Der Anlagenbegriff der Emissionshandelsrichtlinie
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- Marta Ruth Beck
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1 Arbeitsgruppe "Emissionshandel zur Bekämpfung des Treibhauseffektes" (AGE) Themenpapier: Der Anlagenbegriff der Emissionshandelsrichtlinie Sekretariat der AGE Mitarbeiter: Dr. Regina Betz, Stefan Böttcher, Sonja Butzengeiger, Dr. Günther Holtmeyer, Dr. Stefan Kobes, Juliane Meinel, Michael Schmalholz Berlin, September 2003
2 Der Anlagenbegriff der Emissionshandelsrichtlinie (ET-RL) I. Einleitung In diesem Beitrag wird der Diskussionsstand der UAG III im Hinblick auf den Anlagenbegriff der Emissionshandelsrichtlinie und die damit verbundenen Umsetzungsprobleme zusammengefasst. Dabei wird vertiefend auf das Kumulierungsgebot, den Begriff der Feuerungsanlagen und die Frage, inwieweit bei der Umsetzung auf die 4. BImSchV zurückgegriffen werden kann, eingegangen. II. Richtlinientext 1. Definition des Anlagenbegriffes Der Anlagenbegriff ist in Artikel 3 e) ET-RL definiert. Danach ist eine Anlage eine ortsfeste technische Einheit, in der eine oder mehrere der in Anhang I genannten Tätigkeiten sowie andere unmittelbar damit verbundene Tätigkeiten durchgeführt werden, die mit dem an diesem Standort durchgeführten Tätigkeiten in einem technischen Zusammenhang stehen und die Auswirkungen auf die Emissionen und die Umweltverschmutzung haben können. Der Anlagenbegriff der IVU-Richtlinie (Art. 2 Ziffer 3 der IVU-RL) ist mit dem Anlagenbegriff der ET-RL wortgleich. Wegen der Einbeziehung verbundener Tätigkeiten sind auch Emissionen von Nebeneinrichtungen für den Emissionshandel relevant. Nebeneinrichtungen sind alle Einrichtungen, die einer Anlage am konkreten Standort zur Zweckerreichung unmittelbar dienen und geeignet sind, relevante Emissionen zu verursachen. Folge der Regelung ist, dass auch die Emissionen von Nebenanlagen dem ET-System unterliegen, und zwar unabhängig von der Art der Tätigkeit und den Schwellenwerten des Anhangs I. 2. Anlagenarten Die erfassten Anlagenarten sind im Anhang I der ET-RL Tätigkeitsfeldern zugeordnet. Erfasst werden Anlagen in den Tätigkeitsbereichen - Energieumwandlung und umformung: Feuerungsanlagen, Mineralölraffinerien, Kokereien Seite 2 / 6
3 - Eisenmetallerzeugung und verarbeitung: Röst- und Sinteranlagen für Metallerz, Anlagen für die Herstellung von Roheisen oder Stahl - Mineralverarbeitende Industrie: Anlagen zur Herstellung von Zementklinker, Glas und keramischen Erzeugnissen - sonstige Industriezweige. Anlagen zur Herstellung von Zellstoff, Papier und Pappe) Die bei den Anlagen jeweils angegebenen Grenzwerte beziehen sich... auf Produktionskapazitäten und leistungen (Anhang I, Ziffer 2 Satz 1 ET-RL) und nicht auf den tatsächlichen Produktionsumfang. Ein Vergleich der Anlagenarten mit den vom Anhang der IVU-Richtlinie erfassten Anlagenarten zeigt, dass die von der ET-RL erfassten Anlagenarten sich mit geringfügigen Abweichungen so auch in der IVU-Richtlinie finden. Die IVU-Richtlinie erfasst allerdings weitaus mehr Anlagenarten. 3. Ausgenommene Anlagen Nach Anhang I, Ziffer 1 der ET-RL sind Forschungs- und Entwicklungsanlagen vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen: Anlagen oder Anlagenteile, die für Zwecke der Forschung, Entwicklung und Prüfung neuer Produkte und Verfahren genutzt werden, fallen nicht unter diese Richtlinie. 4. Kumulierungsgebot Nach Anhang I, Ziffer 2 Satz 2 der Richtlinie gilt folgendes Kumulierungsgebot: Führt ein Betreiber mehrere Tätigkeiten unter der gleichen Bezeichnung in einer Anlage oder an einem Standort durch, werden die Kapazitäten dieser Tätigkeiten addiert. Eine entsprechende Regelung enthält die IVU-Richtlinie, allerdings mit leicht abgewandeltem Wortlaut (Anhang I, Ziffer 2 Satz 2 IVU-RL): Führt ein und derselbe Betreiber mehrere Tätigkeiten derselben Kategorie in ein und derselben Anlage oder an ein und demselben Standort durch, so addieren sich die Kapazitäten dieser Tätigkeiten. Seite 3 / 6
4 III. Probleme des Anlagenbegriffs Bei der Umsetzung der ET-RL kann möglicherweise auf die Erfahrungen bei der Umsetzung der IVU-RL zurückgegriffen werden. Die Definition der Anlage und die Regelung über das Kumulierungsgebot sind in beiden Richtlinien wortgleich bzw. fast wortgleich. Daher liegt es nahe, die 4. BImSchV, mit der die IVU-RL in Deutschland umgesetzt wurde, zum Vorbild für die Umsetzung der ET-RL zu machen, zumindest soweit es um die mit dem Anlagenbegriff und dem Kumulationsgebot zusammenhängenden Themenkomplexe geht. Die 4. BImSchV kann natürlich nur insoweit zum Vorbild genommen werden, als sie Europarechtlich nicht zu beanstanden ist. 1. Kumulierungsgebot Zur Umsetzung des Kumulierungsgebotes kommt eine Übertragung des Begriffs der gemeinsamen Anlage, wie er in 1 Abs. 3 Satz 2 der 4. BImSchV verwendet wird, in Betracht. Welche Fragen sich dabei stellen, darüber gibt eine Gegenüberstellung der entsprechenden Formulierungen in der ET-RL und der 4. BImSchV Aufschluss: Anhang I, Ziffer 2 der ET-RL Führt ein Betreiber mehrere Tätigkeiten unter der gleichen Bezeichnung in einer Anlage oder an einem Standort durch, werden die Kapazitäten dieser Tätigkeiten addiert. 1 Abs. 3 der 4. BImSchV Die im Anhang bestimmten Voraussetzungen liegen auch vor, wenn mehrere Anlagen derselben Art in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen (gemeinsame Anlage) und zusammen die maßgebenden Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen erreichen oder überschreiten werden. Ein enger räumlicher und betrieblicher Zusammenhang ist gegeben, wenn die Anlagen 1. auf demselben Betriebsgelände liegen, 2. mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen verbunden sind und 3. einem vergleichbaren technischen Zweck dienen. Seite 4 / 6
5 Die Formulierung der ET-RL ist relativ offen. Bei der Umsetzung kommt es wohl entscheidend darauf an, was unter einem Standort im Sinne der Richtlinie zu verstehen ist. Die Definition der 4. BImSchV fordert kumulativ einen engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang und schränkt diesen Begriff in einer Legaldefinition noch weiter ein. Ob die drei in der 4. BImSchV für eine gemeinsame Anlage genannten Kriterien (dasselbe Betriebsgelände, Verbindung durch gemeinsame Betriebseinrichtungen, vergleichbarer technischer Zweck) den Begriff Standort richtig umsetzen oder ob sie ihn zu stark begrenzen, wird noch eingehender zu untersuchen sein. Dass eine bloße Übernahme der Regelungen der 4. BImSchV gegebenenfalls problematisch sein kann, zeigen Anfragen der Europäischen Kommission bei der Bundesregierung zu diesem Themenkomplex. 2. Feuerungsanlagen Klärungsbedürftig ist ferner der Begriff der Feuerungsanlage. Feuerungsanlagen mit einer Feuerungswärmeleistung von mehr als 20 MW sind in den Emissionshandel einbezogen. Aufgrund des Kumulierungsgebotes gilt dies auch für kleinere Anlagen, sofern sie zusammen an einem Standort die Schwelle von 20 MW überschreiten. Bei Feuerungsanlagen sind zu unterscheiden: - Externe Feuerungsanlagen (wie zum Beispiel Strom- und Dampferzeugungsanlagen) mit einer Leistung von mehr als 20 MW in klassischen Kraftwerken oder anderen zentralen Dampferzeugungsanlagen. Diese fallen in den Anwendungsbereich der ET-RL, ohne daß es auf das Kumulierungsgebot ankäme. - Klassische Dampferzeugungsanlagen mit einer Feuerungswärmeleistung von weniger als 20 MW, die nach Ziffer 1, Spalte 2 der 4. BImSchV genehmigt sind, oder Feuerungsanlagen, die den Vorgaben der 1. BImSchV unterliegen. Sie werden gemäß Anhang I, Ziffer 2, Satz 2 der ET-RL bei Standorten, die bereits eine Anlage mit mehr als 20 MW aufweisen, dieser Anlage hinzugezählt. Anderenfalls entscheidet die Summe der Feuerungswärmeleistung derartiger kleiner Anlagen, ob sie in das Emissionshandelssystem einzubeziehen sind. - Interne Feuerungsanlagen sind Anlagen, bei denen der Feuerungsteil nicht separat, sondern beispielsweise als Teil einer Chemieanlage genehmigt wurde (zum Beispiel Cracker, Trockner, Abluftreinigungsanlagen, thermische Nachverbrennungen, Ammoniakproduktionen). Dies können interne Feuerungen mit einer Feuerungswärmeleistung größer oder kleiner als 20 MW sein. Seite 5 / 6
6 Typischerweise sind diese Anlagen, soweit es sich dabei um Chemieanlagen handelt, nach Ziffer 4 der 4. BImSchV genehmigt. Der Feuerungsteil ist allerdings nicht separat nach Ziffer 1 genehmigt, sondern als Teil der Chemieanlage. Bei diesen internen Feuerungsanlagen ist fraglich, ob sie in den Anwendungsbereich der ET-RL fallen. Bei weiter Auslegung des Begriffs Feuerungsanlage wäre dies der Fall. Bei engerer Auslegung des Begriffs Feuerungsanlagen sind dagegen nur interne Feuerungsanlagen der in Anhang I ausdrücklich genannten Anlagen und Branchen (Röst- und Sinteranlagen, Drehrohröfen, Papier- und Zellstoffanlagen) erfasst. Für eine weite Auslegung des Begriffs Feuerungsanlage spricht der Wortlaut der ET- RL, der nicht zwischen externer und interner Feuerung oder sonst nach dem Zweck der Feuerung unterscheidet. Für eine enge Auslegung herangezogen werden könnte das systematische Argument, dass interne Feuerungsanlagen nur dann vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst werden, wenn der entsprechende Industriezweig ausdrücklich im Anhang I genannt wird. Die dort nicht erwähnten Industriezweige seien mit ihren internen Feuerungsanlagen nicht erfasst. Zur Begründung einer engen Auslegung wird auch auf den Willen des Richtliniengebers verwiesen. Denn nach der Begründung des ET-Richtlinienentwurfs vom 23. Oktober 2001 sollte die chemische Industrie als Ganzes nicht erfasst werden. Dementsprechend wäre die Einbeziehung interner Feuerungsanlagen zweckwidrig, da hierüber die chemische Industrie nicht nur mit ihren Anlagen zur Erzeugung von Strom und Gas, sondern mit einer Vielzahl kleinerer Feuerungsanlagen erfasst würde. Konsequenz einer engen Auslegung des Begriffs Feuerungsanlage wäre, dass alle nicht in Anhang I genannten Industriezweige/Anlagen mit ihren internen Feuerungsanlagen vom Anwendungsbereich der ET-RL ausgenommen wären, so zum Beispiel und vor allem die Chemieindustrie. Seite 6 / 6
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