese bei Frauen etwas häufiger erfolgt zu sein, auch liegt bei Frauen die Wahrnehmungsrate höher, während eine Schulungsempfehlung Frauen und Männern gegenüber gleich häufig ausgesprochen wurde. 73

74 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Tabelle 6-19: Diabetes- und Hypertonie-Schulungen nach Alter und Geschlecht Diabetes-Schulung Alter (Jahre) alle w m w m w m w m insg. Basis jemals geschult 72,1 69,1 74,0 71,4 72,3 71,7 72,8 70,8 71, a empfohlen 49,4 48,6 46,9 45,5 40,4 40,7 45,2 45,4 45, b wahrgenommen 56,1 52,8 58,8 56,3 57,0 56,1 57,2 54,7 55, c Hypertonie-Schulung jemals geschult 18,9 18,8 20,4 20,2 19,9 21,1 19,8 20,2 20, a empfohlen 13,4 13,1 15,4 15,3 15,4 15,7 14,8 14,6 14, b wahrgenommen 42,3 40,2 42,1 40,3 40,3 41,4 41,4 40,7 41, c Bezugsgruppen (für Hypertonie-Schulung nur Patienten mit arterieller Hypertonie) a: Patienten mit einer Angabe zur Schulung und Einschreibung bis , b: Patienten mit Folgedokumentation, c: Patienten mit Schulungsempfehlung; alle Angaben in Prozent; werden innerhalb von zwölf Monaten zwei empfohlene Schulungen ohne stichhaltige Begründung versäumt, scheidet der betreffende Patient aus dem Programm aus Hinsichtlich einer Hypertonie-Schulung scheinen Männer in der Vergangenheit etwas öfter geschult worden zu sein, im Verlauf des DMP nehmen Frauen jedoch etwas häufiger eine empfohlene Hypertonie-Schulung wahr. Große Altersunterschiede sind sowohl im Hinblick auf eine Diabetes- wie auch auf eine Hypertonie-Schulung weder bezüglich des Schulungsstatus noch hinsichtlich einer Schulungswahrnehmung zu erkennen. Allerdings zeigt sich ein markanter Altersunterschied bei einer Schulungsempfehlung: während eine Diabetes-Schulung älteren Patienten deutlich seltener empfohlen wird, erfolgt eine Empfehlung zur Hypertonie-Schulung bei diesen geringfügig häufiger. Letzteres korreliert mit dem häufigeren Auftreten einer arteriellen Hypertonie bei älteren Patienten. In einem multivariaten Modell zur Vorhersage des Diabetes-Schulungsstatus bei Patienten, die bis 2008 in das DMP eingeschrieben wurden, erweist sich neben der langen Teilnahmedauer hauptsächlich die Verordnung von Insulin als zentraler Prädiktor (Abbildung 6-16). Dies erscheint vor dem Hintergrund einer obligatorischen Schulung von Diabetikern bei der Umstellung auf Insulin sehr plausibel. Da dies in der Regel in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis erfolgt, überrascht es auch nicht, dass dort dauerhaft betreute Patienten ebenfalls eine deutlich höhere Chance haben, dass bei ihnen eine Diabetes-Schulung bereits in der Vergangenheit dokumentiert worden ist. Ein zweites Modell untersucht die Einflüsse einer Diabetes-Schulungsempfehlung. Der bedeutendste Prädiktor einer solchen Schulungsempfehlung ist naturgemäß eine lange Teilnahmedauer (Abbildung 6-17). Die Tendenz, älteren Patienten deutlich seltener eine Diabetes-Schulung zu empfehlen, spiegelt sich auch in dem Modell wider: die ältesten Patienten sind diejenigen mit der geringsten Chance einer Schulungsempfehlung. Ähnlich wie beim Schulungsstatus haben Typ-2-Diabetiker, die in einer DSP dauerhaft betreut werden, auch eine höhere Chance, dass ihnen eine Schulung empfohlen wird. Möglicherweise korreliert dies allerdings ebenso wie im Fall des Schulungsstatus mit einer Umstellung der antidiabetischen Therapie. 74

75 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Geschlecht männlich Alter ( 65 Jahre) DMP seit (> 4,5 9 J) > 9 Komorbidität (keine) kar-v diabetisch kardio-vaskulär + diabetisch betreut in DSP Medikation (keine) orale AD Insulin (ggf. mit OAD) Antihypertensiva Netzhaut überprüft 0,87 (0,85 0,88) 0,99 (0,97 1,02) 0,91 (0,89 0,94) 2,66 (2,61 2,71) 0,96 (0,94 0,99) 1,27 (1,23 1,30) 1,33 (1,29 1,36) 1,70 (1,64 1,77) 1,31 (1,28 1,34) 2,49 (2,42 2,56) 1,08 (1,05 1,11) 1,37 (1,34 1,40) Odds-Ratio und 95%-CI (geschult) Fallzahl im Modell: ; R 2 : 0,127; Referenzgruppen mehrstufiger Prädiktoren kursiv gesetzt Abbildung 6-16: Prädiktoren des Schulungsstatus bei bis 2008 eingeschriebenen Patienten Geschlecht männlich Alter ( 65 Jahre) DMP seit ( 4 J) > 4,5 9 > 9 Komorbidität (keine) kar-v diabetisch kardio-vaskulär + diabetisch betreut in DSP Medikation (keine) orale AD Insulin (ggf. mit OAD) Antihypertensiva Netzhaut überprüft 0,97 (0,96 0,98) 0,78 (0,76 0,79) 0,59 (0,58 0,60) 1,68 (1,65 1,70) 1,87 (1,84 1,90) 0,94 (0,92 0,95) 1,11 (1,09 1,13) 1,09 (1,07 1,11) 1,24 (1,21 1,26) 1,20 (1,18 1,21) 1,17 (1,15 1,19) 1,02 (1,00 1,03) 1,07 (1,06 1,09) Odds-Ratio und 95%-CI (Schulung empfohlen) Fallzahl im Modell: ; R 2 : 0,039; Referenzgruppen mehrstufiger Prädiktoren kursiv gesetzt Abbildung 6-17: Prädiktoren einer Schulungsempfehlung In diesem Zusammenhang sei hier noch auf ein Ergebnis verwiesen, das an dieser Stelle im Vorjahresbericht dargestellt wurde. Demnach hängt eine Schulungsempfehlung bereits bei Beginn der DMP-Teilnahme deutlich mit der Höhe des HbA 1c zusammen. Je höher der HbA 1c -Wert, desto größer ist die Chance einer Schulungsempfehlung bereits bei Beginn der DMP-Teilnahme (Hazard Ratio HR für 10 vs. < 6,5 %: 1,80; 1,78 1,83). 75

76 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ Kontrolluntersuchungen, Einweisungen und Betreuung von Patienten mit Fußläsionen Zusätzlich zu den beiden Qualitätszielvorgaben (jährliche ophthalmologische Untersuchung der Netzhaut, Überweisung bei schwerer Fußläsion) ermöglichen die DMP-Dokumentationen auch Aussagen zur Häufigkeit weiterer Kontrolluntersuchungen (Sensibilität, Puls-, Fußstatus) und derjenigen stationärer Einweisungen. Alle genannten Parameter wurden auf Alters- und Geschlechtsunterschiede untersucht. Eine besondere Frage lautet: wie entwickelt sich die Rate jährlicher ophthalmologischer Netzhautuntersuchungen im DMP-Verlauf? Eine jährliche Netzhautuntersuchung erfolgte 2015 bei 66,1 % der Patienten bzw. bei 71,3 % der Patienten mit diabetischen Folgekomplikationen, die mit mindestens seit einem Jahr im DMP betreut werden (Rückgang : 13,9 Prozentpunkte). Bei Patienten mit diabetischen Folgekomplikationen wurde innerhalb der letzten beiden Jahre bei mehr als 80 % die Netzhaut untersucht. Die Sensibilität, der Puls- und der Fußstatus wurde bei fast 90 % überprüft. Seit Juli 2015 ist bei 1,7 % aller Patienten eine diabetesbezogene stationäre Einweisung dokumentiert. 59,3 % der Patienten bzw. 65,6 % der männlichen Patienten bis zu 65 Jahren mit einer schweren Fußläsion in den vergangenen sechs Monaten können als adäquat versorgt gelten, d. h. sie werden hausärztlich betreut und überwiesen oder fachärztlich betreut. Die Netzhaut der Typ 2-Diabetiker im DMP soll möglichst regelmäßig augenärztlich untersucht werden. Für Patienten mit mindestens einjähriger Teilnahme am DMP ist hierzu ein entsprechendes Ziel mit einer Mindestquote für eine jährliche Untersuchung vertraglich definiert. Da in der neuesten Leitlinie allerdings bei einem bekannten geringen Risiko ein zweijähriges Untersuchungsintervall empfohlen wird (NVL Netzhautkomplikationen bei Diabetes, Abs. 4-4), wurde nachfolgend zusätzlich die Häufigkeit einer Netzhautuntersuchung innerhalb der letzten zwei Jahre analysiert. Ebenfalls erscheint eine regelmäßige Untersuchung der Sensibilität, des Puls- sowie des Fußstatus sinnvoll. Für diese Kontrolluntersuchungen existiert im DMP Diabetes mellitus Typ 1 auch eine Qualitätszielvorgabe. Analoge Kontrollen dürften jedoch auch für Typ 2-Diabetiker eine große Bedeutung für eine frühe Diagnose einer beginnenden diabetischen Neuropathie oder eines diabetischen Fußsyndroms besitzen. Wie bereits weiter oben in dem Abschnitt zur Qualitätszielerreichung dargestellt wurde, ist derzeit bei 66,1 % der, seit mindestens einem Jahr im DMP betreuten Patienten eine jährliche Netzhautuntersuchung dokumentiert (Tabelle 6-20). Ein solche Untersuchung innerhalb der letzten beiden Jahre ist bei 74,9 % aller Patienten mit mindestens zweijähriger DMP-Teilnahme nachgewiesen. Eine Netzhautuntersuchung erfolgt etwas häufiger bei älteren und insbesondere solchen Patienten, die bereits an einer diabetischen Folgekomplikation leiden (Tabelle 6-21). Im letztgenannten Fall werden für eine Untersuchung innerhalb der letzten beiden Jahre Raten von 80,5 bzw. 80,2 % erreicht (weibliche bzw. männliche Patienten). 76

77 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Tabelle 6-20: Regelmäßige Kontrolluntersuchungen, Einweisungen und Betreuung bei schweren Fußläsionen nach Alter und Geschlecht Alter (Jahre) alle w m w m w m w m insg. Basis Netzhaut jährlich untersucht 1 63,2 61,7 69,4 68,6 66,9 68,4 66,4 65,8 66, a Netzhaut 2-jährlich untersucht 1 72,0 70,7 77,5 76,8 76,0 77,1 75,2 74,5 74, b Sensibilität kontrolliert 89,2 89,0 89,5 89,4 88,0 88,8 88,8 89,0 88, a Pulsstatus kontrolliert 90,4 90,1 90,6 90,5 89,3 90,0 90,0 90,2 90, a Fußstatus kontrolliert 90,1 89,9 90,7 90,4 89,4 90,0 90,0 90,1 90, a Injektionsstellen untersucht 99,0 99,0 99,4 99,3 99,3 99,4 99,2 99,2 99, c stationäre Einweisung 2 1,8 1,9 1,7 1,7 1,5 1,7 1,7 1,8 1, d bei Fußläsion 3 überwiesen 4 47,7 58,6 49,7 52,8 40,1 51,9 43,6 54,0 50, e mit Fußläsion 3 adäquat versorgt 5 58,5 65,6 60,2 62,6 49,7 59,9 53,8 62,3 59, f 1: durch einen Augenarzt, 2: diabetesbezogene stationäre Einweisung oder deren Veranlassung; 3: Wagner-Stadium 2 und/oder Armstrong-Grad C oder D, 4: Überweisung oder Veranlassung einer Überweisung zu einer für die Behandlung des diabetischen Fußsyndroms qualifizierten Einrichtung, 5: hausärztlich betreut und überwiesen oder fachärztlich betreut; Kontrolluntersuchungen und Einweisungen innerhalb der vergangenen vier Quartale bzw. 12 Monate; Überweisung und Versorgung bei Fußläsion innerhalb der vergangenen sechs Monate; a: Patienten mit mindestens einjähriger DMP- Teilnahme und gültigen Angaben zu den Kontrolluntersuchungen, b: Patienten mit mindestens zweijähriger DMP- Teilnahme, c: mit Insulin-Verordnung, d: mit aktueller Folgedokumentation, e: in hausärztlicher Betreuung mit schwerer Fußläsion, f: in haus- oder fachärztlicher Betreuung mit schwerer Fußläsion; alle Angaben in Prozent Tabelle 6-21: Regelmäßige Kontrolluntersuchungen, Einweisungen und Betreuung bei schweren Fußläsionen nach Komorbidität Komorbidität keine kardio-vas. diab. Folge. karv + diaf w m w m w m w m Netzhaut jährlich untersucht 64,5 62,1 63,0 63,2 71,9 71,6 69,8 71,5 Netzhaut 2-jährlich untersucht 73,2 70,8 71,5 71,6 80,5 80,2 78,7 80,1 Sensibilität kontrolliert 88,5 88,4 87,2 88,0 90,4 90,5 89,6 90,2 Pulsstatus kontrolliert 89,6 89,5 88,6 89,2 91,7 91,5 90,9 91,5 Fußstatus kontrolliert 89,3 89,2 88,2 88,7 92,3 92,1 91,3 91,9 Injektionsstellen untersucht 98,8 98,7 99,0 99,2 99,5 99,3 99,4 99,6 stationäre Einweisung 1,4 1,5 1,9 1,7 1,7 1,9 2,2 2,4 bei Fußläsion überwiesen 45,2 40,0 30,2 37,3 34,5 55,2 48,6 56,6 mit Fußläsion adäquat versorgt 62,6 57,6 46,3 48,4 46,1 63,1 56,1 64,1 Anmerkungen und Basis vgl. Tab. 6-20; Definition der Komorbidität vgl. Abschnitt 6.3; alle Angaben in Prozent Überprüfungen der Sensibilität sowie des Puls- und Fußstatus sind innerhalb der vergangenen vier Quartale, bezogen auf die jeweils aktuellste Dokumentation eines Patienten im Jahr 2015, bei fast 90 Prozent aller Patienten nachweisbar. Während sich hierbei weder relevante Alters- noch Ge- 77

78 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 schlechtsunterschiede manifestieren, existiert ähnlich wie bei der Netzhautuntersuchung eine leichte Abhängigkeit von der Erkrankungsdauer bzw. -schwere. Die genannten Kontrolluntersuchungen erfolgen ebenfalls etwas häufiger bei Patienten mit diabetischen Folgekomplikationen. Bei dem seit Juli 2015 neu eingeführten Dokumentationsparameter zur Untersuchung der Injektionsstellen zeigt sich ein Deckeneffekt, ähnlich wie im Fall der vertraglich definierten Qualitätsziele zum Vermeiden schwerer Hypoglykämien oder stationärer Diabetes-Behandlungen. Bei praktisch allen Patienten im DMP, die Insulin erhalten, ist eine Überprüfung der Injektionsstellen dokumentiert. Alters-, Geschlechts- und Komorbiditätsunterschiede sind hierfür nahezu bedeutungslos. Seit Juli 2015 kann im DMP Diabetes mellitus eine Überweisung zu einer DSP nicht mehr dokumentiert werden. Alternativ wird seither der neue Dokumentationsparameter zu einer diabetesbezogenen stationären Einweisung erhoben. Eine solche ist momentan bei lediglich 1,7 % aller Patienten dokumentiert. Während hier Alters- und Geschlechtsunterschiede ebenfalls unbedeutend sind, besteht ein klarer und nicht unerwarteter Zusammenhang mit der Komorbidität: bei Patienten mit kardio-vaskulären Begleiterkrankungen und diabetischen Folgekomplikationen findet sich im Vergleich zu Patienten ohne solche Komorbiditäten eine annähernd doppelt so hohe Einweisungsrate. Früher im Rahmen des vorliegenden Berichts erfolgte Längsschnittauswertungen des HbA 1c -Wertes konnten wiederholt einen gut erkennbaren Effekt der Überweisung auf die Stoffwechseleinstellung bei kontinuierlich betreuten Patienten nachweisen. Demnach sinkt der HbA 1c im Mittel ein Jahr nach der Überweisung um 0,25 Prozentpunkte und liegt auch noch fünf Jahre später um 0,17 Prozentpunkte niedriger (vgl. Bericht 2013, S. 66). Analog zu der Dokumentation einer stationären Einweisung wurde auch das Feld zur Überweisung an eine, zur Behandlung des diabetischen Fußsyndroms qualifizierte Einrichtung dahingehend erweitert, dass neben einer veranlassten auch eine bereits erfolgte / abgeschlossene Mitbehandlung erfasst werden kann. Dies hat eine deutliche Erhöhung der hier zu beobachteten Rate gegenüber den Vorjahren zur Folge. So finden sich jetzt bei 50,5 % aller hausärztlich betreuten Typ-2-Diabetiker mit schweren Fußläsionen entsprechende Einträge. Zum Vergleich: im Vorjahr wurden hier 30,9 % erreicht. Weiterhin werden jüngere bzw. männliche Patienten öfter überwiesen. Eine deutliche Korrelation besteht außerdem mit der Komorbidität. Die höchsten Überweisungsraten finden sich bei Patienten mit kardio-vaskulären Begleiterkrankungen und diabetischen Folgekomplikationen. Diese Befunde zeigen, dass auf Seiten der Ärzte ganz offensichtlich eine risikoadjustierte Behandlungsplanung erfolgt, zugunsten der eher hochbelasteten Patienten. Zusätzlich zu der Überweisungsquote hausärztlich betreuter Patienten mit schwerer Fußläsion wurde die Quote unter Einschluss derjenigen dieser Patienten ermittelt, die sich in fachärztlicher Behandlung befinden. Addiert man solche Fälle hinzu, dann dürfen insgesamt 59,4 % dieser Patienten als adäquat versorgt gelten. Diese Rate ist gleichfalls abhängig vom Alter, Geschlecht und der Komorbidität der betreffenden Patienten. So finden sich hier die höchsten Raten bei den jüngeren und männlichen Patienten (65,6 % bei Männern bis zu 65 Jahren) sowie bei den männlichen und kardio-vaskulär sowie diabetisch komorbiden Patienten (64,1 %). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass alle genannten Quoten auf sehr geringen absoluten Fallzahlen basieren. Ein Vergleich der im DMP-Zeitverlauf zu beobachtenden Werte offenbart im Fall der ophthalmologischen Netzhautuntersuchung seit 2008 einen kontinuierlichen Rückgang der jährlich dokumentierten Raten. Bezogen auf die Gesamtgruppe aller Patienten mit mindestens einjähriger DMP-Teilnahme 78

79 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 beträgt dieser mittlerweile 13,9 Prozentpunkte. In dem Kollektiv der besonders lange erkrankten Patienten bzw. derjenigen mit bereits manifesten diabetischen Folgekomplikationen ist der Rückgang ebenfalls stark, hier beträgt er 11,8 Prozentpunkte (Abbildung 6-18). % 85 83,1 82, ,0 79,2 73,0 78,9 71,6 77,4 70,3 76,4 69,5 75,5 67,6 73,5 66,1 71, alle Patienten Risikopatienten Risikopatienten: Patienten mit 11 Jahren Erkrankungsdauer ( ) oder diabetischen Folgekomplikationen ( ) und über einem Jahr DMP-Teilnahmedauer; alle Patienten: Patienten mit über einem Jahr DMP-Teilnahmedauer; Querschnittanalyse mit den Angaben aus den Qualitätssicherungsberichten Abbildung 6-18: Häufigkeit einer jährlichen ophthalmologischen Netzhautuntersuchung seit 2008 Welche Faktoren hierfür verantwortlich zu machen sind, lässt sich allein auf der Grundlage der DMP- Dokumentationen nicht klären. Da der Rückgang, wenn auch in geringerem Ausmaß, ebenfalls in der Gruppe der stärker durch die Erkrankung belasteten Patienten auftritt, kann er nicht allein durch den höheren Anteil neuerkrankter Patienten unter den später in das DMP eingeschriebenen Patienten erklärt werden. Wie bereits weiter oben bei der Diskussion der Qualitätszielerreichung ausgeführt (zu Beginn des DMP war eine Rate von 80 %, aktuell ist eine von 90 % bei der jährlichen Augenuntersuchung anzustreben) könnten Dokumentationsprobleme ebenso wie strukturelle Rahmenbedingungen einer Überweisung zur augenärztlichen Praxis und die dort anzutreffenden Organisationsabläufe einen relevanten Faktor für diese Entwicklung darstellen. Ergänzend hierzu ist auch noch einmal auf die weiter oben in diesem Abschnitt dargelegten Befunde zu der deutlich höheren Quote bei Patienten hinzuweisen, die innerhalb der vergangenen zwei Jahre augenärztlich untersucht wurden (> 80 %, wenn diabetische Folgekomplikationen vorliegen). 79

80 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ Vergleich der hausärztlich und in diabetologischen Schwerpunktpraxen betreuten Patienten Ein Teil der Typ 2-Diabetiker wird im DMP in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis (DSP) betreut. Welche besonderen Merkmale kennzeichnen diese Patienten? Etwas über 7 % aller Typ-2-Diabetiker im DMP werden in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis betreut. Sie leiden gegenüber den hausärztlich Betreuten in teilweise beträchtlich höherem Ausmaß unter diabetischen Folgekomplikationen und -schädigungen. Ihre Belastung durch kardio-vaskuläre Begleiterkrankungen ist dagegen geringer. Offensichtlich handelt es sich bei den DSP-Betreuten um länger und schwerer an Diabetes erkrankte Patienten. 7,4 % aller Patienten mit einer aktuellen Folgedokumentation werden derzeit innerhalb des DMP Diabetes mellitus Typ 2 in diabetologischen Schwerpunktpraxen (DSP) betreut. Die Besonderheiten dieser Patiententeilgruppe werden seit 2006 untersucht. Die bisher nachgewiesenen Unterschiede bestätigen sich mit den Daten des Jahres Dauerhaft in einer DSP betreute Patienten sind durchschnittlich 1,2 Jahre jünger als die hausärztlich betreuten (Tabelle 6-22). Der Anteil von Patienten mit einen HbA 1c -Wert ab 8,5 % ist in den Schwerpunktpraxen höher, auch finden sich hier mehr hypertone und deutlich häufiger übergewichtige Patienten. Stoffwechselentgleisungen sind bei den Patienten, die in einer DSP betreut werden, seltener festgehalten. Dafür sind die DSP-betreuten Patienten fast doppelt so häufig hinsichtlich ihrer Sensibilität oder ihres Puls- bzw. Fußstatus auffällig. Ebenso finden sich unter ihnen sehr viel mehr Patienten mit einer Neuro-, Nephro- oder Retinopathie sowie mit einer Amputation, Dialyse oder Erblindung. Parallel zu diesen Ergebnissen zeigt sich in der Gruppe der DSP-betreuten Patienten auch ein wesentlich höherer Anteil Patienten, die mit Insulin versorgt und ein deutlich geringerer, die nicht medikamentös antidiabetisch therapiert werden. Auf der anderen Seite ist die Belastung der DSP-betreuten Patienten durch eine kardio-vaskuläre Komorbidität geringer als die der hausärztlich betreuten. DSP-betreute Patienten leiden seltener unter einer arteriellen Hypertonie, einer Fettstoffwechselstörung, einer koronaren Herzkrankheit oder chronischen Herzinsuffizienz sowie den Folgen eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls. Lediglich eine arterielle Verschlusskrankheit ist unter den DSP-betreuten Patienten etwas häufiger verzeichnet als in der Gruppe der hausärztlich betreuten Patienten. Vor dem Hintergrund dieser Befunde ist davon auszugehen, dass sich die Patienten einer diabetologischen Schwerpunktpraxis typischerweise in einem fortgeschritteneren Krankheitsstadium des Diabetes mellitus befinden. 80

81 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Tabelle 6-22: Befunde und antidiabetische Therapie bei hausärztlich und in einer DSP betreuten Patienten Merkmale Hausarzt DSP Kohortengröße (n) Altersdurchschnitt (Jahre) 68,7 ± 12,2 67,5 ± 12,6 Geschlecht (weiblich) 49,6 48,0 mittlere DMP-Teilnahmedauer (Jahre) 6,7 ± 3,9 6,8 ± 4,0 Befunde HbA 1c 8,5 % 9,8 11,4 RR 140/90 mmhg 39,5 41,2 BMI 30 kg/m 2 47,4 50,3 Sensibilität, Fuß-, Pulsstatus auffällig 20,7 35,6 Stoffwechselentgleisung ,5 0,4 Begleiterkrankungen Neuro-, Retino-, Nephropathie 31,7 45,2 Amputation, Dialyse, Erblindung 1,4 2,2 arterielle Hypertonie 83,7 80,4 koronare Herzkrankheit 27,7 25,7 chronische Herzinsuffizienz 8,6 6,0 Herzinfarkt 5,6 5,0 arterielle Verschlusskrankheit 9,0 9,8 Schlaganfall 6,1 5,5 Fettstoffwechselstörung 67,7 59,5 antidiabetische Medikation nicht medikamentöse Therapie 31,6 23,8 nur orale Antidiabetika 47,1 40,7 Insulin (ggf. mit oralen Antidiabetika) 21,2 35,4 Patienten mit aktueller Folgedokumentation, alle Angaben außer Kohortengröße, Alter und Teilnahmedauer in Prozent; Merkmale, Befunde und Medikation aktuell, Begleiterkrankungen und Folgekomplikationen jemals 81

82 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ Unterschiede zwischen kontinuierlich und diskontinuierlich am DMP teilnehmenden Patienten Patienten nehmen an dem DMP unterschiedlich kontinuierlich teil. Wie lässt sich diese Kontinuität oder Adhärenz zu dem Programm beschreiben, in welche Gruppen können die Patienten dabei unterteilt werden und wie groß sind diese Gruppen? Lassen sich besondere Merkmale benennen, die zu einer größeren Diskontinuität über die gesamte Beobachtungszeit führen? Ungefähr von lediglich 3 % der Patienten des Jahres 2015 liegen weniger als 50 % aller erwarteten Beobachtungen (Dokumentationen) vor, von 81,5 bis 82,8 % der Patienten liegen je nach DMP- Beginn dagegen mindestens 80 % aller Beobachtungen vor. Patienten mit geringer Beobachtungskontinuität weisen zum Teil sehr lange Unterbrechungen ihres Dokumentationszeitraums auf. Sie sind deutlich jünger, häufiger männlich und haben oft eine schlechte Stoffwechseleinstellung. Die Konzeption des DMP geht von einer weitgehend kontinuierlichen Teilnahme der Patienten an dem Programm aus, je nach Schweregrad der Erkrankung und Betreuungsintensität in einem quartalsweisen oder halbjährlichen Turnus. In der Praxis sind allerdings verschiedene Möglichkeiten vorstellbar, die eine lückenlose Beobachtungskontinuität, abgesehen von einer möglicherweise geringen Zahl idealer DMP-Patienten, häufig verhindern. So können zum Beispiel durch Krankenhausaufenthalte, einen Arzt- und / oder Wohnortwechsel oder auch längere Urlaubsphasen Unterbrechungen entstehen. In diesem Bericht wird deshalb den beiden Fragen nachgegangen, in welchem Ausmaß es innerhalb des DMP zu derartigen Unterbrechungen, also einer Beobachtungsdiskontinuität kommt und welche Merkmale für Patienten mit einer hohen Diskontinuität charakteristisch sind. Betrachtet wird hierbei die Gesamtheit aller Patienten des Jahres Diese Patientenmenge setzt sich aus Patienten zusammen, die zwischen 2003 und 2015 in das Programm eingeschrieben wurden. Aus diesem Grund muss die Anzahl der pro Patient vorliegenden Beobachtungen, also die Anzahl Quartale, aus denen eine Dokumentation vorliegt, relativ zu der Anzahl maximal möglicher Beobachtungen betrachtet werden. Patienten, die bereits seit dem 3. Quartal 2003 teilnehmen, können maximal 50-mal dokumentiert worden sein, Patienten, die erst 2015 eingeschrieben wurden, höchstens viermal. Zusätzlich ist pro Quartal zu berücksichtigen, ob die jeweils nachfolgende Dokumentation quartalsweise oder halbjährlich erfolgen soll. Im Gegensatz zum Vorgehen im letzten Jahresbericht wurde diesmal hierbei ein Algorithmus eingesetzt, der nicht jahrgangsweise-, sondern eingangsquartalgenau die Anzahl vorliegender Quartalsdokumentationen bestimmt. Die Bildung der Patientengruppen erfolgte einmal nach dem Kriterium (1) weniger als 50 %, (2) 50 % bis weniger als 70 %, (3) 70 % und mehr aller möglichen Quartale, ein weiteres Mal nach dem Kriterium (1) weniger als 80 %, (2) 80 % bis weniger als 90 %, (3) 90 % und mehr aller möglichen Quartale. Schließt man nur die bis 2013 eingeschriebenen Patienten ein (hierdurch wird das vergleichsweise große relative Gewicht einzelner fehlender Quartale bei den 2014 und 2015 eingeschriebener Patienten außer Acht gelassen), verändern sich die Gruppengrößen geringfügig (Tabelle 6-23). 82

83 Patientenanteil Qualitätssicherungsbericht 2015 DMP Nordrhein Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Tabelle 6-23: Patientengruppen mit unterschiedlich großer Beobachtungskontinuität Basis: alle Patienten 2015 bis 2013 eingeschriebene Patienten 2015 Anteil mindestens vorliegender Beobachtungen über die Gesamtzeit (%) absolut in % absolut in % Einteilung 1: unter , ,4 50 bis unter , ,8 70 und mehr , ,8 Einteilung 2: unter , ,5 80 bis unter , ,7 90 und mehr , ,8 alle Patienten: in 44 Fällen keine Zuordnung möglich (bis 2013 eingeschriebene: 22) Insgesamt zeigt sich, dass die Gruppe von Patienten mit sehr hoher Beobachtungsdiskontinuität, das heißt mit weniger als 50 % der erwarteten Dokumentationen, lediglich etwa 3 % der Gesamtpatientenzahl umfasst, während andererseits von 81,5 bis 82,8 % der Patienten 80 % oder mehr der erwarteten Dokumentationen vorliegen. Das hohe Maß an insgesamt in dem DMP festzustellender Beobachtungskontinuität verdeutlicht auch eine Darstellung der Verteilungshäufigkeiten (Abbildung 6-19). 20% 10% 0% 0% 25% 50% 75% 100%... der möglichen Dokumentationen vorhanden Patienten des Jahres 2015 mit DMP-Beginn bis 2013 Abbildung 6-19: Häufigkeit der Beobachtungskontinuität 83

84 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Aus Gründen der klinischen Bedeutsamkeit beziehen sich die nachfolgenden Analysen auf die Gruppierung mit der extremeren Menge fehlender Dokumentationen (< 50 % vs. 50 % bis < 70 % vs. 70 %). Da eine Analyse der komplexen Muster aller möglichen Varianten diskontinuierlicher Beobachtungsverläufe außerordentlich aufwändig ist, wurde stattdessen eine Zufallsauswahl von Patienten exemplarisch betrachtet (Abbildung 6-20) Anteil vorliegender Quartalsdokumentationen (%): < bis < zufällig ausgewählte Patienten des Jahres 2015 mit DMP-Beginn 2010 Abbildung 6-20: Muster der Beobachtungskontinuität Basis dieser Auswahl waren im Jahr 2010 eingeschriebene und 2015 betreute bzw. dokumentierte Patienten. Als erstes fällt hierbei ins Auge, dass die Lücken vor allem in der Gruppe mit der höchsten Beobachtungsdiskontinuität (< 50 %) nicht nur zahlreich, sondern vor allem häufig auch sehr lang sind, während Patienten mit sehr hoher Beobachtungskontinuität ( 70 %) meist nur einzelne fehlende Quartale aufweisen. In der Patientengruppe mit mittlerer Beobachtungskontinuität ( 50 bis < 70 %) ist außerdem gut zu erkennen, dass häufig Dokumentationen aus dem 3. Quartal fehlen. Die drei Patientengruppen mit unterschiedlicher Beobachtungskontinuität wurden in einem weiteren Schritt hinsichtlich zentraler Merkmale, Befunde und der antidiabetischen Medikation miteinander verglichen. Zwischen den Gruppen bestehen große Altersunterschiede, so sind Patienten mit geringer Kontinuität durchschnittlich fast 7 Jahre jünger als die Patienten mit der höchsten Kontinuität, außerdem finden sich unter denjenigen mit höchster Kontinuität auch mehr Frauen (Tabelle 6-24). Darüber hinaus lassen sich auch große Unterschiede bei verschiedenen Befundparametern erkennen. Zum Beispiel ist der Anteil von Patienten mit einem HbA 1c 8,5 % in der Gruppe mit der höchsten Diskontinuität mehr als doppelt so groß wie bei den Patienten mit hoher Kontinuität. Ebenso sind in der Gruppe mit der höchsten Diskontinuität mehr Patienten extrem übergewichtig. Andererseits sind Patienten in dieser Gruppe von allen hier betrachteten Begleit- und Folgeerkrankungen jeweils seltener betroffen. 84

85 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Tabelle 6-24: Befunde und antidiabetische Therapie unterschiedlich kontinuierlich betreuter Patienten Anteil vorliegender Beobachtungen: < 50 % 50 bis < 70 % 70 % Merkmale Kohortengröße (n) Altersdurchschnitt (Jahre) 63,4 ± 13,0 65,3 ± 12,6 70,0 ± 11,6 Geschlecht (weiblich) 43,8 45,9 50,3 betreut in DSP 10,1 8,9 7,2 Befunde HbA 1c 8,5 % 22,2 17,5 9,6 RR 140/90 mmhg 42,0 40,8 39,5 BMI 30 kg/m 2 52,3 51,7 46,7 Sensibilität, Fuß-, Pulsstatus auffällig 19,2 20,6 23,3 Stoffwechselentgleisung ,4 0,6 0,6 Begleiterkrankungen Neuro-, Retino-, Nephropathie 25,7 33,0 36,7 Amputation, Dialyse, Erblindung 1,4 1,7 1,6 arterielle Hypertonie 76,0 81,2 86,1 koronare Herzkrankheit 22,3 27,1 29,5 chronische Herzinsuffizienz 6,4 8,3 9,1 Herzinfarkt 4,0 5,2 6,2 arterielle Verschlusskrankheit 6,3 8,6 10,1 Schlaganfall 4,9 5,9 6,6 Fettstoffwechselstörung 60,1 67,1 70,4 antidiabetische Medikation nicht medikamentöse Therapie 24,3 24,8 28,6 nur orale Antidiabetika 47,1 46,8 47,5 Insulin (ggf. mit oralen Antidiabetika) 28,6 28,4 23,9 bis 2013 eingeschriebene Patienten mit aktueller Folgedokumentation; außer bei Kohortengröße und Alter alle Angaben in Prozent; Merkmale, Befunde und Medikation aktuell, Begleiterkrankungen und Folgekomplikationen jemals Hinsichtlich der antidiabetischen Therapie werden diskontinuierlich beobachtete Patienten etwas seltener nicht medikamentös und etwas häufiger mit Insulin behandelt. Auffällig ist zudem der höhere Anteil diskontinuierlich teilnehmender Patienten in der Gruppe der dauerhaft in einer DSP betreuten Diabetiker. Zur Absicherung der Bedeutsamkeit dieser Ergebnisse wurde ein weiteres multivariates Modell berechnet, hier für das Risiko, weniger als 50 % der erwarteten Dokumentationen aufzuweisen. Ein HbA 1c -Wert 8,5 % stellt den mit Abstand bedeutendsten Risikofaktor für eine geringe Beobachtungskontinuität dar (Abbildung 6-21). Zudem haben in einer DSP betreute bzw. männliche Typ-2- Diabetiker sowie diejenigen, die Insulin erhalten, ein bedeutsam erhöhtes Diskontinuitätsrisiko. 85

86 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Geschlecht männlich Alter ( 65 Jahre) Komorbidität (keine) kar-v diabetisch kardio-vaskulär + diabetisch betreut in DSP HbA 1c 8,5 % Stoffwechselentgleisung RR 140/90 mmhg BMI 30 kg/m 2 Medikation (keine) orale AD Insulin (ggf. mit OAD) 1,18 (1,13 1,23) 0,59 (0,56 0,62) 0,43 (0,40 0,45) 0,91 (0,86 0,96) 0,71 (0,67 0,75) 0,67 (0,63 0,71) 1,37 (1,28 1,46) 1,90 (1,81 2,00) 0,89 (0,69 1,16) 1,07 (1,03 1,11) 1,01 (0,97 1,05) 1,08 (1,03 1,14) 1,37 (1,30 1,45) Odds-Ratio und 95%-CI (< 50 % beobachtet) bis 2013 eingeschriebene Patienten mit aktueller Folgedokumentation; Fallzahl im Modell: ; R 2 : 0,035; Referenzgruppen mehrstufiger Prädiktoren kursiv gesetzt Abbildung 6-21: Prädiktoren eines unter 50 % liegenden Anteils insgesamt beobachteter Quartale Als bedeutendster protektiver Faktor erweist sich ein hohes Alter, Patienten ab 76 Jahre haben ein weniger als halb so großes Risiko für eine geringe Beobachtungskontinuität. Hiermit zusammenhängend erweist sich auch das Vorliegen diabetischer Folgeerkrankungen, also eine längere Erkrankungsdauer, als Korrelat einer hohen Kontinuität. Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass innerhalb des DMP eine kleine Patientengruppe mit sehr geringer Beobachtungskontinuität existiert, von der weniger als die Hälfte aller erwarteten Dokumentationen vorliegen. In dieser Gruppe kommt es häufig zu sehr langen Unterbrechungen des Dokumentationszeitraums, die Patienten sind eher jünger, männlich und weisen eine ausgeprägt schlechtere Stoffwechseleinstellung auf. Über die Gründe für die mangelnde Adhärenz zum DMP kann nur spekuliert werden. Möglicherweise ist diesen Patienten aufgrund häufig noch nicht manifester Folgeschäden die Schwere ihrer chronischen Erkrankung bislang nicht bewusst. Saisonale Effekte, wie längere Urlaubszeiten, erklären zusätzlich einen kleineren Teil der vorgefundenen Diskontinuität. Exkurs: Einfluss einer hohen Beobachtungskontinuität auf die Zielerreichung im DMP Welche Rolle spielt eine hohe Beobachtungskontinuität beim Erreichen der Qualitätsziele im DMP Diabetes mellitus Typ 2? Zur Beantwortung dieser Frage wurde der Prädiktor Kontinuität in die, im Teil A beschriebenen multivariaten Modelle nachträglich eingefügt. Eine hohe gegenüber einer geringen Kontinuität erweist sich als sehr bedeutsamer Faktor beim Erreichen eines HbA 1c unter 8,5 % (2,34; 2,24 2,44; jeweils OR und 95 %-CI) bzw. des individuellen HbA 1c -Ziels (1,63; 1,56 1,69), beim Überprüfen der Nierenfunktion (2,54; 2,41 2,66) sowie ganz besonders für eine erfolgte Netzhautuntersuchung (3,41; 3,30 3,53). In der Gruppe kontinuierlich beobachteter Patienten gelingt es darüber hinaus auch eher, einen normotonen Blutdruck zu erreichen (1,16; 1,12 1,20) sowie TAH bzw. 86

87 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Metformin zu verordnen (1,11; 1,04 1,19 bzw. 1,16; 1,06 1,27). Lediglich in Bezug auf das Vermeiden schwerer Hypoglykämien (0,90; 0,60 1,34) oder stationärer Behandlungen (1,30; 0,96 1,76) sowie die Überweisung bei schweren Fußläsionen (1,04; 0,66 1,65) ist die Beobachtungskontinuität statistisch unbedeutsam, allerdings muss hierbei die Seltenheit dieser Ereignisse berücksichtigt werden. Insgesamt lässt sich somit feststellen, dass eine kontinuierliche Teilnahme am DMP teilweise ganz erheblich zum Erreichen der Qualitätsziele mitbeiträgt. 87

88 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ Patienten, die mindestens ein Jahr an dem DMP nicht mehr teilnehmen Patienten, die mindestens ein Jahr lang nicht mehr an dem DMP teilnehmen, müssen zu einem großen Teil als dauerhaft ausgeschiedene Patienten (Dropout) angesehen werden. Sie stellen eine besondere Teilmenge der ursprünglich in das DMP eingeschriebenen Patienten dar. Welche Merkmale charakterisieren jene Patienten, für die aus dem Vorjahr noch eine Folgedokumentation vorliegt und die im derzeitigen Berichtsjahr nicht mehr dokumentiert wurden? Welches sind die zentralen Risiken eines Dropout aus dem DMP? 8,6 % der Patienten des Jahres 2014 werden 2015 nicht mehr dokumentiert. Von 16,9 % dieser Patienten ist bekannt, dass sie verstorben sind. Bei den übrigen Ausgeschiedenen handelt es sich um eine ältere Patientengruppe mit schlechter Stoffwechseleinstellung, die häufiger von schwerwiegenden diabetischen Folgeschädigungen (Amputation, Dialyse, Erblindung) und spezifischen kardiovaskulären Begleiterkrankungen (chronische Herzinsuffizienz, Schlaganfall) betroffen sind und infolgedessen auch einen stark erhöhten stationären Behandlungsbedarf haben. Von den Patienten, die 2014 im DMP Diabetes mellitus Typ 2 dokumentiert wurden, verfügen insgesamt (8,6 %) über keine Dokumentation aus dem Jahr Wie die Analysen des vorangegangenen Abschnitts gezeigt haben, wird ein sehr kleiner Teil der Patienten, die über ein komplettes Berichtsjahr keine Dokumentation aufweisen, im darauffolgenden Berichtsjahr oder sogar noch deutlich später wieder im DMP dokumentiert. Zum Beispiel wurden 9,2 % der Patienten des Jahres 2013 zwar im Jahr 2014 nicht dokumentiert, 0,8 % aber dafür wieder im Jahr Bei der überwiegenden Mehrzahl der genannten Fälle ist also zu vermuten, dass sie dauerhaft aus dem DMP ausgeschieden sind. Von (16,9 %) der ausgeschiedenen Patienten ist bekannt, dass sie verstorben sind. Für die übrigen ausgeschiedenen und mutmaßlich nicht verstorbenen Patienten wird nachfolgend untersucht, welche besonderen Merkmale diese Patientengruppe auszeichnen. Eine direkte Gegenüberstellung offenbart eine Reihe deutlicher Unterschiede zwischen ausgeschiedenen und verbliebenen Patienten (Tabelle 6-25). Ausgeschiedene Patienten sind im Mittel 1,7 Jahre älter als die verbliebenen Patienten, ihre durchschnittliche Teilnahmedauer im DMP ist erwartungsgemäß kürzer und sie werden bis zu ihrem Ausscheiden häufiger fachärztlich betreut. Unter den Befunden fallen vor allem der deutlich größere Anteil von Patienten mit erhöhten HbA 1c -Werten sowie die dreimal so große relative Häufigkeit einer stationären Behandlung sowie die fast doppelt so große Rate von Amputationen, einer Dialyse oder Erblindung auf. Darüber hinaus finden sich auf Seiten der Ausgeschiedenen deutlich höhere Raten einer chronischen Herzinsuffizienz, einer arteriellen Verschlusskrankheit und insbesondere eines Schlaganfalls. Parallel hierzu ist bei den ausgeschiedenen Typ-2-Diabetikern eine deutlich geringere Verordnungshäufigkeit ausschließlich oraler Antidiabetika, jedoch eine bedeutend höhere Insulinverordnung zu beobachten. 88

89 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Tabelle 6-25: Unterschiede zwischen verbliebenen und ausgeschiedenen Patienten verblieben ausgeschieden Merkmale Kohortengröße (n) Altersdurchschnitt (Jahre) 68,2 ± 11,9 69,9 ± 14,5 Geschlecht (weiblich) 49,7 49,6 mittlere DMP-Teilnahmedauer (Jahre) 6,2 ± 3,6 5,5 ± 3,7 betreut in DSP 7,3 7,7 Befunde HbA 1c 8,5 % 9,2 13,4 RR 140/90 mmhg 39,9 37,3 BMI 30 kg/m 2 47,7 42,5 Sensibilität, Fuß-, Pulsstatus auffällig 20,9 23,4 Stoffwechselentgleisung ,6 0,6 stationäre Behandlung ,2 0,6 Begleiterkrankungen Neuro-, Retino-, Nephropathie 31,6 33,5 Amputation, Dialyse, Erblindung 1,3 2,5 arterielle Hypertonie 83,6 80,4 koronare Herzkrankheit 26,9 29,2 chronische Herzinsuffizienz 7,8 11,7 Herzinfarkt 5,6 6,4 arterielle Verschlusskrankheit 8,7 11,2 Schlaganfall 6,0 8,5 Fettstoffwechselstörung 67,1 62,5 antidiabetische Medikation nicht medikamentöse Therapie 30,5 33,0 nur orale Antidiabetika 47,9 41,4 Insulin (ggf. mit oralen Antidiabetika) 21,6 25,6 Patienten mit aktueller Folgedokumentation 2014; alle Angaben außer Kohortengröße, Alter und Teilnahmedauer in Prozent außer; Merkmale, Befunde und Medikation 2014, Begleiterkrankungen und Folgekomplikationen jemals, stationäre Behandlung innerhalb der vergangenen 6 Monate bezogen auf 2014 Zusammengenommen verdichten sich diese Ergebnisse zu dem Bild, dass es sich bei den Ausgeschiedenen um eine Gruppe länger an Diabetes erkrankter, hinsichtlich ihres Stoffwechsels schlecht eingestellter Patienten handelt, die außerdem häufig unter spezifischen kardio-vaskulären Begleiterkrankungen bzw. schwerwiegenden Spätfolgen des Diabetes leiden und infolgedessen auch einen stark erhöhten Bedarf an stationären Behandlungen haben. Das multivariate Modell bekräftigt diese Annahmen (Abbildung 6-22). 89

90 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Geschlecht männlich Alter ( 65 Jahre) DMP seit ( 4 Jahren) > 4 bis 8 > 8 betreut in DSP HbA 1c 8,5 % RR 140/90 mmhg BMI 30 kg/m 2 auffälliger Befund (Sens., Fuß, Puls) Neuro-, Nephro-, Retinopathie Amputation, Dialyse, Erblindung Stoffwechselentgleisung 2014 stationäre Behandlung 2014 Hypertonie koronare Herzkrankheit Herzinsuffizienz Herzinfarkt Verschlusskrankheit Schlaganfall Fettstoffwechselstörung 0,97 (0,93 1,01) 0,88 (0,84 0,93) 1,37 (1,30 1,44) 0,55 (0,53 0,58) 0,44 (0,42 0,47) 1,03 (0,95 1,11) 1,65 (1,55 1,75) 0,96 (0,92 1,00) 0,91 (0,87 0,94) 0,94 (0,88 0,99) 1,09 (1,04 1,15) 1,63 (1,42 1,88) 0,67 (0,50 0,91) 2,18 (1,63 2,92) 0,79 (0,75 0,84) 0,94 (0,89 0,99) 1,25 (1,17 1,35) 1,00 (0,91 1,10) 1,09 (1,01 1,17) 1,26 (1,17 1,37) 0,87 (0,84 0,91) Odds-Ratio und 95%-CI (Dropout) Patienten mit aktueller Folgedokumentation 2014 und regulär übermittelten Statusinformationen; Fallzahl im Modell: ; R 2 : 0,028; Referenzgruppen mehrstufiger Prädiktoren kursiv gesetzt; Merkmale und Befunde 2014, Begleiterkrankungen und Folgekomplikationen jemals, stationäre Behandlung innerhalb der vergangenen 6 Monate bezogen auf 2014 Abbildung 6-22: Prädiktoren des Ausscheidens aus dem DMP Als größter Risikofaktor für ein Ausscheiden erweist sich eine stationäre Behandlung. An zweiter Stelle vergrößert ein hoher HbA 1c -Wert, an dritter das Vorliegen schwerwiegender diabetischer Folgekomplikationen, also einer Amputation, Dialyse oder Erblindung, das Risiko des Ausscheidens jeweils deutlich. Zudem bestehen starke Zusammenhänge des Ausscheidens mit einem höheren Alter sowie dem Auftreten einer chronischen Herzinsuffizienz oder eines Schlaganfalls. Als bedeutendster protektiver Faktor erweist sich naheliegenderweise eine längere DMP-Teilnahmedauer. Der Dropout von Typ-2-Diabetikern steht somit primär in einem engen Zusammenhang mit deren stationärem Behandlungsbedarf, einer schlechten Stoffwechseleinstellung und schweren diabetischen Folgeschädigungen. Vor dem Hintergrund der oben dargestellten Befunde, nach denen Alter und eine allgemeine Komorbidität oft auch mit einer besonders hohen Beobachtungskontinuität, also einem längeren Verbleiben im DMP korrelieren, müssen hier spezifische Erkrankungsprozesse als mutmaßliche Auslöser eines Ausscheidens aus dem DMP angenommen werden. Derartige Verläufe, entweder in Form eines stetigen (terminal decline) oder abrupten (terminal drop) Nachlassens der körperlich-geistigen Funktionsfähigkeit vor allem in der Endphase chronischer Erkrankungen werden in der medizinisch-geriatrischen Forschung seit langem beschrieben (vgl. Palmore & Cleveland, 1976; Fries, 1983; MacDonald, Hultsch & Dixon, 2011). Nach wie vor unklar, weil nicht über die DMP- Dokumentation erfassbar, sind für ein Ausscheiden aus dem DMP die Bedeutung solcher Faktoren wie der Therapieadhärenz, der Schulungsfähigkeit und -bereitschaft, möglicher nicht bekannter fataler Ereignisse, und subjektiver Faktoren wie der Behandlungszufriedenheit und wahrgenommenen Lebensqualität. 90

91 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ Regionale Vergleiche Welche regionalen Unterschiede bestehen hinsichtlich der Qualitätszielerreichung zwischen den einzelnen Kreisen in Nordrhein? Besteht ein Zusammenhang zwischen einer allgemein hohen Rate bei dem Erreichen ausgewählter Qualitätsziele und der Höhe der Raten für eine Schulungsempfehlung bzw. eine Überweisung zur DSP/Klinik? Ist dieser Zusammenhang bedeutsamer als Faktoren wie das Alter oder die Komorbidität der Patienten? Zwischen den Kreisen Nordrheins bestehen, trotz einer allgemein ähnlich hohen mittleren Rate beim Erreichen der meisten Qualitätsziele, Unterschiede hinsichtlich der Raten für eine Schulungsempfehlung und Überweisung. In multivariaten Modellen erweisen sich jedoch das Alter der Patienten, deren Dauer der DMP-Teilnahme sowie deren Komorbidität als die weit bedeutenderen Einflussfaktoren auf die beiden, hier untersuchten Aspekte der Versorgungsqualität. Um die Unterschiede innerhalb der Region Nordrhein analysieren zu können, wurden die Patienten anhand des Standortes ihrer Praxis einem der 26 Kreise (kreisfreie Städte und Landkreise) zugeordnet. Dieses Verfahren setzt voraus, dass der Praxisstandort und der Wohnsitz der Patienten im selben Kreis liegen, was aber für die hier betrachtete Patientenpopulation in der Regel zutreffen dürfte. Die Analysen der Vorjahre haben gezeigt, dass sich verschiedene Patientenmerkmale, aber auch strukturelle Merkmale nicht vollständig gleichmäßig über die nordrheinischen Kreise verteilen. Dies sei im Folgenden beispielhaft für die beiden Parameter Anteil von Patienten mit diabetischen Folgekomplikationen sowie durchschnittliche Wegstrecke von einer Hausarztpraxis zu den zehn nächstgelegenen DSP illustriert. Hierbei zeigen sich zum Teil deutliche Unterschiede. So liegt der Anteil der im DMP betreuten Patienten mit diabetischen Folgekomplikationen zwischen 26,3 % (Heinsberg) und 39,2 % (Euskirchen, Abbildung 6-23). Kleve Wesel Heinsberg Viersen Krefeld Neuss Essen Mettmann Remscheid Solingen Rhein-Erft Düsseldorf Duisburg Mönchengladbach Mülheim Oberhausen Wuppertal Leverkusen Rhein.- Berg. Köln Oberberg. Aachen Düren Euskirchen Bonn Rhein-Sieg 26,3 bis 31,2 % > 31,2 bis 31,8 % > 31,8 bis 34,3 % > 34,3 bis 39,2 % Abbildung 6-23: Anteil Patienten mit diabetischen Folgekomplikationen nach Kreis Auch die durchschnittliche Entfernung von einer Hausarztpraxis zu den nächstgelegenen zehn DSP unterscheidet sich deutlich in einem Bereich von 6,8 km (Essen) und 32,1 km (Euskirchen, Abbildung 6-24). 91

92 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Kleve Wesel Heinsberg Viersen Krefeld Neuss Essen Mettmann Remscheid Solingen Rhein-Erft Düsseldorf Duisburg Mönchengladbach Mülheim Oberhausen Wuppertal Leverkusen Rhein.- Berg. Köln Oberberg. Aachen Düren Euskirchen Bonn Rhein-Sieg 6,8 bis 10 km > 10 bis 13,4 km > 13,4 bis 15,5 km > 15,5 bis 32,1 km Abbildung 6-24: mittlere Entfernung von einer Hausarztpraxis zu den 10 nächstgelegenen DSP Nachfolgend soll überprüft werden, ob sich strukturelle bzw. demografische Kreismerkmale auf das Erreichen ausgewählter Qualitätsziele im DMP Diabetes mellitus Typ 2 auswirken und falls dies der Fall ist ob sie dabei einen stärkeren Einfluss als patientenabhängige Merkmale ausüben. Im Gegensatz zu dem Vorgehen an dieser Stelle in den Vorjahren wurde diesmal von der Bildung einer durchschnittlichen Zielerreichungsrate je Kreis abgesehen, da sich dabei lediglich schwache Zusammenhänge zwischen einer eher kleineren Anzahl betreuter Typ-2-Diabetiker und einer höherern durchschnittlich erreichten Zielquote manifestierten (vgl. Bericht 2014). Auch auf eine mehrmalige Gegenüberstellung und ein Ranking der 26 nordrheinischen Kreise nach einzelnen Kriterien wie der Quote ausgesprochener Diabetes-Schulungsempfehlungen oder derjenigen von Überweisungen an eine DSP wurde im vorliegenden Bericht zugunsten durchgängig multivariater Analysen verzichtet. In Erweiterung der früheren regionalanalytischen Regressionsmodelle wurden, neben den bisherigen patientenspezifischen Merkmalen Alter, Geschlecht, Betreuungszeit im DMP, Komorbidität und Beobachtungskontinuität und des praxisabhängigen Faktors Entfernung zu den nächstgelegenen DSP aus dem Online-Datensatz der Indikatoren und Karten zur Raum- und Stadtentwicklung (INKAR, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, Stand: 2013) die Parameter Arbeitslosenquote, Anteil Beschäftigte ohne Abschluss, Anteil Einwohner ab 75 Jahre, Anteil Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Median des Einkommens für die 26 nordrheinischen Kreise ausgelesen. Die genannten INKAR- Parameter wurden gemäß ihrer Verteilung über die Kreise zur Bildung gestufter Prädiktoren in Terzile unterteilt. Außerdem wurde in den Modellen zwischen Landkreisen und kreisfreien Städten unterschieden. Als Kriterien für die Modelle wurden die drei, auf die Stoffwechseleinstellung bezogenen Qualitätsziele des DMP (HbA 1c unter 8,5 %, Erreichen des individuellen HbA 1c -Zielwerts, Vermeiden schwerer Hypoglykämien) ausgewählt. Aufgrund des Prädiktors Entfernung Hausarztpraxis/DSP schließen die Modelle nur hausärztlich betreute Patienten ein. In einem multivariaten Modell zum Erreichen eines HbA 1c -Werts unter 8,5 % üben die regionalspezifischen Merkmale im Vergleich zu den patientenspezifischen lediglich einen marginalen Einfluss aus (Abbildung 6-25). 92

93 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Geschlecht männlich Alter ( 65 Jahre) DMP seit ( 4,5 J) > 4,5 bis 9 > 9 Komorbidität (keine) kardio-vask. diabetisch kardio-vaskulär + diab. Medikation (keine) OAD Insulin (ggf. mit OAD) Kontinuität (< 50 %) 50 bis < Wegstrecke (< 8 km) 8,5 bis < 11,8 11,8 bis < 16,1 16,1 Gemeinde kreisfr. Stadt Arbeitslosigkeit (< 7,4 %) 7,4 bis < 9,6 9,6 Einfam.-Haus (< 60,1 %) 60,1 bis < 83,9 83,9 ohne Abschluss (< 6,0 %) 6,0 bis < 7,2 7,2 Einwohn. 75 J (< 9,7 %) 9,7 bis < 10,8 10,8 Einkomm. (< ) bis < Odds-Ratio und 95%-CI (HbA 1c < 8,5 %) 0,94 (0,92 0,96) 1,84 (1,79 1,88) 2,25 (2,19 2,31) 0,73 (0,71 0,75) 0,68 (0,66 0,70) 0,94 (0,92 0,97) 0,92 (0,90 0,95) 0,86 (0,83 0,88) 0,19 (0,18 0,20) 0,06 (0,06 0,07) 1,34 (1,27 1,42) 2,30 (2,20 2,41) 1,14 (1,10 1,18) 1,12 (1,08 1,16) 1,08 (1,04 1,13) 1,02 (0,97 1,08) 0,98 (0,95 1,01) 0,91 (0,88 0,95) 0,99 (0,96 1,03) 0,95 (0,90 1,02) 0,96 (0,92 1,00) 0,88 (0,84 0,92) 0,96 (0,93 1,00) 0,98 (0,94 1,01) 1,04 (1,01 1,08) 1,04 (1,00 1,09) Fallzahl im Modell: ; R 2 : 0,171; Referenzgruppen mehrstufiger Prädiktoren tiefgestellt Abbildung 6-25: Prädiktoren eines HbA 1c unter 8,5 % Während das Erreichen dieses Qualitätsziels stark von dem Alter, der Beobachtungskontinuität und in höchstem Maße von der antidiabetischen Therapie beeinflusst wird, erweisen sich das Praxismerkmal der mittleren DSP-Distanz sowie die Kreismerkmale als nahezu komplett statistisch bedeutungslos. Tendenziell scheinen nur eine größere DSP-Distanz sowie ein geringerer Bevölkerungsanteil ohne Berufsausbildungsabschluss positiv mit diesem Ziel zu korrelieren. Ähnliche Befunde zeigen sich in einem zweiten multivariaten Modell, dass den Einfluss der genannten Faktoren auf das Erreichen des individuellen HbA 1c -Zielwerts untersucht (Abbildung 6-26). Geschlecht männlich Alter ( 65 Jahre) DMP seit ( 4,5 J) > 4,5 bis 9 > 9 Komorbidität (keine) kardio-vask. diabetisch kardio-vaskulär + diab. Medikation (keine) OAD Insulin (ggf. mit OAD) Kontinuität (< 50 %) 50 bis < Wegstrecke (< 8 km) 8,5 bis < 11,8 11,8 bis < 16,1 16,1 Gemeinde kreisfr. Stadt Arbeitslosigkeit (< 7,4 %) 7,4 bis < 9,6 9,6 Einfam.-Haus (< 60,1 %) 60,1 bis < 83,9 83,9 ohne Abschluss (< 6,0 %) 6,0 bis < 7,2 7,2 Einwohn. 75 J (< 9,7 %) 9,7 bis < 10,8 10,8 Einkomm. (< ) bis < Odds-Ratio und 95%-CI (HbA 1c -Ziel erreichen) 0,95 (0,94 0,96) 1,37 (1,35 1,39) 1,68 (1,65 1,71) 0,83 (0,82 0,85) 0,76 (0,74 0,77) 0,95 (0,93 0,97) 1,07 (1,05 1,09) 1,09 (1,07 1,11) 0,37 (0,36 0,37) 0,19 (0,19 0,20) 1,13 (1,07 1,18) 1,62 (1,56 1,69) 1,08 (1,06 1,10) 1,04 (1,01 1,06) 1,01 (0,98 1,03) 1,31 (1,27 1,36) 1,01 (0,99 1,03) 1,05 (1,03 1,08) 1,06 (1,03 1,08) 0,92 (0,89 0,96) 1,00 (0,98 1,02) 1,07 (1,04 1,10) 1,06 (1,04 1,09) 1,06 (1,04 1,09) 0,98 (0,96 1,00) 0,98 (0,95 1,01) Fallzahl im Modell: ; R 2 : 0,130; Referenzgruppen mehrstufiger Prädiktoren tiefgestellt Abbildung 6-26: Prädiktoren einer individuellen HbA 1c -Zielwerterreichung 93

94 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 Auch in hier hängt das Erreichen des Qualitätsziels stark von dem Alter, der Beobachtungskontinuität und vor allem von der antidiabetischen Therapie ab. Das Praxismerkmal der mittleren DSP-Distanz sowie die Kreismerkmale erweisen sich dagegen weitgehend als bedeutungslos. Mit allerdings einer Ausnahme: so ist die Chance, den individuellen HbA 1c -Wert zu erreichen, bei Patienten in städtischen Gebieten höher. Dies könnte möglicherweise auf etwas bessere Versorgungsstrukturen in den Städten hindeuten. Diese Interpretation wird auch unterstützt von den Ergebnissen des dritten Modells zu den Einflüssen auf das Vermeiden schwerer Hypoglykämien (Abbildung 6-27). Neben der Abhängigkeit dieses Ziels von dem Geschlecht und natürlich abermals insbesondere von der Art der antidiabetischen Therapie zeigt sich erneut und hier sogar vergleichsweise ausgeprägt ein Einfluss des Siedlungsraumtyps. Bei Patienten in den Städten ist die Chance, schwere Hypoglykämien zu vermeiden, doppelt so hoch wie bei Patienten, die in den eher ländlich geprägten Kreisen Nordrheins leben. Geschlecht männlich Alter ( 65 Jahre) DMP seit ( 4,5 J) > 4,5 bis 9 > 9 Komorbidität (keine) kardio-vask. diabetisch kardio-vaskulär + diab. Medikation (keine) OAD Insulin (ggf. mit OAD) Kontinuität (< 50 %) 50 bis < Wegstrecke (< 8 km) 8,5 bis < 11,8 11,8 bis < 16,1 16,1 Gemeinde kreisfr. Stadt Arbeitslosigkeit (< 7,4 %) 7,4 bis < 9,6 9,6 Einfam.-Haus (< 60,1 %) 60,1 bis < 83,9 83,9 ohne Abschluss (< 6,0 %) 6,0 bis < 7,2 7,2 Einwohn. 75 J (< 9,7 %) 9,7 bis < 10,8 10,8 Einkomm. (< ) bis < Odds-Ratio und 95%-CI (schwere Hypoglykämien vermeiden) 1,29 (1,12 1,50) 1,05 (0,87 1,26) 1,21 (1,00 1,45) 1,06 (0,85 1,31) 1,02 (0,82 1,26) 1,09 (0,85 1,40) 0,67 (0,54 0,82) 0,50 (0,40 0,61) 0,62 (0,46 0,84) 0,10 (0,07 0,13) 1,02 (0,62 1,70) 0,92 (0,60 1,41) 0,66 (0,51 0,87) 0,69 (0,53 0,91) 0,58 (0,43 0,79) 1,98 (1,40 2,81) 0,89 (0,72 1,09) 1,07 (0,79 1,46) 0,74 (0,57 0,96) 0,79 (0,50 1,24) 1,13 (0,88 1,46) 1,40 (1,04 1,89) 0,95 (0,72 1,25) 0,93 (0,71 1,23) 0,99 (0,80 1,22) 1,66 (1,26 2,19) Fallzahl im Modell: ; R 2 : 0,096; Referenzgruppen mehrstufiger Prädiktoren tiefgestellt Abbildung 6-27: Prädiktoren des Vermeidens schwerer Hypoglykämien Hieraus ist zusammenfassend zu folgern, dass die im DMP zu beobachtenden regionalen Unterschiede nur zu einem geringen Teil tatsächlich auf besondere Merkmale einzelner räumlicher Einheiten zurückgeführt werden können, was hier beispielhaft an ausgewählten strukturellen bzw. soziodemografischen Merkmalen sowie der Erreichbarkeit von Angeboten überprüft worden ist. Es ist davon auszugehen, dass stattdessen Merkmale der jeweils betreuten Patienten vorrangig die Unterschiede zwischen den Kreisen beeinflussen. Allerdings gilt es zu beachten, dass sich möglicherweise die Region Nordrhein insgesamt durch eine vergleichsweise hohe Versorgungsqualität auszeichnet. Außerdem ist nicht auszuschließen, dass die Unterteilung auf der Ebene von Kreisen Unterschiede nivelliert, die möglicherweise zwischen kleineren räumlichen Einheiten bestehen, zum Beispiel zwischen einzelnen Stadtteilen oder sehr ländlich geprägten Gemeinden. Diese könnten auch bei den beobachteten Einflüssen des Siedlungsraumtyps (kreisfreie Stadt vs. Landkreis) eine Rolle spielen. Dem 94

95 Kapitel 6: Diabetes mellitus Typ 2 nachzuspüren wird sicherlich ein weiterer Gegenstand zukünftiger Analysen der DMP-Daten sein. Hierzu bedarf es aber vermutlich einer deutlich verbesserten Grundlage regionaler Daten, die es ermöglicht auf dem Niveau von Stadtteilen oder einzelner Gemeinden größerer Landkreise wenigstens ansatzweise einen Praxisbezug der betreffenden Merkmale herzustellen. Wobei auch dieser Bezug selbstverständlich nicht das Fehlen patientenbezogener Daten hierzu ersetzen kann, wie sie zum Beispiel in Form der Indikatoren Schulabschluss und sozioökonomischer Status innerhalb gesundheitsbezogener Bevölkerungssurveys erhoben wurden. 95

96 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 7 DMP Diabetes mellitus Typ 1 Abschnitt A, Analysen zum Erreichen der vertraglich definierten Qualitätsziele Nachfolgend werden die grundlegenden Hintergrundinformationen und epidemiologischen Maßzahlen für das DMP Diabetes mellitus Typ 1 vorgestellt, die wichtigsten Qualitätsziele des strukturierten Behandlungsprogramms präsentiert und Ergebnisse zur Qualitätszielerreichung erörtert. Hierbei werden folgende Fragen aufgegriffen: Welche Qualitätsziele wurden erreicht und welche wurden verpasst? Wie ausgeprägt sind die Unterschiede zwischen den nach Alter, Geschlecht und Komorbidität heterogen zusammengesetzten Patientengruppen? Welche Gruppenunterschiede erweisen sich als besonders bedeutsam? Wie stellen sich die Zielerreichungsgrade im Vergleich zum Vorjahr dar? Wie ausgeprägt differieren die Zielerreichungsgrade zwischen den teilnehmenden Praxen? Die Typ-1-Diabetiker sind hinsichtlich ihres Alters sehr unterschiedlich, wobei in erster Linie hervorzuheben ist, dass Kinder und Jugendliche nur 5 % der Diabetiker im DMP ausmachen, während ein relevanter Anteil von 20 % über 60 Jahre alt ist. Anders als in anderen strukturierten Behandlungsprogrammen zeigen sich hinsichtlich der Erreichung der Qualitätsziele nur geringe strukturelle Unterschiede der verschiedenen Patientengruppen. Gleichwohl aber scheinen hinter den relativ hohen Zielerreichungsgraden ausgeprägte individuelle Unterschiede zwischen den Patienten zu bestehen. Insgesamt werden im Jahr 2015 sieben der 13 quantitativ festgelegten, patientenbezogenen Qualitätsziele erreicht. Deutlich übertroffen werden dabei vor allem die Ziele zur Vermeidung von Hypoglykämien sowie zur Überprüfung der Injektionsstellen. Betrachtet man die Quoten der Qualitätszielerreichung differenziert nach verschiedenen Patientenmerkmalen in univariater Darstellung, so zeigt sich eine Zunahme der Erreichungsquoten für die meisten Qualitätsziele mit steigendem Alter der Patienten und ihrer DMP-Teilnahmedauer. Auch die Komorbidität wirkt sich auf die Zielerreichungsquoten aus. Mit zunehmender Komorbidität der Diabetiker steigt der Anteil an Patienten mit durchgeführten klinischen Untersuchungen. Typ-1-Diabetiker, die in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis betreut werden, erreichen bei den meisten Zielen höhere Quoten als hausärztlich Betreute. Zusätzliche multivariate Analysen quantifizieren einige der subgruppenspezifischen Unterschiede hinsichtlich der Zielerreichung. Als bedeutsame Faktoren für die Bestimmung des Albumingehalts im Urin, die Überprüfung der Sensibilität des Puls- bzw. Fußstatus sowie die Durchführung von Netzhautuntersuchungen erweisen sich eine Betreuung in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis, der HbA 1c -Wert, das Vorliegen diabetischer sowie kardio-vaskulärer Folge- und Begleiterkrankungen sowie ein zunehmendes Alter als bedeutsam. Im Vergleich zum Vorjahr erweisen sich die Zielerreichungsquoten 2015 als relativ stabil. Eine stärkere Verbesserung lässt sich nur hinsichtlich des Qualitätsziels zum Erreichen des HbA 1c -Zielwerts verzeichnen. Untersucht man die Unterschiede in der Qualitätszielerreichung zwischen den beteiligten Praxen, fallen deutliche Unterschiede insbesondere im Hinblick auf die Überprüfung des Urin- Albumingehalts, die Gabe von TAH bei spezifischen Indikationen sowie die Wahrnehmung von empfohlenen Hypertonie-Schulungen auf. 96

97 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ Definition und Prävalenz des Diabetes mellitus Typ 1 Diabetes mellitus Typ 1 ist immunologisch bedingt und gekennzeichnet durch einen zunehmenden bis absoluten Insulinmangel infolge der sukzessiven Zerstörung der Betazellen des Pankreas. Die Diagnose eines Diabetes mellitus Typ 1 gilt als gestellt, wenn die folgenden Kriterien bei Aufnahme in das DMP erfüllt sind oder sich in der Vorgeschichte des Patienten bei Erkrankungsmanifestation nachweisen lassen: (a) Typische Diabetes mellitus-symptome wie Polyurie, Polydipsie, ungewollter Gewichtsverlust und/oder eine Ketose/Ketoazidose; (b) Nüchternglukose vorrangig im Plasma 7 mmol oder Nicht-Nüchternglukose im Plasma 11,1 mmol; (c) laborchemische Hinweise auf einen absoluten Insulinmangel, z. B. durch den Nachweis von Keton-Körpern in Blut und/oder Urin mit und ohne Azidose. Wie bereits im Kapitel 6 zum Diabetes mellitus Typ 2 ausgeführt, wird auf Grundlage aktueller Surveys die Lebenszeitprävalenz des Diabetes mellitus auf 7,2 % (DEGS1, Heidemann et al., 2013) bzw. 9 % für über 18-jährige Frauen und 8 % für über 18-jährige Männer (GEDA09, Heidemann et al., 2011; RKI, 2011) geschätzt. In der Region Nordrhein waren zum 1. Juli 2015 in der gesetzlichen Krankenversicherung Menschen versichert. Basierend auf den genannten Prävalenzschätzungen sind in Nordrhein altersund geschlechtsadjustiert vermutlich zwischen (DEGS1) und (GEDA09) GKV- Versicherte von Diabetes mellitus Typ 1 betroffen. 7.2 Ziele des DMP Diabetes mellitus Typ 1 Zum 1. April 2006 wurde das Disease Management Programm Diabetes mellitus Typ 1 in der Region Nordrhein implementiert. Eine indikationsgesteuerte und systematische Koordination der Behandlung von Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 soll dazu beitragen, die Lebensqualität der Patienten zu verbessern, diabetesbedingte bzw. -assoziierte Folgeschäden zu vermeiden und auf diese Weise auch einen Beitrag zur Erhöhung der Lebenserwartung leisten. Als übergeordnete Ziele des strukturierten Behandlungsprogramms wurden im Einzelnen festgelegt ( 1, Absatz 2): Vermeidung der mikrovaskulären Folgeschäden (Retinopathie mit schwerer Sehbehinderung oder Erblindung, Niereninsuffizienz mit der Notwendigkeit einer Nierenersatztherapie), Vermeidung von Neuropathien bzw. Linderung von damit verbundenen Symptomen, insbesondere Schmerzen, Vermeidung des diabetischen Fußsyndroms mit neuro-, angio- und/oder osteoarthropathischen Läsionen und von Amputationen, Reduktion des erhöhten Risikos für kardiale, zerebro-vaskuläre und sonstige makroangiopathische Morbidität und Mortalität, Vermeidung von Stoffwechselentgleisungen (Ketoazidosen) und Vermeidung von Nebenwirkungen der Therapie (insbesondere schwere oder rezidivierende Hypoglykämien). Für Kinder und Jugendliche ist vereinbart ( 1, Absatz 3): Vermeidung akuter Stoffwechselentgleisungen (Ketoazidose, diabetisches Koma, schwere Hypoglykämie), 97

98 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 Reduktion der Häufigkeit diabetesbedingter Folgeerkrankungen, auch im subklinischen Stadium; dies setzt eine möglichst normnahe Blutglukoseeinstellung sowie die frühzeitige Erkennung und Behandlung von zusätzlichen Risikofaktoren (z. B. Hypertonie, Dyslipidämie, Adipositas, Rauchen) voraus, altersentsprechende körperliche Entwicklung (Längenwachstum, Gewichtszunahme, Pubertätsbeginn), altersentsprechende geistige und körperliche Leistungsfähigkeit, möglichst geringe Beeinträchtigung der psychosozialen Entwicklung und der sozialen Integration der Kinder und Jugendlichen durch den Diabetes und seine Therapie; die Familie soll in den Behandlungsprozess einbezogen werden, Selbständigkeit und Eigenverantwortung der Patienten sind altersentsprechend zu stärken. Zur Erreichung dieser Ziele soll sich die Behandlung der Patienten an evidenzbasierten Leitlinien orientieren sowie eine qualitätsgesicherte und wirtschaftliche Arzneimitteltherapie erfolgen. Darüber hinaus sollen die Versorgungsebenen miteinander kooperieren und die vertraglich vereinbarten Anforderungen an die Strukturqualität eingehalten werden. Die Vollständigkeit, Qualität und Verfügbarkeit der Dokumentationen ist zu gewährleisten, und schließlich sollen sich die Patienten aktiv an dem DMP beteiligen. Die Kooperation der Versorgungsebenen wird in Anlage 6, Abschnitt 1.8 des DMP-Vertrages Diabetes mellitus Typ 1 beschrieben. Die Koordination der Mit- oder Weiterbehandlung des Typ-1-Diabetikers bei spezialisierten Ärzten bzw. in spezialisierten Einrichtungen obliegt im Rahmen des DMP dem behandelnden diabetologisch qualifizierten Arzt bzw. der diabetologisch qualifizierten Einrichtung. Die Teilnahmevoraussetzungen und Aufgaben sind in 3 des DMP-Vertrages geregelt. Bei Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren erfolgt die Koordination grundsätzlich, unter 21 Jahren fakultativ durch einen entsprechend qualifizierten Pädiater oder eine pädiatrische Einrichtung. 7.3 Patienten im DMP Diabetes mellitus Typ 1 Die ins DMP Diabetes mellitus Typ 1 eingeschriebenen Patienten werden zum größten Teil in diabetologischen Schwerpunktpraxen (DSP) betreut (Abbildung 7-1). Der Anteil der männlichen Patienten liegt bei 55 %. Kinder und Jugendliche machen lediglich einen geringen Anteil der Typ-1-Diabetiker im DMP aus; nur jeder zwanzigste Patient ist unter 18 Jahre alt. Ungefähr ein Drittel der Diabetiker ist seit weniger als fünf Jahren ins DMP eingeschrieben, ein Drittel nimmt seit mindestens neun Jahren teil. Die mittlere DMP-Betreuungsdauer liegt bei 6,2 ± 3,2 Jahren. 98

99 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 betreut in (Hausarztpraxis / DSP) 10,3 89,7 Geschlecht (weiblich / männlich) 44,7 55,3 Alter ( 17 / / 51 Jahre) 5,0 53,4 41,6 Betreungszeit im DMP (< 5 / 5 < 9 / 9 Jahre) 35,9 34,5 29, % insgesamt Patienten, davon (96,2 %) mit aktueller Folgedokumentation 2015 Abbildung 7-1: Patientengruppen im DMP Diabetes mellitus Typ 1 Weibliche und männliche Typ-1-Diabetiker im DMP Diabetes mellitus Typ 1 verteilen sich in vergleichbarer Weise über die Altersgruppen (Tabelle 7-1). Die Kinder und Jugendlichen sind im Durchschnitt 12,5 ± 3,6 Jahre alt; zwischen Mädchen und Jungen zeigen sich keine bemerkenswerten Unterschiede (12,6 ± 3,6 Jahre vs. 12,4 ± 3,7 Jahre). Das mittlere Alter der Erwachsenen liegt bei 47,4 ± 15,9 Jahren. Auch hier unterscheiden sich Frauen mit 47,8 ± 16,3 Jahren kaum von den Männern mit 47,2 ± 15,5 Jahren. Tabelle 7-1: Altersverteilung nach Geschlecht Alter (Jahre) alle n % n % n % n % n % n weiblich 519 4, , , , , männlich 709 5, , , , , alle , , , , , mittleres Alter weiblich: 46,2 ± 17,6, männlich: 45,4 ± 17,3 Jahre (Mittelwert ± Standardabweichung) Zusätzlich wird die Komorbidität der Patienten zur differenzierten Beschreibung ausgewählter Befunde wie z. B. bei der Qualitätszielerreichung herangezogen. Hierbei wurden vier Gruppen von Patienten gebildet: Patienten, für die keine der nachfolgend betrachteten Folgekomplikationen und Begleiterkrankungen dokumentiert ist, 99

100 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 Patienten, für die mindestens eine der diabetischen Folgekomplikationen Neuro-, Nephro- oder Retinopathie bzw. deren Endpunkte Amputation, Dialysepflichtigkeit oder Erblindung dokumentiert ist, Patienten, für die mindestens eine der kardio-vaskulären Begleiterkrankungen oder Ereignisse arterielle Verschlusskrankheit (AVK), koronare Herzkrankheit (KHK), Herzinsuffizienz, Herzinfarkt oder Schlaganfall dokumentiert ist sowie Patienten mit einer Kombination aus kardio-vaskulärer Begleiterkrankung und diabetischer Folgekomplikation (Tabelle 7-2). Tabelle 7-2: Komorbidität nach Altersgruppen Alter (Jahre) alle n % n % n % n % n % n % keine , , , , , ,6 diabetisch , , , , , ,8 kardio-vaskulär 6 0,5 94 1, , , , ,8 diabetisch + kardio-vaskulär 2 0,2 74 0, , , , ,8 Wie zu erkennen ist, nimmt die Prävalenz sowohl der diabetischen Folgekomplikationen als auch der kardio-vaskulären Begleiterkrankungen mit dem Alter deutlich zu. Von den Über-60-Jährigen weist nur noch ein Viertel keine Komorbidität auf. In allen Altersstufen sind die Typ-1-Diabetiker am häufigsten von diabetischen Folgekomplikationen betroffen. Da Alter und Geschlecht der Typ-1-Diabetiker hinsichtlich des Auftretens von Folgekomplikationen und Begleiterkrankungen, der Stoffwechselsituation, des Blutdrucks sowie der medikamentösen Versorgung eine Rolle spielen, werden alle zentralen Befunde alters- und geschlechtsspezifisch dargestellt. Zusätzlich erfolgt an ausgewählten Stellen eine Analyse in Abhängigkeit von der Komorbidität der Patienten. Die Erreichung der Qualitätsziele wird außerdem noch hinsichtlich der patientenbezogenen DMP-Teilnahmedauer und der Schwerpunktbildung der ärztlichen Betreuung im DMP (Hausarzt vs. diabetologische Schwerpunktpraxis) untersucht. Den Auswertungen zur Altersverteilung liegen die Daten aller Patienten zugrunde, die im Jahr 2015 im DMP Diabetes mellitus Typ 1 dokumentiert wurden. Darstellungen aktueller Befunde basieren auf dem Patientenkollektiv, von dem eine aktuelle Folgedokumentation aus dem Jahr 2015 vorliegt, dies sind Typ-1-Diabetiker. Nur für diese Patientengruppe sind Veränderungen der momentanen Situation gegenüber früheren Zeitpunkten abbildbar. Abweichungen von dieser Fallzahlbasis ergeben sich lediglich bei unvollständigen Angaben zu einzelnen Variablen, wie zum Beispiel bei einem fehlenden HbA 1c -Wert, sowie bei Analysen über den gesamten bisherigen DMP-Zeitverlauf. Letztere setzen vollständige Dokumentationsverläufe und häufig spezifische Erkrankungsmerkmale voraus, weshalb hierbei ein eingeschränkteres Kollektiv betrachtet wird. Geht man für die Region Nordrhein von bis GKV-Versicherten mit Typ-1-Diabetes aus (vgl. Abschnitt 7-1), so würden zwischen 76 und 87 % dieser Betroffenen im DMP betreut. 100

101 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ Erreichen der Qualitätsziele im DMP Diabetes mellitus Typ 1 Die Qualitätsziele im DMP Diabetes mellitus Typ 1 wurden in folgender Weise operationalisiert: Niedriger Anteil von Patienten mit hohen HbA 1c -Werten, hoher Anteil von Patienten, die ihren individuell vereinbarten HbA 1c -Wert erreicht haben, Vermeidung schwerer Hypoglykämien, Vermeidung notfallmäßiger stationärer Behandlungen wegen Diabetes mellitus, hoher Anteil von Hypertonikern mit normotensiven Blutdruckwerten, hoher Anteil von Patienten mit jährlicher Überprüfung der Nierenfunktion, hoher Anteil von Patienten ohne Nephropathie mit jährlicher Überprüfung des Albumins im Urin, hoher Anteil erwachsener Patienten mit mindestens jährlicher Sensibilitätsprüfung, Erhebung des Puls- und des Fußstatus, hoher Anteil von Patienten, die bei makroangiopathischen Begleit- bzw. Folgeerkrankungen Thrombozyten-Aggregationshemmer erhalten, hoher Anteil von Patienten mit mindestens halbjährlicher Untersuchung der Injektionsstellen, Sicherstellung der Vollständigkeit und Plausibilität der Dokumentation, hoher Anteil nach einer entsprechenden Empfehlung wahrgenommener Diabetes- und Hypertonie-Schulungen. Ebenso wie für das DMP Diabetes mellitus Typ 2 ergeben sich auch für das DMP Diabetes mellitus Typ 1 aufgrund der Veränderungen in der Dokumentation zum 1. Juli 2015 verschiedene Konsequenzen für einzelne, qualitätszielrelevante Auswertungen. Dies betrifft die folgenden Zielindikatoren: Hoher Anteil von Patienten, die ihren individuell vereinbarten HbA 1c -Wert erreichen: Im Gegensatz zu der früheren Unterscheidung von Wert halten (= Ziel erreicht) und Wert senken (= nicht erreicht) werden jetzt explizit die Ausprägungen erreicht vs. nicht erreicht übermittelt. Hoher Anteil von Hypertonikern mit normotensiven Blutdruckwerten: Die Zielvorgabe erhöht sich von 50 auf 60 %. Hoher Anteil von Patienten mit jährlicher Überprüfung der Nierenfunktion: Statt der Übermittlung des jährlich zu bestimmenden Serum-Kreatininwerts erfolgt jetzt die direkte Weitergabe der geschätzten glomerulären Filtrationsrate egfr. Des Weiteren entfällt die Beschränkung auf Patienten mit einer erstmalig auftretenden persistierenden pathologischen Urin-Albumin-Ausscheidung bzw. werden nur noch Erwachsene betrachtet. Dadurch ist ein Vergleich der aktuellen Zielerreichungsquote mit dem Vorjahr nicht möglich. Hoher Anteil von Patienten, die bei makroangiopathischen Begleit- bzw. Folgeerkrankungen Thrombozyten-Aggregationshemmer erhalten: Durch die zusätzliche Berücksichtigung von Patienten, die orale Antikoagulanzien erhalten, kann die Nennerpopulation verkleinert werden. Also wird die Zahl der Patienten geringer, für die dieses Ziel im engeren Sinne Gültigkeit beansprucht. Mitbehandlung durch eine auf die Behandlung des diabetischen Fußes spezialisierte Einrichtung bei auffälligem Fußstatus / schwerer Fußläsion: Dieses Qualitätsziel entfällt. Hoher Anteil von Patienten mit mindestens halbjährlicher Untersuchung der Injektionsstellen: Dies stellt ein neu definiertes Qualitätsziel dar. 101

102 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 Hoher Anteil nach einer entsprechenden Empfehlung wahrgenommener Diabetes- und Hypertonie-Schulungen: Betrachtet werden nicht mehr die vergangenen 12 Monate, sondern die gesamte DMP-Teilnahmezeit. Auch hier ist wieder ein Vergleich der aktuellen Zielerreichungsquote mit dem Vorjahr nicht möglich Univariate Analyse der Qualitätszielerreichung Von den 13 quantitativ definierten Qualitätszielen werden 2015 sieben erreicht und sechs unterschritten (Abbildung 7-2 und Tabelle 7-3). Der Zielwert zum Vermeiden hypoglykämischer Stoffwechselentgleisungen wird deutlich übertroffen. Ebenso werden sowohl das Ziel zum Erreichen eines Blutdrucks unter 140/90 mmhg bei erwachsenen Patienten mit arterieller Hypertonie als auch das Ziel zur Überprüfung der Injektionsstellen sowie alle Zielwerte, die sich auf das Überprüfen eines bestimmten Status (Sensibilität, Puls, Fuß) beziehen, erreicht. Darüber hinaus wird das Ziel zur Vermeidung stationärer Diabetes-Behandlungen überschritten. Zum Teil deutlich unterschritten werden dagegen die geforderten Quoten in Bezug auf einen HbA 1c unter 8,5 %, die Überprüfung des Urin- Albumingehalts, die Verordnung von Thrombozyten-Aggregationshemmern (TAH) sowie die Wahrnehmung von Schulungen. Die Zielquote hinsichtlich der Überprüfung der Nierenfunktion nach einer erstmalig aufgetreten Albuminurie wird ebenfalls unterschritten. HbA1c < 8,5 % individuellen HbA1c-Zielwert erreichen schwere Hypoglykämien vermeiden stationäre Diabetes-Behandlungen vermeiden RR bei Hypertonie < 140/90 mmhg Nierenfunktion überprüfen Albumin im Urin überprüfen Injektionsstellen überprüfen Sensibilität überprüfen Pulsstatus überprüfen Fußstatus überprüfen TAH bei spezifischen Indikationen empf. Schulung wahrnehmen (D) empf. Schulung wahrnehmen (H) 34,9 44,7 74,7 96,5 98,9 60,5 86,6 79,8 93,2 90,8 92,8 92,5 58,5 66, % grüne Balken: quantitative Zielvorgabe Abbildung 7-2: Erreichen der Qualitätsziele Bei der Beurteilung der Qualitätszielerreichungsquoten sei auf die sich während der DMP-Laufzeit verändernde Zusammensetzung der Einschreibekohorten hingewiesen: Im Vergleich mit zu Beginn der DMP eingeschriebenen Diabetikern sind die in den letzten Jahren Eingeschriebenen jünger, leiden seltener unter Neuro-, Nephro- und Retinopathien und haben deutlich schlechtere HbA 1c -Werte. Dies könnte eine Erklärung dafür sein, dass die Ziele für die HbA 1c -Schwelle sowie das Ziel zur TAH- Verordnung weiterhin nicht erreicht werden konnten. 102

103 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 Tabelle 7-3: Erreichen der Qualitätsziele differenziert nach Patientengruppen Geschlecht Alter (Jahre) Komorbidität Teilnahmedauer (Jahre) betreut in Zielerreichung insgesamt absolute Häufigkeit 2015 Qualitätsziel w m keine diab kardio d + k <5 5-<9 9 Ha DSP Ziel Zähler Nenner HbA 1c < 8,5 % 74,0 75,3 61,4 71,0 81,0 74,7 74,5 74,3 75,7 74,0 73,3 77,2 73,2 74,9 > 90 74,7 74, HbA 1c -Zielwert erreichen 43,8 45,5 40,2 41,3 49,6 44,0 45,1 43,3 47,7 45,5 45,0 43,5 42,7 45,0 k. V. 44,7 39, Hypoglykämien vermeiden 96,4 96,6 98,3 96,9 95,9 97,4 95,6 96,1 95,4 97,4 95,8 96,5 93,7 96,8 > 85 96,5 96, stat. Diabetes-Behandl. vermeiden 98,9 98,9 94,9 99,0 99,1 98,9 98,9 99,2 98,9 98,6 98,9 99,1 98,9 98,9 > 98 98,9 98, RR bei Hypertonie < 140/90 mmhg a 62,9 58,9 62,2 59,9 59,0 60,1 62,3 63,0 58,6 61,1 61,2 63,7 60, ,5 59, Nierenfunktion überprüfen b 86,2 86,9 60,7 86,1 89,3 84,7 88,4 87,3 90,2 83,3 87,3 89,6 85,8 86, ,6 n. v Albumin im Urin überprüfen c 80,7 79,0 77,8 78,8 81,0 77,8 82,8 77,6 79,7 78,0 79,3 81,8 73,1 80, ,8 82, Injektionsstellen überprüfen 93,4 93,1 98,0 92,5 93,6 92,8 94,0 91,3 93,7 92,0 93,7 94,0 89,6 93, ,2 neu Sensibilität überprüfen b 90,9 90,8 89,9 91,9 88,8 93,3 88,8 92,4 89,2 91,0 92,1 88,8 91, ,8 92, Pulsstatus überprüfen b 93,0 92,7 92,1 93,7 91,1 94,8 90,9 94,2 91,2 92,7 94,3 89,9 93, ,8 93, Fußstatus überprüfen b 92,7 92,4 91,6 93,6 90,4 95,0 90,2 94,5 90,7 92,3 94,3 89,6 92, ,5 93, TAH bei spezif. Indikationen d 55,0 60,6 0,0 e 38,7 63,2 21,0 47,9 62,7 57,9 57,5 59,6 61,1 58, ,5 58, empf. Schulung wahrnehmen, D 68,9 63,8 79,8 64,3 66,7 64,9 68,7 59,6 67,3 59,6 69,1 71,9 57,0 66, ,2 n. v empf. Schulung wahrnehmen, H 36,3 34,0 0,0 f 29,1 37,0 30,6 34,3 22,7 40,4 33,8 33,1 36,6 33,3 35, ,9 n. v Patienten mit aktueller Folgedokumentation; w: weiblich; m: männlich; keine: keine der genannten Begleit- und Folgeerkrankungen; diab: Neuro-, Retino-, Nephropathie, Erblindung, Amputation oder Dialyse; kardio: KHK, AVK, Herzinsuffizienz, Herzinfarkt oder Schlaganfall; d + k: diabetische Folgekomplikation und kardio-vaskuläre Begleiterkrankung; Ha: hausärztliche Praxis; DSP: diabetologische Schwerpunktpraxis; TAH: Thrombozyten-Aggregationshemmer; k. V.: keine quantitative Vorgabe; n.v.: nicht vergleichbar, da Änderung der Definition des Qualitätsziels; empf. Schulung wahrgenommen: D = Diabetes, H = Hypertonie; neu: neues Qualitätsziel seit Juli 2015; a: bei Erwachsenen; b: bei Erwachsenen mit mindestens einjähriger DMP-Teilnahme; c: bei nicht-dialysepflichtigen Patienten ab 11 Jahren ohne Nephropathie mit mindestens einjähriger DMP-Teilnahme; d: bei einer AVK, KHK oder einem Schlaganfall, Herzinfarkt oder einer Amputation; e: keiner von sieben Jugendlichen; f: keiner von vier Jugendlichen; alle Angaben in % 103

104 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 In der Tabelle 7-3 erfolgt eine Darstellung der Erreichungsquoten für die einzelnen Qualitätsziele differenziert nach verschiedenen Patientenmerkmalen wie Geschlecht, Alter, Teilnahmedauer und Betreuung in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis. Auch werden die Typ-1-Diabetiker hinsichtlich des Vorliegens von diabetischen Folgekomplikationen bzw. kardio-vaskulären Begleiterkrankungen unterschieden. Der Vergleich des Jahres 2015 mit dem Vorjahr zeigt die deutlichsten Erhöhung hinsichtlich der Erreichungsquote für den individuell vereinbarten HbA 1c -Zielwert (+5,4 Prozentpunkte). Die deutlichsten Abnahmen der Erreichungsquoten hingegen zeigen sich für die Überprüfung des Urin-Albumingehalts (- 2,2 Prozentpunkte) sowie die Überprüfung der Sensibilität (- 1,8 Prozentpunkte). Die übrigen Erreichungsquoten zeigen im Vergleich zum Vorjahr nur sehr geringe Unterschiede. Ein solcher Vergleich ist hinsichtlich der Ziele zur Überprüfung der Nierenfunktion, zur Überprüfung der Injektionsstellen sowie zur Wahrnehmung empfohlener Schulungen aufgrund neuer Definitionen nicht möglich. Die differenzierte Betrachtung der Qualitätszielerreichungsgrade in Abhängigkeit von den Patientenmerkmalen zeigt, dass ältere Patienten hinsichtlich vieler Ziele (HbA 1c unter 8,5 %, HbA 1c -Zielwert, stationäre Behandlungen, Überprüfung des Urin-Albumingehalts, der Sensibilität, des Puls- und des Fußstatus, Verordnung von TAH, Hypertonie-Schulung) die höchsten Zielerreichungsquoten aufweisen. Hingegen ergeben sich hinsichtlich der Vermeidung von schweren Hypoglykämien, der Überprüfung der Injektionsstellen sowie der Wahrnehmung von Diabetes-Schulungen die höchsten Quoten bei den Kindern und Jugendlichen. Zu beobachten ist auch der Einfluss von diabetischen und/oder kardio-vaskulären Folge- bzw. Begleiterkrankungen. Hiervon betroffene Typ-1-Diabetiker weisen vor allem hinsichtlich der Ziele zur physiologischen bzw. Status-Überprüfung sowie der Schulungswahrnehmung etwas höhere Erreichungsquoten auf. Ebenfalls zeigen sich Unterschiede in den Zielerreichungsquoten in Abhängigkeit von der DMP- Teilnahmedauer: Bei den meisten Zielen schneiden Patienten mit längerer Teilnahmedauer etwas besser ab als solche, die erst seit kürzerer Zeit im DMP betreut werden. Dieser Befund ist besonders auffällig hinsichtlich der Wahrnehmung einer Diabetes-Schulung. Dies wiederum entspricht den Erwartungen, da ab dem aktuellen Berichtsjahr die Schulungsteilnahme während der gesamten DMP- Teilnahmezeit betrachtet wird. Auch für jene Typ-1-Diabetiker, die in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis betreut werden, lassen sich meist etwas höhere Zielerreichungsquoten nachweisen. Hier treten das häufigere Überprüfen des Urin-Albumingehalts bzw. der Injektionsstellen sowie die häufigere Wahrnehmung von Diabetes-Schulungen hervor. Auch werden Sensibilität, Puls- und Fußstatus etwas häufiger kontrolliert, Stoffwechselentgleisungen treten seltener auf und der individuell vereinbarte HbA 1c -Zielwert wird etwas häufiger erreicht. Das Geschlecht erweist sich hinsichtlich der Qualitätszielerreichung bei den Typ-1-Diabetikern in der Regel nur von untergeordneter Bedeutung. Deutlichere Unterschiede lassen sich nur beim Erreichen eines normotonen Blutdrucks (gelingt bei Patientinnen eher als bei männlichen Typ-1-Diabetikern) sowie der TAH-Verordnung (erhalten männliche Patienten öfter) erkennen. Zusätzlich nehmen männliche Patienten deutlich seltener eine empfohlene Diabetes-Schulung wahr. 104

105 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ Multivariate Analyse der Qualitätszielerreichung Neben den vorgestellten univariaten Betrachtungen werden die Zusammenhänge zwischen den Zielund den Gruppierungsvariablen, also den Merkmalen der Patienten, zusätzlich multivariat ausgewertet. Im aktuellen Bericht wird in logistischen Regressionsmodellen für erwachsene Patienten modelliert, welche Faktoren (a) die Überprüfung des Urin-Albumingehalts, (b) die Überprüfung der Sensibilität, des Puls- und/oder Fußstatus bzw. (c) die Untersuchung der Netzhaut beeinflussen. Diese Überprüfungen sind für das frühzeitige Erkennen sowie die angemessene Kontrolle von diabetischen Folgeschäden von essentieller Bedeutung. Die regelmäßige Untersuchung der Netzhaut durch einen Spezialisten stellt im DMP Diabetes mellitus Typ 1 zwar kein definiertes Qualitätsziel mehr dar, ist jedoch grundlegend bedeutsam für das rechtzeitige Erkennen von Retinopathien bzw. deren Progression. Die Abbildungen 7-3a, 7-3b und 7-3c zeigen die Ergebnisse der multivariaten Regressionsmodelle. Hinsichtlich der Überprüfung des Albumingehalts im Urin zeigt sich zunächst die Art der ärztlichen Betreuung als bedeutsam: Werden die Diabetiker in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis (DSP) betreut, so ist die Chance für diese Kontrolluntersuchung um 51 % erhöht. Ebenso zeigt sich eine Chancenerhöhung um 32 % bei einem HbA 1c unter 8,5 % sowie von 28 % bei Vorliegen einer diabetischen Folgeerkrankung. Auch ein zunehmendes Alter bzw. eine längere DMP-Teilnahmedauer wirken sich positiv aus. Als wichtigste positive Einflussgröße auf die Überprüfung der Sensibilität, des Puls- oder des Fußstatus erweist sich das Vorliegen einer diabetischen Folgekomplikation; hier ist die Chance um den Faktor 1,8 erhöht. Zusätzlich zeigt sich eine Chancenerhöhung von 50 % bei Betreuung in einer DSP. Ein positiver Zusammenhang besteht auch mit einer längeren DMP-Teilnahmedauer sowie einem HbA 1c unter 8,5 %. Bezüglich der Netzhautuntersuchungen zeigt sich ebenfalls wieder ein positiver Effekt der Betreuung in einer DSP; hier ist die Chance um 79 % erhöht. Weitere bedeutsame Zusammenhänge bestehen mit dem Alter (Chancenerhöhung um 72 %) sowie einem HbA 1c unter 8,5 % (Chancenerhöhung um 69 %). Des Weiteren werden Patienten bei Vorliegen einer diabetologischen Folgekomplikation häufiger augenärztlich untersucht. Jedoch ist hier für Männer die Chance um 12 % reduziert. Insgesamt zeigen die multivariaten Analysen hinsichtlich der Durchführung verschiedener Kontrolluntersuchungen bei Typ-1-Diabetikern, dass der Art der ärztlichen Betreuung, der glykämischen Kontrolle, der Komorbidität der Patienten sowie dem Alter jeweils eine voneinander unabhängige Bedeutung für die Qualitätszielerreichung zukommt. Zu erwähnen bleibt jedoch, dass die hier betrachteten Modelle auch im Vergleich zu den anderen vorgestellten DMP eine eher geringe Erklärungskraft aufweisen. Dies lässt auf die zusätzliche Bedeutung patientenindividueller Unterschiede schließen, die sich mit standardisierten medizinischen Befunddokumentationen kaum zuverlässig erfassen lassen. 105

106 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 a: Überprüfung des Urin-Albumingehalts Geschlecht (männl.) Alter 41 bis 60 J. Alter 61 J. im DMP seit 5 bis < 9 J. im DMP seit 9 J. Betreuung in DSP HbA 1c < 8,5 % diab. Folgeerkrankung kardio-vask. Begleiterkr. diab. + kardio-vask. Erkr. 0,90 (0,84 0,96) 1,07 (0,98 1,15) 1,19 (1,06 1,33) 1,04 (0,95 1,13) 1,13 (1,03 1,23) 1,51 (1,36 1,67) 1,32 (1,22 1,42) 1,28 (1,18 1,38) 0,98 (0,80 1,20) 1,02 (0,90 1,16) Odds-Ratio und 95%-CI b: Überprüfung der Sensibilität, des Puls- oder Fußstatus Geschlecht (männl.) Alter 41 bis 60 J. Alter 61 J. im DMP seit 5 bis < 9 J. im DMP seit 9 J. Betreuung in DSP HbA 1c < 8,5 % diab. Folgeerkrankung kardio-vask. Begleiterkr. diab. + kardio-vask. Erkr. 0,96 (0,86 1,08) 1,14 (1,00 1,30) 1,22 (1,01 1,46) 1,15 (1,01 1,32) 1,27 (1,09 1,48) 1,60 (1,36 1,87) 1,20 (1,06 1,37) 1,83 (1,58 2,11) 0,96 (0,70 1,31) 1,57 (1,25 1,97) Odds-Ratio und 95%-CI c: Untersuchung der Netzhaut Geschlecht (männl.) 0,88 (0,82 0,93) Alter 41 bis 60 J. Alter 61 J. im DMP seit 5 bis < 9 J. im DMP seit 9 J. Betreuung in DSP HbA 1c < 8,5 % diab. Folgeerkrankung kardio-vask. Begleiterkr. diab. + kardio-vask. Erkr Odds-Ratio und 95%-CI 1,30 (1,21 1,40) 1,72 (1,55 1,91) 1,12 (1,04 1,21) 1,36 (1,25 1,48) 1,79 (1,63 1,97) 1,69 (1,57 1,81) 1,47 (1,36 1,59) 1,06 (0,88 1,29) 1,29 (1,14 1,46) (a) bzw (b und c) erwachsene Patienten mit aktueller Folgedokumentation; Nagelkerkes R 2 = 0,016 (a) 0,025 (b) bzw. 0,061 (c); OR: Odds Ratio (1 = kein Unterschied zur Referenzgruppe, < 1 = geringere, > 1 = höhere Chance als in der Referenzgruppe), 95%-C I: 95%- Konfidenzintervall; Referenzgruppen Alter: 18 bis 40, DMP-Teilnahme: < 5 Jahre, Komorbidität: keine der betrachteten Begleit-/Folgeerkrankungen (vgl. Tabelle 7-3) Abbildung 7-3: Prädiktoren des Erreichens ausgewählter Qualitätsziele 106

107 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ Analyse der Qualitätszielerreichung auf Praxisebene Ergänzend zu der bisherigen, auf einen Punktwert bezogenen Betrachtung der Zielerreichung, wird auch deren Streubreite in einer Analyse auf der Ebene der teilnehmenden Praxen dargestellt. Für jede Praxis, die mindestens zehn Patienten im DMP betreut, wird berechnet, wie viele Patienten der Praxis das jeweilige Qualitätsziel erreichen. Gezeigt wird, welche Quoten in jeweils 5, 25, 50, 75 und 95 % jener Praxen erreicht werden, die mindestens zehn Patienten betreuen (Abbildung 7-4). Praxen HbA1c < 8,5 % individuellen HbA1c-Zielwert erreichen schwere Hypoglykämien vermeiden stat. Diabetes-Behandl. vermeiden RR bei Hypertonie < 140/90 mm Hg Nierenfunktion überprüfen Albumin im Urin überprüfen Injektionsstellen überprüfen Sensibilität überprüfen Pulsstatus überprüfen Fußstatus überprüfen TAH bei spezifischen Indikationen empf. Schulung wahrnehmen (D) empf. Schulung wahrnehmen (H) % % der Patienten, die das jeweilige Ziel in 5, 25, 50, 75 und 95 % der Praxen erreichen; Praxen: Anzahl Praxen, die mindestens zehn Patienten mit aktueller Folgedokumentation betreuen; TAH: Thrombozyten-Aggregationshemmer, D: Diabetes-, H: Hypertonie-Schulung Abbildung 7-4: Praxenspezifische Unterschiede bei den Zielerreichungsquoten Augenfällig sind hierbei hauptsächlich die Unterschiede zwischen den verschiedenen Qualitätszielen. Bezogen auf den Interquartilbereich, also die mittleren 50 % der teilnehmenden Einrichtungen, liegen praktisch alle Praxen bei einem Anteil im Bereich von 83 bis 100 % in Bezug auf die Ziele Vermeiden schwerer Hypoglykämien und stationärer Diabetes-Behandlungen sowie Überprüfen der Nierenfunktion, der Injektionsstellen, der Sensibilität, des Puls- und des Fußstatus. Eher eng zusammen liegen die Patientenanteile in Bezug auf das Ziel HbA 1c -Wert unter 8,5 % (zwischen 68 und 79 % der Patienten einer Praxis), während die Patientenanteile bezüglich des Überprüfens des Urin- Albumingehalts, der TAH-Verordnung sowie der Wahrnehmung einer empfohlenen Hypertonie- Schulung eher weit auseinander liegen (zwischen 60 und 99 %, zwischen 33 und 73 % sowie zwischen 0 und 50 %). Zusammen mit den vorangegangenen Darstellungen der gruppenspezifischen Zielerreichungsquoten sowie den multivariaten Analysen verdeutlichen die praxenbezogenen Streuungen, in welch unterschiedlich starker Ausprägung die Qualitätsziele im DMP Diabetes mellitus Typ 1 erreicht werden (können). Ihre Erreichbarkeit hängt offensichtlich auch vom Alter und der Komorbidität der Patienten ab. Darüber hinaus übt die ärztliche Spezialisierung auf die Betreuung von Typ-1-Diabetikern einen deutlichen Effekt auf das Erreichen der Qualitätsziele aus. 107

108 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ Vollständigkeit und Plausibilität der Dokumentation Wie bereits ausgeführt, wird gefordert dass mindestens 95 % aller Dokumentationen beim ersten Eingang in der Datenstelle vollständig und plausibel sein sollen. Im Fall fehlerhafter oder implausibler Dokumentationen wird der Arzt seitens der Datenstelle um eine Nachlieferung gebeten. Laut Mengenbericht lagen der Datenstelle bis zum Stichtag kumulativ Dokumentationen aus dem DMP Diabetes mellitus Typ 1 vor, hierbei handelt es sich ausschließlich um fristgerecht eingereichte Dokumentationen, von denen mehrfach eingereichte bereits abgezogen worden sind. Insgesamt wurden (1,2 %) als unvollständig bzw. unplausibel bewertet. Diese Quote lag im Vorjahr bei 1,3 %. Das gesetzte Ziel wird im Jahr 2015 erreicht. 108

109 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 Abschnitt B, Vertiefende Analysen 7.5 Patientenmerkmale und Befunde bei der Einschreibung Der nachfolgende Abschnitt ist der Klärung einer bedeutsamen Frage gewidmet: Unterscheiden sich Patienten, die zu Beginn des DMP eingeschrieben wurden, von denen, deren Einschreibung später erfolgte? Im Verlauf des DMP werden mehr Kinder und Jugendliche eingeschrieben. Die später eingeschriebenen Typ-1-Diabetiker weisen deutlich häufiger hohe HbA 1c -Werte auf, sind seltener von Neuro-, Nephro- und Retinopathien betroffen und leiden etwas seltener an Herz-Kreislauferkrankungen. Die Qualitätszielerreichung hängt, wie in Tabelle 7-3 ersichtlich, unter anderem von der Zusammensetzung des behandelten Patientenkollektivs ab. Bei der Betrachtung der Qualitätszielerreichung im Zeitverlauf ist daher immer zu beachten, ob und inwiefern sich die neu eingeschriebenen Patientenkollektive jeweils voneinander unterscheiden. Um die Entwicklung im DMP-Verlauf darzustellen, werden alle jemals ins DMP eingeschriebenen Patienten differenziert nach dem Jahr ihrer Einschreibung betrachtet. Wie auch die Typ-2-Diabetiker wurden die Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 vor Beginn der DMP bereits innerhalb der entsprechenden Strukturverträge betreut. Daher lassen sich besonders deutliche Unterschiede zwischen den Kohorten der Anfangsjahre und den nachfolgenden Jahren finden. Patienten, die erst 2015 in das DMP eingeschrieben wurden, sind im Durchschnitt drei Jahre jünger als die in den Jahren 2006 bis 2008 Eingeschriebenen (Tabelle 7-4). Der Anteil an Kindern und Jugendlichen sowie der jungen Erwachsenen unter den neu Eingeschriebenen nimmt zu, während Patienten im mittleren Erwachsenenalter 2015 seltener eingeschrieben wurden. Auffällig ist bei den später eingeschriebenen Typ-1-Diabetikern der wesentlich höhere Anteil von Patienten mit einem HbA 1c von 8,5 % oder darüber. Hingegen ist unter den später Eingeschriebenen der Anteil von Patienten mit den drei diabetischen Folgekomplikationen Neuro-, Retino- und Nephropathie deutlich reduziert. Die schweren Folgeschädigungen terminales Nierenversagen mit Dialysepflichtigkeit, Erblindung und Amputation sind ebenfalls seltener verzeichnet. Ein Vergleich der Einschreibekohorten verdeutlicht weiterhin, dass sich die Kohorten der ersten Jahre am deutlichsten von den Folgekohorten unterscheiden, während die Differenzen zwischen den neu eingeschriebenen Patientengruppen danach nicht mehr so stark ausfallen. 109

110 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 Tabelle 7-4: Patientenmerkmale, Befunde, Begleiterkrankungen und medikamentöse Therapie bei Einschreibung Merkmale Kohortengröße (n) Altersdurchschnitt (Jahre) 42,1 ± 16,5 39,5 ± 17,5 39,4 ± 18,2 39,1 ± 19,0 Alter 17 Jahre 7,0 9,5 10,2 12,0 Alter Jahre 39,0 42,1 42,0 42,0 Alter Jahre 39,5 36,0 34,6 31,6 Alter 61 Jahre 14,5 12,3 13,2 14,4 Geschlecht (weiblich) 45,6 44,4 44,7 42,0 Befunde HbA 1c 8,5 % 33,1 48,4 45,4 47,4 RR 140/90 mmhg 25,2 26,1 25,6 25,0 BMI 30 kg/m 2 a 17,3 16,3 16,2 15,8 Sensibilität o. Pulsstatus auffällig 17,6 13,0 12,7 12,3 Fußstatus auffällig 5,6 5,0 5,1 4,9 Begleiterkrankungen Neuro-, Retino-, Nephropathie 24,6 14,0 12,2 12,1 Amputation, Dialyse, Erblindung 1,4 1,2 1,0 0,6 kardio-vask. Begleiterkrankung b 7,3 6,2 5,5 5,5 arterielle Hypertonie 23,9 21,9 21,4 21,0 Fettstoffwechselstörung 13,5 13,7 12,7 12,3 Medikation Antihypertensiva 23,6 23,0 22,8 21,0 Statine 8,8 8,7 9,2 9,0 TAH 8,9 7,8 7,8 8,0 Datenbasis: alle jemals zwischen 2006 und 2015 in das DMP eingeschriebenen Patienten; a: nur Erwachsene; b: kardiovaskuläre Begleiterkrankung: vgl. Tabelle 7-3; TAH: Thrombozyten-Aggregationshemmer; alle Angaben außer zur Kohortengröße und zum Altersdurchschnitt (Mittelwert ± Standardabweichung) in % 110

111 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ Stoffwechseleinstellung, Blutdruck und Serum-Kreatinin Stoffwechseleinstellung und Stoffwechselentgleisungen Ein häufig verwendeter Surrogatparameter zur Beurteilung der glykämischen Kontrolle im Rahmen bestehender Qualitätssicherungssysteme ist der HbA 1c -Wert. Es besteht jedoch keine Evidenz für einen exakten Grenzwert; die Ergebnisse aus der DCCT-Studie zeigten, dass durch eine Senkung des HbA 1c -Wertes aufgrund intensiverer Stoffwechseltherapie bei Typ-1-Diabetikern zwar eine Risikoreduktion für mikroangiopathische sowie neuropathische Folgekomplikationen erreicht werden kann, dass eine Senkung des HbA 1c -Wertes jedoch auch gleichzeitig das Risiko für schwere Hypoglykämien erhöht (DCCT Research Group, 1993; Lachin et al., 2008). Somit muss ein Kompromiss zwischen der Vermeidung von Stoffwechselentgleisungen und diabetischen Spätkomplikationen sowie den Bedürfnissen des Patienten gefunden werden. Im folgenden Abschnitt werden die Stoffwechseleinstellungen der Typ-1-Diabetiker im DMP dargestellt. Welche HbA 1c -Werte weisen sie auf und wie verändern sich diese im Zeitverlauf? In welchem Ausmaß wird der individuell vereinbarte Zielwert erreicht? Wie häufig sind Hypoglykämien und stationäre Notfallbehandlungen dokumentiert? 48 % der Diabetiker im DMP weisen aktuell einen HbA 1c von maximal 7,5 % auf. Von den älteren DMP-Teilnehmern werden bessere HbA 1c -Werte erreicht. Zwischen dem Erreichen des individuellen Zielwerts und der Höhe des HbA 1c besteht ein deutlicher Zusammenhang: Während fast die Hälfte der Patienten mit einem HbA 1c von 6,6 bis 7,5 % ihren Zielwert erreicht, ist dies nur bei 2 % der Patienten mit einem HbA 1c über 10 % der Fall. Im Zeitverlauf zeigt sich bei Typ-1-Diabetikern mit niedrigen HbA 1c -Ausgangswerten ein leichter Anstieg, während Patienten mit Ausgangswerten über 8,5 % nach sieben bis acht Jahren DMP- Teilnahme einen etwas niedrigeren HbA 1c aufweisen. Für 3 % der Patienten wurde im Laufe des Jahres 2015 eine schwere Hypoglykämie dokumentiert, während nur einer von 100 Typ-1-Diabetikern eine notfallmäßige stationäre Behandlung benötigte. Aus den DMP-Informationen ist ersichtlich, dass mit 47,5 % fast die Hälfte der Typ-1-Diabetiker, die über eine aktuelle Folgedokumentation verfügen, derzeit einen HbA 1c -Wert von maximal 7,5 % aufweisen bzw. dass bei knapp einem Viertel (23,1 %) der HbA 1c -Wert über 8,5 % liegt (Tabelle 7-5). Der aktuelle HbA 1c -Wert weist eine ausgeprägte Altersabhängigkeit auf. So erreichen nur sechs von 100 Kindern und Jugendlichen einen HbA 1c -Wert bis zu 6,5 %, jedoch etwa 15 von 100 der Typ-1- Diabetiker im Alter ab 51 Jahren. Umgekehrt findet sich ein HbA 1c -Wert über 10 % bei den Kindern und Jugendlichen dreimal so häufig wie bei den Über-50-Jährigen. Männer haben häufiger einen HbA 1c -Wert bis zu 7,5 %, während die Diabetikerinnen häufiger einen HbA 1c oberhalb dieses Wertes aufweisen. Dies betrifft vor allem die Altersgruppe der Über-50-Jährigen. Fast die Hälfte der Patienten erreicht den individuell vereinbarten HbA 1c -Zielwert. Auch dies gelingt den männlichen Patienten eher als den weiblichen, was besonders in der Gruppe der Kinder und Jugendlichen sowie in der Gruppe der Über-50-Jährigen ins Auge fällt (Tabelle 7-5). 111

112 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 Tabelle 7-5: HbA 1c -Wert und Erreichen des individuellen Zielwerts 2015 nach Alter und Geschlecht Alter (Jahre) alle HbA 1c (%) w m w m w m w m insg. 6,5 % 4,5 6,7 14,1 14,7 12,8 17,3 13,1 15,4 14,4 > 6,5 7,5 % 24,1 28,9 30,7 30,5 35,3 38,5 32,4 33,7 33,1 > 7,5 8,5 % 31,1 33,6 28,9 27,3 33,0 28,8 30,7 28,2 29,4 > 8,5 10,0 % 28,9 21,1 18,6 19,2 15,4 12,4 17,7 16,5 17,0 > 10,0 % 11,3 9,6 7,7 8,3 3,5 3,0 6,1 6,2 6,1 HbA 1c -Zielwert erreicht 38,1 41,7 41,5 41,0 47,3 51,6 43,8 45,4 44, Patienten mit validen Werten bei aktueller Folgedokumentation ( für die HbA 1c -Zielwerterreichung); alle Angaben in % Hinsichtlich des Erreichens des individuell vereinbarten HbA 1c -Zielwerts zeigt sich eine deutliche Abhängigkeit vom aktuell beobachteten HbA 1c -Wert. Von den Patienten mit einem aktuellen HbA 1c - Wert über 8,5 % erreichen nur 8,5 % den vereinbarten Zielwert, während dies bei Patienten mit einem aktuellen HbA 1c -Wert bis maximal 7,5 % bei 76,0 % der Diabetiker gelingt. Die Abbildung 7-5 zeigt die aktuellen HbA 1c -Werte in Abhängigkeit vom Alter der Typ-1-Diabetiker getrennt für weibliche und männliche Patienten. HbA 1c -Wert (%) Jungen/Männer Mädchen/Frauen Alter in Jahren Abbildung 7-5: HbA 1c -Werte 2015 in Abhängigkeit vom Alter Die Kurvenverläufe verdeutlichen, dass von der Pubertät an bis ungefähr zum 30. Lebensjahr die Stoffwechseleinstellung besonders schlecht zu gelingen scheint. Danach sinken die HbA 1c -Werte mit zunehmendem Lebensalter etwas ab. Deutlich wird jedoch auch, dass die betrachteten Diabetikerin- 112

113 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 nen sowohl im Kindes- und Jugendalter als auch im späteren Erwachsenenalter über 50 Jahre höhere HbA 1c -Werte aufweisen als die männlichen Patienten. Welche zeitlichen Veränderungen sind bei der Stoffwechseleinstellung zu erkennen? Zur Beantwortung dieser Frage wurden jene Patienten genauer analysiert, die zwischen 2008 und 2015 über eine Zeitdauer von mindestens sieben Jahren an dem DMP teilnahmen und deren HbA 1c -Werte zwischen 2010 und 2015 in jedem Halbjahr kontinuierlich dokumentiert wurden. Die nachfolgende Darstellung basiert auf den Daten von insgesamt Patienten (Abbildung 7-6). HbA 1c (%) 10,5 9,5 8,5 7,5 6,5 5, /1 10/2 11/1 11/2 12/1 12/2 13/1 13/2 14/1 14/2 15/1 15/2 HbA 1c 2008/9 (%): > 8,5 > 7,5 bis 8,5 > 6,5 bis 7,5 6,5 HbA 1c -% 2010 gruppiert n 2010 Mw ± SD 2. Hj adj. Mw (95% CI) > 8, ,52 ± 1,03 8,74 (8,70 8,78) > 7,5 bis 8, ,99 ± 0,28 7,90 (7,86 7,93) > 6,5 bis 7, ,05 ± 0,28 7,27 (7,23 7,30) 6, ,11 ± 0,33 6,64 (6,59 6,70) Längsschnittanalyse für Patienten mit entsprechenden Ausgangswerten zwischen 2008 und 2009 sowie kontinuierlicher Teilnahme bis 2015; Ausgangswert gemittelt; Mw: Mittelwert, SD: Standardabweichung, adj.: adjustiert für Alter und Geschlecht, 95%-CI: 95%-Konfidenzintervall Abbildung 7-6: Veränderung des HbA 1c -Werts in Gruppen mit unterschiedlich hohen Ausgangswerten Betrachtet werden die mittleren HbA 1c -Werte in vier Gruppen mit jeweils unterschiedlichen HbA 1c - Ausgangswerten. Um die Gruppengröße zu erhöhen, wurden die Ausgangswerte aus bis zu sechs Quartalswerten gemittelt. Die dargestellten HbA 1c -Werte nach der Einschreibung entsprechen geschätzten Mittelwerten, unter Berücksichtigung des Alters und Geschlechts. Die Abbildung verdeutlicht, dass sich unabhängig von Alter und Geschlecht bei den DMP-Patienten mit sehr hohen HbA 1c -Ausgangswerten eine Absenkung über die Beobachtungszeit zeigt, während bei den Patienten mit niedrigeren Ausgangswerten ein moderater Anstieg des HbA 1c -Werts zu konstatieren ist. Schwere Hypoglykämien sind insgesamt vergleichsweise seltene Ereignisse. Sie wurden 2015 zusammengefasst bei nur 697 Patienten (3,0 %) mit einer aktuellen Folgedokumentation vermerkt (Tabelle 7-6). 113

114 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 Tabelle 7-6: Patienten mit schweren Hypoglykämien 2015 nach Alter und Geschlecht Alter (Jahre) alle w m w m w m w m insg. in % 1,3 1,2 2,8 2,8 3,5 3,4 3,1 3,0 3,0 absolut Patienten mit aktueller Folgedokumentation und Angaben zu schweren Hypoglykämien ausschließlich in Folgedokumentationen Dabei scheint ihr Auftreten weniger vom Geschlecht als vom Alter der Typ-1-Diabetiker bestimmt zu sein; so nimmt die Häufigkeit schwerer Stoffwechselentgleisungen mit dem Alter der Patienten zu. Die Diskrepanz der an dieser Stelle dargestellten Häufigkeiten zu jenen in der Tabelle 7-3 zum Erreichen der Qualitätsziele ergibt sich durch die definitorische Einschränkung des Qualitätsziels auf jene Patienten, welche seit mindestens einem Jahr am DMP teilnehmen. Betrachtet man die Häufigkeit von Stoffwechselentgleisungen im Jahr 2015 in Abhängigkeit vom durchschnittlichen HbA 1c -Wert in den vier Quartalen vor deren Auftreten, so lassen sich nur geringe Unterschied zwischen den HbA 1c -Klassen ausmachen (Tabelle 7-7). Tabelle 7-7: Zusammenhang zwischen HbA 1c und schweren Hypoglykämien 2015 HbA 1c (%) * 6,5 > 6,5 bis 7,5 > 7,5 bis 8,5 > 8,5 bis 10 > 10 insg. in % 3,4 3,7 3,3 2,9 3,1 3,4 absolut *: durchschnittlicher HbA 1c in den vier Quartalen vor Hypoglykämie; erwachsene Patienten mit Angaben zu schweren Hypoglykämien und HbA 1c -Werten Blutdruck Hinsichtlich der Blutdrucksituation der Patienten im DMP sollen die folgenden Fragen beantwortet werden: Welche Blutdruckwerte werden erreicht? Wie stark verändern sie sich im Zeitverlauf? Wie stellen sich diese Veränderungen in Patientengruppen mit Herzinfarkt dar? Drei Viertel der Patienten im DMP Diabetes mellitus Typ 1 weisen einen Blutdruck unter 140/90 mmhg auf, knapp die Hälfte erreicht einen systolischen Blutdruck unter 130 mmhg. Der Blutdruck steigt mit dem Alter an und ist bei den Diabetikerinnen niedriger als bei den männlichen Patienten. Im Zeitverlauf nimmt der mittlere systolische Blutdruck bei Patienten mit hohem Ausgangswert deutlich ab, steigt jedoch bei solchen mit niedrigen Ausgangswerten an. Der gleiche Effekt findet sich jedoch in geringerem Ausmaß auch hinsichtlich der diastolischen Blutdruckwerte. Es zeigt sich zudem, dass die Blutdruckwerte unmittelbar nach einem Herzinfarkt im Durchschnitt absinken, jedoch fünf Jahre nach dem Ereignis wieder leicht über dem Ausgangsniveau liegen. 114

115 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 Im Vergleich zu normotensiven Nichtdiabetikern haben Diabetiker mit einer Hypertonie ein etwa vierfach höheres kardio-vaskuläres Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko (DDG-Leitlinie Diagnostik und Therapie von Herzerkrankungen bei Diabetes mellitus). Ebenso ist ein erhöhter Blutdruck als unabhängiger Risikofaktor mit Retino- und Nephropathien assoziiert (Herold Gallego et al., 2008; NVL Nierenerkrankung bei Diabetes). Bei nahezu drei Viertel aller Typ-1-Diabetiker im DMP ist in der aktuellen Folgedokumentation ein normotoner Blutdruck, also ein Wert unter 140/90 mmhg angegeben (Tabelle 7-8). Tabelle 7-8: Blutdruck 2015 nach Alter und Geschlecht Alter (Jahre) alle sys./dia. Blutdruck (mmhg) w m w m w m w m insg. < 120/80 mmhg 57,0 62,8 26,6 14,8 11,6 9,1 21,6 14,9 17,9 120/80 129/84 mmhg 28,4 20,8 34,5 32,8 28,8 25,2 31,8 29,0 30,3 130/85 139/89 mmhg 10,7 10,6 20,3 25,0 25,8 27,2 22,2 25,2 23,8 140/90 159/99 mmhg 3,5 5,4 15,3 22,1 25,4 30,0 19,1 24,6 22,1 160/100 mmhg 0,4 0,5 3,3 5,2 8,3 8,5 5,3 6,4 5,9 RR sys < 130 mmhg 87,7 85,6 65,1 51,0 41,6 35,8 56,1 46,4 50, Patienten mit aktueller Folgedokumentation und Angaben zum Blutdruck; alle Angaben in % Nur bei sechs von 100 Patienten liegt der Blutdruck über 160/100 mmhg. Typ-1-Diabetikerinnen haben häufiger einen niedrigeren Blutdruck als die männlichen Patienten. Dieser Unterschied fällt vor allem in der Altersgruppe der 18- bis 50-Jährigen ins Auge. Zudem besteht ein sehr deutlicher Zusammenhang mit dem Alter der Patienten: Je jünger die Typ-1-Diabetiker sind, desto niedriger ist ihr Blutdruck. Aus klinischer Perspektive ist auch die Frage bedeutsam, bei wie vielen Patienten eine im Vergleich zum DMP-Qualitätsziel noch stärkere Absenkung des systolischen Blutdrucks unter 130 mmhg gelingt. Diesen Blutdruckwert findet man derzeit bei 50,8 % aller Patienten; 56,1 % der Diabetikerinnen und 46,4 % der Diabetiker. Zur Darstellung der Veränderung des Blutdrucks im Zeitverlauf wurden entsprechend dem statistischen Vorgehen bei der Stoffwechseleinstellung jene Patienten analysiert, die zwischen 2008 und 2015 über eine Zeitdauer von mindestens sieben Jahren an dem DMP teilnahmen und deren Blutdruck-Werte zwischen 2010 und 2015 in jedem Halbjahr kontinuierlich dokumentiert wurden. Der Darstellung liegen die Daten von insgesamt Patienten zugrunde, die diese Bedingung erfüllen (Abbildung 7-7). Betrachtet werden die Mittelwerte des systolischen Blutdrucks in vier Gruppen mit jeweils unterschiedlichen Ausgangswerten. Um die Gruppengröße zu erhöhen, wurden auch hier wieder die Ausgangswerte aus bis zu sechs verschiedenen Quartalen gemittelt. Die dargestellten Blutdruckwerte nach der Einschreibung entsprechen geschätzten Mittelwerten. In dem Modell wird der Einfluss der Kovariaten Alter und Geschlecht berücksichtigt. 115

116 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 Blutdruck (mmhg) /1 10/2 11/1 11/2 12/1 12/2 13/1 13/2 14/1 14/2 15/1 15/2 RR sys 2008/9 (mmhg): >= 140 syst (A) >= < 140 syst (B) >= < 130 syst (C) < 120 syst (D) dias (A) dias (B) dias (C) dias (D) RR sys mmhg 2010 gruppiert n 2010 Mw ± SD systolischer Blutdruck 2. Hj adj. Mw (95% CI) 2010 Mw ± SD diastolischer Blutdruck 2. Hj adj. Mw (95% CI) 140 mmhg ,9 ± 8,2 138,4 (137,7 139,1) 83,1 ± 7,7 79,7 (79,2 80,1) 130 bis 140 mmhg ,9 ± 2,9 132,8 (132,3 133,3) 79,3 ± 5,8 78,5 (78,2 78,9) 120 bis 130 mmhg ,4 ± 2,9 128,7 (128,3 129,1) 76,8 ± 5,0 77,4 (77,1 77,6) 120 mmhg ,9 ± 6,5 122,6 (122,1 123,1) 70,9 ± 5,9 74,0 (73,7 74,3) Längsschnittanalyse für Patienten mit entsprechenden Ausgangswerten zwischen 2008 und 2009 sowie kontinuierlicher Teilnahme bis 2015; Ausgangswert gemittelt; Mw: Mittelwert, SD: Standardabweichung, adj.: adjustiert für Alter und Geschlecht, 95%-CI: 95%-Konfidenzintervall Abbildung 7-7: Veränderung des systolischen und diastolischen Blutdrucks in Gruppen mit unterschiedlich hohen Ausgangswerten des systolischen Blutdrucks Die Analyse zeigt, dass insbesondere bei Patienten mit sehr hohen systolischen Blutdruck- Ausgangswerten von 140 mmhg und mehr deutliche Absenkungen von durchschnittlich -9,6 mmhg bei den systolischen und -3,4 mmhg bei den diastolischen Werten über die Beobachtungszeit auftreten. Dieser Effekt ist unabhängig vom Alter und dem Geschlecht der Patienten. Bei den Typ-1- Diabetikern mit niedrigen systolischen Ausgangswerten hingegen steigen sowohl die systolischen als auch die diastolischen Blutdruckwerte an. Zusätzlich erfolgt eine Analyse der Entwicklung des mittleren systolischen und diastolischen Blutdrucks bei Typ-1-Diabetikern nach einem Herzinfarkt. Betrachtet wird hierzu der mittlere Blutdruck im Halbjahr vor der erstmaligen Dokumentation eines Herzinfarkts sowie die mittleren Blutdruckwerte in den auf das Ereignis folgenden Halbjahren (Abbildung 7-8). Es wurden nur Herzinfarkte berücksichtigt, die in den Jahren 2009 bis 2012 auftraten. Unmittelbar nach dem Auftreten eines Herzinfarkts ist im Vergleich zum Zeitraum vor dem Ereignis sowohl hinsichtlich des systolischen als auch des diastolischen Blutdrucks eine Absenkung erkennbar: Der systolische Blutdruck nimmt im Durchschnitt um 5,9 mmhg, der diastolische um 1,4 mmhg ab. In den darauffolgenden Halbjahren steigen die mittleren Blutdruckwerte jedoch wieder an. Insgesamt überschreitet der systolische Blutdruck im Mittel auch fünf Jahre nach dem Herzinfarkt den Grenzwert von 130 mmhg nur geringfügig. 116

117 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 Blutdruck (mmhg), systolisch diastolisch Hj vor 1. Hj nach Hj nach Hj nach Hj nach Hj nach Hj nach Hj nach Hj nach Hj nach Hj nach... Herzinfarkt Hj vor Herzinfarkt Mw (95%-CI) 1. Hj nach Herzinfarkt Mw (95%-CI) 10. Hj nach Herzinfarkt Mw (95%-CI) RR sys (mmhg) 130,2 (127,3 133,1) 124,3 (121,4 127,3) 131,2 (124,6 137,8) RR dia (mmhg) 74,6 (72,9-76,3) 73,2 (71,5-74,9) 75,3 (71,8-78,9) Ausgangsgruppe: 94 Patienten mit Herzinfarkt und Blutdruckangaben im Halbjahr vor und im 1. Halbjahr nach Herzinfarkt; graue Fläche: Interquartilbereich, rote Linie: Mittelwert; Hj: Halbjahr; Mw: Mittelwert, 95%-CI: 95%-Konfidenzintervall Abbildung 7-8: Blutdruckentwicklung nach einem Herzinfarkt Diese Befunde deuten tendenziell darauf hin, dass im DMP Diabetes mellitus Typ 1 die kardiovaskuläre Risikoprävention bei Herzinfarkt bislang erfolgreich das Überschreiten einer definierten Obergrenze des systolischen Blutdrucks verhindert hat. Im Gegensatz zu den ähnlich gefassten Kollektiven unter den Typ-2-Diabetikern ließ sich allerdings bei den Typ-1-Diabetikern keine weitere, dauerhafte Absenkung des (insgesamt niedrigeren) Blutdruckniveaus realisieren Nierenfunktion und geschätzte glomeruläre Filtrationsrate Im Hinblick auf die Überprüfung der Nierenfunktion der DMP-Patienten soll dargestellt werden, welche glomerulären Filtrationsraten (GFR) sich in Abhängigkeit von Alter und Geschlecht beobachten lassen. Bei den Patienten im DMP zeigt sich der erwartete Rückgang der GFR mit steigendem Alter. Der Anteil an Patienten im GFR-Stadium > 90 sinkt von 75 % im Alter bis zu 50 Jahren auf 3 % bei den Über-70-Jährigen. Frauen weisen im Vergleich zu Männern eine stärker beeinträchtigte Nierenfunktion auf. Diabetes mellitus stellt in industrialisierten Ländern die häufigste Ursache für eine Niereninsuffizienz dar. Der Funktionsverlust der Niere ist wiederum eine der häufigsten und gefährlichsten Folgekomplikationen bei Diabetikern und wird zusätzlich als unabhängiger Risikomarker für die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität gesehen. Wird eine eingeschränkte Nierenfunktion (und Hyper- 117

118 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 tonie) festgestellt, so wird die Behandlung mit ACE-Hemmern empfohlen, da diese im Vergleich zu anderen Antihypertensiva ein Fortschreiten der Niereninsuffizienz effektiver hemmen sollen (NVL Nierenerkrankung bei Diabetes). Die Nationale VersorgungsLeitlinie empfiehlt, dass bei Diabetikern mindestens einmal jährlich die Bestimmung des Serum-Kreatinins erfolgen sollte (NVL Nierenerkrankung bei Diabetes). Diese erlaubt die Abschätzung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) und dient damit als ein Hinweis auf eine möglicherweise vorliegende Beeinträchtigung der Nierenfunktion. Seit dem 2. Halbjahr 2015 werden in den DMP-Dokumentationen nicht mehr die Kreatinin-Werte festgehalten, sondern direkt die übermittelten Laborwerte zur geschätzten glomerulären Filtrationsraten (egfr) eingetragen. Die DMP-Dokumentationen belegen eine deutliche Abnahme der Nierenfunktion mit steigendem Alter. Vergleicht man die Gruppe der Patienten unter 30 Jahren mit jener der Über-70-Jährigen, sinkt bei Frauen der durchschnittliche GFR-Wert von 115,6 ± 20,7 ml/min/1,73m 2 auf 63,0 ± 18,3 ml/min/ 1,73m 2. Männliche Typ-1-Diabetiker weisen in allen Altersgruppen eine weniger stark beeinträchtigte Nierenfunktion auf; bei ihnen sinkt die GFR in den entsprechenden Altersgruppen von 120,9 ± 24,3 ml/min/1,73m 2 auf 66,0 ± 18,7 ml/min/1,73m 2. Auch die Betrachtung der GFR-Stadien bestätigt diese Alters- und Geschlechtseffekte (Tabelle 7-9). Tabelle 7-9: Geschätzte Glomeruläre Filtrationsrate 2015 nach Alter und Geschlecht* Alter (Jahre) alle egfr (ml/min/körperfläche) w m w m w m w m insg. > 90 70,5 79,3 32,5 43,5 2,8 4,2 50,8 61,0 56,4 > ,4 18,2 54,8 46,0 56,0 60,9 39,0 31,3 34, ,3 1,4 10,8 8,5 36,4 29,6 8,6 6,1 7,2 < 30 0,8 1,0 1,8 2,0 4,8 5,3 1,5 1,7 1,6 *: last observation carried forward: egfr-wert aus bis zu acht Quartalen einschließlich des letzten Quartals 2015 fortgeschrieben, GFR in ml / min / 1,73m 2 ; Patienten mit validen Werten und einer Folgedokumentation 2015; alle Angaben in % Während mit 75,4 % drei Viertel der bis zu 50 Jahre alten Typ-1-Diabetiker noch eine GFR > 90 aufweisen, sind dies bei den Über-70-Jährigen nur noch 3,4 %. Entsprechend erhöht sich der Anteil an Patienten mit einer GFR < 30 von 0,9 % auf 5,0 %. Deutliche Unterschiede lassen sich auch zwischen Männern und Frauen konstatieren, mit einem um zehn Prozentpunkte niedrigeren Anteil an Frauen im GFR-Stadium > 90. Jedoch sind vergleichbar viele Männer und Frauen von einer stärker beeinträchtigten Nierenfunktion mit einer GFR < 30 betroffen. 118

119 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ Folgekomplikationen, Begleiterkrankungen, auffällige Befunde und Risikofaktoren Diabetische Folgekomplikationen Diabetiker sind häufig von Spätkomplikationen in Form mikrovaskulärer Schädigungen wie Retino-, Nephro- und Neuropathien mit den Endpunkten der Erblindung, Dialyse und Amputation betroffen. Sie erfahren somit sowohl durch ihre Grunderkrankung sowie durch die Folgekomplikationen massive Einschränkungen ihrer Lebensqualität und -dauer. Entsprechend forderte die St. Vincent Deklaration insbesondere effektive Präventionsmaßnahmen hinsichtlich der Verhütung und Behandlung von Folgekomplikationen (The Saint Vincent Declaration on diabetes care and research in Europe, 1989). Der folgende Abschnitt richtet die Aufmerksamkeit daher auf die diabetischen Folgekomplikationen. Insgesamt sind 44 % der erwachsenen Typ-1-Diabetiker im DMP von einer diabetischen Folgekomplikation betroffen. Ungefähr je ein Viertel der Erwachsenen leidet an einer Neuropathie bzw. Retinopathie, eine Nephropathie lässt sich bei 17 % finden. Es zeigen sich ausgeprägte Alterseffekte: Mit steigendem Alter nehmen die Prävalenzen aller diabetischen Folgekomplikationen zu. Männer sind etwas häufiger von Neuropathien, Frauen etwas häufiger von Retinopathien betroffen. Von den erwachsenen Typ-1-Diabetikern im DMP sind 44,2 % von mindestens einer diabetischen Folgekomplikation betroffen; bei den Kindern und Jugendlichen sind dies immerhin 10,5 %. Im Folgenden werden zum Zeitpunkt der Einschreibung anamnestisch dokumentierte mit im Verlauf des DMP aufgetretenen Folgekomplikationen zusammengefasst betrachtet. Nach erstmaliger Dokumentation einer Folgeschädigung wird diese in Folge fortgeschrieben. Am häufigsten ist bei den erwachsenen Typ-1-Diabetikern mit 28,8 % die diabetische Neuropathie dokumentiert, an einer Retinopathie leidet etwa ein Viertel der erwachsenen Typ-1-Diabetiker und von einer diabetischen Nephropathie ist etwas mehr als ein Sechstel der Patienten betroffen (Tabelle 7-10). Tabelle 7-10: Diabetische Folgekomplikationen nach Alter und Geschlecht Alter (Jahre) alle w m W m w m w m w m insg. diabetische Neuropathie 9,2 8,5 23,0 24,0 35,7 38,8 53,5 61,7 27,8 29,6 28,8 diabetische Retinopathie 13,7 9,9 26,6 23,0 29,5 28,6 37,0 38,7 25,1 23,0 23,9 diabetische Nephropathie 10,2 8,7 16,6 15,9 19,3 21,2 25,7 30,1 17,0 17,5 17,3 Amputation 0,1 0,3 0,5 0,9 1,0 1,6 1,0 3,0 0,6 1,3 1,0 Erblindung 0,4 0,2 0,6 0,6 0,5 0,5 1,0 0,9 0,6 0,5 0,6 Dialyse 0,4 0,6 0,7 1,4 0,9 1,7 1,3 1,7 0,8 1,2 1,0 Folgekomplikation jemals dokumentiert; erwachsene Patienten; alle Angaben in %; Mehrfachangaben möglich Besonders gravierende diabetische Folgeschädigungen wie terminales Nierenversagen, eine Erblindung oder eine Amputation sind sehr selten. Männer sind etwas häufiger als die Diabetikerinnen von Neuropathien und Nephropathien sowie deren Endpunkten Amputation und Dialysepflichtigkeit be- 119

120 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 troffen, während Retinopathien und Erblindungen häufiger für die weiblichen Patienten dokumentiert werden. Mit steigendem Alter nimmt die Auftretenshäufigkeit der Folgekomplikationen deutlich zu. So sind die Prävalenzen der Neuropathie bzw. der Retinopathie und der Nephropathie bei den Über-60-Jährigen im Vergleich zu den jungen Erwachsenen versiebenfacht bzw. verdreifacht Begleiterkrankungen Weit mehr als ein Drittel der Typ-1-Diabetiker im DMP ist über 50 Jahre alt. Es ist davon auszugehen, dass es sich hierbei nicht nur um länger erkrankte und deshalb häufiger von diabetischen Folgekomplikationen betroffene, sondern auch um insgesamt multimorbide Patienten handelt. Der folgende Abschnitt widmet sich daher den Fragen: Welche Begleiterkrankungen kommen am häufigsten vor? Sind Frauen und Männer in unterschiedlichem Ausmaß betroffen? Wovon sind die verschiedenen Altersgruppen am stärksten betroffen? Insgesamt sind 51 % der erwachsenen Typ-1-Diabetiker von einer Begleiterkrankung betroffen. Am häufigsten lassen sich eine arterielle Hypertonie sowie eine Fettstoffwechselstörung mit vier bzw. drei von zehn Patienten finden. Es zeigen sich zum Teil ausgeprägte Geschlechts- und Alterseffekte: Mit Ausnahme einer Herzinsuffizienz oder eines Asthma bronchiale leiden Männer häufiger an Begleiterkrankungen. Ebenso sind ältere Diabetiker deutlich häufiger betroffen. Da die im Folgenden betrachteten Begleiterkrankungen unter Kindern und Jugendlichen mit insgesamt 7,6 % eher selten auftreten, beschränken sich die Darstellungen in diesem Abschnitt auf Ergebnisse unter den erwachsenen Patienten. Analog zum Vorgehen bei den Folgekomplikationen im vorherigen Abschnitt werden auch bei der Betrachtung der Begleiterkrankungen und Ereignisse alle jemals dokumentierten zusammengefasst. Nach erstmaliger Dokumentation einer Erkrankung wird diese in Folge fortgeschrieben. Von den erwachsenen Typ-1-Diabetikern sind 51,2 % von wenigstens einer der Begleiterkrankungen betroffen. Analog zur Situation bei den Typ-2-Diabetikern im DMP ist auch bei Typ-1-Diabetikern die weitaus am häufigsten festgestellte Begleiterkrankung die arterielle Hypertonie (Tabelle 7-11). Sie wird bei fast vier von zehn Patienten angegeben. An zweiter Stelle folgt die Fettstoffwechselstörung mit drei von zehn Betroffenen. Ungefähr acht von 100 Typ-1-Diabetikern leiden zudem an koronarer Herzkrankheit und fünf von 100 an arterieller Verschlusskrankheit. Die meisten Begleiterkrankungen und Ereignisse treten bei Männern deutlich häufiger auf als bei Frauen. Die größten Unterschiede bestehen hinsichtlich der arteriellen Hypertonie, der Fettstoffwechselstörung sowie der koronaren Herzkrankheit und der arteriellen Verschlusskrankheit. Aber auch die klassischen Männerkrankheiten Herzinfarkt und chronisch obstruktive Atemwegserkrankungen sind unter männlichen Typ-1-Diabetikern häufiger zu beobachten. Alle Begleiterkrankungen und Ereignisse hängen zudem erwartungsgemäß stark mit dem Alter der Patienten zusammen: Die 18- bis 40-jährigen Typ-1-Diabetiker sind in einem substanziell geringeren Umfang von Begleiterkrankungen und Ereignissen betroffen als die Patienten in einem Alter ab 61 Jahren. Bei den älteren Typ-1-Diabetikern ist eine arterielle Hypertonie sechsmal häufiger, eine Fettstoffwechselstörung knapp fünfmal häufiger und eine koronare Herzerkrankung sogar 28-mal häufi- 120

121 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 ger verzeichnet. Männliche Typ-1-Diabetiker sind auch in der höchsten Altersgruppe von fast allen Begleiterkrankungen häufiger betroffen als weibliche. Tabelle 7-11: Begleiterkrankungen nach Alter und Geschlecht Alter (Jahre) alle w m w m w m w m w m insg. arterielle Hypertonie 11,1 13,7 29,6 37,3 49,3 54,1 70,9 77,3 36,7 41,1 39,1 Fettstoffwechselstörung 12,5 10,2 21,5 28,8 35,7 41,4 51,5 54,2 28,2 30,5 29,5 koronare Herzkrankheit 0,9 0,8 3,4 4,0 7,2 10,1 17,3 26,6 6,5 8,7 7,7 Herzinfarkt 0,3 0,4 1,3 1,5 1,8 2,6 3,5 6,3 1,6 2,3 2,0 chronische Herzinsuffizienz 0,2 0,1 0,8 0,7 0,9 1,5 4,1 4,3 1,4 1,4 1,4 arterielle Verschlusskrankheit 0,6 0,6 2,6 3,3 5,2 7,4 11,3 17,3 4,4 6,1 5,3 Schlaganfall 0,5 0,3 1,2 1,0 2,0 3,7 5,3 6,5 2,0 2,5 2,3 Asthma bronchiale 2,5 2,3 3,3 2,3 3,4 2,7 2,9 2,2 3,0 2,4 2,6 COPD 0,3 0,5 1,4 1,1 2,0 2,9 3,0 5,2 1,5 2,1 1,8 Begleiterkrankung jemals dokumentiert; erwachsene Patienten; alle Angaben in %; Mehrfachangaben möglich Auffällige Befunde und Risikofaktoren Zusätzlich werden auffällige Befunde sowie potentielle Risikofaktoren bei den erwachsenen Typ-1- Diabetikern beleuchtet. Von Interesse sind Fußbefunde und Schweregrade von Fußläsionen, der Body-Mass-Index sowie Rauchen. In welchem Ausmaß lassen sich diese Befunde und Risikofaktoren allgemein sowie in Abhängigkeit von Alter und Geschlecht finden? Auffällige Fußbefunde weisen 23 % (Sensibilität), 4 % (Pulsstatus) bzw. 10 % (Fußstatus) der DMP- Patienten auf, während insgesamt nur 155 Patienten von schweren Fußläsionen betroffen sind. Mehr als die Hälfte der Patienten sind übergewichtig bzw. adipös, 21 % rauchen. Männer weisen häufiger einen ungünstigeren Fußstatus bzw. ungünstigere Risikokonstellationen auf als Frauen: Sie haben häufiger einen auffälligen Fußbefund bzw. eine schwere Fußläsion, sind seltener normalgewichtig und häufiger Raucher. Der Anteil der DMP-Diabetiker mit auffälligem Fußbefund sowie Übergewicht nimmt mit dem Alter zu. Auch die aktuell auffälligen Befunde sind durch Geschlechtseffekte gekennzeichnet. Männer weisen häufiger als Frauen einen auffälligen Puls- und Fußstatus auf und bei ihnen liegt häufiger ein auffälliger Befund der Sensibilitätsprüfung vor. Die deutlichsten Geschlechtsunterschiede hinsichtlich der auffälligen Fußbefunde zeigen sich in der Gruppe der Über-50-Jährigen. Eine auffällige Sensibilitätsprüfung oder ein auffälliger Puls- bzw. Fußstatus sind außerdem genauso wie die Begleiterkrankungen bei älteren Typ-1-Diabetikern häufiger dokumentiert als bei jüngeren (Tabelle 7-12). Hinsichtlich der beiden Risikofaktoren Übergewicht und Rauchen lässt sich zeigen, dass Typ-1- Diabetikerinnen deutlich häufiger normalgewichtig sind als die männlichen Patienten, während diese häufiger als übergewichtig (BMI 25 < 30 kg/m 2 ) dokumentiert sind. 121

122 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 Tabelle 7-12: Auffällige Befunde und Risikofaktoren 2015 nach Alter und Geschlecht Alter (Jahre) alle w m w m w m w m insg. Sensibilität auffällig a 7,2 7,9 15,8 18,4 34,1 38,5 21,4 24,1 22,9 Pulsstatus auffällig b 0,6 1,0 2,5 2,1 7,0 8,5 3,9 4,6 4,3 Fußstatus auffällig c 4,6 4,9 7,6 8,3 13,4 16,3 9,2 10,8 10,1 BMI d < 18,5 2,0 1,9 1,8 0,5 2,0 0,8 1,9 1,1 1,5 BMI d 18,5 < 25 49,6 46,3 42,9 31,4 41,5 31,8 44,6 36,3 40,1 BMI d 25 < 30 28,3 36,5 29,7 44,0 31,9 42,4 30,2 40,9 36,1 BMI d 30 20,0 15,3 25,6 24,1 24,6 25,0 23,2 21,7 22,4 Raucher e 18,2 24,5 22,2 26,3 16,7 21,4 18,4 23,6 21,2 BMI: Body Mass Index; a: ; b: ; c: ; d: ; e: erwachsene Patienten mit aktueller Folgedokumentation; alle Angaben in %; Mehrfachangaben bei Fußbefunden möglich Ebenso ist der Anteil der Raucher bei den Männern höher. Die älteren Patienten sind häufiger übergewichtig bzw. adipös als die jüngeren Erwachsenen, hingegen ist bei dieser Gruppe der Anteil der Raucher am geringsten. Die Betrachtung der Schweregrade der Fußläsionen zeigt, dass männliche Typ-1-Diabetiker in etwas stärkerem Ausmaß betroffen sind als die weiblichen Patientinnen. Schwere Fußläsionen sind jedoch sehr selten: Insgesamt wurde aktuell nur für 155 Patienten ein Wagner-Stadium von 2 bis 5 und/oder ein Armstrong-Grad C bzw. D dokumentiert (Tabelle 7-13). Tabelle 7-13: Schweregrad der Fußläsion 2015 nach Geschlecht Wagner-Stadium Armstrong-Grad A B C D weiblich 88,1 8,2 2,5 0,3 0,8 0,1 93,3 2,8 3,3 0,7 männlich 84,3 9,7 3,2 1,7 0,7 0,4 90,6 3,4 4,4 1,7 alle 85,9 9,1 2,9 1,1 0,8 0,3 91,7 3,1 4,0 1,2 absolut erwachsene Patienten mit aktueller Folgedokumentation (davon 720 weibl.); alle Angaben in % außer bei der absoluten Häufigkeit Betrachtet man nun innerhalb dieses Patientenkollektivs nur diejenigen 22 Typ-1-Diabetiker in hausärztlicher Betreuung, so zeigt sich, dass für 11 Patienten eine Mitbehandlung in einer für das diabetische Fußsyndrom qualifizierten Einrichtung bzw. für 11 Patienten die Veranlassung einer solchen Mitbehandlung dokumentiert wurde. 122

123 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ Begleitmedikation An dieser Stelle soll die Frage beantwortet werden, in welchem Ausmaß im DMP bei Typ-1-Diabetikern, die an weiteren Erkrankungen bzw. Folgekomplikationen leiden, Begleitmedikationen dokumentiert sind. Wie stark verändern sich diese Raten nach Auftreten einer kardio-vaskulären Begleiterkrankung? Wie verhalten sich die ACE-Hemmer-Verordnungsquoten in Abhängigkeit von der GFR? Von den Typ-1-Diabetikern, für die eine Begleiterkrankung bzw. eine Amputation dokumentiert ist, erhalten sieben von zehn Patienten eine medikamentöse Therapie mit Antihypertensiva, lipidsenkenden Medikamenten und/oder Thrombozyten-Aggregationshemmern (TAH). Die häufigsten Verordnungen zeigen sich wie folgt: Antihypertensiva bei Herzinfarkt und koronarer Herzkrankheit sowie TAH und Lipidsenker bei Herzinfarkt, koronarer Herzkrankheit, Schlaganfall und arterieller Verschlusskrankheit. Leitliniengemäß lassen sich im Zeitverlauf des DMP starke Zuwächse der Verordnung von TAH und Statinen in einer Größenordnung von sieben bis 30 Prozentpunkten in Patiententeilgruppen mit besonderen kardio-vaskulären Begleiterkrankungen erkennen. Außerdem steigen mit Abnahme der Nierenfunktion leitliniengemäß die Verordnungsquoten für ACE- Hemmer. Neben der nicht-medikamentösen Basistherapie einer Lebensstilanpassung (Gewichtskontrolle, Raucher-Entwöhnung, Bewegung, gesunde Ernährung) werden zur medikamentösen Therapie von Herzerkrankungen bei Diabetikern Lipidsenker, Antihypertensiva und Thrombozyten-Aggregationshemmer empfohlen (DDG-Leitlinie Diagnostik und Therapie von Herzerkrankungen bei Diabetes mellitus). Zusätzlich wird wie bereits im Abschnitt zur glomerulären Filtrationsrate erwähnt - bei verminderter Nierenfunktion (und Hypertonie) die Verordnung von ACE-Hemmern empfohlen, um ein Fortschreiten der Niereninsuffizienz zu verhindern (NVL Nierenerkrankung bei Diabetes). Die Dokumentation der medikamentösen Therapie der erwachsenen Typ-1-Diabetiker zeigt, dass insgesamt aktuell 69,2 % der Betroffenen, bei denen eine/s der in der Tabelle 7-14 aufgeführten Begleiterkrankungen, Folgekomplikationen oder Ereignisse dokumentiert sind, Antihypertensiva, lipidsenkende Medikamente und/oder Thrombozyten-Aggregationshemmer (TAH) erhalten. Tabelle 7-14: Verordnungen bei kardio-vaskulären Begleiterkrankungen und diabetischen Folgekomplikationen Antihypertensiva TAH Statine arterielle Hypertonie 77,7 28,6 35,7 Fettstoffwechselstörung 60,3 30,5 50,8 koronare Herzkrankheit 85,6 66,4 62,7 Herzinfarkt 84,0 70,3 63,8 arterielle Verschlusskrankheit 77,3 58,6 55,3 Schlaganfall 74,1 64,0 51,3 diabetische Nephropathie 60,2 28,2 33,7 Amputation 76,8 52,3 44,5 max (arterielle Hypertonie) erwachsene Patienten mit entsprechender Begleiterkrankung, aktueller Folgedokumentation und Angaben zur Medikation; alle Angaben in %; Mehrfachangaben möglich; Kontraindikationen berücksichtigt 123

124 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 Am häufigsten werden Antihypertensiva bei koronarer Herzkrankheit und Herzinfarkt bzw. TAH und Lipidsenker bei Herzinfarkt, koronarer Herzkrankheit, Schlaganfall und arterieller Verschlusskrankheit verordnet. Zusätzlich wurde untersucht, in welchem Ausmaß sich die Verordnung von TAH und Statinen bei erwachsenen Typ-1-Diabetikern verändert, die einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erleiden oder eine koronare Herzkrankheit bzw. eine arterielle Verschlusskrankheit aufweisen und damit ein erheblich erhöhtes zusätzliches kardio-vaskuläres Risiko tragen. Die Betrachtung der Tabelle 7-15 deutet auf ein leitlinienkonformes Verordnungsverhalten der betreuenden Ärzte hin: Der Vergleich der Verordnungshäufigkeiten von TAH bzw. Statinen vor und nach der erstmaligen Dokumentation der entsprechenden kardio-vaskulären Begleiterkrankung bzw. des Ereignisses zeigt einen zum Teil deutlichen Anstieg der Verordnungen nach Eintreten der Erkrankung. Tabelle 7-15: Verordnungshäufigkeit von TAH und Statinen vor und nach Auftreten einer kardio-vaskulären Begleiterkrankung TAH Statine vor nach Basis vor nach Basis Herzinfarkt 28,9 58, ,9 57,1 212 Schlaganfall 37,3 57, ,9 48,0 252 koronare Herzkrankheit 34,9 53, ,1 51,7 756 arterielle Verschlusskrankheit 42,7 51, ,7 44,6 570 Patienten mit erstmaliger Dokumentation der Begleiterkrankung ab dem 1. Hj und Angaben zur TAH- bzw. Statin- Verordnung; vor : im Halbjahr vor; nach : im Halbjahr nach erstmaliger Dokumentation der Begleiterkrankung; Basis: alle Patienten mit der Begleiterkrankung; alle Angaben in %; Mehrfachangaben möglich; Kontraindikationen berücksichtigt Die stärksten Zuwächse lassen sich bei Auftreten eines Herzinfarkts verzeichnen; hier erhöht sich die Verordnungshäufigkeit von TAH und Statinen um den Faktor 2,0 bzw. 1,6. Grundsätzlich ist aber eine Unterschätzung der Verordnungsraten hinsichtlich der TAH denkbar, da zum Beispiel privat erstandene Mittel möglicherweise nicht dokumentiert werden. Betrachtet man die Darstellung der ACE- Hemmer-Verordnung in Abhängigkeit von der glomerulären Filtrationsrate (GFR; siehe auch Abschnitt 7.6.3), so zeigt sich eine leitliniengerechte Zunahme der Verordnungsquoten mit abnehmender GFR (Tabelle 7-16): Werden im GFR-Stadium > 90 bei 15 % der Typ-1-Diabetiker ACE-Hemmer verordnet, so erhöht sich die Quote im GFR-Stadium < 30 auf 51 %. In allen GFR-Stadien steigt die Verordnungshäufigkeit ebenfalls mit dem Alter der Typ-1-Diabetiker an. Tabelle 7-16: Geschätzte glomeruläre Filtrationsrate und ACE-Hemmer-Verordnung Alter (Jahre) GFR (ml/min/körperfläche) insg. > 90 9,3 32,5 45,5 15,0 > ,2 36,4 48,1 31, ,5 52,8 55,8 53,6 < 30 54,1 46,2 56,3 51, Patienten mit validen Werten und aktueller ACE-Hemmer-Verordnung, Kontraindikationen berücksichtigt; alle Angaben in % 124

125 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ Schulungen Der DMP-Vertrag sieht die Bereitschaft des Patienten zur aktiven Mitwirkung und Teilnahme an Schulungen als eine wichtige Voraussetzung für die Einschreibung in das DMP Diabetes mellitus Typ 1 vor. Jeder teilnehmende Patient soll Zugang zu einem strukturierten und evaluierten Schulungsprogramm haben. Im folgenden Abschnitt wird dargestellt, inwiefern Patienten im Rahmen des DMP empfohlene Schulungen wahrgenommen haben, welche Faktoren diese Wahrnehmung beeinflussen könnten, und ob sich seit Beginn des DMP Veränderungen hinsichtlich der Zeit bis zur ersten Empfehlung bzw. Wahrnehmung ergeben. Neun von zehn Patienten bzw. 14 % derjenigen mit einer arteriellen Hypertonie, die vor dem 2. Halbjahr 2008 in das DMP eingeschrieben wurden, gelten jeweils als geschult hinsichtlich einer Diabetes- bzw. Hypertonie-Schulung. Eine Empfehlung für eine Diabetes-Schulung erhielten knapp fünf von zehn der Typ-1-Diabetiker, für eine Hypertonie-Schulung sieben von 100 der Patienten mit einer arteriellen Hypertonie. Diesen Empfehlungen sind fast zwei Drittel (Diabetes-Schulung) bzw. ein Viertel (Hypertonie-Schulung) innerhalb von 12 Monaten nachgekommen. Bedeutsame Einflussfaktoren auf die Schulungswahrnehmung sind Geschlecht, DMP- Teilnahmedauer, durchgeführte Netzhautuntersuchungen sowie Vorliegen von kardio-vaskulären Begleiterkrankungen. Mit zunehmender DMP-Laufzeit wird den Patienten immer häufiger direkt bei ihrer Einschreibung eine Diabetes-Schulung empfohlen. Die Nationale VersorgungsLeitlinie definiert zum Ziel von Schulungsprogrammen: Die Schulung soll Menschen mit Diabetes zur Auseinandersetzung mit ihrer Erkrankung motivieren und Fertigkeiten (wie Selbstkontroll- und Änderungsbereitschaft, Ernährungs- und Bewegungsverhalten) vermitteln, die für eine erfolgreiche Umsetzung der Therapie im Alltag notwendig sind. Die Schulung soll auf eine Verbesserung der Prognose des Diabetes, eine Integration der Erkrankung in den Alltag und die Erhaltung der Lebensqualität ausgerichtet sein und dadurch das Selbstmanagement der Patientinnen/Patienten fördern. Die Schulung soll die Menschen mit Diabetes über Diagnostik, Behandlung und Komplikationen der Krankheit informieren und sie bei verhaltensbezogenen, psychischen und sozialen Problemen im Zusammenhang mit der Erkrankung unterstützen (NVL Diabetes - Strukturierte Schulungsprogramme). Da der Schulungsstatus der Typ-1-Diabetiker im DMP nur bis zur Dokumentationsumstellung zum 2. Halbjahr 2008 erhoben wurde, lässt sich dieser Parameter ausschließlich für jene Patienten zuverlässig ermitteln, welche vor diesem Zeitpunkt eingeschrieben wurden. Hinsichtlich der Diabetes- Schulungen kann mit 89,5 % ein großer Teil dieser Patienten als jemals geschult gelten (Tabelle 7-17). Betrachtet man hingegen die Quoten der Schulungswahrnehmung nach Empfehlung, ergibt sich ein anderes Bild: Knapp der Hälfte aller eingeschriebenen Patienten wurde eine Diabetes-Schulung empfohlen und sechs von zehn dieser Patienten haben nach dieser Empfehlung an solch einer Schulung teilgenommen. Die entsprechenden Anteile in Bezug auf Hypertonie-Schulungen sind wesentlich geringer. Hier haben nur knapp 14 % der vor dem 2. Halbjahr 2008 eingeschriebenen Patienten mit einer arteriellen Hypertonie an einer entsprechenden Schulung teilgenommen. Lediglich 6,9 % aller Patienten mit 125

126 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 einer arteriellen Hypertonie wurde sie empfohlen und 30 % dieser Diabetiker absolvierten im Anschluss die empfohlene Schulung. Im Gegensatz zur Darstellung der Qualitätszielerreichungsquoten hinsichtlich der Hypertonie-Schulungen (Tabelle 7-17) wurden an dieser Stelle ausschließlich diejenigen Patienten betrachtet, für welche im Rahmen der DMP-Dokumentationen eine arterielle Hypertonie angegeben wurde. Tabelle 7-17: Diabetes- und Hypertonie-Schulungen Alter (Jahre) Geschlecht Diabetes-Schulung w m insg. Basis jemals geschult 82,6 89,0 90,2 90,4 88,8 89, a Schulung empfohlen 59,4 48,5 41,0 46,5 45,4 45, b Schulung wahrgenommen 77,1 60,4 63,4 64,5 60,9 62, c Hypertonie-Schulung jemals geschult 14,3 11,9 14,4 13,7 13,7 13, d Schulung empfohlen 2,9 5,8 7,4 6,6 7,2 6, b,d Schulung wahrgenommen 0,0 25,3 31,6 32,7 28,2 30,0 627 c,d Bezugsgruppen a: Patienten mit einer Angabe zur Schulung und Einschreibung bis zum , b: Patienten mit Folgedokumentation, c: Patienten mit Schulungsempfehlung; d: Patienten mit arterieller Hypertonie; alle Angaben in %; werden innerhalb von zwölf Monaten zwei empfohlene Schulungen ohne stichhaltige Begründung versäumt, scheidet der betreffende Patient aus dem Programm aus Sowohl das Ausmaß ausgesprochener Empfehlungen als auch dasjenige wahrgenommener Schulungen nach einer Empfehlung weist eine sehr starke Altersabhängigkeit auf. So wird bei Kindern und Jugendlichen eine Diabetes-Schulung im Vergleich zu Typ-1-Diabetikern ab 51 Jahren deutlich häufiger empfohlen. Auch die anschließenden Wahrnehmungsraten liegen bei Kindern und Jugendlichen deutlich höher. Es lassen sich keine ausgeprägten Geschlechtsunterschiede feststellen, jedoch nehmen Frauen etwas häufiger als Männer empfohlenen Diabetes-Schulungen wahr. Auch die Auswirkungen einer wahrgenommenen Diabetes-Schulung auf die HbA 1c -Entwicklung über die Zeit lassen sich zeigen. Im ersten Jahr nach der Schulung sinkt der durchschnittliche HbA 1c -Wert von 7,98 % um 0,24 Prozentpunkte, steigt dann kontinuierlich wieder an und entspricht sieben Jahre nach der Schulung mit 7,91 % in etwa wieder dem Ausgangswert (vgl. Qualitätssicherungsbericht DMP Nordrhein 2013). In einem multivariaten Modell soll beleuchtet werden, welche Faktoren bei erwachsenen Typ-1- Diabetikern die Inanspruchnahme einer zuvor empfohlenen Diabetes-Schulung beeinflussen könnten (Abbildung 7-9). Als bedeutsamste Prädiktoren für eine Schulungswahrnehmung ergeben sich eine zunehmende DMP-Teilnahmedauer sowie die Betreuung in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis. Ebenso zeigt sich ein positiver Zusammenhang zwischen Schulungswahrnehmung und durchgeführter Netzhautuntersuchung. Hingegen werden empfohlene Diabetes-Schulungen seltener wahrgenommen von Männern sowie von Patienten mit kardio-vaskulären Begleiterkrankungen. 126

127 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 Geschlecht (männl.) Alter 41 bis 60 J. Alter 61 J. im DMP seit 5 bis < 9 J. im DMP seit 9 J. HbA 1c > 7,5 % bis 8,5 % HbA 1c > 8,5 % diab. Folgeerkrankung kardio-vask. Begleiterkr. diab. + kardio-vask. Erkr. Betreuung in DSP Netzhaut untersucht 0,88 (0,81 0,96) 1,05 (0,96 1,16) 1,08 (0,94 1,24) 1,42 (1,29 1,57) 1,61 (1,43 1,81) 1,13 (1,02 1,25) 0,92 (0,82 1,02) 1,02 (0,92 1,12) 0,71 (0,54 0,92) 0,96 (0,82 1,13) 1,39 (1,19 1,62) 1,47 (1,34 1,62) Odds-Ratio und 95%-CI erwachsene Patienten; Nagelkerkes R 2 = 0,032, Odds Ratio und 95%-Konfidenzintervall; Referenzgruppen Geschlecht: weiblich, Alter: 40 Jahre, DMP-Teilnahme: < 5 Jahre, HbA 1c : 7,5 %, Komorbidität: keine der betrachteten Begleit- /Folgeerkrankungen (vgl. Tabelle 7-3); Netzhautuntersuchung innerhalb der vergangenen zwölf Monate Abbildung 7-9: Prädiktoren der Wahrnehmung einer Diabetes-Schulung Zuletzt soll untersucht werden, ob sich im Zeitverlauf seit Beginn des DMP der zeitliche Abstand zwischen Einschreibung eines Patienten und der ersten Empfehlung einer Diabetes-Schulung bzw. zwischen einer solchen Empfehlung und der darauf folgenden ersten Schulungswahrnehmung verändert hat. Hierzu wird für die Einschreibekohorten 2006/2007, 2008/2009, 2010/2011 und mittels eines Cox-Regressionsmodells die Zeit bis zur Schulungsempfehlung (Abbildung 7-10) bzw. bis zur Schulungswahrnehmung (Abbildung 7-11) betrachtet, jeweils unter Berücksichtigung des Geschlechts, des Alters sowie des HbA 1c -Werts bei Einschreibung bzw. zum Zeitpunkt der Empfehlung. Der Beobachtungszeitraum wird dabei auf maximal drei Jahre begrenzt. Die Darstellung der Zeit bis zur ersten Schulungsempfehlung zeigt zunächst, dass im Zeitverlauf des DMP der Anteil der Patienten, denen direkt bei Einschreibung eine Diabetes-Schulung empfohlen wird, ansteigt: Während dies in der Kohorte 2006/2007 auf 16,2 % der Patienten zutraf, wurde in der Kohorte bereits 36,1 % der Patienten im Zuge der Einschreibung ins DMP eine Schulung empfohlen. Entsprechend ist am Ende der maximal dreijährigen Beobachtungszeit auch der Anteil der Patienten mit einer Schulungsempfehlung in den jüngeren Kohorten am größten (32,1 % in der Kohorte 2006/2007 vs. 50,6 % in der Kohorte ). Hinsichtlich der Zeit bis zur ersten dokumentierten Schulungswahrnehmung nach einer Empfehlung lässt sich der Abbildung 7-11 entnehmen, dass im DMP-Zeitverlauf der Anteil der Patienten mit gleichzeitiger Dokumentation einer Schulungsempfehlung und -wahrnehmung abnimmt: In der Einschreibekohorte 2006/2007 waren dies 19,2 %, in der Kohorte nur noch 6,8 %. So ergibt sich bei diesen am Ende der Beobachtungszeit ein größerer Anteil von Patienten mit Schulungswahrnehmung (37,1 % in der Kohorte 2006/2007 vs. 56,4 % in der Kohorte ). 127

128 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 Kum. Anteil Patienten mit Schulungsempfehlung (%) 70,0 60,0 50,0 40,0 30,0 20,0 10,0 0, Zeit in Tagen Kohorten: 2006/ / / zeitlicher Abstand zwischen Einschreibung und erster Schulungsempfehlung in Tagen; maximale Beobachtungszeit drei Jahre; 2015: Ausschluss wegen zu kurzer Nachbeobachtungsdauer; Datenbasis: alle zwischen 2006 und 2014 eingeschriebenen Patienten Abbildung 7-10: Zeit bis zur ersten Schulungsempfehlung nach Einschreibung Kum. Anteil Patienten mit Schulungswahrnehmung nach Empfehlung (%) 70,0 60,0 50,0 40,0 30,0 20,0 10,0 0, Zeit in Tagen Kohorten: 2006/ / / zeitlicher Abstand zwischen erster Schulungswahrnehmung nach Empfehlung in Tagen; maximale Beobachtungszeit drei Jahre; 2015: Ausschluss wegen zu kurzer Nachbeobachtungsdauer; Datenbasis: alle zwischen 2006 und 2014 eingeschriebenen Patienten Abbildung 7-11: Zeit bis zur ersten Schulungswahrnehmung nach Empfehlung 128

129 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 Möchte man diese Ergebnisse im Sinne eines DMP-Lerneffekts interpretieren, so lässt sich konstatieren, dass seit Beginn des DMP im weiteren Zeitverlauf zum einen den Patienten immer häufiger direkt bei ihrer Einschreibung ins DMP eine Diabetes-Schulung empfohlen wird Kontrolluntersuchungen und stationäre Einweisungen Die DMP-Dokumentationen ermöglichen Aussagen zu diabetesbezogenen stationären Einweisungen sowie die Durchführung einer augenärztlichen Netzhautuntersuchung. Im Folgenden werden die Parameter zu den stationären Einweisungen und zur ophthalmologischen Netzhautuntersuchung stratifiziert nach Alter bzw. Geschlecht dargestellt. Bei knapp 75 % der Patienten erfolgten ophthalmologische Netzhautuntersuchungen. Im DMP- Zeitverlauf sanken die Quoten von 2008 bis 2015 hier jedoch um 12 Prozentpunkte. Stationäre Einweisungen bzw. deren Veranlassung werden nur sehr selten dokumentiert. Obwohl eine jährliche augenärztliche Netzhautuntersuchung derzeit kein vertraglich festgelegtes Qualitätsziel mehr im DMP Diabetes mellitus Typ 1 darstellt, erfolgt eine solche nach wie vor bei drei Viertel der Typ-1-Diabetiker. Hiervon profitieren vorrangig die älteren Patienten, bei denen eine Quote von 80 % erreicht wird (Tabelle 7-18). Tabelle 7-18: Netzhautuntersuchungen und stationäre Einweisungen Alter (Jahre) Geschlecht w m insg. Basis Netzhaut untersucht a 61,5 71,0 79,7 75,8 73,5 74, stationäre Einweisung b 2,2 0,7 0,6 0,7 0,6 0, stationäre Einweisung veranlasst b 0,4 0,4 0,3 0,4 0,3 0, bei Patienten mit mindestens einjähriger DMP-Teilnahme; a: innerhalb der vergangenen 12 Monate; b: innerhalb der vergangenen 6 Monate, da erst ab dem 2. Halbjahr 2015 dokumentierbar; alle Angaben in % Lediglich 0,7 % der Typ-1-Diabetiker wurden in den vergangenen 6 Monaten diabetesbedingt stationär eingewiesen bzw. wurde eine solche Einweisung bei nur 0,4 % veranlasst. Auffällig ist hier, dass für Kinder und Jugendliche mit 2,2 % die meisten stationären Einweisungen festgehalten sind. Die Betrachtung der zeitlichen Entwicklung seit 2008 zeigt jedoch einen kontinuierlichen Rückgang der Zahl der dokumentierten Netzhautuntersuchungen in den letzten sechs Jahren um über 12 Prozentpunkte (Abbildung 7-12). Ob dieser durch die Streichung der Augenuntersuchung als Qualitätsziel beeinflusst wurde oder ob auch Veränderungen in den strukturellen Bedingungen einer Überweisung zur augenärztlichen Praxis bzw. der entsprechenden Untersuchung denkbar sind, kann anhand der DMP-Datenlage nicht geklärt werden. 129

130 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 % ,7 85, ,8 78,5 78,0 76,7 74,9 74, Patienten mit mindestens einem Jahr DMP-Teilnahmedauer; Querschnittanalyse mit den Angaben aus den Qualitätssicherungsberichten Abbildung 7-12: Häufigkeit einer ophthalmologischen Netzhautuntersuchung seit Hausärztlich und in DSP betreute Patienten Mit 85 % wird ein großer Teil der Typ-1-Diabetiker im DMP in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis betreut. Welche besonderen Merkmale kennzeichnen diese Patienten? Die in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis betreuten Typ-1-Diabetiker haben im Vergleich zu den hausärztlich betreuten Patienten etwas bessere HbA 1c -Werte und erleiden seltener schwere Hypoglykämien. Sie sind in stärkerem Ausmaß von diabetischen Folgekomplikationen, jedoch seltener von kardio-vaskulären Begleiterkrankungen und Hypertonie betroffen. Mit 89,7 % wird der größte Teil der Typ-1-Diabetiker innerhalb des DMP Diabetes mellitus Typ 1 in diabetologischen Schwerpunktpraxen (DSP) behandelt. Unter den in einer DSP betreuten Patienten ist der Anteil der Kinder und Jugendlichen mit 5,5 % deutlich größer als unter den hausärztlich betreuten Diabetikern mit 0,6 %. Daher werden für die im Folgenden dargestellten Vergleiche nur erwachsene Patienten berücksichtigt (Tabelle 7-19). Die in einer DSP betreuten Patienten sind im Durchschnitt fast drei Jahre jünger und unter ihnen befinden sich mehr Frauen als bei den Typ-1- Diabetikern in der hausärztlichen Betreuung. Ihre Stoffwechseleinstellung scheint etwas besser zu sein, ebenfalls sind Stoffwechselentgleisungen bei ihnen seltener dokumentiert. Besonders fällt auf, dass bei den in der DSP Betreuten häufiger eine Neuro-, Retino- oder Nephropathie sowie auffällige Fußbefunde vorliegen. Hingegen treten kardio-vaskuläre Begleiterkrankungen und Ereignisse bei ihnen seltener auf. 130

131 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 Tabelle 7-19: Unterschiede zwischen hausärztlich und in einer DSP betreuten erwachsenen Patienten Hausarzt DSP Merkmale Kohortengröße (n) Geschlecht (weiblich) 41,9 45,4 Altersdurchschnitt (Jahre) 50,0 ± 15,5 47,4 ± 15,9 mittlere DMP-Teilnahmedauer (Jahre) 6,0 ± 3,1 6,3 ± 3,1 Befunde HbA 1c 8,5 % 26,7 24,4 RR 140/90 mmhg 26,8 29,4 BMI 30 kg/m 2 19,3 22,8 Sensibilität auffällig 16,8 23,6 Fuß-, Pulsstatus auffällig 8,8 12,6 Stoffwechselentgleisung ,1 2,9 stationäre Notfallbehandlung 0,9 0,9 Begleiterkrankungen Neuro-, Retino-, Nephropathie 42,2 45,4 Amputation, Dialyse, Erblindung 2,7 2,4 kardio-vaskuläre Komplikation* 18,0 12,8 arterielle Hypertonie 46,9 38,8 Fettstoffwechselstörung 37,3 29,2 Medikation Antihypertensiva 41,7 34,7 Patienten mit aktueller Folgedokumentation; alle Angaben in %, außer für Alter, Teilnahmedauer, HbA 1c, Blutdruck (Mittelwert ± Standardabweichung); * kardio-vaskuläre Komplikation: KHK, AVK, Herzinsuffizienz, Herzinfarkt oder Schlaganfall Insgesamt ist davon auszugehen, dass sich auch die dauerhaft in einer DSP betreuten Typ-1- Diabetiker analog zu den Typ-2-Diabetikern typischerweise in einem fortgeschritteneren Krankheitsstadium befinden, das sich durch eine vergleichsweise günstigere Stoffwechsellage bei einer sich gleichzeitig stärker manifestierenden diabetischen Morbidität kennzeichnen lässt. 131

132 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ Unterschiede zwischen kontinuierlich und diskontinuierlich am DMP teilnehmenden Patienten Um die Kontinuität der Teilnahme der Typ-1-Diabetiker am DMP zu beleuchten, werden die folgenden Aspekte untersucht: Inwiefern und in welchem Ausmaß zeigen sich Diskontinuitäten hinsichtlich der DMP-Teilnahme? Welche Faktoren beeinflussen die durchgängige Teilnahme am DMP? Nur bei 5 bis 6 % der Patienten im DMP liegen weniger als die Hälfte aller möglichen Dokumentationen vor. Diese Patienten mit einer geringen Beobachtungskontinuität sind etwas jünger, weisen eine schlechtere Stoffwechseleinstellung auf und leiden seltener unter diabetischen Folgekomplikationen und auffälligen Fußbefunden. Eine der Anforderungen des DMP-Vertrags ist die kontinuierliche Teilnahme der Typ-1-Diabetiker am Versorgungsprogramm in Form eines regelmäßigen viertel- bzw. halbjährlichen Arzt-Patienten- Kontakts. Für das Auslassen eines turnusmäßigen Untersuchungstermins sind neben längeren Urlaubs- oder Krankenhausaufenthalte auch persönliche Gründe denkbar. Werden mehr als zwei aufeinander folgende Dokumentationsintervalle versäumt, ist entsprechend der Vorgaben des DMP- Vertrags die Ausschreibung des Patienten aus dem DMP vorgesehen. In diesem Abschnitt ist von Interesse, inwiefern sich Beobachtungslücken zeigen und welches Ausmaß diese Diskontinuität bei den Typ-1-Diabetikern annimmt. Analog zum Vorgehen im vorherigen Kapitel werden auch hier alle im Jahr 2015 ins DMP eingeschriebenen Patienten betrachtet. Da diese Patienten zu unterschiedlichen Zeitpunkten eingeschrieben wurden, muss die Anzahl der pro Patient vorliegenden Beobachtungen, also die Anzahl Quartale, aus denen eine Dokumentation vorliegt, relativ zu der Anzahl maximal möglicher Beobachtungen betrachtet werden. Patienten, die bereits seit 2006 teilnehmen, können somit maximal 39-mal dokumentiert worden sein, Patienten, die erst 2015 eingeschrieben wurden, höchstens viermal. Zusätzlich ist pro Quartal zu berücksichtigen, ob die jeweils nachfolgende Dokumentation quartalsweise oder halbjährlich erfolgen soll. Für jede Jahrgangskohorte wird nun berechnet, für wie viele der Patienten weniger als 10 %, 10 bis weniger als 20 %, 20 bis weniger als 30 % etc. bis zu 90 % und mehr Beobachtungen vorliegen. Um die Verteilung übersichtlicher darstellen zu können, werden in der Tabelle 7-20 jedoch zwei gröbere Unterteilungen der Patienten abgebildet: (1) Liegen unter 50 %, 50 bis unter 70 % bzw. 70 % und mehr der möglichen Dokumentationen vor? (2) Liegen unter 80 %, 80 bis unter 90 % bzw. 90 % und mehr der möglichen Dokumentationen vor? Betrachtet man alle im Jahr 2015 eingeschriebenen Patienten, so liegen für 4,8 % der Patienten weniger als die Hälfte der Dokumentationen vor; hingegen wurden für 54,5 % der Patienten mehr als 90 % der möglichen Beobachtungen dokumentiert (Tabelle 7-20). Werden nur Patienten eingeschlossen, die bis 2013 eingeschrieben wurden, so verändern sich die Anteile auf 5,6 % bzw. 49,8 %. Insgesamt ist also nur ein recht geringer Anteil der Patienten von einer geringen Beobachtungskontinuität mit fehlenden Beobachtungen von 50 % und mehr betroffen. 132

133 Anteil Qualitätssicherungsbericht 2015 DMP Nordrhein Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 Tabelle 7-20: Patientengruppen mit unterschiedlich großer Beobachtungskontinuität Basis: alle Patienten 2015 bis 2013 eingeschriebene Patienten 2015 Anteil mindestens vorliegender Beobachtungen über die Gesamtzeit (%) absolut in % absolut in % Einteilung 1: unter , ,6 50 bis unter , ,3 70 und mehr , ,1 Einteilung 2: unter , ,1 80 bis unter , ,1 90 und mehr , ,8 Die Betrachtung der Verteilungshäufigkeiten bestätigt eine hohe Kontinuität für die meisten der DMP-Patienten (Abbildung 7-13). 15% 10% 5% 0% 25% 50% 75% 100%... der möglichen Dokumentationen vorhanden Patienten des Jahres 2015 mit DMP-Beginn bis 2013 Abbildung 7-13: Häufigkeit der Beobachtungskontinuität Im Folgenden wird exemplarisch gezeigt, wie sich die fehlenden Beobachtungen im Zeitverlauf verteilen. Per Zufallsauswahl wurden Fälle gezogen. Basis dieser Auswahl sind Patienten, die im Jahr 2010 eingeschrieben und 2015 dokumentiert wurden. Für die Gruppe der Betroffenen mit mindestens 50 % fehlenden Dokumentationen zeigt sich, dass die Beobachtungslücken häufig aufeinander folgende Quartale umschließen und der Patient somit für einen längeren Zeitraum nicht im DMP 133

134 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 dokumentiert wird. Hingegen zeigen sich bei Betroffenen, für die mindestens 70 % aller möglichen Dokumentationen vorliegen, die Lücken eher in vereinzelten, weiter auseinander liegenden Quartalen (Abbildung 7-14) Anteil vorliegender Quartalsdokumentationen (%): < bis < Basis für die Zufallsauswahl: Patienten des Jahres 2015 mit DMP-Beginn 2010 Abbildung 7-14: Muster der Beobachtungskontinuität Des Weiteren werden zentrale Befunde erwachsener Patienten mit unterschiedlicher Beobachtungskontinuität betrachtet. Typ-1-Diabetiker mit weniger als der Hälfte der möglichen Dokumentationen, sind etwas häufiger männlich und durchschnittlich fünf bzw. bis zu acht Jahre jünger als die übrigen Patienten (Tabelle 7-21). Sie haben wesentlich häufiger einen HbA 1c von mindestens 8,5 %. Hingegen sind sie deutlich seltener von einem auffälligen Fußstatus, von diabetischen Folgekomplikationen bzw. von einer arteriellen Hypertonie betroffen. Schließlich soll in einem multivariaten Regressionsmodell der Einfluss verschiedener Faktoren auf die Beobachtungskontinuität noch genauer beleuchtet werden (Abbildung 7-15). Das Risiko für eine geringe Beobachtungskontinuität bei erwachsenen Typ-1-Diabetikern steigt bei einem erhöhten HbA 1c - Wert um mehr als das Doppelte sowie bei Männern um 27 % an. Hingegen ist das Risiko mit zunehmendem Alter um bis zu 61 % und bei Vorliegen diabetischer Folgekomplikationen um bis zu 30 % sowie bei Betreuung in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis um knapp ein Viertel reduziert. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass sich eine geringe Beobachtungskontinuität mit längeren Unterbrechungen des Arzt-Patienten-Kontakts nur bei einem geringen Anteil der Typ-1-Diabetiker im DMP zeigt. Sie lässt sich etwas eher bei jüngeren DMP-Teilnehmern bzw. bei Diabetikern mit einer schlechteren Stoffwechseleinstellung beobachten. Dass die Patienten mit einer geringen Beobachtungskontinuität seltener von diabetischen Folgekomplikationen und auffälligen Fußbefunden betroffen sind, lässt zusätzlich eine kürzere Erkrankungsdauer vermuten. 134

135 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 Tabelle 7-21: Befunde unterschiedlich kontinuierlich betreuter Patienten Anteil vorliegender Beobachtungen: < 50 % 50 bis < 70 % 70 % Merkmale Kohortengröße (n) Altersdurchschnitt (Jahre) 42,1 14,0 43,5 14,5 49,4 15,6 Geschlecht (weiblich) 40,1 45,0 45,6 betreut in DSP 87,8 89,9 89,6 Befunde HbA 1c 8,5 % 43,7 36,2 21,9 RR 140/90 mmhg 27,8 29,8 29,6 BMI 30 kg/m 2 23,8 21,6 23,1 Sensibilität, Fuß-, Pulsstatus auffällig 14,9 17,9 22,6 Stoffwechselentgleisung ,7 2,5 3,4 Begleiterkrankungen diabetische Folgekomplikation 35,0 44,7 51,1 kardio-vaskuläre Begleiterkrankung 10,6 11,0 15,0 arterielle Hypertonie 27,7 33,8 43,8 bis 2013 eingeschriebene erwachsene Patienten mit aktueller Folgedokumentation; Merkmale, Befunde und Medikation aktuell, Begleiterkrankungen und Folgekomplikationen jemals; diabetische Folgekomplikation und kardio-vaskuläre Begleiterkrankung: vgl. Tabelle 7-3; außer bei Kohortengröße und Alter alle Angaben in Prozent Geschlecht (männl.) Alter 41 bis 60 J. Alter 61 J. diab. Folgeerkrankung kardio-vask. Begleiterkr. diab. + kardio-vask. Erkr. Betreuung in DSP HbA 1c 8,5 % Stoffwechselentgleisung 2014 RR 140/90 mmhg BMI 30 kg/m 2 Sensibilität, Puls-, Fußstatus auffällig 1,27 (1,09 1,47) 0,62 (0,53 0,73) 0,39 (0,30 0,51) 0,70 (0,59 0,83) 0,98 (0,63 1,53) 0,99 (0,74 1,32) 0,77 (0,62 0,96) 2,10 (1,81 2,44) 0,92 (0,59 1,43) 1,04 (0,88 1,23) 1,12 (0,94 1,33) 0,84 (0,68 1,05) Odds-Ratio und 95%-CI Fallzahl im Modell: ; Nagelkerkes R 2 : 0,046; Referenzgruppen Geschlecht: weiblich, Alter: 40 Jahre, HbA 1c : 8,5 %, RR: 140/90 mmhg; BMI: < 30 kg/m 2 ; Komorbidität: keine der betrachteten Begleit-/Folgeerkrankungen (vgl. Tabelle 7-3) Abbildung 7-15: Prädiktoren eines unter 50 % liegenden Anteils insgesamt beobachteter Quartale 135

136 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 Analog zu den Ausführungen zu den Typ-2-Diabetikern kann hier vermutet werden, dass die Adhärenz bei diesen Typ-1-Diabetikern aufgrund eines bislang nicht so weit fortgeschrittenen Erkrankungsstadiums noch gering ausgeprägt sein könnte Patienten, die mindestens ein Jahr an dem DMP nicht mehr teilnehmen Patienten, die aus dem DMP ausscheiden (Dropout) bedürfen der besonderen Aufmerksamkeit. Welche Merkmale charakterisieren jene Patienten, für die aus dem Vorjahr noch eine Folgedokumentation vorliegt und die im derzeitigen Berichtsjahr nicht mehr dokumentiert wurden? Welches sind die zentralen Risiken eines Dropout aus dem DMP? 8,1 % der Patienten des Jahres 2014 werden 2015 nicht mehr dokumentiert. Von 3,6 % dieser Patienten ist bekannt, dass sie verstorben sind. Bei den übrigen aus dem DMP Ausgeschiedenen handelt es sich um eine Gruppe vermutlich länger an Diabetes erkrankter Patienten, mit häufigeren schwerwiegenden diabetischen Folgekomplikationen. Von den Patienten, die 2014 im DMP Diabetes mellitus Typ 1 dokumentiert wurden, liegen für insgesamt (8,1 %) keine Dokumentationen mehr aus dem Jahr 2015 vor. Darunter befinden sich nur 77 Kinder und Jugendliche (4,1 %). Ein Teil der Patienten, die über ein komplettes Berichtsjahr keine Dokumentation aufweisen, werden allerdings im darauffolgenden Berichtsjahr wieder im DMP dokumentiert. Bezogen auf die Patientenzahl von 2013 lag der Anteil der 2015 wieder dokumentierten Patienten bei 1,4 %, bezogen auf die Zahl der 2014 nicht dokumentierten Patienten waren dies 15,3 %. Da in diesem DMP vermehrt Kinder und Jugendliche bzw. junge Erwachsene eingeschrieben sind, ist die Zahl der Sterbefälle vor allem im Vergleich zu anderen Patientenkollektiven in diesem Bericht wie Typ-2-Diabetikern, Betroffenen mit koronarer Herzerkrankung oder chronisch obstruktiver Lungenkrankheit sehr niedrig: Nur für 83 (0,4 %) der Patienten des Jahres 2014 liegt aktuell die Information vor, dass sie zwischenzeitlich verstorben sind. Von den ausgeschiedenen Patienten sind dies 68 (3,6 %). Naturgemäß ist dieser Anteil unter den verbliebenen Patienten deutlich geringer: Von den Diabetikern, die 2015 noch dokumentiert wurden, sind 15 Patienten (0,1 %) im Laufe des Jahres verstorben. Ausgeschiedene Patienten sind im Mittel fast drei Jahre jünger als die verbliebenen Patienten, ihre durchschnittliche Teilnahmedauer im DMP ist kürzer und sie werden etwas seltener in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis betreut (Tabelle 7-22). Unter den Befunden und Interventionen fallen vor allem der deutlich größere Anteil von Patienten mit erhöhten HbA 1c -Werten, die selteneren Stoffwechselentgleisungen sowie die häufigere Notwendigkeit einer stationären Behandlung auf Seiten der ausgeschiedenen Patienten auf. Des Weiteren sind die Anteile von Patienten mit Neuro-, Nephro- oder Retinopathien in der Gruppe der ausgeschiedenen Patienten deutlich geringer, hingegen sind für sie häufiger Amputationen, terminales Nierenversagen oder Erblindungen dokumentiert. 136

137 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 Tabelle 7-22: Unterschiede zwischen verbliebenen und ausgeschiedenen Patienten verblieben ausgeschieden Merkmale Kohortengröße (n) Altersdurchschnitt (Jahre) 47,5 15,5 44,8 17,3 Geschlecht (weiblich) 45,2 43,5 mittlere DMP-Teilnahmedauer (Jahre) 5,9 2,7 4,5 2,9 betreut in DSP 88,5 84,1 Befunde HbA 1c 8,5 % 24,0 39,3 RR 140/90 mmhg 29,1 29,1 BMI 30 kg/m 2 22,0 19,6 Sensibilität auffällig 22,3 21,9 Fuß-, Pulsstatus auffällig 12,1 12,6 Stoffwechselentgleisung ,5 2,5 stationäre Behandlung ,9 1,5 Begleiterkrankungen Neuro-, Retino-, Nephropathie 45,4 37,7 Amputation, Dialyse, Erblindung 2,3 3,0 kardio-vaskuläre Begleiterkrankung a 12,7 15,5 arterielle Hypertonie 39,7 35,3 Fettstoffwechselstörung 29,9 27,4 Medikation Antihypertensiva 36,8 32,6 erwachsene Patienten (bezogen auf das Jahr 2014) mit aktueller Folgedokumentation 2014; a: kardio-vaskuläre Begleiterkrankung: vgl. Tabelle 7-3; Merkmale, Befunde und Medikation 2014, Begleiterkrankungen und Folgekomplikationen jemals, stationäre Behandlung innerhalb der vergangenen 6 Monate bezogen auf 2014; außer Kohortengröße, Alter und Teilnahmedauer alle Angaben in Prozent Das Risiko für das Ausscheiden aus dem DMP ist im multivariaten logistischen Regressionsmodell bei einem HbA 1c -Wert von mindestens 8,5 % fast um das Doppelte erhöht (Abbildung 7-16). Hingegen reduziert sich das Risiko, aus dem DMP auszuscheiden, mit zunehmender DMP-Teilnahmedauer. Wie im vorherigen Abschnitt zum DMP Diabetes mellitus Typ 2 bereits dargelegt, kann nicht geklärt werden, inwiefern weitere Faktoren für ein Ausscheiden aus dem DMP verantwortlich gemacht werden können. Zusammengefasst stellten die aus dem DMP Ausgeschiedenen eine Gruppe von Typ-1-Diabetikern dar, welche eine schlechtere Stoffwechseleinstellung aufweist und häufiger von schweren diabetischen Folgeschädigungen betroffen ist. Zu vermuten wäre, dass es sich bei den ausgeschiedenen Typ- 1-Diabetikern um in ihrem Krankheitsverlauf weiter fortgeschrittene Betroffene handelt. 137

138 Kapitel 7: Diabetes mellitus Typ 1 Geschlecht (männl.) Alter 41 bis 60 J. Alter 61 J. im DMP seit 5 bis < 9 J. im DMP seit 9 J. Betreuung in DSP HbA 1c 8,5 % RR 140/90 mmhg BMI 30 kg/m 2 Sensibilität auffällig Fuß-, Pulsstatus auffällig Stoffwechselentgleisung 2014 stationäre Behandlung 2014 Neuro-, Nephro-, Retinopathie Amp., Dial., Erblind. kardio-vask. Begleiterkr. arterielle Hypertonie Fettstoffwechselstörung 0,84 (0,67 1,05) 0,79 (0,60 1,04) 1,02 (0,70 1,49) 0,51 (0,40 0,65) 0,14 (0,09 0,20) 0,88 (0,64 1,21) 1,94 (1,54 2,44) 1,09 (0,85 1,40) 0,91 (0,69 1,20) 1,02 (0,72 1,43) 1,09 (0,75 1,59) 0,57 (0,27 1,24) 2,07 (0,95 4,51) 0,89 (0,66 1,19) 1,50 (0,84 2,69) 1,42 (1,00 2,01) 1,15 (0,86 1,53) 1,11 (0,84 1,47) Odds-Ratio und 95%-CI erwachsene Patienten mit regulär übermittelten Vitalstatusinformationen; Nagelkerkes R 2 = 0,094, Odds Ratio und 95%-Konfidenzintervall; Referenzgruppen Geschlecht: weiblich, Alter: 40 Jahre, DMP-Teilnahme: < 5 Jahre, HbA 1c : 8,5 %, RR: 140/90 mmhg, BMI: < 30 kg/m 2 ; Komorbidität: keine der betrachteten Begleit-/Folgeerkrankungen (vgl. Tabelle 7-3); stationäre Behandlung innerhalb der vergangenen sechs Monate bezogen auf 2014 Abbildung 7-16: Prädiktoren des Ausscheidens aus dem DMP 138

139 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit 8 DMP Koronare Herzkrankheit Abschnitt A, Analysen zum Erreichen der vertraglich definierten Qualitätsziele In den nächsten Abschnitten werden die, für das DMP Koronare Herzkrankheit grundlegenden Voraussetzungen und Ergebnisse präsentiert. Hierzu zählen eine kurze Beschreibung des Erkrankungsbildes und seiner mutmaßlichen regionalen Prävalenz, eine Rekapitulation der wichtigsten Ziele des Programms sowie eine umfangreiche und differenzierte Untersuchung des Erreichens der vertraglich definierten Qualitätsziele. Die folgenden Fragen sollen dabei durch den Text leiten: Welche Qualitätsziele wurden erreicht und welche nicht? Bestehen hierbei Unterschiede zwischen den, nach Alter, Geschlecht und Komorbidität verschiedenen Patientengruppen? Wenn sich solche Gruppenunterschiede nachweisen lassen, welche sind davon dann am bedeutsamsten? Finden sich Veränderungen beim Erreichen der Qualitätsziele gegenüber dem Vorjahr? Existieren daneben Unterschiede beim Erreichen der Qualitätsziele auf der Ebene der teilnehmenden Praxen? 2015 werden vier der sechs patientenbezogenen Qualitätsziele mit einer quantitativen Zielvorgabe sowie das, auf die Qualität der Dokumentationen Bezug nehmende Ziel erreicht. Deutlich übertroffen werden die beiden Ziele zum Absenken des Blutdrucks auf einen normotonen Wert und zur Verordnung von TAH, verfehlt werden dasjenige zur Verordnung von Statinen (wobei hier gegenüber 2014 die gewünschte Quote von 60 auf 80 % erhöht wurde) sowie das zur Verordnung von ACE- Hemmern bei KHK-Patienten im Modul Chronische Herzinsuffizienz. Bei den Zielen ohne quantitative Vorgaben (Nichtraucheranteil, Wahrnehmung empfohlener Schulungen, Bestimmung der Serum- Elektrolyte bei Patienten im Herzinsuffizienz-Modul des DMP) finden sich hohe Raten. Diese Ergebnisse deuten insgesamt auf eine gute Ergebnisqualität hin. Im Vorjahresvergleich lassen sich kaum relevante Veränderungen erkennen. Ausgenommen hiervon ist ein überdurchschnittlicher Zuwachs bei dem Anteil von Patienten im Herzinsuffizienz-Modul, deren Serum-Elektrolyte kontrolliert wurden. Im DMP KHK finden sich allerdings sehr ausgeprägte Unterschiede in der Zielerreichung zwischen unterschiedlichen Patientengruppen. Höhere Raten werden für fast alle Qualitätsziele bei den männlichen Patienten erreicht und tendenziell oft auch bei jüngeren Patienten, mit Ausnahme des Nichtraucheranteils und der Serum-Elektrolytkontrolle. Ebenfalls höhere Raten vor allem in Bezug auf die Verordnungsziele finden sich bei Patienten, die an zusätzlichen kardio-vaskulären Begleiterkrankungen leiden. Allerdings sind diese Patienten in einem geringeren Ausmaß frei von Angina pectoris-beschwerden. Bei KHK-Patienten, die länger an dem DMP teilnehmen, werden höhere Verordnungsraten und vor allem höhere Raten einer Schulungswahrnehmung beobachtet. Multivariate Analysen bestätigen die Bedeutung der Einflussfaktoren Geschlecht, Alter, Komorbidität und DMP-Teilnahmedauer für die Qualitätszielerreichung. Für die meisten Ziele werden in den beteiligten Praxen Raten beobachtet, die vergleichsweise eng beieinander liegen. Insbesondere für eine Schulungswahrnehmung und eine Kontrolle der Serum-Elektrolyte finden sich zwischen den Praxen allerdings deutlichere Unterschiede. Hierfür sind aber die geringen zugrundeliegenden Gruppengrößen ebenso wie unterschiedlich Patientenmerkmale mutmaßlich mitverantwortlich. 139

140 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit 8.1 Definition und Prävalenz der koronaren Herzkrankheit Die koronare Herzerkrankung ist die Manifestation der Arteriosklerose an den Herzkranzarterien. Von den häufig noch symptomfreien Frühstadien der Erkrankung bis hin zu den fortgeschrittenen Stadien mit einer Angina pectoris-symptomatik verschlechtert sich dabei das Verhältnis von Sauerstoffbedarf und -angebot im Herzmuskel. Herzinfarkt, Schlaganfall und periphere arterielle Verschlusskrankheit sind die bedeutendsten Folgeerscheinungen der Arteriosklerose. Herz-Kreislauf- Erkrankungen und die Arteriosklerose werden für 46,4 Prozent aller Todesfälle in Deutschland verantwortlich gemacht und sind damit die führende Todesursache (Baer & Rosenkranz, 2010). Seit einem Höhepunkt um etwa das Jahr 1990 zeigt sich jedoch in Deutschland eine stark rückläufige Häufigkeit der beiden Todesursachen koronare Herzkrankheit und Herzinsuffizienz. Für die koronare Herzkrankheit wird zwischen 1991 und 2013 ein Rückgang von 225 auf 160 an koronarer Herzkrankheit Verstorbene je Einwohner berichtet (Männer: 229 vs. 170, Frauen: 222 vs. 150), für die Herzinsuffizienz im gleichen Zeitraum einer von 76 auf 56 (Männer: 53 vs. 40, Frauen: 97 vs. 73) (Deutscher Herzbericht 2015). Die Prävalenz der koronaren Herzkrankheit in der Bevölkerung unterscheidet sich zwischen Frauen und Männern und nimmt mit dem Lebensalter zu. Aus der Forschungsliteratur lassen sich allerdings für die Altersabstufungen nur relativ grob unterteilte Angaben entnehmen. Demnach liegt die Prävalenz für Männer zwischen 55 und 64 Jahren bei 13,1 Prozent (Frauen: 8,4), im Alter zwischen 65 und 74 Jahren bei 17,7 Prozent (Frauen: 11,1) und ab 75 Jahren bei 18,6 Prozent (Frauen: 16,1) (Baer & Rosenkranz, 2010). Unter Berücksichtigung der Umfrageergebnisse zur Lebenszeitprävalenz einer koronaren Herzkrankheit im Rahmen der GEDA 2009 (Robert Koch-Institut, 2011) bzw. der DEGS1 (Gößwald et al., 2013) wären 2015 unter Berücksichtigung der Alters- und Geschlechtsverteilung der insgesamt GKV-Versicherten in Nordrhein zwischen und Patienten mit koronarer Herzkrankheit zu erwarten. 8.2 Ziele des DMP Koronare Herzkrankheit Am 28. Juli 2004 vereinbarten die Vertragspartner in Nordrhein das Disease Management Programm Koronare Herzkrankheit (KHK). Seit August 2004 können sich Ärzte und Krankenhäuser an dem Programm beteiligen und Versicherte in das DMP einschreiben. Das DMP KHK soll die Qualität der Langzeitversorgung von Patienten mit koronarer Herzkrankheit durch einen strukturierten und kontinuierlichen Behandlungsverlauf sichern und verbessern. Die drei Therapieziele des Programms sind ( 1, Absatz 1): Sicherung und Verbesserung der Qualität der Langzeitversorgung der Patienten mit KHK durch einen strukturierten kontinuierlichen Behandlungsverlauf, Verbesserung der Symptomatik und Lebensqualität der betroffenen Patienten insbesondere durch individuelle systematische Betreuung, Information und Schulung sowie den Patienten durch Information und Motivation zur aktiven Teilnahme und Erfüllung von Behandlungsoptionen anzuregen, die nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse geeignet sind, den Krankheitsverlauf günstig zu beeinflussen und die unter Absatz 2 genannten Ziele zu erreichen. 140

141 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit In dem nachfolgenden Absatz wird ausgeführt, welche konkreten Ziele dabei die Vertragspartner anstreben: Reduktion der Sterblichkeit Reduktion der kardio-vaskulären Morbidität, insbesondere Vermeidung von Herzinfarkten und der Entwicklung einer Herzinsuffizienz Steigerung der Lebensqualität durch Vermeidung von Angina pectoris-beschwerden und Erhaltung der Belastungsfähigkeit Um diese Ziele umzusetzen, soll sich die Behandlung der Patienten an evidenzbasierten Leitlinien orientieren sowie eine qualitätsgesicherte und wirtschaftliche Arzneimitteltherapie erfolgen. Darüber hinaus sollen die Versorgungsebenen miteinander kooperieren und die vertraglich vereinbarten Anforderungen an die Strukturqualität einhalten (siehe Anlage 6, DMP-Vertrag). Außerdem ist die Vollständigkeit, Qualität und Verfügbarkeit der Dokumentationen zu gewährleisten und die Patienten sollen sich aktiv an dem DMP beteiligen. 8.3 Patientengruppen im DMP Koronare Herzkrankheit Die insgesamt KHK-Patienten werden fast ausschließlich in hausärztlichen Praxen betreut (Abbildung 8-1). betreut in (Hausarztpraxis / kardio. Praxis) 98,4 1,6 Geschlecht (weiblich / männlich) 36,3 63,7 Alter ( 65 / / 76 Jahre) 27,0 28,9 44,1 Betreungszeit im DMP (< 4 / 4 < 8 / 8 Jahre) 33,7 33,9 32, % insgesamt Patienten, davon (96,6 %) mit aktueller Folgedokumentation 2015 Abbildung 8-1: Patientengruppen im DMP Koronare Herzkrankheit Die Patientengruppe setzt sich zu etwa einem Drittel aus weiblichen und zu ungefähr zwei Dritteln aus männlichen Patienten zusammen. 27 % der Patienten sind bis zu 65 Jahre alt, 29 % liegen in dem Altersbereich zwischen 66 und 75 Jahren und 44 % in dem über 75 Jahren. Ungefähr ein Drittel aller Patienten ist weniger als vier Jahre in das Programm eingeschrieben, ein weiteres Drittel seit mindes- 141

142 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit tens vier, aber weniger als acht Jahren und das letzte Drittel bereits seit mindestens acht Jahren. Die mittlere Betreuungsdauer im DMP liegt bei 5,9 3,4 Jahren. An dieser Stelle sollen ergänzend die Gruppen kurz beschrieben werden, die sich aus der Kombination von Alter und Geschlecht bzw. Komorbidität und Geschlecht ergeben. Analysen in den folgenden Abschnitten dieses Kapitels greifen häufig eine dieser Unterteilungen auf, um einzelne Befunde differenzierter darzustellen. Gegenüber anderen, aus der Forschungsliteratur bekannten Studienpopulationen mit KHK-Patienten sind in das DMP KHK deutlich mehr Frauen eingeschrieben. Die Patienten weisen ein sehr hohes Durchschnittsalter auf, das über dem aller anderen DMP in Nordrhein liegt. Die am DMP teilnehmenden Frauen sind im Mittel fast vier Jahre älter als die Männer. Über die Hälfte aller weiblichen Patienten ist über 75 Jahre alt und der Anteil über 75-Jähriger Frauen liegt um gut 14 Prozentpunkte über dem der gleichalten Männer (Tabelle 8-1). Tabelle 8-1: Altersverteilung nach Geschlecht Alter (Jahre) alle n % n % n % n % mittleres Alter weiblich , , , ,0 74,4 ± 10,8 männlich , , , ,0 70,8 ± 10,9 zusammen , , , ,0 72,1 ± 11,0 mittleres Alter: Mittelwert ± Standardabweichung Zusätzlich wird die Komorbidität der Patienten zur differenzierten Beschreibung ausgewählter Befunde wie z. B. bei der Qualitätszielerreichung herangezogen. Hierbei wurden vier voneinander unabhängige Gruppen von Patienten gebildet: Patienten ohne eine der nachfolgend betrachteten Begleiterkrankungen, Patienten mit einem Diabetes mellitus, Patienten mit einer kardio-vaskulären Begleiterkrankung, das heißt einem Herzinfarkt oder einer anderen Form des akuten Koronarsyndroms, mit Herzinsuffizienz oder arterieller Verschlusskrankheit oder Schlaganfall, sowie Patienten mit einer Kombination aus einem Diabetes mellitus und einer kardio-vaskulären Begleiterkrankung (Tabelle 8-2). Wie gut zu erkennen ist, sind weibliche und männliche KHK-Patienten von diesen Begleiterkrankungen in unterschiedlichem Ausmaß betroffen: Frauen leiden häufiger an einem Diabetes mellitus; bei Männern sind dagegen kardio-vaskuläre Begleiterkrankungen etwas häufiger dokumentiert. Wie nachfolgend gezeigt wird, treten Begleit- und Folgeerkrankungen wie beispielsweise Herzinfarkt oder Herzinsuffizienz bei Frauen und Männern unterschiedlich häufig auf. Derartige Unterschiede zeigen sich auch bei den aktuellen Befunden und beeinflussen auch die Verordnungshäufigkeiten von 142

143 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Medikamenten. In den weiteren Abschnitten erfolgen deshalb alle relevanten Auswertungen geschlechtsspezifisch. Da außerdem das Alter der Patienten für das Auftreten von Begleiterkrankungen, den Blutdruck und die medikamentöse Versorgung sehr bedeutsam ist, werden alle zentralen Befunde ebenfalls altersspezifisch dargestellt. Zusätzlich erfolgt an ausgewählten Stellen eine Analyse in Abhängigkeit von der Komorbidität der Patienten. Die Qualitätsziele werden außerdem noch nach Betreuungszeit im DMP untersucht. Tabelle 8-2: Komorbidität nach Geschlecht Begleiterkrankung keine Diabetes kardio-vaskulär kardio-vaskulär mellitus und Diabetes n % n % n % n % weiblich , , , ,5 männlich , , , ,1 zusammen , , , ,1 Die Auswertungen zur Häufigkeit spezifischer Begleiterkrankungen basieren auf den Daten aller Patienten, die 2015 im DMP Koronare Herzkrankheit dokumentiert wurden. Darstellungen aktueller Befunde basieren auf dem Patientenkollektiv, von dem eine aktuelle Folgedokumentation aus dem Jahr 2015 vorliegt, dies sind Patienten. Nur für diese Patientengruppe sind Veränderungen der momentanen Situation gegenüber früheren Zeitpunkten abbildbar. Im zusätzlichen Modul Chronische Herzinsuffizienz werden auf Basis der letzten, aus dem Jahr 2015 vorliegenden Folgedokumentation Patienten betreut, (38,6 %) davon sind weiblich, männlich (61,4 %). Bei einer vermuteten Zahl von bis KHK-Patienten unter allen gesetzlich Krankenversicherten Nordrheins (s.o.) würden etwa zwischen 45 bis 48 % dieser Patienten in dem DMP betreut. 8.4 Erreichen der Qualitätsziele im DMP Koronare Herzkrankheit In der Anlage 9 des DMP-Vertrages werden hinsichtlich der arzt- und regionenbezogenen Qualitätssicherung die folgenden Ziele formuliert: hoher Anteil von Hypertonikern mit normotensiven Blutdruckwerten, Reduktion des Anteils rauchender Patienten, hoher Anteil von Patienten, die Thrombozyten-Aggregationshemmer (TAH) erhalten, hoher Anteil von Patienten, die Beta-Blocker erhalten, hoher Anteil von Patienten, die Statine erhalten, hoher Anteil von Hypertonikern, die eine empfohlene Schulung wahrgenommen haben, hoher Anteil von Diabetikern, die eine empfohlene Schulung wahrgenommen haben, hoher Anteil von Patienten, die keine Angina pectoris (A.p.)-Beschwerden aufweisen, Sicherstellung der Vollständigkeit und Plausibilität der Dokumentation. 143

144 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Für aktuell in das Modul Chronische Herzinsuffizienz eingeschriebene KHK-Patienten gelten zusätzlich die Ziele: hoher Anteil von Patienten, die Beta-Blocker erhalten, hoher Anteil von Patienten, die ACE-Hemmer erhalten, hoher Anteil von Patienten, bei denen jährlich die Serum-Elektrolyte überprüft werden. Durch Veränderungen in der Dokumentation zum 1. Juli 2015 ergeben sich eine Reihe von Konsequenzen für einzelne, qualitätszielrelevante Auswertungen. Dies betrifft die folgenden Zielindikatoren: hoher Anteil von Patienten, die TAH erhalten: Durch die zusätzliche Berücksichtigung von Patienten, die orale Antikoagulanzien erhalten, kann die Nennerpopulation verkleinert werden. Also wird die Zahl der Patienten geringer, für die dieses Ziel im engeren Sinne Gültigkeit beansprucht. hoher Anteil von Patienten, die ACE-Hemmer erhalten: Dieses Ziel bezieht sich nur noch auf Patienten, die im Modul Chronische Herzinsuffizienz betreut werden, hierdurch vermindert sich die Nennerpopulation deutlich. Eine weitere Reduktion im Nenner ergibt sich durch die Berücksichtigung der Verordnung von Sartanen (AT1-Rezeptorantagonisten), die jetzt bei der Berechnung der Zielerreichung ausgeschlossen werden können. hoher Anteil von KHK-Patienten mit arterieller Hypertonie oder Diabetes, die eine empfohlene Schulung wahrgenommen haben: bei diesen beiden, bislang im DMP KHK optionalen Qualitätszielen, entfällt der bis Ende Juni 2015 gültige Zeitbezug (Wahrnehmung innerhalb von 12 Monaten nach einer Empfehlung). Jetzt kann ausgewiesen werden, wie viele Patienten jemals nach DMP- Beginn eine empfohlene Schulung wahrgenommen haben. Dies vergrößert die Zählermenge. hoher Anteil von Patienten ohne A.p.-Beschwerden: seit Juli 2015 kann das Auftreten von A.p.- Beschwerden bei einer stabilen A.p.-Symptomatik nach CCS-Schweregrad (Canadian Cardiovascular Society) klassifiziert werden, Patienten ohne eine derartige Kodierung gelten als beschwerdefrei. außerdem wurden die geforderten Quoten bei zwei Zielen erhöht: so ist bezüglich des Anteils normotoner Patienten jetzt eine Rate von 60 % (früher 50 %) sowie bei der Verordnung von Statinen eine von 80 % (früher 60 %) anzustreben Univariate Analyse der Qualitätszielerreichung Elf der genannten Ziele beziehen sich auf die Behandlung der Patienten, von diesen elf weisen sechs eine quantitative Zielvorgabe auf. Rundet man die beim Verordnen von Beta-Blockern nachgewiesene Rate in der Gesamtgruppe aller KHK-Patienten auf eine ganzstellige Zahl auf, dann werden 2015 vier der sechs Ziele mit einer quantitativen Vorgabe erreicht. Deutlich übertroffen werden die beiden Ziele zum Erreichen eines Blutdrucks unter 140/90 mmhg bei Patienten mit arterieller Hypertonie sowie zur Verordnung eines TAH (Abbildung 8-2 und Tabelle 8-3). 144

145 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit RR bei Hypertonie < 140/90 mmhg 65,5 Nichtraucheranteil erhöhen Thrombozyten-Aggregationsh. verordnen Beta-Blocker verordnen Statine verordnen 86,1 83,2 79,6 75,7 Hypertonie-Schulung wahrnehmen Diabetes-Schulung wahrnehmen 50,2 55,6 Anteil Patienten ohne A.p.-Beschwerden erhöhen 92,7 Beta-Blocker verordnen* ACE-Hemmer bei Herzinsuffizienz verordnen* Serum-Elektrolyte bestimmen* 74,0 70,2 80, % *: bei Patienten im Modul Chronische Herzinsuffizienz; grüne Balken: quantitative Zielvorgabe Abbildung 8-2: Erreichen der Qualitätsziele Deutlich unterschritten werden lediglich die anzustrebende Raten für die Verordnung von Statinen bzw. von ACE-Hemmern bei Patienten, die zusätzlich am Modul Chronische Herzinsuffizienz teilnehmen. Gegenüber 2014 verändern sich die 2015 erreichten Quoten bei den Qualitätszielen in der Regel nur marginal in einem Bereich ± 0,4 Prozent. Die einzige Ausnahme hiervon zeigt sich in Form einer ausgeprägten Zunahme des Anteils von KHK-Patienten, die an dem Modul Chronische Herzinsuffizienz teilnehmen und bei denen eine Bestimmung der Serum-Elektrolyte erfolgt ist (+5,7 %). Geschlecht, Alter, Komorbidität und DMP-Betreuungszeit der KHK-Patienten stehen in einem auffälligen Zusammenhang mit der Zielerreichung (Tabelle 8-3). Innerhalb der Gruppe männlicher KHK- Patienten werden meist höhere Quoten beobachtet, insbesondere bei den verordnungsbezogenen Zielen. Hier fällt vor allem die deutlich höhere Quote der Statin-Verordnung auf. Die geforderte Quote beim Verordnen von Beta-Blockern wird in der Teilgruppe der männlichen KHK-Patienten erreicht. Lediglich Nichtraucher und Patienten, die häufiger eine empfohlene Schulung wahrnehmen, finden sich häufiger unter den weiblichen Patientinnen. Jüngere KHK-Patienten erreichen im Vergleich zu älteren eher einen normotonen Blutdruck. Keine ausgeprägten Altersunterschiede bestehen bei der TAH-, Beta-Blocker und ACE-Hemmer-Verordnung, während Statine den ältesten Teilnehmern etwas seltener verordnet werden. Auch hinsichtlich einer Schulungswahrnehmung und der Freiheit von A.p.-Beschwerden findet sich kein deutlicher Altersunterschied. Ein markanter gegenläufiger Alterseffekt zeigt sich beim Nichtraucheranteil und bei der Serum-Elektrolytkontrolle. 145

146 RR bei Hypertonie < 140/90 mmhg Nichtraucheranteil erhöhen Thrombozyten-Aggregationshemmer verordnen Beta-Blocker verordnen Statine verordnen Hypertonie-Schulung wahrnehmen Diabetes-Schulung wahrnehmen keine Angina pectoris- Beschwerden Beta-Blocker verordnen ACE-Hemmer bei Herzinsuffizienz verordnen Serum-Elektrolyte bestimmen Qualitätssicherungsbericht 2015 DMP Nordrhein Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Tabelle 8-3: Erreichen der Qualitätsziele differenziert nach Patientengruppen alle Patienten Qualitätsziele Patienten im Modul* Zielerreichung insgesamt Ziel erreicht (n) Ziel gültig (n) Zielquote 60 k. V k. V. k. V. k. V k. V erreicht 65,5 86,1 83,2 79,6 75,7 50,2 55,6 92,7 80,8 74,0 70, erreicht 65,7 86,4 83,0 79,9 75,5 n. d. n. d. n. d. 80,4 73,6 64,5 in Teilgruppen Geschlecht weiblich 64,3 88,7 79,2 77,9 70,3 51,6 57,3 92,0 78,2 70,8 69,0 männlich 66,1 84,6 85,4 80,7 78,8 49,3 54,6 93,0 82,5 75,9 70,9 Alter (Jahre) 65 66,7 70,5 82,6 79,1 76,9 49,5 54,2 92,9 77,1 72,9 66,1 66 bis 75 65,1 86,5 83,8 80,6 78,0 50,1 56,6 93,2 82,4 73,7 70, ,0 95,0 83,1 79,3 73,5 50,6 55,6 92,1 81,6 74,6 71,7 Komorbidität keine 65,8 86,8 77,6 73,2 68,2 50,6 94,5 Diabetes mellit. 61,5 87,9 75,3 74,2 69,0 50,2 55,3 94,6 kardio-vaskulär 68,1 84,3 87,8 83,0 79,6 48,4 91,9 79,9 72,1 69,2 d + k 64,5 86,7 85,9 82,9 79,7 51,6 55,6 91,3 81,6 75,7 71,0 DMP seit (Jahre) < 4 64,6 82,3 80,7 76,8 72,5 47,0 48,9 92,7 78,0 72,0 71,0 4 bis < 8 65,2 86,2 83,2 80,1 75,6 47,2 54,8 92,8 82,4 75,7 69,2 8 66,5 90,0 85,8 82,2 79,2 53,6 59,7 92,4 81,9 74,1 70,6 *: Modul Chronische Herzinsuffizienz; Patienten mit aktueller Folgedokumentation; n: Anzahl Patienten; keine: keine der genannten Begleiterkrankungen; kardio-vaskulär: arterielle Verschlusskrankheit oder Herzinsuffizienz oder Herzinfarkt oder akutes Koronarsyndrom oder Schlaganfall, d + k: Diabetes mellitus und kardio-vaskuläre Begleiterkrankung; alle Angaben in Prozent; k. V.: keine Zielvorgabe; n. d.: nicht definiert (Ziel existierte 2014 noch nicht) Vermutlich in Folge selektiven Überlebens sind fast alle über 75-jährigen KHK-Patienten Nichtraucher, zudem werden in dieser Altersgruppe im Kollektiv der Patienten, die an dem Modul Chronische Herzinsuffizienz teilnehmen, am häufigsten die Elektrolyte bestimmt. Komorbidität und Zielerreichung hängen in der Regel positiv zusammen. Bei Patienten, die in stärkerem Ausmaß von Begleiterkrankungen betroffen sind, lassen sich oft höhere Raten feststellen. Für die verordnungsbezogenen Ziele wird diese Tendenz besonders deutlich. Der einzige gegenläufige Effekt besteht bei der Freiheit von A.p.-Beschwerden, jene ist bei Patienten ohne die hier betrachte- 146

147 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit ten Komorbiditäten oder bei solchen, die lediglich einen Diabetes mellitus als Begleiterkrankung der KHK aufweisen, etwas größer. Eine längere Teilnahme der Patienten am DMP hat einen positiven Effekt auf die Zielerreichungsquote. Patienten mit mindestens achtjähriger DMP-Betreuungszeit erzielen bei fast allen Zielen die höchsten Raten. Zum Teil liegen diese deutlich über denen der Patienten, die weniger als vier Jahre im DMP betreut werden. Lediglich in Bezug auf die A.p.-Beschwerdefreiheit sowie bei den Patienten im Modul Chronische Herzinsuffizienz ist dieser zeitliche Effekt nur schwach wirksam Multivariate Analyse der Qualitätszielerreichung In dem Bericht für das Jahr 2015 werden innerhalb der multivariaten Analysen die acht patientenbzw. behandlungsbezogenen Qualitätsziele berücksichtigt, die für alle, in dem DMP KHK betreuten Patienten gelten. Der Aufbau dieser Modelle schließt systematisch immer ein identisches Set patientenbezogener Variablen ein. Dies sind das Geschlecht, das Alter, die Betreuungszeit im DMP, die Komorbidität, eine eventuelle Koronarintervention (jemals erfolgte PTCA, Bypass-OP oder Koronarangiografie) sowie die KHK-spezifische Medikation (TAH, Antihypertensiva, Statine). Die Merkmalsausprägungen bzw. das beschriebene Grundset werden bei der Modellierung des Erreichens von Qualitätszielen, die nur für eine Patiententeilgruppe mit spezifischer Begleiterkrankung (Wahrnehmung einer Diabetes-Schulung bei Diabetes mellitus als Begleiterkrankung) gelten bzw. auf eine KHKspezifische Medikation ausgerichtet sind (Verordnen von TAH, Beta-Blockern, Statinen), entsprechend reduziert. Die statistische Chance dafür, dass ein Blutdruck unter 140/90 mmhg erreicht wird, wenn gleichzeitig eine arterielle Hypertonie vorliegt, ist bei länger im DMP betreuten Patienten etwas größer (OR bis zu 1,07; Tabelle 8-4) und bei solchen, bei denen eine Koronarintervention erfolgte oder die mit TAH oder Statinen versorgt werden (OR bis zu 1,18). Vor allem für ältere KHK-Patienten, aber insbesondere auch für KHK-Patienten mit der Begleiterkrankung Diabetes mellitus besteht dagegen ein größeres Risiko, das Blutdruckziel zu verfehlen (OR bis zu 0,83). Die extrem hohe Chance älterer Patienten, nicht mehr zu rauchen (OR bis 7,45), ist mutmaßlich auf den bereits mehrfach erwähnten Selektions- bzw. Überlebenseffekt älterer nichtrauchender KHK- Patienten zurückzuführen. In etwas geringerem Ausmaß liegt hier auch ein positiver Zusammenhang mit einer längeren Betreuungszeit im DMP vor (OR bis zu 1,32). Das Vorliegen einer kardio-vaskulären Begleiterkrankung erweist sich als risikoerhöhend, Patienten mit einer solchen Begleiterkrankung tendieren also eher dazu, noch zu rauchen (OR bis zu 0,76). Dies gilt übrigens auch für die Teilgruppe männlicher KHK-Patienten (OR 0,89). Für das Verordnen von TAH, Beta-Blockern und sowie Statinen zeigen sich in den multivariaten Modellen relativ übereinstimmende Befunde. Mit Ausnahme des Verordnens von Beta-Blockern haben stets männliche KHK-Patienten eine signifikant höhere statistische Chance, diese verordnet zu bekommen (OR bis 1,24). Während sich mit wachsendem Alter der Patienten die Chance für die Verordnung von TAH leicht erhöht (OR bis 1,15), reduziert sie sich hinsichtlich der Verordnung von Beta- Blockern und vor allem Statinen (OR bis 0,77). 147

148 RR bei Hypertonie < 140/90 mmhg Nichtraucheranteil erhöhen Thrombozyten-Aggregationshemmer verordnen Beta-Blocker verordnen Statine verordnen Hypertonie-Schulung wahrnehmen Diabetes-Schulung wahrnehmen keine Angina pectoris- Beschwerden Qualitätssicherungsbericht 2015 DMP Nordrhein Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Tabelle 8-4: Prädiktoren der Qualitätszielerreichung Qualitätsziele Prädiktor Geschlecht männlich 1,03 Alter ( 65 Jahre) 1,01 1,05 66 bis 75 0,93 0,91 0, ,93 0,91 0,95 Komorbidität (keine) Diabetes mellitus 0,83 0,81 0,86 kardio-vaskulär 1,03 1,00 10,6 kardio-vas. + Diab. 0,88 DMP seit (< 4 Jahren) 0,86 0,91 4 bis < 8 1,03 1,00 1,05 8 1,07 1,05 1,10 Koronarintervention erfolgt 1,09 Medikation 1,07 1,12 TAH 1,18 1,15 1,21 Antihypertensiva 1,00 0,96-1,03 Statine 1,17 1,14 1,20 0,89 0,87 0,92 2,57 2,49 2,64 7,45 7,20 7,72 1,00 0,96 1,05 0,76 0,73 0,79 0,79 0,76 0,82 1,13 1,09 1,16 1,32 1,28 1,37 1,07 1,04 1,11 0,79 0,76 0,83 1,18 1,13 1,23 0,99 0,95 1,02 1,23 1,20 1,26 1,07 1,03 1,10 1,15 1,11 1,18 0,83 0,80 0,86 1,25 1,20 1,29 1,04 1,01 1,08 1,02 0,99 1,05 1,02 0,99 1,05 2,39 2,33 2,46 2,29 2,22 2,38 4,89 4,76 5,01 0,99 0,96 1,01 1,04 1,01 1,07 0,96 0,94 0,99 1,07 1,03 1,10 1,35 1,31 1,39 1,35 1,30 1,39 1,12 1,09 1,15 1,15 1,12 1,19 1,42 1,38 1,45 2,13 2,07 2,19 2,10 2,05 2,15 1,24 1,21 1,27 0,99 0,96 1,02 0,77 0,75 0,79 1,09 1,06 1,13 1,13 1,09 1,16 1,21 1,17 1,25 1,05 1,02 1,08 1,14 1,11 1,18 2,37 2,31 2,42 4,89 4,76 5,01 2,58 2,49 2,66 0,93 0,89 0,98 0,97 0,92 1,03 0,96 0,91 1,01 0,97 0,91 1,05 0,96 0,90 1,02 1,07 1,00 1,14 1,05 0,99 1,11 1,40 1,2 1,49 0,83 0,79 0,87 0,90 0,85 0,95 1,03 0,96 1,12 0,92 0,87 0,97 0,90 0,85 0,95 1,03 0,96 1,11 0,95 0,89 1,02 1,05 0,99 1,12 1,31 1,22 1,42 1,66 1,54 1,79 0,83 0,78 0,88 0,87 0,80 0,94 1,01 0,91 1,13 1,04 0,97 1,12 1,19 1,15 1,23 1,06 1,02 1,11 0,93 0,90 0,97 1,01 0,95 1,08 0,69 0,65 0,72 0,64 0,61 0,67 1,10 1,05 1,14 1,04 1,00 1,09 0,94 0,90 0,97 0,89 0,85 0,94 0,91 0,85 0,96 1,11 1,07 1,16 Fallzahl im Modell R 2 0,009 0,146 0,244 0,110 0,234 0,013 0,015 0,009 Odds Ratio (oberer Zahlenwert) und 95 %-Konfidenzintervall; Patienten mit aktueller Folgedokumentation; Referenzgruppen mehrstufiger Prädiktoren kursiv gesetzt (bei dem Prädiktor Komorbidität Referenzgruppe für das Ziel Diabetes-Schulung: Diabetes mellitus); Komorbidität, keine: keine der genannten Begleit- und Folgeerkrankungen (kardio-vaskulär: arterielle Verschlusskrankheit, Herzinfarkt, akutes Koronarsyndrom, Herzinsuffizienz oder Schlaganfall, kardio-vas. + Diabet.: kardio-vaskulär und Diabetes mellitus); R 2 : Nagelkerkes R 2 ; TAH: Thrombozyten-Aggregationshemmer Das Vorliegen kardio-vaskulärer Begleiterkrankungen erhöht für alle drei Wirkstoffe die Chance einer Verordnung (OR bis zu 1,35). Noch stärker ist allerdings der positive Zusammenhang mit einer erfolgten Koronarintervention (OR bis zu 2,39). Eine Verordnung aller drei Wirkstoffe hängt zudem, was 148

149 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit nicht weiter verwundert, außerordentlich hoch miteinander zusammen (OR bis zu 4,89). Der Einfluss einer längeren Betreuungszeit im DMP ist dagegen für das Verordnen von TAH, Beta-Blockern oder Statinen eher unbedeutend und uneinheitlich (OR zwischen 0,83 und 1,35). Für die Wahrnehmung einer empfohlenen Schulung nach Eintritt in das DMP erweist hauptsächlich die Dauer der DMP-Teilnahme als relevanter Einflussfaktor. Patienten, die bereits acht Jahre oder länger an dem DMP KHK teilnehmen, haben eine deutlich höhere Chance, eine Hypertonie- oder Diabetes-Schulung wahrgenommen zu haben (OR bis zu 1,66). Insbesondere Patienten, bei denen eine Koronarintervention erfolgte, weisen dagegen eine reduzierte Chance hierfür auf (OR 0,83). Das Vermeiden von Angina pectoris-beschwerden korreliert vor allem mit dem Geschlecht, hier weisen Männer eine höhere Chance auf (OR 1,19). Negativ wirkt sich auf diese Zielvariable insbesondere das Vorliegen kardio-vaskulärer Begleiterkrankungen aus (OR bis zu 0,64). Insgesamt bestätigen die multivariaten Analysen, dass für das Erreichen der Qualitätsziele das Geschlecht, das Alter und das Vorliegen kardio-vaskulärer Begleiterkrankungen in ähnlichem Ausmaß und fast durchgängig für alle Ziele von Bedeutung sind, während die Betreuungszeit im DMP lediglich für die Ziele zum Nichtraucheranteil sowie zur Schulungswahrnehmung sehr bedeutsam ist. Die parallel festzustellenden, hohen Zusammenhänge mit einer jemals erfolgten Koronarintervention und einer, zu dem jeweiligen verordnungsbezogenen Ziel komplementären Medikation lassen sich als Indikatoren einer entsprechend intensiven und in erster Linie vom Auftreten spezifischer Begleiterkrankungen abhängenden Therapie der KHK-Patienten deuten Analyse der Qualitätszielerreichung auf Praxisebene Neben der Zielerreichung auf Patientenebene ist auch die Streubreite der Raten auf Ebene der teilnehmenden Praxen relevant für ein Verständnis der Ergebnisse im DMP KHK. In Bezug auf Praxen, die mindestens 10 Patienten im DMP betreuen, wurde ermittelt, wie viele Patienten in der Praxis jeweils das Qualitätsziel erreichen. Gezeigt wird, welche Quoten in jeweils 5, 25, 50, 75 und 95 Prozent dieser Praxen erreicht werden (Abbildung 8-3). Der Grad der Zielerreichung schwankt zwischen den Praxen teilweise beträchtlich. Bezogen auf den Interquartilbereich, also die Häufigkeiten, die in 25 bis 75 Prozent der betrachteten Praxen vorliegen, werden ACE-Hemmer zwischen 41 und 90 % jener Patienten einer Praxis verordnet, die zusätzlich an dem Modul Chronische Herzinsuffizienz teilnehmen. Noch unterschiedlicher stellt sich das Ausmaß der Schulungswahrnehmung je Praxis dar, hier liegen die Interquartilbereiche zwischen 0 und 60 % (Hypertonie-Schulung) sowie zwischen 17 und 78 % (Diabetes-Schulung) der betreffenden Patienten einer Praxis. Ebenfalls über einen weiten Bereich erstreckt sich auch die Bestimmung der Serum- Elektrolyte bei Patienten im Herzinsuffizienz-Modul (46 bis 100 %). Vergleichsweise eng beieinander liegen dagegen die Verordnungshäufigkeiten von TAH, Beta-Blockern und Statinen sowie der als normoton, als Nichtraucher bzw. als A.p.-beschwerdefrei dokumentierte Patientenanteil, für die sich der Interquartilbereich jeweils nur über 7 bis 23 Prozentpunkte erstreckt. 149

150 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Praxen RR bei Hypertonie < 140/90 mmhg Nichtraucheranteil erhöhen Thrombozyten-Aggregationsh. verordnen Beta-Blocker verordnen Statine verordnen Hypertonie-Schulung wahrnehmen Diabetes-Schulung wahrnehmen Anteil Patienten ohne A.p.-Beschwerden Beta-Blocker verordnen* ACE-Hemmer bei Herzinsuffizienz verordnen* Serum-Elektrolyte bestimmen* % % der Patienten, die das jeweilige Ziel in 5, 25, 50, 75 und 95 % der Praxen erreichen, und Anzahl Praxen, die mindestens 10 Patienten mit aktueller Folgedokumentation betreuen Abbildung 8-3: Praxenspezifische Unterschiede bei den Zielerreichungsquoten Diese Ergebnisse zeigen, dass die meisten der Qualitätsziele im DMP Koronare Herzkrankheit von den beteiligten Praxen vergleichbar gut erreicht werden. Eine beträchtliche praxisspezifische Schwankungsbreite findet sich allerdings bei der ACE-Hemmerverordnung, der Wahrnehmung einer empfohlenen Schulung und der regelmäßigen Bestimmung der Serum-Elektrolyte. Verantwortlich sind hierfür neben Unterschieden auf der Patientenseite (Altersstruktur, Komorbidität) mutmaßlich auch zum Teil die geringe Größe der hier teilweise betrachteten Patientengruppen (ACE-Hemmerverordnung und Serum-Elektrolytkontrolle bei Patienten im Modul, Schulungswahrnehmung nach einer spezifischen Empfehlung) Vollständigkeit und Plausibilität der Dokumentation Mindestens 95 Prozent aller Dokumentationen sollen beim ersten Eingang vollständig und plausibel sein. Laut Mengenbericht lagen der Datenstelle bis zum Stichtag kumulativ Dokumentationen aus dem DMP Koronare Herzkrankheit vor, hierbei handelt es sich ausschließlich um fristgerecht eingereichte Dokumentationen, von denen mehrfach eingereichte bereits abgezogen worden sind. Insgesamt wurden bzw. 0,65 Prozent als unvollständig bzw. unplausibel bewertet. Im Vorjahr lag diese Quote bei 0,72 Prozent. Das vertraglich festgelegte Ziel (< 5 Prozent) wird somit weit übertroffen. 150

151 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Abschnitt B, Vertiefende Analysen 8.5 Patientenmerkmale und Befunde bei der Einschreibung Der nachfolgende Abschnitt widmet sich der Frage, ob sich Patienten, die 2015 in das DMP eingeschrieben wurden, von denen unterscheiden, deren Einschreibung im Vorjahr erfolgte werden im Vergleich zum Vorjahr etwas mehr Patienten im Alter ab 76 Jahren in das DMP KHK eingeschrieben, bei denen seltener eine arterielle Hypertonie oder Verschlusskrankheit, eine Fettstoffwechselstörung bzw. ein Herzinfarkt/ACS oder ein Schlaganfall dokumentiert sind. Auf der anderen Seite nimmt der Anteil von KHK-Patienten mit Diabetes mellitus oder COPD leicht zu. Auf der Ebene der Verordnungsraten sowie der Koronarinterventionen zeigt sich entweder eine weitgehende Konstanz (Interventionen, TAH, Statine) oder ein geringfügiger Rückgang (Beta-Blocker, ACE-I). Analog zu dem Vorgehen in dem Kapitel zum DMP Diabetes mellitus Typ 2 wurden in den Vorjahren an dieser Stelle die KHK-Einschreibekohorten seit 2004 hinsichtlich zentraler Merkmale verglichen. Die Ergebnisse hierzu sind gleichfalls in den früheren Qualitätssicherungsberichten ausführlich dargestellt. Im Folgenden werden deshalb auch für das DMP KHK lediglich die beiden letzten Einschreibekohorten direkt einander gegenübergestellt. Von den Patienten, die im Vorjahr eingeschrieben wurden, unterscheiden sich die 2015 in das DMP KHK eingeschriebenen Patienten kaum (Tabelle 8-5). So liegt das mittlere Alter 2015 nur um 0,1 Jahre unter dem Vorjahreswert. Der Anteil von Patienten ab 76 Jahren ist leicht gewachsen, während derjenige von Patienten im Alter zwischen 66 und 75 Jahren rückläufig ist. Das Verhältnis von Männern zu Frauen hat sich geringfügig und einem Trend der Vorjahre folgend erneut leicht zugunsten der männlichen Patienten verschoben. Hinsichtlich Blutdruck, A.p.-Symptomatik und Raucheranteil sind im Vorjahr sowie 2015 entweder völlig identische oder leicht höhere (A.p.-Symptomatik) Anteile zu erkennen. Für die Anteile von neu eingeschriebenen KHK-Patienten mit arterieller Hypertonie oder Verschlusskrankheit oder einer Fettstoffwechselstörung zeigen sich leicht geringere Häufigkeiten. Die deutlich geringeren Anteile von Patienten mit einem Herzinfarkt/ACS bzw. einem Schlaganfall sind primär bedingt durch die Umstellung der Dokumentation im Juli 2015 zu erklären. Seither kann ein akutes Koronarsyndrom nicht mehr dokumentiert werden und ein Schlaganfall wird nicht als anamnestisch gesicherte Begleiterkrankung, sondern als ein relevantes Ereignis der jüngeren Zeit festgehalten. Die Anteile von KHK-Patienten mit einem Diabetes mellitus oder einer COPD haben leicht zugenommen. Bei der Medikation erweisen sich die Raten für eine TAH- oder Statin-Verordnung als nahezu konstant, während diejenigen von Beta-Blockern und ACE-Hemmern 2015 im Vergleich zu Vorjahr jeweils etwas geringer ausfallen. Auch dieser Befund muss teilweise (ACE-I) im Zusammenhang mit der neuen Dokumentationsmöglichkeit von Sartanen gesehen werden. Allerdings könnte auch der höhere Anteil von KHK-Patienten mit einer COPD hierbei (Beta-Blocker) eine Rolle spielen. Auf der Ebene der Koronarinterventionen besteht ebenfalls praktisch kein Unterschied. 151

152 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Tabelle 8-5: Patientenmerkmale, Befunde, Begleiterkrankungen, Verordnungen und Interventionen bei Einschreibung 2014 und 2015 Merkmale Kohortengröße (n) Altersdurchschnitt (Jahre) 67,8 ± 12,0 67,7 ± 12,2 Alter 65 (Jahre) 41,3 41,2 Alter (Jahre) 28,7 27,9 Alter 76 (Jahre) 30,0 30,9 Geschlecht (männlich) 62,2 62,4 Befunde RR 140/90 mmhg 35,9 35,9 typische / stabile A.p.-Symptomatik 14,6 15,1 Rauchen 19,2 19,2 Begleiterkrankungen arterielle Hypertonie 77,4 76,0 Herzinfarkt / ACS 40,7 31,6 Herzinsuffizienz 9,7 9,8 arterielle Verschlusskrankheit 6,4 5,9 Schlaganfall 4,2 2,9 Fettstoffwechselstörung 59,6 58,6 Diabetes mellitus 32,6 33,0 COPD 12,2 12,7 Medikation, Intervention Thrombozyten-Aggregationshem. 77,9 77,6 Beta-Blocker 74,1 72,8 ACE-Hemmer 66,7 65,9 Statine 68,7 68,5 PTCA, Bypass-OP, Angiografie 49,0 48,7 Datenbasis: 2014 und 2015 in das DMP eingeschriebenen Patienten; alle Angaben außer zur Kohortengröße und zum Altersdurchschnitt (Mittelwert ± Standardabweichung) in Prozent Zusammengefasst lassen diese Ergebnisse den Schluss zu, dass der Anteil älterer Patienten im DMP KHK zunimmt, während derjenige mit einer Vorbelastung durch einen Herzinfarkt oder eine AVK vermutlich rückläufig ist. Auf der anderen Seite scheinen KHK-Patienten mit einem Diabetes mellitus oder einer COPD häufiger in DMP KHK eingeschrieben zu werden. Die Medikations- und Interventionsraten deuten auf eine weitgehend konstante Sekundärprävention der KHK bei Einstieg in das DMP hin. 152

153 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit 8.6 Komorbidität Insgesamt 44,1 % der KHK-Patienten sind 76 Jahre oder älter, unter den Frauen sogar mehr als die Hälfte. Vor diesem Hintergrund sowie den oben geschilderten Befunden bei der Analyse der Eingangskohorten ist davon auszugehen, dass es sich deshalb in der Regel um multimorbide Patienten handelt. Die beiden zentralen Fragen lauten in diesem Abschnitt: Welche Begleiterkrankungen kommen am häufigsten vor und welche Patiententeilgruppen sind davon am stärksten betroffen? Nahezu alle in das DMP KHK eingeschriebenen Patienten leiden an mindestens einer weiteren Begleiterkrankung, sie sind also zu recht als ein multimorbides Kollektiv anzusehen. Die drei häufigsten Begleiterkrankungen sind eine arterielle Hypertonie (89,6 %), eine Fettstoffwechselstörung (79,6 %) und ein Diabetes mellitus (46,6 %). Frauen sind häufiger von einer Hypertonie oder Herzinsuffizienz, Männer häufiger von den Folgen eines Herzinfarktes oder einer arteriellen Verschlusskrankheit betroffen. Ältere KHK-Patienten leiden an allen Begleiterkrankungen deutlich häufiger, insbesondere nimmt die Häufigkeit der chronischen Herzinsuffizienz mit dem Alter der Patienten stark zu. Allerdings sind ein Herzinfarkt oder ein akutes Koronarsyndrom bei den älteren KHK-Patienten seltener dokumentiert. Im Folgenden werden die, entweder bereits bei der Anamnese zum Zeitpunkt der Einschreibung oder zu einem beliebigen Zeitpunkt bei einer Folgedokumentation danach erstmals dokumentierten Begleiterkrankungen zusammengefasst ausgewertet. Hierbei reicht die einmalige Dokumentation einer Begleiterkrankung für eine Klassifikation als erkrankt aus. Unabhängig hiervon ist es allerdings in den Folgedokumentationen möglich, das Auftreten eines Herzinfarktes oder Schlaganfalls (seit Juli 2015) als so genanntes relevantes Ereignis zwischen der letzten und der aktuellen Dokumentation festzuhalten. Fraglich ist nach wie vor, in welchem Ausmaß auf dieser Datenbasis und vor dem Hintergrund der Tatsache, dass innerhalb der DMP-Dokumentation keine definierbaren Endpunkte wie zum Beispiel Tod nach Herzinfarkt festgehalten werden können, vollständige Angaben zur tatsächlichen Prävalenz eines Herzinfarktes / ACS in der hier untersuchten Patientenpopulation möglich sind. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die tatsächliche Inzidenz und Prävalenz dieser Ereignisse auf Basis der DMP-Dokumentationen unterschätzt wird. Bei nahezu allen KHK-Patienten (98,6 %) ist eine zusätzliche Begleiterkrankung dokumentiert. Eine arterielle Hypertonie liegt bei neun von zehn Patienten vor, ein Herzinfarkt oder akutes Koronarsyndrom hat sich bei fast fünf von zehn (47,5 %) aller KHK-Patienten ereignet, unter chronischer Herzinsuffizienz leiden zwei von zehn der KHK-Patienten (Tabelle 8-5). Acht von zehn KHK-Patienten weisen darüber hinaus eine Fettstoffwechselstörung auf und bei über vier von zehn wurde ein Diabetes mellitus diagnostiziert. Mit Ausnahme eines akuten Koronarsyndroms treten alle Begleiterkrankungen bei weiblichen und männlichen KHK-Patienten unterschiedlich häufig auf. Frauen sind deutlich häufiger als Männer von einer chronischen Herzinsuffizienz oder einem Asthma bronchiale sowie tendenziell häufiger von einer arteriellen Hypertonie betroffen. Bei Männern sind dagegen deutlich häufiger ein Herzinfarkt, eine arterielle Verschlusskrankheit, ein Schlaganfall oder eine Fettstoffwechselstörung dokumentiert, tendenziell häufiger auch eine chronisch obstruktive Atemwegserkrankung. 153

154 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Tabelle 8-6: Komorbidität nach Alter und Geschlecht Alter (Jahre) alle w m w m w m w m insg. arterielle Hypertonie 83,2 83,4 90,5 90,2 93,4 92,6 90,5 89,1 89,6 in isolierter Form a 65,3 54,8 64,2 55,6 55,0 51,0 59,4 53,5 55,7 chronische Herzinsuffizienz 10,4 11,8 16,2 17,8 28,3 25,5 21,4 18,9 19,9 und Herzinfarkt b 35,5 46,7 30,2 41,2 28,3 39,4 29,4 41,3 36,7 und Hypertonie b 58,7 48,0 66,4 55,7 69,3 58,0 67,7 55,4 60,2 Herzinfarkt 27,4 38,0 23,3 32,9 23,5 32,3 24,3 34,2 30,6 akutes Koronarsyndrom 20,9 20,5 21,9 22,1 22,0 22,4 21,7 21,7 21,7 arterielle Verschlusskrankheit 6,4 8,4 9,6 13,8 10,7 15,8 9,5 12,9 11,7 Schlaganfall 3,5 3,9 5,3 6,6 7,2 8,9 5,9 6,7 6,4 Fettstoffwechselstörung 72,6 78,0 78,5 82,0 79,1 81,7 77,6 80,7 79,6 Diabetes mellitus 38,1 39,7 47,2 51,0 48,7 49,2 46,2 46,8 46,6 COPD 17,8 14,6 17,7 17,5 15,3 17,6 16,4 16,6 16,6 Asthma bronchiale 8,7 4,3 6,7 3,9 5,2 3,4 6,3 3,8 4,7 Patienten insgesamt: , mit Hypertonie (a): , mit Herzinsuffizienz (b): ; alle Angaben in Prozent; Mehrfachangaben möglich; isolierte Hypertonie: ohne Herzinfarkt und Herzinsuffizienz Je älter die KHK-Patienten sind, desto häufiger sind bei ihnen, von einem Herzinfarkt oder einem Asthma abgesehen, Begleiterkrankungen dokumentiert. Besonders ausgeprägt ist dieser Zusammenhang bei der arteriellen Hypertonie und vor allem der arteriellen Verschlusskrankheit sowie der chronischen Herzinsuffizienz. Die beiden zuletzt genannten kardiovaskulären Begleiterkrankungen sind unter den Patienten in einem Alter ab 76 Jahren doppelt bis annähernd dreimal so häufig nachgewiesen wie unter den Patienten, die bis zu 65 Jahre alt sind. Ältere KHK-Patienten leiden ebenfalls sehr viel häufiger an einem Diabetes mellitus bzw. den Folgen eines Schlaganfalls. Im Gegensatz hierzu sind eine isolierte Hypertonie (ohne die parallele Diagnose eines Herzinfarktes oder einer Herzinsuffizienz) und die Diagnose Herzinfarkt bei älteren KHK-Patienten seltener: während sich ersteres mit dem altersabhängigen Anstieg der Komorbidität gut erklären lässt, ist für den zweitgenannten Befund vermutlich vorrangig das selektive Überleben verantwortlich. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass innerhalb der KHK-Patientengruppe eine Teilgruppe älterer Patienten mit besonders hoher Komorbidität existiert. Aus der Forschungsliteratur ist bekannt, dass eine effektive Behandlung bspw. der chronischen Herzinsuffizienz unter diesen Bedingungen sehr anspruchsvoll ist, außerdem haben die betreffenden Patienten ein deutlich erhöhtes Sterberisiko. 154

155 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit 8.7 Schmerzsymptomatik und Risikofaktoren Nachfolgend wird die Befundsituation der Patienten genauer analysiert: In welchem Ausmaß sind die Patienten von einer Angina pectoris (A.p.)-Symptomatik betroffen? Wie häufig sind die Patienten übergewichtig? Entsprechen die Anteile übergewichtiger und rauchender Patienten denjenigen in vergleichbaren KHK-Patientenpopulationen? 8,5 % der KHK-Patienten leiden unter einer A.p.-Symptomatik. 32,3 % der Patienten sind schwer übergewichtig (BMI 30 kg/m 2 ), dies sind etwas mehr als in einer Vergleichsstichprobe von Befragten mit einer KHK (GEDA 2009). 15,4 % der männlichen und 11,3 % der weiblichen KHK-Patienten rauchen aktuell, dies entspricht ungefähr der Häufigkeit in der GEDA-Umfrage. Bei Frauen ist etwas häufiger als bei Männern eine stabile A.p.-Symptomatik nachgewiesen, außerdem liegt diese bei Frauen auch häufiger in den Schweregraden CCS 3 oder 4 vor. Bei älteren KHK- Patienten besteht eine stabile A.p.-Symptomatik ebenfalls etwas öfter. Ein instabile A.p.-Symptomatik ist dagegen nahezu unabhängig von Alter und Geschlecht bei lediglich knapp über einem Prozent der KHK-Patienten dokumentiert (Tabelle 8-7). Tabelle 8-7: Schmerzsymptomatik und Risikofaktoren 2015 nach Alter und Geschlecht Alter (Jahre) alle w m w m w m w m insg. stabile A.p.-Symptomatik 7,5 6,9 7,1 6,6 8,6 7,3 8,0 7,0 7,3 instabile A.p.-Symptomatik 1,3 1,3 1,2 1,1 1,2 1,1 1,2 1,1 1,2 BMI 30 kg/m 2 42,9 39,7 37,6 34,0 28,3 23,4 33,7 31,5 32,3 Rauchen (aktuell) 28,7 29,7 12,7 13,8 4,2 5,6 11,3 15,4 13,9 BMI: Body Mass Index; Patienten mit aktueller Folgedokumentation (Gewicht: ); alle Angaben in Prozent; außer beim BMI Mehrfachangaben möglich; weibl. mit stabiler A.p., davon CCS-Grad 1: 63,5 %, 2: 28,1 %, 3: 6,1 %, 4: 2,2 %; männl. mit stabiler A.p., davon CCS-Grad 1: 63,1 %, 2: 29,3 %, 3: 5,7 %, 4: 2,0 % Ein ausgeprägteres Übergewicht mit einem BMI ab 30 kg/m 2 ist bei weiblichen Patienten häufiger als bei männlichen. Übergewicht und Alter sind negativ miteinander assoziiert, stark übergewichtige KHK-Patienten sind in der Altersgruppe bis zu 65 Jahren auffallend häufiger zu beobachten als in den älteren Altersgruppen. Im Vergleich zu den etwa Befragten mit einer KHK-Diagnose und Angaben zum Gewicht in der Studie GEDA 2009 (RKI, 2011) weisen die KHK-Patienten im DMP etwas häufiger einen BMI ab 30 kg/m 2 auf (32,3 vs. 28,2 %). Männliche und jüngere KHK-Patienten rauchen häufiger. So reduziert sich der Raucheranteil in der Gruppe der 76-Jährigen und älteren auf etwa ein Sechstel der Größe, die in der Gruppe bis zu 65 Jahren vorliegt. Es ist davon auszugehen, dass rauchende Patienten eine geringere Überlebenswahrscheinlichkeit haben. Gegenüber epidemiologischen Daten zur Häufigkeit des Rauchens unter Krankenhauspatienten mit einem Herzinfarkt (Männer 32 %, Frauen 28 %; Löwel et al., 2006) scheint der Raucheranteil unter den KHK-Patienten im DMP deutlich geringer zu sein. In der Studie GEDA 2009 fanden sich allerdings unter Befragten mit einer KHK ähnliche Häufigkeiten, wenn man sich auf die Ausprägung Rauchen: ja, täglich bezieht (Männer 14,8 %, Frauen 10,6 %). 155

156 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit 8.8 Häufigkeit ausgewählter Begleiterkrankungen im Zeitverlauf Mit welcher Prävalenz werden im DMP KHK zwischen 2004 und 2015 Herzinfarkte oder ein akutes Koronarsyndrom (ACS), ein Schlaganfall oder Diabetes mellitus bzw. eine Herzinsuffizienz oder COPD dokumentiert? Ergeben sich innerhalb der ersten beiden Jahre im DMP KHK in Bezug auf das Neuauftreten von Herzinfarkten/ACS, Schlaganfällen oder das Versterben (kombinierter Endpunkt) unterschiedliche Inzidenzen für die verschiedenen Einschreibekohorten? Zwischen 2004 und 2015 nimmt der Anteil von KHK-Patienten, bei denen ein Herzinfarkt oder ein ACS bzw. eine Herzinsuffizienz dokumentiert sind, deutlich ab, während der Anteil von KHK-Patienten anwächst, bei denen zusätzlich eine COPD und vor allem ein Diabetes mellitus dokumentiert sind. In Bezug auf die erstmalige Dokumentation eines kombinierten Endpunktes aus Herzinfarkt/ ACS, Schlaganfall oder Sterbefallereignis zeigt sich eine bedeutende Verringerung der Zwei-Jahres- Inzidenz nach Einschreibung in das DMP von 9,2 % in der Kohorte 2004/05 auf 5,1 % in der Kohorte 2012/13, ausgenommen die Kohorte 2006/07 (11,6 %). Im Rahmen des vorliegenden Berichts wurde der zeitliche Verlauf der Häufigkeit ausgewählter Begleiterkrankungen vom Beginn des DMP bis zum Jahr 2015 untersucht. Diese Auswertung beruht auf den Dokumentationen von insgesamt Patienten, die in diesem Zeitraum an dem DMP teilnahmen. Zwischen 2004 und 2015 verringert sich der Anteil von Patienten im DMP KHK deutlich, bei denen ein Herzinfarkt oder ACS dokumentiert ist. Auch derjenige von Patienten mit einer Herzinsuffizienz weist einen tendenziell rückläufigen Trend auf. Demgegenüber wächst im Zeitverlauf der Anteil von Patienten mit einer COPD und vor allem einem Diabetes mellitus stark (Abbildung 8-4). 50 % Herzinfarkt ACS Schlaganfall Herzinsuffizienz Diabetes mellitus COPD Basis: alle jeweils pro Jahr teilnehmenden Patienten; ACS nur in einer Folgedokumentation festzuhalten, COPD und Schlaganfall erst seit 2008 dokumentierbar Abbildung 8-4: Häufigkeit ausgewählter Begleiterkrankungen Auffällig ist die deutlich geringere Häufigkeit, mit der ein Diabetes mellitus oder eine Herzinsuffizienz bei den KHK-Patienten 2006 und 2007 dokumentiert wurden. Dies ist mutmaßlich auf die Einschrei- 156

157 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit bung entsprechend geringer belasteter Patienten in das DMP in diesen beiden Jahren zurückzuführen. Eine Betrachtung der Inzidenz kardio-vaskulärer Begleiterkrankungen (Herzinfarkt, ACS, Schlaganfall) separat sowie in Kombination mit dem Auftreten eines Sterbefalls (kombinierter Endpunkt) lässt erkennen, dass auch die Inzidenz insgesamt über die Jahre der DMP-Teilnahme sowie innerhalb der ersten beiden Jahre im DMP stark rückläufig ist (Tabelle 8-8). Tabelle 8-8: Inzidenz kardio-vaskulärer Ereignisse und eines kombinierten Endpunktes insgesamt sowie innerhalb der ersten beiden Jahre im DMP nach Einschreibekohorte Erste Dokumentation insgesamt Herzinfarkt ACS Schlaganfall komb. Endpunkt Einschreibung n % n % n % n % n Kohorte 2004/ , , , , / , , , , / , , , , / , , , , / , , , , Erste Dokumentation innerhalb der ersten beiden Jahre 2004/ , , , / , , , , / , , , , / , , , , / , , , , Basis: alle Patienten der jeweiligen Einschreibekohorten; erste Dokumentation: keine Dokumentation einer der genannten Begleiterkrankungen bei Einschreibung; kombinierter Endpunkt: Herzinfarkt, ACS, Schlaganfall oder Tod Aus Gründen des Zeithorizonts der Inzidenzbeobachtung werden hierbei nur die Einschreibekohorten 2004 bis 2013 betrachtet. Die Häufigkeit des Neuauftretens eines kombinierten Endpunktes innerhalb der ersten beiden Jahre im DMP verringert sich gegenüber der Kohorte 2004/05 in der Kohorte 2012/13 von 9,24 auf 5,13 % der Patienten in der jeweiligen Einschreibekohorte. Lediglich für die Kohorte der 2006/07 eingeschriebenen Patienten lässt sich eine leichte Erhöhung der Inzidenz auf 11,62 % feststellen. Für einen Herzinfarkt oder ein ACS halbiert sich in etwa die Inzidenz, für einen Schlaganfall reduziert sie sich auf ein Viertel, jeweils im Vergleich erste vs. letzte Kohorte. In einem multivariaten, logistischen Regressionsmodell erweist sich der Einfluss des Prädiktors Einschreibekohorte gleichfalls als statistisch bedeutsam für die erste Dokumentation eines kombinierten Endpunkts innerhalb der ersten beiden Jahre im DMP (Abbildung 8-5). Im Vergleich zu der frühesten Kohorte haben bis auf die Kohorte 2006/07 die nachfolgenden Einschreibekohorten jeweils ein signifikant geringeres Risiko, dass ein kombinierter Endpunkt erstmalig dokumentiert wird. 157

158 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Geschlecht männlich 0,80 (0,78 0,82) Alter (45 65 Jahre) ,24 (1,20 1,28) 76 1,37 (1,32 1,41) Kohorte (2004/05) 2006/07 1,43 (1,38 1,48) 2008/09 0,63 (0,60 0,65) 2010/11 0,46 (0,44 0,48) 2012/13 0,48 (0,45 0,50) Herzinsuffizienz 0,99 (0,96 1,02) Diabetes mellitus 1,11 (1,08 1,14) COPD 1,17 (1,13 1,21) Odds-Ratio und 95%-CI (kombinierter Endpunkt 2 Jahre) Fallzahl im Modell: ; R 2 : 0,047; Referenzgruppen mehrstufiger Prädiktoren kursiv gesetzt Abbildung 8-5: Prädiktoren der ersten Dokumentation eines kombinierten Endpunktes innerhalb der ersten beiden Jahre im DMP KHK Dieser Effekt tritt hierbei unabhängig von dem eventuellen Vorliegen einer Herzinsuffizienz, eines Diabetes mellitus oder einer COPD auf. Gleichzeitig zeigt sich bei Patienten ab 66 Jahren ein erhöhtes Risiko für das erstmalige Auftreten eines kombinierten Endpunkte. Insgesamt lässt sich somit im DMP Koronare Herzkrankheit über die Jahre eine geringere Prävalenz für Herzinfarkte / ACS und Herzinsuffizienz bei einer Zunahme der Raten für COPD und vor allem Diabetes mellitus feststellen. Auf der anderen Seite ist eine bedeutsame Verringerung der Inzidenz kardio-vaskulärer Ereignisse bzw. von Sterbefallereignissen bei solchen Patienten zu beobachten, die ohne eine entsprechende Vorbelastung in das DMP eingeschrieben wurden. Es muss an dieser Stelle allerdings offen bleiben, in wie weit dies auf eine verbesserte Sekundärprophylaxe innerhalb des DMP zurückzuführen ist. Gleichzeitig spielen sicherlich aber auch hier die Prozesse der selektiven Aufnahme und des selektiven Verbleibens von KHK-Patienten im DMP eine bedeutende Rolle. Da sich das zuletzt genannte Phänomen im Gegensatz zu dem der selektiven Einschreibung innerhalb der DMP-Patientenpopulation untersuchen lässt, setzt sich auch dieses Kapitel in zwei der weiteren Abschnitte (Analyse der Beobachtungskontinuität und des Ausscheidens aus dem DMP) genau mit dieser Frage auseinander. 158

159 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit 8.9 Blutdruck und LDL-Cholesterin Welche Faktoren beeinflussen in der Gruppe der DMP-Patienten den erreichten Blutdruckwert? Wie verändert er sich im Zeitverlauf? Hängt ein hoher Blutdruck mit dem erstmaligen Auftreten eines (nicht tödlichen) Herzinfarkts oder Schlaganfalls zusammen? Welche Fettstoffwechselwerte werden in der Gruppe der KHK-Patienten beobachtet? Zwei Drittel der KHK-Patienten (66,3 %) erreichen einen Blutdruck < 140/90 mmhg. Hierbei besteht eine starke Altersabhängigkeit. 38,3 % der KHK-Patienten mit Herzinfarkt/ACS, Schlaganfall oder Herzinsuffizienz erreichen einen systolischen Blutdruck < 130 mmhg. Die stärksten Blutdruckabsenkungen werden über die Zeit bei Patienten mit sehr hohen Ausgangswerten beobachtet. Für das Neuauftreten eines nicht tödlichen Herzinfarkts oder Schlaganfalls seit 2011 hat der Blutdruck des Jahres 2010 keine signifikante prädiktive Bedeutung, dagegen haben KHK-Patienten mit weiteren Begleiterkrankungen wie arterieller Hypertonie, Diabetes mellitus oder AVK ein teilweise sehr viel höheres Risiko für ein solches Ereignis. Eine Angabe zum LDL-C liegt für 52,1 % der Patienten vor, von diesen weisen 41,9 % (weiblich: 34 %, männlich: 46,3 %) einen Wert unter 100 mg/dl auf. Dem Blutdruck kommt bei der Behandlung von Patienten mit koronarer Herzkrankheit eine besondere Bedeutung zu, da dessen Höhe stark mit dem Risiko eines Schlaganfalls oder Herzinfarktes korreliert, unabhängig von dem Geschlecht und Alter des Patienten (Lip & Beevers, 2007). Für zwei Drittel aller KHK-Patienten (66,3 %) ist in der aktuellen Folgedokumentation ein normotoner Blutdruck, also ein Wert unter 140/90 mmhg angegeben. Bei mehr als jedem vierten Patienten (27,4 %) liegt allerdings der Blutdruck in dem Bereich zwischen 140/90 und 159/99 mmhg, jedoch 6,3 % darüber (Tabelle 8-9). Tabelle 8-9: Blutdruck 2015 nach Alter und Geschlecht Alter (Jahre) alle sys./dia. Blutdruck (mmhg) w m w m w m w m insg. < 120/80 11,7 9,6 8,8 8,9 8,6 10,4 9,3 9,7 9,5 120/80 129/84 28,1 27,5 25,4 25,2 24,1 25,3 25,2 26,0 25,7 130/85 139/89 29,4 30,8 31,1 32,0 30,8 31,1 30,6 31,3 31,0 140/90 159/99 24,9 26,4 27,7 28,0 28,9 27,2 27,8 27,2 27,4 160/ /109 4,9 4,7 5,7 5,0 5,9 4,9 5,6 4,9 5,1 180/110 1,2 0,9 1,4 1,0 1,7 1,0 1,5 1,0 1,2 RR sys < 130 mmhg 42,3 40,0 35,7 35,6 34,0 37,0 36,1 37,5 37, Patienten mit aktueller Folgedokumentation und Angaben zum Blutdruck; alle Angaben in Prozent Blutdruckwerte ab 140/90 mmhg sind bei weiblichen etwas häufiger als bei männlichen KHK- Patienten nachgewiesen. Es besteht außerdem ein Zusammenhang mit dem Alter der Patienten. Jüngere KHK-Patienten weisen häufiger niedrige Blutdruckwerte, ältere Patienten dagegen hohe Blutdruckwerte auf. Dieser Effekt ist bei Frauen noch etwas ausgeprägter als bei Männern. Der Zusammenhang von Blutdruck und blutdrucksenkender Medikation wird in dem Kapitel zur Medikation untersucht. 159

160 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Zur Frage nach den Auswirkungen unterschiedlicher Blutdruckzielwerte auf die Mortalität und Morbidität von Patienten mit arterieller Hypertonie existieren kontroverse Einschätzungen (z. B. Arguedas, Perez und Wright, 2010; Kotseva et al., 2010). Klinische Leitlinien fordern, insbesondere für KHK- Patienten mit zusätzlichen Begleiterkrankungen wie Hypertonie, Diabetes mellitus, Herz- oder Niereninsuffizienz, einen systolischen Blutdruck von 130 mmhg möglichst zu unterschreiten (vgl. Nationale VersorgungsLeitlinie KHK). Im DMP erreichen derzeit 37 % der Patienten insgesamt bzw. 38,3 % von denen mit einem Herzinfarkt/ACS, einem Schlaganfall oder einer Herzinsuffizienz einen niedrigeren Blutdruckwert. In welchem Ausmaß verändert sich der Blutdruck im Verlauf der DMP-Teilnahme? Bei einer Betrachtung aller Patienten zeigt sich, dass gegenüber 62,8 % bei Einschreibung zum Zeitpunkt der aktuellen Folgedokumentation 66,3 % der Patienten normotone Werte aufweisen. Für Patienten mit einer arteriellen Hypertonie erhöht sich dieser Anteil von 61,4 auf 65,5 %. Die Blutdruckveränderung wurde zudem für jene Patienten genauer analysiert, die zwischen 2010 und 2015 über eine Zeitdauer von mindestens sechs Jahren an dem DMP teilnahmen und zwischen 2011 und 2015 in jedem Halbjahr kontinuierlich, also mindestens einmal dokumentiert wurden. Die nachfolgende Darstellung basiert auf den Daten von insgesamt Patienten (Abbildung 8-6). Blutdruck (mmhg), systolisch diastolisch /1 11/2 12/1 12/2 13/1 13/2 14/1 14/2 15/1 15/2 RR sys2010 (mmhg): < < 140 < 130 RR sys mmhg 2010 gruppiert n 2010 Mw ± SD systolischer Blutdruck 2. Hj adj. Mw (95% CI) 2010 Mw ± SD diastolischer Blutdruck 2. Hj adj. Mw (95% CI) ,2 ± 8,4 145,4 (144,9 145,9) 87,9 ± 9,7 80,7 (80,4 81,0) 140 bis < ,3 ± 5,1 137,2 (137,0 137,4) 81,7 ± 6,5 78,5 (78,4 78,6) 130 bis < ,4 ± 2,9 132,3 (132,1 132,4) 78,5 ± 5,1 77,6 (77,5 77,6) < ,6 ± 6,1 127,1 (127,0 127,2) 74,9 ± 5,6 75,9 (75,8 76,0) Längsschnittanalyse für Patienten mit entsprechenden Ausgangswerten 2010 sowie kontinuierlicher Teilnahme bis 2015; Ausgangswert gemittelt; Mw: Mittelwert, SD: Standardabweichung, adj.: adjustiert für Alter und Geschlecht, 95 % CI: 95- Prozent-Vertrauensintervall Abbildung 8-6: Veränderung des systolischen und diastolischen Blutdrucks in Gruppen mit unterschiedlich hohen Ausgangswerten des systolischen Blutdrucks 160

161 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Betrachtet werden die mittleren systolischen und diastolischen Blutdruckwerte in vier Gruppen mit jeweils unterschiedlichen Ausgangswerten des systolischen Blutdrucks. Die Ausgangswerte wurden aus bis zu vier Quartalswerten gemittelt. Die in der Abbildung dargestellten Blutdruckwerte nach 2010 entsprechen geschätzten Mittelwerten. In dem Modell werden die Alters- und Geschlechtsunterschiede berücksichtigt. Die Analyse bestätigt, dass in einer Teilgruppe von Patienten mit sehr hohen Ausgangswerten des systolischen Blutdrucks deutliche Absenkungen sowohl des systolischen ebenso wie des diastolischen Blutdrucks über die Beobachtungszeit auftreten. Dieser Effekt ist unabhängig vom Alter und Geschlecht der Patienten. Über eine Beobachtungsdauer von mindestens sechs Jahren ist bei den meisten Patienten, die kontinuierlich an dem DMP teilnehmen, eine Absenkung beider Blutdruckwerte festzustellen. Um die im Zeitverlauf des DMP erzielten deutlichen Verbesserungen der Blutdrucksituation weiter zu beschreiben, erfolgte zusätzlich eine Längsschnittanalyse der Veränderung der Blutdruckwerte bei Patienten mit ausgewählten kardio-vaskulären Begleiterkrankungen in der Vorgeschichte und kontinuierlicher Teilnahme zwischen 2010 und 2015 (Abbildung 8-7). Blutdruck (mmhg), systolisch 132,0 131,5 131,0 130,5 130,0 129,5 129,0 78,0 77,5 diastolisch 77,0 76,5 76, /1 11/2 12/1 12/2 13/1 13/2 14/1 14/2 15/1 15/2 Begleiterkrankung: Herzinfarkt Schlaganfall Herzinsuffizienz Begleiterkrankung n 2010 adj. Mw (95% CI) systolischer Blutdruck 2. Hj adj. Mw (95% CI) 2010 adj. Mw (95% CI) diastolischer Blutdruck 2. Hj adj. Mw (95% CI) Herzinfarkt ,1 (129,8 130,3) 129,8 (129,5 130,0) 77,0 (76,9 77,2) 76,4 (76,3 76,6) Schlaganfall ,0 (130,7 131,3) 130,3 (130,0 130,6) 77,4 (77,2 77,6) 76,6 (76,4 76,8) Herzinsuffizienz ,5 (130,3 130,8) 129,6 (129,4 129,9) 77,2 (77,1 77,3) 76,4 (76,3 76,6) Längsschnittanalyse für Patienten mit entsprechender Begleiterkrankung sowie kontinuierlicher Teilnahme von 2010 bis 2015; Ausgangswert gemittelt; adj.: adjustiert für Alter und Geschlecht, 95 % CI: 95-Prozent-Vertrauensintervall Abbildung 8-7: Veränderung des Blutdrucks bei Patienten mit Herzinfarkt, Schlaganfall oder Herzinsuffizienz Die durchschnittliche Absenkung des systolischen Blutdrucks über die Zeit beträgt in den drei Patientengruppen mit einem Herzinfarkt, einem Schlaganfall oder einer Herzinsuffizienz bei einem systolischen Ausgangswert von in der Regel etwas über 130 mmhg ca. 0,6 mmhg. Bei den KHK-Patienten mit Herzinfarkt und Herzinsuffizienz wird ein Wert unter 130 mmhg systolisch erreicht. Parallel hier- 161

162 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit zu sinkt in den drei Gruppen der durchschnittliche diastolische Blutdruck von durchschnittlich 77,1 auf 76,4 um ca. 0,7 mmhg. In dieser, auf einen engen Bereich fokussierten Betrachtung ist außerdem zu sehen, dass die Blutdruck-Absenkung stufenförmig verläuft, wobei Phasen des Absinkens meist in den Zeitraum des 2. Halbjahres und die leichteren Anstiege in den des 1. Halbjahres fallen. Hohe Blutdruckwerte erweisen sich innerhalb der Gruppe der Patienten im DMP KHK als ein statistisch weitgehend unbedeutsamer Prädiktor für das Neuauftreten nicht fataler Herzinfarkte oder Schlaganfälle. Nimmt man die Blutdruckeinstellung des Jahres 2010 als Ausgangsbasis, dann zeigt sich zwischen 2011 und 2015 weder bei hohen systolischen noch bei hohen diastolischen Blutdruckwerten ein erhöhtes Risiko für das erstmalige Auftreten eines nicht tödlichen Herzinfarktes (Abbildung 8-8) oder Schlaganfalls (Abbildung 8-9). Es besteht lediglich ein schwach positiver Zusammenhang zwischen einem erhöhten systolischen Blutdruckwert zwischen 140 und 160 mmhg und dem erstmaligen Auftreten eines Schlaganfalls. Dagegen erweisen sich andere Variablen als bedeutsame Risikofaktoren. Hinsichtlich des Erstauftretens eines nicht tödlichen Herzinfarktes oder eines Schlaganfalls haben männliche KHK-Patienten ein wesentlich höheres Risiko als die weiblichen. Ein hohes Alter erhöht das Risiko für einen Schlaganfall, hingegen sinkt in diesem Fall das Risiko für einen Herzinfarkt, mutmaßlich infolge des Nichtüberlebens eines entsprechenden fatalen Ereignisses. Eine längere Teilnahme am DMP verringert lediglich für einen Herzinfarkt dessen Erstauftretensrisiko. Weitere Begleiterkrankungen der KHK dagegen, wie eine arterielle Hypertonie, ein Diabetes mellitus oder eine arterielle Verschlusskrankheit, erhöhen das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall in beträchtlichem Ausmaß. Geschlecht männlich Alter ( 65 Jahre) 66 bis DMP seit (< 4 J) 4 bis < 8 8 Hypertonie Diabetes mellitus Verschlusskrankheit RR sys 2010 : (< 130 mmhg ) 130 bis < bis < RR dias 2010 : (< 85 mmhg ) 85 bis < bis < ,32 (1,24 1,40) 0,80 (0,74 0,87) 0,76 (0,70 0,81) 0,42 (0,34 0,53) 0,41 (0,33 0,51) 1,20 (1,06 1,35) 1,23 (1,16 1,30) 1,45 (1,35 1,57) 0,94 (0,89 1,01) 0,92 (0,85 1,00) 0,98 (0,81 1,19) 1,07 (0,96 1,18) 0,99 (0,85 1,16) 1,27 (0,90 1,79) Odds-Ratio und 95%-CI (Herzinfarkt seit 2011) Fallzahl im Modell: ; R 2 : 0,012; Referenzgruppen mehrstufiger Prädiktoren kursiv gesetzt Abbildung 8-8: Prädiktoren für die Dokumentation eines nicht tödlichen Herzinfarkts seit

163 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Geschlecht männlich Alter ( 65 Jahre) 66 bis DMP seit (< 4 J) 4 bis < 8 8 Hypertonie Diabetes mellitus Verschlusskrankheit RR sys 2010 : (< 130 mmhg ) 130 bis < bis < RR dias 2010 : (< 85 mmhg ) 85 bis < bis < ,16 (1,09 1,25) 1,30 (1,16 1,45) 1,84 (1,66 2,03) 1,10 (0,69 1,74) 1,08 (0,68 1,72) 2,43 (1,96 3,00) 1,42 (1,33 1,52) 2,49 (2,31 2,68) 1,02 (0,95 1,10) 1,15 (1,05 1,27) 1,10 (0,88 1,38) 1,08 (0,95 1,22) 1,07 (0,89 1,28) 1,00 (0,61 1,63) Odds-Ratio und 95%-CI (Schlaganfall seit 2011) Fallzahl im Modell: ; R 2 : 0,036; Referenzgruppen mehrstufiger Prädiktoren kursiv gesetzt Abbildung 8-9: Prädiktoren für die Dokumentation eines nicht tödlichen Schlaganfalls seit 2011 Seit Juli 2015 können erstmals seit dem 1. Halbjahr 2008 im DMP KHK wieder Angaben zum LDL- Cholesterin (LDL-C) der Patienten dokumentiert werden. Bislang liegen für 52,1 % der Patienten hierzu vor. Danach liegt das mittlere LDL-C bei 111,3 36,7 mg/dl. Von den Patienten, für die aus dem 2. Halbjahr ein Wert vorliegt, erreichen 41,9 % ein LDL-C unter 100 mg/dl (weiblich: 34 %, männlich: 46,3 %). Bei 21,8 % liegt das LDL-C über 135 mg/dl (weiblich: 28,7 %, männlich: 18 %). Im querschnittlichen Vergleich mit den zuletzt 2008 übermittelten Werten haben sich danach 2015 die Anteile von Patienten mit einem LDL-C < 100 mg/dl erhöht (weiblich: + 3,3 Prozentpunkte, männlich: + 4,2 Prozentpunkte) Koronartherapeutische Interventionen und Krankenhausbehandlungen Ist die im Rahmen einer guten Sekundärprophylaxe, wie sie das DMP KHK beabsichtigt, angestrebte Anzahl notwendiger stationärer Behandlungen tatsächlich möglichst niedrig? Wie verhält es sich mit der Häufigkeit dokumentierter koronartherapeutischer Interventionen? Stationäre Behandlungen sind 2015 bei 6,1 % der KHK-Patienten dokumentiert. Unterschiede hinsichtlich Alter und Geschlecht sind hierbei nur schwach ausgeprägt. Eine PTCA oder Bypass- Operation bzw. eine Koronarangiografie sind bei 6,3 % bzw. 8,3 % der Patienten erfasst, bei weiblichen und vor allem älteren Patienten erfolgen derartige Interventionen allerdings deutlich seltener. Zusätzlich zur Anzahl KHK-bedingter stationärer Notfallbehandlungen seit der jeweils letzten Dokumentation können seit Juli 2015 auch stationäre Einweisungen im Rahmen des DMP KHK erfasst werden. Dieser neuer Parameter wurde bei der Berechnung der Rate stationärer Behandlungen erstmals mitberücksichtigt ist demnach bei 6,1 % der Patienten eine stationäre Behandlung im Zusammenhang mit der KHK dokumentiert (Tabelle 8-10). 163

164 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Tabelle 8-10: Stationäre Behandlungen und koronartherapeutische Interventionen 2015 nach Alter und Geschlecht Alter (Jahre) alle w m w m w m w m insg. stationäre Behandlung 5,4 6,2 5,7 6,2 6,0 6,5 5,8 6,3 6,1 PTCA oder Bypass-OP 6,8 8,9 5,6 6,8 4,4 5,5 5,2 6,9 6,3 Koronarangiografie 9,4 11,1 8,4 8,6 6,2 7,0 7,4 8,7 8, Patienten mit aktueller Folgedokumentation und Angaben zu stationären Behandlungen; zu PTCA, Bypass-OP, Angiografie: ; alle Angaben in Prozent; Mehrfachangaben möglich Gegenüber weiblichen werden männliche Patienten etwas häufiger stationär behandelt (6,3 vs. 5,8 %). Es besteht auch ein Zusammenhang mit dem Alter der Patienten, stationäre Behandlungen erfolgen in der Gruppe der ältesten Patienten am häufigsten. Ein Vergleich zum Vorjahr ist aufgrund der veränderten Dokumentation nicht möglich. Eine PTCA oder Bypass-Operation ist 2015 bei 6,3 % der KHK-Patienten festgehalten worden. Bei Männern war dies wesentlich öfter der Fall als bei Frauen. Mit wachsendem Alter der Patienten erfolgen perkutane Interventionen oder Bypass-Operationen gleichermaßen bei Männern wie bei Frauen deutlich seltener. Gegenüber dem Vorjahr (6,6 %) zeigt sich ein leichter Rückgang der Häufigkeit dokumentierter koronartherapeutischer Interventionen. Koronarangiografien erfolgten 2015 bei 8,3 % der Patienten im DMP, übereinstimmend mit den Interventionen häufiger bei Männern als bei Frauen. Analog zu den koronartherapeutischen Interventionen existiert auch bei den Koronarangiografien ein markanter Rückgang der Häufigkeit in den höheren Altersgruppen, bei Männern ebenso wie bei Frauen. Gegenüber 2014 (7,4 %) hat sich die Häufigkeit von Koronarangiografien leicht erhöht. 164

165 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit 8.11 Medikation Die medikamentöse Versorgung von Patienten mit koronarer Herzkrankheit spielt in der Sekundärprophylaxe dieser Erkrankung eine zentrale Rolle, die wichtigsten Fragen der nachfolgenden Abschnitte lauten daher: Wie stellt sich die aktuelle medikamentöse Versorgung aller KHK-Patienten und solcher mit spezifischen Begleiterkrankungen dar? Welche Unterschiede bestehen im Verordnungsverhalten auf der Ebene der Praxen? Wie verändern sich die Verordnungshäufigkeiten? Im DMP KHK sind die Verordnungsraten sehr hoch: mindestens acht von zehn Patienten erhalten TAH oder Beta-Blocker, drei Viertel aller Patienten werden mit Statinen behandelt und über zwei Drittel aller Patienten erhalten eine nicht weiter spezifizierte sonstige Medikation. Die Verordnungsraten sind abhängig vom Geschlecht, dem Alter und eventuellen Begleiterkrankungen der Patienten. Bei männlichen, älteren und Patienten mit spezifischen Begleiterkrankungen sind die höchsten Verordnungsraten dokumentiert. Die Raten schwanken zwischen den Praxen vor allem in Bezug auf die Verordnungen von ACE-Hemmern, Diuretika und Statinen. KHK-Patienten mit Herzinfarkt, ACS, Herzinsuffizienz, Diabetes mellitus, Schlaganfall oder AVK, die zwischen 2010 und 2015 kontinuierlich betreut wurden, erhalten über die Jahre deutlich mehr TAH, Statine, ACE-Hemmer und vor allem Beta-Blocker. In der Nationalen Versorgungsleitlinie KHK nimmt die medikamentöse Sekundärprophylaxe einen breiten Raum ein. Zusammenfassend lassen sich die folgenden Aspekte herausstellen: TAH wie z. B. ASS werden im Kontext einer chronischen KHK den prognostisch wirksamen Medikationen zugerechnet, d. h. ihre Verordnung dient vorrangig dem Ziel, einen ersten oder weiteren Herzinfarkt zu vermeiden. Auch Beta-Blocker können den prognostisch, zusätzlich aber auch den symptomatisch wirksamen Medikationen (Minderung einer A.p.-Symptomatik und Verbesserung der Belastungstoleranz) zugerechnet werden. Zudem ist eine Verringerung der Zahl tödlicher und nicht tödlicher kardiovaskulärer Ereignisse bei Patienten mit einer KHK bzw. nach früherem Herzinfarkt zu erwarten. Im Rahmen des DMP KHK sollen Beta-Blocker vorrangig bei Patienten nach einem Herzinfarkt verordnet werden, allerdings ist dies kein separates Qualitätsziel. Bei Patienten mit einem erhöhten vaskulären Risiko und einer Hypertonie reduzieren ACE- Hemmer die Morbidität und Sterblichkeit. Alle Patienten mit Linksherzinsuffizienz sollen aufgrund der belegten Senkung der Morbidität und Sterblichkeit mit einem ACE-Hemmer behandelt werden. HMG-CoA-Reduktasehemmer (Statine) werden vielfach eingesetzt, da für sie eine Reduktion der kardio-vaskulären Morbidität und Sterblichkeit bei Patienten mit KHK belegt wurde. Patienten mit koronarer Herzkrankheit profitieren von einer Behandlung mit Statinen unabhängig von der Höhe der Blutfettwerte. Entsprechend sind auch die meisten Qualitätsziele im DMP KHK auf die Verordnung der genannten Wirkstoffe bezogen. Im DMP KHK finden sich insgesamt sehr hohe Raten für die Verordnungen der einzelnen Wirkstoffklassen (Tabelle 8-11). 165

166 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Tabelle 8-11: Medikamentöse Verordnungen 2015 nach Alter und Geschlecht Alter (Jahre) alle w m w m w m w m insg. KI Thrombozyten-Aggregationshemmer 75,8 85,2 79,7 85,8 80,4 85,3 79,2 85,4 83,2 2,0 orale Antikoagulanzien 1,9 2,4 3,6 4,6 5,4 6,4 4,2 4,6 4,5 Beta-Blocker 75,1 80,7 78,9 81,5 78,4 80,0 77,9 80,7 79,6 2,3 ACE-Hemmer 63,7 71,6 66,1 71,8 67,8 71,7 66,5 71,7 69,8 2,9 Sartane 4,7 3,8 5,9 4,8 6,1 4,8 5,8 4,5 5,0 Beta-Blocker + ACE-Hemmer/Sartane 52,4 62,2 56,0 61,8 56,5 60,3 55,5 61,4 59,3 4,2 Diuretika 33,6 31,6 39,8 37,7 41,6 39,2 39,8 36,7 37,8 0,4 Statine 69,4 79,8 73,4 80,2 69,1 76,9 70,3 78,8 75,7 1,1 sonstige Medikation 63,5 61,7 69,2 66,7 73,3 70,8 70,3 66,8 68, Patienten mit aktueller Folgedokumentation und Angaben zur Medikation, für orale Antikoagulanzien und Sartane seit , Diuretika: Patienten mit aktueller Folgedokumentation seit im DMP Diabetes mellitus Typ 2; alle Angaben in Prozent; Mehrfachangaben möglich; Kontraindikationen (KI) berücksichtigt Die Angaben zur Verordnungshäufigkeit von Diuretika stammen aus den Dokumentationen im DMP Diabetes mellitus Typ 2 und können deshalb hier nur für jene Patienten dargestellt werden, die parallel in beiden DMP betreut werden. Die Verordnungsraten fallen meist bei den männlichen Patienten deutlich höher aus als bei den weiblichen. Ausnahmen hiervon bestehen nur bei den Sartanen, den Diuretika und den zusammenfassend auszuweisenden sonstigen Medikamenten, die jeweils Frauen häufiger erhalten. Der größte geschlechtsspezifische Unterschied von 8,5 Prozentpunkten besteht bei der Statinverordnung (10,4 % in der Gruppe der Patienten bis 65 Jahre). Dieser Effekt zugunsten männlicher Patienten resultiert angesichts der höheren Herzinfarkthäufigkeit vermutlich aus verstärkten sekundärprophylaktischen Bemühungen. Mit Ausnahme von Statinen werden älteren Patienten die aufgeführten Wirkstoffe häufiger verordnet als jüngeren Patienten. Dies zeigt sich vor allem bei den oralen Antikoagulanzien und den sonstigen Medikamenten. Dieser Befund erscheint vor dem Hintergrund einer im höheren Alter zunehmenden Multimorbidität plausibel. Für die Kombinationsverordnung aus Beta-Blockern und ACE- Hemmern oder Sartanen deuten die Ergebnisse auf eine schwache Interaktion von Alter und Geschlecht hin: ältere männliche Patienten erhalten diese Kombination etwas seltener, ältere weibliche etwas häufiger als die Patienten jeweils gleichen Geschlechts in der jüngsten Altersgruppe. Hierzu passt auch der Befund, dass weibliche KHK-Patientinnen, die im Mittel über dreieinhalb Jahre älter als die männlichen Patienten sind, zu einem höheren Anteil von einer chronischen Herzinsuffizienz betroffen sind (vgl. Tabelle 8-6). Gegenüber 2014 werden KHK-Patienten 2015 die meisten Medikationen tendenziell leicht häufiger verordnet. Lediglich bei der Verordnung von Beta-Blockern ( 0,3 %) zeigt sich ein marginaler Rückgang. Die etwas ausgeprägtere Erhöhung bei der kombinierten Verordnung aus Beta-Blockern und ACE-Hemmern oder Sartanen ist dagegen mutmaßlich auf die Inklusion der Sartane zurückzuführen. 166

167 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Zwischen den Praxen bestehen hinsichtlich der Verordnung von TAH (Prozentwerte des Interquartilbereichs: 79 95), oralen Antikoagulanzien oder Sartanen (beide je 0 6) deutlich geringere Unterschiede als zum Beispiel bei derjenigen von ACE-Hemmern (61 82), Diuretika (17 58) oder Statinen (70 91) (Abbildung 8-10). Praxen Thrombozyten-Aggregationshemmer orale Antikoagulanzien Beta-Blocker ACE-Hemmer Sartane Beta-Blocker + ACE-Hemmer/Sartane Diuretika Statine sonstige Medikation % % der Patienten, welche die betreffende Verordnung in 5, 25, 50, 75 und 95 % der Praxen erhalten, und Anzahl Praxen, die mindestens 10 Patienten mit aktueller Folgedokumentation betreuen Abbildung 8-10: Praxenspezifische Unterschiede bei den Verordnungen Dies bedeutet, dass sich die am DMP KHK beteiligten Praxen im Hinblick auf Zusammensetzung ihrer Patienten, bei denen die Verordnung vor allem der drei zuletzt genannten Medikamentengruppen indiziert ist, mutmaßlich stärker voneinander unterscheiden. Welche Veränderungen sind bei der Medikation zu beobachten? Bei allen Medikationen nimmt die Verordnungshäufigkeit zwischen Einschreibung und aktueller Dokumentation deutlich zu. Am ausgeprägtesten ist dies zu sehen bei den ACE-Hemmern, der Kombinationstherapie, den Statinen sowie den sonstigen Medikamenten (Abbildung 8-11). 167

168 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Thrombozyten-Aggregationshemmer Beta-Blocker 81,6 83,2 77,1 79,6 ACE-Hemmer Beta-Blocker + ACE-Hemmer/Sartane Statine sonstige Medikation 65,1 69,8 52,9 59,3 70,2 75,7 61,2 68, % bei Einschreibung bei aktueller Folgedokumentation Patienten mit aktueller Folgedokumentation und Angaben zur Medikation; DMP-Betreuungszeit im Mittel 5,9 Jahre; orale Antikoagulanzien, Sartane außer in der Kombinationstherapie sowie Diuretika aufgrund bislang nur geringer Fallzahlen bei Einschreibung seit Juli 2015 hier nicht dargestellt; Mehrfachangaben möglich; Kontraindikationen berücksichtigt Abbildung 8-11: Veränderung der Medikation Der deutliche Zuwachs in der Kategorie sonstiger Medikamente ist allerdings zum Teil der Dokumentationsumstellung im 2. Halbjahr 2008 anzulasten. Seit diesem Zeitpunkt müssen auch die Verordnungen von Kalzium-Antagonisten und Nitraten in dieser Sammel-Rubrik dokumentiert werden, die bis dahin bei jeweils ungefähr einem Viertel der KHK-Patienten verordnet wurden. Von besonderer klinischer Relevanz sind die Teilgruppen der KHK-Patienten mit den Begleiterkrankungen Herzinfarkt, Herzinsuffizienz oder Diabetes mellitus. Hier sind die Verordnungshäufigkeiten in der Regel höher als in dem Gesamtkollektiv aller KHK-Patienten. KHK-Patienten mit einem Herzinfarkt in der Vorgeschichte erhalten auffällig häufiger TAH, Beta-Blocker, ACE-Hemmer, die Kombinationstherapie oder Statine als die Gesamtgruppe aller KHK-Patienten (Tabelle 8-12). 168

169 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Tabelle 8-12: Medikamentöse Verordnungen 2015 bei Begleiterkrankungen nach Alter und Geschlecht Herzinfarkt Alter (Jahre) alle w m w m w m w m insg. Thrombozyten-Aggregationshem. 92,6 93,4 90,7 91,1 88,7 90,2 90,1 91,5 91,1 Beta-Blocker 87,2 89,0 87,5 87,6 85,1 84,8 86,2 87,0 86,8 ACE-Hemmer 73,3 78,9 73,7 77,2 72,9 75,7 73,2 77,3 76,1 Beta-Blocker + ACE-Hemmer/Sart. 67,4 73,0 67,4 70,2 65,1 66,9 66,2 69,9 68,9 Statine 85,0 88,8 85,7 87,1 79,5 83,4 82,3 86,3 85,1 sonstige Medikation 68,4 64,4 72,9 69,3 76,0 72,6 73,5 68,8 70,2 Herzinsuffizienz Thrombozyten-Aggregationshem. 80,1 87,3 82,9 85,8 82,2 86,0 82,1 86,2 84,6 Beta-Blocker 83,6 88,8 84,3 86,8 81,5 83,8 82,2 85,6 84,3 ACE-Hemmer 72,5 79,9 73,2 79,1 72,7 76,8 72,8 78,1 76,0 Beta-Blocker + ACE-Hemmer/Sart. 63,8 73,7 64,7 71,2 62,2 67,3 62,9 69,6 67,0 Statine 74,9 83,1 77,0 81,9 69,2 77,7 71,3 79,9 76,6 sonstige Medikation 73,4 74,4 77,1 76,3 79,2 78,8 78,2 77,2 77,6 Diabetes mellitus Thrombozyten-Aggregationshem. 75,4 83,3 79,4 84,6 80,1 84,6 79,1 84,2 82,4 Beta-Blocker 76,8 81,1 79,6 81,7 78,7 80,2 78,7 80,9 80,1 ACE-Hemmer 68,8 74,1 69,6 74,5 69,9 73,8 69,6 74,1 72,5 Beta-Blocker + ACE-Hemmer/Sart. 57,7 64,6 59,4 64,3 58,7 62,3 58,7 63,5 61,8 Statine 71,7 79,4 74,9 80,4 70,2 77,1 71,7 78,8 76,3 sonstige Medikation 63,5 63,2 68,8 66,9 71,1 69,6 69,2 67,0 67,8 Herzinfarkt: , chronische Herzinsuffizienz: , Diabetes mellitus: Patienten, jeweils mit aktueller Folgedokumentation; alle Angaben in Prozent; Mehrfachangaben möglich; Kontraindikationen berücksichtigt Bei Patienten, die zusätzlich an einer Herzinsuffizienz leiden, ist vor allem die Quote der verordneten Beta-Blocker, ACE-Hemmer und die der Kombinationstherapie deutlich höher, jedoch auch die der sonstigen Medikamente. Beta-Blocker, ACE-Hemmer, die Kombinationstherapie oder Statine erhalten auch KHK-Patienten mit einem Diabetes mellitus häufiger, jedoch etwas seltener TAH bzw. sonstige KHK-spezifische Medikamente. Unabhängig von dem Vorliegen einer der hier betrachteten Begleiterkrankungen lassen sich wie bereits in der Gesamtgruppe aller KHK-Patienten fast durchgängig deutlich höhere Verordnungsraten bei den männlichen Patienten nachweisen. Lediglich sonstige Medikamente erhalten männliche KHK-Patienten auch bei Vorliegen einer dieser drei Begleiterkrankungen seltener als weibliche. In Bezug auf das Alter zeigt sich der Effekt, dass jüngere KHK-Patienten mit einer der genannten Begleiterkrankungen in der Regel intensiver medikamentös versorgt werden. Besonders ausgeprägt ist diese Tendenz für Beta-Blocker, ACE-Hemmer, die Kombinationstherapie sowie Statine. Jedoch exis- 169

170 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit tiert auch ein gegenläufiger Trend: ältere KHK-Patienten mit Diabetes mellitus erhalten TAH und unabhängig von der Begleiterkrankung sonstige Medikamente häufiger als jüngere erreichen 65,5 % der KHK-Patienten mit einer arteriellen Hypertonie einen Blutdruck unter 140/90 mmhg (vgl. Darstellung des Qualitätsziels). Im Folgenden wird betrachtet, in welchem Ausmaß Patienten mit Hypertonie abhängig von dem erreichten Blutdruck antihypertensiv versorgt werden. Patienten mit einer Hypertonie, die einen Blutdruck unter 140/90 mmhg aufweisen, erhalten häufiger Beta-Blocker, ACE-Hemmer bzw. eine Kombination aus Beta-Blockern und ACE- Hemmern oder Sartanen. Auch hiervon profitieren in stärkerem Ausmaß männliche Patienten im Alter bis zu 65 Jahren (Tabelle 8-13). Tabelle 8-13: Erreichter Blutdruckwert und antihypertensive Medikation 2015 bei Patienten mit arterieller Hypertonie nach Alter und Geschlecht Blutdruck < 140/90 mmhg Alter (Jahre) alle w m w m w m w m insg. Beta-Blocker 79,5 84,4 81,0 83,4 79,9 82,0 80,1 83,1 82,0 ACE-Hemmer 67,9 75,1 68,6 74,1 69,6 73,6 69,0 74,2 72,3 Beta-Blocker + ACE-Hemmer/Sart. 57,3 66,4 58,9 64,4 58,4 62,8 58,3 64,3 62,2 Blutdruck 140/90 mmhg Beta-Blocker 73,7 79,7 79,2 81,2 78,5 79,2 77,9 79,9 79,2 ACE-Hemmer 67,7 74,4 68,1 74,0 68,4 72,8 68,2 73,7 71,6 Beta-Blocker + ACE-Hemmer/Sart. 53,0 62,7 56,5 62,9 56,8 60,2 56,1 61,7 59,6 Blutdruck < 140/90 mmhg: , 140/90 mmhg: Patienten, jeweils mit arterieller Hypertonie und aktueller Folgedokumentation; alle Angaben in Prozent; Mehrfachangaben möglich; Kontraindikationen berücksichtigt In einer Reihe von Längsschnittanalysen wurde untersucht, wie stark sich die Verordnungsraten bei Patienten mit kontinuierlicher Teilnahme zwischen 2010 und 2015 und ausgewählten Begleiterkrankungen verändert haben. Für die Verordnung von Thrombozyten-Aggregationshemmern zeigt sich über die Jahre in den hier beobachteten Patientengruppen eine durchschnittliche Erhöhung der Verordnungsraten um insgesamt etwa 5 %, so dass gegen Ende des Beobachtungszeitraums Raten knapp unter 90 % erreicht werden (Abbildung 8-12). Der stärkste Zuwachs ist in der Gruppe der Patienten mit einem akuten Koronarsyndrom zu erkennen, das höchste Niveau bei KHK-Patienten mit einem Herzinfarkt oder einer arteriellen Verschlusskrankheit. Ein ähnlicher Verlauf zeigt sich für die Verordnung von Statinen. Hier erhöht sich die Verordnungsrate durchschnittlich ungefähr um 6 % auf ein Niveau von im Mittel etwa 83 %. Auch hier werden die höchsten Raten in den Gruppen der Patienten mit einem Herzinfarkt oder einer AVK erreicht, sowie der stärkste Zuwachs ebenfalls bei Patienten mit einem ACS beobachtet. 170

171 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit TAH Statine Diabetes mellitus 80,0 84,6 74,2 79,8 Herzinfarkt 86,8 90,5 81,9 86,3 akutes Koronarsyndrom 80,8 86,2 72,3 79,9 Schlaganfall 82,9 87,6 77,7 83,4 arterielle Verschlusskrankheit 84,9 89,6 80,1 85, Halbjahr % % TAH: Thrombozyten-Aggregationshemmer; Längsschnittanalyse für Patienten mit kontinuierlicher Teilnahme ; Ausgangswert gemittelt (Medikation in mindestens zwei Quartalen verordnet); Mehrfachangaben möglich; Kontraindikationen berücksichtigt Abbildung 8-12: Veränderung der Verordnung von TAH oder Statinen bei Patienten mit ausgewählten Begleiterkrankungen Die größten Zuwächse der Raten lassen sich für die Verordnung von Beta-Blockern nachweisen. Hier liegt der mittlere Zuwachs in dem Beobachtungszeitraum unter den kontinuierlich betreuten KHK- Patienten bei 6,5 % (Abbildung 8-13). Es wird ein Niveau von etwa 85 % erreicht. Die Verordnungsraten sind bei Patienten mit einem Herzinfarkt oder einer Herzinsuffizienz am höchsten, die stärkste Erhöhung zeigt sich für die Verordnung von Beta-Blockern bei Patienten mit einem ACS oder Schlaganfall. Die Verordnung von ACE-Hemmern nimmt über die Zeit in einem geringeren Umfang um durchschnittlich etwas weniger als 5 % zu. Das am Ende erreichte Niveau liegt hier im Mittel bei knapp 75 %, wobei die höchsten Raten bei Patienten mit einem Schlaganfall oder einer AVK zu sehen sind. Der maximale Zuwachs erfolgt allerdings ein weiteres Mal in der Gruppe der KHK-Patienten mit einem ACS. 171

172 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Diabetes mellitus Beta-Blocker 76,6 83,0 ACE-Hemmer 68,3 72,9 Herzinfarkt 82,5 87,6 70,9 75,2 akutes Koronarsyndrom 76,4 83,8 66,7 72,4 Schlaganfall 77,4 84,7 71,4 76,4 arterielle Verschlusskrankheit 78,8 85,6 71,1 76,3 Herzinsuffizienz 79,5 85,7 71,8 76, Halbjahr % % Längsschnittanalyse für Patienten mit kontinuierlicher Teilnahme ; Ausgangswert gemittelt (Medikation in mindestens zwei Quartalen verordnet); Mehrfachangaben möglich; Kontraindikationen berücksichtigt Abbildung 8-13: Veränderung der Verordnung von Beta-Blockern oder ACE-Hemmern bei Patienten mit ausgewählten Begleiterkrankungen Die Ergebnisse aus diesen Analysen unterstützen somit die Annahme, dass die sekundärpräventiven Bemühungen der in das DMP einbezogenen Ärzte zum Teil deutlich intensiviert wurden. Inwieweit eine ähnliche Entwicklung auch außerhalb des DMP-Rahmens zu beobachten ist, lässt sich nur mutmaßen. Die nationale Versorgungsleitlinie zur Behandlung der chronischen KHK empfiehlt allerdings explizit die antihypertensive Kombinationstherapie aus Beta-Blockern und ACE-Hemmern bei Patienten mit einer systolischen Herzinsuffizienz. Deshalb ist ein säkularer Effekt bei der Erhöhung der entsprechenden Verordnungshäufigkeit nicht auszuschließen, der sich im DMP KHK möglicherweise verstärkt widerspiegelt. 172

173 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit 8.12 Schulungen Zu den Versorgungsinhalten des DMP KHK gehört auch die Teilnahme der Patienten an Schulungen, wenn aus ärztlicher Sicht gewährleistet ist, dass ein Patient von einer solchen Maßnahme profitieren kann. In welchem Ausmaß werden KHK-Patienten Schulungen empfohlen und wie viele der Patienten folgen einer solchen Empfehlung? Etwa die Hälfte der KHK-Patienten mit einem Diabetes mellitus bzw. über ein Fünftel derjenigen mit einer arteriellen Hypertonie, die vor dem 30. Juni 2008 in das DMP eingeschrieben wurden, gelten jeweils als spezifisch geschult. Insgesamt wurde je etwa einem Fünftel der betreffenden KHK- Patienten eine Schulung empfohlen. Dieser Empfehlung sind 50,7 % (Diabetes) bzw. 45,2 % (Hypertonie) der Patienten innerhalb von 12 Monaten nachgekommen. Unabhängig von der Darstellung der Qualitätsziele wird an dieser Stelle berichtet, in welchem Ausmaß KHK-Patienten, bei denen zusätzlich ein Diabetes mellitus oder eine arterielle Hypertonie dokumentiert ist, die Teilnahme an einer Schulung empfohlen wurde und wie häufig sie innerhalb eines Jahres danach ein solches Angebot wahrgenommen haben. Aussagen zur Intensität einer Schulungswahrnehmung (ein- oder mehrmalige Teilnahme) sind auf der Grundlage der DMP-Dokumentationen nicht möglich, Aussagen zum Schulungsstatus nur für solche Patienten, die bis Ende Juni 2008 eingeschrieben wurden. In Bezug auf die bis Juni 2008 eingeschriebenen gelten etwas weniger als die Hälfte der Patienten mit einem Diabetes mellitus bzw. etwas mehr als ein Fünftel der Patienten mit arterieller Hypertonie bereits als entsprechend geschult (Tabelle 8-14). Tabelle 8-14: Diabetes- und Hypertonie-Schulungen nach Alter und Geschlecht Diabetes-Schulung Alter (Jahre) alle w m w m w m w m insg. Basis jemals geschult 44,6 41,6 48,1 45,4 43,8 44,5 45,0 44,3 44, a empfohlen 25,2 24,1 21,1 21,4 17,2 18,1 19,6 20,7 20, b wahrgenommen 53,5 48,5 54,4 50,8 51,4 49,4 52,7 49,6 50, c Hypertonie-Schulung jemals geschult 24,5 21,0 23,5 21,7 21,6 21,6 22,4 21,5 21, a empfohlen 22,1 18,5 19,2 18,0 17,8 17,3 19,0 17,8 18, b wahrgenommen 50,4 44,4 47,3 43,5 45,2 44,7 46,9 44,2 45, c Bezugsgruppen (für Diabetes-Schulung nur Patienten mit Diabetes mellitus, für Hypertonie-Schulung nur Patienten mit arterieller Hypertonie) a: Patienten mit einer Angabe zur Schulung und Einschreibung bis , b: Patienten mit Folgedokumentation, c: Patienten mit Schulungsempfehlung; alle Angaben in Prozent; werden innerhalb von zwölf Monaten zwei empfohlene Schulungen ohne stichhaltige Begründung versäumt, scheidet der betreffende Patient aus dem Programm aus 173

174 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Etwa jeweils ungefähr einem Fünftel der KHK-Patienten mit einem Diabetes mellitus bzw. mit einer arteriellen Hypertonie wurde im DMP-Verlauf eine Schulung empfohlen. Ungefähr jeweils die Hälfte der Patienten, denen eine Diabetes- oder Hypertonie-Schulung empfohlen wurde, haben diese innerhalb eines Zeitraumes bis zu 12 Monaten danach absolviert. Die Bereitschaft hierzu scheint bei Frauen etwas höher zu sein als bei Männern. Besonders groß ist dieser Unterschied bei den Patienten bis zu einem Alter von 65 Jahren. Gegenüber 2014 hat sich 2015 der Anteil jener Patienten, die eine empfohlene Diabetes-Schulung wahrnehmen, nicht verändert. Allerdings haben mehr Patienten eine empfohlene Hypertonie- Schulung wahrgenommen, die entsprechende Rate ist um 0,9 Prozentpunkte angestiegen Überweisungen und Kontrolluntersuchungen Über die eng definierte Teilgruppe von KHK-Patienten, die gemäß vertraglicher Vorgabe überwiesen werden sollen, ist generell zu klären, wie viele der Patienten bislang insgesamt überwiesen wurden. Wie viele KHK-Patienten wurden in den letzten 12 Monaten überwiesen? In welchem Umfang erfolgte in den letzten 12 Monaten eine Kontrolle der Serum-Elektrolyte bei KHK-Patienten mit einer Herzinsuffizienz? Mittlerweile wurden insgesamt 59,5 % der männlichen und 53,4 % der weiblichen KHK-Patienten an die nächste Versorgungsebene (Facharzt oder Krankenhaus) überwiesen. Allein in den letzten 12 Monaten erfolgte eine Überweisung bei 33 % der Männer und 28,3 % der Frauen. Eine Einweisung erfolgte innerhalb der vergangenen 12 Monate bei 3,4 % der männlichen und 2,9 % der weiblichen Patienten. Bei 59,2 % aller KHK-Patienten mit einer Herzinsuffizienz erfolgte in den letzten 12 Monaten eine Serum-Elektrolytkontrolle (Patienten im Modul Chronische Herzinsuffizienz: 70,2 %). Im Unterschied zum DMP Diabetes mellitus Typ 2 und der dort zum Beispiel geforderten jährlichen augenärztlichen Untersuchung lassen sich für die chronische KHK keine analogen, allgemein für alle KHK-Patienten gleichermaßen geltenden Schnittstellenkriterien definieren. An dieser Stelle soll dargestellt werden, wie sich die Überweisungshäufigkeit insgesamt im DMP entwickelt hat. Eine Überweisung zum Facharzt oder an eine stationäre Einrichtung erfolgte über die gesamte Laufzeit des DMP bislang insgesamt bei fast sechs von zehn aller hausärztlich betreuten KHK-Patienten, bei männlichen etwas öfter als bei weiblichen (59,5 vs. 53,4 %, Tabelle 8-15). Altersunterschiede sind hierbei nur schwach ausgeprägt. Gegenüber dem Vorjahr hat sich der Anteil insgesamt überwiesener KHK-Patienten sowohl bei den männlichen wie auch bei den weiblichen Patienten jeweils deutlich erhöht. Drei von zehn Patienten wurden allein in den letzten 12 Monaten überwiesen, auch hierbei liegt die Quote der männlichen Patienten über derjenigen der weiblichen (33 vs. 28,3 %). Bei den ältesten Patienten erfolgte in den vergangenen 12 Monaten etwas seltener eine Überweisung als bei den jüngeren. Hinsichtlich des seit Juli neu eingeführten Parameters einer KHK-bezogenen stationären Einweisung ist ein vollständiger Jahresüberblick bislang noch nicht möglich. Bislang ist bei 3,4 % der männlichen und 2,9 % der weiblichen eine Einweisung dokumentiert. Dies ist ebenfalls bei den ältesten KHK-Patienten etwas seltener der Fall. 174

175 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Tabelle 8-15: Über-, Einweisungen und jährliche Kontrolle der Serum-Elektrolyte nach Alter und Geschlecht überwiesen Alter (Jahre) alle w m w m w m w m insg. Basis jemals 53,8 58,6 55,7 60,4 52,2 59,4 53,4 59,5 57, a in den letzten 12 Monaten 31,8 34,6 31,0 34,1 25,7 31,0 28,3 33,0 31, a eingewiesen in den letzten 12 Monaten* 3,2 3,7 3,0 3,4 2,7 3,1 2,9 3,4 3, b Elektrolyte kontrolliert bei Herzinsuffizienz 60,3 58,5 58,8 59,9 57,9 60,0 58,3 59,7 59, c bei Modul-Teilnahme 61,7 68,1 68,3 71,7 71,4 71,9 69,0 70,9 70, d *: erst seit Juli 2015 dokumentierbar; Bezugsgruppen, jeweils Patienten mit aktueller Folgedokumentation a: hausärztlich betreute Patienten, b: alle Patienten mit aktueller Folgedokumentation, c: Patienten mit Herzinsuffizienz, d: Patienten im Modul Chronische Herzinsuffizienz (Kontrolle der Serum-Elektrolyte in den letzten 12 Monaten); alle Angaben in Prozent Eine jährliche Kontrolle der Serum-Elektrolyte erfolgte bei fast sechs von zehn aller KHK-Patienten, die zusätzlich an einer chronischen Herzinsuffizienz leiden. Die Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Patienten sowie zwischen den Altersgruppen sind hier nur gering ausgeprägt. In der Teilgruppe der KHK-Patienten, die aktuell im Modul Chronische Herzinsuffizienz betreut werden, erfolgte eine entsprechende Kontrolle insgesamt bei 69 % der Frauen und 70,9 % der Männer. Bei älteren Patienten werden hier deutlich höhere Raten beobachtet. Gegenüber dem Vorjahr hat sich der Anteil insgesamt erneut markant um 5,7 Prozentpunkte erhöht. 175

176 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit 8.14 Unterschiede zwischen kontinuierlich und diskontinuierlich am DMP teilnehmenden Patienten Wie bereits in den Berichtskapiteln zum DMP Diabetes mellitus Typ 2 und 1 belegt wurde, nehmen Patienten an den DMP unterschiedlich kontinuierlich teil. Gilt dies auch für die Patienten im DMP KHK? In welche Gruppen können die Patienten dabei in diesem DMP unterteilt werden und wie groß sind diese Gruppen? Welche besondere Merkmale führen bei KHK-Patienten zu einer größeren Diskontinuität über die gesamte Beobachtungszeit? Je nach DMP-Beginn liegen von ca. 2 % der Patienten des Jahres 2015 weniger als 50 % aller erwarteten Beobachtungen (Dokumentationen) vor, von 85 bis 86 % der Patienten liegen dagegen mindestens 80 % aller Beobachtungen vor. Patienten mit geringer Beobachtungskontinuität weisen zum Teil sehr lange Unterbrechungen ihres Dokumentationszeitraums auf. Sie sind häufig jünger, männlich, rauchen und haben einen deutlich erhöhten Bedarf an Koronarinterventionen. Übereinstimmend zu dem Vorgehen in den vorangegangenen Kapiteln wurde in diesem Bericht wieder den beiden Fragen nachgegangen, in welchem Ausmaß es innerhalb des DMP KHK zu einer Beobachtungsdiskontinuität kommt und welche Merkmale für KHK-Patienten mit einer hohen Diskontinuität charakteristisch sind. Betrachtet wird erneut die Gesamtheit aller Patienten des Jahres Diese Patientenmenge setzt sich im Fall des DMP KHK aus Patienten zusammen, die zwischen 2004 und 2015 in das Programm eingeschrieben wurden. Patienten, die seit dem 3. Quartal 2004 teilnehmen, können maximal 46-mal dokumentiert worden sein, Patienten, die erst 2015 eingeschrieben wurden, höchstens viermal. Ebenfalls wird pro Quartal berücksichtigt, ob ein quartalsweiser oder halbjährlicher Dokumentationsturnus vorliegt. Die Patienten wurden gruppiert nach dem Kriterium (1) weniger als 50 %, (2) 50 % bis weniger als 70 %, (3) 70 % und mehr aller möglichen Quartale, ein weiteres Mal nach dem Kriterium (1) weniger als 80 %, (2) 80 % bis weniger als 90 %, (3) 90 % und mehr aller möglichen Quartale. Schließt man nur die bis 2013 eingeschriebenen Patienten ein (hierdurch wird das vergleichsweise große relative Gewicht einzelner fehlender Quartale bei den 2014 und 2015 eingeschriebener Patienten außer Acht gelassen), verändern sich die Gruppengrößen geringfügig (Tabelle 8-16). Insgesamt zeigt sich, dass die Gruppe von Patienten mit sehr hoher Beobachtungsdiskontinuität, das heißt mit weniger als 50 % der erwarteten Dokumentationen, lediglich etwa 2 % der Gesamtpatientenzahl umfasst, während andererseits von 85 bis 86 % der Patienten 80 % oder mehr der erwarteten Dokumentationen vorliegen. Das hohe Maß an insgesamt auch im DMP KHK festzustellender Beobachtungskontinuität verdeutlicht auch die Darstellung der Verteilungshäufigkeiten (Abbildung 8-14). 176

177 Patientenanteil Qualitätssicherungsbericht 2015 DMP Nordrhein Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Tabelle 8-16: Patientengruppen mit unterschiedlich großer Beobachtungskontinuität Basis: alle Patienten 2015 bis 2013 eingeschriebene Patienten 2015 Anteil mindestens vorliegender Beobachtungen über die Gesamtzeit (%) absolut in % absolut in % Einteilung 1 unter , ,2 50 bis unter , ,5 70 und mehr , ,3 Einteilung 2 unter , ,2 80 bis unter , ,0 90 und mehr , ,9 alle Patienten: in 20 Fällen keine Zuordnung möglich 30% 20% 10% 0% 0% 25% 50% 75% 100%... der möglichen Dokumentationen vorhanden Patienten des Jahres 2015 mit DMP-Beginn bis 2013 Abbildung 8-14: Häufigkeit der Beobachtungskontinuität Aus Gründen der klinischen Bedeutsamkeit beziehen sich die nachfolgenden Analysen auf die Gruppierung mit der extremeren Menge fehlender Dokumentationen (< 50 % vs. 50 % bis < 70 % vs. 70 %). Da eine Analyse der komplexen Muster aller möglichen Varianten diskontinuierlicher Beobachtungsverläufe außerordentlich aufwändig ist, wurde stattdessen eine Zufallsauswahl von Patienten exemplarisch betrachtet (Abbildung 8-15). 177

178 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Anteil vorliegender Quartalsdokumentationen (%): < bis < zufällig ausgewählte Patienten des Jahres 2015 mit DMP-Beginn 2010 Abbildung 8-15: Muster der Beobachtungskontinuität Basis dieser Auswahl waren im Jahr 2010 eingeschriebene und 2015 betreute bzw. dokumentierte Patienten. Auch im DMP KHK fällt auf, dass die Lücken vor allem in der Gruppe mit der höchsten Beobachtungsdiskontinuität (< 50 %) nicht nur zahlreich, sondern oft sehr lang sind, während Patienten mit sehr hoher Beobachtungskontinuität ( 70 %) nur sporadisch fehlende Quartale aufweisen. In der Patientengruppe mit mittlerer Beobachtungskontinuität ( 50 bis < 70 %) ist zu erkennen, dass häufig Dokumentationen aus dem 1. Quartal fehlen. Die drei Patientengruppen mit unterschiedlicher Beobachtungskontinuität wurden in einem weiteren Schritt hinsichtlich zentraler Merkmale, Befunde und der Medikation miteinander verglichen. Zwischen den Gruppen bestehen große Altersunterschiede, so sind Patienten mit geringer Kontinuität durchschnittlich über 4 Jahre jünger als die Patienten mit der höchsten Kontinuität, außerdem finden sich unter denjenigen mit höchster Kontinuität deutlich mehr Frauen (Tabelle 8-17). Darüber hinaus lassen sich auch große Unterschiede bei verschiedenen Befundparametern erkennen. Zum Beispiel ist der Anteil rauchender Patienten in der Gruppe mit der höchsten Kontinuität nur etwa halb so groß wie bei den Patienten mit hoher Diskontinuität. Unter den Patienten mit höchster Kontinuität beträgt der Anteil derjenigen, bei denen eine Bypass-OP oder PTCA dokumentiert ist, weniger als ein Drittel von dem Anteil unter den Patienten mit geringster Kontinuität. Ähnliches zeigt sich für eine Koronarangiografie. Außerdem weisen Patienten mit der höchsten Kontinuität seltener Bluthochdruck oder ein Übergewicht auf. Andererseits finden sich unter den Patienten mit der höchsten Kontinuität in Bezug auf fast Begleiterkrankungen höhere Anteile der Komorbidität, ausgenommen ein Schlaganfall, ein Diabetes mellitus oder eine COPD. Parallel zu den meist höheren Raten an Begleiterkrankungen sind bei den kontinuierlicher beobachteten Patienten auch durchgängig höhere Verordnungsraten nachweisbar. 178

179 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Tabelle 8-17: Befunde und Medikation unterschiedlich kontinuierlich betreuter Patienten Anteil vorliegender Beobachtungen: < 50 % 50 bis < 70 % 70 % Merkmale Kohortengröße (n) Altersdurchschnitt (Jahre) 68,9 11,4 70,5 11,2 73,2 10,5 Geschlecht (männlich) 68,2 67,2 63,7 Befunde, Interventionen RR 140/90 mmhg 38,0 36,2 33,3 BMI 30 kg/m 2 36,3 34,7 32,0 Rauchen 21,5 17,5 12,6 Bypass-OP, PTCA ,4 7,3 3,8 Koronarangiografie ,3 9,2 5,2 stationäre Behandlung ,6 5,1 5,9 Begleiterkrankungen arterielle Hypertonie 89,8 91,1 91,8 chronische Herzinsuffizienz 18,8 20,5 22,0 Herzinfarkt 31,9 32,1 32,3 akutes Koronarsyndrom 20,3 23,2 23,3 arterielle Verschlusskrankheit 11,1 12,1 12,8 Schlaganfall 6,9 6,6 6,9 Fettstoffwechselstörung 80,9 82,7 83,3 Diabetes mellitus 49,1 48,8 48,8 COPD 18,1 18,3 17,2 Medikation Thrombozyten-Aggregationshemmer 78,1 80,7 84,2 Beta-Blocker 76,6 77,8 80,8 ACE-Hemmer 67,0 67,5 70,4 Beta-Blocker + ACE-Hemmer/Sartane 55,6 56,3 60,2 Diuretika 34,3 34,4 38,5 Statine 71,2 72,8 76,9 sonstige Medikation 63,5 63,7 68,0 bis 2013 eingeschriebene Patienten mit aktueller Folgedokumentation; alle Angaben außer bei der Kohortengröße und dem Alter in Prozent; Merkmale, Befunde und Medikation aktuell, Begleiterkrankungen jemals Zur Absicherung der Bedeutsamkeit dieser Ergebnisse wurde ein weiteres multivariates Modell berechnet, hier für das Risiko, weniger als 50 % der erwarteten Dokumentationen aufzuweisen. Eine Koronarintervention (Bypass-OP, PTCA oder Koronarangiografie) stellt den mit Abstand bedeutendsten Risikofaktor für eine geringe Beobachtungskontinuität dar (Abbildung 8-16). 179

180 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Geschlecht männlich Alter ( 65 Jahre) 66 bis Komorbidität (keine): Diabetes mellitus kardio-vaskulär Diabetes + kardio-vaskulär RR 140/90 mmhg BMI 30 kg/m 2 Rauchen stationär behandelt Koronarintervention TAH Antihypertensiva Statine 1,10 (1,02 1,19) 0,77 (0,70 0,84) 0,52 (0,47 0,57) 1,09 (0,97 1,23) 0,97 (0,87 1,08) 1,00 (0,90 1,12) 1,17 (1,08 1,26) 1,10 (1,01 1,18) 1,53 (1,39 1,67) 0,81 (0,69 0,95) 3,25 (2,88 3,68) 0,76 (0,69 0,83) 0,77 (0,69 0,86) 0,82 (0,75 0,90) Odds-Ratio und 95%-CI (< 50 % beobachtet) bis 2013 eingeschriebene Patienten mit aktueller Folgedokumentation; Fallzahl im Modell: ; R 2 : 0,029; Referenzgruppen mehrstufiger Prädiktoren kursiv gesetzt Abbildung 8-16: Prädiktoren eines unter 50 % liegenden Anteils insgesamt beobachteter Quartale Zudem haben rauchende, übergewichtige und männliche KHK-Patienten sowie diejenigen mit hohen Blutdruckwerten ein bedeutsam erhöhtes Diskontinuitätsrisiko. Als bedeutendster protektiver Faktor erweist sich ein hohes Alter, Patienten ab 76 Jahre haben ein nur halb so großes Risiko für eine geringe Beobachtungskontinuität. Auch die medikamentöse Therapie erweist sich als statistisch bedeutsamer, risikomindernder Faktor gegenüber einer hohen Diskontinuität. Diese Ergebnisse bestätigen, dass auch innerhalb des DMP KHK eine (sehr) kleine Patientengruppe mit sehr geringer Beobachtungskontinuität existiert, von der weniger als die Hälfte aller erwarteten Dokumentationen vorliegen. Als statistisch relevanteste Faktoren für eine solche Kontinuität erweisen sich unter KHK-Patienten ein höheres Alter, das Rauchverhalten (Nichtraucher) und der Interventionsbedarf (geringer Bedarf). 180

181 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit 8.15 Patienten, die mindestens ein Jahr an dem DMP nicht mehr teilnehmen Patienten, die mindestens ein Jahr lang nicht mehr an dem DMP teilnehmen, müssen zu einem großen Teil als dauerhaft ausgeschiedene Patienten (Dropout) angesehen werden. Sie stellen eine besondere Teilmenge der ursprünglich in das DMP eingeschriebenen Patienten dar. Welche Merkmale charakterisieren jene Patienten, für die aus dem Vorjahr noch eine Folgedokumentation vorliegt und die im derzeitigen Berichtsjahr nicht mehr dokumentiert wurden? Welches sind die zentralen Dropout-Risiken im DMP KHK? 9,8 % der Patienten des Jahres 2014 werden 2015 nicht mehr dokumentiert. Von 19,3 % dieser Patienten ist bekannt, dass sie verstorben sind. Bei den übrigen Ausgeschiedenen handelt es sich um eine Gruppe älterer, eher weiblicher, rauchender und deutlich häufiger an spezifischen Begleiterkrankungen (Schlaganfall, chronische Herzinsuffizienz) leidender Patienten. Von den Patienten, die 2014 im DMP Koronare Herzkrankheit dokumentiert wurden, verfügen insgesamt (9,8 %) über keine Dokumentation aus dem Jahr Wie die Analysen des vorangegangenen Abschnitts gezeigt haben, wird ein sehr kleiner Teil der Patienten, die über ein komplettes Berichtsjahr keine Dokumentation aufweisen, im darauffolgenden Berichtsjahr oder sogar noch deutlich später wieder im DMP dokumentiert. Zum Beispiel wurden 10,1 % der Patienten des Jahres 2013 zwar im Jahr 2014 nicht dokumentiert, 0,7 % aber dafür wieder im Jahr Bei der überwiegenden Mehrzahl der genannten Fälle ist also zu vermuten, dass sie dauerhaft aus dem DMP ausgeschieden sind. Von (19,3 %) der ausgeschiedenen Patienten ist bekannt, dass sie verstorben sind. Für die übrigen ausgeschiedenen und mutmaßlich nicht verstorbenen Patienten wird nachfolgend untersucht, welche besonderen Merkmale diese Patientengruppe auszeichnen. Eine direkte Gegenüberstellung offenbart eine Reihe deutlicher Unterschiede zwischen ausgeschiedenen und verbliebenen Patienten (Tabelle 8-18). Aus dem DMP ausgeschiedene Patienten sind im Mittel zweieinhalb Jahre älter als die verbliebenen Patienten und zu einem etwas geringeren Anteil männlich. Ihre durchschnittliche Teilnahmedauer am DMP ist etwa um ein Dritteljahr kürzer. Unter den Befunden und Interventionen fallen vor allem der höhere Raucheranteil und der geringere Anteil erfolgter Koronarinterventionen sowie eine etwas höhere Rate stationärer Behandlungen auf. Hinsichtlich der Begleiterkrankungen zeigen sich auffällig höhere Raten in der Gruppe ausgeschiedener Patienten vor allem für eine chronische Herzinsuffizienz, arterielle Verschlusskrankheit, einen Schlaganfall, Diabetes mellitus oder eine COPD. Demgegenüber sind fast alle Verordnungshäufigkeiten in der Gruppe ausgeschiedener Patienten deutlich geringer, insbesondere für Statine und TAH. Als einzige Ausnahme hiervon zeigt sich eine leicht höhere Rate für die Verordnung einer sonstigen Medikation in der Gruppe der ausgeschiedenen Patienten. 181

182 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Tabelle 8-18: Unterschiede zwischen verbliebenen und ausgeschiedenen Patienten verblieben ausgeschieden Merkmale Kohortengröße (n) Alter (Jahre) 71,8 ± 10,7 74,3 ± 12,1 Geschlecht (männlich) 63,8 61,0 Teilnahmedauer (Jahre) 5,5 ± 3,1 5,1 ± 3,1 Befunde, Interventionen RR 140/90 mmhg 33,6 32,6 BMI 30 kg/m 2 32,3 28,5 Rauchen 13,4 14,8 Bypass-OP, PTCA ,7 5,8 Koronarangiografie ,5 6,2 stationäre Behandlung ,7 4,1 Begleiterkrankungen arterielle Hypertonie 90,2 89,7 chronische Herzinsuffizienz 19,7 26,2 Herzinfarkt 30,9 30,0 akutes Koronarsyndrom 22,7 21,7 arterielle Verschlusskrankheit 11,4 13,4 Schlaganfall 6,3 8,2 Fettstoffwechselstörung 80,8 76,7 Diabetes mellitus 45,8 46,9 COPD 15,5 18,1 Medikation Thrombozyten-Aggregationshemmer 83,4 79,6 Beta-Blocker 80,2 76,2 ACE-Hemmer 69,4 67,7 Beta-Blocker und ACE-Hemmer 58,0 54,7 Statine 76,1 68,3 sonstige Medikation 67,5 69,3 Patienten mit aktueller Folgedokumentation 2014; alle Angaben in Prozent, außer für Anzahl, Alter und Teilnahmedauer; Merkmale, Befunde, stationäre Behandlung und Koronarinterventionen und Medikation 2014, Begleiterkrankungen jemals Zusammengenommen verdichten sich diese Ergebnisse zu dem Bild, dass es sich bei den Ausgeschiedenen um eine Gruppe deutlich älterer, eher weiblicher Patienten handelt, die außerdem sehr viel häufiger unter spezifischen Begleiterkrankungen leiden und die auch in geringerem Ausmaß medikamentös therapiert werden. 182

183 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Das multivariate Modell unterstützt diese Annahmen. Als bedeutsamste Risikofaktoren für das Ausscheiden erweisen sich ein hohes Alter, eine chronische Herzinsuffizienz, das Auftreten eines Schlaganfalls bzw. das Rauchen (Abbildung 8-17). Geschlecht männlich Alter ( 65 Jahre) DMP seit (< 4 J) 4 bis < 7 7 RR 140/90 mmhg BMI 30 kg/m 2 Rauchen stationär behandelt Bypass-OPoder PTCA Koronarangiografie Hypertonie Herzinsuffizienz Herzinfarkt akutes Koronarsyndrom arteriel. Verschlusskrankheit Schlaganfall Fettstoffwechselstörung Diabetes mellitus COPD 0,91 (0,87 0,97) 0,85 (0,79 0,92) 1,20 (1,12 1,28) 0,75 (0,71 0,80) 0,54 (0,51 0,58) 1,01 (0,95 1,06) 0,90 (0,85 0,95) 1,24 (1,15 1,33) 0,97 (0,83 1,12) 0,91 (0,80 1,03) 0,82 (0,73 0,93) 0,91 (0,84 0,99) 1,25 (1,17 1,33) 0,97 (0,91 1,03) 0,92 (0,86 0,98) 1,07 (0,99 1,16) 1,15 (1,04 1,27) 0,82 (0,77 0,87) 0,95 (0,90 1,00) 1,03 (0,96 1,10) Odds-Ratio und 95%-CI (Dropout) Patienten mit aktueller Folgedokumentation 2014 und regulär übermittelten Statusinformationen; Fallzahl im Modell: ; R 2 : 0,018; Referenzgruppen mehrstufiger Prädiktoren kursiv gesetzt; Merkmale, Befunde, stationäre Behandlung und Koronarinterventionen 2014, Begleiterkrankungen jemals Abbildung 8-17: Prädiktoren des Ausscheidens aus dem DMP Als bedeutendster protektiver Faktor erweist sich, ähnlich wie bereits auch im DMP Diabetes mellitus Typ 2, auch bei Patienten im DMP KHK eine längere DMP-Teilnahmedauer. 183

184 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit 8.16 Verstorbene Patienten Ähnlich wie die ausgeschiedenen stellen auch die verstorbenen Patienten eine besondere Teilmenge der ursprünglich in das DMP eingeschriebenen Patienten dar. Welche Merkmale charakterisieren jene Patienten, für die aus dem Vorjahr noch eine Folgedokumentation vorliegt und die zwischenzeitlich verstorben sind? Welches sind die zentralen Sterberisiken im DMP KHK? 3,2 % der Patienten des Jahres 2014 gelten gemäß vorliegender Informationen als verstorben. Hierbei handelt es sich um eine Gruppe bedeutend älterer und sehr viel häufiger an spezifischen Begleiterkrankungen (chronische Herzinsuffizienz, COPD, Diabetes mellitus, Schlaganfall, AVK) leidender Patienten. Bemerkenswert erscheint, dass die verstorbenen Patienten im Mittel eine etwas längere DMP-Betreuungszeit aufweisen als die überlebenden. Gemäß der vertraglichen Vorgaben ist im Rahmen des DMP KHK eine Reduktion der Sterblichkeit der eingeschriebenen Patienten anzustreben (vgl. DMP-Vertrag, 1, Ziele des Vertrags). Meldungen zum Versterben wurden in Nordrhein 2014 lediglich für etwa 46 % aller KHK-Patienten systematisch erfasst, hier erfolgt kassenseitig eine Übermittlung dieser Information an das Zi. Die folgenden Auswertungen sind daher mit einem hohen Maß an Unsicherheit behaftet. Da es sich hierbei aber um eine, für die Einschätzung der Patientengruppe, die im DMP KHK betreut wird bzw. wurde, äußerst relevante Fragestellung handelt, wurde versucht, auf der Grundlage der vorhandenen Daten Aussagen über die Sterberisiken von DMP-Patienten zu formulieren. Von den Patienten, die 2014 im DMP Koronare Herzkrankheit dokumentiert wurden, sind nach den aktuell vorliegenden Informationen bisher insgesamt (3,2 %) verstorben. Diese Relation gilt auch für jene Patienten, für die aus dem Jahr 2014 eine Folgedokumentation vorlag (7.379 von ). Wie bei der vorangegangenen Dropout-Analyse werden zunächst zentrale Merkmale, Befunde, die relative Häufigkeit von stationären Behandlungen und Koronarinterventionen, Begleiterkrankungen sowie die medikamentöse Therapie der verstorbenen Patienten mit den entsprechenden Daten der überlebenden Patienten auf Grundlage der letzten Folgedokumentationen des Jahres 2014 verglichen. Im Anschluss hieran wird ein Modell für das Sterberisiko vorgestellt, um die statistische Bedeutung der genannten Faktoren abwägen zu können. Die direkte Gegenüberstellung offenbart in Bezug auf die früher erhobenen Werte auch zwischen verstorbenen und überlebenden Patienten eine Reihe deutlicher Unterschiede (Tabelle 8-19). Verstorbene KHK-Patienten sind sehr viel älter als die überlebenden, im Mittel über sieben Jahre. Ihre durchschnittliche Teilnahmedauer am DMP ist dagegen sogar etwas länger als die der Überlebenden. Unter den Befunden und Interventionen fallen vor allem die deutlich höhere Rate stationärer Behandlungen sowie die etwas geringeren Anteile 2014 erfolgter Koronarinterventionen in der Gruppe verstorbener Patienten auf. 184

185 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit Tabelle 8-19: Unterschiede zwischen überlebenden und verstorbenen Patienten überlebend verstorben Merkmale Kohortengröße (n) Alter (Jahre) 71,9 ± 10,8 79,0 ± 8,9 Geschlecht (männlich) 63,6 63,5 Teilnahmedauer (Jahre) 5,5 ± 3,1 5,9 ± 2,9 Befunde, Interventionen RR 140/90 mmhg 33,5 28,7 BMI 30 kg/m 2 32,0 28,4 Rauchen 13,5 14,6 Bypass-OP, PTCA ,6 5,0 Koronarangiografie ,4 5,6 stationäre Behandlung ,7 6,6 Begleiterkrankungen arterielle Hypertonie 90,1 93,1 chronische Herzinsuffizienz 20,0 39,1 Herzinfarkt 30,8 34,9 akutes Koronarsyndrom 22,6 24,2 arterielle Verschlusskrankheit 11,4 21,3 Schlaganfall 6,4 12,0 Fettstoffwechselstörung 80,5 79,2 Diabetes mellitus 45,7 60,7 COPD 15,5 28,7 Medikation Thrombozyten-Aggregationshemmer 83,1 82,5 Beta-Blocker 79,9 78,5 ACE-Hemmer 69,3 72,6 Beta-Blocker und ACE-Hemmer 57,8 59,5 Statine 75,5 68,5 sonstige Medikation 67,5 73,3 Patienten mit aktueller Folgedokumentation 2014; alle Angaben in Prozent, außer für Anzahl, Alter und Teilnahmedauer; Merkmale, Befunde, stationäre Behandlung und Koronarinterventionen und Medikation 2014, Begleiterkrankungen jemals In Bezug auf die Begleiterkrankungen lassen sich für die verstorbenen Patienten mit Ausnahme einer Fettstoffwechselstörung überall zum Teil deutlich höhere Raten nachweisen. Für eine chronische Herzinsuffizienz, eine arterielle Verschlusskrankheit, einen Schlaganfall oder eine COPD sind diese Raten bei den verstorbenen Patienten annähernd doppelt so hoch, aber auch ein Herzinfarkt oder ein Diabetes mellitus sind in dieser Patientengruppe sehr viel häufiger dokumentiert. Bei den Ver- 185

186 Kapitel 8: Koronare Herzkrankheit ordnungshäufigkeiten zeigt sich ein heterogener Befund. So lassen sich in der Gruppe verstorbener Patienten ähnliche Häufigkeiten bei der Verordnung von TAH und Beta-Blockern nachweisen, geringere für Statine und höhere für ACE-Hemmer und eine sonstige Medikation. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass es sich bei den Verstorbenen um eine Gruppe wesentlich älterer und in sehr viel stärkerem Ausmaß von Komorbidität betroffener Patienten handelt. Bemerkenswert erscheint der Umstand, dass die verstorbenen Patienten mittlerweile sogar eine geringfügig längere Betreuungszeit innerhalb des DMP als die überlebenden Patienten aufweisen. Möglicherweise kann dies als ein indirekter Beleg dafür gewertet werden, dass das DMP KHK tatsächlich einen Beitrag zu der beabsichtigten Verringerung bzw. dem Herausschieben der vorzeitigen Sterblichkeit von KHK-Patienten leistet. Das multivariate Modell bekräftigt die univariat ermittelten Befunde. Die alles überragende Bedeutung eines hohen Alters für das Sterberisiko vermag hierbei kaum zu überraschen. Bestätigt wird in beiden Modellen vor allem die Relevanz spezifischer Begleiterkrankungen (Abbildung 8-18). Geschlecht männlich Alter ( 65 Jahre) DMP seit (< 4 J) 4 bis < 7 7 RR 140/90 mmhg BMI 30 kg/m 2 Rauchen stationär behandelt Bypass-OPoder PTCA Koronarangiografie Hypertonie Herzinsuffizienz Herzinfarkt akutes Koronarsyndrom arteriel. Verschlusskrankheit Schlaganfall Fettstoffwechselstörung Diabetes mellitus COPD 1,17 (1,11 1,23) 2,45 (2,22 2,70) 5,67 (5,16 6,22) 1,03 (0,96 1,10) 1,02 (0,96 1,09) 0,76 (0,72 0,80) 0,79 (0,75 0,84) 1,41 (1,30 1,52) 1,77 (1,58 1,98) 0,81 (0,71 0,92) 0,78 (0,69 0,89) 1,01 (0,92 1,12) 1,78 (1,69 1,88) 1,15 (1,09 1,21) 1,02 (0,96 1,08) 1,46 (1,36 1,55) 1,40 (1,29 1,51) 0,75 (0,70 0,80) 1,48 (1,40 1,56) 1,58 (1,49 1,67) Odds-Ratio und 95%-CI (Versterben) Patienten mit aktueller Folgedokumentation 2014 und regulär übermittelten Statusinformationen; Fallzahl im Modell: ; R 2 : 0,114; Referenzgruppen mehrstufiger Prädiktoren kursiv gesetzt; Merkmale, Befunde, stationäre Behandlung und Koronarinterventionen 2014, Begleiterkrankungen jemals Abbildung 8-18: Prädiktoren des Versterbens So erweisen sich eine chronische Herzinsuffizienz, eine COPD, ein Diabetes mellitus, ein Schlaganfall oder eine arterielle Verschlusskrankheit als jene Komorbiditäten, die das höchste Sterberisiko unter den Patienten im DMP KHK implizieren. Unabhängig davon ist auch eine stationäre Behandlung hierfür ein bedeutender Prädiktor, ebenso haben rauchende KHK-Patienten ein ausgeprägt höheres Sterberisiko. 186

187 Kapitel 9: Asthma bronchiale 9 DMP Asthma bronchiale Abschnitt A, Analysen zum Erreichen der vertraglich definierten Qualitätsziele In den nächsten Abschnitten werden die, für das DMP Asthma bronchiale grundlegenden Voraussetzungen und Ergebnisse präsentiert. Hierzu zählen eine kurze Beschreibung des Erkrankungsbildes und seiner mutmaßlichen regionalen Prävalenz, eine Rekapitulation der wichtigsten Ziele des Programms sowie eine umfangreiche und differenzierte Untersuchung des Erreichens der vertraglich definierten Qualitätsziele. Die folgenden Fragen sollen dabei durch den Text leiten: Welche Qualitätsziele werden erreicht und welche nicht? Bestehen hierbei Unterschiede zwischen den, nach Alter, Geschlecht und Betreuung verschiedenen Patientengruppen? Wenn sich solche Gruppenunterschiede nachweisen lassen, welche sind davon dann am bedeutsamsten? Finden sich Veränderungen beim Erreichen der Qualitätsziele gegenüber dem Vorjahr? Existieren daneben Unterschiede beim Erreichen der Qualitätsziele auf der Ebene der teilnehmenden Praxen? 2015 wird in der Gesamtgruppe aller betreuten Patienten lediglich eines (Vermeiden stationärer Notfallbehandlungen) der fünf patientenbezogenen Qualitätsziele mit einer quantitativen Zielvorgabe sowie das, auf die Qualität der Dokumentationen Bezug nehmende Ziel erreicht. Deutlich unterschritten werden insbesondere die geforderten Raten in Bezug auf das Ausstellen eines Selbstmanagementplans und die Wahrnehmung einer empfohlenen Schulung. Gegenüber dem Vorjahr zeigen sich hierbei keine nennenswerten Veränderungen. Im DMP Asthma bronchiale bestehen jedoch ausgeprägte Unterschiede in der Zielerreichung zwischen den unterschiedlichen Patientengruppen. So werden bei Kindern und Jugendlichen neben dem Ziel zum Vermeiden von Notfallbehandlungen auch die Ziele zur ICS-Verordnung sowie zur Ausgabe eines Selbstmanagementplans erreicht. Dasjenige zur Überprüfung der Inhalationstechnik wird nur ganz knapp verfehlt. Bei erwachsenen, pneumologisch qualifiziert betreuten Patienten werden alle Qualitätsziele mit Ausnahme desjenigen zur Wahrnehmung einer empfohlenen Schulung erreicht. Außerdem besteht ein deutlicher Zusammenhang mit der Betreuungsdauer im DMP hinsichtlich einer guten Symptomkontrolle (Kinder und Jugendliche) sowie der Ausgabe eines Selbstmanagementplans bzw. einer Schulungswahrnehmung (jeweils alle Patienten). Bei längerer DMP-Teilnahme lassen sich in Bezug auf die genannten Ziele jeweils deutliche höhere Raten beobachten. Multivariate Analysen bestätigen insbesondere die Bedeutung der Einflussfaktoren Betreuung und DMP-Teilnahmedauer für die Qualitätszielerreichung. Für die meisten Ziele werden in den beteiligten Praxen, die Kinder und Jugendliche betreuen, relativ eng beieinanderliegende Raten beobachtet (Ausnahmen: gute Symptomkontrolle und Schulungswahrnehmung). Bei den Praxen, die erwachsene Patienten betreuen, zeigen sich in der Regel weite Bereiche der Zielerreichungsraten, mit Ausnahme des Vermeidens von Notfallbehandlungen. Besonders ausgeprägt unterscheiden sich die Praxen, die innerhalb des DMP Asthma bronchiale Erwachsene betreuen, hinsichtlich der Anteile von Patienten, bei denen die Inhalationstechnik überprüft, ein Selbstmanagementplan ausgegeben bzw. eine empfohlene Schulung wahrgenommen wird. 187

188 Kapitel 9: Asthma bronchiale 9.1 Definition der Erkrankung und Prävalenz des Asthma bronchiale Asthma bronchiale ist eine entzündliche und obstruktive Erkrankung der Atemwege, bei der Anfälle von Dyspnoe aufgrund einer variablen und reversiblen Verengung der Bronchien bzw. bronchialer Hyperreagibilität auftreten. Hierbei wird durch Allergene, Infekte oder chemisch-physikalische Inhalationsreize eine Kombination aus Bronchospasmus, einer Schwellung der Schleimhaut und eine Dyskrinie ausgelöst. Als Reaktionswege kommen dabei eine IgE (Immunglobulin E)-vermittelte Sofortreaktion, eine Freisetzung von Histamin, Leukotrienen, PAF (Plättchenaktivierender Faktor) oder eine direkte nervale Wirkung in Frage. Das klinische Bild des Asthma bronchiale ist charakterisiert durch Atemnot, Husten, zähen Auswurf, verlängertes Exspirium, Tachypnoe, trockene Rasselgeräusche (Giemen oder Brummen) und hypersonoren Klopfschall. Etwa 90 % dieser Erkrankungen werden dem so genannten allergischen (extrinsischen) Asthma bronchiale zugerechnet, meist ausgelöst durch die Inhalation von Allergenen wie zum Beispiel Pollen, Milben, Tierhaare, Pilzsporen etc. Etwa 80 % aller kindlichen Asthmafälle sind auf Hausstaubmilben zurückzuführen (Bateman et al., 2008). Eine in Frankreich durchgeführte Studie belegt zudem einen Zusammenhang zwischen der Luftqualität in Klassenzimmern und einer Asthma-Manifestation (Annesi-Maesano, 2012). Für ältere Asthma-Patienten (50 65 Jahre) ist ein Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung (NO x -Gehalt) und stationären Notfällen nachgewiesen (Andersen, 2012). Die zweite Gruppe bildet das nicht-allergische (intrinsische, endogene, infektbedingte) Asthma, in der Regel ausgelöst durch einen bronchopulmonalen Infekt. Das nicht-allergische Asthma bronchiale tritt in der Regel erst im mittleren Erwachsenenalter auf. Des Weiteren bestehen Mischformen der genannten Asthmavarianten, die nicht selten einer chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung (COPD) ähneln (das so genannte ACOS, Asthma-COPD-Overlap-Syndrom). Laut der Global Burden of Disease (GBD)-Studie von waren weltweit etwa 334 Millionen Menschen an Asthma bronchiale erkrankt (GBD, 2011). Über die Entwicklung der Prävalenz gibt es widersprüchliche Angaben aus verschiedenen europäischen und asiatischen Ländern: während in manchen Regionen die Erkrankungsraten kontinuierlich ansteigen, sind sie in anderen Regionen stabil oder sogar leicht rückläufig (von Mutius, 2010). Im Jahr 2013 wurden weltweit Todesfälle aufgrund eines Asthma gemeldet (GBD, 2013). Nach den Daten des Kinder- und Jugendgesundheitssurvey des RKI (KiGGS Welle 1) sind in Deutschland bis zu einem Alter von 17 Jahren 4,6 % der Jungen und 3,5 % der Mädchen von einem Asthma bronchiale im Sinne der 12-Monats-Prävalenz betroffen (Schmitz et al., 2014). Nach Daten der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS) des RKI, bei der nahezu alle repräsentativ ausgewählten Teilnehmer standardisiert körperlich untersucht wurden (Langen et al., 2013), liegt die Prävalenz des Asthma bronchiale für Männer zwischen 50 und 59 Jahren bei 5,4 % (Frauen: 7,5), im Alter zwischen 60 und 69 Jahren bei 6,4 % (Frauen: 10,4) und ab 70 Jahren bei 4,6 % (Frauen: 7,0). Auf Basis der genannten Prävalenzen wäre in der Region Nordrhein mit etwa mit Asthma-Patienten zu rechnen. 9.2 Ziele des DMP Asthma bronchiale Ziel des Disease Management Programms ist eine indikationsgesteuerte und systematische Koordination der Behandlung chronisch Kranker mit Asthma bronchiale. Die Therapie soll die krankheitsbe- 188

189 Kapitel 9: Asthma bronchiale zogene Lebensqualität der Patienten erhöhen und zu einer gesteigerten Lebenserwartung beitragen. Abhängig von Alter und vorliegenden Begleiterkrankungen gelten folgende Therapieziele, welche die Vertragspartner gemäß den Vorgaben anstreben: 1. die Vermeidung bzw. Reduktion akuter und chronischer Krankheitsbeeinträchtigungen infolge von Asthma-Symptomen, Asthma-Anfällen oder Exazerbationen, krankheitsbedingter Beeinträchtigungen der körperlichen und psychischen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, krankheitsbedingter Beeinträchtigungen der körperlichen und sozialen Alltagsaktivitäten, einer Erkrankungsprogredienz sowie unerwünschter Therapiewirkungen, der bronchialen Hyperreagibilität und 2. die Reduktion der asthmabedingten Letalität. Um diese Ziele zu erreichen, soll sich die Behandlung der Patienten an evidenzbasierten Leitlinien orientieren sowie eine qualitätsgesicherte und wirtschaftliche Arzneimitteltherapie erfolgen. Darüber hinaus sollen die Versorgungsebenen miteinander kooperieren und die vertraglich vereinbarten Anforderungen an die Strukturqualität eingehalten werden. Die Vollständigkeit, Qualität und Verfügbarkeit der Dokumentationen ist zu gewährleisten, zudem sollen sich die Patienten aktiv an dem DMP beteiligen. 9.3 Patientengruppen im DMP Asthma bronchiale Von den insgesamt Patienten, die 2015 im DMP Asthma bronchiale betreut werden, sind (12,4 %) Kinder und Jugendliche. Im Folgenden wird die Verteilung bestimmter patientenbezogener Merkmale dargestellt. Die größte Gruppe unter den Kindern und Jugendlichen stellen mit knapp 39 % die 10- bis 13-Jährigen dar (Abbildung 9-1). Vergleicht man die drei Altersstufen der erwachsenen Teilnehmer miteinander, zeigt sich, dass im mittleren Erwachsenenalter von 41 bis 60 Jahren die meisten DMP-Teilnehmer vorzufinden sind (42 %). Hinsichtlich des Geschlechts ist zu erkennen, wie auch aus epidemiologischen Studien bekannt, dass in jungen Jahren eher männliche Patienten die Gruppe der DMP Patienten dominieren, während im Erwachsenenalter sich dieses Verhältnis umkehrt. Mit Blick auf die Dauer der bisherigen Betreuung im DMP ist für erwachsene Patienten festzustellen, dass diese zu nahezu einem Drittel bereits 7 Jahre oder länger im Programm eingeschrieben sind (30 %). Etwa 89 % der jungen Asthmapatienten werden pädiatrisch fachärztlich betreut, erwachsene Patienten werden hingegen in großer Mehrheit von Hausärzten (83 %) und nicht von pneumologisch qualifizierten Fachärzten behandelt. Während der Altersunterschied zwischen männlichen und weiblichen Kindern und Jugendlichen im DMP nur gering ist, beträgt er zwischen männlichen und weiblichen Erwachsenen im Mittel etwa dreieinhalb Jahre (Tabelle 9-1). 189

190 Kapitel 9: Asthma bronchiale Alter ( Jahre) 28,7 38,9 32,4 K / J ( Jahre) 22,9 41,9 35,2 Erw Geschlecht (weiblich männlich) 37,3 62,7 K / J 65,6 34,4 Erw Betreuungszeit im DMP (< 3 3 < 7 7 Jahre) 45,1 40,1 14,8 K / J 33,1 37,2 29,7 Erw Betreuung nicht pädiatrisch pädiatrisch 11,4 88,6 K / J durch HA pneumo. qual. FA 82,7 17,3 Erw % pädiatr.: pädiatrisch, pneumol. qual.: pneumologisch qualifizierte; K / J: Kinder und Jugendliche, ; Erw: Erwachsene, Abbildung 9-1: Patientengruppen nach Alter im DMP Asthma bronchiale Tabelle 9-1: Altersverteilung nach Geschlecht Kinder und Jugendliche Altersgruppe alle mittleres Alter n % n % n % n % weiblich , , , ,0 11,7 ± 3,4 männlich , , , ,0 11,6 ± 3,2 zusammen , , , ,0 11,6 ± 3,3 Erwachsene alle mittleres Alter n % n % n % n % weiblich , , , ,0 54,6 ± 16,7 männlich , , , ,0 51,2 ± 17,0 zusammen , , , ,0 53,4 ± 16,9 mittleres Alter: Mittelwert ± Standardabweichung Wenn nicht anders textlich hervorgehoben, basieren alle nachfolgenden Darstellungen auf den Dokumentationen von Asthma-Patienten, von denen eine aktuelle Folgedokumentation im Jahr 2015 vorliegt. Bei einer vermuteten Zahl von ca Asthma-Patienten unter allen GKV-Versicherten Nordrheins werden in dieser Region etwa ein Viertel aller Asthma-Patienten im Rahmen des DMP betreut. 190

191 Kapitel 9: Asthma bronchiale 9.4 Erreichen der Qualitätsziele im DMP Asthma bronchiale Eine wichtige Bedeutung in der Versorgung von Asthma-Patienten kommt den zwischen den Vertragspartnern vereinbarten Qualitätszielen zu. Hinsichtlich der arztbezogenen Qualitätssicherung werden für das DMP Asthma folgende Ziele formuliert: Steigerung des Anteils der Patientinnen und Patienten mit guter Symptomkontrolle Vermeidung notfallmäßiger stationärer Behandlungen Erhöhung des Anteils der Patientinnen und Patienten, bei denen die Inhalationstechnik regelmäßig überprüft wird Erhöhung des Anteils der Patientinnen und Patienten mit inhalativen Glukokortikosteroiden (ICS) als Dauermedikation Sicherstellung von Vollständigkeit und Plausibilität der Dokumentation Erhöhung des Anteils der Patienten mit schriftlichem Selbstmanagementplan Erhöhung des Anteils geschulter Patientinnen und Patienten Die Ergebnisse der Auswertungen zu den qualitätszielbezogenen Analysen werden getrennt für Erwachsene bzw. Kinder und Jugendliche dargestellt, um den altersabhängigen Erkrankungsmerkmalen und Begleiterkrankungen Rechnung zu tragen. Zusätzlich wird die Qualitätszielerreichung, abhängig von der jeweiligen Fragestellung, getrennt nach Geschlecht der Patienten, der DMP-Teilnahmedauer und dem Versorgungsschwerpunkt des behandelnden Arztes analysiert und mit den Vorjahreswerten verglichen Univariate Analysen der Qualitätszielerreichung Für viele Qualitätsziele im DMP Asthma bronchiale werden nur Teile des Gesamtkollektivs der teilnehmenden Asthma-Patienten betrachtet. Deshalb wird in Tabelle 9-2 inhaltlich dargelegt, welche Patientengruppe als Nenner für die jeweilige Qualitätszielerreichung zugrunde gelegt wird, und welche Zielerreichungsquote jeweils gefordert wird. Tabelle 9-2: Beschreibung der Patientengruppen und geforderte Erreichungsquoten der Qualitätsziele Qualitätsziel Patientengruppe (Nenner) geforderte Zielerreichungsquote Gute Symptomkontrolle alle Patienten Keine Vorgabe Vermeidung stationärer Notfälle alle Patienten mit mindestens sechs Monaten Teilnahmedauer am DMP 90 % Überprüfung der Inhalationstechnik alle Patienten mit einer inhalativen Medikation (SABA, ICS, LABA) 90 % ICS als Dauermedikation alle Patienten mit der Verordnung mind. einer Dauermedikation (SABA, ICS, LABA) 90 % Selbstmanagementplan alle Patienten 90 % Schulungsempfehlung wahrgenommen alle Patienten mit einer Schulungsempfehlung innerhalb der vergangenen 18 Monate fakultativ zusätzlich: alle Patienten, denen jemals eine Schulung empfohlen wurde 70 % Keine Vorgabe 191

192 Kapitel 9: Asthma bronchiale Grundsätzlich gilt für alle qualitätszielbezogenen Auswertungen, dass nur DMP-Teilnehmer mit mindestens einer aktuellen Folgedokumentation im DMP Asthma bronchiale im Berichtsjahr 2015 betrachtet werden. Bei Betrachtung der patientenbezogenen Qualitätszielgrenzwerte für erwachsene Asthma-Patienten fällt auf, dass lediglich jener hinsichtlich der Vermeidung stationärer Notfallbehandlungen erreicht wird (Abbildung 9-2 und Tabelle 9-3). In der Teilgruppe der Kinder und Jugendlichen werden hingegen bis auf die Wahrnehmung von Schulungsempfehlungen alle Zielgrenzwerte erreicht bzw. nur sehr knapp verfehlt (Überprüfung der Inhalationstechnik). Der auffällig abweichende Zielerreichungsgrad bezüglich einer guten Symptomkontrolle je Altersgruppe ist bedingt durch unterschiedliche Auswertungsalgorithmen der beiden Subgruppen (siehe hierzu Kapitel 9-9). Gute Symptomkontrolle 69,3 89,4 86,6 Vermeidung stationärer Notfälle 99,3 99,3 99,3 Überprüfung der Inhalationstechnik ICS als Dauermedikation 76,7 78,3 89,5 92,4 84,7 85,3 Selbstmanagementplan 64,4 67,8 91,7 Schulungsempfehlung wahrgenommen Schulungsempfehlung wahrgenommen (jemals) Kinder und Jugendliche Erwachsene Qualitätsziel 47,6 50,1 49,4 58,2 49,7 54, % insgesamt Abbildung 9-2: Erreichen der Qualitätsziele Geringfügige geschlechtsspezifische Unterschiede bezüglich der Zielerreichung lassen sich auf univariater Ebene für die Erreichung einer guten Symptomkontrolle, der Überprüfung der Inhalationstechnik sowie der Ausstellung eines schriftlichen Selbstmanagementplans zugunsten einer besseren Qualitätszielerreichung der Männer aufzeigen. Für die Verordnung von ICS als Dauermedikation zeigen sich geringfügige Vorteile für die Frauen. Positive Auswirkungen einer längeren DMP-Teilnahmedauer hinsichtlich der Qualitätszielerreichung zeigen sich vor allem bei den Kindern und Jugendlichen. Mit längerer DMP-Teilnahmedauer wird in dieser Gruppe häufiger ein guter Asthma-Kontrollgrad erzielt. Auch ein schriftlicher Selbstmanagementplan liegt in den Patientengruppen mit längerer DMP-Teilnahmedauer erwartungsgemäß häufiger vor. 192

193 Kapitel 9: Asthma bronchiale Tabelle 9-3: Erreichen der Qualitätsziele differenziert nach Patientengruppen Zielerreichung gute Symptomkontrolle Vermeidung stationärer Notfälle a Inhalations- technik überprüft b ICS als Dauer- medikation c jemals Selbstmanage- mentplan ausgestellt Schulungs- empfehlung wahrgenommen insgesamt K / J Erw aktuell d jemals Ziel erreicht (n) Ziel gültig (n) Zielquote k. V. k. V k. V erreicht 69,3 89,4 99,3 78,3 85,3 67,8 49,4 54, erreicht 66,7 88,4 99,2 78,3 85,5 66,7 50,1 51,2 in Teilgruppen Geschlecht weiblich 67,7 89,0 99,3 77,5 85,6 67,2 49,4 53,7 männlich 70,2 90,0 99,4 79,3 84,9 68,8 49,5 54,4 DMP seit (Jahren) < 3 66,5 89,4 99,3 78,9 84,2 58,4 45,4 45,7 3 bis < 7 70,8 90,1 99,4 78,6 85,3 69,7 53,1 56,0 7 73,5 88,3 99,2 77,3 86,6 76,9 55,7 58,5 betreut hausärztlich 63,8 89,8 99,3 74,0 82,1 60,0 40,2 44,7 pneu. qual. FA 68,0 84,3 99,5 91,8 96,4 92,8 60,8 69,0 pädiatrisch 70,0 99,2 90,3 93,2 94,3 47,0 61,4 Patienten mit aktueller Folgedokumentation; ICS: inhalative Glukokortikosteroide; a: nur Patienten, die mind. ein halbes Jahr im DMP eingeschrieben sind; b: nur Patienten mit einer inhalativen Asthma-Medikation; c: nur Patienten, welche mindestens eine Dauermedikation erhalten; d: aktuell bezieht sich auf einen Zeitraum von 18 Monaten; alle Angaben in % Der Anteil der Patientengruppe, dem ICS als Dauermedikation verordnet wird und derjenige wahrgenommener Asthma-Schulungen (aktuell und jemals), nimmt mit längerer Teilnahme zu, während der Anteil der Patienten, bei denen die Inhalationstechnik geprüft wird, mit längerer DMP-Teilnehme eher geringer ist. Hier spielen evtl. Lerneffekte der Patienten eine Rolle, so dass für langjährige Asthma-Patienten eine Überprüfung obsolet betrachtet wird. Des Weiteren zeigen sich Unterschiede in der Zielwert-Erreichung im Zusammenhang mit der betreuenden ärztlichen Fachgruppe. Die Gruppe von Patienten, die von einem pneumologisch qualifizierten Arzt betreut wird, erreicht bis auf für die Wahrnehmung von Schulungsangeboten für alle Qualitätsziele die geforderten Zielquoten. Für die pädiatrisch betreuten Kinder und Jugendlichen gilt dies ebenfalls. Der Vergleich zum Vorjahr zeigt, dass die Zielerreichungsquoten relativ konstant sind. Der Anteil der Patienten mit einer guten Symptomkontrolle steigt sowohl bei den Kindern und Jugendlichen als auch unter den Erwachsenen geringfügig an. Auch der Anteil der eingesetzten Selbstmanagementpläne als die Rate jemals geschulter DMP-Teilnehmer liegt leicht höher. Dafür sinkt der prozentuale Anteil der aktuell geschulten Patienten mit einer vorherigen entsprechenden Empfehlung geringfügig. 193

194 Kapitel 9: Asthma bronchiale Multivariate Analysen der Qualitätszielerreichung Im Folgenden werden die univariaten Analysen zur Qualitätszielerreichung durch weitergehende multivariate Auswertungen ergänzt, um die möglichen Einflüsse der jeweiligen Patientenzusammensetzung (Geschlecht, Alter, DMP-Teilnahmedauer, Komorbidität und Medikation) zu quantifizieren. Hierbei liegt der Fokus auf der Identifikation unabhängiger Faktoren, die maßgeblich zu der Zielerreichung beitragen. Zudem wird die Gewichtung der einzelnen Variablen untereinander überprüft. Um eine Vergleichbarkeit der Zielerreichung zu gewährleisten Kinder und Jugendliche erfüllen in weit höherem Ausmaß die empfohlenen Zielraten als erwachsene Patienten beschränken sich die folgenden Auswertungen auf das Patientenkollektiv der erwachsenen asthmakranken DMP- Teilnehmer. Aus der multivariaten Analyse wird deutlich, dass sich die Chance zur Erreichung einer guten Symptomkontrolle (Abbildung 9-3a) für männliche DMP-Teilnehmer moderat erhöht ist (Odds Ratio OR 1,12) und mit zunehmendem Alter geringer (OR bis zu 0,92) wird. Auch die Verordnung eines asthmaspezifischen Wirkstoffes (OR bis zu 0,66 für eine LABA-Verordnung), das Vorliegen einer COPD (OR 0,64) oder KHK (OR 0,86) als Begleiterkrankung, das aktive Rauchen (OR 0,75) oder eine Betreuung durch einen pneumologisch qualifizierten Facharzt (OR 0,68) senken gegenüber der jeweiligen Vergleichsgruppe die Chance eine gute Asthmakontrolle zu erreichen. Dies erscheint folgerichtig, weil die dargestellten Parameter mit einem vergleichsweise schwerwiegenderen Krankheitsverlauf der Patienten assoziiert sind. Die Verordnung von ICS als Dauermedikation (sofern eine Dauermedikation verordnet wird) stellt ein weiteres Qualitätsziel der DMP-Teilnahme dar (Abbildung 9-3b). Hiermit soll eine LABA-Monotherapie ausgeschlossen werden. Die Chance zur Zielerreichung ist für männliche niedriger als für weibliche DMP-Teilnehmer (OR 0,91). Gegenüber Patienten, die zwischen 18 und 40 Jahre alt für sind, vergrößert sich mit zunehmendem Alter die Chance für eine Verordnung (OR bis zu 1,15 für Patienten 60 Jahre). Patienten, die bei pneumologisch qualifizierten Ärzten in Behandlung sind, weisen im Vergleich zu hausärztlich betreuten eine etwa sechsfach erhöhte Chance auf, ICS als Dauermedikation zu erhalten (OR 6,21). Auch eine längere DMP-Teilnahme (OR bis zu 1,32) oder eine Verordnung schnellwirksamer Beta-Sympathomimetika (OR 1,77) erhöhen die Chance für eine entsprechende Verordnung. Hinsichtlich der Begleiterkrankung ergibt sich kein eindeutiges Bild: Während das Vorliegen einer KHK mit einer niedrigeren Chance zur ICS-Verordnung einhergeht (OR 0,79) üben eine COPD oder andere Begleiterkrankungen keinen statistisch bedeutsamen Einfluss auf die Verordnung aus. Auch die Verordnung von LABA (OR 0,73) oder OCS (OR 0,88) als Dauermedikation senkt erwartungsgemäß die Chance zur Zielerreichung. 194

195 Kapitel 9: Asthma bronchiale a: Prädiktoren einer guten Symptomkontrolle Geschlecht (männlich) Alter (18-40 Jahre) DMP seit ( 3 Jahre) 3 < 6 6 Raucher (Nichtraucher) Pneumologe (Hausarzt) Komorbidität COPD kardiovaskulär andere BE Medikation SABA ICS LABA OCS 1,12 (1,06 1,17) 0,96 (0,90 1,02) 0,92 (0,85 0,99) 1,36 (1,29 1,43) 1,21 (1,14 1,28) 0,75 (0,71 0,80) 0,68 (0,64 0,71) 0,64 (0,59 0,69) 0,86 (0,79 0,93) 0,91 (0,87 0,96) 0,79 (0,74 0,83) 0,80 (0,75 0,85) 0,66 (0,63 0,70) 0,70 (0,66 0,74) Odds-Ratio und 95%-CI b: Prädiktoren der Verordnung von ICS als Dauermedikation Geschlecht (männlich) Alter (18-40 Jahre) DMP seit ( 3 Jahre) 3 < 6 6 Raucher (Nichtraucher) Pneumologe (Hausarzt) Komorbidität COPD kardiovaskulär andere BE Übrige Medikation SABA LABA OCS 0,91 (0,87 0,95) 1,09 (1,02 1,16) 1,15 (1,07 1,24) 1,16 (1,10 1,23) 1,32 (1,24 1,40) 0,79 (0,75 0,84) 6,21 (5,61 6,87) 0,97 (0,89 1,06) 0,79 (0,72 0,85) 1,04 (0,99 1,10) 1,77 (1,69 1,87) 0,73 (0,69 0,78) 0,88 (0,83 0,94) Odds-Ratio und 95%-CI c: Prädiktoren einer Schulungswahrnehmung (jemals) Geschlecht (männlich) Alter (18-40 Jahre) DMP seit ( 3 Jahre) Raucher (Nichtraucher) Pneumologe (Hausarzt) Komorbidität Medikation < 6 6 COPD kardiovaskulär andere BE SABA ICS LABA OCS 0,96 (0,91 1,00) 1,03 (0,97 1,10) 1,01 (0,95 1,09) 1,52 (1,44 1,61) 1,91 (1,81 2,03) 0,86 (0,81 0,91) 3,23 (3,07 3,40) 1,09 (1,01 1,18) 0,95 (0,87 1,03) 1,08 (1,03 1,14) 1,10 (1,05 1,16) 1,10 (1,04 1,16) 0,94 (0,90 0,99) 1,05 (0,99 1,12) Fallzahlen im Modell (nur erwachsene Patienten): a: , b: , c: ; R 2 a: 0,039, b: 0,088, c: 0,099; Odds Ratio: 1 = kein Unterschied zur Referenzgruppe, < 1 = geringere, > 1 = höhere Chance als in der Referenzgruppe; 95%-CI: 95%- Konfidenzintervall; unter andere BE werden Hypertonie, Diabetes, Fettstoffwechselstörung, Schlaganfall, AVK und Herzinsuffizienz; Referenzgruppen in Klammern Abbildung 9-3: Prädiktoren des Erreichens ausgewählter Qualitätsziele Odds-Ratio und 95%-CI 195

196 Kapitel 9: Asthma bronchiale Patientenschulungen stellen einen wichtigen Bestandteil im DMP Asthma bronchiale dar (siehe Kapitel 9-8). Ein wichtiges Anliegen im DMP ist es deshalb, die Adhärenz der Patienten zu erhöhen, einer vom betreuenden Arzt angeratenen Schulungsempfehlung auch tatsächlich zu folgen. In Abbildung 9-3c werden die Einflussfaktoren auf die Wahrnehmung einer ausgesprochenen Schulungsempfehlung dargestellt. Asthma-Patienten, die schon vergleichsweise lange im DMP eingeschrieben sind (OR bis zu 1,91), nehmen mit höherer Chance an der Patientenschulung nach einer Empfehlung des Arztes teil. Hier könnten auch Folgeschulungen zur Auffrischung des Gelernten dokumentiert sein. Die Wahrnehmung einer Schulungsempfehlung wird zudem von einer pneumologischen Betreuung der Patienten begünstigt (OR 3,23). Asthma-Patienten mit einer Verordnung von schnellwirksamen Beta- II-Sympathomimetika oder inhalativen Glukokortikosteroiden (jeweils OR 1,10) nehmen mit höherer Chance an einer Asthma-Schulung nach einer Empfehlung teil. Für Patienten mit einer Verordnung von langwirksamen Beta-II-Sympathomimetika ist diese hingegen leicht niedriger (OR 0,94). Darüber hinaus erhöht das Vorliegen einer COPD (OR 1,09) oder einer anderen Begleiterkrankung (OR 1,08) die Chance für eine Schulungsteilnahme nach einer Empfehlung. Gegenüber Nichtrauchern ist bei Rauchern die Chance geringer, an Patientenschulungen teilzunehmen (OR 0,86). Insgesamt bestätigen die multivariaten Analysen, dass unter einer spezialisierten ärztlichen Betreuung die prozess- und strukturbezogenen Qualitätsziele deutlich häufiger erfüllt werden als in der hausärztlichen Praxis, durch ein vermutlich kränkeres Patientenkollektiv aber mit höherem Risiko eine gute Symptomkontrolle verfehlt wird. Zudem besteht ein durchgängig negativer Einfluss des Rauchens auf das Erreichen der hier betrachteten Qualitätsziele Analyse der Qualitätszielerreichung auf Praxisebene Die auf Patientenebene durchgeführten Analysen sollen um eine praxisbezogene Perspektive bezüglich der Qualitätszielerreichung für DMP-Teilnehmer ergänzt werden (Interquartilbereiche der Qualitätszielerreichung, IQR; Abbildung 9-4). In der Auswertung werden nur Praxen betrachtet, welche mehr als zehn DMP-Teilnehmer betreuen. Dabei wird zwischen Praxen unterschieden, die ausschließlich Kinder und Jugendliche betreuen und solche, die auch erwachsene Patienten behandeln. Praxen, die Kinder und Jugendliche betreuen, erreichen in der Regel höhere Raten bei den Qualitätszielen, als Praxen, die erwachsene Patienten betreuen. So liegen die mittleren 50 % für die pädiatrischen Praxen in Bezug auf die Qualitätsziele zur Vermeidung stationärer Notfälle, der Überprüfung der Inhalationstechnik, der Verordnung von ICS als Dauermedikation sowie der Ausstellung eines Selbstmanagementplans vergleichsweise eng beieinander auf hohem Niveau. Lediglich die IQR für die Ziele zur Erreichung einer guten Symptomkontrolle (57 93 %) und zur Wahrnehmung einer Schulung (aktuell: 6 67 %, jemals: %) zeigen eine große Varianz auf Praxisebene. Die mittleren 50 % aller Praxen mit erwachsenen DMP-Teilnehmern weisen hohe Anteile an Patienten mit guter Symptomkontrolle auf, die zwischen 86 und 100 % variieren. Für die Überprüfung der Inhalationstechnik liegt der IQR hier zwischen 53 und 98 %, für die Verordnung von ICS als Dauermedikation zwischen 71 und 99 %. Am größten ist die Varianz der Praxen, die erwachsene Patienten betreuen, bezüglich der Ausstellung schriftlicher Selbstmanagementpläne (23 99 %) und der Wahrnehmung empfohlener Schulungen (aktuell: 0 50 %, jemals: 6 57 %). Offensichtlich agieren die Praxen bezüglich der letztgenannten Qualitätsziele recht unterschiedlich. 196

197 Kapitel 9: Asthma bronchiale Kinder und Jugendliche Gute Symptomkontrolle Vermeidung Notfälle Überprüfung Inhalationstechnik ICS als Dauermedikation Selbstmanagementplan Schulungswahrnehmung (aktuell) Schulungswahrnehmung (jemals) Erwachsene Gute Symptomkontrolle Vermeidung Notfälle Überprüfung Inhalationstechnik ICS als Dauermedikation Selbstmanagementplan Schulungswahrnehmung (aktuell) Schulungswahrnehmung (jemals) Praxen % Praxen mit mind. 10 Interquartilbereich und Median Qualitätsziel DMP-Patienten Abbildung 9-4: Praxenspezifische Unterschiede bei den Zielerreichungsquoten Vollständigkeit und Plausibilität der Dokumentation Mindestens 95 % aller Dokumentationen sollen beim ersten Eingang vollständig und plausibel sein. Laut Mengenbericht lagen der Datenstelle bis zum Stichtag kumulativ Dokumentationen aus dem DMP Asthma bronchiale vor, hierbei handelt es sich ausschließlich um fristgerecht eingereichte Dokumentationen, von denen mehrfach eingereichte bereits abgezogen worden sind. Insgesamt wurden bzw. 0,72 % als unvollständig bzw. unplausibel bewertet. Im Vorjahr lag diese Quote bei 0,8 %. Das vertraglich festgelegte Ziel (< 5 %) wird somit sehr deutlich übertroffen. 197

198 Kapitel 9: Asthma bronchiale Abschnitt B, Vertiefende Analysen 9.5 Querschnittlicher Vergleich ausgewählter Patientenmerkmale bei der Einschreibung Im Folgenden soll die Frage im Vordergrund stehen, ob und in wie fern sich das eingeschriebene Patientenklientel bei DMP-Einschreibung verändert. Dazu werden die jeweiligen Einschreibekohorten innerhalb dreier unterschiedlicher Zeitintervalle verglichen. Die Gruppe der 2015 neu eingeschriebenen Kinder und Jugendlichen ist im Vergleich zu den Vorjahren jünger, der Anteil weiblicher Teilnehmerinnen nimmt geringfügig zu. Spätere Kohorten leiden bei Einschreibung geringfügig häufiger an einer täglichen bzw. häufiger als zweimal wöchentlichen Asthmasymptomatik. Die 2015 neu eingeschriebene erwachsene Population ist im Vergleich zu der ersten Kohorte ebenfalls jünger, etwas häufiger als in den Vorjahren männlichen Geschlechts und der Anteil der Patienten mit täglicher oder häufiger als zweimal wöchentlicher Asthmasymptomatik ist im Vergleich zu den ersten DMP-Kohorten rückläufig. Der Anteil der Asthma-Patienten mit einer SABA- oder ICS -Verordnung bei Neueinschreibung ist in beiden Teilgruppen rückläufig. LABA hingegen werden in jüngerer Zeit etwas häufiger verordnet. Der Anteil an erwachsenen Patienten mit Diabetes mellitus als Begleiterkrankung wächst in den jüngeren Kohorten, eine COPD haben später eingeschriebene Patienten hingegen seltener. Zudem wird in der jüngst eingeschriebenen Kohorte seltener geraucht. Eine vergleichende Betrachtung ausgewählter Merkmale der zwischen 2006 und 2015 eingeschriebenen Patienten zeigt, dass die jüngst eingeschriebene Kohorte im Mittel etwas jünger ist, als diejenigen, die zuvor in das Programm eingeschrieben wurden (Tabelle 9-4). Der prozentuale Anteil der Frauen unter den neu eingeschriebenen Erwachsenen nimmt geringfügig ab, wobei Frauen mit 64 % im Jahr 2015 unter den neu eingeschriebenen erwachsenen Patienten weiterhin dominieren. Bei Teilnehmern im Kinder- und Jugendalter ist der Anteil der Mädchen unter den Neueinschreibungen deutlich ansteigend, es überwiegt jedoch in dieser Altersgruppe weiterhin das männliche Geschlecht. Der Anteil der Patienten mit einer täglichen (ab dem 2. Halbjahr 2013 häufiger als zweimal wöchentlichen ) Asthmasymptomatik scheint für die Kinder und Jugendlichen bei Programmeinschreibung im Zeitverlauf geringfügig zuzulegen. Der vergleichsweise hohe Wert im Jahr 2015 könnte jedoch auf die veränderte DMP-Dokumentation ab dem zweiten Halbjahr 2013 zurückzuführen sein. Die aktuelle Frequenz an Asthmasymptomen für die erwachsenen Teilnehmer bei DMP-Einschreibung ist hingegen rückläufig, verglichen mit den vorherigen Einschreibekohorten. Dennoch weisen auch im Jahr 2015 die neu hinzugekommenen erwachsenen DMP-Teilnehmer eine deutlich höhere Rate an täglichen oder häufiger als zweimal wöchentlich auftretender Asthmasymptomatik auf als die Kinder und Jugendlichen in diesem Jahr. 198

199 Kapitel 9: Asthma bronchiale Tabelle 9-4: Patientenmerkmale, Befunde und Medikation bei Einschreibung Kinder / Jugendliche Erwachsene Alter (Jahre) 10,4 9,6 9,6 48,8 46,9 47,8 Kohortengröße (n) Mädchen 38,0 39,7 42,5 64,3 63,9 63,9 tägliche oder 2x wöchentliche Asthmasymptome Peak-Flow-Sollwert unter 50 % 10,3 12,9* 15,0* 25,7 20,8* 17,4* 25,6 23,9 21,6 COPD unter Kindern und Jugendlichen sehr 4,3 2,4 2,5 Diabetes mellitus selten bzw. nicht auszuwerten 8,7 9,4 9,6 Rauchen 20,8 21,1 20,3 Medikation SABA 91,8 91,1 89,9 74,9 70,1 70,1 ICS 69,0 65,1 62,0 71,9 68,0 67,7 LABA 26,0 26,6 29,2 55,6 56,1 58,9 alle Angaben außer zum Alter (Mittelwert) in %; SABA: schnellwirksame Beta-2-Sympathomimetika, ICS: inhalative Glukokortikosteroide, LABA: langwirksame Beta-2-Sympathomimetika (jeweils sowohl Bedarfs- als auch Dauermedikation); *: Dokumentationswechsel zum 2. Hj 2013, deshalb zusammengefasst täglich und häufiger als zweimal wöchentlich im Jahr 2013 und für das Jahr 2014 häufiger als zweimal wöchentlich Zum jeweiligen Zeitraum der Einschreibung scheint die Verordnung von SABA und insbesondere ICS in den Einschreibekohorten der Kinder und Jugendlichen rückläufig zu sein, während LABA-Verordnungen im Jahr 2015 etwas zunehmen. Unter erwachsenen Patienten werden in später eingeschriebenen Kohorten ebenfalls weniger Patienten mit SABA und ICS versorgt. Hinsichtlich des Anteils von LABA gibt es im Jahr 2015 ebenso einen prozentualen Zugewinn eingeschriebene erwachsene Patienten weisen seltener eine COPD und häufiger ein Diabetes als Begleiterkrankung auf als frühere Kohorten. Die Peak-Flow-Sollwerterreichung unter 50 % ist zudem in jüngeren Kohorten seltener. In diesem Zusammenhang sollte jedoch darauf hingewiesen werden, dass dieser nur für 38 % der erwachsenen Patienten bei Einschreibung erhoben wird. 199

200 Kapitel 9: Asthma bronchiale 9.6 Komorbidität Als nächstes werden die Begleiterkrankungen der eingeschriebenen DMP-Patienten thematisiert. Zunächst wird überprüft, ob bestimmte Begleiterkrankungen besonders häufig auftreten und ob hierbei Alterseffekte identifizierbar sind. Des Weiteren wird analysiert, ob die dokumentierten Begleiterkrankungen einen Einfluss auf die Qualitätszielerreichung der eingeschriebenen Asthma- Patienten haben. Am häufigsten wurde unter den erwachsenen Asthma-Patienten eine zusätzliche arterielle Hypertonie (40 %), gefolgt von einer Fettstoffwechselstörung (27 %) dokumentiert. Je nach Begleiterkrankung zeigt sich eine unterschiedliche durchschnittliche Qualitätszielerreichung. Asthma-Patienten mit einer zusätzlichen COPD bekommen vergleichsweise häufig Selbstmanagementpläne ausgestellt und nehmen häufiger an Schulungen teil. Asthma-Patienten mit einer Fettstoffwechselstörung fallen eher durch eine unterdurchschnittliche Qualitätszielerreichung auf. Dadurch, dass im Vergleich zu den anderen DMP auch relativ viele junge Patienten im DMP Asthma bronchiale eingeschrieben sind, finden sich im Kollektiv der Asthma-Patienten weniger multimorbide Patienten als in denen der übrigen DMP-Indikationen. Um relevante Unterschiede aufzuzeigen, richten wir den Fokus ausschließlich auf die erwachsenen Asthma-Patienten. Bei etwas über der Hälfte (53 %) der DMP-Teilnehmer ist mindestens eine der dokumentierbaren Begleiterkrankungen nachgewiesen. Fast 40 % aller Patienten sind von Bluthochdruck betroffen, mehr als jeder vierte Teilnehmer von einer Fettstoffwechselstörung. Bei 8 % der eingeschriebenen Asthma-Patienten wurde eine chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung, bei 7 % eine koronare Herzkrankheit und bei 17 % ein Diabetes mellitus festgehalten (Tabelle 9-5). Tabelle 9-5: Komorbidität der erwachsenen Asthma-Patienten nach Geschlecht und Alter Jahre Jahre 61 Jahre alle Erw. w m w m w m COPD 1,3 1,4 5,6 6,7 10,7 13,9 6,9 arterielle Hypertonie 6,6 8,8 32,4 37,4 67,1 68,2 39,7 Fettstoffwechselstörung 6,1 6,0 22,1 26,6 43,7 44,4 26,8 koronare Herzkrankheit 0,4 0,6 3,2 6,9 14,7 25,5 8,3 arterielle Verschlusskrankheit 0,1 0,1 0,5 0,7 2,5 3,8 1,3 Schlaganfall 0,2 0,2 0,7 0,8 2,3 3,5 1,3 chronische Herzinsuffizienz 0,2 0,2 0,8 1,3 4,9 6,0 2,3 Diabetes mellitus 3,5 2,9 13,6 16,5 26,5 31,1 16,7 alle Angaben in Prozent; berücksichtigt werden in dieser Auswertung zusammenfassend sowohl die bei Einschreibung als auch die während der DMP-Teilnahme anamnetisch erfassten Erkrankungen Männer leiden im Vergleich zu Frauen häufiger an einer Begleiterkrankung. Dies wird insbesondere in den höheren Altersstufen deutlich. 200

201 Kapitel 9: Asthma bronchiale Für eine nähere Bestimmung der Auswirkungen von Begleiterkrankungen auf die Qualitätszielerreichung der erwachsenen DMP-Teilnehmer wird im Folgenden die Komorbidität nach kardio-vaskulären Begleiterkrankungen (arterielle Hypertonie, koronare Herzkrankheit, arterielle Verschlusskrankheit, Schlaganfall und chronische Herzinsuffizienz), Stoffwechselerkrankungen (Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörung) und COPD als begleitende Atemwegserkrankung zusammengefasst (Abbildung 9-5). Gute Symptomkontrolle 90,3 90,3 89,0 82,9 Vermeidung stationärer Notfälle 99,5 99,3 99,2 99,1 Überprüfung der Inhalationstechnik ICS als Dauermedikation Selbstmanagementplan 78,0 75,1 77,5 78,7 84,9 82,4 85,8 87,8 64,0 62,1 65,4 73,6 Schulungsempfehlung wahrgenommen (jemals) keine Begleiterkrankung Diabetes o. Fettstoffwechselstörung kardio-vaskuläre Begleiterkrankung COPD Qualitätsziel 52,2 48,7 55,0 60, % Abbildung 9-5: Qualitätszielerreichung erwachsener DMP-Teilnehmer in Abhängigkeit von der Komorbidität Die Gruppe mit einer dokumentierten COPD ist eventuell vom Asthma-COPD-Overlap-Syndrom (ACOS) betroffen, einer Mischform beider chronischer Erkrankungen. In der Gruppe mit einer Stoffwechselstörung lässt sich feststellen, dass seltener eine Schulung wahrgenommen, die Inhalationstechnik überprüft oder ein Selbstmanagementplan ausgegeben wird bzw. ICS als Dauermedikation verordnet werden. Die Gruppe mit einer COPD erhält im Vergleich zu den übrigen Gruppen häufiger einen Selbstmanagementplan, nimmt häufiger an einer Schulung teil und erhält häufiger ICS als Dauermedikation, sofern eine Dauermedikation verordnet wird. Der Anteil von Patienten mit einer guten Symptomkontrolle liegt in dieser Gruppe hingegen deutlich niedriger als in den übrigen Subgruppen. Hier scheint es sich also um eine gut versorgte Teilgruppe zu handeln, welche schwerer erkrankt ist als der Durchschnitt. Hierfür spricht auch, dass mit 30 % verhältnismäßig viele Patienten dieser Gruppe pneumologisch qualifiziert betreut werden. Die Gruppen mit einer kardio-vaskulären bzw. gar keiner Begleiterkrankung weisen eine ähnliche, durchschnittliche Zielerreichung auf. Interessanterweise erzielen die Patienten ohne Begleiterkrankung also keine bessere durchschnittliche Zielerreichung als die multimorbiden Patienten. 201

202 Kapitel 9: Asthma bronchiale 9.7 Lifestyle-Faktoren So genannte weiche Faktoren wie das Gewicht oder das Rauchverhalten nehmen ebenfalls Einfluss auf die Entstehung und den Krankheitsverlauf der Asthma-Patienten. Deshalb werden in diesem Abschnitt der BMI und das Rauchverhalten der DMP-Teilnehmer beschrieben und es wird untersucht, ob Entwicklungen innerhalb des DMP zu identifizieren sind. Lediglich ein Drittel der eingeschriebenen erwachsenen Asthma-Patienten sind laut BMI-Definition als normalgewichtig einzustufen. Der Anteil stark übergewichtiger Patienten nimmt im Krankheitsverlauf geringfügig zu. Der Raucheranteil der teilnehmenden Erwachsenen liegt aktuell bei 16,6 %. Damit hat dieser im Vergleich zur Einschreibung in das Programm nur geringfügig abgenommen. Die Rolle des Körpergewichtes als Risikofaktor hinsichtlich des Entstehens und des Verlaufs einer Asthma-Erkrankung wird kontrovers diskutiert. In einer Meta-Analyse ließ sich zeigen, dass das Risiko für die Neuerkrankung an Asthma bronchiale bei erwachsenen Übergewichtigen (BMI 25 kg/m 2 ) bzw. stark Übergewichtigen (BMI 30 kg/m 2 ) im Vergleich zu Normalgewichtigen (BMI 18,5 bis < 25 kg/m 2 ) um 50 % erhöht ist (OR 1,51; 95 % CI 1,27 1,80; Beuther & Sutherland, 2007). Trotzdem gilt der Einfluss des Gewichtes auf den Asthma-Kontrollgrad einer bestehenden Asthma-Erkrankung noch nicht als eindeutig gesichert (Adeniyi, 2012). Bei Kindern und Jugendlichen ist vor allem der Zusammenhang zwischen Untergewicht und schlechteren Lungenfunktionswerten sowie einem schwereren Krankheitsverlauf belegt. Bei übergewichtigen Minderjährigen zeigt sich im Vergleich hierzu ein schwächerer Effekt, jedoch sind die durchschnittlichen FEV 1 -Werte ebenfalls signifikant niedriger als bei Normalgewichtigen (Lang et al., 2012). Neuere alters- und geschlechtsadjustierte Auswertungen deuten darauf hin, dass Kinder mit einem bis in das Schulalter konstant hohen BMI ein nahezu dreifaches Risiko aufweisen, später ein Asthma zu entwickeln. Das Risiko für ein allergisches Asthma liegt sogar noch deutlich darüber (OR 4,7), was für eine Partizipation des Immunsystems spricht (Loid et al., 2015). Andersherum zeigt sich, dass Kinder und Jugendliche mit einem Asthma häufiger übergewichtig oder adipös sind als Vergleichspersonen ohne diese Erkrankung. Zudem zeigen übergewichtige und adipöse junge Menschen eine ausgeprägtere Asthma-Symptomatik und werden häufiger stationär notfallmäßig behandelt als normalgewichtige Patienten (Wiesenthal et al., 2015). Der letztgenannte Fakt lässt sich aus den DMP-Daten allerdings nicht ableiten, was möglicherweise auf die insgesamt sehr geringe Anzahl dokumentierter stationärer Notfallereignisse zurückzuführen ist. Zur Analyse des Gewichtes der DMP-Patienten wurde unter Berücksichtigung des Alters sowie des Geschlechts berechnet, ob diese unter-, normal-, über- bzw. stark übergewichtig sind (vgl. Kromeyer- Hauschild et al., 2001). Es zeigt sich hier, dass ungefähr 71 % der Kinder und Jugendlichen bei DMP- Einschreibung als normalgewichtig eingestuft werden können (Tabelle 9-6). In der letzten Folgedokumentation liegt deren Anteil bei 67 %. Während der Anteil untergewichtiger Patienten im DMP- Verlauf abnimmt, steigt der Anteil übergewichtiger und stark übergewichtiger Patienten. Unter erwachsenen Teilnehmern beläuft sich die Rate normalgewichtiger Patienten auf 33,4 % bei DMP-Einschreibung und geht bis 2015 tendenziell leicht zurück (31,5 %). Der Anteil übergewichtiger bzw. stark übergewichtiger erwachsener Asthma-Patienten vergrößert sich ebenfalls im DMP-Verlauf geringfügig. 202

203 Kapitel 9: Asthma bronchiale Tabelle 9-6: Körpergewicht und Raucherstatus bei Einschreibung und aktuell Kinder und Jugendliche Erwachsene bei Einschreibung aktuell bei Einschreibung aktuell Körpergewicht untergewichtig 7,8 6,9 1,4 1,4 normalgewichtig 70,7 67,2 33,4 31,5 übergewichtig 11,7 13,4 35,4 35,5 stark übergewichtig 9,8 12,5 29,8 31,6 Rauchen als Raucher dokumentiert 0,8 1,0 18,0 16,6 bei Kindern und Jugendlichen möglicherweise auch Dokumentation eines Passivrauchens (Eltern) möglich; jeweils Patienten mit aktueller Folgedokumentation 2015; alle Angaben in % Tabakrauchen gilt zum einen als eigenständiger Risikofaktor für die Entwicklung von Asthma bronchiale. Zum anderen kann Rauchen den klinischen Verlauf der Erkrankung negativ beeinflussen. Auch Passivrauchen steigert das Risiko für die Genese von Atemwegserkrankungen (Jung et al., 2012). Bei Einschreibung waren insgesamt 18 % der erwachsenen DMP-Patienten als Raucher dokumentiert. Im Verlauf der DMP-Teilnahme reduziert sich dieser Anteil geringfügig bis zur letzten Dokumentation 2015 auf 16,6 %. Soweit das Merkmal Raucher bei Kindern und Jugendlichen ärztlicherseits dokumentiert wurde, dürfte damit, insbesondere in der Gruppe der unter 10-jährigen Teilnehmer, versucht worden sein, die Nikotinexposition des asthmakranken Kindes infolge des Rauchverhaltens der Eltern im gemeinsamen Wohnbereich zu kennzeichnen. Der Anteil nimmt im Laufe der DMP-Teilnahme tendenziell 0,8 auf 1 % leicht zu. 21,8 % der erwachsenen DMP-Teilnehmer wurden während ihrer gesamten DMP-Teilnahme mindestens einmal als Raucher klassifiziert. 9.8 Kontrolle der Asthma-Symptomatik Ein gut kontrolliertes Asthma stellt für alle von dieser Erkrankung betroffenen Patienten ein wesentliches Therapieziel dar. Wie viele Patienten des DMP Asthma bronchiale erreichen eine gute Symptomkontrolle? Wodurch unterscheiden sich die Patienten, die sich durch eine gute Asthma- Symptomkontrolle auszeichnen, von denjenigen, auf die dieses nicht zutrifft? Wie entwickelt sich die Asthmasymptomatik im Vergleich zum Vorjahr? Es zeigt sich, dass die Mehrzahl der Asthma-Patienten aktuell eine gute Asthma-Symptomkontrolle aufweist. Des Weiteren lässt sich festhalten, dass die Patienten, welche derzeit keine gute Symptomkontrolle erreichen, im Mittel jünger sind und im Rahmen des DMP bereits intensiver medizinisch betreut werden. Ein weiteres wichtiges patientenbezogenes Qualitätsziel innerhalb des DMP Asthma bronchiale ist die Vergrößerung des Anteils der Patienten mit einer guten Symptomkontrolle. 203

204 Kapitel 9: Asthma bronchiale Die Einschätzung der Symptomkontrolle der Asthma-Patienten berücksichtigt gemäß des Auswertungsalgorithmus des Qualitätsziels das Auftreten stationärer Notfallereignisse sowie die aktuell dokumentierte Symptomhäufigkeit der Patienten. In diesem Kontext muss darauf hingewiesen werden, dass die Symptomhäufigkeit eine subjektive Einschätzung darstellt und nicht standardisiert erfasst wird. Insofern muss der teilnehmende DMP-Arzt darauf vertrauen, dass der Patient die Symptomatik zutreffend beschreibt, und kann diese Beschreibung allenfalls mit seiner eigenen Beurteilung vergleichen. Phänomene wie die soziale Erwünschtheit (social desirability bias) führen dabei möglicherweise zu Verzerrungen im Antwortverhalten zugunsten einer leichter ausgeprägten Symptomatik. Bei Erwachsenen gilt eine gute Symptomkontrolle als erreicht, wenn in dem vorherigen Quartal kein stationärer Notfall beobachtet wurde und keine Symptome berichtet wurden, die häufiger als zweimal in der Woche auftreten. Bei Kindern und Jugendlichen gilt dieses Ziel nur dann als erreicht, wenn kein stationärer Notfall dokumentiert ist und aktuell generell keine Symptome vorliegen. Dementsprechend kann aus dem Umstand, dass Erwachsene dieses Ziel häufiger erreichen (vgl. hierzu Tab. 9-3, Qualitätszielerreichung, K / J: 69,3 %, Erw: 89,4 %), nicht automatisch gefolgert werden, dass diese absolut betrachtet besser bezüglich der Erkrankung eingestellt sind als Kinder und Jugendliche. Die Mehrheit der DMP-Teilnehmer weist aufgrund einer effektiven Therapie akut keine ausgeprägte Asthma-Symptomatik auf (Abbildung 9-6). Bei den Kindern und Jugendlichen ist dieser Anteil mit 70 % noch um 11 Prozentpunkte höher als bei den erwachsenen DMP-Teilnehmern mit knapp 59 %. Kinder und Jugendliche 70,0 25,9 4,1 Erwachsene 58,6 31,5 9, % symptomfrei bis zu 2 x wöchentlich häufiger als 2 x wöchentlich Abbildung 9-6: Häufigkeit der aktuellen Asthmasymptomatik Zwischen Patienten mit einer guten und denjenigen ohne eine ausreichende Symptomkontrolle bestehen eine Reihe von Unterschieden hinsichtlich der Patientenmerkmale, Qualitätszielerreichung und auch der Verordnungshäufigkeiten (Tabelle 9-7). 204

205 Kapitel 9: Asthma bronchiale Tabelle 9-7: Patientenmerkmale, Qualitätsziele und Verordnungshäufigkeiten nach Symptomkontrolle Symptomkontrolle Indikator erreicht nicht erreicht Alter (Jahre) 49,8 ± 20,3 42,8 ± 24,5 DMP-Teilnahmedauer (Jahre) 4,7 ± 2,8 4,5 ± 2,8 Geschlecht (weiblich) 62,8 59,5 Begleiterkrankung liegt vor 49,6 42,7 Inhalationstechnik wurde überprüft 77,9 81,5 Selbstmanagementplan wurde ausgestellt 66,7 75,6 Schulung wurde jemals durchgeführt 32,1 35,5 SABA 75,6 84,8 ICS 68,3 75,0 LABA 56,4 61,7 OCS 13,9 21,7 ausgenommen für Alter und Teilnahmedauer (Mittelwert Standardabweichung) alle Angaben in %; Patienten mit aktueller Folgedokumentation 2015; SABA: schnellwirkende Beta-2-Sympathomimetika, ICS: inhalative Glukokortikosteroide, LABA: langwirkende Beta-2-Sympathomimetika; OCS: orale Glukokortikosteroide So sind Patienten ohne ausreichende Symptomkontrolle im Mittel sieben Jahren jünger, häufiger männlich und vermutlich aufgrund des geringeren Durchschnittsalters seltener von Begleiterkrankungen betroffen. Insofern lässt sich folgern, dass die Komorbidität vermutlich kein kausaler Faktor für ein unkontrolliertes Asthma zu sein scheint. Patienten ohne eine ausreichenden Symptomkontrolle werden anscheinend auch intensiver behandelt. Diesen Patienten wird deutlich häufiger eine asthmaspezifische medikamentöse Therapie verordnet. Zudem wird bei ihnen öfter eine Schulungsmaßnahme durchgeführt, die Inhalationstechnik überprüft oder ein Selbstmanagementplan ausgestellt. Die Subgruppe, bei denen das Behandlungsziel erreicht wird, nimmt tendenziell geringfügig länger am DMP teil. Die Asthmasymptomatik der erwachsenen Asthma-Patienten erweist sich im Vorjahresvergleich als größtenteils recht stabil (Abbildung 9-7). Von den Patienten, die im Vorjahr eine gute Symptomkontrolle erreichten, sind etwa 82 % auch im Jahr 2015 symptomfrei geblieben, und knapp 61 % derjenigen, die bis zu zweimal wöchentlich an Asthmasymptomen litten, tun dies auch Die Anteile von Patienten, die sich hinsichtlich ihrer Asthmasymptome verbessern, sind jedoch deutlich größer als die derjenigen Patienten, die sich verschlechtern. Fast ein Drittel der Patienten, die im Vorjahr bis zu zweimal wöchentlich an Symptomen litten, gelten 2015 als symptomfrei und nahezu auch ein Viertel derjenigen Patienten, die im Vorjahr sogar häufiger als zweimal wöchentlich an Asthmasymptomen litten. 205

206 Kapitel 9: Asthma bronchiale Symptomatik aktuell: mehr als zweimal wöchentlich 3,5 7,8 48,5 bis zu zweimal wöchentlich 14,8 60,9 28,0 symptomfrei 81,7 31,3 23,5 Symptomatik im Vorjahr: symptomfrei bis zu zweimal wöchentlich mehr als zweimal wöchentlich erwachsene Patienten mit aktueller Folgedokumentation und einer Angabe zur Asthmasymptomatik im Vorjahr; Werte oberhalb der Diagonale: Symptomatik verschlechtert, auf: gleich geblieben, unterhalb: verbessert Abbildung 9-7: Entwicklung der Asthmasymptomatik im Vergleich zum Vorjahr 9.9 Medikation Die Verordnung der korrekten asthmabezogenen Wirkstoffe ist ein essentielles Element der Asthmatherapie. Hinsichtlich der Verordnung gelten schnellwirksame Beta-2-Sympathomimetika (SABA) als Bedarfsmedikation sowie inhalative Glukokortikosteroide (ICS) als Therapeutikum für eine dauerhafte Asthma-Medikation als erste Wahl. Wie oft werden diese Wirkstoffe verordnet? Welche Kombinationsverordnungen sind häufig unter den Patienten im DMP vorzufinden? 71,5 % der Patienten bekommen SABA bei Bedarf und 85,3 % der Patienten mit einer Dauermedikation bekommen ICS verordnet. Weitere medikationsbezogene Analysen zeigen, dass SABA Kindern und Jugendlichen wesentlich häufiger als Erwachsenen verordnet werden. Die häufigste Kombinationstherapie aller Teilnehmer besteht aus SABA, ICS und LABA. Als Mittel der ersten Wahl zur Behandlung von Asthma bronchiale werden inhalative schnellwirkende Beta-2-Sympathomimetika (SABA) als Bedarfsmedikation sowie ICS und gegebenenfalls zusätzlich inhalative langwirkende Beta-2-Sympathomimetika (LABA) als Langzeittherapeutika empfohlen (NVL Asthma). Eine ICS-/LABA-Kombination führt im Vergleich zu einer ICS-Monotherapie unter schwer erkrankten Patienten zu keiner höheren Rate an fatalen asthmabedingten Ereignissen (Tod, stationäre Einweisung, Intubation; Stempel et al., 2016). Zusätzlich kommen Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten (LTRA; Montelukast) als additive Therapie bei niedrig dosierten ICS in Frage. Im Fall schwerer Krankheitsverläufe werden auch orale Kortikosteroide (OCS) verordnet. Generell wird für die Wirkstoffgruppen SABA, ICS, LABA und OCS in der Dokumentation unterschieden, ob diese als Bedarfs- oder Dauermedikation verordnet wurden. In der nachfolgenden Darstel- 206

207 Kapitel 9: Asthma bronchiale lung werden die Verordnungshäufigkeiten der einzelnen Wirkstoffklassen abgebildet, wenn möglich getrennt nach Bedarfs- und Dauermedikation (Tabelle 9-8). Zusätzlich wird gezeigt, aus welchen Wirkstoff-Kombinationen sich ein Großteil der medikamentösen Therapie der Asthma-Patienten zusammensetzt. Tabelle 9-8: Medikamentöse Therapie nach Alter Kinder und Jugendliche Erwachsene insgesamt Bedarfsmedikation SABA 88,6 69,1 71,5 ICS 7,0 13,5 12,7 LABA 3,8 9,8 9,0 OCS 23,2 10,6 12,2 Dauermedikation, Basis: alle Patienten SABA 2,6 7,0 6,5 ICS 43,3 59,8 57,8 LABA 21,0 52,9 49,0 OCS 0,5 3,1 2,8 Dauermedikation, Basis: nur Patienten unter Dauermedikation SABA 5,6 9,8 9,5 ICS 92,4 84,7 85,3 LABA 44,6 74,4 71,9 OCS 1,1 4,4 4,1 weitere Medikation LTRA 4,4 3,4 3,6 sonstige Medikation 4,5 11,0 10,2 Top 3 der kombinierten Medikation * SABA + ICS + LABA 11,5 30,0 27,7 SABA als Monotherapie 30,2 11,1 13,4 SABA + ICS 18,0 11,4 12,3 nicht medikamentöse Therapie keine asthmaspezifische Medikation 4,1 4,7 4, Patienten mit aktueller Folgedokumentation (Dauermedikation: ), Mehrfachangaben außer bei der kombinierten Medikation möglich; *: Wirkstoffe entweder als Bedarfs- oder als Dauermedikation; SABA: schnellwirkende Beta-2- Sympathomimetika, ICS: inhalative Glukokortikosteroide, LABA: langwirkende Beta-2-Sympathomimetika, OCS: orale / systemische Glukokortikosteroide, sonstige: z. B. Xanthinderivate, Anticholinergika etc.; alle Angaben in % 207

208 Kapitel 9: Asthma bronchiale Unter den Kindern und Jugendlichen erhalten fast 89 % der Patienten die empfohlene Bedarfsmedikation mit SABA. Der Anteil der erwachsenen Patienten mit einer SABA-Medikation liegt im Vergleich hierzu mit 69 % deutlich niedriger. Hinsichtlich der Langzeittherapie mit ICS lässt sich feststellen, dass 43 % aller Kinder und Jugendlichen sowie knapp 60 % der erwachsenen Patienten ICS als Dauermedikation erhalten. Betrachtet man nur Patienten mit einer Dauermedikation, wie es in dem Qualitätsziel vorgesehen ist, ist der Patientenanteil, der ICS erhält, sehr groß, insbesondere unter den Kindern und Jugendlichen mit mehr als 92 %. Für die erwachsenen Asthma-Patienten ist der Anteil hier mit etwa 85 % nur etwas geringer. Ein Alterseffekt tritt auch bei der Verordnung von LABA als Dauermedikation auf. Hier erhöht sich der Anteil an Patienten, welche LABA als dauerhafte Medikation erhalten, von der Altersklasse der Kinder und Jugendlichen zu jener der Erwachsenen sehr stark. Bekommt von den Kindern und Jugendlichen im Durchschnitt nur etwas mehr als jeder fünfte Patient LABA dauerhaft verordnet, so trifft dies bei den Erwachsenen auf mehr als die Hälfte der Patienten zu. Betrachtet man die Verordnung von LABA nur für Patienten, die unter einer Dauermedikation stehen, ist ebenfalls eine Differenz zu erkennen: der Anteil mit einer LABA-Verordnung erreicht knapp 45 % bei Kindern und Jugendlichen sowie etwas über 74 % bei Erwachsenen. OCS werden ebenfalls sowohl als Bedarfs- als auch als Dauermedikation verordnet. Bei Bedarf erhalten 23 % der Kinder und Jugendlichen sowie 11 % der Erwachsenen OCS. Als Dauermedikation, deren Einsatz nur bei besonders schweren Krankheitsverläufen indiziert ist, liegen die Verordnungsraten bei 1,1 bzw. 4,4 %. Auch die Verordnung von LTRA lässt sich in der DMP-Dokumentation abbilden. Dieser Wirkstoff wird 4,4 % der Kinder und Jugendlichen sowie 3,4 % der Erwachsenen verordnet. Somit kommt er nur vergleichsweise selten im Rahmen des DMP zum Einsatz. Hinsichtlich sonstiger asthmaspezifischer Wirkstoffe liegt die Verordnungsrate für Erwachsene mehr als doppelt so hoch wie bei den Kindern und Jugendlichen (11 vs. 4,5 %). Bei 4,1 % der Kinder und Jugendlichen sowie 4,7 % der erwachsenen Teilnehmer ist keine asthmaspezifische Medikation dokumentiert. Bei der Analyse der häufigsten medikamentösen Kombinationstherapie des Asthma bronchiale werden die Wirkstoffe nicht nach Bedarfs- und Dauermedikation differenziert, da aufgezeigt werden soll, welche Wirkstoffe unabhängig von der zeitlichen Komponente besonders häufig zusammen verordnet werden. Am häufigsten zu beobachten ist eine Dreifach-Zusammensetzung der medikamentösen Therapie aus SABA, ICS und LABA, die 30 % der erwachsenen Patienten verordnet wird. Etwa 12 % der Kinder und Jugendlichen wird gleichfalls diese Kombination verordnet. In der Gesamtgruppe aller Asthma-Patienten erhalten fast 28 % diese Wirkstoffkombination. Es folgt in der Rangliste der Häufigkeit eine alleinige Medikation mit SABA als Monotherapie. Diese erhalten etwa 13 % aller Patienten. Bei Kindern und Jugendlichen liegt hier der Anteil mit 30 % deutlich über dem bei Erwachsenen mit etwa 11 %, was für einen vergleichsweise milderen Asthma- Krankheitsverlauf bei Kindern und Jugendlichen spricht. Etwa 12 % aller Asthma-Patienten erhalten die Kombination aus SABA und ICS. Diese Wirkstoffkombination wird Kindern und Jugendlichen (18 %) deutlich häufiger als Erwachsenen (11 %) verordnet. 208

209 Kapitel 9: Asthma bronchiale Im Folgenden wird eine Zeitreihenanalyse zur asthmaspezifischen Medikation über den Zeitraum der vergangenen fünf Jahre vorgestellt, wobei hier ausschließlich Kinder und Jugendliche betrachtet werden (Abbildung 9-8) % 93,4 68,0 91,6 45, ,6 23, /1 11/2 12/1 12/2 13/1 13/2 14/1 14/2 15/1 15/2 SABA (bei Bedarf) ICS (dauerhaft) LABA (dauerhaft) insgesamt Patienten unter 18 Jahren mit kontinuierlicher Teilnahme vom 1. Halbjahr 2011 bis Ende 2015; SABA: schnellwirkende Beta-2-Sympathomimetika, ICS: inhalative Glukokortikosteroide, LABA: langwirkende Beta-2- Sympathomimetika Abbildung 9-8: Veränderung der Verordnung von SABA, ICS und LABA im Zeitverlauf bei Kindern und Jugendlichen Es wird untersucht, wie hoch jeweils der Anteil derjenigen Patienten ist, welche SABA, ICS oder LABA als Bedarfs- bzw. Dauermedikation erhalten. Hierzu werden nur Fälle in die Analyse eingeschlossen, für die seit dem ersten Halbjahr 2011 kontinuierlich Dokumentationen vorliegen. Zu bedenken ist, dass die Asthmapatienten mit einer langjährigen und kontinuierlichen DMP-Teilnahme vermutlich über eine höhere Therapieadhärenz verfügen und damit möglicherweise nur eingeschränkt repräsentativ für alle eingeschriebenen DMP-Patienten sind. Unter den kontinuierlich dokumentierten Kindern und Jugendlichen ist im Zeitverlauf hinsichtlich einer dauerhaften ICS-Verordnung ein stetiger Rückgang von 68 % im Jahr 2011 auf 45 % im Jahr 2015 zu erkennen. Eine im Laufe der DMP-Teilnahme verbesserte Asthma-Kontrolle bzw. eine Zunahme des individuellen Erkrankungskontrollgrades bieten hierfür mögliche Erklärungsansätze. Eine weitere Erklärung wäre, dass von den beteiligten Ärzten vermehrt therapeutische Alternativen als Langzeittherapie bevorzugt werden, um mögliche Nebenwirkungen einer dauerhaften ICS-Therapie auf die körperliche Entwicklung von Kindern zu vermeiden (vgl. hierzu Pruteanu et al., 2014). Hingegen zeigt sich für den sehr hohen Anteil der Kinder und Jugendlichen, denen SABA als Bedarfsmedikation verordnet werden, im Verlauf der DMP-Teilnahme lediglich tendenziell ein leichter Rückgang. Auch der Anteil junger Patienten mit einer LABA-Verschreibung bleibt auf einem niedrigen Niveau im Zeitverlauf vergleichsweise stabil. 209

210 Kapitel 9: Asthma bronchiale Für jede Praxis, die mindestens 10 Patienten im DMP betreut, wurde berechnet, wie viele Patienten jeweils eine Verordnung asthmaspezifischer Wirkstoffe erhalten. Betrachtet man die praxenbezogenen Verteilungsmuster der wirkstoffbezogenen Verordnungen, so ist festzustellen, dass die Interquartilbereiche generell relativ breit sind, was auf eine große Heterogenität des mittleren Asthma- Schweregrads der Patienten in den Praxen hindeutet. Bei Kindern und Jugendlichen verordnen die mittleren 50 % aller hier betrachteten Praxen SABA zwischen 89 und 100 % ihrer Patienten, ICS zwischen 31 und 68 %, sowie LABA zwischen 11 und 37 %. Für OCS, LTRA und sonstige Medikationen liegen die IQR-Bereiche jeweils deutlich darunter (Abbildung 9-9). Kinder und Jugendliche SABA ICS LABA OCS LTRA sonstige Praxen Erwachsene ERW SABA ICS LABA OCS LTRA sonstige % Interquartilbereich und Median Praxen mit mindestens 10 Patienten; Mehrfachangaben möglich, nur Patienten ohne Kontraindikationen berücksichtigt Abbildung 9-9: Praxisspezifische Unterschiede in der Verordnung asthmaspezifischer Wirkstoffe Hinsichtlich der erwachsenen Teilnehmer ist festzuhalten, dass 59 bis 93 % der Patienten SABA, 58 bis 88 % der Patienten ICS sowie 48 bis 77 % der Patienten LABA verordnet werden. Die Streuung liegt hier somit jeweils in einer ähnlichen Größenordnung. OCS, LTRA und sonstige Medikationen streuen dagegen vergleichsweise gering bei insgesamt kleinen Verordnungsraten. 210

211 Kapitel 9: Asthma bronchiale 9.10 Schulungen Eine Patientenschulung ist ein wichtiges Element, um den Patienten einen adäquaten Umgang mit der chronischen Erkrankung zu vermitteln. Kindern und Jugendlichen werden hierbei andere Inhalte vermittelt als erwachsenen Asthma-Patienten. Folgende Fragestellungen werden untersucht: Wann wurden die aktuell eingeschriebenen Patienten zuletzt geschult? Werden alle Patienten von den Schulungsangeboten erreicht? Beeinflusst die Symptomkontrolle der Patienten die Schulung? Gibt es Zusammenhänge zwischen der Schulungsberechtigung eines Arztes und der Schulungsaktivitäten? Sind geschulte Patienten anschließend häufiger symptomfrei als ungeschulte Patienten? Es zeigt sich, dass Kindern und Jugendlichen häufiger als Erwachsenen eine Schulung empfohlen wird und diese die angeratenen Schulungen auch insgesamt häufiger besuchen. Lediglich in jüngerer Vergangenheit zeigt sich ein höherer Anteil mit einer Schulungswahrnehmung unter den Erwachsenen. Patienten, die von Ärzten mit einer Schulungsberechtigung betreut werden, bekommen häufiger eine Patientenschulung angeraten und nehmen diese auch häufiger wahr (aktuell und jemals). Dasselbe gilt für Patienten, bei denen das Asthma aktuell eher schlecht kontrolliert ist. Als eine wichtige Intervention des DMP Asthma bronchiale gilt die Teilnahme der Patienten an einer strukturierten Asthma-Schulung. Die Partizipation an dieser Maßnahme verspricht eine Stärkung der Selbstkompetenz der Patienten (bzw. der betroffenen Eltern) im Sinne eines patient empowerment. Asthmaspezifischen Schulungsangeboten sollen im DMP Asthma bronchiale nach einer, vom behandelnden Arzt ausgesprochenen Empfehlung 70 % der Patienten innerhalb eines Jahres Folge leisten. Dieser Wert wird allerdings mit 49,4 % im Jahr 2015 deutlich unterschritten. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass unklar bleibt, ob alle vereinbarten Schulungstermine in Anspruch genommen worden sind, sofern eine Schulung als wahrgenommen dokumentiert wurde. Nachfolgend wird zunächst die Anzahl der dokumentierten Schulungen nach Kalenderjahr dargestellt, unabhängig von der Aussprache einer Schulungsempfehlung. Auf Grundlage der vorliegenden Dokumentationen haben über zwei Drittel der aktuellen DMP-Teilnehmer bisher noch nicht an einer Patientenschulung teilgenommen (Tabelle 9-9). In diesem Zusammenhang muss aber darauf hingewiesen werden, dass unter Umständen ein Teil der Patienten bereits vor DMP-Teilnahme geschult wurde, z. B. im Rahmen von Rehabilitationsmaßnahmen. Darüber hinaus wurden offensichtlich die meisten der aktuell im DMP betreuten Patienten im Berichtsjahr (zuletzt) geschult. Tabelle 9-9: Jahr der letzten dokumentierten Asthma-Schulung letzte dokumentierte Schulung nie alle absolut in % 0,2 1,4 2,6 1,7 1,9 2,0 1,7 1,9 2,9 16,0 67,7 100,0 berücksichtigt werden im Jahr 2015 betreute Asthma-Patienten mit aktueller Folgedokumentation 211

212 Kapitel 9: Asthma bronchiale Das Ausmaß, in dem eine Schulung empfohlen und wahrgenommen wird, ist in starkem Maße abhängig vom Alter der Patienten und davon, ob die Patienten von schulungsberechtigten Ärzten betreut werden oder nicht. Außerdem scheint auch ein Einfluss der Symptomkontrolle zu bestehen (Tabelle 9-10). Tabelle 9-10: Patientenschulungen nach Alter, Betreuung und Symptomkontrolle Schulung in den letzten 18 in den letzten 18 jemals nach Monaten Monaten jemals Empfehlung empfohlen wahrgenommen empfohlen wahrgenommen Altersgruppe / Betreuung Kinder und Jugendliche 31,5 47,6 67,9 58,2 Erwachsene 13,4 50,1 42,7 49,7 durch sb. Arzt betreut 27,9 54,9 61,0 54,9 nicht durch sb. Arzt betreut 10,1 42,8 38,7 48,5 zusammen 15,6 49,4 45,8 51,2 Symptomkontrolle* ausreichend 15,1 50,1 45,5 54,2 schlecht 19,0 50,7 53,5 54,7 zusammen 15,6 50,2 46,6 54,3 Patienten mit aktueller Folgedokumentation (*: plus Angabe zum Kontrollgrad); sb. Arzt: schulungsberechtigter Arzt; alle Angaben in % Asthma-Schulungen werden Kindern und Jugendlichen deutlich häufiger als erwachsenen Patienten empfohlen. Dies gilt sowohl für die innerhalb der letzten 18 Monate ausgestellten Empfehlungen (32 vs. 13 %) als auch für die jemals ausgestellten Schulungsempfehlungen (68 vs. 43 %). Der Anteil der Patienten, welche eine in den letzten 18 Monaten empfohlene Schulung auch tatsächlich wahrgenommen haben, liegt bei jungen DMP-Patienten hingegen etwas niedriger, 48 % der Kinder und Jugendlichen bzw. 50 % der Erwachsenen kommen einer Empfehlung zur Schulungsteilnahme in jüngerer Vergangenheit nach. Für die jemals wahrgenommenen Asthma-Schulungen zeigt sich ein Trend zugunsten der Kinder und Jugendlichen (58 vs. 50 %). Patienten von Ärzten mit einer Schulungsberechtigung zeigen sowohl aktuell als auch jemals höhere Empfehlungs- und Wahrnehmungsraten als Patienten von Ärzten ohne eine solche Erlaubnis. Durchgängig etwas höhere Anteile sind ebenso bei Asthma-Patienten mit einer schlechten Symptomkontrolle gegenüber solchen mit ausreichender Symptomkontrolle zu erkennen. 212

213 Kapitel 9: Asthma bronchiale Kinder und Jugendliche, die 2012/13 eingeschrieben und unmittelbar danach geschult wurden, werden 2014/2015 häufiger mindestens einmal als symptomfrei klassifiziert als gleichalte und gleichlange betreute Patienten, die nie eine Schulung im Rahmen des DMP absolviert haben (43 vs. 26 %, Abbildung 9-10). geschult nicht geschult 25,7 43,2 56,8 74,3 symptomfrei nicht symptomfrei Kinder und Jugendliche, Einschreibung 2012/13 und kontinuierliche DMP-Teilnahme bis Ende 2015; mindestens einmal symptomfrei 2014/15; jemals geschult vs. nicht geschult Abbildung 9-10: Schulungsstatus und Symptomfreiheit bei Kindern und Jugendlichen 9.11 Teilnahmekontinuität von Asthma-Patienten Eine regelmäßige Programmteilnahme stellt bei chronischen Erkrankungen eine wichtige Voraussetzung für die angestrebten Therapieerfolge dar. In diesem Abschnitt wird der Frage nachgegangen, welche Patientenklientel besonders selten beim Arzt vorstellig wird und wie sich diese charakterisieren lässt. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Gruppe, welche weniger als die Hälfte der angesetzten Arzttermine wahrgenommen hat. Nur bei 3 % der Kinder und Jugendlichen bzw. 5 % der erwachsenen Patienten im DMP liegen weniger als die Hälfte aller möglichen Dokumentationen vor. Insgesamt ist diese Patiententeilgruppe jünger, häufiger männlich und seltener von Begleiterkrankungen betroffen. Patienten in dieser Gruppe erreichen darüber hinaus seltener die Qualitätsziele und erhalten seltener asthmaspezifische Wirkstoffe verordnet. Außerdem befinden sich häufiger Raucher in dieser Gruppe. Die multivariaten Analysen bestätigen diese Erkenntnisse, hier wird insbesondere der starke Effekt des Alters deutlich. Ziel der Disease Management-Programme ist eine kontinuierliche, hochwertige Versorgung chronisch kranker Patienten. Ein wichtiger Baustein der DMP ist deshalb die Kontinuität des Patienten-Arzt- Kontakts. Analog zu den übrigen DMP soll an dieser Stelle die Patientengruppe mit einer niedrigen Beobachtungskontinuität bzw. Behandlungsadhärenz charakterisiert werden. In den folgenden Auswertungen werden nur Patienten berücksichtigt, die vor dem Jahr 2014 eingeschrieben wurden, da- 213

214 Anteil Qualitätssicherungsbericht 2015 DMP Nordrhein Kapitel 9: Asthma bronchiale mit eine Beurteilung der Beobachtungskontinuität über einen ausreichend langen Zeitraum möglich wird. Es zeigt sich, dass für den Großteil der DMP-Teilnehmer ein hoher Anteil der möglichen Dokumentationen vorhanden ist. Patienten mit einer stark diskontinuierlichen DMP-Teilnahme stellen hingegen nur eine vergleichsweise rudimentäre Gruppe innerhalb der Gesamtheit aller im DMP betreuten Patienten dar (Abbildung 9-11). 20% 15% 10% 5% 0% 25% 50% 75% 100%... der möglichen Dokumentationen vorhanden Patienten des Jahres 2015 mit DMP-Beginn bis 2013 Abbildung 9-11: Häufigkeit der Beobachtungskontinuität Im Folgenden werden die Asthma-Patienten auf Basis der Teilnahmekontinuität in drei Gruppen eingeteilt. In der ersten Gruppe befinden sich Patienten, die weniger als die Hälfte der erwarteten Arztbesuche wahrnahmen. In der zweiten Gruppe sind DMP-Teilnehmer mit einer Beobachtungskontinuität von 50 bis unter 70 % aller möglichen Beobachtungen. Aus der dritten Gruppe liegen 70 % oder mehr aller möglichen Beobachtungen vor. Im Folgenden wird die Teilnahmekontinuität exemplarisch für zufällig ausgewählte Patienten dargestellt, die im Jahr 2010 in das DMP eingestiegen sind. Es zeigt sich, dass die Behandlungslücken in der zweiten und dritten Gruppe mit einer hohen Teilnahmetreue relativ unsystematisch verteilt sind. In der ersten Gruppe hingegen wird deutlich, dass die Beobachtungslücken häufig aufeinander folgende Quartale betreffen, die Teilnahme in jüngerer Vergangenheit jedoch wieder regelmäßiger erfolgte (Abbildung 9-12). 214

215 Kapitel 9: Asthma bronchiale Anteil vorliegender Quartalsdokumentationen (%): < bis < zufällig ausgewählte Patienten des Jahres 2015 mit DMP-Beginn 2010 Abbildung 9-12: Muster der Beobachtungskontinuität Unter den Kindern und Jugendlichen liegt der prozentuale Anteil an Patienten mit weniger als der Hälfte aller erwarteten DMP-Dokumentationen bei 3 % und damit etwas niedriger als bei den erwachsenen Patienten, wo dieser Wert bei 5 % liegt. Insgesamt weisen die Patienten mit geringer im Vergleich zu jenen mit einer hohen Teilnahmekontinuität auch ein deutlich geringeres Durchschnittsalter auf. Die Teilgruppe mit 70 % und mehr der erwarteten Dokumentationen ist im Mittel über acht Jahre älter als diejenige mit unter 50 % der erwarteten Beobachtungen (Tabelle 9-11). Darüber hinaus besteht die Gruppe kontinuierlicher teilnehmender Patienten prozentual häufiger aus weiblichen Patienten. Des Weiteren lässt sich feststellen, dass Asthma-Patienten, die regelmäßiger ihren Arzt besuchen, wesentlich seltener rauchen bzw. geraucht haben. Eine hohe Behandlungskontinuität geht zudem einher mit einer höheren Qualitätszielerreichung, ausgenommen das Vermeiden stationärer Notfallbehandlungen, einer höheren Komorbidität vor allem in Bezug auf kardio-vaskuläre Begleiterkrankungen, sowie der häufigeren Verordnung einer asthmaspezifischen Medikation. 215

216 Kapitel 9: Asthma bronchiale Tabelle 9-11: Befunde, Qualitätszielerreichung und Medikation unterschiedlich kontinuierlich betreuter Patienten Anteil vorliegender Beobachtungen: < 50 % 50 bis < 70 % 70 % Merkmale Kohortengröße (n) Altersdurchschnitt (Jahre) 43,3 17,8 45,7 19,0 51,4 20,8 Geschlecht (männlich) 43,5 40,6 36,6 Befunde, Qualitätszielerreichung Rauchen (jemals) 28,8 25,3 18,9 Symptomkontrolle erreicht 86,4 86,9 87,7 stationäre Notfälle vermieden 99,7 99,5 99,2 ICS verordnet 78,2 83,3 86,3 Inhalationstechnik überprüft 75,0 76,3 78,6 Selbstmanagementplan ausgegeben 62,2 68,1 72,1 Schulung wahrgenommen (18 Monate) 40,0 53,2 53,5 Begleiterkrankungen COPD 1,9 2,3 2,5 Diabetes mellitus o. Fettstoffwechselstör. 10,5 10,0 11,9 kardio-vaskuläre Begleiterkrankung 12,9 14,8 21,3 keine 74,7 72,9 64,4 Medikation SABA 70,3 74,9 77,8 ICS 62,3 66,5 70,9 LABA 54,1 56,5 58,3 OCS 13,2 15,5 15,7 LTRA 2,4 3,2 3,5 keine 6,8 5,6 4,1 bis 2013 eingeschriebene Patienten mit aktueller Folgedokumentation; alle Angaben außer bei der Kohortengröße und dem Alter in Prozent; Merkmale, Befunde außer Rauchen, Qualitätszielerreichung und Medikation aktuell, Begleiterkrankungen jemals Diese Ergebnisse lassen sich in einer multivariaten Analyse bestätigen. Hier wird insbesondere deutlich, dass ein hohes Alter das Risiko einer geringen Teilnahmekontinuität verringert (OR 0,51 bis zu einem Alter von Jahren bzw. OR 0,30 ab einem Alter von 60 Jahren, Abbildung 9-13). Auch eine Verordnung von SABA oder ICS (jeweils OR 0,71) oder das Vorliegen einer guten Symptomkontrolle (OR 0,75) gehen mit einem verminderten Risiko einer geringen Behandlungstreue einher. Dasselbe gilt bei Vorliegen einer kardio-vaskulären Begleiterkrankung (OR 0,74). Raucher weisen hingegen ein erhöhtes Risiko auf, über weniger als 50 % der erwarteten Dokumentationen zu verfügen (OR 1,41). Dasselbe gilt auch für männliche Patienten (OR 1,34). 216

217 Kapitel 9: Asthma bronchiale Geschlecht (männlich) Alter (18-40 Jahre) DMP seit ( 3 Jahre) 3 < 6 Raucher (Nichtraucher) Pneumologe (Hausarzt) Komorbidität (keine) COPD Medikation Symptomkontrolle (erreicht) kardiovaskulär andere BE SABA ICS LABA OCS Odds-Ratio und 95%-CI 1,34 (1,24 1,44) 0,51 (0,46 0,55) 0,30 (0,26 0,34) 1,35 (1,21 1,50) 1,13 (1,01 1,27) 1,41 (1,29 1,55) 1,19 (1,08 1,32) 0,90 (0,79 1,01) 0,74 (0,66 0,83) 0,82 (0,63 1,06) 0,71 (0,65 0,77) 0,70 (0,65 0,77) 0,97 (0,89 1,05) 0,97 (0,87 1,09) 0,75 (0,66 0,85) bis 2013 eingeschriebene Patienten mit aktueller Folgedokumentation; Fallzahl im Modell: ; R 2 : 0,061; Referenzgruppen mehrstufiger Prädiktoren kursiv gesetzt Abbildung 9-13: Prädiktoren eines unter 50 % liegenden Anteils insgesamt beobachteter Quartale bei erwachsenen Patienten 9.12 Ausstellung von Selbstmanagementplänen und Kooperation der Versorgungsebenen Asthma-Patienten sollten einen schriftlichen Therapieplan erhalten, um im Notfall entsprechende Maßnahmen ergreifen zu können. Dieser soll im Rahmen des DMP Asthma bronchiale möglichst jedem Teilnehmer zur Verfügung gestellt werden. Zudem sollen Patienten mit einem schwerwiegenderen Krankheitsverlauf von pneumologisch qualifizierten Fachärzten betreut werden. Wie viele der Patienten wurden mit einem Therapieplan ausgestattet? Wie häufig werden Asthma-Patienten zum Facharzt oder überwiesen bzw. in das Krankenhaus eingewiesen? Gibt es Unterschiede zwischen Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen? Ist die Symptomkontrolle für die genannten Aspekte bedeutsam? Kinder und Jugendliche bzw. deren Eltern bekommen wesentlich häufiger einen schriftlichen Selbstmanagementplan ausgestellt als erwachsene Teilnehmer. Ein niedriger Kontrollgrad scheint ein Indikator für eine häufigere Ausstellung eines Selbstmanagementplans zu sein. Schwerer erkrankte und im Vergleich ältere Patienten werden häufiger zum Facharzt über- bzw. ins Krankenhaus eingewiesen. Das Ausstellen eines schriftlichen Selbstmanagementplans ist eines der Qualitätsziele im DMP Asthma bronchiale. Es bezieht sich auf das Ausstellen / Ausgeben eines schriftlichen Therapie- und Notfallplans, der Hinweise zum Monitoring von Symptomen, Peak-Flow-Werten und dem Einsatz der Notfallmedikation enthält (NVL Asthma). Eine grundsätzliche Schwierigkeit bei der Auswertung dieses Qualitätsziels liegt darin, dass nicht eindeutig festgelegt ist, zu welchem Anlass und in welcher 217

218 Kapitel 9: Asthma bronchiale Frequenz ein schriftlicher Selbstmanagementplan ausgestellt werden soll. Daher liegt der Schwerpunkt der nachfolgenden Analyse auf der Fragestellung, ob den Patienten jemals während der DMP- Teilnahme ein solcher Plan ausgestellt wurde. Hier werden nur Patienten mit mindestens einer Folgedokumentation berücksichtigt. Unter den Kindern und Jugendlichen mit Asthma bronchiale erhielten bislang nahezu 92 % einen solchen Plan, während dies bei den erwachsenen Patienten nur für etwas mehr als zwei Drittel der Teilnehmer nachweisbar ist (Tabelle 9-12). Patienten mit einer schlechten Symptomkontrolle scheinen eher einen Selbstmanagementplan ausgehändigt zu bekommen als solche mit einem vergleichsweise gut eingestellten Asthma. Tabelle 9-12: Ausstellung eines Selbstmanagementplans und Über- oder Einweisungen nach Alter und Symptomkontrolle Selbstmanagementplan ausgestellt a über- oder eingewiesen b Altersgruppe Kinder und Jugendliche 91,7 29,7 Erwachsene 64,4 42,2 zusammen 67,8 41,0 Symptomkontrolle ausreichend 66,7 41,0 schlecht 75,6 43,1 zusammen 67,9 41,2 alle Angaben in %; Patienten mit aktueller Folgedokumentation 2015; a: jemals ausgehändigt, b: jemals veranlasst (nur bei aktuell hausärztlich betreuten Patienten) Schriftliche Selbstmanagementpläne können jedoch nur als Hilfestellung für die Patienten dienen und die Behandlung durch Spezialisten selbstverständlich nicht ersetzen. Es sollte hervorgehoben werden, dass 41 % der Asthma-Patienten während ihrer DMP-Teilnahme schon einmal von Hausärzten an Pneumologen überwiesen oder ins Krankenhaus eingewiesen worden sind. Überweisungen oder die Einweisung der Patienten in ein Krankenhaus erfolgen bei älteren DMP-Teilnehmern deutlich häufiger als bei jüngeren. Auch eine geringere Asthma-Symptomkontrolle scheint wenn auch nur tendenziell eine Überweisung zu begünstigen. Dies überrascht wenig, denn in erster Linie sollen schwer erkrankte Patienten spezialisiert betreut werden. 218

219 Kapitel 9: Asthma bronchiale 9.13 Pneumologisch qualifizierte Betreuung Immerhin 20 % aller am DMP Asthma bronchiale beteiligten Patienten werden von pneumologisch qualifizierten Fachärzten betreut. Wie unterscheidet sich diese Patientengruppe von den hausärztlich betreuten Patienten? Die pneumologisch betreuten Patienten sind vergleichsweise jünger, häufiger männlich, weisen seltener Begleiterkrankungen auf und rauchen seltener. Sie erfüllen häufiger die Qualitätsziele, werden häufiger geschult, bekommen häufiger eine asthmaspezifische Medikation, haben jedoch seltener einen guten Kontrollgrad. Neben Hausärzten können am DMP Asthma bronchiale auch Fachärzte für Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung Pneumologie, mit der Teilgebietsbezeichnung Lungen- oder Bronchialheilkunde oder mit einer mindestens 12-monatigen Zusatzweiterbildung in einer pneumologischen Abteilung mit Weiterbildungsermächtigung teilnehmen. Die zuletzt genannten Ärzte werden hier als pneumologisch qualifizierte Fachärzte zusammengefasst. 20 % aller im DMP Asthma bronchiale 2015 betreuten Patienten werden von pneumologisch qualifizierten Fachärzten betreut bzw. 18,9 % derjenigen mit aktueller Folgedokumentation. Pneumologisch betreute sind im Vergleich zu den hausärztlich betreuten Asthma-Patienten deutlich jünger, im Mittel fünfeinhalb Jahre. Beide Patientengruppen unterscheiden sich auch bezüglich des Geschlechts, so sind 63 % der hausärztlichen betreuten Patienten weiblich, jedoch nur knapp 59 % der pneumologisch betreuten. In Hinblick auf die mittlere DMP-Teilnahmedauer besteht nur ein geringer Unterschied, mit einer tendenziell leicht längeren Teilnahme hausärztlich betreuter Patienten. Pneumologisch betreute Patienten rauchen seltener und sind häufiger frei von Begleiterkrankungen. Darüber hinaus erreichen die pneumologisch betreuten Patienten vier der fünf Qualitätsziele in einem höheren Ausmaß als die hausärztlich versorgten Patienten. Auffällig ist hierbei vor allem die deutlich höhere Rate an ICS-Verordnungen als Dauermedikation bei den pneumologisch betreuten Patienten. Lediglich einen guten Kontrollgrad weisen häufiger die hausärztlich betreuten Patienten auf. In der Hausarztpraxis werden vermutlich, wie auch vertraglich gefordert, die milderen Asthmaverläufe behandelt. Eine Asthma-Schulung wurde den Patienten der Pneumologen offenbar in den vergangenen 18 Monaten fast dreimal so häufig empfohlen wie den hausärztlich betreuten Asthmapatienten. Auch eine Wahrnehmung dieses Angebotes erfolgt deutlich häufiger in der Gruppe der pneumologisch betreuten Patienten. In der Gegenüberstellung der beiden Patientengruppen fallen ferner Unterschiede in der Verordnung asthmaspezifischer Wirkstoffe auf. Diese werden durchgängig häufiger in der pneumologisch qualifizierten Praxis verordnet. 219

220 Kapitel 9: Asthma bronchiale Tabelle 9-13: Hausärztlich vs. pneumologische betreute Patienten hausärztlich betreut pneumologisch betreut Merkmale Alter (Jahre) 49,7 ± 20,2 44,2 ± 23,5 DMP-Teilnahmedauer (Jahre) 4,7 ± 2,8 4,4 ± 2,8 Geschlecht (weiblich) 63,0 58,9 Befunde, Qualitätszielerreichung Rauchen (aktuell) 16,0 9,1 keine Begleiterkrankungen 66,1 76,3 Symptomkontrolle erreicht 88,0 80,2 stationäre Notfälle vermieden 99,3 99,5 ICS verordnet 82,2 96,4 Inhalationstechnik überprüft 75,0 91,8 Selbstmanagementplan ausgegeben 61,9 92,8 Schulung empfohlen (vergangene 18 Monate) 11,8 32,1 aktuelle Empfehlung wahrgenommen 42,2 60,8 Medikation SABA 73,7 89,6 ICS 66,5 79,8 LABA 55,7 61,8 OCS 13,4 21,3 alle Angaben außer zum Alter und zur Teilnahmedauer (Mittelwert Standardabweichung) in %; Patienten mit aktueller Folgedokumentation 2015; hausärztlich betreut: , pneumologisch: ; SABA: schnellwirkende Beta-2- Sympathomimetika, ICS: inhalative Glukokortikosteroide, LABA: langwirkende Beta-2-Sympathomimetika Inwiefern der bei Pneumologen häufigere Einsatz von LABA und OCS dadurch bedingt wird, dass die von ihnen im DMP betreuten Asthmapatienten ausgeprägter unter ihrer Erkrankung leiden als die der Hausärzte, oder ob diese differenten Verordnungsmuster generell existieren, lässt sich aufgrund des rein querschnittlichen Designs des hier vorgenommenen Vergleichs nicht entscheiden. 220

221 Kapitel 9: Asthma bronchiale 9.14 Patienten, die aus dem DMP Asthma bronchiale ausscheiden Patienten, die aus dem DMP ausscheiden (Dropout), stellen eine besondere Teilmenge der ursprünglich in das DMP eingeschriebenen Patienten dar. Welche Merkmale charakterisieren jene Patienten, für die aus dem Vorjahr noch eine Folgedokumentation vorliegt und die im derzeitigen Berichtsjahr nicht mehr dokumentiert wurden? Welches sind die zentralen Risiken eines Dropouts aus dem DMP? 14,8 % der Patienten des Jahres 2014 werden 2015 nicht mehr dokumentiert. Patienten, die ausscheiden, sind jünger und häufiger männlich. Diese Patienten rauchen häufiger und erreichen seltener eine gute Symptomkontrolle. Entsprechend wird diese Gruppe auch häufiger pneumologisch betreut. Zudem zeichnen sie sich durch eine höhere Diskontinuität bezüglich der DMP-Teilnahme aus. Verbliebene Patienten erhalten häufiger eine asthmaspezifische Medikation und leiden häufiger an Begleiterkrankungen. Im multivariaten Modell erweisen sich, abgesehen von einer geringen Teilnahmediskontinuität, vor allem ein höheres Alter sowie eine hausärztliche Betreuung als statistisch bedeutsam für einen Verbleib im DMP. Von den Patienten, die 2014 im DMP Asthma bronchiale dokumentiert wurden, liegen für (14,8 %) im Jahr 2015 keine DMP-Dokumentationen vor. Aus den Vorjahren ist allerdings bekannt, dass ein geringer Teil der Patienten, die über ein komplettes Berichtsjahr nicht mehr dokumentiert wurden, im darauffolgenden Berichtsjahr wieder im DMP betreut werden. Bezogen auf die Zahl der 2013 nicht dokumentierten Patienten sind 3,4 % wieder im Berichtsjahr 2015 dokumentiert. Für 339 (0,3 %) der Patienten des Jahres 2014 liegt aktuell die Information vor, dass diese zwischenzeitlich verstorben sind. Des Weiteren ist für eine Teilgruppe der 2014 am DMP teilnehmenden Patienten bekannt, dass diese aus dem Programm ausgeschrieben wurden (18 %) oder ihre DMP-Teilnahme auf eigenen Wunsch beendet haben (1 %). Im Folgenden werden ausgewählte Merkmale wie Alter, Geschlecht sowie die aktuelle Symptomkontrolle, die Komorbidität und die verordnete Medikation der ausgeschiedenen Patienten mit den entsprechenden Daten der verbliebenen Patienten auf Grundlage der letzten Folgedokumentationen des Jahres 2014 verglichen. Aus dem DMP ausgeschiedene Patienten sind durchschnittlich fast neun Jahre jünger als die verbliebenen Patienten, ihre durchschnittliche Teilnahmedauer im DMP ist kürzer und sie werden bis zu ihrem Ausscheiden häufiger fachärztlich betreut (Tabelle 9-14). Es zeigt sich ein ambivalentes Bild zwischen Schweregrad und Verbleib im DMP. Höhere Verordnungsraten asthmaspezifischer Medikationen, ein höherer Anteil an Begleiterkrankungen, sowie das höhere Alter sprechen für einen Verbleib der schwerer erkrankten Asthmapatienten im DMP. Eine prozentual höhere Rate an Patienten mit kontrolliertem Asthma sowie der niedrigere Anteil an Behandlungen beim Facharzt und die niedrigere Rate an Rauchern sprechen jedoch dagegen. Zudem wird der deutlich höhere Anteil mit einer geringen Teilnahmekontinuität unter den ausgeschiedenen DMP-Patienten deutlich, was in einigen Fällen auch in kausalen Zusammenhang stehen dürfte. 221

222 Kapitel 9: Asthma bronchiale Tabelle 9-14: Unterschiede zwischen verbliebenen und ausgeschiedenen Patienten verblieben ausgeschieden Merkmale Kohortengröße Alter (Jahre) 48,9 ± 20,8 40,3 ± 21,7 DMP-Teilnahmedauer (Jahre) 4,3 ± 2,4 3,6 ± 2,4 Geschlecht (weiblich) 62,6 57,5 pneumologisch betreut 18,2 24,3 Befunde, Begleiterkrankungen Rauchen (aktuell) 14,2 16,7 Symptomkontrolle erreicht 85,4 82,9 COPD 2,1 1,9 kardio-vaskuläre Begleiterkrankung 19,2 12,5 Diabetes mellitus o. Fettstoffwechselstör. 11,0 7,6 Medikation SABA 76,7 75,5 ICS 70,5 62,5 LABA 57,2 49,8 OCS 14,8 14,0 Teilnahmediskontinuität < 50 % der möglichen Dokumentationen 2,7 8,8 Patienten mit aktueller Folgedokumentation 2014; alle Angaben in Prozent, außer für Anzahl, Alter und Teilnahmedauer; Merkmale, Befunde und Medikation 2014, Begleiterkrankungen jemals Innerhalb eines logistischen Regressionsmodells lassen sich diese Unterschiede bestätigen (Abbildung 9-14). Als bedeutsamster Faktor für einen Verbleib im DMP erweist sich ein Alter ab 60 Jahren. Patienten, die entsprechend alt sind, haben ein weniger als halb so hohes Risiko (OR 0,47) auszuscheiden, als Patienten im Alter zwischen 18 und 40 Jahren. Auch das Vorliegen einer kardiovaskulären Begleiterkrankung vermindert das Risiko des Ausscheidens aus dem DMP (OR 0,88). Im Vergleich zu den hausärztlich betreuten DMP-Patienten weisen jene, die durch einen pneumologisch qualifizierten Facharzt betreut werden, dagegen ein deutlich erhöhtes Ausscheiderisiko auf (OR 1,50). Ein deutlich erhöhtes Ausscheiderisiko besteht auch bei einer hohen Teilnahmediskontinuität (OR 2,85), was jedoch vor dem Hintergrund wenig überrascht, dass hier das Ausscheiden aus dem DMP lediglich als eine spezifische Variante der Teilnahmediskontinuität definiert wurde. 222

223 Kapitel 9: Asthma bronchiale Geschlecht (männlich) Altersgruppe (18-40 Jahre) ,05 (0,97 1,14) 0,48 (0,44 0,53) 60 0,47 (0,42 0,53) Komorbidität (keine) COPD 0,88 (0,77 1,00) kardiale BE 0,88 (0,78 0,99) Stoffwechselstörung 0,96 (0,75 1,23) Symptomkontrolle (erreicht) 0,90 (0,80 1,02) Betreuung (Pneumologe) 1,50 (1,36 1,65) Teilnahmekontinuität (unter 50 %) 2,85 (2,50 3,24) Odds-Ratio und 95%-CI Patienten mit aktueller Folgedokumentation 2014 und regulär übermittelten Statusinformationen; Fallzahl im Modell (nur erwachsene Patienten): ; R 2 : 0,057; Referenzgruppen in Klammern; Merkmale und Befunde 2014, Begleiterkrankungen jemals Abbildung 9-14: Prädiktoren des Ausscheidens aus dem DMP 9.15 Regionale Aspekte Schwerpunkt Symptomkontrolle Dieses Jahr liegt in den Analysen regionaler Unterschiede der Schwerpunkt auf dem Grad der Asthma-Symptomkontrolle. Welche regionalen Unterschiede bestehen diesbezüglich zwischen den einzelnen Kreisen in Nordrhein für Erwachsene bzw. Kinder und Jugendliche? Wie viel Prozent der DMP- Teilnehmer gelingt eine Symptomminderung innerhalb eines Jahres je Kreis? Zwischen den Kreisen Nordrheins bestehen zum Teil deutliche Unterschiede hinsichtlich der Entwicklung der Asthmasymptomatik. Die nachfolgenden Analysen werden für jedes Kreisgebiet auf Basis der vorliegenden DMP-Daten alters- und geschlechtsadjustiert dargestellt, um unterschiedliche Zusammensetzungen der regionalen Patientengruppen auf Kreisebene auszugleichen. Betrachtet man die aktuellen Raten der Patienten mit einem guten Kontrollgrad gemäß des Qualitätsziel-Algorithmus, dann bestehen deutliche Unterschiede zwischen den Regionen (Abbildung 9-15). Während in einigen Regionen lediglich knapp über 75 % der erwachsenen DMP-Patienten eine gute Symptomkontrolle erreichen, gelingt dies in anderen Regionen mit 95 % in nahezu allen Fällen. Im Vergleich zum Vorjahr steigt die durchschnittliche Rate geringfügig von 88,4 auf 89,1 %. 223

224 Kapitel 9: Asthma bronchiale 100% gute Asthmakontrolle 2015 (Erwachsene) gute Asthmakontrolle 2014 (Erwachsene) durchschnittliche Rate der Patienten mit guter Symptomkontrolle (2015) durchschnittliche Rate der Patienten mit guter Symptomkontrolle (2014) alters- und geschlechtsadjustierte Raten Abbildung 9-15: Regionale Verteilung der erwachsenen Patienten mit einer guten Symptomkontrolle Als noch ausgeprägter erweisen sich die regionalen Unterschiede in Bezug auf die Symptomkontrolle bei Kindern und Jugendlichen (Abbildung 9-16). Während in einigen Regionen hier nur um die 40 % der jungen DMP-Patienten eine gute Symptomkontrolle erreichen, gelingt dies in anderen Regionen mit Werten über 80 % doppelt so oft. Im Vergleich zum Vorjahr steigt die durchschnittliche Rate hierbei von 65,8 auf 68,6 %. 100% gute Asthmakontrolle 2015 (Kinder und Jugendliche) gute Asthmakontrolle 2014 (Kinder und Jugendliche) durchschnittliche Rate der Patienten mit guter Symptomkontrolle (2015) durchschnittliche Rate der Patienten mit guter Symptomkontrolle (2014) alters- und geschlechtsadjustierte Raten Abbildung 9-16: Regionale Verteilung der Kinder und Jugendlichen mit einer guten Symptomkontrolle 224

225 Kapitel 9: Asthma bronchiale Zusätzlich erfolgte auch eine Analyse der Patientenanteile mit einer Symptomverbesserung je Kreis. Hierbei werden nur Patienten betrachtet, bei denen im Vorjahr Asthma-Symptome dokumentiert wurden (Abbildung 9-17). 100% Rückgang der Asthmasymptomatik im Vergleich zum Vorjahr (Erwachsene) Rückgang der Asthmasymptomatik im Vergleich zum Vorjahr (Kinder und Jugendliche) durchschnittliche Rate der Patienten mit geringerer Asthmasymptomatik als im Vorjahr (Erwachsene) durchschnittliche Rate der Patienten mit geringerer Asthmasymptomatik als im Vorjahr (Kinder und Jugendliche) nur Patienten berücksichtigt, für die im Vorjahr eine bis zu zweimal wöchentliche oder häufiger als zweimal wöchentliche Asthmasymptomatik dokumentiert wurde; Erwachsene: , Kinder und Jugendliche: ; alters- und geschlechtsadjustierte Raten Abbildung 9-17: Regionale Verteilung von Patienten mit einem Rückgang der Symptomhäufigkeit im Vergleich zum Vorjahr Erneut manifestieren sich sehr große regionale Unterschiede. So findet sich ein Rückgang der Asthma-Symptomatik regional betrachtet bei etwa 20 % bis über 50 % der erwachsenen Patienten. Bei Kindern und Jugendlichen zeigt sich je nach Kreis ein Rückgang in ca. 30 bis über 70 % der Fälle. Die hierbei recht große Breite der Konfidenzintervalle zeigt allerdings, dass diese Befunde auf sehr geringen Fallzahlen beruhen. Zudem sei noch einmal darauf hingewiesen, dass die Erhebung der Häufigkeit der Asthma-Symptomatik auf Patientenauskünften beruht. Exkurs: Regionale Unterschiede bei der Teilnahmekontinuität Es existieren nur geringe regionale Unterschiede bezüglich der Teilnahmekontinuität der DMP- Patienten. So schwanken die durchschnittlichen Raten für die Teilnahmekontinuität auf Kreisebene zwischen 80,5 % und 88,7 %. 225

226 Kapitel 10: COPD 10 DMP Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung (COPD) Abschnitt A, Analysen zum Erreichen der vertraglich definierten Qualitätsziele In den folgenden Abschnitten dieses Kapitels werden die, für das DMP Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung (COPD) grundlegenden Voraussetzungen und Ergebnisse präsentiert. Hierzu zählen eine kurze Beschreibung des Erkrankungsbildes und seiner mutmaßlichen regionalen Prävalenz, eine Rekapitulation der wichtigsten Ziele des Programms sowie eine umfangreiche und differenzierte Untersuchung des Erreichens der vertraglich definierten Qualitätsziele. Die folgenden Fragen sollen dabei durch diese Abschnitte führen: Welche Qualitätsziele wurden erreicht und welche nicht? Existieren hierbei Unterschiede zwischen den, nach Alter, Geschlecht, Schweregrad und Betreuung im DMP verschiedenen Patientengruppen? Wenn sich solche Gruppenunterschiede nachweisen lassen, welche sind davon dann am bedeutsamsten? Finden sich Veränderungen beim Erreichen der Qualitätsziele gegenüber dem Vorjahr? Existieren daneben Unterschiede beim Erreichen der Qualitätsziele auf der Ebene der teilnehmenden Praxen? Die COPD-Patienten, die in das DMP eingeschrieben sind, stellen keine vollständig homogene Patientengruppe dar. Die Unterschiede hinsichtlich des Grades der Obstruktion und des Alters sind dabei zum Teil beträchtlich. Da der Grad der Obstruktion leitend für die Art der Behandlung ist und gleichzeitig das das Risiko für Exazerbationen mitbestimmt, ergibt sich auch die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung der Qualitätszielerreichung. Global werden 2015 zwei der drei ausgewerteten patientenbezogenen Ziele mit Zielvorgabe erreicht. Ebenfalls wird das auf die Qualität der Dokumentationen Bezug nehmende Ziel erreicht. Deutlich übertroffen werden die Ziele zu den Exazerbationen und stationären Notfällen, deutlich verfehlt wird das Ziel zur Überprüfung der Inhalationstechnik. Gegenüber 2014 sind nur geringe Änderungen im Ausmaß der Zielerreichung zu erkennen. Im Gegensatz hierzu lassen sich jedoch zum Teil beträchtliche Unterschiede zwischen verschiedenen Untergruppen der Patienten feststellen. Als die beiden, für das Erreichen der Qualitätsziele unter COPD- Patienten relevantesten Einflussfaktoren sind ein hoher Obstruktionsgrad sowie eine pneumologisch qualifizierte Betreuung anzusehen. So wird die Quote von mindestens 90 % bei der Überprüfung der Inhalationstechnik nur in der Subgruppe der Patienten erreicht, die von pneumologisch qualifizierten Fachärzten betreut werden. Beim referenzwertlosen Qualitätsziel des Nichtraucheranteils sind die in den Subgruppen festzustellenden Erhöhungen bei höherem Alter und längerer Teilnahmedauer vermutlich auf Selektionseffekte zurückzuführen. Auffällig ist der geringere Anteil an Nichtrauchern bei Patienten mit stärkerer Obstruktion. Darüber hinaus kann durch Analysen auf Praxenebene nachgewiesen werden, dass zwischen den Praxen besonders deutliche Unterschiede hinsichtlich der Qualitätszielerreichung zur Prüfung der Inhalationstechnik und zum Rauchverzicht bestehen. Dagegen zeigen sich im Hinblick auf die Vermeidung von stationären Notfällen und Exazerbationen nur geringe Unterschiede zwischen den Praxen. 226

227 Kapitel 10: COPD 10.1 Definition und Prävalenz der chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung Charakteristisch für die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (engl. chronic obstructive pulmonary disease, COPD) ist eine progrediente, nicht vollständig reversible Obstruktion der Atemwege auf dem Boden einer chronischen Bronchitis bzw. eines Lungenemphysems. Sie geht einher mit chronischem Husten, Auswurf und Atemnot. In allen Stadien zeigen sich abnorme Entzündungsreaktionen der Lungenperipherie. Typischerweise ist die COPD assoziiert mit Gewichtsverlust, Muskelschwäche, Osteoporose, Depression und Herz-Kreislauferkrankungen. Als primäre Verursacher gelten exogene inhalative Noxen (Tabakkonsum, berufsbedingte Staubexposition, allgemeine Luftverschmutzung, häufige Atemwegsinfektionen in der Kindheit), möglicherweise besteht auch eine genetische Prädisposition. Die COPD gilt weltweit als die vierthäufigste Todesursache. Auf Grundlage der BOLD-Studie wird für Deutschland angenommen, dass die COPD-Prävalenz ab Stadium II bei Männern im Alter zwischen 50 und 59 Jahren bei 10,7 %, zwischen 60 und 69 Jahren bei 8,9 % und ab 70 Jahren bei 19 % liegt (Buist et al., 2007). Für Frauen zwischen 40 und 49 Jahren wird eine Prävalenz von 2,5 %, zwischen 50 und 59 eine von 2,9 %, zwischen 60 und 69 eine von 4,4 % und ab 70 Jahren eine von 6,2 % vermutet. Zum 1. Juli 2015 waren in der Region Nordrhein Menschen gesetzlich krankenversichert. Wenn man von den genannten Prävalenzschätzungen ausgeht und die Verteilungen der Altersstufen und des Geschlechts berücksichtigt, sind in der Region Nordrhein etwa GKV-Versicherte mit COPD ab Stadium II zu erwarten Ziele des DMP COPD Am 1. Juni 2006 vereinbarten die Vertragspartner in Nordrhein das Disease Management Programm Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung (COPD). Seit Juli 2006 können sich Ärzte an dem Programm beteiligen und Versicherte in das DMP einschreiben. Krankenhäuser können ebenfalls an dem Programm teilnehmen. Ziel des Programms ist eine indikationsgesteuerte und systematische Koordination der Behandlung chronisch kranker Versicherter mit COPD. Die Therapie soll die krankheitsbezogene Lebensqualität der Patienten erhöhen und zu einer gesteigerten Lebenserwartung beitragen. Abhängig von Alter und Begleiterkrankungen gelten als zentrale Therapieziele: 1. die Vermeidung bzw. Reduktion akuter und chronischer Krankheitsbeeinträchtigungen wie z. B. Exazerbationen, Begleitund Folgeerkrankungen, krankheitsbedingter Beeinträchtigungen der körperlichen und sozialen Alltagsaktivitäten sowie einer Erkrankungsprogredienz bei Anstreben der bestmöglichen Lungenfunktion unter Minimierung der unerwünschten Wirkung der Therapie; 2. die Reduktion der COPD-bedingten Letalität. Um diese Ziele umzusetzen, soll sich die Behandlung der Patienten an evidenzbasierten Leitlinien orientieren sowie eine qualitätsgesicherte und wirtschaftliche Arzneimitteltherapie erfolgen. Darüber hinaus sollen die Versorgungsebenen miteinander kooperieren und die vertraglich vereinbarten Anforderungen an die Strukturqualität eingehalten werden. Die Kooperation der Versorgungsebenen 227

228 Kapitel 10: COPD wird in Anlage 6b, Abschnitt 1.6, des DMP-Vertrages beschrieben. Die Vollständigkeit, Qualität und Verfügbarkeit der Dokumentationen ist zu gewährleisten und die Patienten sollen sich aktiv an dem DMP beteiligen. In 3 des DMP-Vertrags wird definiert, welche Aufgaben der koordinierende Arzt ( Teilnahmevoraussetzungen und Aufgaben des hausärztlichen Versorgungsbereichs koordinierender Arzt ) übernimmt. Hierzu zählen die Einschreibung des Patienten, die Koordination und Dokumentation der Behandlung sowie gegebenenfalls eine Überweisung des Patienten. Darüber hinaus wird in 4 festgelegt, welche Aufgaben Ärzte in pneumologisch qualifizierten Praxen ( Teilnahmevoraussetzungen und Aufgaben des fachärztlich qualifizierten Versorgungssektors ) bzw. Krankenhäuser oder Rehabilitationseinrichtungen übernehmen Patientengruppen im DMP COPD Die insgesamt COPD-Patienten im DMP werden überwiegend in hausärztlichen Praxen betreut (Abbildung 10-1). betreut in (Hausarztpraxis pneumologisch qualifizierter Facharztpraxis) 89,5 10,5 Geschlecht (weiblich männlich) 49,7 50,3 Alter ( Jahre) 43,2 28,9 27,9 Betreungszeit im DMP (< 3 3 < 6 6 Jahre) 34,9 28,6 36, % insgesamt: Patienten, davon (94,3 %) mit aktueller Folgedokumentation 2015 Abbildung 10-1: Patientengruppen im DMP COPD Die Patientengruppe setzt sich zu fast gleichen Anteilen aus weiblichen und männlichen Patienten zusammen. 43 % der Patienten sind bis zu 65 Jahre alt, knapp unter 30 % liegen in dem Altersbereich zwischen 66 und 75 bzw. über 75 Jahren. Die Betreuungszeit im DMP setzt sich wie folgt zusammen: 35 % der Patienten sind weniger als drei Jahre im DMP, 29 % zwischen drei Jahren und weniger als sechs Jahren und 37 % sechs Jahre oder länger. Die mittlere Betreuungsdauer im DMP liegt bei 4,6 ± 2,7 Jahren. An dieser Stelle sollen ergänzend die Gruppen kurz beschrieben werden, die sich aus der Kombination von Alter und Geschlecht bzw. Grad der Obstruktion und Geschlecht ergeben. Analysen in den 228

229 Kapitel 10: COPD folgenden Abschnitten dieses Kapitels greifen häufig eine dieser Unterteilungen auf, um einzelne Befunde differenzierter darzustellen. Das durchschnittliche Alter der DMP-Patienten beträgt 67 Jahre und unterscheidet sich nur geringfügig zwischen Frauen und Männern. Entsprechend unterscheiden sich die Anteile in den verschiedenen Altersgruppen zwischen den Geschlechtern nur geringfügig (Tabelle 10-1). Vier von zehn der teilnehmenden Patienten sind 65 Jahre oder jünger. Tabelle 10-1: Altersverteilung nach Geschlecht Alter (Jahre) mittleres Alter alle n % n % n % n % weiblich , , , ,0 67,3 ± 12,2 männlich , , , ,0 67,2 ± 12,0 zusammen , , , ,0 67,3 ± 12,1 mittleres Alter: Mittelwert ± Standardabweichung Für die medikamentöse Versorgung und das Auftreten von Begleit- und Folgeerkrankungen, stationären Notfallereignissen und Exazerbationen ist der Grad der Atemwegsobstruktion von großer Bedeutung. Analog zum Vorgehen in den Vorjahren werden in dem vorliegenden Bericht deshalb alle zentralen Befunde auch wieder zusätzlich schweregradspezifisch ausgewiesen. Hierzu wurde eine Einteilung entsprechend der ICD 10-Kodierung gewählt, da sie, anders als die Klassifikation nach der Nationalen Versorgungsleitlinie COPD, mit den vorliegenden DMP-Daten vollständig umgesetzt werden kann. Hierfür wird der Parameter FEV 1 (Einsekundenkapazität: Volumen, das forciert innerhalb von einer Sekunde ausgeatmet werden kann) in Relation zu einem geschlechts- und größenspezifischen Sollwert gesetzt. Dieser Sollwert wird nach der Formel von Brändli et al. (2000, S. 174) berechnet. Hierzu wird der jeweils letzte, bis Ende 2015 dokumentierte FEV 1 -Messwert herangezogen (last observation carried forward). Wie deutlich zu erkennen ist, sind im DMP COPD weibliche und männliche Patienten vom Grad der Obstruktion im unterschiedlichen Ausmaß betroffen (Tabelle 10-2). Bei den Männern ist der Anteil mit geringer Sollwerterreichung deutlich höher als bei den Frauen. Aufgrund dieser Unterschiede werden im Folgenden alle relevanten Befunde getrennt nach dem Geschlecht und Grad der Obstruktion ausgewiesen. Die in der Spalte alle berichteten Ergebnisse schließen stets die Daten sämtlicher Patienten ein, ungeachtet fehlender Angaben z. B. zur FEV 1. Aufgrund der deutlich unterschiedlichen Zusammensetzung in Bezug auf den Obstruktionsgrad wird auf eine rein nach Geschlecht getrennte Zusammenfassung verzichtet, ausgenommen die Darstellung bei den Qualitätszielen. Die Qualitätsziele werden außerdem noch nach Alter, Teilnahmedauer und Art der Betreuung im DMP (Hausarzt vs. pneumologisch qualifizierter Facharzt) untersucht. 229

230 Kapitel 10: COPD Tabelle 10-2: Grad der Atemwegsobstruktion nach Geschlecht Geschlecht weiblich männlich alle n % n % n % FEV 1 /Sollwert (%) , , ,0 70% oder mehr , , ,7 50% bis unter 70% , , ,9 35% bis unter 50% , , ,2 bis unter 35% , , ,2 nur Patienten mit aktueller Folgedokumentation; die FEV 1 sollte alle 6 bis 12 Monate dokumentiert werden, bei (23,2 %) Patienten liegt kein FEV 1 -Messwert aus dem Jahr 2015 vor Die Auswertungen zur Altersverteilung basiert auf den Daten aller Patienten, die 2015 im DMP COPD dokumentiert wurden. Darstellungen aktueller Befunde basieren auf dem Patientenkollektiv, von dem eine aktuelle Folgedokumentation aus dem Jahr 2015 vorliegt, dies sind Patienten. Nur für diese Patientengruppe sind Veränderungen der momentanen Situation gegenüber früheren Zeitpunkten abbildbar. Abweichungen von dieser Fallzahlbasis ergeben sich lediglich bei unvollständigen Angaben zu einzelnen Variablen, wie zum Beispiel bei einem fehlenden FEV 1 -Wert sowie bei Analysen über den DMP-Zeitverlauf. Bei einer vermuteten Zahl von etwa COPD-Patienten ab Stadium II unter allen GKV- Versicherten Nordrheins (s.o.) würden etwa 39 % der Patienten im DMP betreut Erreichen der Qualitätsziele im DMP COPD In der Anlage 9b des DMP-Vertrages werden hinsichtlich der arzt- und regionenbezogenen Qualitätssicherung die folgenden Ziele formuliert: Reduktion des Anteils der rauchenden Patienten Vermeidung notfallmäßiger stationärer Behandlungen Vermeidung von Exazerbationen Erhöhung des Anteils der Patienten, bei denen die Inhalationstechnik überprüft wird Reduktion des Anteils der Patienten, die orale Glukokortikosteroide (OCS) als Dauertherapie erhalten Erhöhung des Anteils der Patienten, die bei Beginn einer notwendigen Dauertherapie mit OCS zum Facharzt überwiesen werden Sicherstellung von Vollständigkeit und Plausibilität der Dokumentation Eine Analyse der auf die dauerhafte Verordnung von OCS bezogenen Ziele auf der Grundlage der vorliegenden Daten ist vorläufig nicht valide möglich. Seit Juli 2008 kann in der Dokumentation von OCS nicht mehr zwischen Bedarfs- und Dauermedikation unterschieden werden. Der im DMP-Vertrag vorgeschlagene Auswertungsalgorithmus sieht vor, aus der Aufeinanderfolge zweier Dokumentationen einer OCS-Verordnung auf das Vorliegen einer Dauerverordnung zurückzuschließen. Dieser Rückschluss erscheint problematisch, da eine zweimalige Anwendung bei Bedarf genauso plausibel 230

231 Kapitel 10: COPD Ursache einer solchen Dokumentation sein kann. Daher werden diese Ziele im vorliegenden Bericht nicht ausgewertet. Von den übrigen fünf genannten Zielen beziehen sich vier auf die Behandlung der Patienten, von diesen vier weisen drei eine quantitative Zielvorgabe auf Univariate Analysen der Qualitätszielerreichung Zwei der drei Qualitätsziele mit quantitativer Zielvorgabe werden 2015 erreicht. Sowohl das Ziel zur Vermeidung von stationären Notfallbehandlungen in einem Zeitraum von sechs Monaten als auch das Ziel von weniger als zwei Exazerbationen im gleichen Zeitraum wird deutlich übertroffen. Deutlich unterschritten wird 2015 die angestrebte Quote bezüglich einer aktuellen Überprüfung der Inhalationstechnik (Abbildung 10-2). Der Nichtraucheranteil liegt bei knapp 64 %. Nichtraucheranteil erhöhen 63,9 keine stationären Notfallbehandlungen (6 Monate) 97,8 < 2 Exazerbationen (6 Monate) 96,5 Inhalationstechnik überprüfen 68, % grüne Balken: quantitative Zielvorgabe Abbildung 10-2: Erreichen der Qualitätsziele Gegenüber 2014 verändert sich das Erreichen der Qualitätsziele 2015 in der Regel nur marginal in einem Bereich ± 0,5 Prozentpunkte. Nur beim Nichtraucheranteil ist eine Verringerung um 1,2 Prozentpunkte zu verzeichnen. Im welchem Ausmaß die Qualitätsziele erreicht werden, erweist sich als abhängig vom Alter, dem Obstruktionsgrad, der Fachausrichtung des koordinierenden Arztes und der Teilnahmedauer (Tabelle 10-3). Das Geschlecht der DMP-Patienten hat nur einen schwachen Einfluss auf die Zielerreichung. So ist der größte Unterschied der um 0,9 Prozentpunkte höhere Anteil an weiblichen Patienten mit überprüfter Inhalationstechnik. Je höher der Obstruktionsgrad ist also je kleiner das Verhältnis von FEV 1 zum Sollwert, desto häufiger sind bei den betreffenden Patienten stationäre Notfälle und Exazerbationen dokumentiert. 231

232 Kapitel 10: COPD Tabelle 10-3: Erreichen der Qualitätsziele differenziert nach Patientengruppen Nichtraucheranteil erhöhen keine stationäre Notfallbehandlung a weniger als zwei Exazerbationen a Inhalationstechnik überprüfen Zielerreichung insgesamt Ziel erreicht (n) Ziel gültig (n) Zielquote k. V erreicht 63,9 97,8 96,5 68, erreicht 64,7 98,0 96,6 68,5 in Teilgruppen Geschlecht weiblich 64,2 98,0 96,5 68,5 männlich 63,6 97,6 96,6 67,6 FEV1/Sollwert (%) 70 65,9 99,2 98,1 68,2 50 bis < 70 60,8 98,6 96,8 72,5 35 bis < 50 60,9 96,9 94,7 75,8 < 35 62,1 93,3 91,3 76,0 Alter (Jahre) 65 45,3 98,4 96,5 68, ,1 97,4 96,5 68, ,0 97,2 96,6 66,7 Teilnahmedauer (Jahre) < 3 57,2 98,3 97,0 67,0 3 bis < 6 62,7 97,9 96,7 68,4 6 71,3 97,3 96,0 68,8 betreut von Hausarzt 63,0 97,8 96,5 65,3 pneumolog. qual. Facharzt 71,6 97,5 96,9 92,8 Patienten mit aktueller Folgedokumentation; a: Patienten mit mindestens 6 Monaten DMP-Teilnahme; alle Angaben in Prozent; k. V.: keine Vorgabe, pneumolog. qual. Facharzt: pneumologisch qualifizierter Facharzt Bei Patienten mit einer FEV 1 /Sollwert ab 70 % werden für 99 % keine stationären Notfälle und für 98 % weniger als zwei Exazerbationen in den letzten sechs Monaten dokumentiert. Von den Patienten mit einem FEV 1 /Sollwert unter 35 % sind nur bei etwa 93 % keine stationären Notfälle und bei 91 % weniger als zwei Exazerbationen dokumentiert. Der Nichtraucheranteil ist mit 66 % am höchsten in der Gruppe der Patienten mit einer FEV 1 /Sollwert von mindestens 70 %. Ein gegenläufige Effekt ist bei der Überprüfung der Inhalationstechnik zu beobachten: hier vergrößert sich der Anteil mit steigendem Obstruktionsgrad: von 68 auf 76 %. 232

233 Kapitel 10: COPD Jüngere COPD-Patienten unterscheiden sich im Vergleich zu älteren hinsichtlich der Qualitätszielerreichung nur geringfügig, ausgenommen beim Nichtraucheranteil. Mit zunehmendem Alter der Patienten wird der Nichtraucheranteil größer während in der Altersgruppe der bis 65-Jährigen nur 45 % Nichtraucher sind, erhöht sich der Anteil in der Altersgruppe der über 75-Jährigen auf fast neun von zehn Patienten. Dies ist vermutlich auf deren selektives Überleben oder auf ein selektives Verbleiben im DMP zurückzuführen. Betrachtet man die COPD-Patienten hinsichtlich ihrer DMP-Teilnahmedauer, so zeigt sich beim Nichtraucheranteil der gleiche Zusammenhang wie bereits bei der Betrachtung der Altersgruppen. Bei COPD-Patienten mit einer Teilnahmedauer unter drei Jahren werden gegenüber den Patienten mit längerer Teilnahmedauer geringfügig häufiger die Qualitätsziele zu den stationären Notfällen und zu den Exazerbationen erreicht. Die Überprüfung der Inhalationstechnik wird in der Gruppe mit einer Teilnahme von unter 3 Jahren mit 67 % etwas seltener als in den übrigen Gruppen dokumentiert. Bei Patienten, die in einer pneumologisch qualifizierten Facharztpraxis betreut werden, liegt der Nichtraucheranteil bei 72 % und damit 9 Prozentpunkte höher als bei den hausärztlich betreuten Patienten. Die Inhalationstechnik wird in der pneumologisch qualifizierten Facharztpraxis deutlich häufiger überprüft und überschreitet damit in dieser Subgruppe das gesetzte Ziel von 90 %. Hausärztlich betreute Patienten erreichen das Qualitätsziel zu den stationären Notfallbehandlungen geringfügig häufiger und das Ziel zu den Exazerbationen geringfügig seltener Multivariate Analysen der Qualitätszielerreichung Ergänzend zu diesen univariaten Betrachtungen werden in dem vorliegenden Bericht auch die Zusammenhänge zwischen den Ziel- und den Gruppierungsvariablen, also den Merkmalen der Patienten, multivariat betrachtet. Alle vier Qualitätsziele werden modelliert, die sich auf die Behandlung der Patienten beziehen. Der Aufbau dieser Modelle schließt systematisch immer ein identisches Set patientenbezogener Variablen ein (Geschlecht, Alter, Teilnahmedauer, Grad der Obstruktion, Begleiterkrankungen, Betreuung, Rauchverhalten und Medikation). Die statistische Chance dafür, dass das Qualitätsziel Nichtraucher erreicht wird, ist bei älteren Patienten besonders deutlich ausgeprägt (Odds Ratio OR bis zu 7,24; Abbildung 10-3a). Der starke Einfluss des Alters könnte jedoch einen Selektionseffekt darstellen und primär auf das Überleben der Nichtraucher unter den COPD-Patienten zurückzuführen sein. Des Weiteren ist die Chance ebenfalls für jene Patienten erhöht, die in einer pneumologisch qualifizierten Praxis betreut werden (OR 1,79) und die länger im DMP eingeschrieben sind (OR bis 1,40). Ebenfalls erhöht ist die Chance für Patienten, bei denen Asthma bronchiale (OR 1,48), Diabetes (OR 1,23) oder die Verordnung inhalativer Glukokortikosteroide (OR 1,20) dokumentiert sind. Hingegen zeigt sich mit einem stärkeren Obstruktionsgrad eine deutlich geringere Chance (OR bis 0,68), das Nichtraucher-Ziel zu erreichen. Hinsichtlich des Qualitätsziels zur Vermeidung stationärer Notfälle erweist sich besonders der Grad der Obstruktion als starker Prädiktor: die Chance, das Qualitätsziel zu erreichen ist für Patienten mit einem stärkeren Obstruktionsgrad deutlich geringer (OR bis 0,15; Abbildung 10-3b). Die Betrachtung der Medikation zeigt, dass die LABA- und/oder LAAC -, SABA/SAAC- sowie die ICS-Verordnung mit einer verringerten statistischen Chance einhergehen (OR bis 0,38), das Qualitätsziel zu den stationären Notfällen zu erreichen. 233

234 Kapitel 10: COPD a: Prädiktoren für das Qualitätsziel Nichtraucher Geschlecht männlich Alter ( 65 Jahre) 66 bis DMP seit (< 3 Jahre) 3 bis < 6 6 FEV 1 /Sollwert ( 70 %) 50 bis < bis < 50 < 35 Asthma bronchiale Diabetes mellitus kardiovaskuläre Begleiterkrankung pneumol. qual. Facharztpraxis SABA/SAAC LABA und/oder LAAC Inhalative Kortikosteroide 1,01 (0,97 1,04) 2,61 (2,52 2,71) 7,24 (6,92 7,57) 1,09 (1,05 1,13) 1,40 (1,35 1,45) 0,73 (0,71 0,76) 0,67 (0,64 0,70) 0,75 (0,72 0,80) 1,48 (1,40 1,56) 1,24 (1,20 1,28) 1,06 (1,02 1,10) 1,79 (1,70 1,88) 1,00 (0,97 1,03) 1,04 (1,00 1,08) 1,20 (1,16 1,24) Odds-Ratio und 95%-CI b: Prädiktoren für das Qualitätsziel keine stationäre Notfallbehandlung Geschlecht männlich Alter ( 65 Jahre) 66 bis DMP seit (< 3 Jahre) 3 bis < 6 6 FEV 1 /Sollwert ( 70 %) 50 bis < bis < 50 < 35 Asthma bronchiale Diabetes mellitus kardiovaskuläre Begleiterkrankung pneumol. qual. Facharztpraxis Raucher SABA/SAAC LABA und/oder LAAC Inhalative Kortikosteroide 1,11 (1,00 1,23) 0,70 (0,62 0,79) 0,62 (0,54 0,71) 0,92 (0,80 1,05) 0,97 (0,85 1,10) 0,65 (0,55 0,77) 0,32 (0,27 0,37) 0,15 (0,13 0,17) 0,81 (0,70 0,94) 1,01 (0,90 1,12) 0,63 (0,57 0,70) 1,36 (1,18 1,57) 1,05 (0,94 1,18) 0,61 (0,53 0,70) 0,38 (0,31 0,46) 0,57 (0,52 0,63) Odds-Ratio und 95%-CI c: Prädiktoren für das Qualitätsziel weniger als zwei Exazerbationen Geschlecht männlich Alter ( 65 Jahre) 66 bis DMP seit (< 3 Jahre) 3 bis < 6 6 FEV 1 /Sollwert ( 70 %) 50 bis < bis < 50 < 35 Asthma bronchiale Diabetes mellitus kardiovaskuläre Begleiterkrankung pneumol. qual. Facharztpraxis Raucher SABA/SAAC LABA und/oder LAAC Inhalative Kortikosteroide Odds-Ratio und 95%-CI 1,28 (1,19 1,39) 1,19 (1,08 1,30) 1,18 (1,06 1,30) 1,03 (0,93 1,13) 1,00 (0,91 1,10) 0,62 (0,55 0,69) 0,39 (0,35 0,44) 0,23 (0,21 0,26) 0,78 (0,70 0,87) 0,97 (0,90 1,06) 0,70 (0,64 0,76) 1,93 (1,71 2,19) 0,88 (0,81 0,95) 0,53 (0,48 0,59) 0,64 (0,57 0,72) 0,53 (0,49 0,57) Fallzahlen im Modell: a: , b und c: , R 2 a: 0,200, b: 0,113, c: 0,082; Referenzgruppen mehrstufiger Prädiktoren kursiv gesetzt; SABA/SAAC: kurz wirksame Beta- Agonisten oder kurz wirksame Anticholinergika; LABA und/oder LAAC: lang wirksame Beta-Agonisten und/oder lang wirksame Anticholinergika; kardiovaskuläre Begleiterkrankung: KHK, Herzinsuffizienz, Schlaganfall, arterielle Verschlusskrankheit Abbildung 10-3: Prädiktoren des Erreichens der Qualitätsziele (Fortsetzung nächste Seite) 234

235 Kapitel 10: COPD d: Prädiktoren für das Qualitätsziel Überprüfen der Inhalationstechnik Geschlecht männlich Alter ( 65 Jahre) 66 bis DMP seit (< 3 Jahre) 3 bis < 6 6 FEV 1 /Sollwert ( 70 %) 50 bis < bis < 50 < 35 Asthma bronchiale Diabetes mellitus kardiovaskuläre Begleiterkrankung pneumol. qual. Facharztpraxis Raucher SABA/SAAC LABA und/oder LAAC Inhalative Kortikosteroide Odds-Ratio und 95%-CI 0,99 (0,95 1,02) 0,94 (0,91 0,98) 0,95 (0,91 0,99) 1,01 (0,97 1,05) 0,98 (0,94 1,02) 1,00 (0,97 1,04) 1,01 (0,96 1,06) 0,91 (0,86 0,97) 0,94 (0,89 0,99) 0,92 (0,89 0,95) 0,98 (0,95 1,02) 4,56 (4,20 4,95) 1,06 (1,02 1,10) 2,05 (1,98 2,12) 2,60 (2,51 2,70) 1,27 (1,23 1,32) Fallzahlen im Modell: d: , R 2 d: 0,159; Referenzgruppen mehrstufiger Prädiktoren kursiv gesetzt; SABA/SAAC: kurz wirksame Beta- Agonisten oder kurz wirksame Anticholinergika; LABA und/oder LAAC: lang wirksame Beta-Agonisten und/oder lang wirksame Anticholinergika; kardiovaskuläre Begleiterkrankung: KHK, Herzinsuffizienz, Schlaganfall, arterielle Verschlusskrankheit Abbildung 10-3: Prädiktoren des Erreichens der Qualitätsziele Auch das Vorliegen einer kardialen Begleiterkrankung (OR 0,63) und ein höheres Alter (OR bis 0,62) senken die Zielerreichungschancen. Die Chance, dieses Ziel zu erreichen, ist bei Patienten erhöht, die durch einen pneumologisch qualifizierten Facharzt betreut werden (OR 1,36). Ein ähnliches Bild ergibt sich bei dem Qualitätsziel zur Vermeidung von zwei oder mehr Exazerbationen: auch hier sind die statistischen Chancen deutlich geringer bei höherem Grad der Obstruktion (OR bis 0,24; Abbildung 10-3c) und bei Verordnung der Medikationen LABA und/oder LAAC, SA- BA/SAAC sowie ICS (OR bis 0,53). Auch das Vorliegen von Asthma bronchiale (OR 0,79) oder einer kardialen Begleiterkrankung (OR 0,70) sowie Rauchen (OR 0,87) senken die Zielerreichungschancen. Hingegen sind die Chancen auf Zielerreichung deutlich erhöht für Patienten in pneumologisch qualifizierter Facharzt-Betreuung (OR 1,93) und moderat erhöht für Männer (OR 1,29) sowie für ältere Patienten (OR bis 1,19). Bei den Zusammenhängen der Medikationen mit den beiden vorgenannten Qualitätszielen bleibt aber zu überdenken, ob die Verordnungshäufigkeit vom Schweregrad der Erkrankung abhängt und so ein eher indirekter Zusammenhang mit den Qualitätszielen vorliegt. Die Chance, das Qualitätsziel zur Überprüfung der Inhalationstechnik zu erreichen, ist deutlich bei den Patienten erhöht, die pneumologisch qualifiziert betreut (OR 4,56; Abbildung 10-3d) und denen LABA/LAAC (OR 2,61), SABA/SAAC (OR 2,06) oder inhalative Kortikosteroide (OR 1,28) verordnet werden. Die statistische Chance ist etwas verringert bei stärksten Grad der Obstruktion (OR 0,89) und bei Patienten mit der Begleiterkrankung Diabetes mellitus (OR 0,91). Insgesamt bestätigen somit die multivariaten Analysen, dass vor allem der Grad der Obstruktion und die Betreuung einflussreiche Faktoren für die betrachteten Qualitätsziele darstellen. Ein höherer Grad der Obstruktion verringert bei allen Qualitätszielen die statistischen Chancen und spezialisierte Betreuung erhöht die Chancen auf die Zielerreichung. 235

236 Kapitel 10: COPD Analyse der Qualitätszielerreichung auf Praxisebene Ergänzend zu der, auf einen Punktwert bezogenen Betrachtung der Zielerreichungsquoten auf der Patientenebene wird nachfolgend deren Streubreite in einer Analyse auf der Ebene der teilnehmenden Praxen dargestellt. Die zugrunde liegende Auswertungslogik entspricht der bereits bekannten: für jede Praxis, die mindestens zehn Patienten im DMP betreut, wurde berechnet, wie viele Patienten der Praxis das jeweilige Qualitätsziel erreichen. Gezeigt wird, welche Quoten in jeweils 5, 25, 50, 75 und 95 % dieser Praxen erreicht werden (Abbildung 10-4). Praxen Nichtraucheranteil erhöhen keine stationären Notfallbehandlungen (6 Monate) < 2 Exazerbationen (6 Monate) Inhalationstechnik überprüfen % Prozent der Patienten, die das jeweilige Ziel in 5, 25, 50,75, 95 % der Praxen erreichen und Anzahl der Praxen, die mindestens 10 Patienten mit aktueller Folgedokumentation betreuen Abbildung 10-4: Praxenspezifische Unterschiede bei den Zielerreichungsquoten Die Praxen unterscheiden sich im Ausmaß der Zielerreichung zum Teil beträchtlich voneinander. Bezogen auf den Interquartilbereich, also die Patientenanteile, die in 25 bis 75 % der betrachteten Praxen vorliegen, fällt bei der Inhalationstechnik eine sehr weite Streuung zwischen 44 und 93 % auf. Der Nichtraucheranteil liegt zwischen 55 und 76 %. Die Streubreite bei den Zielen zu Notfällen (96 bis 100 %) und Exazerbationen (95 bis 100 %) ist relativ gering. Zusammen mit den vorangehenden Analysen verdeutlichen diese Ergebnisse, in welcher unterschiedlich starken Ausprägung die Qualitätsziele im DMP COPD erreicht werden (können). Deren Erreichbarkeit hängt offensichtlich in beträchtlichem Ausmaß von den jeweiligen Merkmalen der Patienten in einer Praxis ab, wobei der Grad der Obstruktion und das Alter entscheidende Faktoren sind. Hinsichtlich dieser Merkmale bestehen wiederum zwischen den Praxen teilweise große Unterschiede. 236

237 Kapitel 10: COPD Vollständigkeit und Plausibilität der Dokumentation Wie oben bereits ausgeführt, fordert das siebte Ziel der arzt- und regionenbezogenen Qualitätssicherung die Sicherstellung der Vollständigkeit und Plausibilität der Dokumentation. Mindestens 95 % aller Dokumentationen sollen beim ersten Eingang vollständig und plausibel sein. Im Fall fehlerhafter oder unplausibler Dokumentationen wird der Arzt seitens der Datenstelle um eine Nachlieferung gebeten. Laut Mengenbericht lagen der Datenstelle bis zum Stichtag kumulativ Dokumentationen aus dem DMP COPD vor, hierbei handelt es sich ausschließlich um fristgerecht eingereichte Dokumentationen, von denen mehrfach eingereichte bereits abgezogen worden sind. Insgesamt wurden bzw. 0,68 % als unvollständig bzw. unplausibel bewertet. Im Vorjahr lag diese Quote bei 0,77 %. Das vertraglich festgelegte Ziel (< 5 %) wird somit deutlich übertroffen. 237

238 Kapitel 10: COPD Abschnitt B, Vertiefende Analysen 10.5 Patientenmerkmale und Befunde bei der Einschreibung Dieser Abschnitt dient dazu, eine wichtige Frage zu beantworten: Unterscheiden sich Patienten, die zu Beginn des DMP eingeschrieben wurden, von denen, deren Einschreibung später erfolgte? Im Verlauf des DMP werden vermehrt jüngere Patienten eingeschrieben, bei denen gleichzeitig seltener einen stärker ausgeprägter Obstruktionsgrad dokumentiert ist. Zugleich nimmt der Anteil an Rauchern deutlich zu. Der Anteil an Patienten mit einer dokumentierten Begleiterkrankung Asthma bronchiale geht zurück. Die medikamentöse Therapie ist durch eine geringfügig seltenere Verordnung von SABA/SAAC und eine etwas höhere Verordnung von LABA und/oder LAAC zu charakterisieren. Der Anteil an Patienten mit einer Überprüfung der Inhalationstechnik bei Einschreibung nimmt leicht zu. Die nachfolgende Gegenüberstellung erfolgt auf der Datenbasis aller jemals zwischen 2006 und 2015 in das DMP eingeschriebenen Patienten. Gegenüber den eingeschriebenen weisen die später das DMP COPD eingeschriebenen Patienten ein geringeres Durchschnittsalter auf (Tabelle 10-4) liegt es bei 63 Jahren, und damit um 1,3 Jahre unter dem der Patienten aus den Jahren Parallel hierzu ändern sich die Anteile der verschiedenen Altersgruppen. Während der Anteil der bis zu 65-Jährigen zunimmt, nimmt der Anteil in den beiden anderen Gruppen mit älteren Patienten jeweils ab. Während unter den und eingeschriebenen Patienten der Anteil an Männern mit knapp 52 % noch leicht überwog, ist er mit 50,4 % im Jahr 2015 nahezu gleich mit dem Frauenanteil. Der Raucheranteil ist mit knapp 47 % der 2015 eingeschriebenen Patienten um acht Prozentpunkte höher als in der Gruppe der eingeschriebenen. Der Anteil an Patienten mit dokumentierter FEV 1 -Messung zum Zeitpunkt der Einschreibung geht im Zeitverlauf deutlich zurück. Die auf der Basis der FEV 1 -Messung gebildeten Subgruppen zum Obstruktionsgrad unterscheiden sich im Zeitverlauf nur geringfügig. Die Betrachtung der Begleiterkrankungen zeigt, dass der Anteil an Patienten mit der Diagnose Asthma bronchiale bei Einschreibung während der Laufzeit des DMP zurückgeht. Eine mögliche Erklärung für diesen Befund wäre, dass die Differenzialdiagnose im Verlauf der Programme für Asthma bronchiale und COPD immer besser gelingt. Bei 23 % der Patienten der Kohorte des Jahres 2015 ist eine kardio-vaskuläre Erkrankung dokumentiert, in den Jahren zuvor lag der Anteil geringfügig höher. Bis Juli 2008 wurden jedoch nur luftnotverursachende kardiale Begleiterkrankungen dokumentiert. Geringe Unterschiede zeigen sich ebenfalls hinsichtlich der Verordnungshäufigkeiten der leitliniengerechten medikamentösen Wirkstoffklassen und der Überprüfung der Inhalationstechnik. 238

239 Kapitel 10: COPD Tabelle 10-4: Patientenmerkmale, Befunde, Begleiterkrankungen und medikamentöse Therapie bei der Einschreibung Merkmale Kohortengröße (n) Altersdurchschnitt (Jahre) 64,3 ± 12,5 63,2 ± 13,0 63,0 ± 12,9 Alter 65 (Jahre) 48,8 55,3 56,8 Alter (Jahre) 31,8 26,0 24,6 Alter 76 (Jahre) 19,4 18,7 18,6 Geschlecht (männlich) 51,5 51,7 50,4 Befunde Rauchen 38,7 44,4 46,7 FEV 1 -Messung dokumentiert 89,7 77,2 76,5 FEV 1 /Sollwert 70 % oder mehr 35,2 37,8 37,1 50 % bis unter 70 % 33,1 34,0 34,9 35 % bis unter 50 % 19,9 18,6 18,3 bis unter 35 % 11,8 9,6 9,7 Begleiterkrankungen Asthma bronchiale 6,7 3,6 3,4 kardio-vaskuläre Erkrankung* 26,7 25,4 23,2 Medikation, Kontrolle SABA/SAAC 62,9 60,2 60,7 LABA und/oder LAAC 63,8 64,7 67,4 Inhalationstechnik überprüft 66,1 67,1 67,7 Datenbasis: alle jemals zwischen 2006 und 2015 in das DMP eingeschriebenen Patienten; alle Angaben außer zur Kohortengröße und zum Altersdurchschnitt (Mittelwert ± Standardabweichung) in Prozent; *: seit Juli 2008 KHK, Herzinsuffizienz, Schlaganfall, arterielle Verschlusskrankheit, davor nur luftnotverursachende kardiale Begleiterkrankung dokumentierbar; SABA/SAAC: kurz wirksame Beta-Agonisten oder kurz wirksame Anticholinergika; LABA und/oder LAAC: lang wirksame Beta- Agonisten und/oder lang wirksame Anticholinergika 239

240 Kapitel 10: COPD 10.6 Begleiterkrankungen, auffällige Befunde, Risikofaktoren Auch aufgrund des hohen Alters ist davon auszugehen, dass es sich bei den Patienten im DMP COPD um insgesamt multimorbide Patienten handelt. Die Fragen lauten hier: Welche Begleiterkrankungen, Befunde und Risikofaktoren kommen wie häufig vor, wovon sind Frauen und Männer in unterschiedlichem Ausmaß betroffen und zeigen sich Abhängigkeiten vom Grad der Obstruktion? Acht von zehn der in das DMP eingeschriebenen COPD-Patienten leiden an mindestens einer weiteren Begleiterkrankung, sie sind also zu Recht als ein multimorbides Kollektiv anzusehen. Die zwei häufigsten Begleiterkrankungen sind eine arterielle Hypertonie bei knapp sieben von zehn und eine Fettstoffwechselstörung bei knapp fünf von zehn Patienten. Mit Ausnahme von Asthma bronchiale sind Männer häufiger von den jeweiligen Begleiterkrankungen betroffen. Der Grad der Obstruktion hat einen Einfluss: während z. B. Asthma bronchiale und die arterielle Verschlusskrankheit mit steigendem Grad der Obstruktion häufiger dokumentiert werden, sinkt gleichzeitig der Anteil an Patienten mit dokumentierter Fettstoffwechselstörung. Der Anteil rauchender Patienten steigt mit höherem Grad der Obstruktion, zusätzlich rauchen Frauen mit höherem Grad der Obstruktion etwas häufiger. Ebenfalls steigt der Anteil untergewichtiger Patienten, darüber hinaus ist das Untergewicht in allen Subgruppen bei Frauen häufiger als bei Männern dokumentiert. Bei der Mehrheit der eingeschriebenen COPD-Patienten (81,6 %) ist mindestens eine Begleiterkrankung dokumentiert. Hierbei werden zum Zeitpunkt der Einschreibung anamnestisch dokumentierte mit im Verlauf des DMP aufgetretenen Erkrankungen zusammengefasst betrachtet, wobei bereits die einmalige Dokumentation einer Erkrankung für die Klassifikation als erkrankt ausreicht. Arterielle Hypertonie ist die am häufigsten festgestellte Begleiterkrankung der eingeschriebenen COPD- Patienten (Tabelle 10-5). Tabelle 10-5: Komorbidität nach Obstruktionsgrad und Geschlecht FEV 1 /Sollwert (%) <70 35 <50 < 35 w m w m w m w m insg. Asthma bronchiale 9,8 7,5 11,0 7,8 12,2 8,4 11,5 8,8 8,7 arterielle Hypertonie 66,3 67,0 64,9 70,5 63,3 68,6 58,4 65,9 66,0 Fettstoffwechselstörung 49,0 51,8 45,8 52,3 43,1 48,8 37,8 45,8 47,5 koronare Herzkrankheit 22,5 34,3 20,8 36,1 20,7 35,9 19,1 34,1 29,3 arterielle Verschlusskrankheit 4,7 6,9 6,1 10,4 7,4 12,1 6,7 12,0 7,8 Schlaganfall 2,6 3,3 3,0 4,0 3,0 4,4 2,8 4,2 3,4 chronische Herzinsuffizienz 7,6 8,3 7,2 10,7 7,9 11,9 9,0 12,8 9,6 Diabetes mellitus 30,0 36,1 28,5 37,2 25,8 35,5 22,3 31,7 33,3 alle Patienten (mit aktuellen Angaben zur FEV 1 ): (85.704); alle Angaben in Prozent; Mehrfachangaben möglich Sie wird bei 66 % der Patienten angegeben. Am zweithäufigsten ist die Fettstoffwechselstörung, gefolgt von Diabetes mellitus und koronarer Herzkrankheit. Asthma bronchiale ist bei knapp 9 % der Patienten dokumentiert. 240

241 Kapitel 10: COPD Der Anteil an dokumentierten Begleiterkrankungen ist auch abhängig vom Grad der Obstruktion. Bestimmte Begleiterkrankungen wie z.b. Asthma bronchiale und arterielle Verschlusskrankheit werden mit steigendem Grad der Obstruktion häufiger dokumentiert. Umgekehrt fällt z.b. der Anteil an Patienten mit Fettstoffwechselstörung bei geringerer Erreichung des FEV 1 -Sollwertes. Möglicherweise führen Selektionseffekte zu diesen verschiedenen Trends. Bei den Geschlechtsunterschieden innerhalb dieser Gruppen fällt auf, dass Begleiterkrankungen bei Männern häufiger dokumentiert sind als bei Frauen. Besonders ausgeprägt ist dieser Unterschied bei der koronaren Herzkrankheit (bis zu 15 Prozentpunkte) und bei Diabetes mellitus (bis zu 10 Prozentpunkte). Ausnahme hiervon bildet nur Asthma bronchiale: dies ist häufiger bei Frauen (bis knapp 4 Prozentpunkte) dokumentiert. Auch im DMP COPD ist als Resümee festzuhalten, dass die eingeschriebenen COPD-Patienten in ihrer Gesamtheit als ein hoch multimorbides Kollektiv anzusehen sind. Da das Inhalationsrauchen die Prognose der COPD erheblich verschlechtert, scheint es vertretbar, alle COPD-Patienten zum Tabakverzicht zu motivieren. Aktuell sind 36,1 % aller Patienten als Raucher dokumentiert (Tabelle 10-6). Tabelle 10-6: Befunde und Risikofaktoren nach Obstruktionsgrad und Geschlecht FEV 1 /Sollwert (%) <70 35 <50 < 35 w m w m w m w m insg. Raucher 32,7 36,1 40,8 37,7 41,4 37,5 38,6 37,5 36,1 BMI (kg/m 2 ) < 18,5 1,8 0,8 2,6 0,9 5,8 1,5 11,9 4,7 2, ,5 32,7 33,4 34,1 27,7 30,2 18,9 23,0 32,0 Patienten mit aktueller Folgedokumentation (mit aktuellen Angaben zur FEV1): (85.704); a: mit aktueller Gewichtsangabe: (85.521); alle Angaben in Prozent Unter den Patienten mit geringerer FEV 1 /Sollwert-Erreichung steigt der Anteil an Rauchern. Dies ist bei Frauen deutlicher ausgeprägt als bei Männern. Bei der Betrachtung der nach Obstruktionsgrad getrennten Subgruppen fällt auf, dass Frauen bis auf in der Gruppe mit über 70 % des Sollwertes häufiger als Männer rauchen. Dies ist am stärksten ausgeprägt bei Patientinnen mit einer FEV 1 von % des Sollwertes mit 3,9 Prozentpunkten Unterschied. Im Hinblick auf den Risikofaktor Unter- bzw. Übergewicht zeigen sich Unterschiede in Abhängigkeit vom Grad der Obstruktion. Besonders auffällig ist der stark steigende Anteil Untergewichtiger, der bei Frauen mit einer FEV 1 von über 70 % des Sollwertes bei unter 2 % liegt und sich bei Patientinnen mit weniger als 35 % des Sollwertes auf knapp 12 % erhöht. In ähnlicher Relation erhöht sich der Anteil bei Männern von unter 1 auf knapp 5 %. Insgesamt sind 32 % der Patienten adipös, haben also einen BMI von mindestens 30 kg/m 2. Der Anteil ist aber abhängig vom Obstruktionsgrad: nur 19 % der Frauen und 23 % der Männer mit einer FEV 1 von weniger als 35 % des Sollwertes sind adipös. 241

242 Kapitel 10: COPD 10.7 Stationäre Notfälle und Exazerbationen Stationäre Notfälle und Exazerbationen sind wichtige Aspekte, um die Progredienz der COPD- Erkrankung zu beschreiben. Zusätzlich zu den Qualitätszielen lässt sich die Frage stellen, wie hoch der Anteil an Patienten ist, bei denen innerhalb des Jahres 2015 mindestens ein stationärer Notfall respektive eine Exazerbation dokumentiert ist. Hat hier der Grad der Obstruktion einen Einfluss und gibt es Geschlechtsunterschiede? Stationäre Notfälle und Exazerbationen sind deutlich vom Grad der Obstruktion abhängig. Bei den weiblichen Patienten mit einer FEV 1 von über 70 % des Sollwertes liegt der Anteil mit stationären Notfällen bei 1,4 % und erhöht sich auf 9,1 % in der Gruppe mit einer FEV 1 von weniger als 35 % des Sollwertes. Gleichfalls erhöht sich der Anteil an weiblichen Patienten mit Exazerbationen von 9,8 % auf 26,9 %. Bei den männlichen Patienten erhöhen sich diese Anteile analog. Im multivariaten Modell für das Auftreten eines stationären Ereignisses im Jahr 2015 erweisen sich besonders der stärkere Obstruktionsgrad und stationäre Notfälle und Exazerbationen im Vorjahr als bedeutende Einflussfaktoren. Im multivariaten Modell für das Auftreten einer Exazerbation im Jahr 2015 erweisen sich besonders eine respektive mehrere Exazerbationen im Vorjahr, aber auch ein stärkerer Obstruktionsgrad als bedeutende Einflussfaktoren. Die Analyse der stationären Notfallbehandlungen und Exazerbationen im Zeitverlauf zeigt, dass der Anteil an Exazerbationen und Notfallereignissen zurückgeht. Im Jahr 2015 steigt dieser Anteil jedoch gegenüber dem Vorjahr in allen Subgruppen wieder leicht an. Stationäre Notfälle sind im Jahr 2015 bei 2,9 % der Patienten nachgewiesen. Im Vorjahr waren diese bei 2,6 % der Patienten dokumentiert. Sie treten deutlich häufiger mit höherem Grad der Obstruktion auf. Zwischen der Gruppe mit dem geringsten und der mit dem höchsten Grad der Obstruktion versiebenfacht sich der Anteil unter den weiblichen und verachtfacht sich der Anteil unter den männlichen Patienten mit stationären Notfallbehandlungen (Tabelle 10-7). Tabelle 10-7: Stationäre Notfallbehandlungen und Exazerbationen 2015 nach Obstruktionsgrad und Geschlecht FEV 1 /Sollwert (%) <70 35 <50 < 35 w m w m w m w m insg. stationäre Notfallbehandlungen 1,4 1,0 2,0 2,0 4,3 3,7 9,1 8,1 2,9 Exazerbationen 9,8 6,5 14,4 10,9 19,8 16,3 26,9 22,8 12,3 Patienten mit aktueller Folgedokumentation und Angaben zu stationär behandelten Notfällen oder Exazerbationen im Jahr 2015 (mit aktuellen Angaben zur FEV 1 ): (83.842); alle Angaben in % Exazerbationen hingegen sind im DMP COPD insgesamt deutlich häufiger als stationäre Notfallbehandlungen; sie sind bei 12,3 % der Patienten dokumentiert. Im Vorjahr lag dieser Anteil noch bei 11,9 %. Auch hier zeigt sich der Zusammenhang zwischen einem stärkeren Grad der Obstruktion und dem höheren Anteil an Patienten mit mindestens einer Exazerbation im Jahr Dieser Anteil ist mit knapp 27 % bei Frauen respektive knapp 23 % bei den Männern mit dem höchsten Obstruktionsgrad um etwa das Dreifache erhöht gegenüber Patienten mit dem geringsten Obstruktionsgrad. We- 242

243 Kapitel 10: COPD sentlich seltener ist das Auftreten von mehr als einer Exazerbation in einem Zeitraum von sechs Monaten, wie die Auswertung zu den Qualitätszielen zeigt. In den Subgruppen mit unterschiedlichem Grad der Obstruktion zeigen sich moderate Geschlechtsunterschiede. Bei Frauen sind Exazerbationen häufiger als bei Männern dokumentiert. Der deutlichste Unterschied findet sich bei Frauen mit einer FEV 1 unter 35 % des Sollwertes: bei diesen ist eine Exazerbation in 26,9 % der Fälle und damit vier Prozentpunkte häufiger als bei Männern dokumentiert. In logistischen Regressionsmodellen wurde untersucht, inwieweit das Verhältnis von FEV 1 zum Sollwert die Vorjahres (last observation carried forward) sowie eine Reihe anderer Faktoren mit dem Auftreten eines stationären Notfalls bzw. einer Exazerbation im Jahr 2015 zusammenhängen. Der stärkste Prädiktor eines stationären Notfalls ist erwartungsgemäß der Obstruktionsgrad. Je größer der Grad der Obstruktion, desto höher das Risiko für einen solchen Notfall (OR bis 5,5; Abbildung 10-5). Geschlecht männlich Alter (<= 65 Jahre) 66 bis 75 >= 76 DMP seit (< 3 Jahre) 3 bis < 6 >= 6 FEV1/Sollwert (>= 70 %) >= 50 bis < 70 >= 35 bis < 50 < 35 stationärer Notfall a Exazerbation a (keine) 1 > 1 Raucher b Asthma bronchiale kardiovaskuläre Begleiterkrankung Diabetes mellitus 0,85 (0,78 0,93) 1,40 (1,25 1,56) 1,64 (1,45 1,85) 1,04 (0,92 1,18) 1,08 (0,96 1,21) 1,50 (1,31 1,72) 2,88 (2,52 3,28) 5,52 (4,83 6,31) 3,95 (3,43 4,55) 2,40 (2,12 2,73) 3,72 (3,27 4,22) 1,15 (1,04 1,26) 1,25 (1,09 1,42) 1,45 (1,32 1,59) 0,97 (0,88 1,06) Odds-Ratio und 95%-CI (stationärer Notfall in 2015) Patienten mit aktueller Folgedokumentation, Einschreibung und gültigen Angaben zu den untersuchten Variablen im Vorjahr; Fallzahl im Modell: ; Nagelkerkes R 2 : 0,155; Referenzgruppen mehrstufiger Prädiktoren kursiv gesetzt; Begleiterkrankungen jemals; kardiovaskuläre Begleiterkrankung: KHK, Herzinsuffizienz, Schlaganfall, arterielle Verschlusskrankheit Abbildung 10-5: Prädiktoren eines stationären Notfalls im aktuellen Berichtsjahr Aber auch das Vorliegen von stationären Notfällen (OR 4,0) oder Exazerbationen (OR bis 3,7) im Vorjahr sind deutliche Prädiktoren. Höheres Alter und kardiale Begleiterkrankungen erhöhen ebenfalls das Risiko, sind aber nicht so deutlich ausgeprägt (maximales OR von 1,5). Das Modell für eine Exazerbation im Berichtsjahr ist deutlich dominiert durch den Prädiktor Exazerbation im Vorjahr. Eine oder mehr Exazerbationen im Vorjahr führen zu einem deutlich höheren Risiko einer erneuten Exazerbation (Abbildung 10-6). Wie im Modell zu den stationären Notfällen erhöht auch in diesem Modell der Obstruktionsgrad das Risiko. Ebenfalls steigt das Risiko beim Vorliegen der Begleiterkrankung Asthma bronchiale geringfügig, und sinkt geringfügig bei Diabetes mellitus und männlichem Geschlecht. 243

244 Kapitel 10: COPD Geschlecht männlich Alter ( 65 Jahre) 66 bis DMP seit (< 3 Jahre) 3 bis < 6 6 FEV 1 /Sollwert ( 70 %) 50 bis < bis < 50 < 35 stationärer Notfall a Exazerbation a (keine) 1 > 1 Raucher Asthma bronchiale kardiovaskuläre Begleiterkrankung Diabetes mellitus 0,78 (0,75 0,82) 1,00 (0,95 1,06) 1,00 (0,94 1,07) 0,99 (0,93 1,05) 1,01 (0,95 1,07) 1,39 (1,31 1,47) 1,86 (1,74 1,98) 2,35 (2,18 2,53) 0,99 (0,88 1,11) 5,63 (5,29 6,00) 15,44 (14,31 16,66) 1,10 (1,04 1,16) 1,26 (1,17 1,35) 1,15 (1,09 1,21) 0,91 (0,87 0,96) Odds-Ratio und 95%-CI (Exazerbation in 2015) Patienten mit aktueller Folgedokumentation, Einschreibung und gültigen Angaben zu den untersuchten Variablen im Vorjahr; Fallzahl im Modell: ; Nagelkerkes R 2 : 0,211; Referenzgruppen mehrstufiger Prädiktoren kursiv gesetzt; Begleiterkrankungen jemals; kardiovaskuläre Erkrankung: KHK, Herzinsuffizienz, Schlaganfall, arterielle Verschlusskrankheit Abbildung 10-6: Prädiktoren einer Exazerbation im aktuellen Berichtsjahr Eine wichtige Frage im Rahmen des DMP lautet: Wie entwickelt sich das Vorkommen von stationären Notfällen und Exazerbationen im Zeitverlauf? Im Folgenden werden die Anteile an Patienten mit stationären Notfällen respektive Exazerbationen im zeitlichen Verlauf zwischen 2009 und 2015 dargestellt. Berücksichtigt werden die sechs Monate vor der letzten Dokumentation des jeweiligen Jahres, Patienten müssen eine gültige FEV1-Messung haben und mindesten sechs Monate Teilnahmedauer vorweisen. Um eine Vergleichbarkeit der Querschnittsdaten über die Jahre zu ermöglichen, wird nach dem Grad der Obstruktion stratifiziert und eine Alters- und Geschlechtsadjustierung (direkte Standardisierung; Referenzpopulation: Verteilung im Jahr 2009) vorgenommen. Wie im vorherigen Abschnitt schon berichtet, steigt mit zunehmendem Obstruktionsgrad der Patienten der Anteil mit stationären Notfällen und Exazerbationen deutlich an. Gleichzeitig lässt sich im Zeitverlauf zwischen 2009 und 2015 ein leichter Rückgang an Patienten mit stationären Notfällen und Exazerbationen konstatieren (Abbildung 10-7). Jedoch sind 2015 im Vergleich zum Vorjahr in fast allen Subgruppen leicht höhere Anteile an Patienten mit entsprechenden Ereignissen zu beobachten. 244

245 Kapitel 10: COPD 30% stationärer Notfall Exazerbation 20% 10% 0% FEV 1 /Sollwert: < 35 % 35 < 50 % 70 % 50 < 70 % querschnittliche Betrachtung; alters- und geschlechtsadjustierter Anteil an Patienten mit jeweils mindestens einem Ereignis in den sechs Monaten vor der letzten Dokumentation des jeweiligen Jahres, nach Grad der Obstruktion unterteilt; alle Patienten mit FEV1-Wert im jeweiligen Berichtsjahr und mindestens 6 Monate eingeschrieben Abbildung 10-7: Häufigkeit stationärer Notfälle und von Exazerbationen im Zeitverlauf 245

246 Kapitel 10: COPD 10.8 Medikation Die folgenden Fragen stehen im Zentrum des nächsten Abschnitte: In welchem Ausmaß werden die Patienten im DMP medikamentös behandelt? Welcher zeitlichen Veränderung im Längsschnitt ist diese Behandlung bei kontinuierlich beobachteten Patienten unterworfen? Die Nationale Versorgungsleitlinie COPD (2012) empfiehlt eine medikamentöse Therapie nach einem Stufenplan in Abhängigkeit vom Schweregrad der stabilen COPD. Kurz bzw. rasch wirksame inhalative Bronchodilatatoren, d. h. Beta-2-Sympathomimetika (SABA) und Anticholinergika (SAAC), gegebenenfalls auch kombiniert eingesetzt, gelten als vorrangige Bedarfsmedikamente zur Beschwerdelinderung. Darüber hinaus werden für die Dauerbehandlung ab Stufe II primär lang wirksame Bronchodilatatoren empfohlen, also Anticholinergika (LAAC) und Beta-2-Sympathomimetika (LABA), die gegebenenfalls auch kombiniert eingesetzt werden können. Inhalative Kortikoide (ICS) werden bei wiederholten Exazerbationen ab Stufe III empfohlen, jedoch nur bei nachgewiesenem Therapieeffekt. Die Gabe des Bronchodilatators Theophyllin (THEO) ist auf Grund von geringer Effizienz, Interaktionen und der relativ geringen therapeutischen Breite erst nach dem Einsatz von Anticholinergika und Beta-2-Sympathomimetika in Erwägung zu ziehen. Eine Langzeittherapie mit oralen Kortikoiden (OCS) wird nicht empfohlen. Aktuell erhalten sechs von zehn Patienten eine SABA/SAAC-Bedarfsmedikation und knapp vier beziehungsweise knapp sechs von zehn Patienten LAAC respektive LABA als Dauermedikation. Daneben erhalten drei von zehn Patienten ICS. Die Verordnungsraten sind hauptsächlich abhängig vom Grad der Obstruktion: Patienten mit geringerer FEV 1 -Sollwerterreichung werden die von der NVL vorgesehenen Medikationen in höherem Ausmaß verordnet. Die Analyse der Medikation im Zeitverlauf offenbart, dass eine deutliche Veränderung der Pharmakotherapie im Rahmen des DMPs zu beobachten ist. Hervorzuheben ist hier der, mit den DMP-Zielen und Leitlinien im Einklang stehende, deutliche Rückgang der nachrangig (THEO) oder nicht zur Langzeittherapie (OCS) empfohlenen Medikationen. In der DMP-Dokumentation wird für die Wirkstoffgruppen LAAC und LABA und die zusammengefasste Gruppe von SABA und SAAC generell unterschieden, ob diese als Bedarfs- oder Dauermedikation verordnet wurden. Für ICS, OCS, THEO und sonstige diagnosespezifische Medikationen ist diese Differenzierung nicht möglich. Als Bedarfsmedikation erhalten 62 % aller eingeschriebenen Patienten SABA/SAAC. Der Anteil an Patienten mit LAAC und LABA als Bedarfsmedikation beträgt 5 % bzw. 7 %. Als Dauermedikation erhalten 56 % LABA, 37 % LAAC und 10 % SABA/SAAC. Mindestens eine der beiden empfohlenen Dauermedikationen LABA und LAAC erhalten 66 % der DMP-Patienten. Bei der sonstigen Medikation erhalten 33 % ICS, 5 % OCS, 5 % THEO und 7 % andere diagnosespezifische Medikationen. Bei jedem zehnten Patienten sind keine der möglichen Medikationen auf dem Dokumentationsbogen angegeben (Tabelle 10-8). 246

247 Kapitel 10: COPD Tabelle 10-8: Medikamentöse Therapie nach Obstruktionsgrad und Geschlecht Bedarfsmedikation FEV 1 /Sollwert (%) <70 35 <50 < 35 w m w m w m w m insg. SABA/SAAC 59,8 56,7 66,9 62,0 70,1 67,0 71,6 69,8 61,6 LAAC 5,0 4,8 3,6 3,9 3,8 4,2 4,5 4,0 4,7 LABA 8,0 8,5 5,8 5,5 4,9 4,7 4,9 5,1 6,7 Dauermedikation SABA/SAAC 9,0 9,1 8,6 8,6 10,5 10,0 12,5 12,2 9,7 LAAC 28,0 26,6 40,3 38,4 52,4 50,8 62,8 61,4 37,3 LABA 49,7 43,8 61,6 57,1 70,3 67,9 75,2 74,3 55,7 sonstige Medikation THEO 3,0 2,8 3,9 3,7 6,2 5,9 9,1 9,0 4,7 ICS 30,2 24,6 36,9 30,6 42,3 38,5 47,9 44,5 32,6 OCS 3,2 2,6 4,7 3,6 7,1 6,7 11,4 11,5 5,2 andere 6,1 6,0 5,8 5,8 8,0 7,7 12,7 12,3 7,1 keine Medikation nicht medikamentöse Therapie 10,8 14,7 6,3 9,5 4,1 5,6 3,4 3,8 9,8 Patienten mit aktueller Folgedokumentation und Angaben zu der jeweiligen Medikation ohne Kontraindikationen (mit aktuellen Angaben zur FEV 1 ), min max (min max ); alle Angaben in Prozent; Mehrfachangaben möglich Bei den meisten Wirkstoffgruppen zeigt sich eine Zunahme der Verordnungshäufigkeit bei den Patienten mit stärkerer Obstruktion gegenüber den Patienten mit einer FEV 1 von über 70 % des Sollwertes. Besonders stark nimmt die Verordnung der Dauermedikation von LAAC (von 27 % zu 61 %) und LABA (von 44 % zu 74 %) zu. Auch die sonstigen Medikationen nehmen zu: THEO sowie OCS verdreifacht sich zwischen den genannten Gruppen und ICS steigt von 25 auf 45 %. In Abhängigkeit vom Grad der Obstruktion betrachtet unterscheiden sich Männer und Frauen meistens nur unwesentlich hinsichtlich der Medikation. Der bedeutendste Unterschied findet sich bei der Verordnung von ICS, diese werden Frauen häufiger verordnet. Der größte Unterschied findet sich in der Gruppe mit einem FEV 1 -Wert zwischen 50 <70 % des Sollwertes: bei Frauen wird ICS mit 36,9 % und damit um 6,3 Prozentpunkte häufiger dokumentiert. Entsprechend gegenläufig zu den, in Abhängigkeit vom Grad der Obstruktion wachsenden Anteilen an Medikationen gestaltet sich der Anteil an Patienten, bei denen keine COPD-spezifische Medikation dokumentiert ist. In der Gruppe der Patienten mit einer FEV 1 von weniger als 35 % des Sollwertes sind nur bei etwa 3 % respektive 4 % der Frauen und der Männer keine Verordnungen dokumentiert. Dieser Anteil steigt in der Gruppe der Patienten mit einer FEV 1 von 70 und mehr Prozent des Sollwertes bei den Frauen auf 11 % und bei den Männern auf 15 %. Diese Verteilungen und der Anteil an Patienten ohne COPD-spezifische Arzneimitteltherapie weisen auf einen hohen Anteil an Patienten hin, der zurzeit noch weniger stark erkrankt ist. Dies deckt sich 247

248 Kapitel 10: COPD auch mit der Abnahme des Anteils an Patienten ohne COPD-spezifische Arzneimitteltherapie bei einem höheren Grad der Obstruktion. Auffällig in Tabelle 10-8 ist auch der relativ hohe Anteil an Patienten mit ICS-Verordnung, selbst in der Gruppe mit dem geringsten Grad der Obstruktion ist bei knapp jedem dritten Patienten ICS dokumentiert. Bei einem Teil der Patienten mag dies der schwierigen Abgrenzung zwischen COPD und Asthma bronchiale als Begleiterkrankung oder Differenzialdiagnose geschuldet sein. Zwischen den Praxen bestehen hinsichtlich der Verordnung von SABA/SAAC als Bedarfsmedikation (Interquartilbereich %), LABA (43 75 %) und LAAC (21 55 %) als Dauermedikation und bei ICS (19 49 %) deutliche Unterschiede (Abbildung 10-8). Bedarfsmedikation SABA/SAAC LAAC LABA Praxen Dauermedikation SABA/SAAC LAAC LABA sonstige Medikation THEO ICS OCS andere % Prozent der Patienten, welche die betreffende Verordnung in 5, 25, 50, 75 und 95 % der Praxen erhalten, und Anzahl Praxen, die mindestens 10 Patienten mit aktueller Folgedokumentation betreuen Abbildung 10-8: Unterschiede zwischen den Praxen bei der Verordnung COPD-spezifischer Wirkstoffe Dies bedeutet, dass sich die am DMP COPD beteiligten Praxen im Hinblick auf die genannten Verordnungen besonders stark unterscheiden. Eine geringere Varianz der Streubreiten zeigt sich bei LABA und LAAC als Bedarfsmedikation und bei OCS, THEO und sonstigen COPD-spezifischen Verordnungen. Anders als in den Vorjahren wird in diesem Jahr die Analyse der häufigsten Medikationskombinationen der COPD in Abhängigkeit vom Schweregrad analysiert. Hierbei wird nicht nach Bedarfsund Dauermedikation unterschieden, sondern auf die Wirkstoffe fokussiert. Es werden die jeweils häufigsten 10 Kombinationen (absolute Häufigkeit) dargestellt. Zusätzlich wird zur Orientierung ebenfalls die Häufigkeit von Patienten ohne dokumentierte Medikation wiedergegeben. In der Gruppe mit einem FEV 1 -Wert von 70 % oder mehr ist die häufigste dokumentierte Kombinationstherapie die ausschließliche Verordnung von SABA/SAAC (15,9 %), gefolgt von keiner dokumentierten Medikation (12,4 %) und SABA/SAAC+LABA (10,2 %; Abbildung 10-9). 248

249 Kapitel 10: COPD FEV 1 /Sollwert 70 % (n = ) FEV 1 /Sollwert 50 < 70 % (n = ) SABA LABA LAAC ICS andere OCS THEO keine 0 SABA LABA LAAC ICS andere OCS THEO keine Gesamtanzahl Gesamtanzahl 0 FEV 1 /Sollwert 35 < 50 (n = ) FEV 1 /Sollwert < 35 (n = 8.178) SABA 0 SABA LABA LABA LAAC LAAC ICS ICS andere andere OCS OCS THEO THEO keine keine Gesamtanzahl Gesamtanzahl 0 Patienten mit aktueller Folgedokumentation und Angaben zu der jeweiligen Medikation und aktuellen Angaben zur FEV 1 ; SABA: SABA/SAAC; absolute Fallzahlen Abbildung 10-9: Kombinationen der Verordnungen nach Obstruktionsgrad In der Gruppe mit einer FEV 1 von 50 bis <70 % ist die häufigste Kombination SABA/SAAC+LABA+LAAC (12,2 %), gefolgt von SABA/SAAC (11,4 %) und SABA/SAAC+LABA (10,7 %). Keine Medikation ist die sechsthäufigste Kombination (7,4 %). In der Gruppe mit einer FEV 1 von 35 bis <50 % ist häufigste Kombination SABA/SAAC+LABA+LAAC (15,1 %), gefolgt von SABA/SAAC+LABA+LAAC+ICS (14,8 %) und SABA/SAAC+LABA (9,2 %). Keine Medikation ist die siebthäufigste Kombination (4,9 %). In der Gruppe mit einer FEV 1 von unter 35 % ist häufigste Kombination SABA/SAAC+LABA+LAAC+ICS (18,4 %), gefolgt von SABA/SAAC+LABA+LAAC (15,6 %) und SABA/SAAC+LABA (6,5 %). Keine Medikation ist die siebthäufigste Kombination (3,4 %). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass mit steigendem Obstruktionsgrad häufiger mehrere Wirkstoffe in Kombination Anwendung finden. In der Gruppe mit dem höchsten Obstruktionsgrad ist im Einklang mit den Medikationsempfehlungen der NVL die häufigste Kombination die Verordnung von SABA/SAAC+LABA+LAAC+ICS. Hingegen wird in der Gruppe mit dem niedrigsten Obstruktionsgrad vornehmlich auf die alleinige Verordnung von SABA/SAAC respektive keiner Medikation gesetzt. In der Gesamtschau zeigt sich deutlich, dass sich nicht nur der Anteil an Patienten ohne dokumentier- 249

250 Kapitel 10: COPD te Medikation mit steigendem Obstruktionsgrad verringert, sondern auch der relative Stellenwert schon ab einem FEV 1 -Wert von unter 70 % deutlich absinkt. Eine wichtige Frage im Rahmen des DMP lautet: Werden den DMP Patienten die vorrangig empfohlenen Medikamente im Zeitverlauf häufiger verordnet? Bei chronisch progredientem Verlauf dieser Erkrankung steht eine Analyse der DMP-Dokumentationen vor dem Problem, dass ein Teil der im individuellen Krankheitsverlauf vorgenommenen Medikationsumstellungen mit dem zunehmend ausgeprägteren Krankheitsbild zu erklären sind. Zudem gelingt es kaum, in den üblichen Verlaufsanalysen Patienten in den Blick zu nehmen, die aus dem DMP ausscheiden oder versterben. Daher wird in der folgenden Analyse auf Basis aller im DMP Nordrhein dokumentierten COPD- Patienten eine querschnittliche Betrachtung zu den medikamentösen Verordnungen im zeitlichen Verlauf zwischen 2009 und 2015 angestellt. Als Zähler wird die Anzahl der Patienten betrachtet, denen ein bestimmter Wirkstoff bei einem bestimmten Obstruktionsgrad verordnet wird. Als Nenner dient die Zahl aller im jeweiligen Jahr betreuten Patienten mit jeweiliger Obstruktionsgradausprägung. Um eine Vergleichbarkeit der Querschnittsdaten über die Jahre zu ermöglichen, werden die Daten nach dem Grad der Obstruktion stratifiziert und eine Alters- und Geschlechtsadjustierung (direkte Standardisierung; Referenzpopulation: Verteilung im Jahr 2009) vorgenommen. Ob der entsprechende Wirkstoff als Bedarfs- oder Dauermedikation verordnet wird, wird auf Patientenebene nicht unterschieden, um die Darstellung nicht unnötig zu komplizieren. Wie zu erwarten, steigt mit zunehmendem Obstruktionsgrad der Patienten der Anteil, denen die COPD- Medikamente verordnet wird, deutlich an. Mögliche Unterschiede zwischen den Gruppen, die auf je andere Alters- und Geschlechtsgruppenzusammensetzung beruhen könnten, sind aufgrund der vorgenommenen Standardisierungen hier ohne Bedeutung. Im Trendverlauf ist nun zu erkennen, dass der Anteil der Patienten, die SABA/SAAC oder LABA bekommen, über den gesamten Zeitraum auf vergleichbarem Niveau bleibt (Abbildung 10-10). Der Anteil an Patienten mit LAAC nimmt leicht zu. Demgegenüber fällt auf, dass der Anteil der Patienten mit ICS-Verordnungen im Trendverlauf rückläufig ist und insbesondere in der Gruppe der Patienten mit niedrigem Obstruktionsgrad einen ausgeprägten Rückgang zeigt. Dies ist hervorhebenswert, zumal ICS nur bei nachgewiesenem Therapieeffekt, wiederholten Exazerbationen und höherem Obstruktionsgrad als Wirkstoff in der NVL COPD empfohlen wird. Betrachtet man nun ergänzend auch die Verordnungsraten für THEO oder für OCS zeigt sich über den hier betrachteten Zeitraum) in allen betrachteten COPD-Schweregradausprägungen ein sehr deutlicher Rückgang des Anteils an Patienten, denen diese Medikamente verordnet werden. Zum Beispiel wird im Jahr % der Patienten mit einer FEV1 von weniger als 35 % des Sollwertes THEO verordnet, 2015 nur noch 9 % (Abbildung 10-11). Auch der Anteil an Patienten mit OCS verringert sich im Zeitverlauf deutlich, wenn auch weniger ausgeprägt als bei THEO-Verordnungen. Was die sonstigen Wirkstoffe betrifft, zeigen sich im Zeitverlauf nur in den Gruppen mit niedriger Obstruktion Zunahmen, während in den Gruppen mit weniger ausgeprägtem Schweregrad geringere Änderungen zu erkennen sind. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass im Zeitverlauf eine deutliche Veränderung der Pharmakotherapie im Rahmen des DMPs zu beobachten ist. Während die vorrangig empfohlenen Medika- 250

251 Kapitel 10: COPD 80% SABA/SAAC LABA 60% 40% 20% 0% 80% LAAC ICS 60% 40% 20% 0% FEV 1 /Sollwert: < 35 % 35 < 50 % 50 < 70 % 70 % querschnittliche Betrachtung; alters- und geschlechtsadjustierter Anteil an Patienten mit der jeweiligen Medikation, nach Grad der Obstruktion unterteilt; alle Patienten mit FEV1-Wert im jeweiligen Berichtsjahr, Kontraindikation berücksichtigt Abbildung 10-10: Veränderung der Verordnungshäufigkeiten: SABA/SAAC, LABA, LAAC, ICS 25% THEO OCS 20% 15% 10% 5% 0% 25% andere % 15% 10% 5% 0% FEV 1 /Sollwert: < 35 % 35 < 50 % 50 < 70 % 70 % querschnittliche Betrachtung; alters- und geschlechtsadjustierter Anteil an Patienten mit der jeweiligen Medikation, nach Grad der Obstruktion unterteilt; alle Patienten mit FEV1-Wert im jeweiligen Berichtsjahr, Kontraindikation berücksichtigt Abbildung 10-11: Veränderung der Verordnungshäufigkeiten: THEO, OCS, andere Medikation mente auf gleichbleibend hohem Niveau verordnet werden oder leicht zunehmen, verringern sich die Verordnungen der nachrangig (THEO) oder nicht zur Langzeittherapie empfohlenen Medikationen (OCS) deutlich. Diese Entwicklung steht in Einklang mit den aktuellen Leitlinien und DMP-Zielen. 251

252 Kapitel 10: COPD 10.9 Schulung In dem nachfolgenden Abschnitt wird untersucht, in welchem Ausmaß Patienten im Rahmen des DMP empfohlene Schulungen wahrgenommen haben und wie sich Teilgruppen der Patienten hierbei voneinander unterscheiden. Knapp vier von zehn Patienten, die vor dem 30. Juni 2008 in das DMP eingeschrieben wurden, gelten als geschult. Insgesamt wurde knapp vier von zehn Patienten eine COPD-Schulung empfohlen. Dieser Empfehlung wiederum ist knapp jeder zweite Patient innerhalb von 12 Monaten nachgekommen. Patienten mit einem stärkeren Grad der Obstruktion wird häufiger eine Schulung empfohlen. Gleichzeitig nehmen sie eine empfohlene Schulung auch häufiger wahr. Bereits für eine Einschreibung in das DMP COPD ist die Bereitschaft des Patienten zur aktiven Mitwirkung und Teilnahme an Schulungen eine wichtige Voraussetzung. Dementsprechend ist jedem teilnehmenden Patienten der Zugang zu einem strukturierten und evaluierten, spezifischen Schulungsprogramm zu ermöglichen. Dieses soll den Patienten dazu befähigen, seinen Krankheitsverlauf besser zu bewältigen und informierte Patientenentscheidungen zu treffen. Gemäß der derzeit geltenden vertraglichen Regelungen sind Patienten auszuschreiben, die innerhalb von zwölf Monaten zwei empfohlene Schulungen ohne plausiblen Grund nicht wahrgenommen haben. Der Schulungsstatus bei Einschreibung wurde nur bis zum 30. Juni 2008 im DMP erfasst. Unter den bis zu diesem Zeitpunkt eingeschriebenen und bis 2015 im DMP verbliebenen COPD-Patienten gelten knapp vier von zehn als geschult, Patienten mit stärkerem Obstruktionsgrad sind häufiger geschult. Gleichzeitig sind in allen Subgruppen nach Obstruktionsgrad Männer etwas seltener als Frauen geschult (Tabelle 10-9). Tabelle 10-9: COPD-Schulungen nach Obstruktionsgrad und Geschlecht FEV 1 /Sollwert (%) <70 35 <50 < 35 w m w m w m w m insg. Basis jemals geschult 38,6 33,7 44,7 42,6 47,6 43,4 53,3 47,7 38, a Schulung empfohlen 37,3 36,9 40,2 38,8 43,4 41,2 50,1 46,6 37, b nach Empfehlung wahrgenommen 46,1 43,7 51,1 49,8 51,6 49,8 55,2 52,8 47, c Bezugsgruppen a: Patienten mit einer Angabe zur Schulung und Einschreibung bis zum (mit Angaben zur FEV1: ), b: Patienten mit Folgedokumentation (85.704), c: Patienten mit Schulungsempfehlung (34.256); alle Angaben in Prozent Eine Schulung wurde im Verlauf des DMP knapp vier von zehn Patienten empfohlen. 47 % der Patienten, denen eine Schulung empfohlen wurde, nehmen wiederum diese innerhalb eines Zeitraumes von bis zu 12 Monaten danach auch wahr. Patienten mit einem stärkeren Grad der Obstruktion wird häufiger eine Schulung empfohlen. Frauen mit einer FEV 1 von über 70 % des Sollwertes wird in fast 37 % eine Schulung empfohlen, in der Gruppe mit weniger als 35 % des Sollwertes in 50 %. Bei Männern verhält es sich entsprechend. Auffällig ist, dass auch die Wahrnehmung einer Schulung nach einer Empfehlung in den Gruppen mit höherem Grad der Obstruktion häufiger dokumentiert ist. 252

253 Kapitel 10: COPD Inhalationstechnik und Behandlungsplan Die Inhalationstechnik soll bei allen Patienten mit inhalativ verabreichten Bronchodilatatoren eingeübt und bei jeder haus- oder fachärztlichen Kontrolluntersuchung überprüft werden. Zusätzlich zu den Qualitätszielvorgaben ermöglicht die DMP-Dokumentationen im Hinblick auf die Behandlungsplanung und ärztliche Kooperation auch Aussagen zu COPD-bezogenen Überweisungen an oder Einweisungen in eine spezialisierte Einrichtung. Die Überprüfung der Inhalationstechnik erfolgt bei 68 % der Patienten und häufiger bei Patienten mit einem höheren Grad der Obstruktion. Berücksichtigt man alle vorliegenden Dokumentationen aus dem Jahr 2015, erhöht sich der überprüfte Anteil um 4 Prozentpunkte. Jemals überwiesen wurden vier von zehn Patienten in hausärztlicher Betreuung, betrachtet man nur das Jahr 2015 wurde jeder fünfte Patient überwiesen. Auch hier steigt mit höherem Grad der Obstruktion der Anteil der Überweisungen deutlich. Bei 68 % der Patienten wurde die Inhalationstechnik in der letzten vorliegenden Dokumentation überprüft. Je stärker der Grad der Obstruktion, desto häufiger wird überprüft. Dies hängt vermutlich auch mit dem größeren Anteil an Patienten ohne Medikation in den Gruppen mit geringerer Sollwerterreichung zusammen. Bei Frauen wird die Inhalationstechnik etwas häufiger überprüft. Werden für die Patienten auch die übrigen im Jahr 2015 erstellten Dokumentationen berücksichtigt, erhöht sich der Anteil an Patienten mit überprüfter Inhalationstechnik um 4,3 Prozentpunkte (Tabelle 10-10). Tabelle 10-10: Kontrolle der Inhalationstechnik und Überweisungen nach Obstruktionsgrad und Geschlecht FEV 1 /Sollwert (%) <70 35 <50 < 35 w m w m w m w m insg. Inhalationstechnik aktuell überprüft Inhalationstechnik 2015 überprüft 69,3 66,7 73,6 71,5 76,7 75,1 76,8 75,6 68,0 74,1 71,2 77,9 76,0 81,0 79,5 80,7 79,8 72,3 Überweisung insgesamt a 36,9 35,6 43,4 42,0 50,9 49,3 57,1 56,0 42,7 Überweisung 2015 a 15,2 14,2 19,9 19,9 25,6 25,2 33,2 30,5 19,3 Patienten mit aktueller Folgedokumentation (mit Angaben zur FEV 1 ): (85.704); a: hausärztlich betreute Patienten mit aktueller Folgedokumentation: (75.520); alle Angaben in Prozent Von den hausärztlich betreuten Patienten wurden bislang im Rahmen des DMP etwa vier von zehn Patienten zum pneumologisch qualifizierten Facharzt oder an eine stationäre Einrichtung überwiesen. Auch hier zeigt sich der Zusammenhang, dass Patienten mit höherem Grad der Obstruktion deutlich häufiger überwiesen werden. 57 % der Patientinnen mit höchsten Obstruktionsgrad wurden im DMP-Verlauf überwiesen, hingegen nur knapp 37 % der Patientinnen mit niedrigstem Obstruktionsgrad. Bei Männern verhält es sich analog. Schränkt man die Betrachtung der Überweisung auf Dokumentationen aus dem Jahr 2015 ein, wird etwa jeder fünfte Patient überwiesen. Bei 15 von hundert Patientinnen mit mehr als 70% des FEV 1 -Sollwertes wird eine Überweisung im Jahr 2015 vorgenommen, in der Patientengruppe mit weniger als 35 % des Sollwertes sind es hingegen doppelt so viele. Auch hier verhält es sich bei den Männern analog. 253

254 Kapitel 10: COPD Vergleich der hausärztlich und von pneumologisch qualifizierten Fachärzten betreuten Patienten Ein Teil der COPD-Patienten wird im DMP in einer pneumologisch qualifizierten Facharztpraxis betreut. Welche besonderen Merkmale kennzeichnen diese Patienten? Etwa ein Zehntel der COPD-Patienten im DMP wird in einer pneumologisch qualifizierten Facharztpraxis betreut. Der größere Anteil an Patienten mit weniger als 50 % des Sollwertes weist auf eine Gruppe stärker erkrankter Patienten hin, die intensiver betreut und versorgt wird. Dies zeigt sich besonders in den Medikationsverordnungen und Schulungsempfehlungen, die in den pneumologisch qualifizierten Facharztpraxen deutlich häufiger dokumentiert sind. Etwa jeder zehnte Patient im DMP COPD wird von einem pneumologisch qualifizierten Facharzt betreut (hier im Folgenden abgekürzt: fachärztlich). 44 von hundert fachärztlich betreuten Patienten erreichen nur eine FEV 1 von maximal 50 % des Sollwertes, in der Gruppe hausärztlich betreuten sind es 27 von hundert Patienten (Tabelle 10-11). Unter den hausärztlich betreuten Patienten rauchen 37 %, bei den fachärztlich betreuten Patienten beträgt der Anteil knapp neun Prozentpunkte weniger. Die am häufigsten verordneten Medikationen SABA/ SAAC, LABA und/oder LAAC und ICS werden bei den hausärztlichen betreuten Patienten alle mindestens 20 Prozentpunkte seltener verordnet. Die Begleiterkrankung Asthma bronchiale ist bei 9 % der Patienten in hausärztlicher und bei 13 % in fachärztlicher Betreuung dokumentiert. Kardiovaskuläre Begleiterkrankungen werden hingegen in der hausärztlichen Betreuung mit 39 % der Patienten deutlich häufiger als in fachärztlicher Betreuung dokumentiert (28 %). Fachärztlich betreuten Patienten wird mehr als doppelt so häufig eine Schulung empfohlen (79 vs. 33 %) und von diesen nehmen mit auch deutlich mehr eine empfohlene Schulung wahr (68 vs. 41 %). Diese Unterschiede legen die Vermutung nahe, dass es sich bei den fachärztlich betreuten Patienten um ein Teilkollektiv innerhalb des DMP COPD handelt, welches unter einem stärkeren Schweregrad leidet und entsprechend intensiver betreut und versorgt wird. 254

255 Kapitel 10: COPD Tabelle 10-11: Unterschiede zwischen hausärztlich und von pneumologisch qualifizierten Fachärzten betreuten Patienten Merkmale a Hausärzte pneumologisch qualifizierte Fachärzte Patienten (n) Altersdurchschnitt (Jahre) 67,6 ± 12,1 67,5 ± 10,4 DMP-Teilnahmedauer in Jahren 4,6 ± 2,7 4,6 ± 2,8 Geschlecht (weiblich) 49,8 49,2 Befunde FEV 1 /Sollwert b Messwert 2015 dokumentiert (n) % oder mehr 42,2 22,5 50 % bis unter 70 % 30,5 33,6 35 % bis unter 50 % 17,1 25,7 bis unter 35 % 10,2 18,2 Raucher a 37,0 28,4 Begleiterkrankung c Asthma bronchiale 8,6 12,7 kardio-vaskuläre Erkrankung 38,8 27,5 Ereignisse d Patienten (n) stationäre Notfallbehandlung 2,2 2,5 > 1 Exazerbation 3,5 3,1 Medikation a SABA/SAAC 67,0 90,5 LABA und/oder LAAC 69,4 92,7 ICS 30,5 51,2 Schulung c empfohlen 32,5 79,2 nach Empfehlung wahrgenommen 41,1 68,3 Patienten mit aktueller Folgedokumentation; alle Angaben in Prozent, wenn nicht anders angegeben; a: aktuell, b: letzter Wert im Jahr 2015, c: jemals, d: Patienten mit mind. sechs Monaten Teilnahmedauer; kardiovaskuläre Erkrankung: seit Juli 2008 KHK, Herzinsuffizienz, Schlaganfall, arterielle Verschlusskrankheit, davor luftnotverursachende kardiale Begleiterkrankung dokumentierbar 255

256 Kapitel 10: COPD Unterschiede zwischen kontinuierlich und diskontinuierlich am DMP teilnehmenden Patienten Patienten nehmen an dem DMP unterschiedlich kontinuierlich teil. Wie lässt sich diese Kontinuität oder Adhärenz zu dem Programm beschreiben, in welche Gruppen können die Patienten dabei unterteilt werden und wie groß sind diese Gruppen? Lassen sich besondere Merkmale benennen, die zu einer größeren Diskontinuität über die gesamte Beobachtungszeit führen? Ungefähr von lediglich 3 % der Patienten des Jahres 2015 liegen weniger als 50 % aller erwarteten Beobachtungen (Dokumentationen) vor, von 89 % der Patienten liegen dagegen mindestens 70 % aller Beobachtungen vor. Patienten mit geringer Beobachtungskontinuität weisen zum Teil sehr lange Unterbrechungen ihres Dokumentationszeitraums auf. Sie sind deutlich jünger, häufiger männlich, rauchen häufiger, benötigen weniger Medikationen und erleiden weniger Exazerbationen respektive stationäre Notfälle. Die Konzeption des DMP geht von einer weitgehend kontinuierlichen Teilnahme der Patienten an dem Programm aus, je nach Schweregrad der Erkrankung und Betreuungsintensität in einem quartalsweisen oder halbjährlichen Turnus. In der Praxis sind allerdings verschiedene Möglichkeiten vorstellbar, die eine lückenlose Beobachtungskontinuität, abgesehen von einer möglicherweise geringen Zahl idealer DMP-Patienten, häufig verhindern. So können zum Beispiel durch Krankenhausaufenthalte, einen Arzt- und / oder Wohnortwechsel oder auch längere Urlaubsphasen Unterbrechungen entstehen. In diesem Bericht wird deshalb den beiden Fragen nachgegangen, in welchem Ausmaß es innerhalb des DMP zu derartigen Unterbrechungen, also einer Beobachtungsdiskontinuität kommt und welche Merkmale für Patienten mit einer hohen Diskontinuität charakteristisch sind. Betrachtet wird hierbei die Gesamtheit aller Patienten des Jahres Diese Patientenmenge setzt sich aus Patienten zusammen, die zwischen 2006 und 2015 in das Programm eingeschrieben wurden. Aus diesem Grund muss die Anzahl der pro Patient vorliegenden Beobachtungen, also die Anzahl Quartale, aus denen eine Dokumentation vorliegt, relativ zu der Anzahl maximal möglicher Beobachtungen betrachtet werden. Patienten, die bereits seit dem 3. Quartal 2006 teilnehmen, können maximal 38-mal dokumentiert worden sein, Patienten, die erst 2015 eingeschrieben wurden, höchstens viermal. Zusätzlich ist pro Quartal zu berücksichtigen, ob die jeweils nachfolgende Dokumentation quartalsweise oder halbjährlich erfolgen soll. Für jeden Patienten wird die Anzahl vorliegender Quartalsdokumentationen bestimmt. Die im DMP COPD selten vorkommende halbjährliche Dokumentation führt zur Berücksichtigung im darauffolgenden Quartal. Anhand der jeweiligen ersten und der letzten in 2015 vorliegenden Dokumentation wird die Anzahl der möglichen Quartale errechnet. Diese beiden Zahlen ins Verhältnis gesetzt führen zu einem individuellen prozentualen Anteil an vorliegenden Dokumentationen. Die Bildung der Patientengruppen erfolgte einmal nach dem Kriterium (1) weniger als 50 %, (2) 50 % bis weniger als 70 %, (3) 70 % und mehr aller möglichen Quartale. Schließt man nur die bis 2013 eingeschriebenen Patienten ein (hierdurch wird das vergleichsweise große relative Gewicht einzelner fehlender Quartale bei den 2014 und 2015 eingeschriebener Patienten außer Acht gelassen), verändern sich die Gruppengrößen geringfügig (Tabelle 10-12). 256

257 Patientenanteil Qualitätssicherungsbericht 2015 DMP Nordrhein Kapitel 10: COPD Tabelle 10-12: Patientengruppen mit unterschiedlich großer Beobachtungskontinuität Basis: alle Patienten 2015 bis 2013 eingeschriebene Patienten 2015 Anteil mindestens vorliegender Beobachtungen über die Gesamtzeit (%) absolut in % absolut in % unter , ,1 50 bis unter , ,7 70 und mehr , ,1 alle Patienten: in 17 Fällen keine Zuordnung möglich Insgesamt zeigt sich, dass die Gruppe von Patienten mit sehr hoher Beobachtungsdiskontinuität, das heißt mit weniger als 50 % der erwarteten Dokumentationen, lediglich etwa 3 % der Gesamtpatientenzahl umfasst respektive 4 % der Patienten, die bis 2013 eingeschrieben wurden. Andererseits liegen von knapp 90 % der Patienten 70 % oder mehr der erwarteten Dokumentationen vor (bis 2013 eingeschrieben: 88 %). Das hohe Maß an insgesamt in dem DMP festzustellender Beobachtungskontinuität verdeutlicht auch eine Darstellung der Verteilungshäufigkeiten (Abbildung 10-12). 30% 20% 10% 0% 25% 50% 75% 100%... der möglichen Dokumentationen vorhanden Patienten des Jahres 2015 mit DMP-Beginn bis 2013 Abbildung 10-12: Häufigkeit der Beobachtungskontinuität Da eine Analyse der komplexen Muster aller möglichen Varianten diskontinuierlicher Beobachtungsverläufe außerordentlich aufwändig ist, wurde stattdessen eine Zufallsauswahl von Patienten exemplarisch betrachtet (Abbildung 10-13). 257

258 Kapitel 10: COPD Anteil vorliegender Quartalsdokumentationen (%): < bis < zufällig ausgewählte Patienten des Jahres 2015 mit DMP-Beginn 2010 Abbildung 10-13: Muster der Beobachtungskontinuität Basis dieser Auswahl waren im Jahr 2010 eingeschriebene und 2015 betreute bzw. dokumentierte Patienten. Als erstes fällt hierbei ins Auge, dass knapp ein Drittel Anteil dieser Patienten bis 2015 durchgehend dokumentiert wird (durchgehende blaue Linie, Stufen am Anfang und am Ende entsprechen dem Ein- bzw. Ausgangsquartal).Die Lücken vor in der Gruppe mit der höchsten Beobachtungsdiskontinuität (< 50 %) sind nicht nur definitionsgemäß zahlreich, sondern vor allem häufig auch sehr lang. Die drei Patientengruppen mit unterschiedlicher Beobachtungskontinuität wurden in einem weiteren Schritt hinsichtlich zentraler Merkmale, Befunde und der antidiabetischen Medikation miteinander verglichen. Zwischen den Gruppen bestehen große Altersunterschiede, so sind Patienten mit geringer Kontinuität durchschnittlich 7 Jahre jünger als die Patienten mit der höchsten Kontinuität, außerdem finden sich unter denjenigen mit höchster Kontinuität auch mehr Frauen (Tabelle 10-13). Darüber hinaus lassen sich auch große Unterschiede beim Rauchverhalten erkennen. Während knapp 33 % der Patienten mit hoher Kontinuität rauchen, raucht in der Gruppe mit hoher Diskontinuität jeder zweite Patient. Beim Grad der Obstruktion unterscheiden sich die drei gebildeten Gruppen nur unwesentlich. Begleiterkrankungen sind häufiger in der Gruppe mit höherer Kontinuität dokumentiert, dies ist besonders stark bei der kardio-vaskulären Erkrankung ausgeprägt (hohe Kontinuität: 41,2 % vs. niedrige Kontinuität: 27,6 %). Ein ähnliches Bild ergibt sich bei stationären Notfallbehandlungen (hohe Kontinuität: 2,5 % stationäre Notfälle und 3,7 % mehr als eine Exazerbation vs. niedrige Kontinuität: 1,2 % respektive 2,4 %). Hinsichtlich der medikamentösen Therapie ergibt sich ein analoges Bild: diskontinuierlich dokumentierte Patienten erhalten alle Medikationen seltener. In der Gesamtschau der univariaten Betrachtung spricht einiges dafür, dass sich unter den kontinuierlich beobachteten Patienten häufiger die älteren, stärker erkrankten Patienten mit häufigeren Ereignissen befinden. 258

259 Kapitel 10: COPD Tabelle 10-13: Befunde und Medikation unterschiedlich kontinuierlich betreuter Patienten Anteil vorliegender Beobachtungen: < 50 % 50 bis < 70 % 70 % Merkmale Kohortengröße (n) Altersdurchschnitt (Jahre) 62,1 ± 12,9 64,6 ± 12,3 69,2 ± 11,3 Geschlecht (weiblich) 44,7 48,3 50,2 pneumolog. qual. Facharzt 10,0 13,1 10,0 Befunde FEV 1 /Sollwert b Messwert 2015 dokumentiert (n) % oder mehr 40,1 38,5 39,4 50 % bis unter 70 % 28,5 29,6 30,5 35 % bis unter 50 % 18,7 18,8 18,4 bis unter 35 % 12,7 13,1 11,8 Raucher a 49,3 41,2 32,5 Begleiterkrankungen c Asthma bronchiale 8,4 9,9 10,4 kardiovaskuläre Erkrankung 27,6 32,1 41,2 Diabetes mellitus 27,9 30,5 36,9 Ereignisse d Patienten (n) stationäre Notfallbehandlung 1,2 1,6 2,5 > 1 Exazerbation 2,4 2,6 3,7 Medikation a SABA/SAAC 64,9 68,9 71,7 LABA und/oder LAAC 63,9 68,8 73,3 ICS 25,4 30,6 36,2 bis 2013 eingeschriebene Patienten mit aktueller Folgedokumentation; außer bei Gruppengrößen und Alter alle Angaben in Prozent; a: letzte Dokumenation 2015, b:letzter Wert im Jahr 2015, c: jemals, d: in den letzten sechs Monaten, nur Patienten mit mindestens entsprechender Teilnahmedauer; kardiovaskuläre Erkrankung: seit Juli 2008 KHK, Herzinsuffizienz, Schlaganfall, arterielle Verschlusskrankheit, davor luftnotverursachende kardiale Begleiterkrankung dokumentierbar; pneumolog. qual. Facharzt: betreut von pneumologisch qualifiziertem Facharzt Zur Absicherung der Bedeutsamkeit dieser Ergebnisse wurde ein weiteres multivariates Modell berechnet, hier für das Risiko, weniger als 50 % der erwarteten Dokumentationen aufzuweisen. Rauchen stellt den bedeutendsten Risikofaktor für eine geringe Beobachtungskontinuität dar (Abbildung 10-14). Zudem haben männliche COPD-Patienten sowie diejenigen, die eine FEV 1 von unter 35 % des Sollwertes haben, ein bedeutsam erhöhtes Diskontinuitätsrisiko. 259

260 Kapitel 10: COPD Geschlecht männlich Alter ( 65 Jahre) 66 bis FEV 1 /Sollwert ( 70 %) 50 bis < bis < 50 < 35 stationärer Notfall a > 1 Exazerbation a Asthma bronchiale kardiovaskuläre Begleiterkrankung Diabetes mellitus pneumol. qual. Facharztpraxis Raucher b SABA/SAAC LABA und/oder LAAC Inhalative Kortikosteroide 1,30 (1,20 1,41) 0,64 (0,59 0,71) 0,50 (0,44 0,56) 0,96 (0,87 1,05) 1,11 (0,99 1,24) 1,19 (1,05 1,36) 0,69 (0,48 1,00) 0,78 (0,61 1,01) 0,93 (0,81 1,07) 0,69 (0,63 0,76) 0,76 (0,70 0,84) 1,13 (1,00 1,28) 1,53 (1,41 1,66) 0,79 (0,73 0,86) 0,74 (0,68 0,81) 0,71 (0,64 0,77) Odds-Ratio und 95%-CI bis 2013 eingeschriebene Patienten mit aktueller Folgedokumentation; Fallzahl im Modell: ; R 2 : 0,05; Referenzgruppen mehrstufiger Prädiktoren kursiv gesetzt Abbildung 10-14: Prädiktoren eines unter 50 % liegenden Anteils insgesamt beobachteter Quartale Als bedeutendster protektiver Faktor im Modell erweist sich ein hohes Alter. Patienten ab 76 Jahre haben ein weniger als halb so großes Risiko für eine geringe Beobachtungskontinuität. Auch das Vorliegen einer kardio-vaskulären Begleiterkrankung oder eines Diabetes mellitus sowie die dokumentierte Medikationsverordnungen gehen mit einer erhöhten Kontinuität einher. Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass innerhalb des DMP eine kleine Patientengruppe mit sehr geringer Beobachtungskontinuität existiert, von der weniger als die Hälfte aller erwarteten Dokumentationen vorliegen. In dieser Gruppe kommt es häufig zu sehr langen Unterbrechungen des Dokumentationszeitraums, die Patienten sind deutlich jünger, häufiger männlich, rauchen häufiger, benötigen weniger Medikationen und erleiden weniger Exazerbationen respektive stationäre Notfälle. Über die Gründe für die mangelnde Adhärenz zum DMP kann nur spekuliert werden. Möglicherweise ist diesen Patienten die Schwere ihrer chronischen Erkrankung bislang nicht bewusst. 260

261 Kapitel 10: COPD Exkurs: Einfluss einer hohen Beobachtungskontinuität auf die Zielerreichung im DMP Welche Rolle spielt eine hohe Beobachtungskontinuität beim Erreichen der Qualitätsziele im DMP COPD? Zur Beantwortung dieser Frage wurde der Prädiktor Kontinuität in die, im Teil A beschriebenen multivariaten Modelle nachträglich eingefügt. Insgesamt lässt sich feststellen, dass eine kontinuierliche Teilnahme am DMP einen klaren Einfluss auf das Erreichen der Qualitätsziele mitbeiträgt. Eine hohe gegenüber einer geringen Kontinuität erweist sich als bedeutsamer positiver Faktor beim Qualitätsziel zum Nichtrauchen (1,53; 1,41 1,66) und bei der Überprüfung der Inhalationstechnik (1,37; 1,26 1,49; jeweils OR und 95 %-CI). Hingegen zeigt sich in der Gruppe der kontinuierlich beobachteter Patienten bei dem Ziel zu den stationären Notfällen (0,62; 0,43 0,88) und bei dem Ziel zu den Exazerbationen (0,69; 0,54 0,88) eine verringerte Chance der Zielerreichung. Möglicherweise führt das Vorliegen von mehreren Exazerbationen und stationären Notfällen bei betroffenen Patienten dazu, sich der Schwere ihrer Erkrankung besser bewusst zu sein. Auch eine engmaschigere Betreuung dieser Patienten durch die behandelnden Ärzte könnte dazu führen, dass diese Patienten höhere Kontinuitätswerte aufweisen Patienten, die aus dem DMP COPD ausscheiden Patienten, die aus dem DMP ausscheiden (Dropout), stellen eine besondere Teilmenge der ursprünglich in das DMP eingeschriebenen Patienten dar. Welche Merkmale zeichnen Patienten aus, für die aus dem Vorjahr noch eine Folgedokumentation vorliegt und die im derzeitigen Berichtsjahr nicht mehr dokumentiert wurden? Welches sind die zentralen Dropout-Risiken im DMP COPD? 13,4 % der Patienten des Jahres 2014 werden 2015 nicht mehr dokumentiert. Von 15,5 % der Patienten ist bekannt, dass sie verstorben sind. Im multivariaten Modell zeigt sich, dass das höchste Risiko, aus dem DMP auszuscheiden, für Patienten besteht, bei denen ein vorheriges stationäres Ereignis dokumentiert ist. Patienten mit längerer Einschreibedauer, einem Alter zwischen 66 bis 75 Jahren oder mit kardio-vaskulärer Begleiterkrankung verbleiben eher im DMP. Von den Patienten, die 2014 im DMP COPD dokumentiert wurden, verfügen insgesamt (13,4 %) über keine Dokumentation aus dem Jahr Im Vorjahr lag der Anteil der nicht mehr dokumentierten Patienten bei 13,6 %. Ein Teil der Patienten, die über ein komplettes Berichtsjahr keine Dokumentation aufweisen, werden allerding im darauffolgenden Jahr wieder im Rahmen des DMP dokumentiert. Bezogen auf die 2013 eingeschriebenen Patienten lag der Anteil der im gesamten Jahr 2014 nicht, jedoch in 2015 wieder dokumentierten Patienten bei 1,1 %. Bezogen auf die Zahl der 2013 nicht dokumentierten Patienten waren es 8,0 %. Zu (3,4 %) der Patienten des Jahres 2014 liegt aktuell die Information vor, dass sie zwischenzeitlich verstorben sind. Von den ausgeschiedenen Patienten sind dies (15,5 %), die übrigen sind mindestens einmal noch im Jahr 2015 dokumentiert worden. Für eine Teilgruppe von Patienten ist ein genauerer Grund des Ausscheidens bekannt: Während 93,1 % kassenseitig aus dem Programm ausgeschrieben wurden, beenden nur 4,2 % dieser Teilgruppe ihre DMP-Teilnahme auf eigenen Wunsch. Im Folgenden werden zunächst die zentralen Merkmale, Befunde, die relative Häufigkeit von stationären Behandlungen, Exazerbationen sowie die medikamentöse Therapie der ausgeschiedenen Pa- 261

262 Kapitel 10: COPD tienten mit den entsprechenden Daten der verbliebenen Patienten auf Grundlage der letzten Folgedokumentation des Jahres 2014 verglichen. Im Anschluss hieran wird ein Modell für das Ausscheiderisiko vorgestellt, um die Bedeutung der genannten Faktoren abwägen zu können. Die direkte Gegenüberstellung offenbart eine Reihe Unterscheide zwischen ausgeschiedenen und verbliebenen Patienten (Tabelle 10-14). Tabelle 10-14: Unterschiede zwischen ausgeschiedenen und verbliebenen Patienten ausgeschieden verblieben Merkmale a Kohortengröße (n) Altersdurchschnitt (Jahre) 66,9 ± 14,1 67,2 ± 11,6 DMP-Teilnahmedauer in Jahren 3,7 ± 2,4 4,2 ± 2,4 Geschlecht (weiblich) 49,0 50,0 Befunde FEV 1 /Sollwert b Messwert 2014 dokumentiert (n) % oder mehr 37,8 39,8 50 % bis unter 70 % 30,0 31,4 35 % bis unter 50 % 18,7 18,2 bis unter 35 % 13,5 10,6 Raucher a 37,1 35,2 Begleiterkrankung c Asthma bronchiale 8,4 9,3 Kardio-vaskuläre Erkrankung 36,9 36,8 Ereignisse d Patienten (n) stationäre Notfallbehandlung 3,6 1,6 > 1 Exazerbation 4,1 3,1 Medikation a SABA/SAAC 65,5 69,7 LABA und/oder LAAC 68,4 71,7 ICS 33,0 34,6 Schulung c empfohlen 36,7 37,8 nach Empfehlung wahrgenommen 43,5 48,1 Patienten mit aktueller Folgedokumentation 2014; alle Angaben in Prozent, außer für Anzahl (n), Alter und Teilnahmedauer (Mittlerwert ± Standardabweichung); a: letzte Dokumenation 2014, b:letzter Wert im Jahr 2014, c: jemals, d: in den letzten sechs Monaten, nur Patienten mit mindestens entsprechender Teilnahmedauer; kardiovaskuläre Erkrankung: seit Juli 2008 KHK, Herzinsuffizienz, Schlaganfall, arterielle Verschlusskrankheit, davor luftnotverursachende kardiale Begleiterkrankung dokumentierbar 262

263 Kapitel 10: COPD Im Vergleich zu den verbleibenden sind die ausgeschiedenen Patienten im Durchschnitt knapp vier Monate jünger und ihre Teilnahmedauer ist sechs Monate kürzer. Ausgeschiedene Patienten haben etwas häufiger eine FEV 1 von weniger als 35 % des Sollwertes. Der Anteil aktiver Raucher liegt mit knapp 37 % unter den ausgeschiedenen Patienten um zwei Prozentpunkte höher als bei den verbliebenen Patienten. Hinsichtlich der Begleiterkrankungen zeigt sich, das Asthma bronchiale bei den verbliebenen Patienten geringfügig häufiger und kardiovaskuläre Erkrankungen etwa gleich häufig dokumentiert sind. Sowohl die stationären Notfallbehandlungen (3,6 vs. 1,6 %) als auch mehr als eine Exazerbationen (4,1 vs. 3,1 %) innerhalb von sechs Monaten vor der letzten Folgedokumentation werden häufiger bei den ausgeschiedenen Patienten dokumentiert. Die dokumentierte Medikation ist für verbliebene Patienten sowohl bei SABA/SAAC, LABA und/oder LAAC und ICS gegenüber den ausgeschiedenen zwischen zwei und vier Prozentpunkten erhöht. Auch die Empfehlung einer Schulung unterscheidet sich nur unwesentlich, verbliebene Patienten nehmen jedoch die Schulung nach einer Empfehlung häufiger wahr (48,1 vs. 43,5 %). Das Ergebnis des logistischen Regressionsmodells basiert auf Patienten zu denen krankenkassenseitig regulär Sterbefallinformationen übermittelt wurden (Abbildung 10-15). Geschlecht männlich Alter ( 65 Jahre) DMP seit (< 3 Jahre) 3 < 6 6 FEV 1 /Sollwert ( 70 %) 50 < < 50 < 35 stationärer Notfall a > 1 Exazerbation a Raucher Asthma bronchiale kardiovaskuläre Begleiterkrankung 1,02 (0,95 1,10) 0,75 (0,68 0,82) 1,00 (0,91 1,11) 0,70 (0,65 0,77) 0,56 (0,50 0,61) 1,01 (0,92 1,10) 0,97 (0,87 1,08) 1,14 (1,00 1,29) 1,64 (1,29 2,10) 1,02 (0,83 1,24) 1,08 (1,00 1,17) 1,00 (0,87 1,14) 0,85 (0,78 0,92) Odds-Ratio und 95%-CI Patienten mit aktueller Folgedokumentation 2014 und mindestens sechsmonatiger Einschreibung in das DMP COPD; zu diesen Patienten wurden regulär Statusinformationen übermittelt; Odds Ratio und 95%-Konfidenzintervall; Fallzahl im Modell: ; Nagelkerkes R 2 : 0,017; a: in den letzten sechs Monaten; Begleiterkrankungen jemals; kardiovaskuläre Erkrankung: seit Juli 2008 KHK, Herzinsuffizienz, Schlaganfall, arterielle Verschlusskrankheit, davor luftnotverursachende kardiale Begleiterkrankung dokumentierbar Abbildung 10-15: Prädiktoren des Ausscheidens aus dem DMP Einzig das Vorliegen eines stationären Notfallereignisses stellt einen bedeutsamen Risikofaktor für das Ausscheiden dar (OR 1,64). Eine längere Teilnahmedauer, ein Alter zwischen 66 bis 75 sowie das Vorliegen einer kardiovaskulären Begleiterkrankung verringern die statistischen Chancen aus dem DMP auszuscheiden. 263

264 Kapitel 10: COPD Verstorbene Patienten Ähnlich wie die ausgeschiedenen stellen auch die verstorbenen Patienten eine besondere Teilmenge der ursprünglich in das DMP eingeschriebenen Patienten dar. Welche Merkmale charakterisieren jene Patienten, für die aus dem Vorjahr noch eine Folgedokumentation vorliegt und die bislang verstorben sind? Welches sind die zentralen Sterberisiken im DMP COPD? Auf Basis von etwa 53 % aller COPD-Patienten mit kassenseitig systematisch erfasster Informationen zum Versterben sind unter den Patienten, die im Jahr 2014 dokumentiert wurden, 2,9 % im gleichen Jahr und weitere 3,2 % im darauffolgenden Jahr verstorben. Diese COPD-Patienten sind gegenüber den 2014 überlebenden Patienten im Mittel fast zehn Jahre älter und ihre Lungenfunktion ist häufiger stark eingeschränkt. Außerdem werden bei ihnen stationäre Notfallbehandlungen, Exazerbationen und kardiovaskuläre Erkrankungen deutlich häufiger dokumentiert. Diese Faktoren erweisen sich auch im multivariaten Modell als die höchsten Sterberisiken. Gemäß der vertraglichen Vorgaben ist im Rahmen des DMP COPD eine Reduktion der Sterblichkeit der eingeschriebenen Patienten anzustreben (vgl. DMP-Vertrag, 1, Ziele des Vertrags). Meldungen zum Versterben werden in Nordrhein derzeit lediglich für etwa 53 % aller COPD-Patienten systematisch erfasst, hier erfolgt kassenseitig eine Übermittlung dieser Information an das Zi. Die folgenden Analysen beruhen auf diesem Teilkollektiv an DMP-Patienten. Ausgehend von den 2014 dokumentierten Patienten wird analysiert, welche Patienten im gleichen oder im darauf folgenden Jahr versterben. Von den in 2014 mit mindestens einer Dokumentation am DMP teilnehmenden Patienten sind 2,9 % noch im Jahr 2014 verstorben und weitere 3,2 % im Jahr 2015.Im Folgenden werden zunächst die zentralen Merkmale, Befunde, die relative Häufigkeit von stationären Behandlungen, Exazerbationen sowie die medikamentöse Therapie der verstorbenen Patienten mit den entsprechenden Daten der 2014 überlebenden Patienten auf Grundlage der letzten Folgedokumentation des Jahres 2014 verglichen. Im Anschluss hieran wird ein Modell für das Versterbensrisiko vorgestellt, um die Bedeutung der genannten Faktoren abwägen zu können. Im Vergleich zu den verstorbenen sind die 2014 überlebenden Patienten zum Zeitpunkt der letzten Folgedokumentation des Jahres 2014 im Durchschnitt fast zehn Jahre jünger (Tabelle 10-15). Sowohl die stationären Notfallbehandlungen (7 vs. 2 %) als auch mehr als eine Exazerbation in den vorherigen sechs Monaten (8 vs. 3 %) werden in der letzten Folgedokumentation deutlich häufiger bei den verstorbenen Patienten dokumentiert. Knapp jeder vierte verstorbene Patient hat eine FEV 1 von weniger als 35 % des Sollwertes, in der Gruppe der Überlebenden trifft dies nur auf jeden neunten Patienten zu. Überraschend erscheint der Raucheranteil: dieser ist mit 31 % in der Gruppe der Verstorbenen acht Prozentpunkte niedriger als in der Gruppe der Überlebenden. Hier gilt es aber zu bedenken, dass der Raucheranteil unter anderem mit dem Alter, der Teilnahmedauer, dem Grad der Obstruktion und den Begleiterkrankungen variiert. Diese Aspekte sind in den betrachteten Gruppen deutlich unterschiedlich ausgeprägt. 264

265 Kapitel 10: COPD Tabelle 10-15: Unterschiede zwischen verstorbenen und überlebenden Patienten verstorben überlebend Merkmale a Kohortengröße (n) Altersdurchschnitt (Jahre) 75,6 ± 9,7 66,0 ± 12,1 DMP-Teilnahmedauer in Jahren 4,5 ± 2,4 4,2 ± 2,4 Geschlecht (weiblich) 38,3 47,1 Befunde FEV 1 /Sollwert b Messwert 2014 dokumentiert (n) % oder mehr 22,2 38,7 50 % bis unter 70 % 27,8 31,7 35 % bis unter 50 % 25,2 18,8 bis unter 35 % 24,8 10,9 Raucher a 30,9 38,8 Begleiterkrankung c Asthma bronchiale 8,0 8,8 kardiovaskuläre Erkrankung 63,7 37,6 Ereignisse d Patienten (n) stationäre Notfallbehandlung 7,4 1,8 > 1 Exazerbation 7,6 3,2 Medikation a SABA/SAAC 71,9 69,6 LABA und/oder LAAC 75,5 70,1 ICS 38,5 33,0 Schulung c empfohlen 35,2 37,5 nach Empfehlung wahrgenommen 47,0 46,8 Patienten mit aktueller Folgedokumentation 2014; alle Angaben in Prozent, außer für Anzahl (n), Alter und Teilnahmedauer (Mittlerwert ± Standardabweichung); a: letzte Dokumentation 2014, b:letzter Wert im Jahr 2014, c: jemals, d: in den letzten sechs Monaten, nur Patienten mit mindestens entsprechender Teilnahmedauer; kardiovaskuläre Erkrankung: seit Juli 2008 KHK, Herzinsuffizienz, Schlaganfall, arterielle Verschlusskrankheit, davor luftnotverursachende kardiale Begleiterkrankung dokumentierbar Als bedeutendste Risikofaktoren erweisen sich im logistischen Regressionsmodell erwartungsgemäß ein höheres Alter, ein höherer Obstruktionsgrad und stationäre Notfälle. Darüber hinaus sind kardiovaskulären Begleiterkrankungen, mehr als eine Exazerbation innerhalb von sechs Monaten, Rauchen und das männliche Geschlecht Faktoren, die ebenfalls das Risiko zu versterben signifikant erhöhen (Abbildung 10-16). 265

266 Kapitel 10: COPD Geschlecht männlich Alter ( 65 Jahre) DMP seit (< 3 Jahre) 3 < 6 6 FEV 1 /Sollwert ( 70 %) 50 < < 50 < 35 stationärer Notfall a > 1 Exazerbation a Raucher Asthma bronchiale kardiovaskuläre Begleiterkrankung 1,17 (1,06 1,29) 2,48 (2,16 2,85) 5,35 (4,67 6,14) 1,00 (0,89 1,13) 1,00 (0,89 1,13) 1,45 (1,27 1,65) 2,10 (1,83 2,40) 3,88 (3,37 4,47) 2,34 (1,89 2,90) 1,30 (1,06 1,60) 1,26 (1,13 1,40) 0,86 (0,72 1,01) 1,88 (1,70 2,07) Odds-Ratio und 95%-CI Patienten mit aktueller Folgedokumentation 2014 und mindestens sechsmonatiger Einschreibung in das DMP COPD; zu diesen Patienten wurden regulär Sterbefallinformationen übermittelt; Odds Ratio und 95%-Konfidenzintervall; Fallzahl im Modell: ; Nagelkerkes R 2 : 0,129; a: in den letzten sechs Monaten; Begleiterkrankungen jemals; kardiovaskuläre Erkrankung: seit Juli 2008 KHK, Herzinsuffizienz, Schlaganfall, arterielle Verschlusskrankheit, davor luftnotverursachende kardiale Begleiterkrankung dokumentierbar Abbildung 10-16: Prädiktoren des Versterbens 266

267 Kapitel 11: Brustkrebs 11 DMP Brustkrebs Abschnitt A, Analysen zum Erreichen der vertraglich definierten Qualitätsziele In diesem Abschnitt werden einige epidemiologische Maßzahlen eingeführt, die Qualitätsziele des strukturierten Behandlungsprogramms Brustkrebs erläutert und die Ergebnisse zur Qualitätszielerreichung erörtert. Es gilt herauszuarbeiten, welche Qualitätsziele erreicht und welche verpasst wurden. Wie ausgeprägt sind die Unterschiede zwischen den, nach Zeitpunkt der Einschreibung und Erkrankungsdauer heterogen zusammengesetzten Patientengruppen? Die 2015 im DMP betreuten Brustkrebs-Patientinnen sind durchschnittlich 63,7 Jahre alt, 40,2 % der Patientinnen sind dabei höchstens 60 Jahre alt, 32,2 % sind 71 Jahre alt oder älter. 43,7 % der Patientinnen sind innerhalb der letzten beiden Jahre an Brustkrebs erkrankt. Bei 11,6 % der Patientinnen mit histologisch bestätigter Erstmanifestation datiert der Brustkrebs auf das Berichtsjahr werden die Ziele zur brusterhaltenden Therapie bei pt1-tumoren, zur begleitenden Strahlentherapie bei brusterhaltender Therapie und zur adjuvanten Hormontherapie erreicht. Im Vergleich zum Vorjahr wachsen dabei deutlich die Raten für Patientinnen, bei denen eine Sentinel-Lymphknoten-Biopsie oder eine adjuvante Trastuzumab-Behandlung dokumentiert sind. Vor allem in Bezug auf die begleitenden Therapien (Strahlentherapie, Chemotherapie, Hormontherapie) bestehen deutliche Unterschiede zwischen Teilgruppen der Patientinnen, die erst jüngst in das DMP eingeschrieben wurden bzw. deren Krebserstmanifestation erst in jüngerer Zeit erfolgte (niedrigere Zielerreichungsquoten) und solchen, die bereits seit längerer Zeit im DMP betreut werden bzw. die bereits länger an Brustkrebs erkrankt sind (höhere Quoten) Definition und Inzidenz des Brustkrebs Als Brustkrebs bzw. Mammakarzinom wird der bösartige Tumor der Brustdrüse bezeichnet. Brustkrebs stellt in Deutschland nach den Daten des Robert-Koch-Institutes (RKI) mit einem Anteil von 30,8 % aller Krebsneuerkrankungen die mit Abstand häufigste Krebserkrankung und mit 17,5 % auch die häufigste krebsbedingte Todesursache bei Frauen dar (RKI, 2015). Allerdings geht die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen in jüngerer Zeit zurück. Während im Jahr 2010 noch insgesamt Frauen in Deutschland neu erkrankten und für das Jahr 2014 von entsprechenden Fällen ausgegangen wurde (RKI, 2013), lag 2012 die beobachtete Zahl von Neuerkrankungen bei Fällen, und für 2016 wird jetzt von einem Rückgang auf etwa Fälle bei Frauen ausgegangen (RKI, 2015). Parallel ist ebenfalls die Zahl verstorbener Patientinnen rückläufig. So sank zwischen 2011 und 2012 die Häufigkeit von auf Fälle, und die altersstandardisierte jährliche Sterberate pro Personen von 24,6 auf 23,9 Fälle (RKI, 2015). Die Überlebenschancen haben sich vornehmlich durch Fortschritte in der Therapie und vermutlich auch infolge verstärkter Früherkennung deutlich verbessert. Das mediane Erkrankungsalter lag 2012 für Frauen bei 64 Jahren, die relative 5-Jahres-Überlebensrate bei 88 % (10 Jahre: 82 %; RKI, 2015). Wenn man eine in etwa gleiche regionale Inzidenz unterstellt, würde dies bedeuten, dass im Jahr 2015 in Nordrhein insgesamt ungefähr Frauen und unter den gesetzlich krankenversicherten 267

268 Kapitel 11: Brustkrebs etwa Frauen neu an Brustkrebs erkrankten. Bezogen auf die Behandlungshäufigkeit der Erkrankung 2014 wurden gemäß der bundesweiten Länderauswertung der Qualitätsindikatoren im stationären Bereich in Nordrhein-Westfalen Patientinnen mit führendem histologischem Befund invasives Mammakarzinom (Primärerkrankungen) oder DCIS behandelt (AQUA-Institut, 2015). Dies entspräche heruntergerechnet auf den Anteil weiblicher gesetzlich Krankenversicherter in Nordrhein einer Zahl von etwa aufgrund von Brustkrebs behandelten Patientinnen Ziele des DMP Brustkrebs Innerhalb des DMP Brustkrebs sind folgende Therapieziele vertraglich vereinbart worden: die Patientinnen sollen unter angemessener Berücksichtigung ihres Lebensumfeldes während des gesamten Behandlungsprozesses begleitet und durch gezielte, patientinnenorientierte, qualitativ gesicherte Informationen über ihre Erkrankung und Behandlungsmöglichkeiten aufgeklärt werden; die Lebensqualität der Patientinnen ist zu verbessern und die Lebenserwartung zu steigern; es wird beabsichtigt, eine nachhaltige Senkung der Anzahl der Mastektomien zu erzielen und damit den operativen Standard zu verbessern; ferner gelte es den Standard der adjuvanten Therapie zu optimieren; es sollen Hilfestellungen durch ein strukturiertes Begleitungs- und Beratungsangebot im psychosozialen Bereich gegeben werden; eine umfassende Nachsorge soll dazu dienen, Lokalrezidive und kontralaterale Tumore sowie Folgeerscheinungen der Primärtherapie frühzeitig zu erkennen und im Rahmen der ambulanten und stationären Rehabilitation die Patientinnen durch ein multidisziplinäres Team darin zu unterstützen, ihre individuell bestmögliche physische und psychische Gesundheit wiederzuerlangen bzw. aufrechtzuerhalten. Zur Erreichung dieser Ziele soll sich die Behandlung der Patienten an evidenzbasierten Leitlinien orientieren sowie eine qualitätsgesicherte und wirtschaftliche Arzneimitteltherapie erfolgen. Darüber hinaus sollen die Versorgungsebenen miteinander kooperieren und die vertraglich vereinbarten Anforderungen an die Strukturqualität eingehalten werden. Die Vollständigkeit, Qualität und Verfügbarkeit der Dokumentationen ist zu gewährleisten, und schließlich sollen sich die Patienten aktiv an dem DMP beteiligen Verschiedene Patientinnengruppen im DMP Brustkrebs 2015 wurden im DMP Brustkrebs in Nordrhein insgesamt Patientinnen betreut. Diese Patientinnen waren durchschnittlich 63,7 Jahre alt (Tabelle 11-1). Das Durchschnittsalter der Patientinnen bei Einschreibung in das DMP lag bei 61,1 12,1 Jahren. Etwa 40 % der im Jahr 2015 in dem DMP betreuten Frauen waren 60 Jahre alt oder jünger, 28 % zwischen 61 und 70 Jahre alt und 32 % 71 Jahre alt oder älter. 268

269 Kapitel 11: Brustkrebs Tabelle 11-1: Altersverteilung der Patientinnen 2015 Alter (Jahre) gesamt n % n % n % n % mittleres Alter Patientinnen , , , ,0 63,7 ± 12,2 Differenziert man die Patientinnen nach dem Zeitpunkt des histologischen Nachweises ihrer Brustkrebserkrankung, ist festzustellen, dass 43,7 % innerhalb der letzten beiden Jahre hieran erkrankt sind (Tabelle 11-2). Tabelle 11-2: Erkrankungsdauer der Patientinnen 2015 histologisch bestätigte Erstmanifestation vor Jahren < gesamt* n % n % n % n % n % Patientinnen , , , , ,0 *: 431 Patientinnen ohne Angabe der Erstmanifestation eingeschrieben Somit ist ein hoher Anteil der Patientinnen erst seit relativ kurzer Zeit von Brustkrebs betroffen und viele von ihnen werden noch nicht alle therapeutischen Optionen abgeschlossen haben. Über ein Viertel der Patientinnen (25,6 %) ist vor fünf und mehr Jahren erkrankt. Die Vorgaben zum DMP Brustkrebs sehen vor, die Patientinnen nach fünfeinhalb Jahren aus dem Programm auszuschreiben, sofern keine Lokalrezidive oder Fernmetastasen auftreten. Aus diesem Grund sind, anders als in den anderen strukturierten Behandlungsprogrammen, nur wenige Brustkrebs-Patientinnen über einen längeren Zeitraum im DMP. Bei Patientinnen ist 2015 als Jahr der Erstmanifestation dokumentiert. Betrachtet man die oben genannten mutmaßlichen Inzidenz- bzw. Behandlungszahlen, so ergibt sich hieraus eine Einschreibequote zwischen etwa 20 und 22 %. Demnach würde nur etwa jede fünfte an Brustkrebs erkrankte Frau von diesem DMP unmittelbar nach Diagnosestellung bzw. Primärtherapie vom Angebot eines strukturierten Behandlungsprogramms zum Brustkrebs erreicht Erreichen der Qualitätsziele im DMP Brustkrebs Zum 1. Juli 2013 wurden die Qualitätsziele im Vertrag DMP Brustkrebs in der Region Nordrhein modifiziert. Auch wurden anzustrebende Zielgrenzen geändert oder aufgegeben. Die Qualitätsziele im DMP Brustkrebs wurden im DMP-Vertrag in folgender Weise operationalisiert: angemessener Anteil von Patientinnen mit brusterhaltender Therapie bei pt1 angemessener Anteil von Patientinnen mit Sentinel-Lymphknoten-Biopsie hoher Anteil an Patientinnen mit Nachbestrahlung bei brusterhaltender Therapie hoher Anteil von Patientinnen, bei denen der HER2/neu Status bestimmt wird hoher Anteil an Patientinnen mit adjuvanter Trastuzumab-Therapie bei HER2/neu-positiven Tumoren und Lymphknoten-Befall 269

270 Kapitel 11: Brustkrebs hoher Anteil von Patientinnen mit adjuvanter Chemotherapie bei nodalpositivem und rezeptornegativem Tumor niedriger Anteil von Patientinnen, bei denen Lymphödeme auftreten hoher Anteil von Patientinnen mit adjuvanter endokriner Therapie bei positivem Hormon- Rezeptorstatus angemessener Anteil von Patientinnen mit einer Bisphosphonat-Therapie bei Knochenmetastasen Behandlung der Patientinnen in einem, am DMP teilnehmenden Krankenhaus Sicherstellung der korrekten Einschreibung und der Vollständigkeit sowie Qualität der Dokumentation Anders als in den überwiegend hausärztlich-internistischen DMP werden die Qualitätsziele vielfach für Subgruppen von Patientinnen und somit sehr viel spezifischer formuliert Erreichen patientinnenbezogener Qualitätsziele Von den vier quantitativ definierten Qualitätszielen werden 2015 drei erreicht. Ein sehr großer Teil der Brustkrebspatientinnen bzw. der Subgruppe der Patientinnen, für die eine Auswertung der Qualitätsziele tatsächlich vorgenommen werden kann, wird im hohen Umfang von den gesetzten Qualitätsvorgaben zu den medizinischen Interventionen erreicht. Für Patientinnen ist ein pt1-befund nachgewiesen. Eine brusterhaltende Therapie erhalten 84,9 % dieser Patientinnen, damit wird die seit dem 1. Juli 2013 auf 70 % herabgesetzte Zielgrenze deutlich übertroffen (Abbildung 11-1 und Tabelle 11-3). Gegenüber 2014 erweist sich diese Quote als konstant. brusterhaltende Therapie bei pt1 84,9 Sentinel-Lymphknoten-Biopsie 79,1 begleitende Strahlentherapie bei brusterhaltender Therapie 90,4 HER2/neu Status bestimmen 90,4 adjuvante Trastuzumab-Therapie bei HER2/neu-positiven Tumoren und Lymphknoten-Befall 49,2 adjuvante Chemotherapie 85,7 Auftreten von Lymphödemen 36,2 adjuvante endokrine Therapie 89,0 Bisphosphonat-Therapie 87, % grüne Balken: quantitative Zielvorgabe Abbildung 11-1: Erreichen der Qualitätsziele

271 brusterhaltende Therapie bei pt1 Sentinel-Lymphknoten-Biopsie begleitende Strahlentherapie bei brusterhaltender Therapie adjuvante Trastuzumab-Therapie bei HER2/neu-positiven Tumoren und Lymphknoten-Befall a Qualitätssicherungsbericht 2015 DMP Nordrhein Kapitel 11: Brustkrebs Tabelle 11-3: Erreichen der Qualitätsziele differenziert nach Patientinnengruppen 2015 Qualitätsziele Zielerreichung insgesamt HER2/neu Status bestimmen a Ziel erreicht (n) Ziel gültig (n) Zielquote erreicht 84,9 79,1 90,4 90,4 49,2 85,7 36,2 89,0 87, erreicht 84,9 76,9 91,0 89,6 46,3 85,6 37,0 89,8 86,9 in Teilgruppen eingeschrieben 2003 bis ,6 45,1 98,5 59,1 93,2 91, bis ,1 79,4 96,4 90,1 54,3 85,9 39,4 93,7 87, ,4 84,3 62,8 90,8 42,3 81,2 18,4 68,8 Erstmanifestation (Jahre) < 1 85,2 85,2 44,6 90,9 27,3 14,6 55,0 1 bis 2 83,9 83,7 93,0 90,0 55,6 78,8 29,1 92,6 85,6 3 bis 4 85,5 80,2 96,9 90,4 48,1 87,6 39,9 93,8 89,0 5 85,7 70,5 98,0 93,4 93,3 49,7 93,5 87,3 Alter (Jahre) 60 83,0 81,0 89,0 90,1 49,7 96,9 37,7 88,9 85,0 61 bis 70 88,9 82,3 91,5 88,7 56,5 88,7 35,7 89,4 92, ,4 74,7 91,2 92,3 42,2 68,9 34,8 88,8 87,6 n: Anzahl Patienten; alle Angaben in %; : Nenner in Subgruppe < 50 Patientinnen; insgesamt auch für Patientinnen ohne Angaben zur Erkrankungsdauer; a: seit Mitte 2013 dokumentierbar; b: bei nodalpositivem und hormonrezeptornegativem Tumor; c: jemals im DMP aufgetretenes Lymphödem; d: bei positiven Hormonrezeptoren; e: bei Knochenmetastasen adjuvante Chemotherapie b Auftreten von Lymphödemen c adjuvante endokrine Therapie d Bisphosphonat-Therapie e Unterschiede zwischen den verschiedenen, im DMP betreuten Patientinnengruppen sind in Bezug auf diesen Indikator nur schwach ausgeprägt. So zeigen sich leicht höhere Raten bei früher eingeschriebenen bzw. bereits längere Zeit erkrankten Patientinnen. Eine Sentinel-Lymphknoten-Biopsie ist eine operative Maßnahme zur Erfassung des Nodalstatus beim Mammakarzinom und dient der Identifikation nodal-negativer Patientinnen, die keine weitere lokale Intervention im Bereich der Lymphabflussgebiete benötigen. Sofern dieses Verfahren qualitätsgesichert vorgenommen wird, weist es eine hohe Staging-Genauigkeit und eine später erheblich reduzierte Schulter-Arm-Morbidität auf. Bei 79,1 % der Patientinnen erfolgte eine Sentinel-Lymphknoten-Biopsie. Gegenüber dem Vorjahr erhöht sich diese Rate um 2,2 Prozentpunkte. Es besteht eine deutliche Abhängigkeit dieser Rate vom Zeitpunkt der Einschreibung und der Erkrankungsdauer: 271

272 Kapitel 11: Brustkrebs so erfolgte bei 84,3 % der 2015 eingeschriebenen Patientinnen eine Sentinel-Lymphknoten-Biopsie, jedoch nur bei 45,1 % der eingeschriebenen. Die höchste Rate hierfür mit 85,2 % wird bei Patientinnen beobachtet, deren Erkrankungserstmanifestation weniger als ein Jahr zurückliegt. Zuverlässige bzw. vollständige Auskünfte über die im Anschluss an eine brusterhaltende Maßnahme durchgeführte Strahlentherapie können nur noch durch gynäkologische Vertragsärzte gegeben werden. Hiernach ist festzustellen, dass im Berichtsjahr 90,4 % der Patientinnen, die brusterhaltend therapiert wurden, eine begleitende Strahlentherapie erhielten. Die geforderte Zielgrenze von mindestens 80 % wird auch hier deutlich übertroffen, allerdings zeigt sich ein leichter Rückgang um 0,6 Prozentpunkte gegenüber Die Quote ist natürlich bei den erst 2015 eingeschriebenen Patientinnen mit 62,8 % wesentlich niedriger und steht in einem linear ansteigenden Verhältnis zur Dauer der Erkrankung: bei Patientinnen, der Erstmanifestation weniger als ein Jahr zurückliegt, beträgt die Quote nur knapp 45 %, bei Patientinnen mit fünf oder mehr Jahren seit diesem Zeitpunkt erreicht sie annähernd 100 %. Die Bestimmung des Wachstumsfaktorrezeptorstatus HER2/neu (Human epidermal growth factor receptor 2, erb-b2, c-erb2) kann erstmals auf den Erstdokumentationen festgehalten werden, die seit dem 1. Juli 2013 eingeführt worden waren. Für die Diagnostik und Behandlung ist die Bestimmung dieses Wertes bedeutsam, da er in ca. 20 % aller Brustkrebsfälle stark überexprimiert ist und in diesem Fall eine schlechtere Überlebensprognose besteht. Er wird immunhistochemisch nachgewiesen. Bei Bestätigung einer Überexpression ( HER2-positiv ) gilt die Therapie mit einem humanisierten, monoklonalen Antikörper (Trastuzumab) als indiziert. Die Bestimmung des HER/neu-Status erfolgte bei 90,4 % der seit Juli 2013 eingeschriebenen Patientinnen. Die geforderte Zielgrenze von mindestens 95 % wird bislang damit noch nicht erreicht. Im Vergleich zum Vorjahr ist hier eine leichte Zunahme um 0,8 Prozentpunkte festzustellen. Gruppenunterschiede spielen aufgrund der Kürze des hier zugrundeliegenden Beobachtungszeitraums weiterhin noch keine wesentliche Rolle. Eine kleine Gruppe von Patientinnen weist eine HER2/neu-Überexpression und einen Lymphknotenbefall auf (n = 305) und soll gemäß den 2013 neu eingeführten DMP-Vorgaben Trastuzumab erhalten. 150 (49,2 %) dieser Patientinnen werden mit Trastuzumab behandelt, und damit knapp drei Prozentpunkte mehr als noch 2014 (46,3 %). Aufgrund der geringen Fallzahl wird hier von Teilgruppenbetrachtungen weiterhin Abstand genommen. Patientinnen mit nodalpositiven und hormonrezeptornegativen Tumoren sollen nach den DMP-Vertragsvorgaben eine adjuvante Chemotherapie erhalten. Von den insgesamt 378 Patientinnen, die diese beiden Bedingungen erfüllen, ist bei 324 (85,7 %) eine adjuvante Chemotherapie dokumentiert. Diese Quote entspricht der des Vorjahres. Ähnlich wie bei der, eine brusterhaltende Therapie begleitenden Strahlentherapie ist auch hier die Quote naturgemäß bei den erst jüngst eingeschriebenen bzw. kurze Zeit erkrankten Patientinnen am geringsten (81,2 bzw. 78,8 %), während ebenfalls unter den seit fünf Jahren oder länger erkrankten Patientinnen fast alle (93,3 %) entsprechend behandelt wurden. Frauen mit hormonrezeptorpositiven (östrogenrezeptorpositiv und/oder progesteronrezeptorpositiv) Tumoren sollen, unabhängig von ihrem Menopausenstatus, eine endokrine Medikation erhalten. Nach der S3-Leitlinie zur Behandlung des Brustkrebs soll eine antiöstrogene Tamoxifengabe bei prämenopausalen Patientinnen mit hormonsensitiven Tumoren über fünf Jahre fortgesetzt werden. Dagegen wird gefordert, postmenopausalen Brustkrebspatientinnen Tamoxifen und Aromata- 272

273 Kapitel 11: Brustkrebs sehemmer jeweils aufeinander folgend, jeweils fünf Jahre lang oder jeweils zwei bis drei Jahre in einer so genannten inversen Sequenz zu verordnen. Insgesamt erhalten 89 % der Patientinnen mit hormonrezeptorpositiven Tumoren eine adjuvante Hormontherapie. Die geforderte Zielgrenze von mindestens 80 % wird damit bei weitem übertroffen, diese Quote ist 0,8 Prozentpunkte niedriger als diejenige Wie bereits im Fall der begleitenden Strahlentherapie und der adjuvanten Chemotherapie werden auch für die adjuvante endokrine Therapie die niedrigsten Quoten bei den erst jüngst eingeschriebenen bzw. erst weniger als ein Jahr erkrankten Patientinnen erreicht (68,8 bzw. 55,0 %), während unter den seit fünf Jahren oder länger erkrankten Patientinnen ein Großteil (93,5 %) entsprechend therapiert wurde. DMP-Patientinnen, bei denen bereits Knochenmetastasen aufgetreten sind, sollen Bisphosphonate verordnet bekommen, um das Auftreten (weiterer) ossärer Läsionen sowie die Progression vorhandener Metastasen zu verzögern. Auch können hiermit möglicherweise metastasenbedingte Knochenschmerzen gelindert werden. Von den 479 Patientinnen mit Knochenmetastasen erhalten insgesamt 419 (87,5 %) eine Bisphosphonat-Therapie. Gegenüber dem Vorjahr erhöhte sich der Anteil um 0,6 Prozentpunkte. Bei Patientinnen im Alter von 61 bis 70 Jahren liegt der Anteil mit 92 % am höchsten, bei Frauen bis 60 Jahren mit 85 % am niedrigsten. Als ein weiteres Qualitätsziel wird gefordert, dass bei möglichst wenigen Frauen Lymphödeme aufgetreten sein sollen. Die S3-Leitlinie empfiehlt in diesem Kontext, die konventionelle axilläre Lymphonodektomie auf Patientinnen mit klinisch bzw. sonografisch befallener Axilla zu beschränken. Hierdurch wird für einen Großteil der betroffenen Patientinnen (ca %) eine Einschränkung der Operationsradikalität in der Axilla mit deutlicher Verminderung der Kurz- und Langzeitmorbidität erwartet. Insgesamt sind 2015 bei 36,2 % der Patientinnen im DMP Lymphödeme dokumentiert. Im Vorjahr lag dieser Anteil um 0,8 Prozentpunkte höher. Bei diesem Ziel bestehen sehr ausgeprägte Unterschiede nach Einschreibezeitpunkt und Erkrankungsdauer eingeschriebene Patientinnen weisen dreimal seltener Lymphödeme auf, als Patientinnen, die eingeschrieben wurden (18,4 vs. 59,1 %) und Patientinnen mit einer Erstmanifestationszeit von unter einem Jahr annähernd viermal seltener als solche mit einer Zeit von fünf Jahren oder mehr (14,6 vs. 49,7 %). Als letztes der patientinnenbezogenen Qualitätsziele wird im DMP Brustkrebs angestrebt, neu erkrankte Patientinnen bevorzugt in den Krankenhäusern zu behandeln, die dem DMP beigetreten sind. Diese Einrichtungen erfüllen aus Sicht der Gemeinsamen Einrichtung die entsprechenden fachliche Anforderungen und haben eine Anerkennung als Brustzentrum des Landes NRW erhalten. Allerdings wird die Angabe des behandelnden Krankenhauses seitens der niedergelassenen Ärzte häufig nicht übermittelt. Insgesamt nehmen in Nordrhein 41 Krankenhäuser an dem DMP teil Vollständigkeit und Plausibilität der Dokumentation Laut Mengenbericht lagen der Datenstelle bis zum Stichtag kumulativ Dokumentationen aus dem DMP Brustkrebs vor, hierbei handelt es sich ausschließlich um fristgerecht eingereichte Dokumentationen, von denen mehrfach eingereichte bereits abgezogen worden sind. Insgesamt wurden bzw. 2,34 % als unvollständig bzw. unplausibel bewertet. Im Vorjahr lag diese Quote bei 2,55 %. Das vertraglich festgelegte Ziel (< 5 %) wird somit deutlich übertroffen. 273

274 Kapitel 11: Brustkrebs Abschnitt B, Vertiefenden Analysen 11.5 Patientinnen nach dem Schweregrad ihrer Erkrankung bei Einschreibung Die Erstdokumentationen zum DMP Brustkrebs geben Aufschluss über das postoperative Staging der entfernten Tumoren entsprechend des pathologisch-anatomischen bzw. histopathologischen Befundes. Hierbei wird der entfernte Primärtumor nach international standardisierten Schemata hinsichtlich seiner räumlichen Ausdehnung beschrieben. Wie häufig sind die Patientinnen von prognostisch positiv einzuschätzenden Tumoren betroffen? Wie häufig liegt bei den Patientinnen ein Lymphknotenbefall vor? Wie häufig sind bei ihnen bereits Fernmetastasen entdeckt worden? 52,8 % der Patientinnen wiesen einen T1- und 29,5 % einen T2-Befund auf, bei insgesamt 10,4 % wurde ein DCIS dokumentiert. Bei fast zwei Drittel der Patientinnen (66,3 %) fand sich kein Hinweis auf einen Befall der Lymphknoten und bei lediglich 2,4 % der Patientinnen wurden Metastasen nachgewiesen. In der Senologie werden bestimmte Patientinnenmerkmale als prognostische bzw. prädiktive Faktoren bezeichnet. Prognosefaktoren beschreiben Befunde, die z. B. bei Erstdiagnose vorliegen und nach bisheriger Erfahrung mit dem krankheitsfreien oder dem Gesamtüberleben korrelieren. Sie hängen mit dem möglichen Auftreten eines Krankheitsrezidivs zusammen. Unter dem Begriff der prädiktiven Faktoren werden Merkmale beschrieben, die das erwartete Ansprechen auf eine bestimmte Therapieoption kennzeichnen. Zu den typischen Prognosefaktoren (vgl. Arbeitsgemeinschaft gynäkologische Onkologie, 2014, Prognostische und prädiktive Faktoren, Prognosefaktoren I, zählen u. a.: die Tumorgröße der Lymphknotenstatus das Vorliegen von Fernmetastasen der histologische Typ (kolloid, muzinös, tubulär etc.) das Ergebnis der histologischen Differenzierung (Tubulusausbildung, Kernpolymorphie und Mitoserate) nach Grading (Elston & Ellis) das Alter der Patientinnen Hinweise auf Einbruch des Tumors in Lymph- und/oder Blutgefäße das Ergebnis der morphologischen Typisierung pcr nach neoadjuvanter Chemotherapie bei (HR+/G3, HER2+, TN) der Body-Mass-Index die Ergebnisse unterschiedlichster Genexpressionsanalysen Nicht alle diese Prognosefaktoren werden auf dem DMP-Befundbogen nachgehalten. Bei einem Teil der Patientinnen erfolgen noch vor der operativen Therapie Hormon- und vor allem Chemotherapien (sog. neoadjuvante Chemotherapie), um aufgrund der hierdurch angestrebten Reduktion des Tumorvolumens schonendere chirurgische Interventionen vornehmen zu können. Neoadjuvant vorgenommene Therapien sind auf den DMP-Bögen nicht angemessen protokollierbar, so dass sich nicht ausschließen lässt, dass zumindest ein gewisser Anteil von Patientinnen hinsichtlich ihrer Tumorsituation 274

275 Kapitel 11: Brustkrebs nicht nach der postoperativen Klassifikation, sondern nach aktuellen klinischen Gesichtspunkten beschrieben wird. Neben der Tumorgröße kommt der Bestimmung hinsichtlich eines Lymphknotenbefalls ein besonderer Stellenwert zu, da der Nodalstatus neben anderen Aspekten als ein wichtiger prognostischer Faktor bzw. Parameter zur Abschätzung der Rezidivgefährdung betrachtet wird. Dieser Bedeutung folgend prägt die Beurteilung des Nodalstatus auch die Entscheidung zur Auswahl einer adjuvanten Systemtherapie mit. In früheren Jahren wurden vielfach großzügige Lymphknotenentfernungen vorgenommen, die häufig mit chronischen Komplikationen wie Lymphödembildungen, Bewegungseinschränkungen und Dysästhesien sowie Schmerzsyndromen einhergehen und die Lebensqualität der Patientinnen teilweise deutlich zusätzlich beeinträchtigen. Zunehmend hat sich in der Brustkrebsbehandlung jedoch die Sentinel-Lymphknotenbestimmung durchgesetzt, welche im nachfolgenden Abschnitt näher erörtert wird. Nach den im Jahr 2009 und 2011 modifizierten Therapieempfehlungen der Konsensuskonferenz von St. Gallen bestimmen die endokrine Sensitivität und das Ergebnis der molekularen subtypischen Differenzierung (ER, PgR, HER2 und Ki-67) neben weiteren Faktoren die Indikation zur adjuvanten Chemotherapie. Seit dem 1. Juli 2013 ist gemäß Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschuss die Angabe zum Membranrezeptor-(HER2/neu-)Status in den Erstdokumentationen vorgesehen. Die entweder durch eine Immunhistochemie oder Molekulargenetik nachgewiesene Überexpression von HER2/neu dient der Frage, ob eine Behandlung mit Trastuzumab oder bei Versagen dieses Wirkstoffes Lapatinib (ein Thyrosinkinaseinhibitor) in Frage kommen kann. Nach der S3-Leitlinie soll die Suche nach Fernmetastasen auf Frauen beschränkt werden, die von fortgeschrittenen Tumoren betroffen sind (Tumor größer als fünf cm in größter Ausdehnung oder mehr als zehn ipsilaterale Lymphknoten mit Metastasenbildung oder in zum Primärtumor distanteren anatomischen Regionen). Die Untersuchung auf das eventuelle Vorliegen von Fernmetastasen erfordert eine aufwändige bildgebende Diagnostik und histopathologische Identifikation suspekter Läsionen. In frühen Tumorstadien (T1/2, N0) empfiehlt die S3-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms die gezielte Suche nach Fernmetastasen wegen der geringen Inzidenz, der ungenügenden Spezifität der verfügbaren diagnostischen Methoden und der damit verbundenen psychischen Belastung der betroffenen Patientinnen nicht mehr. Am häufigsten ist das Knochensystem von Brustkrebsmetastasen betroffen. Etwa 20 % der an Brustkrebs erkrankten Frauen entwickeln im Verlauf ihrer Erkrankung Metastasen. Im folgenden Abschnitt wird der Schweregrad der Brustkrebserkrankung nach verschiedenen Kriterien näher beschrieben. Eine der zentralen Beurteilungsdimensionen des Schweregrads stellt die Tumorausdehnung dar (vgl. Tabelle 11-4), die in der Erstdokumentation festgehalten werden muss. Vor dem Hintergrund dieser Aufstellung ist darauf hinzuweisen, dass Patientinnen mit einem lobulären Carcinoma in situ nicht in das DMP eingeschrieben werden können. Vorauszuschicken ist, dass die eindeutige Differenzierung der Angaben zur Tumorgröße in eine prä(klinische) und postoperative Beurteilung innerhalb der DMP-Dokumentation lange nicht möglich war, so dass die folgenden Angaben zur Tumorausdehnung unter einem gewissen Vorbehalt stehen. 275

276 Kapitel 11: Brustkrebs Tabelle 11-4: Darstellung der T-Klassifikation Tumorgröße Erläuterung T0 kein Anhalt für einen Primärtumor TX Primärtumor kann nicht beurteilt werden Tis (DCIS) Duktales Carcinoma in situ Tis (LCIS) Lobuläres Carcinoma in situ Tis (Paget) M. Paget der Mamille ohne nachweisbaren Tumor T1 Tumor mit maximal 2 cm Durchmesser T1mic Mikroinvasion mit 0,1 cm oder weniger im größten Durchmesser T1a größer als 0,1 cm bis maximal 0,5 cm im größten Durchmesser T1b größer als 0,5 cm bis maximal 1,0 cm im größten Durchmesser T1c größer als 1,0 cm bis maximal 2,0 cm im größten Durchmesser T2 Tumor größer als 2 cm bis maximal 5 cm im größten Durchmesser T3 Tumor größer als 5 cm im größten Durchmesser T4 Tumor jeder Größe mit Befall der Thoraxwand oder der Haut T4a Befall der Thoraxwand T4b Ödem, Ulzeration der Haut oder Satellitenknoten der Haut T4c Vorliegen von T4a und T4b T4d Inflammatorisches Karzinom Quelle: S3-Leitlinie für die Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms, 2012, S. 347 Tabelle 11-5: Befundstatus bei Einschreibung Einschreibung gesamt n % n % n % n % Tumorgröße T , , , ,8 T , , , ,5 T3 29 4, , , ,7 T4 24 3, ,5 72 3, ,7 Tis 55 8, , , ,4 TX 2 0,3 99 1,0 17 0, ,9 Lymphknoten N , , , ,3 N , , , ,5 N2 43 7, , , ,5 N3 30 4, ,0 70 3, ,1 NX 35 5, , , ,5 Fortsetzung siehe folgende Seite 276

277 Kapitel 11: Brustkrebs Tabelle 11-5: Befundstatus bei Einschreibung (Fortsetzung) Metastasen Einschreibung gesamt n % n % n % n % nein , , , ,7 ja 40 6, ,0 65 2, ,4 unbekannt 57 9, , , ,0 Grading , , , , , , , , , , , ,1 unbekannt 26 4, ,1 65 2, ,1 Resektionsstatus R , , , ,5 R1 24 3, ,7 68 3, ,8 R2 3 0,5 10 0,1 9 0,4 22 0,2 unbekannt 33 5, ,2 90 4, ,5 Rezeptorstatus positiv , , , ,7 negativ , , , ,9 unbekannt 28 4, , , ,3 HER2/neu a positiv , , ,0 negativ , , ,6 unbekannt , , ,4 Basis: Patientinnen, die 2015 im DMP betreut werden; nur Fälle mit validen Angaben; a: seit Mitte 2013 dokumentierbar Auch ist davon auszugehen, dass die hier zugrundeliegenden Tumorgrößenangaben auch Frauen beschreiben, bei denen Rezidive oder Zweittumoren aufgetreten sind. Von ihrem Befundstatus her betrachtet wiesen 52,8 % der Patientinnen einen T1- und 29,5 % einen T2-Befund auf (Tabelle 11-5). Patientinnen, die eingeschrieben und im Jahr 2015 immer noch im DMP betreut wurden, wiesen zu einem niedrigeren Anteil einen T1-Befund auf als die im Jahr 2015 eingeschriebenen Patientinnen (47,1 vs. 52,5 %). In der erstgenannten Gruppe dürfte auch ein höherer Anteil von Patientinnen sein, bei denen zwischenzeitlich Rezidive oder Metastasen aufgetreten sind, welche zum Verbleib in dem Programm über den auf 5,5 Jahre nach Erstmanifestation befristeten Zeitraum hinaus berechtigen. Bei insgesamt 10,3 % der Patientinnen, die 2015 eingeschrieben wurden, liegt ein Carcinoma in situ- Befund (DCIS) vor. Dieser Anteil ist unter den in den Jahren in das DMP eingetretenen Frauen geringer (8,8 %). Möglicherweise ist dies auch auf die Einführung des Mammographie- Screenings in Deutschland zurückzuführen, das zu einer Zunahme der Entdeckung kleinerer Tumore geführt hat. 277

278 Kapitel 11: Brustkrebs Bei etwa zwei Drittel der Patientinnen (66,3 %) liegt kein Hinweis auf einen Lymphknotenbefall vor. In der Gruppe der im Jahr 2015 eingeschriebenen Frauen betrug dieser Anteil ebenfalls 66,3 %. Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass bei 5,5 % der Patientinnen (2015 eingeschrieben: 5,2 %) keine definitive Aussage zum Nodalstatus in der Erstdokumentation gemacht werden konnte. 2,4 % aller im DMP Brustkrebs 2015 betreuten Frauen wiesen zum Zeitpunkt der Einschreibung Metastasen auf. Frauen, die aus den Einschreibekohorten stammen, sind erwartungsgemäß zu einem höheren Anteil (6,3 %) hiervon betroffen gewesen. Berücksichtigt man nur die vollständigen Angaben zum Rezeptorstatus, ist festzustellen, dass bei 82,7 % der 2015 im DMP betreuten Patientinnen die Tumoren als hormonrezeptorpositiv beschrieben wurden. Einen tumorfreien Resektionsrand konnte man bei 93,5 % der eingeschriebenen Frauen feststellen. 26,1 % der Patientinnen war von Tumorzellen der Differenzierungsklasse Grading 3 betroffen. Bei 18 % der seit der zweiten Jahreshälfte 2013 eingeschriebenen Patientinnen wurde ein positiver Her2/neu-Status dokumentiert, bei 11,4 % ist der Status unbekannt Behandlungsmaßnahmen Nach der Diagnosestellung erfolgt in der Regel die operative Entfernung des Tumors als Primärtherapie, wobei in 70 bis 80 % der frühzeitig diagnostizierten Fälle brusterhaltend operiert werden kann. Hieraus ableitend wird nachfolgend gefragt, wie häufig die im DMP Brustkrebs betreuten Frauen brusterhaltend operiert werden konnten? Wie hoch ist der entsprechende Anteil bei Frauen mit pt1-tumoren? In welchem Ausmaß sind im DMP Strahlen-, Chemo- sowie Hormontherapien dokumentiert? Insgesamt wurden 70,0 % der Patientinnen brusterhaltend therapiert (84,9 % bei pt1), eine Mastektomie wurde bei 22,8 % durchgeführt. Eine Strahlentherapie erfolgte in 90,4 % der Fälle, eine Chemotherapie in 85,7 % und eine endokrine Therapie in 89,0 % Operative Verfahren Die brusterhaltende Operation sollte auch gemäß der DMP Richtlinie unter Berücksichtigung der Kontraindikationen die bevorzugte Operationsmethode sein. Bei inflammatorischen oder multizentrischen Tumoren ist hingegen eine brusterhaltende Therapie nicht möglich, so dass die betroffene Brust operativ entfernt wird (Mastektomie). In der DMP-Richtlinie wird weiter ausgeführt, dass die Tumorgröße, bis zu der eine brusterhaltende Operation durchgeführt werden sollte, nicht genau festzulegen ist. Neben der Tumorgröße sind bei der Entscheidung, ob eine brusterhaltende Therapie in Frage kommt, insbesondere die Tumorausdehnung, die Relation der Tumorgröße zum Restbrustvolumen und der Wunsch der Patientin nach entsprechender Aufklärung zu berücksichtigen. Insgesamt ist bei 70,0 % der Patientinnen eine brusterhaltende Therapie dokumentiert, bei 22,8 % erfolgte eine Mastektomie (Tabelle 11-6). Weiter oben wurde bereits ausgeführt, dass eine brusterhaltende Therapie bei 84,9 % der Patientinnen im Tumorstadium pt1 erfolgt ist (vgl. Tabelle 11-3). 278

279 Kapitel 11: Brustkrebs Tabelle 11-5: chirurgische Maßnahmen entsprechend der Angaben bei Einschreibung Einschreibung gesamt chirurgische Therapie n % n % n % n % brusterhaltende Therapie , , , ,0 Mastektomie , , , ,8 Sentinel-Lymphknoten- Biopsie a , , , ,2 axilläre Lymphonodektomie , , , ,8 anderes Vorgehen 19 2, ,8 84 3, ,9 kein operatives Vorgehen 17 2, , , ,9 Basis: nur Fälle mit validen Angaben; anders als bei den Qualitätszielsalgorithmen bezogen auf das gesamte Patientenkollektiv; Mehrfachangabe möglich; a: seit Mitte 2008 dokumentierbar Hinsichtlich der Ergebnisse zum Anteil von brusterhaltenden Operationen bei Frauen mit pt1-befund ist zu erwähnen, dass bei einem Teil dieser Frauen im weiteren Verlauf der Erkrankung eine Nachresektion notwendig wird. Aus den DMP-Dokumentationen geht weder eindeutig hervor, ob es sich bei der chirurgischen Therapie um einen Ersteingriff handelt, noch ist bei den vor dem Jahr 2006 eingeschriebenen Frauen eindeutig zu erkennen, ob es sich bei einem pt1-befund um den Zustand nach einer neoadjuvanten Therapie handelt. Auch weitere medizinische Gesichtspunkte können neben dem Willen der Patientin selbst für oder gegen die Entscheidung hinsichtlich einer brusterhaltenden Intervention maßgeblich sein. Vor diesem Hintergrund liegt der hohe Anteil von 84,9 % der Patientinnen mit brusterhaltender Therapie zwar deutlich über dem gesetzten Qualitätsziel, ist jedoch im Hinblick auf die hier genannten Umstände mit Vorsicht zu interpretieren. Wie eine Veröffentlichung aus Hessen (Jakisch, 2014) dargelegt hat, war der entsprechende Anteil brusterhaltender Interventionen in den stationären Einrichtungen, die über eine DMP- Zulassung verfügten, stets höher als in anderen Krankenhäusern, in denen Brustkrebspatientinnen operiert wurden. Ob diese Unterschiede weiterhin bestehen und auf Nordrhein übertragen werden können, ist derzeit noch offen. Die Bestimmung des histologischen Nodalstatus (pn-status) ist Bestandteil der operativen Therapie des invasiven Mammakarzinoms. Diese soll entsprechend der S3-Leitlinie für die Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms bevorzugt auf dem Wege der Sentinel-Lymphknotenentfernung erfolgen. Ein Verzicht auf jegliche axilläre Intervention kann in Ausnahmesituationen, wie z. B. bei fortgeschrittenem Alter der Patientin oder beim Zustand einer Multimorbidität, erwogen werden. Ein axilläres Staging ist bei Patientinnen, die von Fernmetastasen betroffen sind, nicht indiziert. Eine Sentinel-Lymphknoten-Biopsie (SLNB) ist eine verbreitete operative Maßnahme für die Erfassung des Nodalstatus beim Mammakarzinom und dient der Identifikation nodal-negativer Patientinnen, die keine weitere lokale Therapie im Bereich der Lymphabflussgebiete benötigen. Unter der Voraussetzung einer standardisierten und qualitätsgesicherten Durchführung der SLNB weist dieses operative Verfahren laut der S3-Leitlinie eine hohe Staging-Genauigkeit und eine später erheblich 279

280 Kapitel 11: Brustkrebs reduzierte Schulter-Arm-Morbidität auf. Die SLNB geht mit einer sicheren lokalen Kontrolle (axilläre Rezidive < 1 %) einher und ist bei allen Patientinnen indiziert, die einen klinisch negativen Lymphknotenstatus aufweisen und für die ein axilläres Staging erforderlich ist. Bei klinischem Verdacht auf fortgeschrittene Lymphknotenbeteiligung und tumordurchsetzte Lymphknoten ist das Verfahren hingegen nicht indiziert. SLNB können seit Mitte 2008 dokumentiert werden und sind bei insgesamt 62,2 % der Patientinnen im DMP festgehalten. Axilläre Lymphonodektomien erfolgten bei 25,8 % der Patientinnen Strahlentherapien Eine postoperative perkutane Hochvoltbestrahlungsbehandlung führt nach der S3-Leitlinie zur Verbesserung der lokalen Tumorkontrolle und des Gesamtüberlebens. Abhängig vom Tumorstadium zum Zeitpunkt der Diagnosestellung wird durch eine Bestrahlungsbehandlung die Rate lokaler bzw. lokoregionaler Rückfälle gesenkt. Nach der S3-Leitlinie verringert sie bei pn0-patientinnen über einen Zeitraum von 15 Jahren die loko-regionäre Rückfallrate ( any recurrence ) von 28,3 % auf 10,4 % und bei pn+ von 39,9 % auf 10,9 % sowie über einen Zeitraum von zehn Jahren die Rate aller Rückfälle (lokoregionäre und distante Läsionen) bei pn0 von 31 % auf 15,6 % und bei pn+ von 63,7 % auf 42,5 %. Nach einer Metaanalyse bewirkt beispielsweise die perkutane Radiotherapie eine Reduktion der erkrankungsspezifischen Mortalität bei pn0-patientinnen um absolut 3,3 %. Diese Effekte sind für alle Altersgruppen nachgewiesen, jedoch verringert sich der individuelle Vorteil bei älteren Patientinnen. In den tragenden Gründen zur entsprechenden G-BA-Richtlinie wird ausgeführt, dass die Dosis der perkutanen Strahlentherapie ca. 50 Gy in konventioneller Fraktionierung betragen soll. Eine lokale Dosisaufsättigung (Boost-Bestrahlung) des Tumorbettes senkt die lokale Rezidivrate in der Brust in allen Altersgruppen, offenbar ohne einen Überlebensvorteil zu bewirken. Eine Boost-Bestrahlung sei in der Regel indiziert, allerdings sei bei postmenopausalen Patientinnen mit sehr niedrigem Lokalrezidivrisiko der absolute Vorteil der Boost-Bestrahlung eher gering. Aus den DMP-Dokumentationen ist zu entnehmen, dass 90,4 % der im Jahr 2015 betreuten Patientinnen mit brusterhaltender Therapie eine solche Nachbestrahlung erhalten haben (vgl. Tabelle 11-3). Bei der Auswertung der Dokumentationen stellt sich das Problem, dass reguläre Abschluss einer Strahlentherapie erst mit den zur Jahresmitte 2006 neu eingeführten Dokumentationen möglich war. In den längsschnittlichen Auswertungen zeigte sich, dass die Gynäkologen den, bei jeder Folgedokumentation erneut erfragten Status regulärer Abschluss begleitender Therapien gelegentlich missverstehen und inkonsistent beschreiben. Daher wurde in der vorliegenden Auswertung immer dann eine vollständig vorgenommene Strahlentherapie unterstellt, wenn ärztlicherseits mindestens einmal festgehalten war, dass ein regulärer Abschluss dieser Maßnahme vorliegt Chemotherapien Durch die systemische Begleittherapie mit Antrazyklinen / Taxanen, die medikamentöse Ausschaltung der Ovarialfunktion, Tamoxifen, Aromatasehemmer oder Trastuzumab lassen sich die Rezidivra- 280

281 Kapitel 11: Brustkrebs te und die Mortalität reduzieren, wenngleich gemäß der S3-Leitlinie das absolute Ausmaß der Risikoreduktion vom Risiko der Erkrankung abhängt. So ist aus den Ergebnissen der Metaanalysen der Early Breast Cancer Trialists Collaborative Group zu schließen, dass die kumulative 15-Jahres-Mortalitätsrate durch die adjuvante endokrine Therapie (Tamoxifen) oder Chemotherapie mit Anthrazyklinen um jeweils 30 % gesenkt werden kann (EBCTCG, 2005). In einer Cochrane-Analyse auf der Basis von acht randomisiert-kontrollierten Studien mit fast Patientinnen ergab sich, dass Trastuzumab sowohl das Gesamtüberleben (Hazard Ratio 0,66; 95 %-CI 0,57 0,77) verbessert, als auch das Intervall eines krankheitsfreien Rezidivs verlängert. Allerdings erhöhte sich hierbei auch das Risiko für eine kongestive Herzinsuffizienz und für eine Abnahme der linksventrikulären Ejektionsfraktion (Moja et al., 2012). Laut der Begründung zum Beschluss der G-BA-Richtlinie zum DMP Brustkrebs ist die Wirksamkeit einer Monotherapie mit Trastuzumab nach einer Vorbehandlung mit Anthrazyklinen oder Taxanen bei ca. 15 % Ansprechraten in der second- und third-line-therapie mit gewissen Einschränkungen belegt. Bessere Überlebenszeiten und Ansprechraten finden sich gemäß G-BA in der Therapiekombination von Trastuzumab mit Taxanen. Bei metastasierten hormonrezeptorpositiven Tumoren und gleichzeitiger Überexpression von HER2/neu ist eine Kombinationstherapie aus einem hochselektiven Aromatasehemmer mit Trastuzumab möglich. Nach der Richtlinie des G-BA sollten bei der Entscheidung über die Notwendigkeit und Art einer adjuvanten Therapie neben dem Alter der Patientinnen die Tumorgröße, der Lymphknotenstatus, das Ergebnis des Grading, der Hormonrezeptorstatus, der HER2/neu-Status, der Menopausenstatus sowie weitere Erkrankungen als wichtigste Faktoren zur Risikoeinstufung berücksichtigt werden. Die systemische adjuvante Therapie umfasst grundsätzlich die endokrine Therapie, die Chemo- und Antikörpertherapie. Entsprechend der derzeitigen Risikoeinstufung gehören zur Gruppe der Patientinnen mit niedrigem Risiko, unabhängig vom Menopausenstatus, nur solche Patientinnen, die folgende Bedingungen zugleich erfüllen: Patientinnen, die 35 Jahre oder älter sind Tumordurchmesser 2 cm, Grading I, positiver Östrogen- und/oder Progesteronrezeptor, negativer HER2/neu-Status, negativer Lymphknotenstatus Alle anderen von Brustkrebs betroffenen Frauen sollen als Patientinnen mit erhöhtem Risiko betrachtet werden. Bei Patientinnen mit erhöhtem Risiko und hormonrezeptornegativem Befund sollte nach der G-BA- Richtlinie eine Chemotherapie in Betracht gezogen werden, die dann in ausreichend hoher Dosierung und ausreichend lange erfolgen muss. Da erst mit Einführung der neuen DMP-Dokumentationen zur Jahresmitte 2013 Trastuzumab-Verordnungen dargelegt werden können, sind die hier berücksichtigten Fallzahlen zur Qualitätszielbestimmung noch recht begrenzt. Im Jahr 2015 wurden lediglich 150 von 305 eingeschriebenen Patien- 281

282 Kapitel 11: Brustkrebs tinnen mit HER2/neu-positiven Tumoren und Lymphknotenbefall mit Trastuzumab versorgt (vgl. Tabelle 11-3). Auch die Anzahl der im Jahr 2015 betreuten Frauen mit einer begleitenden Chemotherapie bei nodalpositivem und hormonrezeptornegativem Tumor ist sehr begrenzt auf 324 von 378 Patientinnen, so dass die hier festzustellende hohe Zielerreichungsquote mit einem gewissen Vorbehalt versehen werden muss Endokrine Therapien Eine adjuvante endokrine Therapie ist bei Patientinnen mit hormonrezeptorpositiven Tumoren, also östrogenrezeptorpositiven und/oder progesteronrezeptorpositiven Karzinomen, unabhängig vom Menopausenstatus indiziert. Üblicherweise werden alle Patientinnen mit hormonrezeptorpositiven Tumoren über fünf Jahre mit Antiöstrogenen (Tamoxifen) und/oder mit einem Aromatasehemmer behandelt. Die antiöstrogene Tamoxifengabe als endokrine Therapie soll nach der S3-Leitlinie bei prämenopausalen Patientinnen mit hormonsensitiven Tumoren über fünf Jahre fortgesetzt werden. Postmenopausale Brustkrebspatientinnen sollten Tamoxifen und Aromatasehemmer aufeinander folgend, jeweils fünf Jahre oder jeweils zwei bis drei Jahre mit so genannter inverser Sequenz, verordnet werden. Sofern die Tumoren hormonrezeptorpositive Eigenschaften aufweisen, kommen bei prämenopausalen Patientinnen eine zeitlich begrenzte medikamentöse Ovarsuppression, eine Ovarektomie oder andere, auf die Hormonregulation zielende Medikamente in Frage, um den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. Zu den Begründungen für die Richtlinienvorgabe des G-BA wird in den erläuternden Kommentaren ausgeführt, dass bei prämenopausalen Patientinnen jedwede Ausschaltung der Ovarialfunktion eine wirksame adjuvante Behandlung bei hormonrezeptorpositiven Mammakarzinomen darstellt. Ein positiver Effekt der adjuvanten Tamoxifen-Therapie besteht für Patientinnen jeden Alters und unabhängig von Nodal- bzw. Menopausenstatus oder Einsatz einer vorausgegangenen adjuvanten Chemotherapie. Bei postmenopausalen Patientinnen mit hormonrezeptorpositiven Mammakarzinomen sollte demnach eine endokrine Therapie erfolgen, die eine Behandlung mit einem hochselektiven Aromataseinhibitor einschließt. In der S3-Leitline werden folgende Therapieschemata empfohlen: Therapie mit einem hochselektiven Aromatasehemmer über fünf Jahre Therapie mit Tamoxifen über zwei bis drei Jahre, gefolgt von einer Therapie mit einem hochselektiven Aromatasehemmer über zwei bis drei Jahre bei einer Gesamttherapiedauer von 5 Jahren Therapie mit Tamoxifen über fünf Jahre, gefolgt von einer Therapie mit einem hochselektiven Aromatasehemmer Ergänzend weist der G-BA in den erläuternden Kommentaren seiner Richtlinien darauf hin, dass nach den Auswertungen der BIG 1-98-Studie die sequentielle Therapie mit Letrozol nach einer langjährigen Phase der Tamoxifengabe zu ähnlichen Wirksamkeitsergebnissen im Hinblick auf krankheitsfreies Überleben und Gesamtüberleben führt, wie die fünfjährige Letrozoltherapie (BIG 1-98 Collaborative Group, Mouridsen et al., 2009). 282

283 Kapitel 11: Brustkrebs Sollten die Indikationsstellungen für die geeigneten therapeutischen Schemata mit dem Dokumentationsbogen umfassend und differenziert genug abgebildet werden, ließe sich auch in diesem Fall bilanzieren, dass die endokrinen Therapiestrategien den Leitlinienempfehlungen weitgehend entsprechen war bei 89,0 % der Patientinnen eine adjuvante endokrine Therapie vermerkt (vgl. Tabelle 11-3) Bisphosphonat-Therapie Bisphosphonate sind neben dem vollhumanen monoklonalen Antikörper Denosumab derzeit die einzigen Therapeutika zur Behandlung von Knochenmetastasen. Ursprünglich zur Behandlung der Osteoporose entwickelt, wirken sie durch eine enge Verbindung mit dem Knochengewebe knochenstabilisierend und reduzieren die durch die Metastasen verursachten Schmerzen. Sie gelten als gut verträglich und können zusammen mit einer Hormon- oder Chemotherapie verabreicht werden (Buijs et al., 2010). Von den 479 Patientinnen, bei denen im Verlauf ihrer Erkrankung Knochenmetastasen aufgetreten sind, erhalten 419 Bisphosphonat-Verordnungen (vgl. Tabelle 11-3). 283

284 Kapitel 12: Mehrfach betreute Patienten 12 In mehreren DMP betreute Patienten Durch die Darstellung zu den Begleiterkrankungen ist bekannt, dass ein hoher Teil der in den DMP betreuten Patienten als multimorbid anzusehen ist. Hieraus ergeben sich konsequenterweise die beiden Fragen, in welchem Ausmaß Patienten in der Region Nordrhein parallel auch in mehreren DMP betreut werden und welche besonderen Merkmale solche Patienten aufweisen. Es zeigt sich, dass vor allem zwischen den beiden DMP Diabetes mellitus Typ 2 (D2) und Koronare Herzkrankheit (KHK) eine große Schnittmenge bei der Betreuung von Patienten existiert. 19,5 % der Patienten des DMP D2, dies sind , werden 2015 auch im DMP KHK betreut. Dies entspricht wiederum 42,3 % aller Patienten des DMP KHK. Weitere große Überschneidungen ergeben sich mit Patienten im DMP COPD, Patienten werden sogar in allen drei DMP betreut. Patienten, die in zwei oder drei der genannten DMP betreut werden, sind deutlich älter und weisen die höchsten Raten diabetischer Folgekomplikationen sowie kardio-vaskulärer Begleiterkrankungen auf. In diesen Patientengruppen werden auch die höchsten Verordnungsraten für Insulin, ACE-Hemmer oder Sartane, Diuretika sowie Statine beobachtet. Patienten, die in beiden DMP D2 und KHK oder in allen drei genannten DMP betreut werden, haben gegenüber nur im DMP D2 betreuten Patienten ein sieben- bis annähernd achtfach erhöhtes Risiko für einen neu auftretenden, nicht tödlichen Herzinfarkt. Wie aus den Darstellungen in den indikationsspezifischen Kapiteln des vorliegenden Berichts bereits deutlich wurde, handelt es sich bei der Gruppe der in den DMP betreuten Patienten meist um multimorbide Patienten. Vor allem die Patienten in den DMP Diabetes mellitus Typ 2, Koronare Herzkrankheit und COPD weisen eine Vielzahl von Begleiterkrankungen auf. Diese Problematik schlägt sich auch nieder in dem Umstand, dass eine große Menge der Patienten zeitgleich in mehreren DMP betreut wird. Hier soll erstmals der Versuch unternommen werden, besondere Merkmale, Befunde, die spezifische Komorbidität sowie die medikamentöse Therapie dieser Patienten genauer zu beschreiben. Der Hintergrund, vor dem die nachfolgenden Ergebnisse zu betrachten sind, liegt in der wachsenden Bedeutung des Themas Multimorbidität innerhalb der Versorgungsforschung. Angesichts einer zunehmend älter werdenden Bevölkerung ist vielfach deutlich geworden, dass eine allein auf einzelne Erkrankung konzentrierte Versorgung zukünftig immer seltener der vorliegenden Problematik gerecht wird. Exemplarisch hierfür stellten zum Beispiel Barnett et al. (2012) fest, dass insbesondere im höheren Alter ein Großteil der hausärztlich versorgten Patienten multimorbid ist. Auf einer Datenbasis von 1,8 Millionen schottischen Patienten aus 314 Praxen fanden sie bei 42,2 % mindestens eine Erkrankung und bei 23,2 % mindestens zwei Erkrankungen. Darüber hinaus bestanden hier starke Korrelationen zwischen hoher sozialer Deprivation und Multimorbidität, ebenso wie zwischen der mentalen Gesundheit und der Multimorbidität, wobei Patienten mit psychischen Problemen häufig auch mehrere körperliche Erkrankungen aufwiesen. Passend hierzu wiesen Coventry et al. (2015) nach, dass die Integration einer psychologischen Betreuung in die Versorgung chronisch Kranker deren Erkrankungsselbstmanagement deutlich verbessern kann. 284

285 Kapitel 12: Mehrfach betreute Patienten Auf der anderen Seite ist zu konstatieren, dass trotz der immensen Bedeutung der Thematik systematische Studien zur Wirksamkeit von Interventionen, die spezifisch das Feld der Multimorbidität adressieren, bislang sehr rar sind. Smith et al. (2012) berichteten bspw. von dem Scheitern des Versuchs einer entsprechenden Meta-Analyse, aufgrund einer sehr hohen Heterogenität bei den, in die Studien eingeschlossenen Patienten und den dort durchgeführten Interventionen. Abgesehen davon gelang es den Autoren ohnehin nur, eine vergleichsweise kleine Anzahl von Arbeiten zu identifizieren. Hierzulande spielt das Thema Multimorbidität in jüngerer Zeit vor allem im Kontext der Diskussion um die Polypharmazie eine Rolle. Multimorbidität wird dabei als zentrale Ursache einer zeitgleichen Behandlung mit einer größeren Anzahl pharmazeutischer Wirkstoffe angesehen. Unter Verweis auf diesbezügliche Defizite in den klassischen, Einzelerkrankungs-orientierten Behandlungsleitlinien wurde deshalb 2013 von der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin eine eigene hausärztliche Leitlinie zur Multimedikation bei Erwachsenen und geriatrischen Patienten veröffentlicht (Bergert et al., 2014; vgl. Jäger et al., 2014). Sowohl in der bisherigen vertraglichen Konzeption der DMP wie auch in den bisher zu den Programmen veröffentlichten Evaluationsstudien spielt dagegen die Multimorbidität nur eine untergeordnete Rolle. Die nachfolgenden Darstellungen stellen einen Versuch dar, auch innerhalb der Qualitätssicherung der DMP ein Bewusstsein für die Bedeutung dieser Thematik zu schaffen. Die Zahlen betroffener Patienten vermitteln ein erstes Gefühl für die Dimension, um die es hierbei geht. Ohne die Berücksichtigung einer Betreuung in mehr als zwei Programmen werden 2015 fast ein Fünftel aller Patienten, die im DMP Diabetes mellitus Typ 2 betreut werden, auch in dem DMP Koronare Herzkrankheit betreut ( bzw. 19,5 %). Umgekehrt heißt dies, dass 42,3 % aller Patienten des DMP KHK auch in dem DMP Diabetes mellitus Typ 2 behandelt werden. Der Anteil von Patienten, die im DMP Diabetes mellitus Typ 2 und im DMP COPD behandelt werden (37.057), liegt in Bezug auf das Diabetes-Programm bei 7 % und in Bezug auf das COPD-Programm bei 31,3 % , das heißt 11,4 % aller KHK-Patienten werden auch in dem COPD-Programm betreut, dies entspricht wiederum 23,5 % der innerhalb des DMP COPD betreuten Patienten. Schließlich werden Patienten in allen drei DMP Diabetes mellitus Typ 2, Koronare Herzkrankheit und COPD betreut, entsprechend 2,5 %, 5,5 % bzw. 11,3 % des jeweiligen DMP. Bereits diese Ergebnisse zeigen, dass eine sehr große Zahl Patienten innerhalb der DMP eine Mehrfachbetreuung erfährt. In geringerem Umfang trifft dies natürlich ebenso auf Patienten in den DMP Asthma bronchiale, Diabetes mellitus Typ 1 und Brustkrebs zu, diese werden aufgrund der dort zu beobachtenden Fallzahlen hier jedoch nicht dargestellt. Für die Analysen wird die Gruppe der Patienten, die innerhalb der DMP Diabetes mellitus Typ 2, Koronare Herzkrankheit und COPD betreut werden, mit Referenz auf das DMP Diabetes mellitus Typ 2 in vier distinkte Gruppen unterteilt: Patienten mit ausschließlicher Betreuung im DMP Diabetes mellitus Typ 2 (D2) Patienten mit ausschließlicher Betreuung in den DMP D2 und Koronare Herzkrankheit (KHK) Patienten mit ausschließlicher Betreuung in den DMP D2 und COPD Patienten mit einer Betreuung in allen drei genannten DMP Unter Bezug auf das DMP Koronare Herzkrankheit wird außerdem noch jene Gruppe von Patienten betrachtet, die ausschließlich in den DMP KHK und COPD betreut werden. Durch diese Vorgehens- 285

286 Kapitel 12: Mehrfach betreute Patienten weise wird die mehrfache Gegenüberstellung unterschiedlicher Patientenschnittmengen vermieden und die Darstellung muss auch nicht übermäßig komplex werden. Die beiden nachfolgenden Abbildungen visualisieren die oben genannten Größenordnungen. Hierbei sind alle sieben distinkten Patientengruppen dargestellt, also die drei jeweils ausschließlich in nur jeweils einem DMP, die drei in jeweils zwei DMP sowie die eine Gruppe der Patienten, die in allen drei DMP betreut werden. Auffällig ist, dass die Gruppe der in den DMP D2 und KHK betreuten Patienten größer ist, als die Gruppe, die ausschließlich im DMP COPD betreut wird (Abbildung 12-1) D KHK COPD Gesamtanzahl Abbildung 12-1: absolute Größe der Patientengruppen Eine Darstellung der Schnittmengen verdeutlicht die Größenverhältnisse zwischen den verschiedenen Patientengruppen zusätzlich. Hier ist unmittelbar zu erkennen, dass der überwiegende Teil der Patienten nur in jeweils einem DMP betreut wird, wobei auch in dieser Betrachtungsweise die große Überschneidung zwischen den DMP D2 und KHK auffällt (Abbildung 12-2). Eine Untersuchung zentraler Merkmale, Befunde, der Häufigkeit weiterer Begleiterkrankungen sowie der Verordnungshäufigkeiten offenbart eine Fülle zum Teil sehr deutlicher Unterschiede zwischen den Patientengruppen (Tabelle 12-1). Bereits beim Durchschnittsalter zeigen sich große Differenzen. Gegenüber Patienten, die ausschließlich im DMP D2 betreut werden, sind jene mit einer zusätzlichen Betreuung im DMP KHK oder einer gleichzeitigen Betreuung in allen drei DMP im Mittel sechs bzw. fünf Jahre älter. 286

287 Kapitel 12: Mehrfach betreute Patienten nur D2 D2 und KHK D2, KHK und COPD nur KHK KHK und COPD nur COPD COPD und D2 Abbildung 12-2: Schnittmengen der Patientengruppen Der Umstand, dass im DMP KHK überwiegend männliche Patienten betreut werden, spiegelt sich auch in den deutlich geringeren Anteilen weiblicher Patienten wider, die in den Gruppen mit mehrfacher Betreuung unter Einschluss des DMP KHK zu sehen sind. Gegenüber Patienten, die nur im DMP D2 betreut werden, finden sich in allen anderen Gruppen zum Teil deutlich geringere Anteile von Patienten in einer DSP-Betreuung. Aufgrund der unterschiedlichen Startzeitpunkte der drei DMP ist ein Vergleich der mittleren Betreuungszeit nur eingeschränkt möglich, allerdings weisen hier vor allem Patienten, die in den DMP D2 und KHK bzw. in allen drei betreut werden, überdurchschnittlich lange DMP-Teilnahmezeiten auf. Auch auf der Ebene der Befunde bestehen eine Reihe markanter Unterschiede zwischen den Patientengruppen. So weisen Patienten, die in den DMP KHK und COPD betreut werden, sehr viel seltener hohe Blutdruckwerte oder ein ausgeprägtes Übergewicht auf. In allen Gruppen, die Patienten aus dem DMP COPD miteinschließen, finden sich dagegen deutlich höhere Raucheranteile. Hinsichtlich des Schweregrads einer COPD weisen allerdings COPD-Patienten bei Betreuung in mehreren DMP keine bedeutsamen Unterschiede auf. Auf der anderen Seite sind allerdings Typ-2-Diabetiker, die in mehreren DMP betreut werden, ausgeprägt häufiger von Auffälligkeiten hinsichtlich der Sensibilität sowie des Fuß- oder Pulsstatus betroffen, außerdem sind in diesen Gruppen häufiger schwere Stoffwechselentgleisungen dokumentiert. Besonders hervorstechend ist auch die vergleichsweise sehr hohe Rate stationärer Einweisungen in den vergangenen 12 Monaten in der Gruppe der Patienten, die in den DMP KHK und COPD betreut werden. Diese Reihe von zum Teil großen Differenzen setzt sich auf der Ebene der Häufigkeit weiterer Begleiterkrankungen fort, was allerdings aufgrund des oben erwähnten höheren Alters in den Gruppen mit mehrfacher DMP-Betreuung auch plausibel erscheint. So finden sich in den beiden Kohorten mit dem höchsten Durchschnittsalter (D2 und KHK bzw. D2, KHK und COPD) auch die höchsten Raten von 287

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