Materialien: Free Trade?
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- Anton Ackermann
- vor 6 Jahren
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1 Materialien: Free Trade? Leitbilder der internationalen Wirtschaftspolitik: Freihandel vs. Protektionismus Der Außenwirtschaftspolitik von Staaten oder Staatengemeinschaften (z.b. der EU) liegt in der Regel ein Leitbild zugrunde, welches Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung der internationalen Handelsbeziehungen hat. Diese Leitbilder sind die des Freihandels und des Protektionismus. Nachfolgend werden Idealtypen beschrieben, die in keiner Volkswirtschaft in Reinform vorhanden sind. Die Leitbilder haben einen erheblichen Einfluss auf die Gestaltung internationaler Institutionen und Organisationen. Freihandel Abbildung 1: Levi s Werbung als Symbol des Freihandels Quelle: Krätke (2014) Freihandel meint, den internationalen Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr von allen Einschränkungen und Behinderungen zu befreien. Grundlage ist die Idee des Wirtschaftsliberalismus: Im uneingeschränkten Wettbewerb setzen sich danach die besten Güter und Produktionsmethoden durch, die freie Preisbildung nach Angebot und Nachfrage sorgt für den
2 bestmöglichen Ausgleich zwischen den Interessen der Produzenten und Konsumenten und die Arbeitsteilung erhöht den Wohlstand der Länder. Obwohl jeder sein Eigeninteresse verfolgt, gewinnen alle (vgl. Adam Smith). Ordnungspolitisch entspricht dieses Leitbild jenem der freien Marktwirtschaft, somit wird der Entscheidungsfreiheit der Wirtschaftssubjekte oberste Priorität eingeräumt. Der Staat gewährleistet diese Entscheidungsfreiheit durch ein Regelwerk. Protektionismus Beim Protektionismus oder Außenhandelsmonopol wird vom Grundsatz der zentralen Planung der Außenwirtschaftsbeziehungen ausgegangen. Eine Entscheidungsfreiheit der Wirtschaftssubjekte ist nicht gegeben und nur der Staat ist berechtigt, die außenwirtschaftlichen Beziehungen abzuwickeln und zu kontrollieren. Generelles Ziel protektionistischer Maßnahmen ist der Schutz der einheimischen Wirtschaft vor ausländischer Konkurrenz. Zu diesem Zweck werden mit unterschiedlichen Instrumenten Ausfuhren erleichtert und Einfuhren erschwert. Abbildung 2: Cartoon zum Thema Protektionismus Quelle: Tomaschoff (2009)
3 Argumente für den Freihandel Kostenvorteile: Durch internationalen Handel können sich Länder auf die Produktion des Gutes spezialisieren, in dem sie einen komparativen Vorteil besitzen (sie können das Produkt kostengünstiger und effizienter produzieren), mehr von diesem herstellen und exportieren. Gleichzeitig können sie mehr Güter importieren, als sie unter der Abwesenheit internationalen Handels selbst hätten produzieren können. Durch Spezialisierung und internationalen Handel werden also die Konsummöglichkeiten erhöht. Internationaler freier Handel führt zu einem steigenden Angebot und somit zu sinkenden Preisen, ist also im Interesse des Konsumenten Spezialisierung: Durch internationalen Handel und Spezialisierung kommt es zu einer optimalen internationalen Allokation (Verteilung, Zuteilung) der Ressourcen. So werden Produkte dort erzeugt, wo die Produktion am kostengünstigsten und effektivsten ist, wodurch eine produktivitätssteigernde internationale Arbeitsteilung erzielt wird. Exportgeleitetes Wachstum: Freier Handel öffnet neue Märkte und kann somit zu einem exportgeleiteten Wachstum führen. So steigt durch die Öffnung neuer Märkte die Nachfrage nach den heimischen Produkten, sodass die Produktion ausgedehnt werden kann. Effizienz: Durch steigenden Wettbewerb im Inland werden Unternehmen gezwungen, effizienter und billiger zu produzieren. Es kommt zum Abbau von Marktverzerrungen und Ineffizienzen. Ineffiziente Produzenten und Industrien werden aus dem Markt verdrängt. Technologietransfer: Freier Handel ermöglicht einen internationalen Technologietransfer und fördert somit Innovation. Beschäftigung: Durch internationalen Handel und die damit einhergehende wachsende Nachfrage steigt die Produktion und somit die Nachfrage nach Arbeitskräften, sodass die Beschäftigung steigt. Qualität der Arbeitsplätze: Handel fördert exportorientierte Industriezweige. Da die Löhne in diesen Industriezweigen zumeist höher sind als
4 in den binnenwirtschaftlich orientierten Industrien, ist die Qualität der neuen Arbeitsplätze höher. Was kann gegen Freihandel sprechen? Vermeidung von einseitigen Produktionsstrukturen Arbeitsteilung nach dem Prinzip der komparativen Kostenvorteile könnte dazu führen, dass ein Land sich auf nur ein Produkt spezialisiert, das zudem möglicherweise eine geringe Einkommenselastizität (= Produkte die immer ungefähr gleich stark nachgefragt werden unabhängig davon, ob das Einkommen sinkt oder steigt) aufweist, wie z.b. bspw. landwirtschaftliche Produkte. Auf längere Sicht würde diese Ausrichtung der Produktion die Entwicklungschancen eines Landes beeinträchtigen. Die Sicherheit der Einnahmen aus Exportgeschäften wäre auf Dauer gefährdet, wenn die Spezialisierung zu einseitigen Produktstrukturen und damit zu einer unerwünscht starken Abhängigkeit von der Preisentwicklung auf Auslandsmärkten führt. So sind beispielsweise Länder, deren Ausfuhr sich auf ein Hauptprodukt (Kaffee, Baumwolle usw.) stützt, völlig von den Weltmarktpreisen abhängig, die zudem abhängig von der Ernte stark schwanken. Einkommensunelastische Produkte (z.b. landwirtschaftliche Güter, viele Rohstoffe) haben außerdem weniger wachstumsträchtige Märkte im Vergleich zu Industriegütern oder Dienstleistungen. Sicherung der Versorgung Wenn ein Land im Zuge der Spezialisierung auf die Herstellung wichtiger Güter verzichtet (z.b. landwirtschaftliche Produkte, Kohle als Energieträger), kann die Sicherheit der Versorgung in Krisensituationen gefährdet sein. Ebenso ist ein Staat im Falle der Vernachlässigung wichtiger Produktionen ausländischem Druck (Erpressung) ausgeliefert. Daher wird jedes Land ein gewisses Maß an Autarkie, also Unabhängigkeit von Einfuhren, anstreben. Dabei gilt es sehr sorgfältig zu prüfen, ob den hohen volkswirtschaftlichen Kosten tatsächlich eine sichere Versorgung gegenübersteht.
5 Sicherung der Arbeitsplätze Internationale Arbeitsteilung mit uneingeschränktem Freihandel kann Arbeitsplätze gefährden. Dies geschieht dann, wenn es sich um Wirtschaftszweige handelt, die einen relativen Preisnachteil haben. Ihr Output und ihre Beschäftigung gehen zurück. In diesem Fall sind sowohl Arbeitgeber wie auch Arbeitnehmer betroffen, die sich dann häufig politisch organisieren, um dadurch institutionelle Regelungen (Schutzzoll, Subventionen) zum Schutz des Sektors durchzusetzen. Allerdings wird hierbei das Argument unberücksichtigt gelassen, dass Importschutz langfristig dem geschützten Sektor schadet, da der fehlende Wettbewerbsdruck keine Anstrengung zur Kostensenkung und Qualitätsverbesserung der Produkte erzwingt. Auch werden volkswirtschaftliche Ressourcen gebunden, die für andere Zwecke fehlen (z.b. Förderung der deutschen Steinkohle vs. Verbesserung des Bildungssystems). Handelsbeschränkungen als Instrumente der Außenwirtschaftspolitik Internationaler Handel ist stets auch internationale Wirtschaftspolitik. Interessenpolitik einzelner Länder und Machtverhältnisse in internationalen Institutionen spielen eine große Rolle. Dies zeigt sich an den zähen Verhandlungen, die über Handelsfragen geführt werden und oft zu faulen Kompromissen führen. Ergebnisse sind Quoten, Selbstbeschränkungen und sonstige protektionistische Maßnahmen, die Länder oder Branchen benachteiligen und so einen internationalen Wettbewerb verhindern. Hierfür steht ein umfangreiches Instrumentarium zur Verfügung. Abbildung 3: Zollsätze für versch. Warenarten Quelle: Langhans & Prochnow 2010:30
6 Tarifäre Handelshemmnisse Zölle die klassischen tarifären Handelshemmnisse sind Abgaben, die beim grenzüberschreitenden Warenverkehr vom Staat erhoben werden. Zölle dienen dem Staat zum einen als Einnahmequelle, zum anderen ermöglichen sie den Schutz bestimmter nationaler Wirtschaftszweige. Unterschieden werden diese Abgaben auf Im- und Exporte nach der mit ihnen verbundenen Zielsetzung, nach der Bemessungsgrundlage (spezifische Zölle, z.b. 500 pro Tonne Bananen) und Wertzölle (z.b. 10% auf den Preis der Bananen an der Grenze)) sowie entsprechend der Bewegungsrichtung (Im- und Exportzölle) der Güter. Beispiel Agrarmarkt Ein Beispiel für einen effizienten Schutzzoll findet sich im Agrarmarkt der Europäischen Union, denn hier werden die Landwirte durch Abschöpfungen vor Agrarimporten geschützt. Für Agrareinfuhren wird ein Mindestpreis (Schwellenpreis) festgelegt, der in der Regel über dem Weltmarktpreis liegt. Die Differenz zwischen Weltmarktpreis und Schwellenpreis muss ein Importeur als Abschöpfung an die EU bezahlen. Schwankungen der Weltmarktpreise haben also keinen Einfluss, da Einfuhren nicht billiger als zum vor- gegebenen Schwellenpreis auf den heimischen Markt kommen. Eine Einfuhrbeschränkung ist auch durch Kontingente gegeben. Dabei handelt es sich um mengenmäßige, manchmal auch wertmäßige Einfuhrbeschränkungen zugunsten der heimischen Wirtschaft. Schließlich bestehen auch Ausfuhr- und Einfuhrverbote für bestimmte, unerwünschte oder gefährliche Güter. Abbildung 4: Einfuhr von Mähdräschern in die russische Zollunion an Schutzzölle gebunden Quelle: agrarheute 2013
7 Nicht-tarifäre Handelshemmnisse Besonders kreativ werden Länder, wenn es um den Einsatz nicht-tarifärer Handelshemmnisse geht. Hier handelt es sich um mehr oder weniger versteckte Einschränkungen zum Schutz der eigenen Wirtschaft. Es sind Maßnahmen und Vorschriften, die mit protektionistischer Absicht erlassen wurden von bis zu verschiedenen wird gesprochen. Immer dann, wenn eine heimische Branche in Bedrängnis gerät, wird der Ruf nach Schutzmaßnahmen laut. Es ist also eine Frage der Sichtweise, ob etwas ein Handelshemmnis oder Schutz darstellt. Beispiele Zeitweise erlaubten die USA die Einfuhr ausländischer (meist asiatischer) Videorekorder nur über ein Zollamt an der amerikanischen Ostküste, das der Einfuhrmenge nicht gewachsen war. Die Geräte stapelten sich wochenlang beim Zoll. Manche Organisationen fordern, dass die Einfuhr gentechnisch veränderter Lebensmittel in die EU verboten wird. Während die europäische Füllmenge bei Sauerkonserven bis 2009 festgelegte 720g pro Glas betrug, erlaubten kanadische Vorschriften nur ein erheblich geringeres maximales Füllgewicht. Die Einfuhren aus Europa kamen daher bei diesen Waren zeitweise beinahe zum Erliegen.
8 Quellen: agrarheute (2013). Russische Zollunion: Wer Mähdrescher einführt, zahlt. URL: Krätke, M. R. (2014). TAFTA: Das Kapital gegen den Rest der Welt. URL: Kruber, K.-P. (2004). Internationale Wirtschaftsbeziehungen, Sekundarstufe II. Auflage 1 (Ökonomische Bildung kompakt 6). Westermann Verlag. Tomaschoff, J. (2009). URL: Klett Verlag. Stormy-Annika Mildner (2010). Begriffe und Konzepte internationaler Wirtschaftsbeziehungen. Koch, M. & Eggert, K. (2012). Unterrichtseinheit Globalisierung (5. Aufl.). Institut für Ökonomische Bildung an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Langhans, I. & Prochnow, S. (2010). politik. wirtschaft. gesellschaft. Die Bundesrepublik in der globalisierten Wirtschaft (2. Aufl.). Stuttgart, Leipzig. Ernst Klett Verlag. Schiele, S., Weber, R., Beck, E-. R., Ernst-Schmidt, J., Manz, U., Neumann, H., Schober-Penz, A., Schröer, K. (2003). Globalisierung. Aspekte einer Welt ohne Grenzen. Zeitschrift für die Praxis der politischen Bildung, 29. May, H. (2008). Handbuch zur ökonomischen Bildung (9. Aufl.). München. Oldenbourg Wissenschaftsverlag. Krämer, G. (2005). Kompact. Weltverwirklichungen Globalisierung im Unterricht. URL: Weltverwicklungen-Globalisierung.pdf (Zugriff: ).
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