Gefährdung der Wettbewerbspolitik durch globale Marktmacht von IKT Unternehmen?
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- Stefan Dresdner
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1 Gefährdung der Wettbewerbspolitik durch globale Marktmacht von IKT Unternehmen? Prof. Dr. Justus Haucap Wiesbaden, 7. Mai 2015
2 Inhalte Durch die Digitalisierung und die sog. Sharing Economy entstehen neue gesellschaftliche Fragen bzw. alte Fragen werden in neuem Lichte gesehen. Themen: Wettbewerbliche Auswirkungen des Internets Die Sharing Economy Zur Ökonomie von Internet Plattformen Der Fall Google Herausforderungen für das Kartellrecht Professor Dr. Justus Haucap
3 Wettbewerbswirkungen des Internets Durch das Internet intensiviert sich tendenziell der Wettbewerb in vielen Bereichen. Preisvergleiche werden einfacher. Die geographische Marktabgrenzung wächst tendenziell. Aber: Befördert das Internet zumindest langfristig auch eine Monopolisierung oder zumindest wachsende Konzentration? Dominieren am Ende die Langfristeffekte über die kurzfristige Wettbewerbsbelebung? Professor Dr. Justus Haucap
4 Die Sharing Economy (1) Das Teilen von Ressourcen ist prinzipiell nichts Neues: Maschinenring, Lesezirkel, Infrastrukturen, Hotels, Biblio und Videotheken, Mitfahrzentralen, Cloud Computing,. Neu: Auch für Privatpersonen wird es durch AirBnB, Uber, etc. sehr einfach, Ressourcen zu teilen, dann (a) das Matching wird leichter und (b) Vertrauensprobleme (die Anonymität des Marktes) werden überwunden. Ökonomische Vorteile: knappe Ressourcen werden besser genutzt (auch ökologischer Vorteil) Wettbewerb nimmt zu Frage fairer Wettbewerbsbedingungen einerseits und der adäquaten Regulierung andererseits. Beispiel: Uber (Tarifpflicht, Ortskundeprüfung, Konzessionsvergabe) Professor Dr. Justus Haucap
5 Die Sharing Economy (2) Führt die Digitalisierung zu prekären Arbeitsverhältnissen? Schwarzarbeit blühte schon immer im Taxi Gewerbe und in der Gastronomie Aber: Arbeitsplätze verlagern sich (z. B. nach Indien). Führt die Digitalisierung zu Steuerhinterziehung? Elektronische Erfassung und bargeldloser Zahlungsverkehr erschweren dies. Geht das Soziale verloren? Werden die Menschen immer individualistischer (autistischer)? Das Sozialkapital verändert sich soziale Netze bleiben nach wir vor wichtig. Professor Dr. Justus Haucap
6 Die Ökonomie von Internet Plattformen Internet Plattformen (Google, ebay, Facebook, Amazon, Uber, AirBnB, ) sind für Ökonomen sog. Two sided Markets (mehrseitige Plattformen). Nutzen der einen Marktseite (z.b. Verkäufer) steigt je mehr Nutzer es auf der anderen Marktseite (z.b. potenzielle Käufer) es gibt (z.b. Einkaufszentrum), Verkäufer profitieren also nicht direkt davon, wenn es mehr andere Verkäufer gibt, sondern nur indirekt (es zieht mehr Käufer an), Evans (2002) nennt drei Kriterien: 1. Es muss zwei voneinander unabhängige, komplementäre Nutzergruppen geben, 2. der Nutzen der Mitglieder der einen Gruppe ändert sich mit der Größe der anderen Gruppe, 3. Es bedarf eines Intermediärs, der beide Nutzergruppen zusammenbringt. Professor Dr. Justus Haucap
7 Ökonomische Theorie zum Wettbewerb bei Plattformen Plattform Akteur 1 (B) Akteur 2 (S) Videospielkonsolen Spieler Spieleentwickler Computer Betriebssysteme Nutzer Anwendungsentwickler Beispiele für Plattformen Game Cube, Playstation, Nintendo Windows, Linux, OS/2, Android (Karten ) Zahlungssysteme Käufer Akzeptanzstellen (Restaurants, Hotels) Kreditkarten, EC, Bonuskarten, PayPal Medien Leser, Zuschauer Inserenten Reisevermittler Reisende Fluglinien, Hotels Einkaufszentren Konsumenten Geschäfte Professionelle Sportvereine Zuschauer Werbetreibende Zeitungen, Webseiten Expedia, HRS, Uber, AirBnB, Reisebüros Malls, Bahnhöfe, ebay, Amazon FSV Mainz 05, Eintracht Frankfurt Professor Dr. Justus Haucap
8 Ökonomische Theorie zum Wettbewerb bei Plattformen Caillaud und Jullien (2003): Henne und Ei Problem welche Marktseite kann man zuerst gewinnen? Typisches Verhalten: Quersubventionierung der einen Marktseite, um die Attraktivität der Plattform für die andere Marktseite zu steigern. Ergeben sich aus den indirekten Netzeffekten automatisch bzw. natürlich Monopolstrukturen auf den Märkten? Nein: siehe Reisebüros, Einkaufszentren, Kreditkarten, Single Börsen,. Woran liegt dies? Was beeinflusst die Konzentration? Professor Dr. Justus Haucap
9 Ökonomische Theorie zum Wettbewerb bei Plattformen 1. Direkte Netzeffekte: Facebook, Skype, Twitter, WhatsApp,. 2. Indirekte Netzeffekte: HRS, Amazon, ebay, AirBnB, Uber, Google,.. Ursache Effekt auf die Konzentration Stärke der indirekten Netzeffekte + Ausmaß steigender Skaleneffekte + Überlastungsgefahren Differenzierung der Plattformen Multihoming Quelle: Evans und Schmalensee (2008, S. 679), Haucap und Wenzel (2011, S. 204). Professor Dr. Justus Haucap
10 Der Fall Google (1) Im Januar 2013 hat die Federal Trade Commission (FTC) in den USA ihre fast 20 monatigen Untersuchungen gegenüber Google eingestellt und einstimmig beschlossen, von Wettbewerbsverfahren gegenüber Google abzusehen. Im Gegenzug hat Google sich bereit erklärt: die Bedingungen zu ändern, zu denen Anzeigenkunden Daten und Programme aus ihren Google Kampagnen nutzen können, Inhalte anderer Webseiten (wie Hotelbewertungen) nur mit Einverständnis in die eigene Trefferliste zu integrieren, die vorgeschlagene Verfahrensweise zur Klärung von Patentstreitigkeiten (Motorola) zu akzeptieren. Zugleich: Freispruch vom Vorwurf des sog. Search Bias. Verfahren der Europäischen Kommission seit November 2010 Professor Dr. Justus Haucap
11 Der Fall Google (2) die Vorwürfe Search Bias: Organische Suchergebnisse werden zugunsten konzerninterner Inhalte (Youtube, Google Maps, Google Travel etc.) verzerrt, Google ist ein Gatekeeper/wesentliche Einrichtung/Bottleneck Frage der sog. Verweisungsdominanz? Google Shopping wird zu prominent bei der generischen Suche beworben, Original Suchdaten für Wettbewerber nicht zugänglich (Frage der Skaleneffekte/Größenvorteile Skaleneffekte als Markteintrittsbarriere?) Google erschwert anderen Suchmaschinen den Zugang zu eigenen Inhalten (wie youtube, Google Books etc.), Verdrängung von vertikalen (spezialisierten) Suchmaschinen, Erschwertes Multihoming bei Werbekunden, Google Produkte als Default auf Endgeräten (in Kombination mit Android). Professor Dr. Justus Haucap
12 Quelle: Google-Suche nach Lehrbuch TK-Recht Professor Dr. Justus Haucap
13 Quelle: Google-Suche nach Turnschuhe Professor Dr. Justus Haucap
14 Der Fall Google (3) Marktbeherrschung Suchmaschine USA D UK F Japan China RUS AUS Google 71.0% 97.0% 93.0% 96.0% 38.0% 24.6% 34.5% 92.8% Yahoo! 14.5% 1.0% 2.1% 1.3% 51.0% 2.3% Bing 9.8% 1.2% 3.5% 2.1% 3.2% Baidu 73.0% Yandex 62.0% Andere 4.7% 0.9% 1.5% 0.6% 11.0% 3.4% 3.5% 1.7% Quelle: share large.png Professor Dr. Justus Haucap
15 Der Fall Google (4) Würdigung Aber: Ein hoher Marktanteil im Markt für generische Suchanfragen impliziert nicht hohe Marktanteile im (Online )Werbemarkt, Frage nach der Marktabgrenzung und den Marktanteilen bei Google Shopping Mögliche Abhilfen? Pflicht zur neutralen Listung der Ergebnisse aber: Geht das überhaupt? Innovative Angebote, persönliche Suchgeschichte, wer überprüft das? Subtile Formen der Verzerrung, Meinungsfreiheit. Entflechtung von universeller und spezialisierter Suche, Zugang zu historischen Suchdaten, Reservierte Plätze für andere Preisvergleichsportale? Steigerung der Transparenz? Professor Dr. Justus Haucap
16 Der Fall Google (4) Würdigung Aber: Ein hoher Marktanteil im Markt für generische Suchanfragen impliziert nicht hohe Marktanteile im (Online )Werbemarkt, Frage nach der Marktabgrenzung und den Marktanteilen bei Google Shopping Quelle: search for harm.html Professor Dr. Justus Haucap
17 Amazon Marktanteil etwa 80% des Online Buchhandels, aber nur 25% des gesamten Buchhandels, Buchpreisbindung unterbindet Preiswettbewerb im Buchhandel nahezu (Ausnahme: Gebrauchte Bücher, Zugangstarife für E Book Bibliothek) Wettbewerb über Beratung, Sortimentsbreite, Standorte, Zahlungsmöglichkeiten, Service Harte Verhandlungen zwischen Herstellern/Verlagen und Buchhändlern nichts Ungewöhnliches Der stationäre Buchhandel fürchtet E Books, die Verlage tendenziell auch, Die Verlage verlieren an Bedeutung (welche Funktion erfüllen sie noch?) Auch Nischenprodukte ( the long tail ) haben Chancen, Wie lange wird man noch (aus)gedruckte Bücher besitzen? Professor Dr. Justus Haucap
18 Herausforderungen für das Kartellrecht Definition und Abgrenzung bei Märkten ohne Umsätze: Wie sind Daten zu bewerten? Wie können Marktanteile ermittelt werden? Konfliktfelder zwischen Datenschutz und Kartellrecht? Beispiel: Zugang zu Daten der Konkurrenz Sind Daten wesentliche Einrichtungen? Fusionskontrolle: Orientierung von Aufgreifschwellen auch am Wert der Transaktion, nicht nur an Umsatzschwellen Bewertung alter und neuartiger Vertikalbeschränkungen im Internetvertrieb Sektoruntersuchung der EU Kommission zu E Commerce Professor Dr. Justus Haucap
19 Literaturhinweise Haucap, J. (2015), Ökonomie des Teilens nachhaltig und innovativ? Die Chancen der Sharing Economy und ihre möglichen Risiken und Nebenwirkungen, in: Wirtschaftsdienst, 95. Jg., S Haucap, J. & U. Heimeshoff (2014), Google, Facebook, Amazon, ebay: Is the Internet Driving Competition or Market Monopolization?, in: International Economics and Economic Policy, 11. Jg., S Haucap, J. & C. Kehder (2013), Suchmaschinen zwischen Wettbewerb und Monopol: Der Fall Google, in: R. Dewenter, J. Haucap & C. Kehder (Hg.), Wettbewerb und Regulierung in Medien, Politik und Märkten: Festschrift für Jörn Kruse zum 65. Geburtstag, Nomos Verlag: Baden Baden 2013, S Haucap, J. & T. Wenzel (2011), Wettbewerb im Internet: Was ist online anders als offline?, in: Zeitschrift für Wirtschaftspolitik, 60. Jg., S Haucap, J. & T. Wenzel (2009), Ist ebay unbestreitbar ein nicht bestreitbares Monopol? Monopolisierungsgefahren bei Online Marktplätzen, in R. Dewenter & J. Kruse (Hg.), Wettbewerbsprobleme im Internet, Nomos Verlag: Baden Baden 2009, S Professor Dr. Justus Haucap
20 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Prof. Dr. Justus Haucap Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE) Universitätsstraße Düsseldorf consult.de haucap@dice.hhu.de
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