Brandenburgisches Oberlandesgericht
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- Eike Fiedler
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1 7 U 221/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht fa 2 O 264/01 Landgericht Neuruppin Abschrift Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil In dem Rechtsstreit Anlage zum Protokoll vom verkündet am Justizangestellte als Urkundsbeamte(r) der Geschäftsstelle der B... GmbH & Co. KG, vertreten durch die B... GmbH, diese vertreten durch die Geschäftsführerinnen...,..., - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt... - g e g e n 1. Herrn F... P...,..., 2. Herrn B... L...,..., - Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt... - Klägerin und Berufungsklägerin, Beklagten zu 1), Beklagten zu 2) und Berufungsbeklagten, hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom ZP 650 Urteil OLG allgemein
2 - 2 - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht..., den Richter am Oberlandesgericht... und die Richterin am Oberlandesgericht... für R e c h t erkannt: Auf die Berufung der Klägerin wird unter Abänderung des am verkündeten Urteils der 2. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin dessen am verkündete Versäumnisurteil gegen den Beklagten zu 2) aufrechterhalten. Der Beklagte zu 2) trägt die weiteren Kosten der ersten Instanz sowie die Kosten der zweiten Instanz. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. T a t b e s t a n d : Die Klägerin macht gegen die Beklagten einen Kaufpreisanspruch aus der Lieferung von Baumaterialien in der Zeit vom bis (Bl d.a.) in Höhe von ,44 DM geltend. Gegen das Versäumnisurteil des Landgerichts vom , durch das der Beklagte zu 1) und der Beklagte zu 2) als Gesamtschuldner zur Zahlung dieses Betrages nebst Zinsen verurteilt wurden (Bl. 52 d.a.), hat nur der Beklagte zu 2) form- und fristgerecht Einspruch eingelegt (Bl. 59 d.a.). Die Klägerin hat vorgetragen, der Beklagte zu 2) hafte neben dem Beklagten zu 1) als Gesamtschuldner, da er der Klägerin nicht angezeigt habe, dass er aus der Firma P... & L... mit Wirkung vom ausgeschieden sei. Die aus den beiden Beklagten bestehende GbR habe seit 1993 mit der Klägerin in laufender Geschäftsbeziehung gestanden. Die Klägerin hat beantragt, das Versäumnisurteil vom gegen den Beklagten zu 2) aufrechtzuerhalten. Der Beklagte zu 2) hat beantragt,
3 - 3 - das Versäumnisurteil, soweit es ihn betreffe, aufzuheben und die Klage gegen ihn abzuweisen. Der Beklagte zu 2) hat vorgetragen, er sei mit Wirkung vom aus der Firma P... & L... Handelsgesellschaft br ausgeschieden (Protokoll der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom , Bl. 621/63 d.a.). Der Beklagte zu 2) habe sich lediglich einverstanden erklärt, dass sein Name habe in der Firma fortgeführt werden sollen. Er habe am eine Gewerbeabmeldung abgegeben. Die Geschäftspartner der Firma seien durch Rundschreiben über das Ausscheiden des Beklagten zu 2) informiert worden. Das Landgericht hat das Versäumnisurteil vom , soweit der Beklagte zu 2) verurteilt wurde, aufgehoben und die Klage gegen ihn abgewiesen. Mit der form- und fristgerecht eingelegten und nach entsprechender Fristverlängerung begründeten Berufung verfolgt die Klägerin den Klaganspruch gegen den Beklagten zu 2) weiter. Die Klägerin trägt zu ihrer Geschäftsbeziehung mit der Firma P... & L... Handelgesellschaft br nunmehr vor, diese habe seit 1997 bestanden. Sie habe sich deshalb darauf verlassen dürfen, dass der Beklagte zu 2) weiterhin Gesellschafter sei. Das Rundschreiben (Bl. 75 d.a.) habe sie nicht erhalten. Die Klägerin ist der Ansicht, sie müsse sich das Ausscheiden des Beklagten zu 2) auch deshalb nicht entgegenhalten lassen, da ihr insoweit die negative Publizität des Handelregisters nach 15 Abs. 1 HGB zugute komme. Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu 2) unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils vom gesamtschuldnerisch neben dem Beklagten zu 1) zu verurteilen, an die Klägerin ,47 Euro nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basissatz des 1 DÜG aus 6.920,35 Euro seit dem , aus 2.404,83 Euro seit dem , aus 1.156,22 Euro seit dem , aus 1.275,59 Euro seit dem sowie aus 444,65 Euro seit dem und aus 22,29 Euro seit dem zu zahlen. Der Beklagte zu 2) beantragt,
4 - 4 - die Berufung zurückzuweisen. Er trägt vor, der Klägerin sei das Ausscheiden des Beklagten zu 2) bekannt gewesen. E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e : Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht gegen den Beklagten zu 2) der geltendgemachte Zahlungsanspruch zu, da der Beklagte zu 2) gemäß 15 Abs. 1 HGB für die nach seinem Ausscheiden gegenüber der Klägerin begründete Kaufpreisschuld der Firma P... & L... Handelsgesellschaft br haftet. Der Beklagte zu 2) kann die Tatsache seines Ausscheidens gemäß 15 Abs. 1 HGB der Klägerin nicht entgegensetzen, da sein Ausscheiden nicht eingetragen wurde. Er haftet daher so, wie wenn er im Zeitpunkt der vom Beklagten zu 1) veranlassten Bestellungen noch Mitgesellschafter gewesen wäre. Durch die vom Beklagten zu 1) geschlossenen Kaufverträge wurde der Beklagte zu 2) mitverpflichtet, obwohl der Beklagte zu 2) aus der P... & L... Handelsgesellschaft br zuvor mit Wirkung zum ausgeschieden ist. Das Ausscheiden des Beklagten war im Sinne des 15 Abs. 1 HGB eine eintragungspflichtige Tatsache. Die P... & L... Handelsgesellschaft br stellte, wie bereits das Landgericht insoweit zu Recht ausgeführt hat, von Rechts wegen eine offene Handelsgesellschaft dar, ohne dass es darauf ankommt, dass die Gesellschafter sie als eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gründen wollten. Denn ihr Zweck war auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ( 105 Abs. 1 HGB), sie entstand mit Geschäftsbeginn auch im Verhältnis zu Dritten als OHG ( 123 Abs. 2 HGB). Daher hätte das Ausscheiden des Beklagten zu 2) gemäß 143 Abs. 2 HGB in das Handelsregister eingetragen werden müssen. Da das Ausscheiden des Beklagten zu 2) nicht zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet wurde, konnten Kunden und Gläubiger der P... & L... Handelsgesellschaft "br" darauf vertrauen, dass der Beklagte zu 2) weiterhin Gesellschafter sei und für die Verbindlichkeiten der Gesell-
5 - 5 - schaft mithafte, es sei denn, dass sie vom Ausscheiden des Beklagten zu 2) erfuhren, also positive Kenntnis erlangten. Der Anwendung des 15 Abs. 1 steht nicht entgegen, dass bereits die Gründung der OHG, die ein Ausscheiden erst möglich macht, nicht in das Handelsregister eingetragen war. 15 Abs. 1 HGB gilt auch, wenn die gebotene Voreintragung der Tatsache, deren Veränderung einzutragen war, fehlt (BGH WM 1965, 1054; BGHZ 55, 267, 272 f.; 116, 37, 44 f.; Baumbach-Hopt, 30. Aufl. 15 HGB, Anm. 11; Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, 15 Anm. 8). Die Gesellschaft hätte zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden müssen ( 106 HGB), ihre Gründung war somit im Sinne des 15 Abs. 1 HGB eine eintragungspflichtige Tatsache. Unabhängig von der Eintragung der OHG, die nach Geschäftsbeginn auch ohne Eintragung entsteht, durfte die Klägerin von der wahren Sachlage vor Ausscheiden des Beklagten, also davon ausgehen, dass die P... & L... Handelsgesellschaft "br" eine OHG war, da sie ein Handelsgewerbe betrieb. Hierfür spricht schon der Wortlaut des 15 Abs. 1 HGB. Er stellt auf das Vertrauen im Hinblick auf die Kenntnis der Tatsachen ab, die für den Fortbestand des Rechtszustands, also für das Fortbestehen der Gesellschafterstellung des Beklagten zu 2) sprechen. Die Tatsachen, aus denen sich ergab, dass die P... & L... von Rechts wegen eine OHG darstellte, waren der Klägerin bekannt. Überdies pflegt es bekannt zu sein, dass eine Personengesellschaft, die ein Handelsgewerbe betreibt, eine OHG sein kann, auch wenn sie sich nicht als solche bezeichnet. Letzteres lag auch deshalb nahe, weil die Bezeichnung Handelsgesellschaft br verwendet wurde. Hinsichtlich der voreintragungspflichtigen Tatsachen geht 15 Abs. 1 HGB von einem typisierten Vertrauen auf die wahre Rechtslage aus, wie sie im Handelsregister hätte kundgetan werden müssen (vgl. BGH WM 1965, 1054, 1057). 15 Abs. 1 HGB ist keine Rechtsscheinnorm in dem Sinn, dass er das konkrete Vertrauen einer Person auf den Inhalt der Offenlegung schützt. Der insbesondere von Canaris (Handelsrecht, 23. Aufl. S. 66 f.) vertretenen Gegenmeinung folgt der Senat im Hinblick auf den Wortlaut und den Zweck des 15 Abs. 1 HGB nicht. Es kann dahingestellt bleiben, ob in Ausnahmefällen eine einschränkende Auslegung des 15 Abs. 1 HGB geboten sein könnte, so etwa dann, wenn der ausgeschiedene OHG-Gesellschafter nach außen hin nie in Erscheinung getreten ist (so Canaris aao). Denn der Beklagte zu 2) trat vor seinem Ausscheiden unstreitig als
6 - 6 - Gesellschafter der P... & L... Handelsgesellschaft "br" in Erscheinung. Ein Ausnahmefall, in welchem 15 Abs. 1 HGB restriktiv auszulegen sein könnte, liegt daher nicht vor. Die Klägerin hätte sich auf das Schweigen des Handelsregisters allerdings dann nicht verlassen können, wenn ihr bekannt war, dass der Beklagte zu 2) zum aus der Gesellschaft ausgeschieden war. Die Beweislast für diese Kenntnis obliegt dem Beklagten zu 2). Für seinen Vortrag, der Klägerin sei mit einem Rundschreiben (Bl. 75 d.a.) mitgeteilt worden, dass er aus der Gesellschaft ausgeschieden sei, ist der Beklagte zu 2) indes beweisfällig geblieben. Die Klägerin hat den Zugang des Rundschreibens bestritten. Der vom Beklagten zu 2) für die Absendung des Rundschreibens angetretene Beweis ist nicht geeignet, den Zugang zu beweisen. Es bedurfte daher nicht der Vernehmung der hierfür benannten Zeugin L.... Der Vortrag des Beklagten zu 2), dem von der Klägerin gegenbeweislich benannten Zeugen F..., der die Bestellungen entgegennahm, sei mündlich mitgeteilt worden, dass der Beklagte zu 2) aus der Gesellschaft ausgeschieden sei, ist nicht hinreichend substantiiert, da der Beklagte zu 2) den zeitlichen Rahmen der Gespräche, die Gegenstand seines Vortrags sind, nicht präzisiert hat. Da die Klage nach 15 Abs. 1 HGB begründet ist, kann letztlich dahinstehen, ob die Klägerin schon allein auf Grund der Fortführung des Namens des Beklagten zu 2) im Firmennamen hätte annehmen können, dass der Beklagte zu 2) weiterhin Gesellschafter sei. Die Regelung des 24 HGB spricht gegen eine solche Rechtsscheinnorm. Der Beklagte zu 1) konnte gemäß 24 HGB den Namen des Beklagten zu 2) weiterhin in der Firma der Gesellschaft führen. Eine Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters, der in die Fortführung seines Namens einwilligt, sieht 24 HGB nicht vor, während z.b. der Erwerber eines Handelsgeschäfts, der die Firma fortführt, auch einer Haftung gemäß 25 HGB unterliegt. Der Senat sieht keinen Anlass, die Revision zuzulassen. Angesichts der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die - wie der Senat - davon ausgeht, dass 15 Abs. 1 HGB auch bei fehlender Voreintragung der Tatsache, deren Veränderung einzutragen war, anzuwenden ist, hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Die Zulassung der Revision ist auch nicht für die Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ( 543 Abs. 2 ZPO).
7 - 7 - Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus 91, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Herrn Vors. Richter am Oberlandesgericht... ist wegen Urlaubs an der Unterschriftsleitung gehindert
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