Gesamtausgabe der Vorlesungsskripten zur VO Halbleiterelektronik. Das NIEDELUNGENLIED

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1 Gesamtausgabe der Vorlesungsskripten zur VO Halbleiterelektronik LVA , VO2.0, 3 ETCS oder Das NIEDELUNGENLIED NIEDrigdimensionale ELektronensysteme UNd deren physikalische GrundlageEN Version Aktuellste Version: Hier klicken! Jürgen Smoliner Institut für Festköperelektronik, TU Wien juergen.smoliner@tuwien.ac.at

2 Vorwort Wie alle Sagen und Legenden fing auch diese scheinbar harmlos an, nämlich mit der Aussage meiner Frau Cilia, die da sagte: Du hast gerade kein Forschungsprojekt, also eh nichts zu tun, Du langweilst dich, also warum schreibst du nicht ein Skriptum oder besser noch ein Buch? So eine Aussage wollte ich eigentlich gar nicht hören, denn nach zwei größeren Review Artikeln und sogar einem Buchbeitrag, war mir das Review- Schreiben ziemlich verhasst. An dieser Stelle kamen dann aber die Studenten ins Spiel, die mich durch gute Argumente dazu brachten, meine Phobie gegenüber Skriptumsund Buchprojekten nochmals zu überdenken und mich den Beschluss fassen ließen, die bestehenden Vorlesungsunterlagen zu modernisieren. Die Frage war nur wie? Relativ schnell war klar, dass eine Insellösung nichts bringt und so entstand ein größeres Skriptumsprojekt, welches als Nachschlagewerk die Inhalte der Vorlesungen Halbleiterelektronik, Halbleiterphysik und Nanoelektronik in sich vereint, es aber trotzdem ermöglicht, automatisch Skripten für die jeweiligen Einzelvorlesungen zu erstellen. Herausgekommen sind am Ende die Skripten Halbleiterelektronik - Grundlagen, Halbleiterelektronik - Niedrigdimensionale Elektronensysteme und das Skriptum Nanoelektronik. Die zusammengefasste Ausgabe ist dann das Skriptum Halbleiterelektronik - Niedrigdimensionale Elektronensysteme und deren physikalische Grundlagen. Wesentliche Inhalte all dieser Skripten wurden aus den Büchern Electronic and Optoelectronic Properties of Semiconductors von J. Singh und Semiconductor Device Physics and Design von J. Singh und U. K. Mishra abdestilliert. Weitere große Teile wurden aus den Büchern Festkörperphysik von Rudolf Gross und Achim Marx, dem Buch Halbleiterphysik von Rolf Sauer übernommen. Die restlichen Plagiate stammen aus den Werken Semiconductor Devices von S. M. Sze, Semiconductor Nanostructures for Optoelectronic Applications, herausgegeben von Todd Steiner und aus dem Buch Photonik meines Kollegen Georg Reider. Aus vielen anderen verschiedenen Quellen wurden dann noch einfache numerische Methoden zum Lösen von Schrödingergleichungen und Poissongleichungen, sowie Details zu wichtigen Messmethoden im Halbleiterbereich wie Hallmessungen und C(V) Spektroskopie zusammengetragen. Materialien wie GaN und Graphen werden ebenfalls diskutiert. Der Abschnitt über niedrigdimensionale Elektronensysteme widmet sich überblicksmäßig modernen Themen wie dem Quanten- Hall Effekt, dem ballistischen Elektronentransport und modernen Anwendungen von Quantenpunkten wie der Coulomb-Blockade bis hin zu Quantencomputern. Es muss aber betont werden, dass in diesem Werk nicht einmal der Versuch un-

3 ternommen wurde, das Gebiet der Halbleiterelektronik auch nur annähernd komplett abzudecken. Das Skriptum soll nur einen ausreichend guten Einstieg in die Materie bieten, so dass ein selbständiges Studium tieferer Probleme möglich ist. Weiters muss betont werden, dass dieses Werk kein(!) wissenschaftliches Werk im klassischen Sinne, sondern eben ein Skriptum für Studenten ist. Der Sprachgebrauch ist daher teilweise etwas unseriös, dafür aber hoffentlich einprägsam und es gibt auch hier und da biblische Gleichnisse sowie die eine oder andere Anekdote, um die Unmengen von mathematischen Formeln und die enthaltene Physik dem täglichen Leben etwas näher zu bringen. Vorschläge für Verbesserungen und Ergänzungen, sowie Hinweise auf Fehler und werden gerne angenommen. Da Marketing heutzutage wichtig ist, war natürlich schnell klar, dass mit den langweiligen Titeln der einzelnen Skripten (Halbleiterphysik I und Halbleiterpysik II, oder Ähnliches) kein wesentlicher Bekanntheitsgrad zu erreichen ist. In Studentenkreisen wurden die Skripten daher unter den Namen Die HAEgrula Saga (Halbleiterelektronik - Grundlagen), Die Legende der HAEleniden (Halbleiterelektronik - Niedrigdimensionale Elektronensysteme) und Die Fabel von NaEl (Nanoelektronik) bekannt. Das NN- IEDELUNGEN-Lied (Niedrigdimensionale Elektronensysteme und deren physikalische Grundlagen) ist die zusammengefasste Ausgabe dieser Skripten. Der in dieses Skriptumsprojekt investierte gesamte Arbeitsaufwand betrug bis heute in etwa zwei Arbeitsjahre in Vollzeit. Trotz des großen Aufwandes würde das Skriptum aber nicht in der vorliegenden Qualität existieren, hätte es nicht einen überwältigenden und andauernden positiven Feedback von studentischer Seite gegeben. Die Helden der vorliegenden Saga sind damit eindeutig die Studenten der Elektrotechnik an der TU-Wien. Alle ihre Beiträge sind daher namentlich auf der Ruhmesliste weiter unten aufgelistet und werden es immer sein. Copyright statement: Die Urheber der Abbildungen in den Skripten sowie die Herkunft einzelner Textblöcke sind flächendeckend erwähnt, offizielle copyright agreements wurden aber nicht eingeholt. Die gegenwärtigen Skripten dürfen daher gerne zu Lehrzwecken kopiert und weitergegeben, aber keinesfalls verkauft werden. Versionshistorie seit Version 1.0.0, SS 2017 Neuerungen in der Version 1.1.1, SS 2017: Die Korrekturen aus den aktuellen Versionen der HAEGRULA Saga und den Legenden der HELENIDEN wurden in dieses Skriptum übernommen. Vor allem wurde das Kapitel über die 1D-Elektronengase II

4 gründlich renoviert. Neuerungen in der Version 1.1.2, SS 2017: Das Kapitel über die 0D- Elektronengase wurde generalsaniert. Neuerungen in der Version 1.1.3, SS 2017: Das Kapitel über Elektronenpumpen wurde renoviert. Neuerungen in der Version 1.1.4, SS 2017: Das Kapitel über Quantencomputer wurde renoviert. Neuerungen in der Version 1.1.9, SS 2017: Massive Updates bei den Abbildungen. Alle Beschriftungen sind jetzt in deutscher Sprache und es gibt nun flächendeckend längerfristig belastbare Quellenangaben. Neuerungen in der Version 1.2.4, SS 2017: In den letzten Updates hatten sich Fehler eingeschlichen, die aber jetzt hoffentlich wieder beseitigt sind. Neuerungen in der Version 1.2.6, SS 2017: Peinliche Fehler im Abschnitt über Quantendrähte im starken Magnetfeld wurden beseitigt. Neuerungen in der Version 1.2.9, SS 2017: Viele kleine Updates und einige neue Bilder im Kapitel über 1D-Systeme. Neuerungen in der Version 1.3.0, SS 2017: Einige Updates und verbesserte Bilder im Kapitel über 0D-Systeme. Neuerungen in der Version 1.3.2, SS 2017: Es gibt jetzt ein Stichwortverzeichnis und ein Verzeichnis der Spezialliteratur. Neuerungen in der Version 1.3.4, WS 17/18: Einige Änderungen bei den Abbildungen. Die Copyright-Situation für alle Abbildungen ist jetzt geklärt, copyright permissions müssen aber noch angefordert werden. III

5 Im Buchhandel erhältliche Bücher zur Vorlesung: Rolf Sauer, Halbleiterphysik, Oldenburg Verlag (2009), IISBN , München (erhältlich als e-book an der TU-Bibliothek) (erhältlich als e-book an der TU-Bibliothek) Rudolf Gross, Achim Marx, Festkörperphysik, De Gruyter (2014) ISBN Jasprith Singh, Quantum Mechanics: Fundamentals and Applications to Technology (Wiley 2008), ISBN: Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design, Springer (2007) ISBN Jasprith Singh, Electronic and Optoelectronic Properties of Semiconductors, Cambridge University Press (2003) ISBN-13: Jasprith Singh, Semiconductor Devices, Basic Principles, John Wiley and Sons (2000) ISBN: Simon M. Sze, Kwok K. Ng, Physics of Semiconductor Devices, John Wiley & Sons, Inc. (2006) ISBN: Thomas Heinzel, Mesoscopic Electronics in Solid State Nanostructures, Wiley- VCh (2003) ISBN-13: Ben Streetman and Sanjay Banerjee, Solid State Electronic Devices, 6th Edition, Pearson Prentice Hall (2006), ISBN-13: Todd Steiner, Optoelectronic Applications, Artech House Inc. (2004) ISBN Web-Literatur zur Vorlesung: Principles of Semiconductor Devices von B. Van Zeghbroeck findet sich hier: IV

6 Sehr kompakt und sehr gut ist auch das KOMA-Skriptum (KOMA seht für kondensierte Materie) von Christian Schönenberger (Uni Basel): V

7 Dank: Das aus den Skripten Halbleiterelektronik: Grundlagen (Die HAEGRULA Saga), und Halbleiterelektronik: Niedrig dimensionale Elektronen (Die Legenden der HAELE- NIEDEN) zusammengefasste Skriptum Halbleiterelektronik ( Das NIEDELUNGEN- Lied ) wäre in dieser Qualität niemals entstanden ohne: der ersten Heldin von HAEGRULA, meiner Frau Cilia, die sagte: Du hast gerade kein Forschungsprojekt, also eh nichts zu tun, Du langweilst dich, also warum schreibst Du nicht ein Skriptum oder besser noch ein Buch? den selbstlosen Einsatz der hier aufgelisteten Studentinnen und Studenten, die sich als Lektoren betätigt haben und viele gute inhaltliche Verbesserungsvorschläge machten. Hier ist die Liste der Heldinnen und Helden des Skriptums in chronologischer Reihenfolge. Die Helden der HAELENIEDEN sind: Michael Eberhardt, Sebastian Kral, Martin Kriz und Paul Marko waren meine LATEX Ghostwriter der ersten Stunden und entzifferten im Jahre 2010 mit endloser Geduld mein handgeschmiertes Originalskriptum. Sie legten den Grundstock für das jetzige Skriptum. Hilfe hatten Sie dabei von Thomas Hartmann bekommen, der sich 2009 bemüht hat, das Originalskriptum in ein MS-Word 2007 Dokument zu verwandeln. Leider war dieses Dokument nicht sehr kompatibel mit anderen Plattformen und so dauerte es bis zum Jahr 2010, ehe die darin enthaltenen Formeln mittels Mathtype 6.0 und LATEX recycelt werden konnten. Weitere Unterkapitel aus den frühen Anfangszeiten dieser Vorlesung wurden beigesteuert von: Clemens Novak und Andreas Worliczek Das Skriptum Halbleiterelektronik in den Versionen 1.x.x korrigierten: Tobias Flöry, Martin Janits, Gerhard Rzepa, und Stefan Wagesreither Um das Skriptum in den Versionen 2.x.x bemühten sich: Manuel Messner, Christian Hölzel, Peter Gruber, Thomas Kadziela, Günther Mader, Elisabeth Wistrela, Rüdiger Sonderfeld, Lukas Dobusch und Nikolaus Lehner. VI

8 Ein neuer Abschnitt zum Thema Wellenpakete entstand aus den Anregungen von David Feilacher. Diskussionen mit Sana Zunic führten zu wichtigen Ergänzungen und Korrekturen zum Thema Unschärferelation. Korrekturen und Vorschläge zur Verbesserung des Skriptums in den Versionen 3.3.x wurden beigetragen von den Studenten: Sebastian Glassner, Markus Kampl, Christian Hartl, Jürgen Meier, Dominic Waldhör, Gernot Fleckl, und Marko Stübegger, Korrekturen und Vorschläge zur Verbesserung des Skriptums, besonders im Kapitel Unschärferelation, verdanke ich Theresia Knobloch und meinem Kollegen Hans Kosina. Die Helden von HAEGRULA sind: Matthias Reisinger war der Lektor der allerersten Version des Skriptums. Er fand ungelogen 107 Fehler, machte diverse Verbesserungsvorschläge, ganz besonders zu Thema Elektronen und Löcher und holte damit das Skriptum aus dem Beta- Stadium. Armin Lochmann fand nochmals 31 peinliche Fehler auf den Seiten und ich bin sicher, auf den folgenden Seiten gibt es noch genügend weitere Fehler zu finden. Richtig vermutet. Samuel Gaspar, Benedikt Limbacher und David Graf fanden gemeinsam noch weitere 119 Tippfehler, aber nicht nur im hinteren Teil des Skriptums sondern überall. In den Formeln fand sich bisher nichts, sehr verdächtig! Wieder richtig geraten. Martin Wolff fand Formelfehler, wo niemand welche vermutet hätte und noch so einiges anderes. Herrn Georg Mühl verleihe ich den Held von HAEGRULA-Orden in Gold (massiv und % rein, nicht nur billig vergoldet) für das Auffinden von 24 heimtückischen, gut versteckten inhaltlichen Fehlern, für einige sehr gute Verbesserungsvorschläge, für diverse wertvolle Diskussionen und für das Auffinden von Tippfehlern ohne Zahl. Außerdem gebe ich freiwillig zu, dass ich mich jetzt etwas legasthenisch fühle. VII

9 Herr Gerd Fuchs ist ein wirklich EPISCHER Held von HAEGRULA. Er fand schwerste Fehler zum Thema effektive Massen und Störstellen sowie noch einige andere Problemchen. Ganz besonders aber schätze ich seinen Beitrag zum Thema Phononen und Federketten sowie sein konstantes Feedback während des Semesters. Während der Vorbereitung zu seiner Prüfung tauchten dann hier und da noch ein paar scheinbar kleine Unklarheiten auf, welche dann aber ganz und gar nicht leicht zu beseitigen waren. Das Skriptum ist jetzt jedenfalls um ca. 10 Seiten länger. Herr Peter Nemeth hat aufmerksam überall die Formeln kontrolliert und fand Formelfehler im Kapitel über Kristalle und den pn-übergang, wo niemals jemand Fehler vermutet hätte, sowie noch einige sprachliche Fehler. Eine ganze Reihe von Grammatik-Fehlern wurden von David Pirker gefunden. Gernot Schweighofer kümmerte sich nochmals um den hinteren Teil des Skriptums und fand massenhaft desaströse und viel schlimmer, extrem peinliche Beistrichund Grammatikfehler. Deuts Sprach sein offensichtlich sehr swer Sprach, gilt selbst für mich als Halbgermanen. Der Literaturpreis des FKE (2016) geht jedenfalls an ihn. Martin Baumann entdeckte bei der Prüfungsvorbereitung die hoffentlich letzten heimtückischen Tippfehler im Kronig-Penney-Modell. Wofür so eine Prüfung beim Kollegen Strasser nicht alles gut ist! Michael Lackner und Ioan-Daniel Dobie halfen beim picture pimping zum Thema Fouriertransformationen im Anhang. Diverse weitere Fehler wurden entdeckt von: Erik Kornfellner, Niklas Brückelmayer, Kevin Niederwanger, Matthias Kratzmann, Elvira Musitz und in Zukunft hoffentlich auch noch von ganz vielen anderen. Zum Schluss gilt mein ganz besonderer Dank unserem Institutsvorstand Prof. Dr. Emmerich Bertagnolli für seine schier endlose Toleranz gegenüber den oftmals lästigen Interessenkonflikten während der Erstellung dieses Skriptums. VIII

10 Inhaltsverzeichnis 1 Quantenmechanik Märchenstunde, es war einmal Quantenmechanik: Einige formale Grundlagen Die Unschärferelation Schrödingergleichung und Operatoren Die Bracket Schreibweise Die Unschärferelation aus statistischer Sicht Lösungen der Schrödingergleichung: einfachste Fälle Transmission einer Potentialstufe Transmissionskoeffizient der einfachen Barriere Die WKB-Näherung für Transmissionskoeffizienten Der unendlich tiefe Potentialtopf Der harmonische Oszillator Das Coulomb-Potential (Wasserstoff) Periodische Potentiale: 1D-Modellkristalle Gekoppelte Potentialtöpfe Das Kronig-Penney-Modell Blochoszillationen Temperaturabhängige Bandlücken Isolatoren, Halbleiter und Metalle Tunnelströme Zeitabhängige Prozesse: Fermis goldene Regel Quantenmechanik: numerische Methoden Numerische Berechnung von Energiezuständen in einer Dimension Eigenzustände in 2 Dimensionen Numerische Berechnung von Transmissionskoeffizienten IX

11 2.4 Transfermatrixformalismus und Wellenfunktionen k // kann garstig sein: Brechung mit Elektronen Transfermatrixformalismus mit Brechung Anwendung: Tunnelströme Kristalle Gittertypen Einige Definitionen fcc und bcc Gitter Das Wasserstoffatom, Orbitale und Kristalle Das Periodensystem der Elemente Miller Indizes Flats n Notches Gruppentheorie, nein danke Röntgenbeugung und das reziproke Gitter Definition des reziproken Gitters Gegenüberstellung von direktem und reziprokem Gitter Bragg-Reflexion im reziproken Gitter Defekte Das Wasserstoffmodell flacher Störstellen Das Konzept der effektiven Masse Das Blochtheorem Effektive Massen Elektronen und Löcher Zyklotronresonanz kp-theorie, nein danke Halbleiterstatistik und Dotierung Die Zustandsdichte des freien Teilchens Die Zustandsdichte in der Bandstruktur im HL Intrinsische und dotierte Halbleiter Berechnung der Elektronendichte Das Massenwirkungsgesetz Besetzungsstatistik von Donatoren und Akzeptoren Höher dotierte Halbleiter X

12 6 Der pn-übergang und seine Freunde Der pn-übergang und die eingebaute Spannung Berechnung der eingebauten Spannung mittels Halbleiterstatistik Berechnung der Raumladungszone mit der Poisson Gleichung Dotierungsbestimmungen auf Schottky-Dioden CV-Kurven und Dotierungsbestimmungen C(V)-Tiefenprofile JFETs und MESFETs Klassischer Elektronentransport Das Drude Modell Der klassische Hall-Effekt Hall-Effekt und Leitfähigkeitstensor Hallmessungen in Van der Pauw Geometrie Hallmessungen in Hallgeometrie Streuprozesse Elastische Streuprozesse Störstellenstreuung Andere elastische Streuprozesse Nichtelastische Streuprozesse: Phononen Atome im Kristall: Ein Feder-Masse System Akustische Phononen: Die einatomige Kette Die Phononen-Zustandsdichte und der schwarze Strahler Die Zustandsdichte im Debye-Modell Die Zustandsdichte im Modell der linearen Kette LO-Phononen: Die zweiatomige Kette LO-Phononen: Die Molekülkette mit zwei Kraftkonstanten Gesamtleitfähigkeit und Streuprozesse Sättigungsdriftgeschwindigkeit und Beweglichkeit Optische Übergänge und Streuprozesse Die Boltzmann Transportgleichung Die Boltzmann Transportgleichung Halbleiter Grundgleichungen Relaxationszeit-Näherung für Streuprozesse XI

13 9.4 Elastische Streuprozesse im elektrischen Feld Inelastische Streuung im elektrischen Feld Mittelungsprozeduren für die Streuzeit τ Berechnung von τ für diverse Streuprozesse Streuung an ionisierten Störstellen Der Hall Effekt und die Boltzmanngleichung Optische Übergänge in Halbleitern Optische Übergänge in indirekten Halbleitern Absorption Emission (strahlende Rekombination) Optische Übergänge in direkten Halbleitern Die kombinierte Zustandsdichte Absorption und Emission in direkten Halbleitern Berechnung der Dielektrizitätskonstante im Drude-Modell Diffusion & Co Simultaner Drift- und Diffusionstransport Kontinuitätsgleichungen Rekombination Rekombination über tiefe Störstellen Strahlende Rekombination Rekombination über Auger Prozesse Die Halbleiter Grundgleichungen Diffusion injizierter Ladungsträger Zeitliches Abklingverhalten Stationäre Injektion Stationäre Injektion bei einer Probe endlicher Länge Shockley-Haynes Experiment Stromfluss in Dioden Stromfluss in pn-dioden Stromfluss in Schottkydioden Ohmsche Kontakte Der pnp-transistor Stromverstärkung XII

14 12 MOS Strukturen MOSFETS und npn-transistoren: Wo ist der Unterschied? Das Bandprofil der MOS Struktur C(V) Kurven von MOS Strukturen Hochfrequenz - C(V) Kurven von MOS Strukturen MOSFET Kennlinien Heterostrukturen Typ I und Typ II Heterostrukturen Der High Electron Mobility Transistor (HEMT) Aufbau des HEMT Schwellspannung und Elektronendichte Der GaN-AlGaN HEMT Zweidimensionale Elektronengase D-Elektronengase im HEMT: Stern s Modell D-Energiezustände und Selbstkonsistenz Die Poisson Gleichung für stückweise konstante Ladungsdichten Die Poisson Gleichung für beliebige Ladungsverteilungen Selbstkonsistenz unter Berücksichtigung der Schrödingergleichung Das 2DEG im Magnetfeld Die Zustandsdichte im Magnetfeld Shubnikov de Haas (SDH) Effekt Der Quanten Hall Effekt Eindimensionale Elektronengase Herstellung von Quantendrähten Klassische Transporteffekte im schwachen Magnetfeld Quantenmechanische 1D-Effekte D-Systeme im starken Magnetfeld Magnetophononstreuung im 1D Ballistischer 1D-Transport D-Effekte in 2D-Elektronensystemen Der Quanten Hall Effekt als 1D-Phänomen Graphen: ein zweidimensionales 1D-Material Selbstorganisierte Quanten- und Nanodrähte XIII

15 Kohlenstoff Nanoröhrchen oder Carbon Nanotubes Halbleiter Nanodrähte Ein piezoelektrisches Nanodraht Array Thermoelektrische Effekte Nulldimensionale Elektronengase Selbstorganisierte Nanokristalle und InAs Quantenpunkte Selbstorganisierte Nanokristalle Selbstorganisierte InAs Quantenpunkte Strukturierte Quantenpunkte Coulomb Blockade Der Single Electron Transistor (SET) Elektronenpumpen als Stromnormal Elektronenpumpen mit konstanten Barrieren Elektronenpumpen mit steuerbaren Barrieren SET-Präzisionspumpen Das Metrology Triangle Der Aharonov Bohm Effekt Zelluläre Quantenautomaten Quantencomputer, braucht man die überhaupt? Das RSA Kryptosystem Shor Algorithmus Das McEliece-Kryptosystem Anhang Schwingungen, Wellen und ihre DGLs Die Schwingungsgleichung Die Wellengleichung Die Schrödingergleichung δ-funktionen Zustände im δ -Topf Streuung am δ -Topf Fouriertransformationen Fourier für Dummies Wellenpakete Herr Fourier im Auto XIV

16 Fourier im Filter Fourier in Differentialgleichungen Wie zeichne ich ein Bandschema? Schottkydiode pn-übergang Heterostruktur Spezialliteratur 447 XV

17 Kapitel 1 Quantenmechanik 1.1 Märchenstunde, es war einmal Halbleiterphysik ist ein bunt gemischter Cocktail aus allen möglichen Fachgebieten der Physik, wie Elektrostatik, Mechanik, Diffusion, statistischer Physik und manches mehr. Die Hauptzutat des Cocktails ist aber die Quantenmechanik, die man z. B. schon dazu braucht, um zu verstehen, warum es im Halbleiter so etwas wie ein Leitungsband und Valenzband gibt. Da es ohne Quantenmechanik also nicht geht, machen wir zuerst einen Blick in die Geschichte der Physik, damit wir wissen, wo der ganze Quantenkram überhaupt herkommt. Beginnen wir also im Jahre 1700 und betrachten wir von da aus die zeitliche Entwicklung des Wissens über Atome und Elektronen: 1700: Kugelmodell für Atome von Dalton. Atome sind unteilbare Kugeln. Das mit den Kugeln war so falsch nicht, wie wir heute wissen, aber unteilbar war wohl ein leichter Irrtum. 1715: Newton entwickelt erstaunlicherweise eine Korpuskeltheorie (also Licht besteht aus Photonen) für Licht. Das war eine wirklich geniale Idee zu seiner Zeit, aber leider damals noch zu modern und auch noch nicht nachweisbar. Was mich aber bisher gewundert hat ist, wie der zu damaliger Zeit auf solch irre Ideen kam. Die Antwort ist einfach: Licht gab es damals schon, man konnte auch schon damals von hier nach dort leuchten, die Frage war also, woraus besteht ein Lichtstrahl? Da mangels brauchbarer optischer Geräte und der dazugehörenden Experimente niemand auf die Idee kam, dass Licht eine Welle sein könnte, sagte Newton, es müssen Korpuskeln sein. Das war schon recht visionär, muss man zugeben. 1861: Maxwells Gleichungen für elektromagnetische Wellen, elektrischen Strom, 1

18 2 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK Spektrale Intensität 10 4 W / (m 2 µm) 6 Die Ultraviolett-Katastrophe Rayleigh-Jeans Gesetz 2 1 T=3000 K sichtbarer Bereich λ (µm) Abbildung 1.1: Plancksche Strahlungsspektren für verschiedene Temperaturen. Das zur UV-Katastrophe führende Rayleigh-Jeans Spektrum ist ebenfalls eingezeichnet. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet.) Magnetismus und den ganzen Rest. Das war ein echter Schritt vorwärts und wenn es möglich wäre, sollte man ihm zur Belohnung wirklich ein Mobiltelefon in die Vergangenheit schicken. Newtons Korpuskeltheorie war damit natürlich vorläufig mal obsolet. 1877: Boltzmann bemüht sich um die statistische Gastheorie, aber erstaunlicherweise gibt es auch Vorarbeiten vom Herrn Maxwell zu diesem Thema. Der Herr Boltzmann war wirklich genial, weil seine Theorien heute jede Art von Wärmekraftmaschinen beschreiben. Er muss sich vor dem Kollegen Einstein nicht verstecken und seine Entropieformel steht nicht umsonst auf seinem Grabstein am Zentralfriedhof in Wien. 1900: Thomson macht Kathodenstrahlexperimente und entwickelt das Rosinenkuchenmodell für Atome. Ein Atom in diesem Modell besteht aus Elektronen in einer positiven (Kuchen-) Masse. Das stimmt zwar nicht, aber mehr war damals mangels passender Experimente nicht zu machen. Die Elektronen konnte man damals also schon in der Fernsehröhre sehen, über Atomkerne wusste man absolut nichts. 1900: Plancksche Strahlungsformel: Ein schwarzer Körper besteht aus schwingenden Atomen (Federkettenmodell = Oszillatoren) mit der Energie hf pro Atom, die diese Energie dann in Form von Licht abstrahlen. Hier wird es jetzt interessant. Animiert von der Idee, das Sonnenspektrum zu berechnen, wurde als Modell der schwarze Strahler angenommen. Die Berechnung des Spektrums erwies sich aber besonders bei hohen Frequenzen als zickig (Stichwort Ultraviolett-Katastrophe). Planck blieb hart-

19 1.1. MÄRCHENSTUNDE, ES WAR EINMAL 3 näckig und beschrieb den schwarzen Körper auf atomistischer Basis mit einem Feder- Masse Konzept, also jedes Atom sei ein Oszillator und durch Federn mit den Nachbaratomen verbunden. Die ganze statistische Physik gab es dank Boltzmann ja auch schon und das ganze Modellkonzept war logisch und einleuchtend. Nur diese elende Ultraviolett-Katastrophe wurde er vorerst nicht los. Vermutlich inspiriert von Musikinstrumenten mit Saiten, wie E-Gitarre, Harfe, Geige etc. nahm er dann an, dass die Atome alle nur mit ihrer Eigenfrequenz (evtl. mit Oberwellen davon) schwingen sollen. Die Schwingungsenergie eines Atoms ist dann bei konstanter Temperatur (= konstante Schwingungsamplitude) klarer Weise irgendwie proportional zur Frequenz. Die zentrale Formel (die Herleitung wäre an dieser Stelle nur verwirrend) inklusive allem statistischen und thermodynamischen Blabla ist: E = hf e hf/kt 1 (1.1) Vorsicht, die -1 ist für die Bose Einstein Statistik, wir haben dann später immer ein +1 in der -Statistik für Elektronen. Den Proportionalitätsfaktor h zu berechnen war für den Herrn Planck aber sinnlos, denn der hängt in diesem Modell von allen möglichen Parametern ab und so nannte er ihn einfach h für Hilfsfaktor und betrachtete ihn als Fitparameter. Als Resultat bekam er ein schönes Sonnenspektrum (siehe Abbildung 1.1) und noch heute gilt E = hf genau wie damals. Was er nicht ahnen konnte: h hängt von Null Komma Null gar nichts ab, ist eine Naturkonstante und deswegen hat er auch den Nobelpreis bekommen. Wichtig: Planck hat nur seinen Oszillatoren die Energie hf zugeordnet. Dass Photonen auch die Energie hf haben, kam erst später (siehe unten). Das Ganze ist wirklich schön, denn es hat sich später herausgestellt, dass ein quantenmechanischer Oszillator, berechnet mit der Schrödingergleichung, völlig von selbst diese Annahme liefert und zwar ganz ohne Krampf und experimentellen Input. 1900: Photoeffekt (Lenard) : Dieser steht im Widerspruch zu den Maxwell Gleichungen (1861 bis 1864), im Besonderen dazu, dass sich die Intensität einer klassischen elektromagnetischen Welle berechnet zu: I = E 0 H 0 /2 (E: elektrische Feldstärke, H: Magnetisches Feld) und deswegen sehen wir uns das etwas genauer an: In der Anordnung in Abbildung 1.2 wird die Kathode aus Metall (z. B. Natrium) mit monochromatischem Licht bestrahlt, wobei Elektronen aus der Oberfläche des Metalls emittiert werden können. Zwischen Kathode und Anode wird eine Spannung angelegt, gegen welche die emittierten Elektronen anlaufen müssen. Stellt man diese so ein, dass der Strom gerade verschwindet, kann man daraus deren Energie bestimmen. Man erhält das über-

20 4 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK (a) Quartzfenster monochromatisches Licht E=hf Kathode (Alkalimetall) Vakuum (b) -V I V - + f Abbildung 1.2: (a): Das Experiment von Lenard. Zwischen Kathode und Anode wird eine variable Gleichspannung angelegt, die Kathode wird mit monochromatischem Licht bestrahlt. (b): Im Diagramm ist die negative Bremsspannung, bei der der Strom gerade verschwindet, gegen die Frequenz des eingestrahlten Lichts aufgetragen. Das Quartzglasfenster wird benötigt, weil normales Glas für UV-Licht undurchlässig ist. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet) raschende Ergebnis, dass die kinetische Energie der Elektronen nur von der Frequenz bzw. Wellenlänge des eingestrahlten Lichtes abhängt, nicht aber von dessen Intensität (siehe 1.2 rechts). Also so richtig passt das nicht zur Annahme, dass Licht eine elektromagnetische Welle sein soll. Für Wellen würde man wegen der Formel Energie pro Flächeneinheit = Intensität Zeit erwarten, dass der Strom einsetzt, nachdem das Zeitintegral über die Intensität auf dem mittleren Flächenbedarf für ein Elektron auf der Metalloberfläche gleich der Austrittsarbeit für irgendein Elektron in der Probe ist und das völlig unabhängig von der Wellenlänge. Hinweis: Der Herr Lenard hat zwar wesentlich zur Quantenmechanik beigetragen, ansonsten hatte er aber eher fragwürdige Ansichten über den Aufbau der Welt. Wer mehr wissen will, sehe bitte bei Wikipedia nach. 1905: Einstein schließt dann in seiner Arbeit Über einen die Erzeugung und Verwandlung des Lichtes betreffenden heuristischen Gesichtspunkt (von Werbesprüchen mit sinnvollem Marketingfaktor hatte er offenbar gar keine Ahnung): Licht besteht aus Photonen mit der Energiehf und die Intensität von Licht berechnet sich zui = n/a hf mit n: Anzahl der Photonen und A die Fläche. Damit ist auch der Photoeffekt erklärt,

21 1.1. MÄRCHENSTUNDE, ES WAR EINMAL 5 E kin p Elektron vor dem Streuprozess p e Elektron nach dem Streuprozess Photon mit Wellenlänge λ 0 θ Photon mit Wellenlänge λ sc p sc Abbildung 1.3: Der Compton-Effekt: Eine einfallende Welle mit der Wellenlänge λ 0 streut mit einem Elektron und gibt einen Teil seines Impulses und seiner Energie an das Elektron ab. λ sc ist die Wellenlänge der auslaufenden Strahlung ( sc steht für scattered ). (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet, wurde aber inspiriert von den Kollegen der Uni Göttingen denn wenn man annimmt, dass Licht aus Photonen besteht, gilt die Beziehung E kin = eu = hν E A (1.2) wobei E kin die kinetische Energie der Elektronen, U die angelegte Spannung und E A die Austrittsarbeit der Elektronen aus der Metalloberfläche ist. Aus der Steigung der Geraden im Diagramm ergibt sich somit das Plancksche Wirkungsquantum h. Nach so langer Zeit zu hören, dass er doch richtig geraten hatte, hätte Sir Isaac sicher gefreut! Ab dann geht es auf der experimentellen Seite zügig voran: 1909: Rutherford: Atome haben eine Hülle und einen Kern! 1922: Compton-Effekt mit dem Resultat: Wellen (Röntgenstrahlen oder ultraviolettes Licht) sind Teilchen! Beim Compton-Effekt fällt UV-Licht auf eine Substanz mit locker gebundenen Elektronen, wie z. B. metallisches Natrium. Im Streulicht ist außer der Primärwellenlänge auch eine längerwellige Komponente nachweisbar; außerdem werden ausgeschlagene Elektronen beobachtet. Die Frequenzänderung ist durch das Wellenbild für Photonen völlig unerklärlich. Durch das Teilchenbild wird sie hingegen als elastischer Stoß zwischen Photon und Elektron völlig richtig beschrieben. ω 0 = ω sc +E e (1.3)

22 6 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK k 0 = k sc + p e (1.4) E e ist die kinetische Energie und p e der Impuls des Compton-Elektrons. ω sc ist die Frequenz des gestreuten Lichts, ksc der zugehörige Wellenvektor. Der Wellenvektor k 0 zeigt in die Ausbreitungsrichtung des Photons und hat die Länge k 0 = 2π. Der Impuls λ des Photons ergibt sich zu p = k = h 2π 2π λ = h λ (1.5) Der Compton-Effekt ist ein direkter Beweis, dass Photonen nicht nur eine Energie ω, sondern auch einen Impuls k haben. 1924: De Broglie (ein wirklich visionärer Franzose): Theoretischer Vorschlag: Teilchen wie Atome und Elektronen haben auch eine Wellenlänge mit p = h/λ! An so absurde Ideen glaubte damals natürlich niemand und viel eher wurde wohl von seinen Landsleuten vermutet, dass er zu viel mit Absinth herumexperimentiert hat, aber: 1927: Clinton Davisson und Lester Germer gelingt die Beugung eines Elektronenstrahls (analog zur Röntgenbeugung) an einem Nickel-Kristall. Resultat: Elektronen sind wirklich Wellen. 1926: Schrödinger (auch seine Gleichung steht auf seinem Grabstein) und Heisenberg gemeinsam im Chor: Dieser Welle-Teilchen-Dualismus bringt nix, ich habe bessere Ideen! Nehmt meine Schrödingergleichung, da werden Teilchen mit Wellenfunktionen beschrieben und die ganze Information steckt in der Wellenfunktion! Heisenberg: Nehmt meine Matritzenmechanik! Die Information steckt im entsprechenden Differentialoperator, das ist einleuchtender! Schrödinger kurz danach: Das ist eh alles das Gleiche, aber die Wellenfunktionen sind praktischer und leichter zu berechnen! Wie es heute scheint, hat er wohl Recht behalten. Abgesehen davon war er wohl auch sonst ein sehr weltoffener und liberaler Mensch, der wusste dass gilt: There is life besides physics. Ob er sich das vom Onkel Albert abgeschaut hat ist unklar und auch egal, aber der war privat auch nicht fad. Wir können uns an den beiden jedenfalls problemlos ein Vorbild nehmen. Details bitte bei Wikipedia nachlesen. Schließlich und endlich wurde 1961 dann das Doppelspaltexperiment mit Elektronen durch Claus Jönsson (ein deutscher Physiker) durchgeführt. Dieses Experiment ist nach einer Umfrage der englischen physikalischen Gesellschaft in der Zeitschrift Physics World zum schönsten physikalischen Experiment aller Zeiten gewählt worden. Abbildung 1.4 ist selbsterklärend und das Experiment sagt eindeutig: Elektronen sind Wellen. Das Experiment kann übrigens auch mit anderen Teilchen, wie Neutronen, Atomen, und Fulleren-Molekülen usw. durchgeführt werden. Da es es sich zeigt, dass für

23 1.1. MÄRCHENSTUNDE, ES WAR EINMAL 7 (a) Leuchtschirm Doppelspalt Elektronenkanone (b) Abbildung 1.4: (a): Schematische Darstellung des Doppelspaltexperiments mit Elektronen: Die beobachteten Interferenzstreifen demonstrieren eindeutig die Wellennatur der Elektronen (Bildquelle: Die Abbildung ist ist selbst gezeichnet). (b): Gemessenes Interferenzmuster eines Doppelspaltexperiments mit verschiedener Anzahl von Elektronen. Abbildung (a): keine Elektronen, (b): 200, (c): 6000, (d): 40000, (e): Elektronen. (Bildquelle: A. Tonomura, J. Endo, T. Matsuda, T. Kawasaki and H. Ezawa, Demonstration of Single-Electron Buildup of an Interference Pattern, American J. Phys. 57, pp (1989). Siehe auch und

24 8 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK alle diese Teilchen ein Interferenzmuster wie bei der Durchführung des Experiments mit Licht beobachtet wird, spricht man von Materiewellen. 1.2 Quantenmechanik: Einige formale Grundlagen Die Ergebnisse des Photoeffekts und des Compton-Effekts einerseits und der Elektroneninterferenz andererseits erscheinen widersprüchlich - einmal werden Wellen als Teilchen betrachtet, dann wieder Teilchen als Wellen. Die Frage ist nur: Wann soll man was als was betrachten? Ein bisschen Quantenmechanik hilft schon sehr dabei. Vorab einmal die wichtigsten Formeln für Wellen und klassische Teilchen: Klassisches Teilchen: (1.6) E = m v 2 = p2 2 2m Energie (1.7) p = m v Impuls (1.8) Klassische Welle: λ = 2π k λ: Wellenlänge, k: Wellenvektor (1.9) De Broglie Wellenlänge für quantenmechanische Teilchen: p = h λ = k k = 2π λ = h 2π (1.10) Energie eines Photons: E = h f = hc λ (1.11) Für die Energie eines quantenmechanischen Teilchens gilt dann: E = m v 2 2 = 2 k 2 2m (1.12) Hinweis: m bezeichnet die effektive Elektronenmasse im Halbleiter. Die bräuchte man hier zwar noch überhaupt nicht, die Schreibweise m erleichtert aber dann den Vergleich mit den Formeln in späteren Kapiteln.

25 1.2. QUANTENMECHANIK: EINIGE FORMALE GRUNDLAGEN 9 Potential λ=h/p Klassischer Bereich: Die Wellenlänge ist klein gegenüber der Potentialvariation im betrachten Bereich Ort Potential λ=h/p Quantenmechanischer Bereich: Die Wellenlänge ist vergleichbar mit der Potentialvariation im betrachten Bereich Ort Abbildung 1.5: Schematische Darstellung des quantenmechanischen Bereichs. Ist die De Broglie Wellenlänge in der Größenordnung der Ausdehnung der Potentialmodulation, so muss mit Quanteneffekten gerechnet werden (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet). Mit Hilfe dieser Formeln versteht man nun Abbildung 1.5. Immer dann, wenn die Ausdehnung der De Broglie Wellenlänge in die Größenordnung der Potentialmodulation kommt, treten quantenmechanische Effekte auf. Hier eine falsche, aber dennoch einleuchtende Analogie: Sie fliegen mit einer 747 hoch über ein Gebirge. Sie sind klassisch unterwegs und haben keine Probleme. Fliegen Sie aber mit einer 747 unten durch die Täler, sollten Sie die quantenmechanische Version der 747 haben, ansonsten werden Sie nicht weit kommen, denn es gibt dort ziemlich viel Streuung an den Wänden der Täler Die Unschärferelation Ehe wir weitermachen, müssen wir unser quantenmechanisches Weltbild etwas verfeinern und etwas genauer zwischen frei beweglichen und eingesperrten Elektronen unterscheiden. Frei bewegliche Elektronen finden Sie z. B. in alten fetten Fernsehröhren, eingesperrt sind die Elektronen in jedem Atom, oder auch in jedem Feldeffekttransistor oder Halbleiterlaser. Da Quantenmechanik viel mit Mechanik zu tun hat, suchen

26 10 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK Frei bewegliche Elektronen werden durch Wellenpakete beschrieben. Potential Wellenpaket Eingesperrte Elektronen sind stehende Wellen. stehende Welle Ort Abbildung 1.6: Ein eingesperrtes Elektron dargestellt als stehende Welle in einem Potentialtopf und ein frei bewegliches Elektron dargestellt als gaußförmiges Wellenpaket. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet!) wir nun ein mechanisches Analogon für unser eingesperrtes Elektron. Nehmen wir am besten eine eingespannte Saite, z. B. in einer E-Bassgitarre (Violinen gehen zwar auch, sind aber ein Verrat an der Elektrotechnik). Beachten Sie nun, dass die Elektronenwelle in Abbildung 1.6 viele Bäuche hat. Das entspricht einem angeregten Zustand in der Quantenmechanik und einer Oberwelle am Bass. Sie müssen daher ordentlich an der Saite am E-Bass zupfen, damit sie die entsprechende Oberwelle zu hören bekommen. Frei bewegliche Elektronen in alten fetten Fernsehröhren oder alten Oszilloskopen sind bekanntlich kleine grüne Kügelchen, die, weil man ja auf den alten Röhrenfernsehern nie ein wirklich scharfes Fernsehbild bekommt, wohl ein etwas schwammiges Äußeres haben müssen. Eine stehende, wohlmöglich sogar noch unendlich weit ausgedehnte Welle taugt zur Beschreibung eines solchen Elektrons also absolut nicht, ein gaußförmiges Wellenpaket hingegen ist ein ganz gutes Bild der Situation. Damit man sich das auch vorstellen kann, machen wir nun ein einfaches, aber auch extrem gefährliches Experiment. Wir werfen nun einen Stein oder ein sonstiges Objekt in einen Teich oder wie in Abbildung 1.7 gezeigt, in das Wasser im Abwaschbecken einer Küche. Das ist noch harmlos. Dann betrachten wir das Wellenpaket in Abbildung 1.7 und stellen fest, dass die eingekreiste Wellenfront eine endliche Breite im Ortsraum hat. Wir erinnern uns an irgendwelche Medienberichte vom CERN, in denen etwas von der Unschärferelation gemurmelt wird, die in ihrer Urform von Heisenberg folgendermaßen lautet: p z h (1.13)

27 1.2. QUANTENMECHANIK: EINIGE FORMALE GRUNDLAGEN 11 Abbildung 1.7: Wasserwellen. (Bildquelle: Bildausschnitt aus einem, aus Copyrightgründen selbst gemachten Handymovie, hergestellt im Abwaschbecken meiner Küche. Wirklich, das ist kein Scherz!.) und später auf die Version p z 2 (1.14) geändert wurde. Wichtig dabei ist, dass die 2te Gleichung zwar genauer ist als die ursprüngliche Abschätzung, die Ideen dahinter sind aber die selben und das werden wir noch für die Herleitung der Beziehung brauchen. Schauen wir uns noch einmal die Abbildung mit der Wasserwelle an. Wie schon gesagt, hat diese Welle nicht nur eine Ausdehnung (nennen wir das gleich Unschärfe) im Ortsraum, sondern gemäß der Unschärferelation auch eine endliche Ausdehnung im Impulsraum. Wir rechnen mit den obigen Formeln von Ort und Impuls um auf Energie und Zeit und erhalten: ( h p z = λ ) z = ( h f ) ( z z = (hf) = E t v v) 2 (1.15) Dann fällt uns in der Formel auf, dass diese Welle für kurze Zeiten offenbar sehr hohe Energien haben kann. Langsam wird es gruselig, gab es da nicht noch diese Formel mit E = mc 2, die mir dann sagt, dass meine Welle für sehr kurze Zeiten auch eine sehr hohe Masse repräsentieren kann? Heißt das jetzt, dass sich im Teich, oder schlimmer, im Abwaschbecken der Küche, ein kurzer, aber heftiger Tsunami oder gar ein schwarzes Loch entwickeln kann, welches das ganze Geschirr verschlingt? Werde ich wegen

28 12 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK Gefährdung der Allgemeinheit verhaftet, wenn ich nochmals einen Stein in einen Teich werfe oder verflucht mich dann meine Frau wegen dieser fortgesetzten, gewissenlosen und gefährlichen Experimente im Abwaschbecken? Nur keine Panik, mit etwas Mathematik kann man diese Ängste komplett beseitigen. Jeder Elektrotechniker sollte wissen, dass man jede Wellenform aus einer Summe von Sinuswellen zusammensetzen kann, Fourierzerlegung und Fouriertransformation sind die Stichworte. Behandeln wir nun ein Elektron wie eine Wasserwelle (siehe Abbildung 1.7) und setzen dafür als gute Näherung eine Gaußbeule im Ortsraum an, die um die Strecke a verschoben sein kann, aber nicht muss. Der Einfachheit halber soll bei uns a Null sein. Um ein mit der Quantenmechanik halbwegs konsistentes Bild aufbauen zu können, beschreiben wir die Gaußbeule im Wasser mit einer Funktion G(z), die aber das Quadrat einer Funktion g(z) sein soll. g(z) entspräche dann einer Wellenfunktion und g(z) 2 der Wahrscheinlichkeitsdichte eines dahinfliegenden Elektrons (wobei wir uns ein Elektron als Ladungswolke vorstellen, deren Ladungsdichte im Zentrum am höchsten ist). Bleiben wir derweil aber im Wasser und definieren die Funktion g(z): g(z) = 2 1 e (z a) 2σz 2. (1.16) σz π σ z ist die übliche Standardabweichung. Die komischen Vorfaktoren dienen der Normierung der Wellenfunktion, denn nur so gilt: + g(z) 2 dz = 1. (1.17) Diese Normierung der Wellenfunktion wird später gebraucht, da man die Wellenfunktion ja als Wahrscheinlichkeitsdichte interpretieren will. Wichtig: In einer allgemeineren Formulierung wird obige Formel für die Gaußbeule im Ortsraum noch mit dem Term e +ik0z multipliziert. g(z) = 1 e (z a) σz π 2 2σ 2 z e +ik 0z (1.18) Die Wirkung des Terms e +ik0z ist die folgende. Ist k 0 = 0, dann beschreibt die Formel eine gaußförmige Welle wie im Bild mit den Wasserwellen. Ist k 0 > 0, dann beschreibt die Formel eine komplexe Sinuswelle, deren Amplitude mit einer Glockenkurve moduliert wird. Diese Formulierung werden wir dann später noch brauchen, zum einfacheren Verständnis der Unschärferelation nehmen wir hier aber k 0 = 0 an. Sehen wir uns nun

29 1.2. QUANTENMECHANIK: EINIGE FORMALE GRUNDLAGEN 13 die Fouriertransformierte unserer Gaußbeule an : h(k) = 1 + g(z)e ikz dz (1.19) 2π h(k) = 1 2π 1 + σz π 2 e (z a) 2σ 2 z e ikz dz (1.20) Jetzt, weil es einfacher und hier egal ist, a = 0 setzen, alles quadratisch ergänzen und die richtigen Terme vor das Integral schieben: h(k) = 1 2π 1 + σz π h(k) = 1 2π 1 2 e (z) σz π e +(ikσ 2σz 2 e ikz2σ2 z 2σz 2 2 z )2 2σz 2 + (ikσ2 z )2 2σz 2 + (ikσ2 z )2 2σz 2 dz (1.21) e ( z+ikσ 2 z) 2 2σz 2 dz (1.22) Das bestimmte Integral findet man in einer Integraltafel und somit bekommt man: Und schließlich landet man bei: 2 z )2 2σz 2 h(k) = 1 1 e +(ikσ 2π σz π h(k) = 2πσz (1.23) σz π e (kσ z )2 2 (1.24) Siehe da, die Fouriertransformierte einer Gaußbeule ist wieder eine Gaußbeule. Wenn Sie das nicht glauben, so kontrollieren Sie das mit Wolfram Alpha, einem analytisch rechnenden Programm aus dem Internet. Schauen wir uns die obige Formel etwas genauer an und vergleichen das Argument der Exponentialfunktion mit dem, was man in Formel 1.16 findet. In Formel 1.16 hatten wir e (z) 2σz 2 mit σz 2 im Nenner und in der Fouriertransformierten haben wir e (kσ z )2 2 mit σz 2 im Zähler. Weil wir aber im k-raum die gleiche schöne Gaußbeule wie im Ortsraum wollen, machen wir einen Koeffizientenvergleich und stellen fest, dass wir zu diesem Zweck nur fordern müssen, dass: 2 σ k = 1 σ z (1.25) und damit ist: h(k) = σz π e (kσ z )2 2 = 1 σk 2 1 e (k) 2σ k 2 (1.26) π

30 14 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK z 1.0 3σ 2σ 1σ 1σ 2σ 3σ exp.(x 2 /2σ 2 ) σ=1 0 0 z 68.3% 95.6% 99.8% Flächenanteile Abbildung 1.8: Darstellung einer Gaußbeule inklusive der Breiten σ, 2σ und 3σ. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet.) und das sieht formal genau gleich aus wie unsere Funktion g(z) im Ortsraum. Um von diesem formalen Blabla zur Unschärferelation zu kommen, braucht es einen kleinen physikalischen Input, wir müssen noch die Breite des Wellenpakets im Orts- und Impulsraum definieren. Dazu wählen wir (völlig künstlich, aber vernünftig, siehe Abbildung 1.8) als Breiten z und k, den Punkt bei dem g(z) und h(k) auf e 3 ihres Maximalwertes abgefallen sind und das wäre also praktisch die gesamte (halbe) Breite der Gaußbeule. Für diesen Punkt gilt: (z) 2 2σ 2 z = 3 (1.27) Für z und k bekommen wir damit: z = 6σ z (1.28) k = 6σ k (1.29) Jetzt rechnen wir um auf p mit und erhalten für das Produkt p = k (1.30) p z = 6 (1.31) ist aber h/2π h/6 also: p z = 6h 6 (1.32)

31 1.2. QUANTENMECHANIK: EINIGE FORMALE GRUNDLAGEN 15 Potential stehende Welle in einem beliebig tiefen Potentialtopf Ort Wie die Wellenfunktion außerhalb des Potentialtopfs aussieht, ist für die Berechnung der Energieniveaus egal! Abbildung 1.9: Nicht existente stehende Welle außerhalb eines Potentialtopfes zur Rettung der Unschärferelation. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet.) oder p z = h (1.33) und das ist, man glaubt es kaum, die Unschärferelation in der ursprünglichen Heisenbergschen Form. Hinweis: Das Gleichheitszeichen gilt nur für Wellenfunktionen, die aussehen wie Gaußbeulen, für alle anderen gilt aber immer noch (ohne Beweis): p z h (1.34) Interessant zu wissen: Das Ganze ist ein alter Hut und wurde nicht von Heisenberg alleine erkannt. Bereits 1924, also drei Jahre früher, wurde die sogenannte Küpfmüllersche Unbestimmtheitsrelation formuliert. Die schaut genau gleich aus ( f t > 1), kommt aber aus dem Bereich der Nachrichtentechnik und beschreibt das Phänomen für Funkwellen. Heute wird die Unschärferelation normalerweise geschrieben als p z, was 2 deutlich kleiner ist als in der hier hergeleiteten Version. Um auf diese Variante der Unschärferelation zu kommen, muss man etwas anders vorgehen und die Wellenfunktionen im Orts- und Impulsraum nicht als Welle, sondern als Wahrscheinlichkeitsverteilung betrachten und dann deren Varianz ausrechnen. Ehe wir das tun können, braucht es aber noch ein paar weitere Grundlagen aus der Quantenmechanik. Für alle, die schon ein paar Vorkenntnisse haben, kommt jetzt die Testfrage: Wie ist denn das mit der Unschärferelation für Teilchen in einem Potentialtopf? Nehmen wir

32 16 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK zuerst einen endlich tiefen Potentialtopf. Weil die Wellenfunktion in die Potentialwände eindringen kann, sieht der Grundzustand der Wellenfunktion im Ortsraum in etwa aus wie eine Gaußbeule und damit ist die Welt in Ordnung. Für einen unendlich tiefen Potentialtopf gibt es aber ein Problem: Die Wellenfunktion ist hier strikt ein Ψ(z) = Asin(kz) mit einem ganz genau definierten und auf 1000 Kommastellen bekannten Wert von k = p. Damit ist p = Die auch genau bekannte Breite des Topfes nennen wir z und stehen dann vor dem Problem, dass wir einen Widerspruch zur Unschärferelation haben, weil 0 z ist sicher nicht größer als 2. Soll k einen festen Wert haben und p = 0 sein, gibt es nur eine Möglichkeit die Unschärferelation zu erfüllen und die heißt: z =. Das scheint zwar im Widerspruch zur endlichen Topfbreite zu stehen, aber wie war denn das mit den Randbedingungen für den unendlich tiefen Potentialtopf? Richtig, die Wellenfunktion an den Wänden sollen Null sein. (Das klassische Analogon wäre der Fall, bei dem man eine lange Saite an zwei zusätzlichen Punkten einspannt.) Das heißt aber überhaupt nicht, dass sie jenseits der Wände und außerhalb des Topfes auch Null sein müssen. Wir können den Sinus ruhig bis in die Unendlichkeit weiter laufen lassen, was uns egal sein soll, weil wir uns ja nur für das Innere des Potentialtopfes interessieren. Zur Belohnung bekommen wir noch immer die richtigen Energieniveaus im Topf, ein z = und die Unschärferelation ist gerettet. Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass Theoretiker das etwas anders sehen und dass das obige Bild auch ein paar versteckte Mängel hat, wie z. B. eine unendliche Gesamtenergie der Welle und eigentlich will man das Teilchen ja als Ganzes im Topf haben und nicht nur einen Wellenzug davon. Um das in den Griff zu bekommen, argumentiert Kollege Kosina halbklassisch, oder besser gesagt schon halb quantenmechanisch, dass man den sin(kz) als Überlagerungszustand zweier komplexer Wellen sehen kann, weil ja gilt: sin(kz) = e+ikz e ikz 2i (1.35) Jetzt brauchen wir noch etwas Statistik. Beide Impulse, nennen wir sie p + und p sind gleich wahrscheinlich (w = 0.5). Der Mittelwert ist also: _ p = wp + +wp = k 2 + k 2 = 0 (1.36) _ p 2 = wp 2 + +wp 2 = 2 k k 2 2 = 2 k 2 (1.37)

33 1.2. QUANTENMECHANIK: EINIGE FORMALE GRUNDLAGEN 17 Und die Unschärfe ist die Wurzel aus der Varianz (Wer Nachhilfe braucht, bitte bei Wikipedia nachlesen.), also: p = _ p 2 _ p 2 = k (1.38) Mathematisch ist das zwar richtig, aber gefallen tut mir das nicht, weil ich eigentlich bis hierher in einem komplett klassischen Weltbild bleiben wollte. Umgekehrt kann man aber auch sagen, dass dies das erste Anzeichen dafür ist, dass die Wellenfunktionen in der Quantenmechanik fast immer komplexe Funktionen sind. Wie macht man das alles jetzt wirklich korrekt? Natürlich mit einer Fouriertransformation. Nehmen wir also einen Potentialtopf der Breite L und wählen den Nullpunkt in der Mitte des Topfes, was uns zu einer kosinusförmigen Wellenfunktion bringt. (Das macht uns hier das Leben leichter.) Die normierte Wellenfunktion des Grundzustandes ist: Ψ(z) = Jetzt ab in den Impulsraum mit Fouriertransformation: Φ(k) = 2 cos(kz) (1.39) L 2 L cos(kz)e ikz dz (1.40) und Pech gehabt, das ist jetzt auch eine komplexe Funktion. Dann wie oben p 2 ausrechnen (Um diese Formel zu verstehen muss man aber weiter hinten im Kapitel über die Operatoren nachlesen): p 2 = 2 k 2 = 2 Φ (k)k 2 Φ(k)dk (1.41) Und schließlich, nach dem Lösen ziemlich vieler Integrale mit Wolfram Alpha bekommt man gleich wie oben: p = p 2 p 2 = k (1.42) Vorsicht, das ist extrem wichtig und bitte merken Sie es sich gut: Wieso stehen hier _ jetzt plötzlich eckige Klammern und p 2 statt p 2? In der Quantenmechanik sind Mittelwerte und Erwartungswerte das Gleiche! Das klingt etwas unlogisch, liegt aber an der physikalischen Interpretation der Schrödingergleichung. Das Internet versorgt Sie mit Details, hier im Skriptum sprengt das den Rahmen. Letzter Punkt in diesem Kapitel: Was ist jetzt mit diesem E t und dem 2 schwarzen Loch im Abwaschbecken oder im Ententeich? Dazu muss man sich erst einmal klar machen, was E t überhaupt ist. Das Produkt aus Energie und Zeit wird Wirkung

34 18 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK genannt und kann im täglichen Leben mit dem Backen einer Pizza verglichen werden. Um gar zu werden, muss man eine Pizza typischerweise 20 Minuten bei 220 Grad Celsius in einem Ofen backen, oder in anderen Worten, die Pizza wurde für 20 Minuten in einen Behälter erhöhter Energie gesteckt. Will ich die Pizza in 10 min fertig haben, muss ich nur die Energie im Behälter erhöhen. Details, wie endotherme oder exotherme chemische Reaktionen und angebrannten Teig lassen wir hier einmal bei Seite. E t 2 sagt also aus, dass, wenn ich eine Pizza mit einem Wellenpaket backen will, das Wellenpaket lang und energiearm, oder kurz und energiereich sein kann. Das macht ja durchaus Sinn. Die Verwendung der Formel E = mc 2 in diesem Zusammenhang ist aber völlig nutzlos, weil man dann zu der nicht sehr sinnvollen Aussage käme, dass man die Pizza auch durch einen entsprechend kurzen Beschuss mit einem schweren Objekt, wie einem Stahlmantelgeschoß aus einem Sturmgewehr, Meteorit, oder wenn es besonders schnell gehen soll, mit einem Neutronenstern gar bekommen kann. Letzteres ist übrigens risikoreich, denn Neutronensterne sind als gefräßig bekannt und es kann leicht sein, dass diese die Pizza nach dem Garungsprozess einfach verschlingen. Überlassen wir den Gebrauch dieser Formel also den Hochenergiephysikern, die haben dafür absolut ordentliche Anwendungen, aber alle auch ganz ohne schwarze Löcher Schrödingergleichung und Operatoren Wellen sind also Teilchen und umgekehrt, aber wann man womit rechnet ist nicht immer klar. Eine einheitliche Erklärung dieser Welle-Teilchen Problematik wird zum Glück durch die Quantenmechanik ermöglicht. Zur Beschreibung dient die Schrödingergleichung und wie früher, machen wir das gleich für den Halbleiter und nehmen statt der Masse des freien Elektrons gleich die effektive Masse m. Warum, kann man hier zwar nicht verstehen, aber der Formalismus in diesem Text ist dann von Anfang an einheitlich. Die Schrödingergleichung für ein Teilchen in einem elektrostatischen Potential lautet: i Ψ( r,t) t = 2 2m Ψ( r,t)+v( r,t)ψ( r,t) (1.43) ist der Laplace Operator, der in kartesischen Koordinaten so aussieht: 2 x y z 2 (1.44) Was ist jetzt dieses Ψ? Ψ wird die Wellenfunktion genannt und ist eigentlich eine Art von komplexer Wahrscheinlichkeitsverteilung die im Jargon Wahrscheinlichkeitsdichte

35 1.2. QUANTENMECHANIK: EINIGE FORMALE GRUNDLAGEN 19 genannt wird. Um Zahlen für das richtige Leben zu bekommen, muss man ein wenig herumintegrieren. Die Wahrscheinlichkeit, ein Teilchen im Volumen V zu finden ist: Ψ Ψd 3 z (1.45) V Ψ ist die konjugiert komplexe Funktion von Ψ. Ordentliche Verteilungen müssen immer normiert werden, in diesem Fall über das Volumen V, in dem das Teilchen sein soll ( irgendwo muss das e ja sein). 1 V V (Ψ Ψ)d 3 z = 1 (1.46) Wenn Sie es mit Elektronen in Potentialtöpfen zu tun haben, gibt es noch einige Details zu beachten, die Sie aber nicht vergessen sollten, denn die können ziemlich helfen: In Potentialtöpfen, also in Atomen oder in künstlichen Quantentrögen (quantum wells) in Halbleitern, sind die Wellenfunktionen für die verschiedenen Energieniveaus immer reell und vor allem orthogonal und es gilt: (Ψ iψ j )d 3 z = δ ij (1.47) V In dieser Formel ist δ ij das sogenannte Kronecker Delta für das unter anderem gilt: δ ij = 0 für i j δ ij = 1 für i = j (1.48) Weiterführende Informationen zum Kronecker Delta finden Sie auf Wikipedia. Wichtig: Verwechseln Sie das Kronecker Delta bitte nicht mir der Diracschen Deltafunktion (siehe Anhang). Das Kronecker Delta kommt fast immer im Zusammenhang mit Vektoren zum Einsatz, die Diracsche Deltafunktion taucht meist in Integralen auf. Im Gegensatz zu den Wellenfunktionen von Elektronen in irgendwelchen Potentialtöpfen, welche immer reell sind, sind Wellenfunktionen von freien Elektronen immer komplex und manchmal nicht einmal normierbar (wie z. B. die unendlich ausgedehnte stehende Welle). Diverse wichtige Operatoren in der Quantenmechanik werden immer durch Analogiebildungungen aus der Mechanik gewonnen. Einsichtig sind diese Operatoren aber nicht immer sofort. Hier ein paar Beispiele: Der Ortsoperator X ist (kein Scherz): X = x.

36 20 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK Weil aber in der Halbleitertechnologie irgendwelche Quantenstrukturen meistens senkrecht zur Waferoberfläche hergestellt werden, ist bei uns die eindimensionale, Standard- Ortskoordinate ab sofort immer z. Die Koordinaten x und y sind für Vorgänge parallel zur Waferoberfläche reserviert. Der eindimensionale Ortsoperator ist daher bei uns immer: Z = z (1.49) Der Erwartungswert, also der wahrscheinlichste Wert für irgendeine Messgröße, die durch einen Operator beschrieben wird, berechnet sich so: Operator = Ψ ( r,t) OperatorΨ( r,t)d 3 r (1.50) Erwartungswert der z-komponente des Ortes (Z ist der Ortsoperator ) ist also: z = Ψ ( r,t)zψ( r,t)d 3 r = Ψ ( r,t)zψ( r,t)d 3 r (1.51) Der Erwartungswert des Ortes in drei Dimensionen wäre dann: r = Ψ ( r,t) rψ( r,t)d 3 r (1.52) Damit Sie sich unter diesem Formalismus bildlich etwas vorstellen können, kommt jetzt ein völlig schwachsinniges, dafür aber sehr einprägsames Beispiel. Nehmen wir an, die Quantenmechanik gelte auch auf der Größenskala des täglichen Lebens und nehmen wir weiters an, dass Sie mit Ihren Freunden auf einem quantenmechanischen Interrail Urlaub sind. Auf irgendeinem Bahnhof haben Sie ein dringendes Bedürfnis, welches Sie zwingt, eine bekanntlich gerne unhygienische Bahnhofstoilette aufzusuchen. Abgeschreckt von den schmutzigen Kabinen und den extrem schmutzigen Wänden verharren Sie zunächst (wegen Ihres dringenden Bedürfnisses) im ersten angeregten Zustand in der Mitte der dreckigen Toilette und meditieren erst einmal darüber, ob Sie sich trauen können, die Toilette zu benutzen, oder ob Sie sich doch besser einen Busch suchen sollten. Draußen fragen sich Ihre Freunde, wo Sie so lange bleiben, trauen sich aber aus Angst vor Ansteckung nicht in die dubiose Toilette und berechnen stattdessen lieber mit Hilfe der Quantenmechanik Ihre Situation. Da Ihre Freunde Sie und damit Ihre Wellenfunktion Ψ im Grundzustand und auch im angeregten Zustand sehr gut kennen, ist das Ganze eine einfache Übung. Zunächst stellen Ihre Freunde fest: Sie sind in die Toilette hineingegangen, aber noch nicht herausgekommen, also müssen Sie noch drinnen sein und zwar mit der Wahrscheinlichkeit w = 1: w Toilette = 1 V Toilette (Ψ Ψ)d 3 r = 1 (1.53) Toilette

37 1.2. QUANTENMECHANIK: EINIGE FORMALE GRUNDLAGEN 21 Jetzt fragen sich Ihre Freunde, wo genau Sie sich vermutlich aufhalten und berechnen den Erwartungswert für Ihren Aufenthaltsort im Bahnhofsklo zu: ( r Bahnhofsklo = Ψ ( r,t) rψ( r,t)d 3 r ) (1.54) Bahnhofsklo Das Integral geht über das gesamte Bahnhofsklo und somit sehen Ihre Freunde sofort, dass Sie sich im angeregten Zustand wegen der sehr schmutzigen Wände nur in der Mitte des Raumes aufhalten können. Bitte beachten Sie, dass hier das Resultat die Einheit Meter hat, also z.b. den Wert von 1.5m Abstand von allen dreckigen Wänden unter der Voraussetzung, dass das Bahnhofsklo quadratisch und 3m x 3m groß ist. Zusätzlich können Ihre Freunde noch vorhersagen, ob Sie es glauben oder nicht, welche Kabine Sie vermutlich benutzen und sie berechnen dazu die Wahrscheinlichkeit w Kabine, (Einheit dimensionslos, also z. B. in Prozent!) für jede einzelne Kabine: w Kabine = (Ψ Ψ)d 3 r (1.55) Kabine Hier integrieren wir nur über das kleine Volumen jeder einzelnen Kabine im Klo und wir nehmen an, dass Ihre Wellenfunktion bereits normiert ist. Jetzt vergleichen Ihre Freunde die einzelnen Wahrscheinlichkeiten (Einheit wieder in Prozent) und bekommen heraus, dass die Wahrscheinlichkeit für Kabine 4 am größten ist, denn die ist am saubersten. Wenn Sie jetzt ein Elektron wären, könnten wir nun die Wörter grauslige Kabine und dreckige Wände durch die Bezeichnung repulsives Potential wie z. B. in einem 3-dimensionalen Potentialtopf ersetzen. Kabine 4 wäre quantenmechanisch ausgedrückt ein zusätzlicher, attraktiver kleiner Potentialtopf, dort wären Sie dann körperlich entspannt im Grundzustand bei geringerer Energie (erleichtert sozusagen) und damit haben wir das erste kleine Kapitel der Quantenmechanik verstanden. Außerdem merken wir uns: Die Ideen hinter dem quantenmechanischen Formalismus sind immer sehr einfach - diese Ideen als Anfänger in den ganzen Formeln wieder zuerkennen ist aber meistens sehr schwierig. (Hausaufgabe: Erfinden Sie ein humorvolles Ende dieser Geschichte mit dem Elektron im Bahnhofsklo und schicken Sie das per an mich!) Machen wir jetzt wieder etwas seriöser weiter und sehen uns weitere wichtige Operatoren an, wie z. B. den Impulsoperator : P = i (1.56) In einer Dimension: P = i z (1.57)

38 22 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK Sie werden sich jetzt wohl fragen: Aha, interessant, aber bitte warum? Eine formal korrekte Herleitung gibt es hier jetzt nicht, dafür aber eine leicht zu merkende, plausible Erklärung. Freie Teilchen in der Quantenmechanik sind immer irgendwelche ebenen Wellen mit der WellenfunktionΨ = Ae ikz. Bringen wir also mal kurz den Impulsoperator auf einer solchen Welle zum Einsatz: PΨ = i z Aeikz = i Aike ikz = kae ikz (1.58) Weiter oben steht irgendwo: p = k, also ist PΨ = pψ, die Sache passt also. Der Erwartungswert des Impulses ist ( P ist der Impulsoperator): P = Ψ ( r,t) PΨ( r,t)d 3 r = Ψ ( r,t)i Ψ( r,t)d 3 r (1.59) Dieser Impulsoperator ist wichtig, denn man braucht ihn dringend im Operator für die (Wahrscheinlichkeits)stromdichte: j = i 2m (ψ z ψ ψ z ψ ) = 1m Re ( ψ i ) z ψ (1.60) Die Herleitung dafür finden Sie z.b. auf Wikipedia. Hier im Skriptum macht sie aber keinen Sinn, weil man dazu Dinge braucht, die erst viel später erklärt werden. Dennoch machen Sie bitte zwei Hausaufgaben. Setzen Sie zuerst für ψ eine ebene Welle ein und zeigen Sie, dass die Gleichung stimmt. Dann zeigen Sie bitte, dass das die quantenmechanische Version von j = nev für ein einzelnes Elektron ist (n = 1). Der Operator für den Erwartungswert (auch Mittelwert genannt) der Energie schreibt sich so: E = i = 2 t 2m + V (1.61) Warum ist jetzt eigentlich der Mittelwert der Energie E = i t? Ψ kann geschrieben werden als: Ψ( r,t) = Ψ( r) Ψ(t) Ψ( r,t) = e iωt Ψ( r) (1.62) aber nur wenn V = V( r) und ja nicht V( r,t), weil dann hätte man verloren. Im freundlichen Fall von V = V( r) gilt: ( 2 2m +V( r)) Ψ( r) e iωt = ωe iωt Ψ( r) = E e iωt Ψ( r) (1.63) Analog zu Licht ist E = hν = ω, Ψ( r) ist die stationäre Lösung dieser Gleichung.

39 1.2. QUANTENMECHANIK: EINIGE FORMALE GRUNDLAGEN 23 Zum Schluss noch der Translationsoperator T (R), den braucht man später ständig, wenn man sich im Kristallgitter mit einem Gittervektor R von einem Ort zum nächsten bewegt. Φ(X +R) = T (R)Φ(X) = e ikr Φ(X) (1.64) Warum ist das ein Translationsoperator? Ganz einfach, e ikr Φ(X) ist nur eine seltsame Art und Weise eine Taylorreihe für Φ(X + R) anzuschreiben. Achtung: Aufpassen mit der Notation! Nehmen wir an, wir sind am Punkt X und wollen zum Punkt X /. R ist dann die Distanz (oder der Differenzvektor) zwischen X / und X e ikr Φ(X) = (ik) n R n Φ(X) (1.65) n! k = p = i d (1.66) dx e ikr Φ(X) = R n d n n! dxnφ(x) (1.67) und das ist wie erwähnt eine Taylorreihe für Φ(X +R) Die Bracket Schreibweise In Quantenmechanik Büchern wird gerne die Bracket Schreibweise (Bracket für Klammer ) oder auch Dirac Schreibweise verwendet. Entstanden ist sie deshalb, weil dem Dirac irgendwann einmal das ganze Integralgemale auf die Nerven gegangen ist. (Dirac war ein berühmter Theoretiker und begeisterter Atheist, über den Wolfgang Pauli, ein ebenso berühmter Theoretiker und berüchtigter Sprücheklopfer, einmal gesagt hat: Es gibt keinen Gott und Dirac ist sein Prophet.) Ob dem Kollegen Dirac nur dauernd die Bleistifte ausgegangen sind, oder das Papier, oder ob er einfach nur schneller rechnen wollte, ist unbekannt, aber jedenfalls hat er folgende Schreibweise eingeführt: Ψ = Ψ Ψ = Ψ Ψ Ψd 3 z = Ψ Ψ Ψ zψd 3 z = Ψ z Ψ (1.68) Wegen der eckigen Klammern nannte er die Ψ = Ψ die Bras, die Ψ = Ψ nannte er Kets, das fehlende c war ihm wurscht und wurscht war ihm erst recht, ob das mit den Bras politisch korrekt ist, denn er war ein Engländer und kein Amerikaner. So ist es bis heute geblieben und es spart wirklich Bleistift und Papier. Es gibt noch

40 24 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK etwas Ähnliches, die Einsteinsche Summenkonvention für Vektoren. Wir brauchen das nicht, aber sollten Sie sich in einem Quantenmechanik Buch über eine riesige Menge von Indizes wundern, die noch dazu einmal oben und einmal unten an einem Vektor angebracht sind, haben Sie es vermutlich damit zu tun. Noch eine kurze Nachbemerkung: Wolfgang Pauli war ein wirklich genialer Physiker und auch privat eine äußerst bemerkenswerte Persönlichkeit. Details finden Sie bei Ich sage jetzt mal: Den hätte ich gerne kennengelernt Die Unschärferelation aus statistischer Sicht An dieser Stelle lohnt es sich, nochmals einen kurzen Blick auf die Unschärferelation zu werfen und dazu betrachten wir jetzt unsere früheren Wellenfunktions-Gaußbeulen nicht als Wasserwellen, sondern als statistische Verteilungen. Dann nehmen wir einen Statistik Grundkurs bei Wikipedia und erlernen die Definition der Varianz. X sei irgendeine statistische Größe und E deren Erwartungswert. Die Varianz ist dann eine etwas allgemeinere Form der Summe der Fehlerquadrate, in Formelform: Var(x) = E((X E(X)) 2 ) = E(X 2 ) (E(X)) 2 (1.69) Jetzt sagen wir einfach, dass ( z) 2 und ( p) 2 = ( k) 2 die Varianz der entsprechenden Größen sein sollen. Dann nehmen wir gleich die Bracket Schreibweise und bekommen (g und h sind die Gaußbeulen aus den früheren Betrachtungen): ( z) 2 = z 2 z 2 = g(z) z 2 g(z) g(z) z g(z) 2 (1.70) In Integralform sieht das so aus: ( z) 2 = ( g (z)z 2 g(z)dz g (z)zg(z)dz) 2 (1.71) Für die Impulsunschärfe bekommt man analog: ( k) 2 = k 2 k 2 = h(k) k 2 h(k) h(k) k h(k) 2 (1.72) und mit p = k und k = 1 i z = i z ( k) 2 = ( g (z) i ) 2 g(z)dz ( z ( g (z) i ) 2 g(z)dz) (1.73) z

41 1.3. LÖSUNGEN DER SCHRÖDINGERGLEICHUNG: EINFACHSTE FÄLLE 25 Wenn man jetzt die alten Formeln für g(z) und h(k) einsetzt, braucht man nur noch schnell die Integrale ausrechnen und kommt nach kurzer Zwischenrechnung (soll heißen nach nur zwei Tagen herumwursteln mit Mathematica oder Wolfram Alpha ) auf die ersehnte Beziehung p z Lösungen der Schrödingergleichung: einfachste Fälle Folgendes sollte man im Umgang mit Differentialgleichungen niemals vergessen: Lösungen einer Differentialgleichung 2-ter Ordnung benötigen ein ganzes Mathematikerleben Deswegen haben diese Differentialgleichungen auch immer einen Namen wie z. B. Poisson Gleichung, Schrödingergleichung etc. Differentialgleichungen haben fast immer -viele Lösungen die Eingrenzung auf die richtige Lösung erfolgt über Randbedingungen Wir beschränken uns nun auf eindimensionale und zeitunabhängige Schrödingergleichungen. Spin und Magnetfelder etc. werden komplett ignoriert. Das Potential V soll außerdem zumindest stückweise konstant sein (siehe Abbildung 1.10). Damit ist = 2 z 2 und die Schrödingergleichung vereinfacht sich zu: 2 2 Ψ(z) +V(z)Ψ(z) = EΨ(z) (1.74) 2m z 2 Die allgemeine Lösung der Schrödingergleichung mit einem stückweise konstanten Potential ist eine ebene Welle und lautet auf den jeweiligen Teilstücken des Potentials: Ψ(z z j ) = A j e ik j(z z j ) +B j e ik j(z z j ) (1.75) 2m (E V j ) k j = (1.76) In dieser Formel ist man auf dem Teilstück, das bei z j beginnt. Um die Wellenfunktion für das gesamte Potential zu bekommen, muss man die einzelnen Teilstücke noch zusammenstückeln, wie man das macht sehen wir dann im nächsten Abschnitt. Wie wir dort auch sehen werden, ist es sehr praktisch, alle nicht-konstanten Potentiale grundsätzlich

42 26 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK V Vj z j-1 z j z j+1 z Abbildung 1.10: Beliebig geformte Potentialbarriere, welche näherungsweise durch ein stückweise konstantes Potential beschrieben wird. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet.) Gebiet 0 1 V(z) Ψ Ψ 1 0 V 1 0 z Abbildung 1.11: Potentialstufe mit einlaufender und transmittierter Wellenfunktion. Beachten Sie die unterschiedlichen Wellenlängen in Gebiet 0 und Gebiet 1. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet.) als stückweise konstante Potentiale zu behandeln, da man dann die gesamte Wellenfunktion auf einfache Weise und mit recht moderatem Computeraufwand numerisch ausrechnen kann. Die Wellenfunktionen auf den einzelnen Teilstücken sind übrigens nichts Besonderes, sondern nur ein etwas allgemeiner hingeschriebener Kosinus. Schaut man in einer Formelsammlung nach, findet man sofort: cos(z) = 1 2 (e+ikz +e ikz ) (1.77)

43 1.3. LÖSUNGEN DER SCHRÖDINGERGLEICHUNG: EINFACHSTE FÄLLE Transmission einer Potentialstufe Fangen wir ganz einfach an und berechnen zuerst die reflektierten und transmittierten Amplituden einer Wellenfunktion an einer Potentialstufe, wie sie in Abbildung 1.11 dargestellt ist. Die allgemeinen Lösungen für die Wellenfunktionen in den einzelnen Gebieten sind: Ψ 0 = Ae +ik0z +Re ik 0z (1.78) Ψ 1 = Ce +ik 1z +De ik 1z (1.79) mit: k 0 = 2m E/ 2, k 1 = 2m (E V 1 )/ 2 (1.80) wobei ein positiver k-wert den von links nach rechts laufenden Teil der Wellen beschreibt, ein negativer k-wert beschreibt die zurücklaufenden Wellenanteile. R bezeichnet die Amplitude der reflektierten Welle, C die Amplitude der transmittierten Welle und D die Amplitude der Welle, die eventuell aus dem positiv-unendlichen zurückkommen könnte. Die Ableitungen der Wellenfunktionen sind dann: Ψ 0 z = +ik 0Ae +ik 0z ik 0 Re ik 0z (1.81) Ψ 1 z = +ik 1Ce +ik1z ik 1 De ik 1z (1.82) Um die Koeffizienten ausrechnen zu können, braucht es die richtigen Randbedingungen und Anpassbedingungen. Da wir uns nur für die Transmission der Barriere interessieren, ist die einfallende Intensität egal, wir wählen also A = 1. Aus der positiven Unendlichkeit kommt sicher keine Welle zurück, das heißt also D = 0. Des Weiteren fordern wir die Stetigkeit der Wellenfunktionen bei z = 0 (Energieerhaltung, Wellenfunktion einfach in die Schrödingergleichung einsetzen, dann sieht man sofort warum) und die Stetigkeit der Ableitungen (Stromerhaltung. Hausaufgabe: Die Formeln j = nev und p = i / z nehmen und nachrechnen). Also haben wir: Einsetzen für z = 0 liefert: Ψ 0 z=0 = Ψ 1 z=0 (1.83) Ψ 0 z = Ψ 1 z=0 z (1.84) z=0 1+R = C (1.85)

44 28 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK Jetzt ein wenig Algebra ik 0 ik 0 R = ik 1 C (1.86) +ik 0 ik 0 R = ik 1 +ik 1 R (1.87) +ik 0 ik 1 = ik 1 R+ik 0 R (1.88) und wir bekommen für die Amplitude der reflektierten Welle: R = ik 0 ik 1 = (k 0 k 1 ) ik 1 +ik 0 (k 1 +k 0 ) (1.89) Vorsicht, hier gibt es eine gute Möglichkeit zur Selbstverwirrung. Wir haben etwas ausgerechnet, das gerne einfach nur Reflexion genannt wird. Der REFLEXIONSKOEF- FIZIENT der Barriere,R Barriere, ist definiert als Verhältnis der zu den auslaufenden und einlaufenden Wellen gehörenden Teilchenströme (analog zur klassischen Stromdichte j = nev) also als: R Barriere = v 0 R 2 v 0 A 2 = v (k 0 k 1 ) 2 0 (k 1 +k 0 ) 2 v 0 A 2 = v 0 (k 0 k 1 ) 2 v 0 (k 1 +k 0 ) 2 (1.90) Hierbei wird auf die altbekannte Formel j = nev, oder genauer gesagt auf die Formel j 0,1 = n 0,1 ev 0,1 (1.91) zurückgegriffen wobeiv 0,1 die Teilchengeschwindigkeiten in den jeweiligen Gebieten sind. v 0,1 bekommt man aus folgender Beziehung: p 0,1 = m 0,1 v 0,1 = k, v 0,1 = k 0,1 m 0,1 (1.92) n 0,1 sind die Elektronendichten in den jeweiligen Gebieten und berechnen sich einfach zu n 1 = n 0 T. m 0,1 soll Sie darauf hinweisen, dass die effektive Elektronenmasse sich gerne auch einmal lokal ändern kann. Der Absolutbetrag ist deshalb notwendig, weil für den Fall, dass E < V 1 wird, der Wert von k 1 komplex werden kann, aber der Transmissionskoeffizient normalerweise eine reelle Zahl ist. Das Quadrat kommt daher, dass man die Intensitäten der Wellen vergleichen muss und nicht deren Amplituden. Das v 0 v 0 ist auch korrekt, weil sich hier die einlaufende Welle im Gebiet 0 bewegt, die reflektierte Welle aber ebenfalls ins Gebiet 0 zurück reflektiert wird. Weil immer gelten muss, dass T Barriere +R Barriere = 1, bekommt man zusätzlich die folgende Beziehung: T Barriere = v 1 (k 1 +k 0 ) 2 (k 0 k 1 ) 2 v 0 (k 1 +k 0 ) 2 = v 1 4k 1 k 2 v 0 (k 1 +k 0 ) 2 (1.93)

45 1.3. LÖSUNGEN DER SCHRÖDINGERGLEICHUNG: EINFACHSTE FÄLLE 29 Jetzt kommt die Hausaufgabe, die Sie wirklich machen sollten: Berechnen Sie T Barriere = v 1 C 2 v 0 A 2 (1.94) und überprüfen Sie ob wirklich die Beziehung T Barriere +R Barriere = 1 gilt Transmissionskoeffizient der einfachen Barriere Barrieren in der Quantenmechanik sind leider nicht mit Betonmauern zu vergleichen, sondern wegen des Wellencharakters der Elektronen eher mit semitransparenten Spiegeln. Als Konsequenz davon ist eine Barriere in Abhängigkeit von der Elektronenenergie niemals völlig dicht (Tunneleffekt ) und auch nur ganz selten völlig transparent. Zur Berechnung von Transmissionskoeffizienten in der Quantenmechanik brauchen wir die Energie und den k-vektor (Impuls) des Elektrons in den jeweiligen Gebieten. Für einfache Barrieren wie in Abbildung 1.12 wären das die Gebiete 0, 1 und 2. (Hinweis: Die Summe aus potentieller und kinetischer Energie ist immer konstant.) E = 2 kj 2, k 2m j = j 2m j (E V n) (1.95) Vorsicht, in der Halbleiterei ist es nicht ausgeschlossen, dass die Massen in den jeweiligen Gebieten unterschiedlich sind, daher habe ich zur Erinnerung hier mal ein m j reingeschrieben. Damit bekommen wir für die Wellenfunktionen in den einzelnen Gebieten: Ψ 0 = A 0 e ik 0z +B 0 e ik 0z Ψ 1 = A 1 e ik 1z +B 1 e ik 1z Ψ 2 = A 2 e ik 2z +B 2 e ik 2z (1.96) (1.97) (1.98) Weil wir nur die Transmission berechnen wollen, also das Verhältnis der einfallenden und auslaufenden Intensitäten, können wir die einfallende Intensität frei wählen. Von rechts aus dem Unendlichen wird sicher auch keine Welle zurückkommen, also: A 0 = 1 : einfallende Intensität 1 (1.99) B 2 = 0 : keine Reflexionen aus dem -en (1.100)

46 30 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK Gebiet V(z) V1 T a z V1 E Abbildung 1.12: Darstellung des Verlaufs der Wellenfunktion mir einer Energie E < V 1 sowie der zugehörige Transmissionskoeffizient als Funktion der Energie. Hausaufgabe: Zeichnen Sie schematisch den Verlauf der Wellenfunktion für eine Energie von E > V 1 und achten Sie dabei auf die Wellenlänge im Gebiet zwischen 0 und a (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet, wurde aber ziemlich inspiriert von einer Abbildung in: Jasprith Singh, Quantum Mechanics: Fundamentals and Applications to Technology (Wiley 2008)) Um die Wellenfunktionen zusammenstückeln zu können, braucht es Anpassbedingungen und zwar die Energieerhaltung (Stetigkeit der Wellenfunktion) und die Stromerhaltung (Stetigkeit der Ableitung der Wellenfunktion). Ψ 0 z Ψ 0 = Ψ 1 z=0 Ψ 1 = Ψ 2 z=a (1.101) (1.102) = Ψ 1 Ψ 1 z=0 z z=0 z = Ψ 2 z=a z (1.103) z=a (1.104) Der Transmissionskoeffizient ist wie oben definiert als das Verhältnis der Teilchenströme: T = v 2 A 2 2 v 0 A 0 = k 2m 0 A 2 2 (1.105) 2 k 0 m 2 A 0 2 Wir machen uns aber das Leben leicht, nehmen eine symmetrische Barriere und überall die gleichen effektiven Massen und Geschwindigkeiten. Dann bekommen wir nach der ziemlich mühsamen Lösung des Gleichungssystems und der Bestimmung der Koeffizienten als Streulösungen für E > V 0 das was in allen Büchern steht, nämlich: T = v 2 A 2 2 v 0 A 0 = v 2 4k0 2k2 1 2 v 0 (k0 2 k2 1 )2 sin 2 (ak 1 )+4k0 2k2 1 (1.106)

47 1.3. LÖSUNGEN DER SCHRÖDINGERGLEICHUNG: EINFACHSTE FÄLLE 31 V geht gut mit WKB V geht NICHT mit WKB! e- e - zein zaus z zein zaus z Abbildung 1.13: Geeignete und ungeeignete Potentialformen für die WKB-Methode (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet). und weil v 0 = v 2 sich in v 2 v 0 wegkürzt, bekommen wir also: T = 4k 2 0 k2 1 (k 2 0 k 2 1) 2 sin 2 (ak 1 )+4k 2 0k 2 1 (1.107) Ist man energetisch unterhalb der Barrierenhöhe, so wirdk imaginärκ = ik, weile < V 0 und man redet vom Tunneleffekt, den es in der klassischen Mechanik nicht gibt. Der Transmissionskoeffizient berechnet sich zu: T = 4k 2 0κ 2 1 (k 2 0 +κ 2 1) 2 sinh 2 (aκ 1 )+4k 2 0κ 2 1 (1.108) Hausaufgabe: Rechnen Sie diese Formel nach und verwenden Sie vielleicht dazu Wolfram-Alpha (Wer das schafft, melde sich bitte bei mir!) Die WKB-Näherung für Transmissionskoeffizienten Oft reicht es, wenn man für eine komplizierte Barrierenform die Größenordnung der Transmission kennt. Hier hilft die semiklassische WKB-Näherung (WKB für Wentzel, Kramer, Brillouin). Die Voraussetzungen dafür sind: Die De Broglie Wellenlänge λ außerhalb der Barriere sei klein im Vergleich zur Barrierendicke. λ = h 2m (E V(z)) (1.109) Die Teilchenenergie sei klein im Vergleich zur Barrierenhöhe.

48 32 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK Es geltee < V(z) im Bereich der gesamten Barriere (siehe Abbildung 1.13 rechts). Dann bekommt man für die Wellenfunktion in der Barriere und den Transmissionskoeffitienten: Ψ = [ c z exp ± k(z) 0 k(z )dz ] [ T = exp 2 zaus ] 2m (V(z) E)dz z ein Das ist schon ziemlich gut zur schnellen Abschätzung von Transmissionen. (1.110) (1.111) Der unendlich tiefe Potentialtopf Einen tiefen Potentialtopf mit der Breite w = 2a im Gebiet a < 0 < +a beschreibt man am einfachsten dadurch, dass im Topf gilt V = 0. Also: 2 2m 2 Ψ(z) z 2 = EΨ(z) (1.112) und als Randbedingung, ähnlich wie bei der Reflexion einer elektromagnetischen Welle an einem Metallspiegel, die Bedingung gewählt wird: Ψ( a) = Ψ(+a) = 0 (1.113) Damit bleibt nach dem Einsetzen der allgemeinen komplexen Lösung Ψ = A e ikz +B e ikz in die Randbedingungen nur noch ein reeller Sinus und Kosinus mit den gesuchten Koeffizienten übrig. Hinweis: Ganz allgemein gilt in der Quantenmechanik, dass die Wellenfunktionen ( Eigenzustände ) in irgendwelchen Potentialtöpfen immer reell sein müssen. Das erklärt auch, warum in diversen Büchern, Skripten und auch bei Wikipedia für die Lösung gleich ein Sinus oder Kosinus angesetzt wird. Nach dem Einsetzen der Wellenfunktionen in die Schrödingergleichung erhalten wir für die Energie und die normierten Wellenfunktionen mit w = 2a(!): 2 ( nπz Ψ(z) = w cos w 2 ( nπz Ψ(z) = w sin w Für die Energieeigenwerte im Topf bekommt man schließlich: ), n : ungerade (1.114) ), n : gerade (1.115) E n = π2 2 n 2 2m w 2 (1.116)

49 1.3. LÖSUNGEN DER SCHRÖDINGERGLEICHUNG: EINFACHSTE FÄLLE 33 Energie (mev) Ec 550 E E1 400 E z(nm) Psi 2 (arb.u.) E E1 100 E z (nm) Abbildung 1.14: Links: Darstellung der energetischen Lage der Zustände in einem (hier endlich tiefen) Potentialtopf mit der Breite w = 2a = 15nm und der effektiven Masse von GaAs (m = 0.067m 0, den Wert hier bitte einfach glauben, die effektive Masse in Halbleitern wird erst später eingeführt). Die untersten Niveaus passen gut zu den Werten aus dem Modell für den unendlich tiefen Topf, der oberste Zustand wird nur noch schlecht beschrieben. Rechts: Darstellung der quadrierten Wellenfunktionen in diesem (hier endlich tiefen) Potentialtopf. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet.) Modellsystem GaAs/AlGaAs Heterostrukturen Sie werden sich fragen: Gibt es dieses ganze quantenmechanische Zeug irgendwo zum Anfassen in der Realität? Die Antwort ist ja, z. B. in Ihrem CD Player oder Laserpointer in Form von GaAs/AlGaAs Heterostrukturen. Abbildung 1.15 (a) zeigt das Bandschema einer GaAs/AlGaAs Heterostruktur. Die Bandlücke im AlGaAs ist größer als im GaAs (EG AlGaAs > EG GaAs ). E C nennt man Band offset (Leitungsbanddiskontinuität). Abbildung 1.15 (b) zeigt eine Tunnelbarriere, deren Transmissionkoeffizient sich perfekt und quantitativ mit den Methoden in diesem Skriptum ausrechnen lässt. Abbildung 1.15 (c) zeigt den Laser, der mit zwei Potentialtöpfen arbeitet. Hier kommen drei entscheidende Tricks zusammen: Erstens hat man zwei perfekt definierte Energieniveaus aus denen man ein Photon mit perfekt definierter Wellenlänge gewinnen kann (naja, zumindest fast). Zweitens presst man ungeheure Mengen von Elektronen und Löchern auf kleinstem Raum zusammen. Wenn die nicht strahlend rekombinieren und ihre Energie als Laserstahlen abgeben würden, gäbe es nach kürzester Zeit eine Explosion im Bauteil mit verheerenden Konsequenzen! (Ja, ok, das ist geradeaus gelogen, lesen Sie das Skriptum und überlegen Sie sich, was wirklich passiert!). Drittens, man bekommt den Laserspiegel bei Halbleiterlasern praktisch gratis. Vielleicht fragen Sie die Kollegen von der

50 34 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK (a) Heterostruktur (b) Barriere (c) Laser GaAs AlGaAs GaAs AlGaAs GaAs AlGaAs GaAs AlGaAs E c E c V b = E c Leitungsband Leitungsband Valenzband Leitungsband Valenzband hf E v E v Valenzband Abbildung 1.15: (a): Bandschema einer GaAs/AlGaAs Heterostruktur. (b): Einfachbarriere und (c): Quantum well Laser (ist in jedem CD Player) in Form einer AlGaAs- GaAs-AlGaAs Heterostruktur (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet). Laser-Gruppe nach einem Laborpraktikum zu diesem Thema, das ist sehr interessant! Warum nimmt man gerade GaAs-AlGaAs Heterostrukturen? Das System hat viele Vorteile, z. B. es sind Mischkristalle mit gleicher Gitterkonstante, aber unterschiedlichen Bandlücken herstellbar ( bandstructure engineering ) GaAs kann extrem rein hergestellt werden GaAs ist isotrop und direkt GaAs leuchtet, Silizium leuchtet nicht man hat hohe freie Weglängen von > 1µm und mit m = m gilt dann 1D- Quantenmechanik in einfachster Form. Die Herstellung eines solchen Einkristalls, der aus unterschiedlichsten Materialien besteht, ist per Molekularstrahlepitaxie (Molecular Beam Epitaxy, MBE) möglich. Damit lassen sich nun Einfachbarrieren und Potentialtöpfe auf einfache Weise herstellen. Die Barrierenhöhe V b ( E C ) ist über den Al Gehalt einstellbar Der harmonische Oszillator Neben dem unendlich tiefen Potentialtopf gibt es noch zwei weitere wichtige Potentiale, deren Energiezustände aber leider nicht so leicht zu finden sind. Es handelt sich hierbei um den harmonischen Oszillator und das Coulombpotential. Der harmonische Oszillator

51 1.3. LÖSUNGEN DER SCHRÖDINGERGLEICHUNG: EINFACHSTE FÄLLE 35 V (z) V (z) ψ 3 E 3 ψ 3 2 E 3 ψ 2 E 2 ψ 2 2 E 2 ψ 1 E 1 ψ 1 2 E 1 ψ 0 E 0 ψ 0 2 E 0 z 0 z Abbildung 1.16: Potential des harmonischen Oszillators inklusive der Energiezustände, Wellenfunktionen und Wahrscheinlichkeitsdichten. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet.) wird zur Beschreibung aller Schwingungsvorgänge verwendet. In der klassischen Mechanik wären das Pendel, Feder-Masse Systeme oder auch hüpfende Gummibälle, in der Quantenmechanik handelt es sich meistens um Schwingungen von gekoppelten Atomen oder Ladungen, die auch als Feder-Masse Systeme beschrieben werden. Kümmern wir uns erst um den harmonischen Oszillator. Das zugehörige Potential lautet: V = m 2 ω2 z 2 (1.117) Wie kann man das verstehen? Die Federkraft F bei Ausdehnung einer Feder berechnet sich zu F = c Feder l (1.118) wobei c Feder die Federkonstante und l die Auslenkung ist. Die potentielle Energie dieser gespannten Feder ist dann das Wegintegral über die Kraft, also: l l 2 E pot = Fdz = c Feder zdz = c Feder 2 0 (1.119) und das ist ein sogenannter harmonischer Oszillator. Wenn Sie statt c Feder 2 die Konstanten mω2 2 und statt l 2, z 2 einsetzen, erhalten Sie die Formel von oben. Schauen wir uns nun mal die Schrödingergleichung für den harmonischen Oszillator an: 2 2 m ω 2 2m z 2Ψ(z)+ z 2 Ψ(z) = EΨ(z) (1.120) 2 Diese Schrödingergleichung für den harmonischen Oszillator schaut harmlos aus, sie ist es aber nicht. Die Wellenfunktionen sind irgendwelche normierten Hermite-Funktionen,

52 36 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK deren Herleitung eine eigene Vorlesung über Differentialgleichungen braucht. Die Energiewerte sind dafür extrem einfach zu berechnen und noch dazu sind diese äquidistant: ( E n = ω n+ 1 ) (1.121) 2 Diese Formel wird Sie bis zu Ihrer Pensionierung verfolgen, die Wellenfunktionen braucht man eher selten Das Coulomb-Potential (Wasserstoff) Atome sind recht komplizierte Objekte und die einfachste Art, sie zu beschreiben ist die, dass man so tut, als wären es Wasserstoffatome, aber mitz positiven Ladungen im Kern und einer Wolke aus Z Elektronen um sie herum. Positive Kernladungen produzieren Coulomb-Potentiale, die so aussehen (siehe Abbildung 1.17): V (r) = Ze2 4ε 0 r (1.122) In diesem Potentialtopf muss man nun die Energiezustände und Wellenfunktionen ausrechnen und die Elektronen darin passend verteilen. Leider sind Atome nun aber kugelige Objekte und daher sind Wellenfunktionen in Kugelkoordinaten r, ϑ, ϕ angesagt (in kartesischen Koordinaten sind die Randbedingungen absolut nicht vernünftig formulierbar), also bekommen wir eine Schrödingergleichung der Art: 2 2m ( ) 2Ψ(r,ϑ,ϕ)+V (r)ψ(r,ϑ,ϕ) = EΨ(r,ϑ,ϕ) (1.123) Das ginge ja noch, aber der Laplace-Operator in Kugelkoordinaten sieht für Studenten im 3ten Semester ganz und gar nicht gut aus: ( ) = = r 2 r + 1 ( 2 2 r 2 θ tan(θ) θ + 1 ) 2 sin(θ) ϕ 2 Zum Glück sind die Wellenfunktionen separabel und lassen sich so anschreiben: (1.124) Ψ n (r,ϑ,ϕ) = Ψ(r)Y lm (ϑ,ϕ) (1.125) Ψ n (r) liefert dabei die Energien der Schalen des Atoms. Die Y lm (ϑ,ϕ) sind sogenannte Kugelflächenfunktionen, die für diverse Feinheiten sorgen, welche uns in der Halbleiterei zum Glück meistens egal sein können. Die Energien der radialen Wellenfunktionen sind: E n = m e 4 1 (1.126) 8 2 ε 2 0n 2

53 1.4. PERIODISCHE POTENTIALE: 1D-MODELLKRISTALLE 37 Energie n = n = 3 n = 2 n = 1 Atomkern + Grundzustand r Abbildung 1.17: Das Coulombpotential mit seinen Wellenfunktionen. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet.) und mehr müssen wir hier nicht wissen. Wozu brauchen wir das: Dotierstoffe in Halbleitern werden auch gerne wie Wasserstoffatome behandelt. Mehr Details dazu kommen später. 1.4 Periodische Potentiale: 1D-Modellkristalle Kristalle sind Objekte aus regelmäßig und periodisch im Raum angeordneten Atomen. Als Konsequenz dieser periodischen Anordnung im Raum und des geringen Abstandes zwischen diesen Atomen, werden aus den wohldefinierten einzelnen Energiezuständen in den Atomen breite Energiebereiche, welche Bänder (Leitungsband, Valenzband) genannt werden. Leider ist der korrekte mathematische Weg vom Atom zum Halbleiterkristall ziemlich kompliziert. Alleine die Schrödingergleichung des Wasserstoffatoms kostet einen schon die letzten Nerven und ist für einen Elektrotechniker im 3ten Semester mangels der richtigen Vorkenntnisse schlichtweg undurchschaubar. Die Damen unseres Fachgebiets zu fragen, kann sich aber eventuell lohnen, habe ich gelernt. Da Silizium noch viel komplizierter als Wasserstoff ist und man noch dazu solche Dinge wie chemische Bindungen berücksichtigen sollte, bleibt der armen angehenden Elektrotechnikerin und ihren männlichen Kollegen nur eines übrig, nämlich eine gnadenlose Abstraktion, die Kronig-Penney-Modell genannt wird. In diesem eindimensionalen Modell wird eine periodische(!) Kette von Atomen durch eine Kette rechteckiger Potentialtöpfe ersetzt, welche miteinander verkoppelt sind. Erstaunlicherweise reicht das bereits aus,

54 38 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK um die schon erwähnten Bänder (Leitungsband, Valenzband) zu erhalten. Nach diesem Aha-Erlebnis braucht es nicht viel Fantasie um sich vorzustellen, dass es in drei Dimensionen nicht viel anders sein wird und ob Atompotentiale nun rechteckig sind oder ob man Coulombpotentiale verwendet, ist für ein qualitatives Verständnis völlig egal Gekoppelte Potentialtöpfe Ehe wir uns der mathematischen Behandlung des Kronig-Penney-Modells zuwenden, lohnen sich ein paar qualitative Betrachtungen zum besseren Verständnis der Situation. Schauen wir doch mal in die Abbildung Dort sehen wir zwei identische Potentialtöpfe oder auch Quantentröge, die nebeneinander stehen und trotz des Abstandes von nur 1nm zunächst nichts miteinander zu tun haben. Aber Vorsicht: Eigentlich stimmt das nicht so richtig, denn Quantenmechanik ist eine ziemlich österreichische Wissenschaft, und hier gilt bekanntlich a bisserl was geht immer. Sagen wir also besser, dass die Kopplung vernachlässigbar schwach sei. Jetzt verkoppeln wir die beiden Töpfe stärker (siehe Abbildung 1.18 (b)), indem wir z.b. deren Abstand auf 0.5 nm verringern und sehen was passiert. Zunächst die anschauliche Variante, die man gerne in den Büchern findet: Schiebt man die Töpfe aufeinander zu, so erhöht sich die Energie der Zustände im linken Topf, im rechten Topf werden die Energiezustände abgesenkt (oder umgekehrt). Man nennt das bonding und anti-bonding states. Je geringer der Abstand der Töpfe, desto größer wird der Energieabstand zwischen diesen bonding und anti-bonding states (siehe Abbildung 1.18 (b) und (c) für die Abstände von 0.5 nm und 0.2 nm zum Vergleichen). Hinweis: Statt rechteckigen Töpfen kann man auch Coulombpotentiale nehmen, das macht keinen Unterschied. Meiner Meinung nach ist die Formulierung mit der Verkopplung aber etwas schlampig, weil in der Quantenmechanik kann man zwei Einzelprobleme nicht einfach addieren. Entweder hat man zwei einzelne Potentialtöpfe, oder man hat zwei gekoppelte Töpfe und dazwischen gibt es nichts. Im Problem der gekoppelten Töpfe hat man ein in zwei Subniveaus aufgespaltenes Energieniveau rund um die Stelle, wo das Niveau in den einzelnen Töpfen lag. Die Wellenfunktion des unteren Subniveaus liegt dann hauptsächlich im linken Topf, die Wellenfunktion des oberen Subniveaus hauptsächlich im rechten oder umgekehrt. Der Abstand der Subniveaus hängt dann irgendwie exponentiell vom Abstand der Töpfe ab, aber mathematisch gekoppelt sind sie immer. Drei gekoppelte Töpfe (siehe Abbildung 1.19) haben drei Subniveaus, vier gekoppelte Töpfe (Abbildung 1.19 (d)) haben vier Subniveaus und N gekoppelte Töpfe haben N Subniveaus (Abbildung 1.19 (e)). Wichtig: Mit steigender Anzahl der Subniveaus wird deren energetischer

55 1.4. PERIODISCHE POTENTIALE: 1D-MODELLKRISTALLE nm 0.18 Ec (ev) z (nm) nm 0.18 Ec (ev) z (nm) nm 0.18 Ec (ev) z (nm) Abbildung 1.18: Verschiebung der Energieniveaus in gekoppelten Quantentöpfen als Funktion der Barrierendicke zwischen den Töpfen. (a): 1 nm, (b): 0.5 nm, (c): 0.2 nm. Die Rechnung wurde für eine AlGaAs-GaAs Heterostruktur mit einem Al-Gehalt von 15% durchgeführt (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet).

56 40 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK (a).. N Töpfe.. (b).. 2 gekoppelte Töpfe.. (c).. 3 gekoppelte Töpfe.. (d).. 4 gekoppelte Töpfe.. (e).. N gekoppelte Töpfe.... N Zustände pro Band.. Abbildung 1.19: Schematische Darstellung der Formation von Bändern durch sukzessive Kopplung einzelner Potentialtöpfe zu einer Kette von Töpfen. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet)

57 1.4. PERIODISCHE POTENTIALE: 1D-MODELLKRISTALLE 41 V(z) Gebiet I II I II I II I II I V 0 II V 0 -b 0 a b z Abbildung 1.20: Periodisches Potential mit den schematisch eingezeichneten Bändern. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet) Abstand kleiner und schließlich so klein, dass die Subniveaus experimentell nicht mehr auflösbar sind. Der Bereich in dem diese Niveaus zu finden sind wird durch die größere Anzahl der Niveaus jedoch breiter. Ab diesem Moment spricht man von einem Energieband, in dem es, so sagt uns das Kronig-Penney-Modell für unendlich viele Töpfe im nächsten Kapitel, kontinuierliche k-werte und richtige E(k) Beziehungen gibt, die im Jargon Bandstruktur genannt werden. Die Breite der Bänder hängt von der Dicke der Barrieren ab, wobei die Faustregel gilt, dünne Barrieren - breite Energiebänder (siehe Abbildung 1.18) Das Kronig-Penney-Modell Betrachten wir nun also als eindimensionalen Modellkristall ein periodisches Potential mit unendlich vielen Potentialtöpfen, welches folgendermaßen aussehen soll (Siehe Abbildung 1.20 (a)): V(z) = V 0 b z 0 (1.127) V(z) = 0 0 z a (1.128) Für die Wellenfunktionen auf den Teilstücken nehmen wir: Ψ 2 (z) = Ce ik2z +De ik2z ( b < z < 0) (1.129) Ψ 1 (z) = Ae ik1z +Be ik1z (0 < z < a) (1.130) Mit k 1 = 2m E 2, k 2 = 2m (E V 0 ) 2 (1.131)

58 42 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK Für die Periodizität des Potentials mit der Periode d = a+b verlangen wir: Ψ(z) = Ψ(z +d) = Ψ(z) e iφ (1.132) Φ = kd ist die Phase. Damit sehen die Wellenfunktionen in der nächsten Periode so aus: Ψ 2 (z) = e iφ (Ce ik 2(z d) +De ik 2(z d) ) a z a+b Ψ 1 (z) = e iφ (Ae ik 2(z d) +Be ik 2(z d) ) a+b z a+b+a (1.133) Jetzt brauchen wir eine kleine Auszeit. Sie meinen Sie hätten das Obige verstanden? Schauen wir doch mal. Frage eins: Wieso ist Ψ(z +d) = Ψ(z) e ikd? Antwort: Bitte beim Translationsoperator nachlesen. Frage zwei: Was ist das überhaupt für ein k und wo bekomme ich das her? Antwort: Sie können jeden beliebigen Wert zwischen k = 0 und π/a nehmen. Was ist jetzt mit diesem k 1 und dem k 2? k 1 und k 2 bekommt man aus der Energie wie oben angegeben. Nur, die Energie kennen wir nicht, nicht alle Energien sind erlaubt und wir müssen den Zusammenhang zwischen E und k erst suchen! Behalten Sie also dieses Φ = kd in den folgenden Rechnungen gut im Auge. Machen wir weiter und fordern wir jetzt wie gewohnt die Stetigkeit von Ψ sowie die Stetigkeit von Ψ z bei z = 0: Ψ 1 (0) = Ψ 2 (0) A+B = C +D Ψ 1 z 0 = Ψ 2 z 0 ik 1 (A B) = ik 2 (C D) (1.134) und dann das Ganze nochmal bei z = a. Vorsicht, hier muss das Ψ 1 aus der ersten Periode und das Ψ 2 aus der nächsten Periode genommen werden. Nicht vergessen: d = a+b und dann z = a einsetzen. Ψ 1 (a) = Ψ 2 (a) ( Ae ik1a +Be ) ik 1a = e +iφ( Ce ik2b +De ) ik 2b ( Ψ 1 z a = Ψ 2 z a ik 1 Ae ik 1 a Be ) ik 1a = ik 2 e +iφ( Ce ik2b De ) (1.135) ik 2b Schön zusammengefasst haben wir dann folgendes Gleichungssystem für die Koeffizienten: A+B = C +D ik 1 (A B) = ik 2 (C D) ( Ae ik 1 b +Be ) ik 1b = e +iφ( Ce ik2b +De ) ik 2b k 1 ( Ae ik 1 a Be ik 1a ) = k 2 e +iφ( Ce ik 2b De ik 2b ) (1.136) Eine nichttriviale Lösung gibt es nur, wenn die Koeffizientendeterminante = 0 ist. Soweit ist ja alles klar und relativ einfach und man wundert sich daher auch nicht über

59 1.4. PERIODISCHE POTENTIALE: 1D-MODELLKRISTALLE 43 den in praktisch allen Büchern vorkommenden wohlbekannten Satz: Nach einigen Umformungen erhält man folgende implizite Form für die Determinante: cosφ = cos(ak 1 )cosh(bk 2 ) k2 1 k 2 2 2k 1 k 2 sin(ak 1 )sinh(bk 2 ) (0 < E < V 0 ) (1.137) cosφ = cos(ak 1 )cosh(bk 2 ) k2 1 +k2 2 2k 1 k 2 sin(ak 1 )sinh(bk 2 ) (E > V 0 ) (1.138) Die Formeln stimmen, nur die Aussage: Nach einigen Umformungen erhält man folgende implizite Form für die Determinante ist schon sehr mutig, denn dieses Gleichungssystem sprengt die Möglichkeiten von Wolfram Alpha bei weitem. Die einigen Umformungen in einem Buch nachzulesen, dürfte auch eine Herausforderung sein, aber nicht weil die so kompliziert sind, sondern weil es einfach kein Buch gibt, in welchem Sie das finden. Schauen wir also mal selbst wie man das macht: Wenn Sie diese Determinante wirklich selbst ausrechnen wollen, brauchen Sie vorher noch einen faulen Tick. Diesen bekommt man aus einem guten Quantenmechanik Buch in dem steht: Die Wellenfunktionen gebundener Zustände sind immer reell. Man setzt die Wellenfunktionen also rein reell an: Ψ 1 (z) = Ae ik 1z +Be ik 1z Acos(+kz)+Bcos( kz) (1.139) Ganz so einfach geht das aber nicht, man muss da noch eine beliebige Phase ϕ dazugeben, weil man sonst Probleme mit dem Koordinatensystem bekommt. Am Beispiel des unendlich tiefen Potentialtopfes sieht man das gut: Steht der Topf bei 0 z a auf der z-achse, ist die Wellenfunktion ein Sinus, steht er bei a z 2 +a, ist die 2 Wellenfunktion ein Kosinus. Nehmen wir also als Ansatz: Ψ 1 (z) = Ae ik 1z +Be ik 1z Acos(+kz ϕ)+bcos( kz ϕ) (1.140) Jetzt lohnen sich ein paar Additionstheoreme aus der Maturaklasse: und Acos(kz ϕ) = Acos(kz)cos(ϕ)+Asin(kz)sin(ϕ) Acos(ϕ) = A 1, Asin(ϕ) = A 2 Acos(kz ϕ) = A 1 cos(kz)+a 2 sin(kz) Bcos( kz ϕ) = Bcos( kz)cos(ϕ)+bsin( kz)sin(ϕ) Bcos(ϕ) = B 1, Bsin(ϕ) = B 2 Bcos( kz ϕ) = B 1 cos(kz) B 2 sin(kz) (1.141) (1.142)

60 44 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK liefern: Acos(kx ϕ)+bcos( kx ϕ) = = A 1 cos(kx)+a 2 sin(kx)+b 1 cos(kx) B 2 sin(kx) = A 1 cos(kx)+b 1 cos(kx)+a 2 sin(kx) B 2 sin(kx) = A cos(kx)+b cos(kx) Damit bekommen wir als endgültigen Ansatz für die Wellenfunktionen: (1.143) Ψ 1 = A sin(k 1 z)+b cos(k 1 z) (1.144) Ψ 2 = C sin(k 2 z)+d cos(k 2 z) (1.145) mit: 2m (E V 0 ) 2m E k 2 =, k 2 1 = (1.146) 2 So, jetzt geht es richtig los: Die Tatsache, dass k 2 komplex werden kann, ignorieren wir derweil einmal, wir bleiben einfach im Bereich E V 0 0. Um den Fall E V 0 0 kümmern wir uns dann ganz zum Schluss. Die Stetigkeit von Ψ bei z = 0 sowie die Stetigkeit von Ψ z liefert wegen des geschickt gewählten Koordinatenursprungs dann praktischerweise: B = D (1.147) k 1 A = k 2 C (1.148) und das ist ganz wunderbar, denn damit sind zwei von vier unbekannten Koeffizienten schon einmal entsorgt. Hätten wir den komplexen Ansatz genommen, wäre das Ergebnis gewesen: A+B = C +D und ik 1 A ik 1 B = ik 2 C ik 2 D und das würde die weitere Rechnung ziemlich mühsam machen, da wir dann am Ende eine Determinante einer komplexen 4x4 Matrix analytisch ausrechnen müssten. Die periodische Randbedingung liefert für unseren Ansatz zusätzlich folgende Gleichungen (Φ = kd ist wieder die Phase von ganz oben): Ψ 1 (a) = Ψ 2 ( b) e iφ (1.149) A sin(k 1 a)+b cos(k 1 a) = e iφ (C sin( k 2 b)+d cos( k 2 b)) (1.150) Die Stetigkeit der Ableitung k 1 A cos(k 1 z) k 1 B sin(k 1 z) = e iφ (k 2 C cos(k 2 z) D k 2 sin(k 2 z)) (1.151) liefert mit der Anschlussbedingung Ψ 1 z = e iφ Ψ 2 z=a z (1.152) z= b

61 1.4. PERIODISCHE POTENTIALE: 1D-MODELLKRISTALLE 45 die Formel: k 1 A cos(k 1 a) k 1 B sin(k 1 a) = e iφ (k 2 C cos( k 2 b) D k 2 sin( k 2 b)) (1.153) Fassen wir noch einmal unsere zwei Gleichungen für unsere zwei Unbekannten A und B zusammen und setzen vor allem für C und D ein: ( ) A sin(k 1 a)+b cos(k 1 a) = e iφ k1 A sin( k 2 b)+b cos( k 2 b) k 2 (1.154) k 1 A cos(k 1 a) k 1 B sin(k 1 a) = e iφ (k 2 k 1 k 2 A cos( k 2 b) B k 2 sin( k 2 b)) (1.155) Jetzt zur Vereinfachung alles auf eine Seite schaffen und ausklammern: ( A sin(k 1 a) e iφk ) 1 sin( k 2 b) +B ( cos(k 1 a) e iφ cos( k 2 b) ) = 0 (1.156) k 2 k 1 A ( cos(k 1 a) e iφ cos( k 2 b) ) +B ( k 1 sin(k 1 a)+k 2 e iφ sin( k 2 b) ) = 0 (1.157) Dann noch in der Formelsammlung zum Thema Sinus(x) und Kosinus(x) nachsehen: cos(x) = cos( x), sin( x) = sin(x) (1.158) und man bekommt ein schönes 2x2 Gleichungssystem in Matrixform: ( ( ) sin(k 1 a)+e iφk k 1 sin(k 2 b) ( cos(k1 a) e iφ cos(k 2 b) ) )( ( 2 k1 cos(k 1 a) k 1 e iφ cos(k 2 b) ) ( k 1 sin(k 1 a) k 2 e iφ sin(k 2 b) ) A B ) = ( 0 0 ) (1.159) Die Determinante der Matrix kann jetzt nach der altbekannten Regel Hauptdiagonale- Nebendiagonale ausgerechnet. Um zu dieser impliziten Form der Determinante von oben zu kommen, braucht es dann noch etwas lästige Algebra. Die Determinante unserer Matrix ist also: ( sin(k 1 a)+e iφk 1 k 2 sin(k 2 b)) ( k1 sin(k 1 a) k 2 e iφ sin(+k 2 b) ) k 1 ( cos(k1 a) e iφ cos(k 2 b) )( cos(k 1 a) e iφ cos(k 2 b) ) = 0 Jetzt ausmultiplizieren: (1.160) k 1 sin 2 (k 1 a) e iφ k 2 sin(k 1 a)sin(k 2 b) e iφk 1k 1 k 2 sin(k 2 b)sin(k 1 a) e iφ e iφk 1k 2 k 2 sin 2 (k 2 b) k 1 cos 2 (k 1 a)+e iφ k 1 cos(k 1 a)cos(k 2 b)+e iφ k 1 cos(k 2 b)cos(k 1 a) e iφ e iφ k 1 cos 2 (k 2 b) = 0 (1.161)

62 46 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK Oh Gott, was für eine Formelwurst. Zusammenfassen und ausklammern macht die Formel etwas kürzer: k 1 sin 2 (k 1 a) e iφ (k 2 + k2 1 k 2 )sin(k 1 a)sin(k 2 b) e iφ e iφk 1k 2 k 2 sin 2 (k 2 b) k 1 cos 2 (k 1 a)+2e iφ k 1 cos(k 1 a)cos(k 2 b) e iφ e iφ k 1 cos 2 (k 2 b) = 0 (1.162) Jetzt die sin(x) 2 und cos(x) 2 -Terme zusammensortieren: k 1 sin 2 (k 1 a) k 1 cos(k 1 a) 2 e iφ (k 2 + k2 1 k 2 )sin(k 1 a)sin(k 2 b)+ +2e iφ k 1 cos(k 1 a)cos(k 2 b) e iφ e iφ k 1 cos 2 (k 2 b) e iφ e iφk 1k 2 k 2 sin 2 (k 2 b) = 0 (1.163) Ausnutzen dass sin(x) 2 +cos(x) 2 = 1 ist und man erhält: k 1 e iφ (k 2 + k2 1 k 2 )sin(k 1 a)sin(k 2 b)+ +2e iφ k 1 cos(k 1 a)cos(k 2 b) e iφ e iφ k 1 = 0 (1.164) Nun durch k 1 sowie e iφ dividieren: e iφ ( k 2 k 1 + k 1 k 2 )sin(k 1 a)sin(k 2 b)+ +2cos(k 1 a)cos(k 2 b) e iφ = 0 (1.165) Endlich sind wir fertig und erhalten wirklich auch, was in allen Büchern steht, nämlich: cos(k 1 a)cos(k 2 b) k2 2 +k 2 1 2k 1 k 2 sin(k 1 a)sin(k 2 b) = cos(φ) (1.166) Zum Schluss muss man noch darauf achten, ob man sich energetisch über oder unter V 0 befindet. Ist E V 0, bleibt alles wie es ist, für E V 0 ändert sich die Formel zu: cos(k 1 a)cos(k 2 b) k2 2 k 2 1 2k 1 k 2 sin(k 1 a)sin(k 2 b) = cos(φ) (1.167) Hausaufgabe: Die Gleichungen im Internet nachkontrollieren. Diese Gleichungen kann man plotten (siehe Abbildung 1.21 (b)) und dann erkennt man, dass für bestimmte Energiebereiche gar keine Lösungen möglich sind, da der Kosinus einer Funktion niemals größer als eins werden kann ( 1 cosφ 1). In der Bandstruktur E(k) in unserem künstlichen eindimensionalen Kristall sind das dann die Bandlücken, ganz wie im richtigen Halbleiter. Im Bandprofil (also dem E(x) Diagramm, siehe Abbildung 1.21 (a)) sind die erlaubten Energiebereiche als graue Balken eingezeichnet. Man erkennt, dass wegen der Nullpunktsenergie das niedrigste Band nicht bei E = 0 liegt. Allerdings hat es sich in allen Büchern eingebürgert, die Energieskala so zu verschieben, dass der Energienullpunkt auf den Boden des untersten Bandes gelegt wird.

63 1.4. PERIODISCHE POTENTIALE: 1D-MODELLKRISTALLE 47 (a) (c) Gebiet I II I II I II I II I V0 V 0 V(z) Leitungsband -b 0 a b z (b) 4 Bandlücke Erlaubtes Band Valenzband -2π/d -π/d E 1 π/d 2π/d cos (Φ) k 1 d II I Abbildung 1.21: (a) Periodisches Potential mit den schematisch eingezeichneten Bändern, (b) die Koeffizientendeterminante in impliziter Form und (c) die zugehörige Dispersionsrelation. Die Breite der Bandlücken nimmt für höhere k-werte (d. h. für Energien oberhalb von E V 0 ) ab, die Breite der erlaubten Bänder (hellgrau eingezeichnet) nimmt hingegen zu. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet)

64 48 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK Was muss ich jetzt noch tun, um das obige E(k) Bildchen zu erhalten? Dazu braucht man die Phase Φ = kd, mit d = a + b. k kann frei gewählt werden. Dann nehmen wir eine Energie E und variieren diese solange, bis mit Hilfe der Formeln: 2m E 2m (E V 0 ) k 1 =, k 2 2 = (1.168) 2 unsere implizite Determinantengleichung erfüllt ist. Wenn man diese Prozedur für alle k- Werte zwischenk = 0 undk = π/d wiederholt, bekommt man eine schöne Bandstruktur. Beim allgemeinen Ansatz oder auch bei größeren Systemen kann man numerisch vorgehen und zwar so: Man programmiere die Koeffizientenmatrix in irgendeiner Computersprache, am besten Matlab. Man wähle einen k-wert im Gebiet I. Den zugehörigen Wert von k II bekommt man dann über die Formel 2 k 2 II 2m = 2 k 2 I 2m V II. Man suche sich eine Routine zur Determinantenberechnung. Ist die Determinante Null, so berechnet man die Koeffizienten der Wellenfunktionen und bekommt die Energie durch Einsetzen der Wellenfunktion in die Schrödingergleichung. Ist die Determinante ungleich Null, so hat man die Bandlücke erwischt. Eine komplette E(k) Relation erstellt man einfach durch Absuchen des gewünschen k-bereichs. Wie schnell das geht, weiß ich nicht, ich habe das auf diese Weise nie ausprobiert. Wer wirklich E(k) Relationen von komplizierten Systemen ausrechnen will, sollte lieber vollständig numerisch vorgehen, das ist deutlich einfacher Blochoszillationen Zwar haben wir jetzt mit einem einfachen Modell eine Bandstruktur ausgerechnet, aber was ist das überhaupt? Nur Quantenkram oder vielleicht doch etwas Handfesteres? Nehmen wir doch einfach einmal unsere schöne Bandstruktur und legen darin ein Elektron bei k = 0 ab (siehe Abbildung 1.22). Dann schalten wir ein elektrisches Feld in x-richtung ein (also Spannung an das Bauteil anlegen) und nehmen an, es gäbe keine Streuung für die Elektronen. Das Elektron beschleunigt im Feld in die positive

65 1.4. PERIODISCHE POTENTIALE: 1D-MODELLKRISTALLE 49 E el. Feld t=0 E - t=t 1 el. Feld (a) Zonenrand - Zonenrand k (b) Zonenrand Zonenrand k E el. Feld Reflexion t=t 2 - E el. Feld - t=t 3 (c) Zonenrand Zonenrand k (d) Zonenrand Zonenrand k Abbildung 1.22: Der Bloch Oszillator. (a)+(b): Das Elektron bewegt sich parallel zum elektrischen Feld in die positive k x Richtung und wird schneller. (c)+(d): Nach der Reflexion am Zonenrand bewegt sich das Elektron entgegen der Feldrichtung und bremst wieder ab (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet). k x -Richtung, bewegt sich die Bandstruktur hinauf und kommt am oberen Rand an. Noch schneller kann es nicht werden, stattdessen wird es am Zonenrand reflektiert und läuft auf der anderen Seite die Bandstruktur wieder hinunter. Vorsicht, jetzt läuft das Elektron entgegen der Feldrichtung und wird langsamer. Erreicht es den Boden der Bandstruktur bei k x = 0, so dreht sich die Bewegungsrichtung wieder um und das Spiel beginnt von Neuem. Sie haben Vorstellungsprobleme? Hier zwei klassische Vergleiche: Ein Gummiball wird fallengelassen, wird schneller, prallt am Boden auf und kommt zurück, oder denken Sie an eine Feder mit einer Masse. Betrachtet man das Elektron als Welle, so wäre die Reflexion an der Zonengrenze eine Bragg Reflexion (siehe das Kapitel über Kristalle), genau wie bei der Röntgenstrahlung. Eine Bandstruktur ist also nichts Abstraktes, auch mit Ihrem Auto fahren Sie auf der Autobahn auf einer parabolischen Bandstruktur, nämlich auf der Energie-Impuls Beziehung E = m v 2 /2 = p 2 /2m. Betrachten wir die ganze Angelegenheit nun etwas quantitativer und berechnen wir mit Hilfe einer modellhaften Bandstruktur die Oszillationsfrequenz des Blochoszillators

66 50 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK. Die Bandstruktur habe die Form: E(k) = E 0 2 (1 cos(kd)) (1.169) Die Gruppengeschwindigkeit v g der Elektronenwelle ist dann (E = ω) Die Kraft auf das Elektron berechnet sich zu: Integrieren liefert k(t): v g = dω dk = 1 de dk = E 0d sin(kd) (1.170) 2 F = dp dt = dk dt = ee (1.171) k(t) = ee t+const. (1.172) Wenn man annimmt, dass die Bewegung bei t = 0 und beik = 0 beginnt, ist die Integrationskonstante gleich Null. Das gewonnene k kann man in die Gruppengeschwindigkeit einsetzen. v g = E 0d 2 sin(kd) = E ( ) 0d eed 2 sin t Die Bewegung im Ort liefert das Integral über die Geschwindigkeit. x(t) = t v(t)dt = x(t) = E ( 0 d eed 2 eed cos t ) t 0 0 (1.173) ( E 0 d eed 2 sin t )dt (1.174) = E 0 2eE ( ( ) ) eed cos t 1 (1.175) Wie man sieht, bekommt man eine oszillierende Bewegung im Ort. Eine globale Fortbewegung im Verlauf der Zeit gibt es aber nicht. Die Oszillationsfrequenz ist feldabhängig: ω = 2πf = eed (1.176) Weil der Kosinus symmetrisch um Null ist, werfen wir das Minuszeichen in die Biotonne und bekommen: f = eed (1.177) h Soll Strom fließen, müssen Streuprozesse eingeführt werden, z. B. durch optische Phononen. Diese nicht-elastischen Prozesse sorgen dafür, dass das Elektron nach relativ kurzen Zeiten seine kinetische Energie komplett verliert. Wenn wir annehmen, dass: eed τ π 2 (1.178)

67 1.4. PERIODISCHE POTENTIALE: 1D-MODELLKRISTALLE 51 bekommt man für die Gruppengeschwindigkeit zwischen den Streuprozessen ein lineares Verhalten mit der Zeit. v g (t) = E 0d 2 sin ( eed ) t E 0deEd 2 t = ee 0Ed 2 t (1.179) 2 2 Das Elektron wird also beschleunigt, nach der Streuzeit τ wieder gestoppt, wieder beschleunigt usw. Eine oszillierende Bewegung gibt es hier also nicht, das Elektron bewegt sich im Mittel mit der Geschwindigkeit v max /2 vorwärts und es fließt ein Strom. v max bekommt man aus der Gruppengeschwindigkeit bei t = τ. Die Streuzeit τ muss natürlich bekannt sein. v max = ee 0Ed τ (1.180) Der Blochoszillator hätte eine nette Anwendung, die aber leider nicht funktioniert. Wenn Sie sich jetzt ein wenig an die Inhalte der Elektrodynamik Vorlesung erinnern könnten (was bei einem Studenten im 3ten Semester aber nicht geht, denn die Vorlesung kommt für Sie erst noch), hätten Sie ein AHA-Erlebnis. Ein Elektron im Blochoszillator ist eine beschleunigte Ladung und die strahlt, zumindest theoretisch. Noch dazu wäre das eine Strahlungsquelle, bei der man die Frequenz über die angelegte Spannung einstellen kann, einfach super. Der Grund, aus dem das nicht funktioniert, liegt in den vielen Alltagsproblemen. Viele Streuprozesse sorgen sehr effizient dafür, dass das Elektron niemals den oberen Zonenrand erreicht und damit erst gar keine Runde durch die Bandstruktur drehen kann. Noch dazu müssten für eine effiziente Strahlungsquelle alle Elektronen zur gleichen Zeit das Gleiche tun, also kohärent agieren, aber das ist wegen der Streuprozesse unmöglich. Dennoch gibt es so etwas wie einen strahlenden Blochoszillator sehr wohl im richtigen Leben. Das Teil heißt Free Electron Laser, füllt ganze Fabrikshallen und ist daher für die Consumer Elektronik eher unbedeutsam Temperaturabhängige Bandlücken So billig das Kronig-Penney-Modell auch ist, so erstaunlich ist es, was man alles damit verstehen kann. Die Temperaturabhängigkeit von Bandlücken ist wieder so ein Thema. Die Bandlücken aller Halbleiter werden mit steigender Temperatur nämlich kleiner. Wie kann man das mit Hilfe des Kronig-Penney-Modells qualitativ verstehen? Bei tieferen Temperaturen werden die Atomabstände kleiner, bei höheren Temperaturen werden sie größer, im Kronig-Penney-Modell wäre das eine Änderung der Periodizität mit der Temperatur. Schon im unendlich tiefen Potentialtopf gilt, je schmaler der Topf, desto

68 52 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK höher die Energieabstände, also wird es im Kronig-Penney-Modell nicht anders sein. Hausaufgabe: E g (a+b) numerisch berechnen und diese Aussage selbst verifizieren. Quantitativ wird die Temperaturabhängigkeit der Bandlücke durch folgende semiempirische Formel beschrieben, die unter dem Namen Varshni-equation bekannt ist: E g (T) = E g (0) αt2 β +T (1.181) Die Parameter für die Halbleiter Silizium, Germanium und GaAs finden Sie in der folgenden Tabelle, den Rest vermutlich im Internet. Germanium Silizium GaAs E g (0)(eV) α(mev/k) β(k) (1.182) Was das für die Bandlücken dieser Halbleiter bedeutet, sieht man in der nächsten Tabelle. T emp. Germanium Silizium GaAs 300K K (1.183) 500K K Das mit der temperaturabhängigen Bandlücke sieht harmlos aus, ist es aber nicht. In einem Leistungsbauteil kann es schon ziemlich heiß hergehen. Lokal im Bauteil irgendwo 500 Grad Celsius zu erreichen, ist keine Schwierigkeit und auch kein Problem für das Bauteil. Sollte dieser heiße Ort aber gerade zufällig die aktive Zone (also das Gebiet, in dem das Licht erzeugt wird) Ihres Halbleiterlasers sein, wird das für Sie ein Problem, der Laser ändert dann nämlich kräftig seine Emissionswellenlänge. 1.5 Isolatoren, Halbleiter und Metalle Die Frage, ob ein Material ein Halbleiter, Metall oder Isolator ist, lässt sich mit der Bandstruktur alleine nicht beantworten, es kommt auf die Füllung der Bänder an. Anders ausgedrückt, nicht die vom Kristall verursachte Bandstruktur macht das Metall aus, sondern die elektronischen Eigenschaften der Atomsorten aus denen das Kristallgitter besteht. Ein Beispiel dafür sind laut Wikipedia Gold und NaCl (normales Salz).

69 1.5. ISOLATOREN, HALBLEITER UND METALLE 53 Metall Metall Halbleiter Isolator (a) (b) (c) (d) E E f E f Eg E f Eg E f Ort (z) E E c E f E E c E f E c E c E v Eg E v Eg E E v Eg E f E E v Eg E f k k k k Wellenvektor (k) Abbildung 1.23: Bandschema eines Metalls mit halbvollem Band (a), eines Metalls mit überlappenden Bändern (b), eines Halbleiters (c) und eines Isolators (d). (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet.) E Halbmetall E c E f E E f E v Ort (z) Wellenvektor (k) Abbildung 1.24: Bandschema eines Halbmetalls (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet).

70 54 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK Beide haben den gleichen Gittertyp, nämlich fcc. Gold leitet gut, Kochsalz bekanntlich gar nicht. Abbildung 1.23 zeigt die bestehenden prinzipiellen Möglichkeiten für die Füllung der Bänder. Abbildung 1.23(a) ist ein Metall. Das oberste Band ist in etwa halb gefüllt, dass es darunter eine Bandlücke gibt, ist egal. Selbst bei T = 0K besteht hier eine Leitfähigkeit. Abbildung 1.23(b) zeigt auch ein Metall, diesmal mit überlappenden Bändern. Das Ferminiveau, welches bei der Temperatur T = 0K die Energie des höchsten gefüllten Zustands im Band kennzeichnet, ist ebenfalls eingezeichnet. Abbildung 1.23(d) ist ein Isolator. Das unterste Band ist komplett voll, alle Elektronen sitzen fest in gebundenen Zuständen und Stromtransport ist nicht möglich. Elektronen in höhere Bänder zu verschieben (durch thermisches Aufbrechen der Bindungen) ist wegen der sehr großen Bandlücke ebenfalls unmöglich. Das Ferminiveau klebt am Valenzband. Abbildung 1.23(c) zeigt einen (intrinsischen) Halbleiter. Hier gibt es gleich viele thermisch erzeugte freie Plätze im Valenzband wie freie Elektronen im Leitungsband und das Ferminiveau liegt für diesen Fall in der Mitte der Bandlücke. Das scheint jetzt widersprüchlich zu sein. Oben stand ja gerade, dass das Ferminiveau die Position des höchsten gefüllten Zustandes angibt, aber in der Bandlücke gibt es ja eben gerade keine Zustände. Details zu diesem Thema und die Erklärung dafür kommen aber später im Kapitel über Zustandsdichten und Halbleiterstatistik. Etwas ganz Komisches sind Halbmetalle. Dort gibt es, bedingt durch die streckenweise parallele Bandstruktur im k-raum, Bereiche, in denen das Valenzband bei gleicher Energie aber unterschiedlichem k über dem Leitungsband liegt. Eine Bandlücke ist in Halbmetallen dadurch nicht mehr vorhanden, dadurch gibt es selbst bei T = 0K Elektronen und Löcher gleichzeitig, siehe Abbildung Typische Vertreter von Halbmetallen sind Bor, Arsen, Selen, Antimon, Tellur und das radioaktive Astat. Gerne werden auch Halbleiter mit einer Bandlücke kleiner als kt als Halbmetall bezeichnet. Der bekannteste Vertreter ist hier Graphen. 1.6 Tunnelströme Zur Berechnung eines Tunnelstromes in der planaren Tunneltheorie geht man von der wohlbekannten Formel: j k = en k v k (1.184) aus, wobei n k die Dichte der Elektronen ist, welche mit dem Wellenvektor k durch die Struktur hindurch getunnelt sind. Die Geschwindigkeit v k ist wie immer die Ableitung

71 1.6. TUNNELSTRÖME 55 experimentelle Daten berechnet I (ma) InGaAs Emitter EF E E 0 GaAsSb InGaAs GaAsSb 9 nm E 1 E 0 13 nm 9 nm InGaAs Kollektor E E = 0 E 1 T=4K I (arb. u.) T=4K Bias (V) Bias (V) Abbildung 1.25: Links: gemessene I(V) Kennlinie einer InGaAs/GaAsSb double barrier resonant tunneling diode bei tiefer Temperatur (T = 4.2K). Rechts: Simulierte I(V) Kennlinie. Als effektive Elektronenmasse im InGaAs/GaAsSb System wurdem = angenommen. arb.u. steht für arbitrary units, einer englischen Bezeichnung für qualitative Skalen. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet.) der Bandstruktur. Bei einem parabolischem Band bekommt man also: v = 1 de dk = k (1.185) m Jetzt brauchen wir diese Dichte der Elektronen, welche durch die Struktur hindurch getunnelt sind und das ist ganz einfach die Dichte n k der Elektronen mit dem Wellenvektor k vor der Barriere multipliziert mit dem Transmissionskoeffizienten, der meistens nur von k, manchmal aber auch sehr wohl von k und k // abhängt. In Formeln ausgedrückt: j k = en k T(k ) k m (1.186) Mit (siehe das Kapitel über die eindimensionale Zustandsdichte im k-raum) oder noch besser gleich pro Einheitslänge: bekommt man schließlich: j = 1 2π n k = L dk (1.187) 2π n k L = 1 dk (1.188) 2π k F 0 et(k ) k dk (1.189) m

72 56 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK Wir nehmen jetzt an, dass die Startelektrode und die Zielelektrode Metalle, also dreidimensionale Elektroden sind. Wir brauchen jetzt also die dreidimensionale Zustandsdichte (kommt später im Text) im k-raum und die obige Formel ändert sich damit zu: j = 1 (2π) 3 k F 0 et(k ) k m d3 k (1.190) Dann berücksichtigen wir die Besetzungen im Ausgangs- und Endzustand mit den jeweiligen Ferminiveaus E F initial und E F final und vergessen wir auch nicht, dass es Vorwärts- und Rückwärtstunneln geben kann und erhalten: j = e (2π) 3 k F 0 T(k ) k m (f(e E F initial) f(e E F final ))d 3 k (1.191) Wichtiger Hinweis: Aufpassen mit den Integrationsgrenzen beim Integrieren! Man muss im 3D Fall als äußerstes Integral über k z integrieren und für die Integration über k // dieses k z als untere Integrationsgrenze verwenden. Macht man das nicht, werden Elektronen doppelt gezählt. Weiters ist es günstiger, beim Integrieren im k-raum zu bleiben und eben nicht(!) auf ein Energieintegral umzurechnen. Um zu zeigen, wie gut das mit der Berechnung von Tunnelströmen funktioniert, schauen wir mal auf Die Abbildung 2.8, in dem ein Vergleich einer gemessenen und einer nach obigen Methoden berechneten I(V) Kennlinie zu sehen ist. Wie man sieht, könnte die Übereinstimmung ruhig besser sein. Die Position der Resonanz passt einigermaßen, aber die Form der berechneten Resonanz ist einfach anders. Die gemessene Resonanz ist eher dreieckig, während die berechnete Resonanz einer Lorentzlinie ähnelt. Außerdem ist die berechnete Resonanz viel schmaler als die gemessene. Jenseits der Resonanz sinkt der Strom bei der berechneten Kennlinie viel stärker ab als bei der gemessenen, man spricht von einem falschen peak to valley ratio. Und schließlich, wenn man sich die Stromachsen ansieht, erkennt man, dass der berechnete Strom nur qualitativ richtig ist, aber nicht quantitativ. Alle diese Abweichungen haben einen guten Grund und der heißt Streuung durch gleich mehrere Streuprozesse wie Phononen, ionisierte Störstellen, Elektron-Elektron Streuung etc.. Streuung jeder Art wurde bei allen unseren Berechnungen komplett ignoriert und auch das hat einen guten Grund. Der Formalismus zur Berechnung von Tunnelströmen inklusive Streuung ist ziemlich kompliziert (non equilibrium Greens functions formalism...) und sprengt den Rahmen dieses Skriptums bei Weitem. Ein weiterer Effekt, der die Berechnung des Stromes in resonanten Tunneldioden ziemlich schwierig macht, ist die komplizierte Spannungsabhängigkeit

73 1.7. ZEITABHÄNGIGE PROZESSE: FERMIS GOLDENE REGEL 57 der Elektronenverteilung in der Emitterelektrode. Mehr dazu kommt im Skriptum der Vorlesung Halbleiterelektronik. 1.7 Zeitabhängige Prozesse: Fermis goldene Regel Hin und wieder, wie zur Berechnung von Tunnelströmen inklusive Streuung, oder bei optischen Übergängen, müssen Übergangsraten ausgerechnet werden. Dazu müsste man eigentlich die zeitabhängige Schrödingergleichung lösen. Für den Elektrotechniker reicht es aber meistens aus, wenn er Fermis Goldene Regel kennt, mit welcher diese Übergänge näherungsweise ausgerechnet werden können. Fermis goldene Regel wird auf folgende Weise hergeleitet: H = H 0 +H (t) H...sei eine zeitabhängige Störung (1.192) Hu k = E k u k Energien und Wellenfunkionen des ungestörten Systems (1.193) i Ψ t = HΨ ist die zeitabhängige Schrödingergleichung (1.194) Als Lösung für das gestörte System setzt man eine Linearkombination von bekannten Lösungen des ungestörten Systems an. Ψ(t) = n a n (t)u n e ient (1.195) Gleichung in einsetzen liefert: i ȧ n (t)u n e ient + a n (t)e n u n e ient = i n a n (t)(h 0 +H (t))u n e ient (1.196) Das sind jetzt ziemlich lange Formelwürste. Nach längerem Umformen und einigen Näherungen (wollen Sie das nachrechnen? Vergessen Sie das!) erhält man für die Übergangswahrscheinlichkeit w km aus einem Zustand k in einen anderen Zustand m nach Singh (in der Bracketschreibweise!): w km = 2π alle Zustände δ( ω k ω m ) k H m 2 (1.197) Nimmt man die Besetzung mit, kommt man zu Fermis goldener Regel: w km = 2π δ(ek E m ) k H m 2 (f(e E k ) f(e E m )) (1.198)

74 58 KAPITEL 1. QUANTENMECHANIK Eine erste ganz einfache Anwendung dieser Formel ist dann zum Beispiel die Berechnung der Tunnelstromdichte, wenn w die Übergangsrate durch eine Tunnelbarriere ist. j = en w (1.199) N... e... w... ist die Dichte der Elektronen ist die Elementarladung Übergangsrate für ein Elektron durch eine Tunnelbarriere Die weitere wichtigste Anwendung für uns wird dann die Berechnung von Streuraten und Elektronenbeweglichkeiten mit der Boltzmanngleichung sein.

75 Kapitel 2 Quantenmechanik: numerische Methoden 2.1 Numerische Berechnung von Energiezuständen in einer Dimension Nachdem wir uns jetzt einige primitive Grundlagen der Quantenmechanik einverleibt haben und glauben, dass wir uns etwas auskennen, klären wir mal die Frage was man tun muss, wenn man als Halbleiterist im täglichen Laborleben wirklich etwas Konkretes ausrechnen will. Ab Beispiel der Transmission der Einfachbarriere, oder schlimmer bei den Energiezuständen eines unsymmetrischen, endlich tiefen Potentialtopfs aus der Halbleiterphysik Übung sieht man, dass man sofort große und komplexe Gleichungssysteme am Hals hat, die analytisch schier nicht mehr zu lösen sind. Wer das nicht glaubt, versuche sich bitte mal mit Wolfram Alpha an der Einfachbarriere, die Lösung dann bitte bei mir abgeben, denn ich bin gescheitert. Mit etwas Numerik und einem einfachen Trick, nämlich der Annahme, dass alle Potentiale per Definition stückweise konstant sind, kommt man aber schon ein ganzes Stück weiter und man kann so tatsächlich z.b. die Energiezustände in beeindruckend komplizierten Heterostrukturen ausrechnen. Wie immer und überall in diesem Skriptum bleiben wir dazu bei eindimensionalen Problemen und die gezeigten Verfahren sollen Ihnen auch nur einen Einstieg bieten, damit Sie eine Ahnung davon bekommen, was in einem großen Simulator heutzutage alles drinnen steckt. Noch viel wichtiger, Sie sollten auch eine Ahnung von den Dingen bekommen, die vielleicht eben gerade nicht in dem Simulator stecken, obwohl man meint, sie sollten es. 59

76 60 KAPITEL 2. QUANTENMECHANIK: NUMERISCHE METHODEN V Vj z j-1 z j z j+1 z Abbildung 2.1: Diskretisierungsschema für einen beliebigen Potentialtopf. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet.) Nehmen wir also an, wir haben ein stückweise konstantes Potential mit ganz vielen Teilstücken (siehe Abbildung 2.1) und wir wollen die gebundenen Zustände in diesem Potential ausrechnen. Dann gehen wir vor wie bei der Einfachbarriere, wo wir für die Gesamtwellenfunktion die ebenen Wellen auf den einzelnen Teilstücken zusammengesetzt hatten. Die Anschluß- und Randbedingungen liefern dann: Ein großes Gleichungssystem, welches man in Matrixform darstellen kann Die Quantisierungsenergien sind die Energien, bei denen die Determinante der Koeffizientenmatrix eine Nullstelle hat (hierfür gibt es Programmpakete wie Matlab ) Für diese Energien kann man dann das Gleichungssystem mit Hilfe von Matlab lösen und die gewonnenen Koeffizienten liefern die Wellenfunktionen durch: Ψ = A n e ikn(z zj) +B n e ikn(z z j) j Hinweis: Die oben beschriebene Vorgangsweise ist zwar einleuchtend und mathematisch korrekt, aber die Rechenzeiten sind eher länglich. Einfacher und vor allem schneller kann man das Ganze auch mit einer direkten und erstaunlich primitiven Diskretisierung der Schrödingergleichung 2 2m 2 Ψ(z) +V(z)Ψ(z) = EΨ(z) (2.1) z 2 bekommen. Wir erinnern uns nun kurz an die Definition der Ableitung aus unserer Zeit am Gymnasium oder der HTL (siehe Abbildung 2.1). Wenn wir dieses hoffentlich

77 2.1. NUMERISCHE BERECHNUNG VON ENERGIEZUSTÄNDEN IN EINER DIMENSION61 noch vorhandene Wissen auf die ersten und zweiten Ableitungen der Wellenfunktion anwenden, lauten deren Ableitungen mit δ := z j+1 z j : Ψ z = Ψ j+1 Ψ j δ := Ψ j δ (2.2) 2 Ψ z = Ψ j Ψ j 1 = Ψ j+1 Ψ j (Ψ j Ψ j 1 ) (2.3) 2 δ 2 δ 2 also: 2 Ψ z = Ψ j+1 2Ψ j +Ψ j 1 (2.4) 2 δ 2 Die Schrödingergleichung lautet nun: [ ] 2 Ψj+1 2Ψ j +Ψ j 1 +v 2m δ 2 j Ψ j = EΨ j (2.5) Mit der Randbedingung: Ψ 0 = Ψ N+1 = 0 kann man das Ganze auf ein Matrixproblem umschreiben. Die einzelnen Elemente der Matrixbeziehung HΨ = EΨ lauten: H j,j = m 1 δ 2 +V j (2.6) H j,j+1 = H j,j 1 = 2 2m 1 (2.7) δ 2 Das ist eine symmetrische Bandmatrix, die numerisch sehr schnell lösbar ist Stützstellen sind kein Problem. Faustregel: Eine Wellenfunktion, also einen Eigenvektor zu bestimmen dauert in etwa so lange wie alle Eigenwerte zu berechnen H j,j 1 H j,j H j,j+1 Ψ j = E Ψ j (2.8) Mit dieser Methode arbeitet übrigens auch das Programm von Greg Snider, das bei uns am Institut zur Berechnung von Bandprofilen so gerne verwendet wird. Abbildung 1.14 wurde genau mit diesem Verfahren ausgerechnet. (1D-Poisson solver, download von: VORSICHT FALLE: Natürlich kann man wie oben beschrieben die Energieniveaus in einem beliebigen Potential ausrechnen. Man darf dabei aber nie vergessen, dass durch die RandbedingungenΨ 0 = Ψ N+1 = 0 das beliebige Potential am Ende immer durch unendlich hohe Wände begrenzt wird. Dieses führt zu

78 62 KAPITEL 2. QUANTENMECHANIK: NUMERISCHE METHODEN zwei Nebeneffekten: Im Kontinuum oberhalb des selbst gewählten beliebigen Potentials entstehen Geisterzustände die es in der Realität nicht gibt und außerdem wird der Abstand zwischen den Energiezuständen an der Oberkante des Potentials verfälscht. Das Diskretisierungsgebiet muss daher breit genug gewählt werden damit diese Effekte erst außerhalb des interessanten Energiebereichs auftreten. Diese Matrixmethode kann übrigens auch für periodische Potentiale und das Kronig Penney Modell verwendet werden. Die periodischen Randbedingungen lauten: Ψ 0 z=0 = Ψ N z=zn (2.9) Ψ 0 z (2.10) = Ψ N z=0 z (2.11) z=zn In der Matrixschreibweise lauten die periodischen Randbedingungen nun: H 1,N = ikv N 2 2m 1 2 H δ 2 N,1 = +ikv N 2m 1 (2.12) δ 2 Das ist jetzt aber keine Bandmatrix mehr und obendrein ist diese Matrix jetzt komplex, zum Glück zumindest aber hermitesch, was die Numerik deutlich vereinfacht. Die Energieeigenwerte müssen jetzt für jeden k-wert einzeln berechnet werden und man erhält als Belohnung die E(k) Beziehungen und damit die Bandstruktur. 2.2 Eigenzustände in 2 Dimensionen Besonders in geätzten Quantendrähten kommt es durchaus vor, dass man das Potential V(x,z) eben nicht als V(x,z) = V(x) + V(z) schreiben kann, man muss also die Schrödingergleichung wirklich in zwei Dimensionen lösen. ( ) 2 2 2m x + 2 Ψ(x,z)+V(x,z)Ψ(x,z) = EΨ(x,z) (2.13) 2 z 2 Wir diskretisieren wie früher, nur eben jetzt in zwei Dimensionen: D i Ψ = (Ψ i+1,j 2Ψ i,j +Ψ i 1,j ) (2.14) D j Ψ = (Ψ i,j+1 2Ψ i,j +Ψ i,j 1 ) (2.15) ( 2 Di Ψ + D ) jψ +V 2m δi 2 δj 2 i,j Ψ i,j = EΨ i,j (2.16)

79 2.2. EIGENZUSTÄNDE IN 2 DIMENSIONEN V (ev) AlGaAs 1000 x(å) GaAs z(å) 500 ENERGIE (mev) E F 1D n 0 n 1 n x (Å) Abbildung 2.2: Links : Potential-Landschaft eines geätzten Quantendrahts in einer GaAs-AlGaAs Heterostruktur. Die 1D Elektronen sind unten im Topf. Rechts : Schnitt durch ein zweidimensionales Quantendrahtpotential mit den Energiezuständen und ein Schnitt durch die zugehörigen Wellenfunktionen. Weiter unten im Topf gibt es keine Zustände, da die Nullpunktsenergie durch die Quantisierung in z-richtung bestimmt wird! (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet, zu finden aber auch in: J. Smoliner, G. Ploner, Electron transport and confining potentials in nanostructures, Handbook of Nanostructured Materials and Nanotechnology, Vol.3, p1-91, ed. H.Nalwa, Academic Press (2000))

80 64 KAPITEL 2. QUANTENMECHANIK: NUMERISCHE METHODEN oder explizit hingeschrieben : ( 2 Ψk+Nj 2Ψ k +Ψ k Nj 2m δ 2 i + Ψ ) k 1 2Ψ k +Ψ k+1 +V δj 2 k Ψ k = E k Ψ k (2.17) Das Ganze kann man sehr bequem als Bandmatrix hinschreiben, allerdings braucht es vorher noch einen Trick mit den Indizes: k = (i 1)N j +j (2.18) wobei N j die Anzahl der Diskretisierungspunkte in z-richtung darstellt. (N i wäre die die Anzahl der Diskretisierungspunkte in x-richtung) Die Hauptdiagonale lautet : ( H k,k = ) +V m δi 2 δj 2 k (2.19) Auf den Nebendiagonalen hat man: ( ) 2 H k,k Nj = H k Nj,k = 2m δi 2 H k,k+1 = H k+1,k = ( ) 2 /(2m δj 2 (2.20) (2.21) Jetzt braucht man nur noch einen Matrixsolver für die Eigenwerte wie z.b. EISPACK oder LINPACK und fertig. Was man dazu aber auch noch braucht, ist ein ziemlich großer Speicher, denn wenn Sie für ein eindimensionales Problem eine Matrix der Größe 1000 x 1000 bekommen haben, bekämen Sie in der zweidimensionalen Version der Berechnung eine Matrix der Größe 10 6 x10 6, für eine dreidimensionale Simulation eine Matrix der Größe 10 9 x10 9 und das absolut nicht mehr machbar, für so etwas braucht es andere Methoden. Wie früher gilt: Eigenwerte bekommt man schnell, die Eigenvektoren dauern lange. Hausaufgabe: Meditieren Sie etwas über die Abbildung 2.2. Haben Sie wirklich verstanden, warum dieser 3D-Plot so aussieht, wie er aussieht und wo die Elektronen sind? 2.3 Numerische Berechnung von Transmissionskoeffizienten Neben Energieeigenwerten und Wellenfunktionen können auch Transmissionskoeffizienten für beliebige Barrieren mit einem Matrixverfahren effizient berechnet werden. Auch

81 2.3. NUMERISCHE BERECHNUNG VON TRANSMISSIONSKOEFFIZIENTEN 65 V Vj z j-1 z j z j+1 z Abbildung 2.3: Diskretisierungsschema für eine beliebige Potentialbarriere. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet) Energie (ev) 4x10-1 3x10-1 2x10-1 1x x z(nm) Transmission 1x10-0 1x10-2 1x10-4 1x10-6 1x10-8 1x x x Energie (ev) Abbildung 2.4: Links: Potentialverlauf einer Doppelbarrierenstruktur (auch resonante Tunneldiode genannt, auf englisch Resonant Tunneling Diode, RTD). Rechts: Transmission der Doppelbarrierenstruktur als Funktion der Elektronenenergie. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet.)

82 66 KAPITEL 2. QUANTENMECHANIK: NUMERISCHE METHODEN hier erweitern wir nicht einfach die Vorgangsweise von der Einzelbarriere auf größere Systeme, da dies nur unnötig viel Rechenzeit benötigt. Mit einem guten Trick, dem Transfer Matrix Formalismus, (siehe: E.O. Kane, Tunnelling Phenomena in Solids, Editors: E Burnstein and S Lundquist, New York, Plenum (1969) und B. Ricco B, M. Y. Azbel Phys. Rev. B 29, 1984 (1970)) kann man sich aber das große Gleichungssystem und auch die Berechnung der Determinante der Matrix sparen und zwar so: Wir nähern wieder eine beliebige Barriere durch stückweise konstante Potentiale an. Die Wellenfunktionen auf den Teilstücken schreiben wir aber jetzt ein wenig anders als früher: Die Anschlußbedingungen lauten somit: u j = A j e ik j(z z j ), v j =B j e ik j(z z j ) (2.22) u j +v j = u j+1 +v j+1 (2.23) ik j u j ik j v j = ik j+1 u j+1 ik j+1 v j+1 (2.24) m j m j m j+1 m j+1 Jetzt greift man zu einem weiteren, geradezu nobelpreiswürdigen Trick und schreibt die Anschlußbedingungen in Matrixform, Details dazu gibt es weiter unten. Den Transmissionskoeffizienten bekommt man dann als Produkt aus einer Reihe von 2 2 Matrizen. T(E) = k nm n 1 k 0 m 0 M 11 2, M = M j (2.25) j Gehen wir jetzt mehr ins Detail, in Abbildung 2.3 sieht man das Schema der Diskretisierung. Die Stelle z j liegt in der Mitte, links davon ist das Gebiet mit der Wellenfunktion u j (z j ), rechts davon ist das Gebiet mit der Wellenfunktion u j+1 (z j ). v j geht analog. Wir schauen jetzt mal, wie wir (von hinten) die Wellenfunktion u j (z j ) aus der Wellenfunktion u j+1 (z j+1 ) bekommen. Gebiet j Gebiet j +1 u j (z j ) u j+1 (z j ) u j+1 (z j+1 ) z j 1 z j z j+1 Von der Stützstelle j +1 kommt man von hinten zur Stützstelle z j mit folgender Matrixoperation: ( ) ( ) u j+1 (z j ) u j+1 (z j+1 ) = N (2.26) v j+1 (z j ) v j+1 (z j+1 )

83 2.4. TRANSFERMATRIXFORMALISMUS UND WELLENFUNKTIONEN 67 N = ( e ik j+1 z j e +ik j+1 z j+1 ) (2.27) wobei z j+1 = z j+1 z j. Nun wechseln wir die Seite der Grenzlinie zwischen zwei Gebieten. Von den Wellenfunktionen u j+1 und v j+1 an der Stelle z j kommt man zu den Wellenfunktionen u j und v j mit: ( ) ( ) u j (z j ) u j+1 (z j ) = M (2.28) v j (z j ) v j+1 (z j ) M = 1 2 ( 1+ k j+1 m j k j m j+1 1 k j+1m j k j m j+1 ) 1 k j+1m j k j m j+1 1+ k j+1m j k j m j+1 (2.29) Die Gesamtoperation bekommt man aus der Multiplikation der beiden Matrizen: ( ) ( ) u j (z j ) u j+1 (z j+1 ) = M N (2.30) v j (z j ) v j+1 (z j+1 ) ( M N = 1 e ik j+1 z j+1 1+ k j+1m j ( 2 e ik j+1 z j+1 1 k j+1m j k j m j+1 ) k j m j+1 ) ( e +ik j+1 z j+1 1 k j+1m j ( e +ik j+1 z j+1 1+ k j+1m j k j m j+1 ) k j m j+1 ) (2.31) Eingesetzt in Gleichung 2.25 erhält man dann den Transmissionskoeffizienten. Als Beispiel sieht man die berechnete Transmission einer resonanten Tunneldiode im Abbildung Transfermatrixformalismus und Wellenfunktionen Hat man den Transmissionskoeffizienten einer Tunnelstruktur berechnet, liefert die Transfer-Matrixmethode die Wellenfunktionen fast gratis mit. Man benötigt dazu die Beziehung, dass die Summe aus Transmission und Reflexion immer eins (1) sein muss: T(E)+R(E) = 1 (2.32) und dann noch alle Matrizen M (j). Die Wellenfunktion gewinnt man dann durch sukzessives Multiplizieren der auslaufenden Wellenfunktion von hinten(!) mit der Kette der

84 68 KAPITEL 2. QUANTENMECHANIK: NUMERISCHE METHODEN psi psi psi Energie (ev) V D =0.722V z(å) Abbildung 2.5: Wellenfunktionen in einer resonanten Tunneldiode im Bereich der Resonanzspannung V D = 0.728V. Die Einschussenergie wurde konstant gehalten, das Potential durch eine externe Spannung variiert. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet.) Matrizen M (j). Also: ( u n 1 (z n 1 ) v n 1 (z n 1 )... ( u n 18 (z n 18 ) v n 18 (z n 18 ) ) = M n ( u n (z n ) v n (z n ) ) ) = M n 17 M n 16 M n 15...M n ( u n (z n ) v n (z n ) ) (2.33) und so weiter, bis man alle Matrizen durchmultipliziert hat. Jetzt bleibt nur noch die Frage, was wir für die auslaufende Welle ansetzen. Das ist etwas trickreich, nämlich NICHT wie man aufgrund des analytischen Vorgehens bei der Einfachbarriere meint: ( ) ( ) ( ) u n (z n ) u n (z n ) = = T(E) k 0m n u 1 (z 1 ) (2.34) v n (z n ) 0 k n m 0 0 sondern: ( u n (z n ) v n (z n ) ) = T(E) k 0m n k n m 0 ( u 1 (z 1 ) v 1 (z 1 ) ) (2.35) Warum? Zwischen der analytischen Vorgangsweise und der Transfer Matrix Methode gibt es einen kleinen gut getarnten Unterschied. Beim analytischen Ansatz für die Einfachbarriere wird eine einlaufende Welle, eine auslaufende Welle und eine reflektierte Welle angenommen. Bei der TMM ist das gerade nicht der Fall, hier arbeitet man mit

85 Basis 2.5. K // KANN GARSTIG SEIN: BRECHUNG MIT ELEKTRONEN 69 (a) A It Vt STM- Spitze e- Basis (Au) n-typ Kollektor z y x Ef (b) ev t STM- Spitze ev b Vakuumbarriere e - Ic Kollektor E f V b E z Vt Ic A Ic z Abbildung 2.6: (a) Schematischer Aufbau eines BEEM Experiments mit Au auf GaAs. (b) Zugehöriges Bandschema und Kennlinie des Kollektorstromes in Abhängigkeit von der Spitzenspannung (Bildquelle: Dissertation, D. Rakoczy, TU-Wien). stehenden Wellen. Fordert man bei der TMM, dass aus dem Unendlichen keine Welle mehr zurückkommt, bekommt man aber eine laufende Welle, also keine stationäre Lösung und dann darf man sich auch nicht wundern, dass die Wellenfunktionen höchst seltsam aussehen. Für die Transmission ist das völlig egal, ob man eine stationäre oder laufende Welle betrachtet, nur für die Wellenfunktionen eben nicht. Plottet man nun die so errechneten Quadrate der Wellenfunktionen, gibt es noch eine Überraschung, die maximale Amplitude von Ψ 2 ist nämlich 4 und nicht 1. Ein kurzes Nachdenken sollte liefern, dass das auch so sein muss, denn die Wellenfunktionen sind eben kein klassischer Sinus, der ja noch einen Faktor 1/2 enthält: sin(z) = eiz e iz 2i (2.36) Als Beispiel dafür, dass die Sache auch gut funktioniert, sieht man im Abbildung 2.5 die Wellenfunktionen in einer resonanten Tunneldiode bei angelegter Spannung. Nur in der Nähe der Resonanzspannung bekommt die Wellenfunktion in der Tunneldiode eine nennenswerte Amplitude, ansonsten ist sie extrem klein. 2.5 k // kann garstig sein: Brechung mit Elektronen Wir betrachten nun den Elektronentransport für eine Situation, bei der sich an einer Grenzfläche die effektive Masse der Elektronen ändert. Das hat man entweder in Heterostrukturen mit Materialien mit stark unterschiedlicher Masse, oder noch viel krasser,

86 70 KAPITEL 2. QUANTENMECHANIK: NUMERISCHE METHODEN (a) y (b) y Au-GaAs interface v xy GaAs v z GaAs Au-GaAs interface e Au GaAs Au GaAs e v xy Au v z Au e z e z Abbildung 2.7: (a) Brechung von Elektronen: Beim Übergang von Au ins GaAs gewinnt das Elektron Geschwindigkeit parallel zur Grenzfläche. Senkrecht zur Grenzfläche sinkt die Geschwindigkeit. (b) Totalreflexion (Bildquelle: Dissertation, D. Rakoczy, TU-Wien). in der Ballistic Electron Emission Microscopy, BEEM. Ein typisches BEEM Experiment sieht man in Abbildung 2.6, welches folgendermaßen funktioniert: Als Probe wird ein sehr dünner Goldfilm verwendet (d = 8nm), welcher auf einen Halbleiter (GaAs) aufgedampft wurde. Goldfilm und Halbleiter bilden eine Schottkydiode, welche an einen empfindlichen Strom-Spannungswandler angeschlossen ist. Von einem Tunnelmikroskop aus, lässt man nun bei unterschiedlichen Spannungen einen Tunnelstrom in den Goldfilm fließen. Ist die Spannung groß genug, können ballistische Elektronen ohne Streuung vom Gold (m = m e ) in den Halbleiter gelangen (m = 0.067) und man bekommt eine Kennlinie, wie sie in in Abbildung 2.6 (b) dargestellt ist. Weil der Impuls der Elektronen parallel zu den Schichten der Probe beim Transport erhalten bleibt, hat man es in Folge, ganz gleich wie in der Optik wo Licht in ein Medium mit anderem Brechungsindex wechselt, mit Brechungseffekten zu tun. Frage: kann man das ignorieren? Antwort: solange gilt k // << k, ja, sonst nicht. Besonders bei der Berechnung von Tunnelströmen kann man sich dann krasse Fehler einhandeln. Betrachten wir zuerst die Parallelkomponente der Energie: E xy := E(k xy ) = 2 kxy 2 2m(z) = 2 ( k 2 2m(z) x +ky) 2 (2.37) Zur Vermeidung von unnötiger Verwirrung schadet es jetzt nicht, irgendeinen willkürlichen Energienullpunkt zu wählen. Das Ferminiveau im Goldfilm oder das Ferminiveau in der Probe ohne angelegte Spannung E 0 = E F (V = 0) = EF A u ist da eine ganz gute

87 2.5. K // KANN GARSTIG SEIN: BRECHUNG MIT ELEKTRONEN 71 Wahl. Mit der Erhaltung des Parallelimpulses an der Au-GaAs Grenzfläche bekommt man dann: E GaAs xy Die Gesamtenergie E muss natürlich auch erhalten bleiben: = Exy Au m 0 (2.38) m E = 2 k 2 2m(z) +E pot = 2 ( 2 kx +k 2 y +k ) 2 z +E pot = E xy +E z +E pot (2.39) 2m(z) Damit bekommt man für die Energiekomponente in z-richtung, also senkrecht zu den Schichten im GaAs: E GaAs z = E E GaAs xy E GaAs z E b = E 0 +E z Au +E xy Au E Au xy m 0 m E b (2.40) = E z Au E xy ( m0 m 1 ) ev b0 (2.41) Mit ev bo := E b E 0 wird dann gleich noch eine allfällige Potentialstufe an der Grenzfläche berücksichtigt. Sehen wir uns nun den Grenzwinkel der Totalreflexion an. Zuerst berechnen wir k z : k Au z = 2m0 (E E 2 0) k 2 xy (2.42) k z GaAs = 2m 2 (E E b) k xy 2 Der Term unter der Wurzel darf aber nicht negativ werden. Also: (2.43) k xy 2 2m 2 (E E b) (2.44) Der Winkel zwischen der z-achse und dem k-vektor des Elektrons ist dann ganz einfach: Nochmals einsetzen und fertig. sin(θ Au ) = k xy k, k = 2m0 (E E 0 ) 2 (2.45) sin 2 (θ crit ) = m m 0 E E b E E 0 (2.46) Die Grenzfläche überqueren dürfen dann nur die Elektronen, deren Einfallswinkel unter dem Grenzwinkel liegt. sin(θ) sin(θ crit ) (2.47)

88 72 KAPITEL 2. QUANTENMECHANIK: NUMERISCHE METHODEN Weil man das später noch brauchen wird, rechnen wir den Grenzwinkel auf die Komponente der Energie des Elektrons parallel zur Grenzfläche um. Aus (2.44) und E Au xy = 2 2 k xy 2m 0 folgt dass: E Au xy m (E E b ) (2.48) m 0 Noch ein wenig rückwärts einsetzen mit E =E Au xy+e Au z +E 0 und ersetzen von E b durch die Barrierenhöhe, bekommen wir mit E b = V bo +E 0 : E xy Au m m 0 ( Exy Au +E z Au +E 0 V b0 E 0 ) E xy Au m 0 ( ) E Au V m 0 m b0 2.6 Transfermatrixformalismus mit Brechung (2.49) (2.50) Nach den obigen Betrachtungen kann man jetzt die Transfermatrix Methode leicht um diese Brechungseffekte erweitern, man muss nur die Massen richtig berücksichtigen. Das Potential wird wie üblich diskretisiert: n 1 V(z) = V j (2.51) mit z j 1 < z < z j : V = const., überall sonst: V = 0. Die Schrödingergleichung ist gleich wie früher: [ ] 2 d 2 2m j dz +V 2 j E z ψ(z) = 0 (2.52) Die Wellenfunktionen auf dem jeweiligen Teilstück lauten dann mit der Masse m j im Intervall [z j 1,z j ] : j=0 ψ j (z) = A j e ik jz +B j e ik jz (2.53) mit: 2mj (E z V j ) k j = (2.54) 2 Die Anpassbedingungen zwischen den benachbarten Teilstücken j und j +1 lauten bei z = z j : ψ j (z j ) = ψ j+1 (z j ) (2.55) und 1 ψ j (z) m j z = 1 ψ j+1 (z) z=zj m j+1 z (2.56) z=zj

89 2.6. TRANSFERMATRIXFORMALISMUS MIT BRECHUNG 73 Wir benutzen wieder die gleichen Abkürzungen wie früher: u j (z) = A j e +ik jz und v j (z) = B j e ik jz (2.57) Einsetzen in die Anpassbedingungen liefert folgendes: u j (z j )+v j (z j )=u j+1 (z j )+v j+1 (z j ) (2.58) ik j m j u j (z j ) ik j m j v j (z j ) = ik j+1 m j+1 v j+1 (z j ) ik j+1 m j+1 v j+1 (z j ) (2.59) Jetzt kommt die Geschichte mit der Brechung, die dann entscheidend wird, wenn E xy > 0 oder besser k xy > 0 ist. Zum besseren Verständnis teilen wir die Gesamtenergie E auf in eine vertikale Komponente E z und eine Komponente parallel zur Grenzfläche, E xy. Die Gesamtenergie ist dann: E= E xy +E z wobei k xy immer erhalten bleibt, nicht aber E xy. Wir berechnen E xy in den Gebieten (j) und (j +1) und bekommen: E xy,j = 2 k 2 xy 2m j (2.60) E xy,j+1 = 2 k 2 xy 2m j+1 (2.61) Nachdem die Gesamtenergie erhalten bleibt, ist E z in den Regionen (j) und (j+1) nicht mehr gleich.. Die Beziehung zwischen E z,j+1 und E z,j ist gegeben durch: E z,j+1 = E z,j +(V j V j+1 )+(E xy,j E xy,j+1 ) (2.62) Aus Gleichung (2.62), bekommt man die Beziehung zwischen k j und k j+1 für endliche Werte von k xy : 2mj (E z,j V j ) k j = u (2.63) 2 2mj+1 (E z,j+1 V j+1 ) k j+1 = (2.64) 2 Mit diesen Beziehungen zwischen k j und k j+1 kann man nun auch für endlichen Parallelimpuls die Gleichung (2.59) wie früher in Matrixform schreiben: ( ) ( ) uj ( z j ) = M (j) u j+1 (z j ) v j (z j ) v j+1 (z j ) (2.65) wobei M (j) = 1 2 ( 1+ k j+1 m j k j m j+1 1 k j+1m j k j m j+1 1 k j+1mj k j m j+1 1+ k j+1m j k j m j+1 ) (2.66)

90 74 KAPITEL 2. QUANTENMECHANIK: NUMERISCHE METHODEN Die Wellenfunktionen an den Grenzflächen lauten: ( ) ( u j (z j ) = N (j+1) u j (z j+1 ) v j (zjj) v j z j+1 ) ) (2.67) wobei ( ) N (j+1) e ik j+1 z j+1 0 = 0 e ik j+1 z j+1 Für die ganze Kette der Diskretisierungsgebiete bekommen wir: ( ) ( ) u 0 (z 0 ) u n (z n ) = M v 0 (z 0 ) v n (z n ) (2.68) (2.69) wobei M das Produkt aus allen Matrizen M (j) und N (j+1) ist: M = M (0) N (1) M (n 1) N (n) (2.70) Um die globale Transmission zu bekommen, geht man genau gleich vor wie schon früher und man bekommt: T(E) = k n m 0 k 0 m n A n 2 A 0 2 = k n m 0 k 0 m n 1 M 11 2 (2.71) Wichtig: Man beachte, dass durch die Brechungseffekte die Teilchenströme nicht mehr senkrecht zu den Schichten fließen. Aus diesem Grund muss in der Formel für die Transmission (2.71), das Verhältnis der Absolutwerte der k-vektoren k = k 2 z +k2 xy, verwendet werden und eben nicht nur das Verhältnis der entsprechenden k z Werte. Ein Hinweis zum Schluss: Nach obiger Methode bekommt man die einfallende Wellenfunktion von hinten aus der transmittierten Wellenfunktion. Das sieht seltsam aus, hat aber einen guten Grund. Schreibt man das Ganze in umgekehrter Richtung auf, bekommt man für die Transmission einen komplizierteren Ausdruck, in dem alle Elemente der Matrix M auftauchen. (Hausaufgabe: Nachrechnen!) 2.7 Anwendung: Tunnelströme Zur Berechnung eines Tunnelstromes in der planaren Tunneltheorie geht man von der wohlbekannten Formel: j k = 2ev k n (2.72) aus, wobei n die Dichte der Elektronen ist, die durch die Struktur hindurch getunnelt sind. Die Geschwindigkeit ist wie immer die Ableitung der Bandstruktur. Bei einem

91 2.7. ANWENDUNG: TUNNELSTRÖME 75 parabolischem Band bekommt man also: v = 1 de dk = k (2.73) m Jetzt brauchen wir diese Dichte der Elektronen die durch die Struktur hindurch getunnelt sind und das ist ganz einfach die Dichte n k der Elektronen mit dem Wellenvektor k multipliziert mit dem Transmissionskoeffizienten, der, wie wir gesehen haben, meistens nur von k, manchmal aber sehr wohl auch von k und k // abhängt. In Formeln ausgedrückt: j k = 2en k T(k ) k m (2.74) Mit (siehe das Kapitel über die Zustandsdichte) n k = L dk (2.75) 2π oder noch besser gleich pro Einheitslänge: bekommt man schließlich: j = 1 2π n k L = 1 dk (2.76) 2π k F 0 2eT(k ) k dk (2.77) m Wir nehmen jetzt an, dass die Startelektrode und die Zielelektrode Metalle, also dreidimensionale Elektroden sind. Obige Formel ändert sich damit zu: j = 1 (2π) 3 k F 0 2eT(k ) k m d3 k (2.78) Dann berücksichtigen wir die Besetzungen im Ausgangs und Endzustand mit den jeweiligen Ferminiveaus E F initial und E F final und vergessen wir auch nicht, dass es Vorwärts- und Rückwärtstunneln geben kann und erhalten: j = 2e (2π) 3 k F 0 T(k ) k m (f(e E F initial) f(e E F final ))d 3 k (2.79) Wichtiger Hinweis: Aufpassen mit den Integrationsgrenzen beim Integrieren! Man muss im 3D Fall als äußerstes Integral über k z integrieren und für die Integration über k //

92 76 KAPITEL 2. QUANTENMECHANIK: NUMERISCHE METHODEN experimentelle Daten berechnet I (ma) InGaAs Emitter EF E E 0 GaAsSb InGaAs GaAsSb 9 nm E 1 E 0 13 nm 9 nm InGaAs Kollektor E E = 0 E 1 T=4K I (arb. u.) T=4K Bias (V) Bias (V) Abbildung 2.8: links: gemessene I(V) Kennlinie einer InGaAs/GaAsSb double barrier resonant tunneling diode bei tiefer Temperatur (T = 4.2K). rechts: Simulierte I(V) Kennlinie. Als effektive Elektronenmasse im InGaAs/GaAsSb System wurdem = angenommen. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet.) dieses k z als untere Integrationsgrenze verwenden. Macht man das nicht, werden Elektronen doppelt gezählt. Weiters ist es günstiger beim Integrieren im k-raum zu bleiben und eben nicht (!) auf ein Energieintegral umzurechnen. Um zu zeigen, wie gut das mit der Berechnung von Tunnelströmen funktioniert, schauen wir mal auf Die Abbildung 2.8, in dem für eine resonante InGaAs/GaAsSb Tunneldiode ein Vergleich einer gemessenen und einer nach obigen Methoden berechneten I(V) Kennlinie zu sehen ist. Wie man sieht, könnte die Übereinstimmung ruhig besser sein. Die Position der Resonanz passt einigermaßen, aber die Form der berechneten Resonanz ist einfach anders. Die gemessene Resonanz ist eher dreieckig, während die berechnete Resonanz einer Lorentzlinie ähnelt. Außerdem ist die berechnete Resonanz viel schmaler als die gemessene. Jenseits der Resonanz sinkt der Strom bei der berechneten Kennlinie viel stärker ab als bei der gemessenen Kennlinie, man spricht von einem falschen peak to valley ratio. Und schließlich, wenn man sich die Stromachsen ansieht, erkennt man, dass der berechnete Strom nur qualitativ richtig ist aber nicht quantitativ. Alle diese Abweichungen haben einen guten Grund und der heißt Streuung durch gleich mehrere Streuprozesse wie Phononen, ionisierte Störstellen, Elektron-Elektron Streuung etc.. Streuung jeder Art wurde bei all unseren Berechnungen komplett ignoriert und auch das hat einen guten Grund. Der Formalismus zur Berechnung von Tunnelströmen inklusive Streuung ist ziemlich kompliziert (non equilibrium Greens functions forma-

93 2.7. ANWENDUNG: TUNNELSTRÖME 77 lism...) und sprengt den Rahmen dieses Skriptums bei Weitem. Ein weiterer Effekt, der die Berechnung des Stromes in resonanten Tunneldioden ziemlich schwierig macht, ist die komplizierte Spannungsabhängigkeit der Elektronenverteilung in der Emitterelektrode. Mehr dazu kommt später im Skript. Obwohl die berechnete Kennlinie der obigen RTD nicht besonders gut mit der gemessenen Kennlinie übereinstimmt, muss man nicht frustriert sein. Tunnelkennlinien idealer Systeme berechnen zu können ist auch schon extrem hilfreich, denn es gibt durchaus Systeme, die sehr nahe am Ideal liegen. Ein Beispiel hierfür sind sogenannte BEEM Experimente. BEEM steht für Ballistic Electron Emission Microscopy und ist eine Methode, bei der Elektronen ballistisch, das heißt ohne (nicht-elastische) Streuung von einem Tunnelmikroskop durch eine Halbleiterprobe geschossen werden. In Abbildung 2.9 sieht man links den Potentialverlauf einer typischen BEEM Probe für die der Kollektorstrom I BEEM als Funktion der angelegten Spannung V t berechnet werden soll. Sie werden zugeben, das Potential sieht schon recht komplex aus. Rechts sieht man den Vergleich zwischen den gemessenen Kennlinien und der Simulation. Für Spannungen von V t = 0.8V bis ca. V t = 1.25V passen Rechnung und Experiment quantitativ(!) perfekt zusammen. Erst bei ganz hohen Werten von V t gibt es Abweichungen, da im Halbleiter höhere Leitungsbänder nicht berücksichtigt wurden. Mehr Details zu diesen Experimenten und Simulationen finden sich in: J. Smoliner, D. Rakoczy, M. Kast, Hot Electron Spectroscopy / Microscopy, Rep. Prog. Phys (2004). Die Frage, die sich nun stellt ist klarerweise: Wieso geht das hier so gut? Als Antwort gibt es im Wesentlichen zwei Gründe: 1): Ein Tunnelmikroskop ist einfach ein perfekter Tunnelkontakt und die Emitterelektrode ist ein unkompliziertes Metall (weitere Details brauchen wieder eine eigene Vorlesung). 2): Es gibt so gut wie keine Streuung in dieser Struktur, da die aktive Zone undotiert ist und vor allem das Verhältnis von Streuzeit und Transferzeit stimmt. Nimmt man LO-Phononenstreuung als dominanten Streuprozess im Halbleiter an (siehe spätere Kapitel in diesem Skript), so ist die Streuzeit, also die mittlere Zeit zwischen zwei Streuprozessen ca. 0.1ps. Mit einer Einschussenergie von 150meV über der Leitungsbandkante und einer effektiven Masse von m = 0.067m 0 bekommt man in dieser Zeit eine ballistische Flugstrecke von 90nm, die Struktur ist aber nur 75nm lang. Die Elektronen haben die Struktur also schon lange durchflogen, ehe sie von einem Phonon gestreut werden können. (Hausaufgabe: rechnen Sie die ballistische Flugstrecke mit Hilfe der Formeln E kin = mv 2 /2 und v = s/t nach.)

94 78 KAPITEL 2. QUANTENMECHANIK: NUMERISCHE METHODEN Vakuumbarriere E E f tip STM Spitze (Au) I t A Basis (Au) d=30 nm d=45 nm p- -dotierte Schicht Z Miniband Kollektor E Koll f I BEEM (A) V c = +200 mv V c = 0 mv V c = -200 mv E f Basis E c GaAs A V t I BEEM V c V t (V) Abbildung 2.9: links: Potentialverlauf einer GaAs-AlGaAs Heterostruktur in einem BEEM Experiment. Aus der gemessenen Einsatzspannung des BEEM-Stromes kann die energetische Position des Minibandes bestimmt werden. rechts: Simulierte und gemessene Kennlinien des BEEM-Stromes für Kollektorspannungen von V c = 200mV,V c = 0mV,V c = +200mV. Die Pfeile markieren die Verschiebung der Einsatzspannung für den ballistischen Minibandtransport als Funktion der Kollektorspannung. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet.)

95 Kapitel 3 Kristalle Wie wir im Kapitel Quantenmechanik gelernt haben, braucht es für eine ordentliche Bandstruktur mit Leitungsband und Valenzband eine periodische Anordnung von Atomen im Raum, sprich, wir brauchen einen ordentlichen Kristall. In diesem Kapitel gibt es also ein paar Grundlagen über Kristalle, weil Sie sonst nicht wissen werden, ob Sie im Zweifelsfall einen (111) Wafer aus Silizium oder doch besser einen (100) Wafer kaufen sollen. 3.1 Gittertypen Einige Definitionen Eine periodische Anordnung von Atomen im Raum, über welche an Kristallographenstammtischen gerne mit Stichwörtern wie Gitterparameter, Gitterkonstante, Netzebenenabstand, Translationsvektor etc. diskutiert wird, nennt man Kristallgitter. Damit Sie bei solchen Gelegenheiten nicht als Dummy herumsitzen, merken Sie sich besser folgende Definitionen: Bravais Gitter: Eine Menge aus Punkten, welche den Raum ausfüllt. Unabhängig von der Position sieht die Umgebung jedes Punktes (bei einatomigen Gittern) in den einzelnen Gittern immer genau gleich aus. Basis: Ausgangspunkt des Kristallgitters (= Bravais Gitter ). Eine Basis kann aus mehreren Atomen bestehen! Translationsvektor: Eine Translation des Gitters um den Vektor T verschiebt einen Punkt R nach R+T, verändert den Kristall als Ganzes aber nicht. 79

96 80 KAPITEL 3. KRISTALLE Kristallsystem 1 kubisch 2 tetragonal P P zugehörige Bravais- Gitter I F I a 3 α β γ a 2 a 1 3 rhombisch P I C F 4 hexagonal 5 trigonal 4 Arten von Einheitszellen: P = primitiv P I = raumzentriert F = flächenzentriert C = basiszentriert 6 monoklin 7 triklin P C P Abbildung 3.1: Die 14 möglichen Bravais Gitter mit den dazugehörenden Notationen. Die Elementarzelle des hexagonalen Gitters ist primitiv und umfasst nur das blau schattierte, reguläre Prisma. (Bildquelle: Rudolf Gross, Achim Marx, Festkörperphysik, De Gruyter (2014))

97 3.1. GITTERTYPEN 81 Primitiver Translationsvektor: Ausgehend von einem beliebigen Gitterpunkt im Raum kann man Vektoren konstruieren, die Translationen zu den nächsten Nachbarn darstellen. Die kürzesten dieser Vektoren nennt man primitive Translationsvektoren a 1, a 2, a 3. Gitterparameter : Als Gitterparameter bezeichnet man die Längen der primitiven Translationsvektoren a 1, a 2, a 3 und die Winkel α,β,γ zwischen diesen Vektoren (siehe Abbildung 3.1 oben rechts). In einfachen kubischen Gittern mit α = β = γ = 90 und auch in Diamantgittern wie in Silizium (α = β = γ 90, siehe weiter unten), sind die Vektoren a 1, a 2, a 3 alle gleich lang. Man spricht dann etwas schlampig von der Gitterkonstante. Primitive Einheitszelle : Die primitiven Vektoren a 1, a 2, a 3 spannen ein Raumelement auf, das primitive Einheitszelle genannt wird. Hinweis: Irgendwelche Einheitszellen sind sicher nicht eindeutig (siehe Abbildung 3.2), primitive Einheitszellen sind es laut diverser Quellen im Internet aber scheinbar auch nicht. Das ist im Besonderen im Zweidimensionalen (siehe Abbildung 3.2) zwar schwer vorstellbar, aber das Internet wird wohl recht haben. Ein schönes Beispiel dafür konnte ich aber leider bisher nicht finden. Hat man die Form einer primitiven Einheitszelle im Raum definiert, so gilt: a 1 = a 1 a 2 = a 2 a 3 = a 3 α 1 = arccos a 2 a 3 a 2 a 3 α 2 = arccos a 1 a 3 a 1 a 3 α 3 = arccos a 1 a 2 a 1 a fcc und bcc Gitter Von den in Abbildung 3.1 dargestellten Gittertypen sind die wichtigsten Gittertypen in der Halbleiterei das bcc (body centered cubic) und das fcc (face centered cubic) Gitter. Im bcc Gitter sind zwei einfache kubische Gitter (sc: simple cubic) so ineinander gestellt, dass sich die Ecke des zweiten Würfels im Zentrum des ersten Würfels befindet. Beim fcc Gitter ist die Ecke des zweiten Würfels im Zentrum der Seitenflächen des ersten Würfels. Eine mögliche Basis für das bcc Gitter ist (Gitterkonstante a, e i : Einheitsvektor in

98 82 KAPITEL 3. KRISTALLE primitive Basisvektoren primitive Einheitszelle Diese Einheitszellen sind nicht nur aus den nächsten Nachbaratomen aufgebaut und daher nicht primitiv. Abbildung 3.2: Verschiedene Einheitszellen für einen zweidimensionalen Kristall. (Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet, aber inspiriert von Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design (Springer 2007) ) die jeweilige Raumrichtung): a 1 = a e x a 2 = a e y a 3 = a 2 ( e x + e y + e z ) Wie man in den Formeln sieht, haben hier haben die Basisvektoren unterschiedliche Längen und das ist unpraktisch, weil dann müsste man sich mit zwei Gitterparametern statt mit nur einer Gitterkonstante herumärgern. Eine andere Variante mit gleich langen Basisvektoren wäre: a 1 = a 2 ( e y + e z e x ) a 2 = a 2 ( e z + e x e y ) a 3 = a 2 ( e x + e y e z ) Eine Basis mit gleich langen Basisvektoren für das fcc Gitter ist: a 1 = a 2 ( e y + e z ) a 2 = a 2 ( e z + e x ) a 3 = a 2 ( e x + e y )

99 3.1. GITTERTYPEN 83 z z a 3 a a 2 a 1 a 3 y x a 2 a 1 y x a Abbildung 3.3: Darstellung des bcc-gitters (a), des fcc-gitters (b) und des Zinkblendegitters mit seinen zwei Atomsorten (c). (Bildquelle: Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design (Springer 2007) ) Koordinationszahl = Anzahl der nächsten Nachbaratome im Gitter ( coordination number ). sc = 6 bcc = 8 fcc = 12 Das Diamantgitter (Silizium) und auch das Zinkblendegitter (GaAs) sind nun Gitter, bei denen zwei fcc Gitter ineinander gestellt sind, getrennt durch die Distanz ( a, a, ) a entlang der Raumdiagonale. Anders ausgedrückt spricht man von einem Bravaisgitter mit zweiatomiger Basis. Beide Gitter sind geometrisch identisch, beim Zinkblendegitter hat man aber zwei Atomsorten im Gitter. Die Positionen der Basisatome sind: (0,0,0) und ( a 4, a 4, a 4) Das Wasserstoffatom, Orbitale und Kristalle Gut, Silizium kristallisiert in einem Diamantgitter haben wir gehört, die Frage ist nur: Warum? Um das zu klären, müssen wir uns nun leider doch etwas dem ungeliebten Wasserstoffatom zuwenden. Der Laplace Operator für das Wasserstoffatom war: ( ) = = r 2 r + 1 ( 2 2 r 2 θ tan(θ) θ + 1 ) 2 sin(θ) ϕ 2 (3.1)

100 84 KAPITEL 3. KRISTALLE Abbildung 3.4: Oben: Orbitale des Wasserstoffatoms. Unten: die wichtigsten Hybridorbitale. (Bildquellen: Ulrich Mohrhoff The World According to Quantum Mechanics, World Scientific 2011, ISBN: und

101 3.1. GITTERTYPEN 85 Die Wellenfunktionen sind zumindest teilweise separabel (sprich, man kann sie als Produkt von Wellenfunktionen darstellen, die nur von einer oder zwei Koordinaten abhängen) und lassen sich so anschreiben: Ψ(r,ϑ,ϕ) = Ψ(r)Y lm (ϑ,ϕ) (3.2) Ψ(r) liefert dabei die Energien der Schalen des Atoms. Die Energien der radialen Wellenfunktionen sind: E n = m e 4 1 (3.3) 8 2 ε 2 rε 2 0n 2 Die winkelabhängigen Teile der Wellenfunktionen sind sogenannte Kugelflächenfunktionen Y lm (ϑ,ϕ) mit der Drehimpulsquantenzahl l und der magnetischen Quantenzahl m. Diese Quantenzahlen haben normalerweise keinen Einfluss auf die Energieniveaus (das nennt man energetisch entartet), sehr wohl aber auf die Art der chemischen Bindungen und auch auf die Ausbildung des Kristallgitters. Ehe wir weitermachen können, braucht es noch etwas historischen Spektroskopie-Jargon, der sich im Laufe der Zeit einfach so entwickelt hat und keinerlei systematische Logik enthält. Die Quantenzahl n ist verantwortlich für die Energieniveaus und das n im quantenmechanischen Modell ist das gleiche n wie im Bohrschen Atommodell (Planetenmodell), das wir aus der Schule kennen. Im quantenmechanischen Modell sind die Planetenbahnen aber Kugelschalen mit unterschiedlichem Radius, die für n = 1, 2, 3, 4... mit K, L, M, N... bezeichnet werden. Die Drehimpulsquantenzahl l = 1, 2, 3... wird mit s, p, d, e, f... bezeichnet. Die magnetische Quantenzahl m können wir für unsere Zwecke komplett vergessen. Schauen wir nun auf die bunten Querschnitte der Wasserstoff- Wellenfunktionen (gerne auch als Orbitale bezeichnet) im oberen Teil der Abbildung 3.4. Das 1s-Orbital ist eine einfache Kugelschale, das 2s-Orbital eine zweifache Kugelschale, das 3s-Orbital eine dreifache Kugelschale usw. p-orbitale gibt es erst ab n = 2, sprich, erst ab der L-Schale, d-orbitale erst ab der M-Schale usw. Die 2p-Orbitale sind Hanteln in unterschiedlichen Raumrichtungen und ab den d-orbitalen wird es eher komplex. Jetzt kommt die wichtigste Sache überhaupt: Diese Orbitale sehen nur und nur dann so aus, wenn sie entweder leer sind, oder maximal ein (1.0) Elektron enthalten. Hat man mehr Elektronen, sieht sie Sache völlig anders aus. Es kommt zur Wechselwirkung zwischen den Elektronen, die Energieniveaus verschieben sich und als Wellenfunktionen bilden sich sogenannte Hybridorbitale. Das ist deswegen möglich, weil der mathematische Satz gilt: Habe ich einen Satz von Lösungen der Schrödingergleichung, so sind auch

102 86 KAPITEL 3. KRISTALLE Abbildung 3.5: Schematische Darstellungen des sp 3 -Hybridorbitals und seine Lage im Diamantgitter. (Bildquellen: Orbitals, sowie alle Linearkombinationen dieser Wellenfunktionen wieder eine Lösung der Schrödingergleichung. Die allgemeine Form dieser Orbitale kann mit reinen Geometrieüberlegungen verstanden werden. Schauen wir dazu einmal in den unteren Teil der Abbildung 3.4. Da sich Elektronen immer abstoßen, werden zwei Elektronen im Raum immer auf einer Linie liegen und diese Forderung erfüllt genau das sp-orbital. Drei Elektronen bilden ein gleichseitiges Dreieck, sprich, ein sp 2 -Orbital und vier Elektronen bilden einen Tetraeder, der sich sp 3 -Orbital nennt. Die Geometrien für weitere Elektronen finden sich ebenfalls in Abbildung 3.4 (unten). Um zu sehen, wie ein Diamantgitter aus sp 3 - Orbitalen aufgebaut wird, werfen wir einen Blick auf die Abbildung 3.5 und betrachten die Position des bunt eingefärbten sp 3 -Orbitals. Wie man hoffentlich sieht, zeigen drei der vier Enden des Orbitals in Richtung der Mittelpunkte der Würfelflächen, auf denen die nächsten Nachbaratome sitzen. Das Atom, von dem die Keulen des sp 3 Orbitals ausgehen sitzt auf der Position ( a 4, a 4, a 4) (siehe oben). In Summe haben wir dann die erwähnten zwei ineinander gestellten fcc-gitter des Diamantgitters Das Periodensystem der Elemente Wie wir oben gesehen haben, hat Kohlenstoff 2 Elektronen in der K-Schale (n=1) und 4 Elektronen in der L-Schale (n=2) mit der Konfiguration 1s 2, 2s 2 und 2p 2, wobei in der äußersten Schale (hier n=2) die Elektronen in chemischen Bindungen sich gerne in sp 3 Hybridorbitalen aufhalten und somit für das Zustandekommen des Diamantgitters zuständig sind. Die Frage ist nun, wie die Sache weitergeht wenn weitere Elektronen dazukommen und dazu schauen wir nochmal in die Abbildung 3.4 (unten) und die

103 3.1. GITTERTYPEN 87 (a) neu alt 1, H 1s 1 Wasserstoff 6,941 3Li [He] 2s 1 Lithium 22, Na [Ne] 3s 1 Natrium 39, K [Ar] 4s 1 Kalium 85, Rb [Kr] 5s 1 Rubidium 132, Cs [Xe] 6s 1 Cäsium [223] 87Fr [Rn] 7s 1 Francium 9, Be [He] 2s 2 Beryllium 24, Mg [Ne] 3s 2 Magnesium 40,078 20Ca [Ar] 4s 2 Calcium 87,62 38Sr [Kr] 5s 2 Strontium 137,327 56Ba [Xe] 6s 2 Strontium [226] 88Ra [Rn] 7s 2 Radium Periodensystem der Elemente rel. Atommasse 44, Sc [Ar] 3d 1 4s 2 Scandium 88, Y [Kr] 4d 1 5s 2 Yttrium La-Lu Lanthanoide Ac-Lr Actinoide Ordnungszahl Elementname 138, La [Xe] 5d 1 6s 2 Lanthan 91,224 89Ac [Rn] 6d 1 7s 2 Actinium 47,867 22Ti [Ar] 3d 2 4s 2 Titan 91,224 40Zr [Kr] 4d 2 5s 2 Zirconium 178,49 72Hf [Xe]4f 14 5d 2 6s 2 Hafnium [261] 104Rf [Rn]5f 14 6d 2 7s 2 Rutherfordium 140,116 58Ce [Xe] 4f 2 6s 2 Cer 92, Th [Rn] 6d 2 7s 2 Thorium 12,011 6C [He] 2s 2 2p 2 Kohlenstoff 50, V [Ar] 3d 3 4s 2 Vanadium 92, Nb [Kr] 4d 3 5s 2 Niobium 180, Ta [Xe]4f 14 5d 3 6s 2 Tantal [262] 105Db [Rn]5f 14 6d 3 7s 2 Dubnium 140, Pr [Xe] 4f 3 6s 2 Praseodym 95,94 91Pa [Rn] 5f 2 6d 1 7s 2 Protactinium Elementsymbol Elektronenkonfiguration 51, Cr [Ar] 3d 4 4s 2 Chrom 95,94 42Mo [Kr] 4d 4 5s 2 Molybdän 183,84 74W [Xe]4f 14 5d 4 6s 2 Wolfram [263] 106Sg [Rn]5f 14 6d 4 7s 2 Seaborgium 144,24 60Nd [Xe] 4f 4 6s 2 Neodym 91,224 92U [Rn] 5f 3 6d 1 7s 2 Uran Haupt- und Nebengruppen 54, Mn [Ar] 3d 5 4s 2 Mangan [98] 43Tc [Kr] 4d 5 5s 2 Technetium 186,207 75Re [Xe]4f 14 5d 5 6s 2 Rhenium [264] 107Bh [Rn]5f 14 6d 5 7s 2 Bohrium [145] 61Pm [Xe] 4f 5 6s 2 Promethium 92, Np [Rn] 5f 4 6d 1 7s 2 Neptunium Elementsymbol: Ra kein stabiles Isotop bekannt gasförmig flüssig (bei 20 C) fest 55,845 26Fe [Ar] 3d 6 4s 2 Eisen 101,07 44Ru [Kr] 4d 6 5s 2 Ruthenium 190,23 76Os [Xe]4f 14 5d 6 6s 2 Osmium [265] 108Hs [Rn]5f 14 6d 6 7s 2 Hassium 150,36 62Sm [Xe] 4f 6 6s 2 Samarium 95,94 94Pu [Rn] 5f 6 7s 2 Plutonium 58, Co [Ar] 3d 7 4s 2 Cobalt 102, Rh [Kr] 4d 7 5s 2 Rhodium 192,217 77Ir [Xe]4f 14 5d 7 6s 2 Iridium [268] 109Mt [Rn]5f 14 6d 7 7s 2 Meitnerium 151,964 63Eu [Xe] 4f 7 6s 2 Europium 58, Ni [Ar] 3d 8 4s 2 Nickel 106,42 46Pd [Kr] 4d 8 5s 2 Palladium 195,078 78Pt [Xe]4f 14 5d 8 6s 2 Platin 63,546 29Cu [Ar] 3d 9 4s 2 Kupfer 107, Ag [Kr] 4d 9 5s 2 Silber 196, Au [Xe]4f 14 5d 9 6s 2 Gold 65,39 30Zn [Ar] 3d 10 4s 2 Zink 112,411 48Cd [Kr] 4d 10 5s 2 Cadmium 200,59 80Hg [Xe]4f 14 5d 10 6s 2 Quecksilber 10,811 5B [He] 2s 2 2p 1 Bor 26, Al [Ne] 3s 2 3p 1 Aluminium 69,723 31Ga [Ar]3d 10 4s 2 4p 1 Gallium 114,816 49In [Kr]4d 10 5s 2 5p 1 Indium 204, Tl [Xe]4f 14 5d 10 6s 2 6p 1 Thallium 12,011 6C [He] 2s 2 2p 2 Kohlenstoff 28, Si [Ne] 3s 2 3p 2 Silicium 72,61 32Ge [Ar]3d 10 4s 2 4p 2 Germanium 118,710 50Sn [Kr]4d 10 5s 2 5p 2 Zinn 207,2 82Pb [Xe]4f 14 5d 10 6s 2 6p 2 Blei 14, N [He] 2s 2 2p 3 Stickstoff 30, P [Ne] 3s 2 3p 3 Phosphor 74, As [Ar]3d 10 4s 2 4p 3 Arsen 121,760 51Sb [Kr]4d 10 5s 2 5p 3 Antimon 208, Bi [Xe]4f 14 5d 10 6s 2 6p 3 Bismut 15,9994 8O [He] 2s 2 2p 4 Sauerstoff 32,066 16S [Ne] 3s 2 3p 4 Schwefel 78,96 34Se [Ar]3d 10 4s 2 4p 4 Selen 127,60 52Te [Kr]4d 10 5s 2 5p 4 Tellur [209] 84Po [Xe]4f 14 5d 10 6s 2 6p 4 Polonium 18, F [He] 2s 2 2p 5 Fluor 35, Cl [Ne] 3s 2 3p 5 Chlor 79,904 35Br [Ar]3d 10 4s 2 4p 5 Brom 126, I [Kr]4d 10 5s 2 5p 5 Jod [210] 85At [Xe]4f 14 5d 10 6s 2 6p 5 Astat 4, He 1s 2 Helium 20, Ne [He] 2s 2 2p 6 Neon 39,948 18Ar [Ne] 3s 2 3p 6 Argon 83,80 36Kr [Ar]3d 10 4s 2 4p 6 Krypton 131,29 54Xe [Kr]4d 10 5s 2 5p 6 H Xenon [222] 86Rn [Xe]4f 14 5d 10 6s 2 6p 6 Radon [269] [272] [277] [289] [289] [293] 110Uun 111Uuu 112Uub 113Uut 114Uuq 115Uup 116Uuh 117Uus 118Uuo [Rn]5f 14 [Rn]5f 14 [Rn]5f 14 [Rn]5f 14 6d 10 [Rn]5f 14 6d 10 [Rn]5f 14 6d 10 [Rn]5f 14 6d 10 [Rn]5f 14 6d 10 [Rn]5f 14 6d 10 6d 8 7s 2 6d 9 7s 2 6d 10 7s 2 7s 2 7p 1 7s 2 7p 2 7s 2 7p 3 7s 2 7p 4 7s 2 7p 5 7s 2 7p 6 Ununilium Unununium Ununbium Ununtrium Ununquadium Ununpentium Ununhexium Ununseptium Ununoctium 157,25 64Gd [Xe] 4f 8 6s 2 Gadolinium 91,224 92, Am 96Cm [Rn] [Rn] 5f 7 7s 2 5f 7 6d 1 67s 2 Americum Curium Die Elemente mit den Ordnungszahlen 113, 115 und 117 wurden noch nicht synthetisiert 158, Tb [Xe] 4f 9 6s 2 Terbium 95,94 97Bk [Rn] 5f 9 6d 1 7s 2 Berkelium 162,50 66Dy [Xe] 4f 10 6s 2 Dysprosium 91,224 98Cf [Rn] 5f 10 7s 2 Californium 164, Ho [Xe] 4f 11 6s 2 Holmium 92, Es [Rn] 5f 11 7s 2 Einsteinium 167,26 68Er [Xe] 4f 12 6s 2 Erbium 95,94 168, Tm [Xe] 4f 13 6s 2 Thulium 91, Fm 101Md [Rn] [Rn] 5f 12 7s 2 5f 13 7s 2 Fermium Mendelevium 173,04 70Yb [Xe] 4f 14 s 2 Ytterbium 92, No [Rn] 5f 14 7s 2 Nobelium 174,967 71Lu [Xe] 4f 14 5d 1 6s 2 Lutetium 95,94 103Lr [Rn] 5f 14 6d 1 7s 2 Lawrencium (b) Atomgewicht Ordnungszahl Elektronenkonfiguration Name des Elements Elektronenkonfiguration wie Neon, dazu noch 3s23p1 besetzt. 10,811 5B [He] 2s 2 2p 1 Bor 26, Al [Ne] 3s 2 3p 1 Aluminium 69,723 31Ga [Ar]3d 10 4s 2 4p 1 Gallium 12,011 6C [He] 2s 2 2p 2 Kohlenstoff 28, Si [Ne] 3s 2 3p 2 Silicium 72,61 32Ge [Ar]3d 10 4s 2 4p 2 Germanium 14, N [He] 2s 2 2p 3 Stickstoff 30, P [Ne] 3s 2 3p 3 Phosphor 74, As [Ar]3d 10 4s 2 4p 3 Arsen Abbildung 3.6: (a): Periodensystem der Elemente. (b): Vergrößerter Ausschnitt rund um das Element Silizium. (Bildquelle: Rudolf Gross, Achim Marx, Festkörperphysik, De Gruyter (2014))

104 88 KAPITEL 3. KRISTALLE dort gezeigten klassischen Anordnungen der Elektronen, die sich ergeben, wenn man annimmt, dass alle Elektronen den maximalen Abstand von einander anstreben. Bei 5 Elektronen ergibt sich eine doppelte Dreieckspyramide, 6 Elektronen bilden eine Doppelpyramide mit quadratischer Grundfläche, die Geometrie für 7 Elektronen überlegen Sie sich als Hausaufgabe und 8 Elektronen mit der Schalenkonfiguration 2s 2, 2p 6 bilden einen Würfel aus Hybridorbitalen. Für 9 Elektronen (also 2s 2,2p 7 gibt es keine vernünftige geometrische und vor allem keine energetisch günstige Anordnung mehr, womit das Atom lieber die energetisch günstigere 3s-Schale aufmacht und das ganze Spiel von vorne beginnt. Silizium hat dann die Elektronenkonfiguration 1s 2,2s 2, 2p 6,3s 2,3p 2 oder in der Hybridorbital Version 1s 2,2s 2,2p 6,3sp 3 und bildet damit im Kristallverbund ebenfalls ein Diamantgitter. Wer wissen will, wie es mit der Elektronenkonfiguration der anderen Elemente aussieht, muss einen Blick ins Periodensystem werfen, das in Abbildung 3.6 (a) dargestellt ist. Wie man sieht, findet sich dort eine riesige Fülle von Informationen, die man aber nur schwer entziffern kann. Wir schauen also nur auf den Ausschnitt in Abbildung 3.6 (b). Unten links in den Quadraten steht immer der Name des Elements, in der Mitte die Abkürzung davon, die gerne lateinischen oder griechischen Ursprungs ist. Sauerstoff z. B. hat das Symbol O von Oxigenium, Quecksilber hat das Symbol Hg von Hydrargyros. Links von der Abkürzung des Elements steht die Ordnungszahl, die angibt, wie viele Elektronen (eigentlich Protonen) das Element besitzt. Oben links im Quadrat steht das Atomgewicht in atomaren Masseneinheiten (Hausaufgabe: Nachschauen, was das ist). Unter dem Symbol für das Element steht dann die Elektronenkonfiguration. Angeordnet sind alle Elemente dann in der Art, dass die Spalten von links nach rechts die Gruppe des Elements, sprich, die Anzahl der Elektronen in der äußersten Schale angibt. Die einzige Ausnahme ist Helium, das zwar in der 8. Gruppe ist, aber nur 2 Elektronen in der äußersten Schalte hat. Die Elemente der selben Gruppe haben meist ähnliche chemische Eigenschaften. Die Zeilen im Periodensystem sind dann die Perioden, sprich, die Anzahl der gefüllten Hauptschalen. Ab Element Nummer 21 gibt es Abweichungen vom einfachen Auffüllverhalten der Elektronenschalen und es werden aus energetischen Gründen erst tiefere Hauptschalen weiter gefüllt ehe eine neue Außenschale eröffnet wird. Über das genaue wie und warum braucht man sich als Elektrotechniker zum Glück keine Sorgen machen, womit wir dieses Kapitel abschließen können.

105 3.1. GITTERTYPEN Miller Indizes Nachdem Sie sich inzwischen ein wenig auskennen, kommt jetzt eine neue Aufgabe auf Sie zu, nämlich shoppen im Halbleiter-Supermarkt. Damit da nichts schief geht, schickt der Chef seinen Lehrling (= Sie) natürlich zuerst einmal in den normalen Supermarkt mit dem Auftrag, für die Abteilung Wurstsemmeln zu besorgen. Sie stehen vor der Wursttheke, die Auswahl ist groß und die Frage ist nun, wer will was? Ein Anruf bei der Sekretärin liefert die Antwort: Alle wollen Salami-Semmeln. Ein Blick in die Vitrine sagt Ihnen aber, dass es da Kantsalami gibt, Ungarische Salami, leckere Mailänder Salami mit Pferdefleisch, Haussalami und sogar irgendeine vegane Salami-Attrappe etc., bla bla bla. Jetzt wäre es gut, die Wünsche der lieben Kollegen genau zu kennen, damit es keine Enttäuschungen gibt. Nehmen wir an, Sie haben diese Aufgabe gemeistert und zur Belohnung geht es am nächsten Tag in die Waferabteilung des Supermarktes. Die Problematik ist dieselbe, statt Salami werden aber Silizium Wafer (oder andere Materialien) benötigt und zwar die richtigen, nur die Bezeichnungen ändern sich. Die Salamisorte ersetzen wir durch die Bezeichnung von Kristallebenen, also z. B. Mailänder Salami mit Pferdefleisch = (100) und vegane Salami-Attrappe = (666). Ok, das war gehässig. Jedenfalls ist es aber NICHT wurscht, welchen Wafer man kauft. Die Wurstsorte = Wafertyp bzw. dessen Kristallorientierung wird in der Halbleiterei mit den sogenannten Miller-Indizes bezeichnet. Sehen Sie Bezeichnungen wie (100), ist die Kristallebene parallel zur Oberfläche gemeint, [100] ist der Vektor senkrecht zur Kristallebene, im Allgemeinen Kristallrichtung genannt. Warum ist das wichtig? In vielen Kristallen, wie Silizium, sind die physikalischen Eigenschaften und ganz besonders die Elektronenbeweglichkeit, krass richtungsabhängig. Salopp ausgedrückt: Hat Ihr Gegner beim Counterstrike eine (100) Playstation und Sie nur die (111) Version: Pech gehabt... Werden wir nun wieder etwas seriöser und sehen uns an, was eine Kristallebene (manchmal auch Netzebene genannt) überhaupt ist. Abbildung 3.7 zeigt ein zweidimensional Kristallgitter. Die Gitterparameter a und b müssen nicht gleich groß sein. In dieses Gitter zeichnen wir nun beliebige Gitterlinien ein. Dazu wählen wir einen beliebigen Ursprung und einen beliebigen zweiten Punkt und legen dadurch eine Gerade. Wir können das Ganze auch senkrecht dazu in die dritte Dimension erweitern und bekommen dann eine Ebene. Sofort sieht man dass: diese Gitterlinien und Gitterebenen nicht nur mit den nächsten Atomen rund um den Ursprung gebildet werden. der Abstand der Atome innerhalb einer Gitterlinie und Gitterebene viel größer

106 90 KAPITEL 3. KRISTALLE b a = gewählter Ursprung / /4 = (-11) (12) (41) 1 1 1/ 1 0 (10) Kehrwert Kleinsten gemeinsamen Nenner bilden und weglassen Gitterkoordinaten Miller- Indizes Abbildung 3.7: Gitterlinien und zugehörige Miller Indizes für einen zweidimensionalen Kristall. Die fetten Gitterpunkte kennzeichnen die jeweiligen Ursprungskoordinaten. (Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet.)

107 3.1. GITTERTYPEN 91 sein kann als die Gitterparameter a und b. der Abstand der Gitterlinien und Gitterebenen nur indirekt etwas mit dem Abstand der Atome zu tun hat und durchaus auch kleiner sein kann als der geringste Abstand zwischen zwei Kristallatomen. Zur Bezeichnung dieser Linien und Ebenen haben sich die sogenannten Miller Indizes eingebürgert, welche folgendermaßen gebildet werden: Zuerst wählt man einen beliebigen Ursprung. Dann definiert man vom Ursprung aus eine Ebene (Linie im Zweidimensionalen) durch den Kristall, am einfachsten durch Vielfache der Basisvektoren entlang der Achsen und schreibt die Vielfachen der Basisvektoren hin. Alle zu dieser Ebene (Linie) parallelen Ebenen (Linien) sind gleichwertig. Jetzt von den Vielfachen der Basisvektoren, z. B. x,y,z = 3,2,2 den Kehrwert bilden: 1, 1, 1 = 1, 1, 1 x y z Dann den kleinsten gemeinsamen Nenner (kl. g. N.) bilden. Man bekommt: 2, 3, Diesen nun weglassen und die Miller Indizes sind dann (233) Niemals vergessen: für die Miller Indizes gibt es zwei Schreibweisen: (100) ist die Ebene, [100] ist die Richtung senkrecht zur Ebene. Illustriert sind die Miller Indizes in Abbildung 3.8. Für einfache kubische Gitter ist die Geschichte mit den Miller Indizes einfach, aber bei Gittern wie Zinkblende und Diamant renkt man sich da schon etwas des Hirn aus, wenn man nicht gerade ein Kristallograph ist und daher diskutieren wir das jetzt hier auch nicht weiter im Detail. Wie schon erwähnt, braucht man diese Bezeichnungen beim Einkaufen im Halbleiter-Supermarkt. Für Silizium MOSFETs sollten Sie nur (100) Wafer kaufen, denn parallel zur (100) Oberfläche ist die Elektronenbeweglichkeit am höchsten. Wollen Sie mikromechanische Bauteile herstellen, sind andere Kristallrichtungen hilfreich, denn die Ätzraten von z. B. KOH sind extrem richtungsabhängig. Dies ermöglicht unter anderem die einfache Herstellung von Gittern oder Lochmasken aus Silizium. Auf GaAs kann man beim Kristallwachstum die Dotierung über die Kristallrichtung ändern. Auf GaAs (100) ist Silizium ein n-typ Dotierstoff, auf GaAs (111) wird Silizium dann zum Akzeptor. Das hat unter anderem den Vorteil, dass man keine teuren und giftigen Berylliumquellen in seine Kristallzuchtanlage einbauen muss.

108 92 KAPITEL 3. KRISTALLE c (100) c (110) c (111) b b b a a a c (200) (010) c c (221) b b b a a a Abbildung 3.8: Verschiedene Kristallebenen im Raum und zugehörige Miller Indizes. Hausaufgabe: Stimmt die (221) Ebene wirklich? Die Achsenabschnitte sind bei (1/2, 1/2, 1). (Bildquelle: Rudolf Gross, Achim Marx, Festkörperphysik, De Gruyter (2014))

109 3.1. GITTERTYPEN 93 p (100) n (100) (100) Ebene p (111) n (111) [100] Richtung [110] Richtung [110] Abbildung 3.9: Anordnung von Flats und Notches auf verschiedenen Silizium Wafern. (Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet.) Flats n Notches Kehren wir zurück zum Anfang des Kapitels und machen wir noch einen Besuch im Halbleiter-Supermarkt. Die Auswahl ist groß, die Frage ist nur, wie finde ich meinen p-typ (100) Wafer mit dem Durchmesser von 300 mm? Oder noch viel schlimmer ist die Problematik, dass da im Reinraum 10 Stück Wafer herumliegen, aber welcher ist welcher? Zu diesem Zweck schauen wir mal in die Abbildung 3.9 (linke Seite). Man sieht, dass die Wafer nicht rund sind, sondern dass einzelne Seiten abgeschnitten wurden. Im Halbleiteristen - Jargon nennt man das Flat. Für diese Flats hat sich folgendes Schema eingebürgert: Für kleinere Wafer bis zu einem Durchmesser von ca. 4 Zoll gilt: Habe ich einen n-typ Wafer mit (100) Oberfläche, so hat der n-typ Wafer ein großes Flat unten und ein kleines Flat oben. Habe ich einen p-typ Wafer mit (100) Oberfläche, so hat der p-typ Wafer ein großes Flat unten und ein kleines Flat links. Habe ich einen n-typ Wafer mit (111) Oberfläche, so hat der n-typ Wafer ein großes Flat unten und ein kleines Flat in einem 45 Grad Winkel links davon. Habe ich einen p-typ Wafer mit (111) Oberfläche, so hat der p-typ Wafer ein großes Flat unten und sonst nichts. Bei einem kleinen Wafer eine Kante abzuschneiden ist kein Problem, denn im Kantenbereich kann man eh keine größeren Chips anfertigen. Bei größeren Wafern sieht das

110 94 KAPITEL 3. KRISTALLE anders aus. Hier ist das Abschneiden von Kanten eine grobe Materialverschwendung und deswegen verwendet man statt Flats sogenannte Notches, also kleine Einkerbungen am Waferrand. Der Notch auf modernen Wafern zeigt normalerweise immer die <100> Richtung an, manchmal gibt es noch einen zusätzlichen Notch für die <110> Richtung. Für die Dotierung gibt es keine Unterscheidung mehr. Aber Vorsicht: Diese Notches sind nicht immer einheitlich angebracht, man muss daher unbedingt immer das Datenblatt des jeweiligen Hersteller konsultieren. Nochmals zur Erinnerung: Die richtige Kristallorientierung ist bei der Herstellung der einzelnen Transistoren extrem wichtig, da die Kristallorientierung großen Einfluss auf die Elektronenbeweglichkeit hat. Man kann also die Chips nicht in beliebiger Orientierung auf dem Wafer fertigen, sondern man muss dies immer einheitlich und in optimaler Orientierung tun Gruppentheorie, nein danke An dieser Stelle gibt es in vielen Halbleiterskripten einen Ausflug in die Gruppentheorie, welche zur Beschreibung der Symmetrieeigenschaften von Kristallen verwendet wird. Gruppentheorie ist praktisch (aber analytisch gar nicht einfach) zum Einsparen von Rechenzeit bei Bandstrukturberechnungen. Ganz besonders braucht man das bei der Berechnung von Bandstrukturen für komplexe Molekülkristalle. Im Wesentlichen handelt es sich um komplexe Koordinatentransformationen unter der Berücksichtigung von Kristallsymmetrien. Für diese Vorlesung ist die Thematik aber viel zu speziell. 3.2 Röntgenbeugung und das reziproke Gitter Zur Bestimmung des Netzebenenabstandes im Kristall wird üblicherweise die Röntgenbeugung verwendet und wie man in Kürze sehen wird, sind die Miller Indizes zu diesem Zweck extrem praktisch. Dazu werfen wir aber zuerst einen Blick auf das Konzept des reziproken Gitters: R(a 1,a 2,a 3 ) sei die Basis irgendeines Bravais-Gitter e i k r sind die Wellenfunktionen (ebene Wellen) in diesem Gitter Wir suchen jetzt alle Wellenvektoren k, welche die gleiche Periodizität haben wie dieses Gitter (das sind stehende Wellen in diesem Gitter, oder anders ausgedrückt, ein Gitter im Impulsraum ). Wegen der Periodizität gilt: e i k r = e i k ( r+ R) oder e i k R = 1 (3.4)

111 3.2. RÖNTGENBEUGUNG UND DAS REZIPROKE GITTER 95 Welche Eigenschaften haben jetzt die Wellenvektoren dieser stehenden Wellen? Anschaulich ist klar, dass sie auf jeden Fall senkrecht zu den Gitterebenen im Ortsraum sein sollten, weil sonst wird das nichts mit den stehenden Wellen zwischen den Gitterebenen im Ortsraum. Um die Länge dieser Vektoren muss man sich auch kümmern, aber das geht einfach mit Gleichung Definition des reziproken Gitters ( a 1, a 2, a 3 ) sind Gittervektoren im Ortsraum. Wir definieren: a 2 a 3 b1 = 2π a 1 ( a 2 a 3 ) a 3 a 1 b2 = 2π a 1 ( a 2 a 3 ) a 1 a 2 b3 = 2π a 1 ( a 2 a 3 ) (3.5) (3.6) (3.7) Die 2π und das Spatprodukt im Nenner, welches das Volumen der von den Gittervektoren aufgespannten Einheitszelle ist, brauchen wir zur richtigen Normierung und vor allem dafür, dass Gleichung 3.4 erfüllt wird. In den Halbleiterphysik Übungen kann es vorkommen, dass man mit reziproken Gittern in zweidimensionalen Kristallen und noch dazu mit hexagonalen Gittern gequält wird. Als armer Student fragt man sich natürlich, was das Ganze soll und die Antwort ist einfach: Dafür gibt es einen Nobelpreis und zwar für Graphen, siehe Abbildung Graphen ist eine monoatomare Schicht aus Kohlenstoffatomen, die eben in so einem hexagonalem Gitter kristallisiert. Die Elektronen in diesem Gitter haben seltsame Eigenschaften. Sie verhalten sich wie Licht und machen noch andere komische Dinge, die eben einen Nobelpreis wert waren. Details sind uns hier egal, wer mehr wissen will, besuche bitte die Vorlesung Halbleiterelektronik ( ) oder lese das zugehörige Skriptum. Jetzt und hier haben wir nur das Problem, dass wir die Halbleiterphysik Übungsaufgabe lösen müssen, in der nach den reziproken Gittervektoren im zweidimensionalen hexagonalen Gitter gefragt wird. Weil im Skriptum und auch im Internet zu diesem Thema aber nur schwer etwas zu finden ist, gibt es hier des Rätsels Lösung: Um die reziproken Gittervektoren in zwei Dimensionen zu erhalten, wird in die Definition der 3D-reziproken Gittervektoren einfach als dritte Dimension der Einheitsvektor n einge-

112 96 KAPITEL 3. KRISTALLE Abbildung 3.10: (a): Das zweidimensionale Gitter von Graphen und (b): das zugehörige reziproke Gitter. (Bildquelle: Graphene: The New Two-Dimensional Nanomaterial C. N. R. Rao,* A. K. Sood, K. S. Subrahmanyam, and A. Govindaraj, Angew. Chem. Int. Ed., 48, p (2009), Wiley-VCH) setzt: b1 = 2π a 2 n a 1 a 2 (3.8) b2 = 2π Durch Einsetzen des Einheitsvektors n n a 1 a 1 a 2 n = a 1 a 2 a 1 a 2 (3.9) (3.10) ergibt sich für b 1 b1 = 2π a 2 ( a 1 a 2 ) a 1 a 2 2 (3.11) und für b 2 b2 = 2π ( a 1 a 2 ) a 1 a 1 a 2 2 (3.12) Wer noch etwas weiter rechnen möchte, findet vermutlich folgende Formeln recht hilfreich. ϕ ist der Winkel zwischen den beiden Vektoren. ( ) a b c = ( ) b( a c) c a b (3.13) ( a ) b c = ( ) b( a c) a b c (3.14) a b 2 = a 2 b 2 sin 2 (ϕ) (3.15)

113 3.2. RÖNTGENBEUGUNG UND DAS REZIPROKE GITTER 97 An dieser Stelle fragt sich der Anfänger gerne, wie man überhaupt auf die Idee kommen kann, das reziproke Gitter genauso zu definieren. Sehen wir uns doch mal eine eindimensionale Welle genauer an: Ψ = Asin(kx),k = 2π/λ (3.16) Man sieht, das ist eigentlich eine zweidimensionale Funktion der Koordinaten k und x. Jetzt machen wir, ohne nachzudenken, einen 3D-Plot dieser Funktion mit den Achsen (x = x,y = k,z = Ψ) und stellen fest, dass, wie sollte es auch sonst sein, die k-achse senkrecht auf der x-achse steht. Das reziproke Gitter ist lediglich die dreidimensionale Erweiterung dieser Idee. Weiter geht es mit den Eigenschaften des reziproken Gitters. Mit der Definition von oben gilt (δ ij ist wieder dieses Kronecker Delta mit δ ij = 1 wenn i = j und δ ij = 0 sonst): a i b j = 2πδ ij (3.17) R = n 1 a 1 +n 2 a 2 +n 3 a 3 Gittervektor (3.18) G = k 1 b1 +k 2 b2 +k 3 b3 reziproker Gittervektor (3.19) G R = 2π(k 1 n 1 +k 2 n 2 +k 3 n 3 ) k n: Integer (3.20) Damit ist: e i G R = 1 (3.21) G R = N 2π N...Integer (3.22) Das reziproke Gitter erfüllt also die Anforderung, dass alle Wellenvektoren k die gleiche Periodizität haben wie das Gitter im Ortsraum. Der Name reziprokes Gitter kommt daher, dass die Einheit der Länge der Gittervektoren m 1 und damit die gleiche wie die der Vektoren im Impulsraum ist. Die primitive Einheitszelle (Wiegner Seitz Zelle ) im reziproken Gitter heißt Brillouinzone (siehe Abbildungen 3.11 und 3.12). Das reziproke Gitter vom reziproken Gitter ist (bis auf die 2π, die man für den Impulsraum braucht) wieder das normale Gitter! Hier ein paar Beispiele: Das reziproke Gitter eines sc Gitters ist wieder ein sc Gitter: a 1 = a e x a 2 = a e y a 3 = a e z (3.23) b1 = 2π a e x b2 = 2π a e y b3 = 2π a e z (3.24) Beachten Sie die Länge dieser Vektoren. Die ist 2π a nach Impulsraum oder etwa nicht? und das klingt doch schon ganz gut

114 98 KAPITEL 3. KRISTALLE (a) (b) Abbildung 3.11: Brillouinzonen des bcc (a) und fcc-gitters (b). Vorsicht Verwirrungsgefahr! Die Brillouinzone des bcc Gitters im Ortsraum ist ein fcc-gitter im Impulsraum, die Brillouinzone des fcc Gitters im Ortsraum ist ein bcc Gitter im Impulsraum. (Bildquelle: Rudolf Gross, Achim Marx, Festkörperphysik, De Gruyter (2014)) z Γ L Λ Σ K W U X y x Abbildung 3.12: Die wichtigsten Punkte und Richtungen im k-raum mit ihren Namen im Kristallographenjargon (Γ, X, L...). (Bildquelle: nach Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design, Springer (2007), ISBN )

115 3.2. RÖNTGENBEUGUNG UND DAS REZIPROKE GITTER 99 Das reziproke Gitter eines fcc Gitters ist ein bcc Gitter: b1 = 4π 1 a 2 ( e y + e z e x ) (3.25) b2 = 4π 1 a 2 ( e z + e x e y ) (3.26) b3 = 4π 1 a 2 ( e x + e y e z ) (3.27) Das reziproke Gitter eines bcc Gitters ist fcc. (Als Hausaufgabe nachrechnen!) Jetzt noch ein wichtiges Theorem ohne Beweis (Der Beweis steht im Buch: Gross, Festkörperphysik, der bringt uns aber hier nichts): Zu jeder Ebenenschar gibt es reziproke Gittervektoren G und umgekehrt gibt es zu jedem reziproken Gittervektor eine Ebenenschar, so dass G senkrecht auf den Ebenen steht und für den kürzesten reziproken Gittervektor G min gilt: Gmin = 2π/d (3.28) wobei d der Abstand der Ebenen in der zu G senkrechten Ebenenschar ist. Außerdem gilt: G min = h b 1 +k b 2 +l b 3 (3.29) Wobei die ganzen Zahlen h,k und l die Millerschen Indizes der Ebenen sind! Gegenüberstellung von direktem und reziprokem Gitter direktes Gitter reziprokes Gitter primitive Gittervektoren des Bravais-Gitters: primitive Gittervektoren des reziproken Gitters: a 1, a 2, a 3, b1, b 2, b 3 Ebenenschar: (h,k,l) Vektor im reziproken Gitter: G = h b 1 +k b 2 +l b 3 Normale auf Ebenenschar Abstand der Ebenen: D = 2π/ G minimaler Abstand: d = 2π/ G min Richtung von G Länge von G ist G Länge von Gmin ist G min = 2π/d Äquivalente Bezeichnung: Ortsraum [R] = 1cm Äquivalente Bezeichnung: k-raum [k] = 1/cm

116 100 KAPITEL 3. KRISTALLE Bragg-Reflexion im reziproken Gitter Mit dem reziproken Gitter lässt sich die Röntgenbeugung besonders schön darstellen. Zur Erinnerung: Ein Kristall wird mit monochromatischer Röntgenstrahlung aus einer fixen Richtung bestrahlt. Dann wird die Wellenlänge der Röntgenstrahlung durchgestimmt (Das ist eher unüblich. Frage: Warum?) oder der Kristall gedreht (Standardverfahren). Auf einem Bildschirm oder beweglichem Röntgendetektor gibt es dann an einzelnen Stellen Intensitätsmaxima, aus deren Lage sich der Netzebenenabstand im Kristall bestimmen lässt. Die Auswertung erfolgt entweder mit der klassischen Betrachtung: Röntgenreflexe gibt es immer dann, wenn gilt dass: nλ = 2dsinθ (3.30) d ist der Kristallebenenabstand. Oder die Auswertung erfolgt im Bild der reziproken Gittervektoren, wenn gilt: k = k + k (3.31) wobei k die einfallende Welle und k die reflektierte Welle repräsentiert. k ist dabei ein reziproker Gittervektor: k = G. Dabei gelte das Theorem: Alle Röntgenreflexe werden durch reziproke Gittervektoren beschrieben. Wir bekommen dann: ( ) 2 k 2 = k + k (3.32) k 2 = k 2 + k 2 +2 k k (3.33) Weil das alles elastisch ist, gilt k 2 = k 2 und somit gilt auch: Das ist aber wieder die altbekannte Bragg-Bedingung 2 k k + k 2 = 0 (3.34) k k = 2 k k sinθ = k 2 (3.35) Weil alles auch für k 2 gilt, können wir das Minuszeichen ignorieren und bekommen mit k = 2π, d: Netzebenenabstand: d 2 2π λ 2π d sinθ = ( 2π d ) 2 (3.36)

117 3.2. RÖNTGENBEUGUNG UND DAS REZIPROKE GITTER 101 d α θ θ Abbildung 3.13: Röntgenbeugung an Kristallebenen: Braggreflexionen (Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet) Das ist dann die gewohnte Bragg-Beziehung: 2dsin(θ) = nλ. Mit diesen allgemeinen Betrachtungen über reziproke Gitter und Miller Indizes kommt man noch zu zwei unglaublich praktischen Beziehungen, welche in allen kubischen Gittern (also a 1 = a 2 = a 3 = a) gelten. Ganz allgemein gilt für den Netzebenenabstand : d h,k,l = 2π d h,k,l = hb 1 +kb 2 +lb (3.37) 3 2π (hb1 ) 2 +(kb 2 ) 2 +(lb 3 ) 2 (3.38) Weil aber auch im reziproken kubischen Gitter gilt, dass b 1 = b 2 = b 3 = b und außerdem b = 2π bekommt man bei bekannter Gitterkonstante a den Abstand beliebiger a Gitterebenen aus den Miller Indizes schließlich so: d h,k,l = a h2 +k 2 +l 2 (3.39) Diese Formel ist ganz, ganz super, weil selbst ein Hobby-Kristallograph auf seinem Röntgengerät die h = k = l = 1 - Reflexe eindeutig und leicht identifizieren kann. Man bekommt damit also aus der Bragg-Beziehung auf einfache Weise experimentelle Werte für die Gitterkonstante. Für nicht kubische Kristallsysteme mit rechtwinkligen Achsen, also orthorhombische und höher symmetrische Gitter (tetragonale und kubische Systeme) gilt laut Wikipedia folgende Formel (a, b, c seien die jeweiligen Gitterparameter, sprich, die

118 102 KAPITEL 3. KRISTALLE Längen der jeweiligen Basisvektoren): d h,k,l = 1 (h 2 ( a) + k 2 ( b) + l ) (3.40) 2 c Auch gut ist folgende Beziehung, die man für kubische Gitter durch Einsetzen von d in die Bragg Beziehung 2dsin(θ) = nλ bekommt: ( ) 2 λ = 2a sin 2 θ h 2 +k 2 +l 2 (3.41) Aus dieser Gleichung kann die Kristallorientierung bestimmt werden. Man misst bei bekannter Wellenlänge und Gitterkonstante einfach nur den Winkel der beobachteten Reflexion und kann dann durch ein wenig Herumprobieren die richtigen Miller Indizes finden. Das geht übrigens nicht nur für einfach kubische Gitter, sondern auch im Diamant- und Zinkblendegitter, dort bekommt man dann einfach die Reflexe von den jeweiligen Teilgittern. Mit diesem Grundwissen über Kristalle könnte man in die Details der Röntgenbeugung einsteigen. Wir tun dies hier aber nicht und verweisen stattdessen wieder auf das wunderbare Skript vom WMI, das sich dank seiner Länge von ca Seiten ausführlich mit dieser Thematik beschäftigen kann. 3.3 Defekte Im nicht perfekten Kristall existieren verschiedene Arten von Defekten (siehe Abbildung 3.14), die bekanntesten sind: Liniendefekte : Liniendefekte sind immer eine Folge von Verspannungen ( Strain ). Strain ist manchmal unvermeidbar bei der Kristallzucht, manchmal ist er aber auch gewollt und äußerst nützlich. Das beste Beispiel hierfür ist die Herstellung von selbstorganisierten InAs Quantenpunkten. In unfreundlichen Materialien kann es auch zu komplexeren Flächendefekten kommen, wie z. B. schraubenförmigen Wachstumsflächen etc.. Thermodynamisch bedingte Punktdefekte: Punktdefekte treten am häufigsten auf und es gibt sie in mehreren Varianten. Ein Punktdefekt, den es immer gibt, ist eine thermodynamisch bedingte Fehlstelle im Kristall die beim Kristallwachstum entsteht. Die Dichte dieser Defekte kann semiempirisch beschrieben werden und

119 3.4. DAS WASSERSTOFFMODELL FLACHER STÖRSTELLEN 103 ist in den üblichen Halbleitern wie Si und GaAs zum Glück sehr klein, im Detail vor allem kleiner als die kleinste technisch erreichbare Hintergrunddotierung (typischerweise cm 3, weniger ist sehr, sehr schwierig zu erreichen). N d E d = k d e k T (semiempirisch) (3.42) N TOT N d : Defektdichte in Atome/cm 3 N TOT : Dichte des Kristalls in Atome/cm 3 T: Wachstumstemperatur k d : ein schwindliger Fitparameter E d : Defect formation energy Beispiel: k d = 1, T=1000K E d = 2eV, N TOT = cm 3 = N D = cm 3 gering im Vergleich zu üblichen Dotierungen. Self-Interstitials : Das sind z. B. Siliziumatome, die aber nicht auf Gitterplätzen sitzen, sondern irgendwo im Kristall herumhängen. Diese können im Sinne von Dotierung elektrisch aktiv sein, müssen es aber nicht. Meistens verschlechtern sie nur die Elektronenbeweglichkeit. Substitutional Defects : das sind einzelne Fremdatome im Halbleiter und wenn sie absichtlich in den Kristall hineingemischt wurden, dienen sie typischerweise zur Dotierung des Halbleiters, womit wir auch schon beim nächsten Kapitel wären. 3.4 Das Wasserstoffmodell flacher Störstellen Die wichtigste Störstelle im Kristall ist die Dotierung. Ohne Dotierung hätten Halbleiter keinen einstellbaren Widerstand und Bauelemente wie die pn-diode oder den Transistor gäbe es auch nicht. Am Beispiel Silizium lässt sich der Prozess der Dotierung am einfachsten erklären. Silizium hat 4 Außenelektronen, die es sich im Kristall in einer kovalenten Bindung mit seinen nächsten Nachbarn teilt. Entfernt man ein Siliziumatom und ersetzt es durch Phosphor (5 Außenelektronen, also ein Donator) oder Bor (3 Außenelektronen, also ein Akzeptor) bleibt ein Elektron übrig, bzw. es fehlt eines. Das überschüssige Elektron ist leicht zu entfernen, da es energetisch also knapp unter der Kante des Leitungsbandes liegt. Akzeptoren liegen knapp über dem Valenzband.

120 104 KAPITEL 3. KRISTALLE Vacancy Self interstitial Impurity intersttial Substitutional defect Line defect Abbildung 3.14: Typische Punkt- und Liniendefekte im Kristallgitter. Man unterscheidet zusätzlich noch zwischen Fehlstellen ( vacancies ), Fremdatomen (typischerweise die Dotierung, substitutional defects ) und Atomen auf Zwischengitterplätzen ( interstitials ). (Bildquelle: Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design (Springer 2007)) Silizium Alle 4 Aussenelektronen sind im Valenzband E C E V 5-wertiger Donator + = + = Silizium + Elektron + Ion Abbildung 3.15: Donatoren im Kristallgitter. (Bildquelle: Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design (Springer 2007))

121 3.4. DAS WASSERSTOFFMODELL FLACHER STÖRSTELLEN 105 (a) Si Si Si Si Si Si Si Si (b) Si Si Si Si Si Si Si Si e - Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si P + Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Leitungsband E D E g Valenzband E c E v Abbildung 3.16: (a) Schematische Darstellung der Wirkung eines Phosphor-Atoms in einem Si-Kristall. (b) Lage des Energieniveaus für den Grundzustand des Donatoratoms. E d ist die Ionisierungsenergie, die aufgebracht werden muss, um den Donatorzustand ins Leitungsband anzuregen. (Bildquelle: Rudolf Gross, Achim Marx, Festkörperphysik, De Gruyter (2014)) Zur quantitativen Beschreibung der elektronischen Eigenschaften eines Donators oder Akzeptors hat sich in der Praxis das Wasserstoffmodell bewährt. Da wir uns hier nicht für Wellenfunktionen interessieren, sondern nur für Ionisierungsenergien und Bahnradien, vermeiden wir jede unnötige Quantenmechanik und bleiben beim alten, semi-klassischen Modell vom Kollegen Bohr. Kollege Bohr entwickelte sein Modell genau in der Zeit, als man Elektronen je nach Bedarf als kleine grüne Kügelchen betrachtete, die einen Kern umkreisen oder als stehende Wellen. Das semiklassische Wellenbild eines Elektrons, das um einen Kern kreist, sollten Sie noch aus der Halbleiter Übung kennen. Hier wird gefordert, dass der Umfang der Kreisbahn (r: Bahnradius) ein Vielfaches der Wellenlänge des Elektrons sein soll, also: 2πr = nλ (3.43) Das schreiben wir ein wenig um 1 λ = n 2πr und multiplizieren es mit h und erhalten: h λ = n h 2πr (3.44) (3.45)

122 106 KAPITEL 3. KRISTALLE h λ ist aber p, der Impuls des Elektrons, also gilt: Mit einer kleinen Umformung auf: p = mv = n h 2πr (3.46) L = mvr = n (3.47) ist diese Formel genau die bekannte Quantisierungsbedingung von Bohr, der gefordert hatte, dass der Bahndrehimpuls L des Elektrons ein Vielfaches von sein soll. Kurz zurück zu den grünen Kügelchen im Coulombpotential. Hier gilt, dass die elektrostatische Kraft gleich der Zentrifugalkraft sein soll, also: e 2 4πε 0 r = mv2 2 r (3.48) Weil wir in diese Beziehung die Bedingung von Bohr einbauen wollen, machen wir ein paar Umformungen: e 2 4πε 0 r = (mv)2 m e 2 4πε 0 r = 1 m r = 4πε 0 e 2 m n2 ( n h 2πr (3.49) ) 2 (3.50) ( ) 2 h (3.51) 2π Und etwas schöner hingeschrieben erhalten wir für die möglichen Bahnradien: r = 4πε 0 e 2 m n2 2 (3.52) Die Bahn mit n = 1 wird Bohrradius genannt. Mit diesen Ergebnissen kann man sofort die Ionisierungsenergie des Grundzustandes berechnen. Die Ionisierungsenergie ist einfach die Summe aus potentieller und kinetischer Energie: E pot = e2 4πε 0 r (3.53) E kin = mv2 (3.54) 2 E = E kin +E pot (3.55) Das Minuszeichen kommt daher, dass es sich um einen gebundenen Zustand handelt und das Potential im Unendlichen Null sein soll. Weiteres Einsetzen liefert für die Energie

123 3.4. DAS WASSERSTOFFMODELL FLACHER STÖRSTELLEN 107 des Grundzustandes, oder in anderen Worten für die Ionisierungsenergie (Hausaufgabe: Nachrechnen): me 4 E D = 2(4π) 2 = 13.6eV (3.56) ε 02 2 Wie kommen wir jetzt vom Wasserstoffatom zum Donator im Halbleiter? Ganz einfach, denn die Formel für den Donator ist genau die gleiche wie beim Wasserstoffatom, nur muss man statt der Dielektrizitätskonstante des Vakuums (ε r = 1) die Dielektrizitätskonstante des Halbleiters (ε r 13) und die effektive Masse der Ladungsträger berücksichtigen. Wichtig: Das Thema effektive Masse ist im Zusammenhang mit dem Wasserstoffmodell ziemlich trickreich. Diese Thematik wird im nächsten Kapitel und im Besonderen später im Kapitel über die Halbleiterstatistik nochmals behandelt. Im Moment sehen Sie bitte die effektive Elektronenmasse in irgendwelchen Tabellen im Internet nach und wundern sich auch bitte nicht, wenn diese deutlich kleiner als die Masse des freien Elektrons ist (GaAs: m = 0.067m 0 ). Als Energienullpunkt wird die Leitungsbandkante gewählt. Die Formel für die potentielle Energie eines Elektrons im Donatorpotential lautet also: U(r) = E c e2 4πε 0 ε r r (3.57) Mit ε = ε 0 ε r ist die Energie des Grundzustandes (=Ionisierungsenergie) im Donator gegeben durch: E D = E c ( ) e 4 m 2 2 (4 π) 2 ε 2 = E 2 c 13.6 m ε0 (ev) (3.58) m 0 ε 0 ε r Akzeptoren werden mit umgekehrten Vorzeichen analog behandelt, auch hier die effektiven Massen bitte im Internet nachsehen. Man erhält für die Ionisierungsenergie der Akzeptoren: E A = E v + ( ) e 4 m 2 2 (4 π) 2 ε 2 = E 2 v m ε0 (ev) (3.59) m 0 ε 0 ε r

124 Kapitel 4 Das Konzept der effektiven Masse Fassen wir kurz die wesentlichen Erkenntnisse dieses Skriptums bis zu diesem Punkt zusammen: Elektronen in eindimensionalen periodischen Potentialen haben eine E(k) Beziehung. Elektronen in dreidimensionalen periodischen Potentialen haben eine kompliziertere E(k) Beziehung. Halbleiterkristalle sind komplizierte dreidimensionale periodische Potentialstrukturen. Folglich haben Elektronen in Halbleiterkristallen eine ziemlich komplizierte E(k) Beziehung. Diese E(k) Beziehung wird Die Bandstruktur genannt. Den Verlauf des Leitungsbandes E c und des Valenzbandes E v im Ortsraum, also E c (z) und E v (z) nennt man Bandprofil (siehe Abbildung 4.1). Wer das bei der Prüfung durcheinander bringt, bekommt ein Minus. Komplizierte Bandstrukturen sind nichts für das einfache Gemüt eines Experimentalisten und außerdem sind sie in ihrer rohen Form für die Berechnung irgendwelcher Dioden- oder Transistorkennlinien ziemlich unpraktisch. Aus diesem Grund wird in der Halbleiterphysik durch gnadenlose Analogiebildung zur klassischen Mechanik (deswegen heißt das ja auch Quantenmechanik) immer eine effektive Elektronenmasse eingeführt. In dieser effektiven Elektronenmasse stecken dann alle elektronischen Eigenschaften des 108

125 4.1. DAS BLOCHTHEOREM L 3 4 L 1 2 Bandlücke 0 L 3 2 Energie (ev) L 1 L 2 Γ 2 Γ 15 Γ Γ25 Γ 1 Χ 4 Χ1 Χ 1 Γ 2 Γ 15 Γ 25 L Λ Γ Χ UK Σ Γ Γ 1 Photonenemission _ E Fp Elektroneninjektion _ + Löcherinjektion _ E FN Bandstruktur (E(k) Beziehung) von Silizium Bandprofil oder Banddiagramm einer pn-diode Abbildung 4.1: Eine Bandstruktur von Silizium (E(k) Diagramm) und ein Bandprofil einer pn-diode (Energie - Ortsdiagramm) zum direkten Vergleich. (Bildquelle: Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design (Springer 2007)) jeweiligen Halbleiterkristalls und man kann fröhlich so tun, als wäre der Halbleiter die perfekte Vakuumdose für freie Elektronen, die jetzt aber eine andere Masse haben und eine andere Dielektrizitätskonstante sehen. Merke: Die effektive Masse ist meist KLEI- NER als die Masse des freien Elektrons. Ehe wir aber die effektive Masse einführen, sollten wir uns vielleicht doch überlegen, ob solch haarsträubende Vereinfachungen überhaupt erlaubt sind. Zu diesem Zweck werfen wir einen Blick auf das sogenannte Blochtheorem. 4.1 Das Blochtheorem Aufgrund der Symmetrieeigenschaften der Kristallgitter sind allgemeine Aussagen über die Wellenfunktionen möglich: Das Potential U( r) hat die Periodizität des Gitters, daher hat auch der Hamiltonoperator H die Periodizität des Gitters. Die Eigenfunktionen zu ( H ) sind auch Eigenfunktionen zum Translationsoperator T, definiert durch T R Ψ( r) = ( Ψ r + R ) wobei R ein Gittervektor ist. T und H kommutieren : [ T( R)H HT( R) ] = 0. Ψ(r) ist also eine gemeinsame Eigenfunktion von T und H. (Das müssen Sie hier glauben oder ein Buch über

126 110 KAPITEL 4. DAS KONZEPT DER EFFEKTIVEN MASSE Quantenmechanik lesen.) ( Die Elektronendichte Ψ( r) 2 = Ψ r + R) 2 hat die Periodizität des Gitters. ( Daher folgt Ψ( r) = Ψ r + R ) ( ) und man kann schreiben: T R Ψ( r) = ( e i k R Ψ( r) = Ψ r+ R ) Zu jedem Ψ, das eine Eigenfunktion eines Elektrons im Kristall ist, gehört also auch genau ein k = ψ i ψd r, so dass Ψ auch eine Eigenfunktion des Translationsoperators T( R) zum Eigenwert e i k R ist. Ψ ist dann sowohl durch k und r klassifiziert und man erhält ein Ψ n ( k, r ) (mit einem optionalen Index n für das jeweilige Band). Das ist in Worten schon das Blochsche Theorem, welches lautet: Die Lösungen der Schrödingergleichung für ein periodisches Potential sind gleichzeitig Eigenfunktionen des Translationsoperators. ( ) Da Ψ k, r auch eine Eigenfunktion von H ist, folgt für die Energieeigenwerte: ( ) HΨ k, r = E( ( ) k)ψ k, r was bedeutet, dass auch die Energieeigenwerte von k-abhängig sind. (4.1) Schauen wir nun, was passiert, wenn wir uns im k-raum durch Addition eines reziproken Gittervektors G zu einem anderen Gitterpunkt bewegen. Da ja gilt e i k R = e i( k+ G) R erhalten wir mit: für das Produkt G R: G = h A+k B +l C (4.2) R = m a+n b+p c (4.3) G R = hm a A+kn b B +lp c C +gem.produkte (4.4) Die gemischten Produkte sind wegen der Orthogonalität der Vektoren Null und die ersten drei Terme liefern jeweils 2π (siehe Definition des reziproken Gitters). Man bekommt also: e i k R e i G R = e i k R e i6π = e i k R 1 (4.5) Allgemein ordnet damit der Translationsoperator einer Wellenfunktion Ψ nicht nur einen k-vektor, sondern alle Vektoren k + G zu. Alle diese Punkte im k-raum sind äquivalent und es gilt: ( ) ( ) Ψ k = Ψ k + G (4.6)

127 4.1. DAS BLOCHTHEOREM 111 e ikx Atome x u(k,x) u(k,x+r) u(k,x+2r) Abbildung 4.2: Veranschaulichung einer Blochfunktion mit gitterperiodischem Anteil u(k,x) und überlagerter ebener Welle e ikx (Quelle: Rolf Sauer, Halbleiterphysik, Oldenburg Verlag (2009)) ( ) Die Lösungen der Schrödingergleichung Ψ k haben also im k-raum die Periodizität des reziproken Gitters. Daher ist E(k) eine periodische Funktion von k. Das Konzept der 1. Brillouinzone ist somit gerechtfertigt. ( ) Eine spezielle Wahl von Ψ k, r sind die Funktionen: Ψ n ( k, r ) = e i k r u n ( k, r) (4.7) wobei u n ( ( k, r) = u n k, ( r + R )) gitterperiodisch ist. Aufpassen: In der Exponentialfunktion steht jetzt irgendein beliebiges ( ) r und kein ( Gittervektor! ) Ψ und u können noch durch einen Bandindex n als Ψ n k, r und u n k, r klassifiziert werden. Diese spezielle Wahl von Wellenfunktionen erfüllt mit der Forderung der Gitterperiodizität von u n ( k, r) aber auch das Blochtheorem weil gilt: ( Ψ n k, ( r+ R )) ( ( = e i k( r+ R) u n k, r+ R )) = e i k R e i k r u n ( k, r) (4.8) Anders ausgedrückt sind die Ψ n ( k, r ) = e i k r u( k, r) ebenfalls Blochfunktionen und deswegen steht in vielen Büchern gerne ohne irgendeine Erklärung der Satz:...das Blochtheorem besagt, dass in einem Kristall die Wellenfunktionen immer als Produkt einer ebenen Welle und einer gitterperiodischen Funktion geschrieben werden können. Zur Veranschaulichung dieser Geschichte zeigt Abbildung 4.2 eine Blochfunktion mit gitterperiodischem Anteil u(k,x) und überlagerter ebener Welle e ikx.

128 112 KAPITEL 4. DAS KONZEPT DER EFFEKTIVEN MASSE Na gut, die obige Story mag ja stimmen, aber was bringt das? Mehr als man denkt: Der Kristall ist normalerweise groß und enthält damit jede Menge Eigenfunktionen zu nahezu jedem beliebigen k-wert. Und auf alle diese Eigenfunktionen kann man eine ebene Welle mit genau diesem k-wert draufmultiplizieren und das Produkt ist noch immer eine Eigenfunktion. Diese ebene Welle (Wellenpakete gehen auch) ist aber gerade das Elektron, das ich mit meinem gewünschten k-wert durch den Kristall schicken kann und das Beste daran ist: Die ursprüngliche Eigenfunktion des Kristalls kann einem komplett wurscht sein (solange sie existiert), denn alles, was normalerweise interessiert, ist das Verhalten der ebenen Welle oder des Wellenpakets. Wenn ich mich recht erinnere, wird das envelope function approximation genannt. Genau das ist aber der zentrale Knackpunkt der Halbleiterei überhaupt, weil man nur mit dieser Idee die effektive Masse und alles andere einführen kann. Ehe man zur effektiven Masse gelangen kann, muss man erst darüber nachdenken, ob dieser komische k -Vektor vielleicht eine klassische physikalische Bedeutung haben könnte. Dazu verwenden wir die Lösung der zeitabhängigen Schrödingergleichung: Ψ( k, r,t) = u k ( r) e i ( k r ω t) (4.9) und die daraus resultierende Beziehung für die Energie und die Frequenz: E = ω (4.10) In der klassischen Wellenlehre lernten wir folgende Beziehung für die Gruppengeschwindigkeit einer Welle: v g = ω k (4.11) In Vektorform: v g = E k v g = 1 (4.12) E(k) (4.13) Damit lässt sich der Energiegewinn eines Elektrons im äußeren elektrischen Feld E so hinschreiben ( Arbeit = Kraft Weg ): de = e E v g dt de = de d k d k = v g d k d k = e E dt (4.14)

129 4.2. EFFEKTIVE MASSEN 113 Aus diesen Formeln bekommen wir dann: d k dt = e E = F ext (4.15) F ext ist die externe Kraft. Vorsicht, nicht die Energie E mit dem Feld E verwechseln. Das Minus kommt daher, dass die Kraft auf ein Elektron wirkt. Elektrische Felder gehen immer vom Pluspol zum Minuspol, das Elektron bewegt sich in die Gegenrichtung. Weil das gleich aussieht wie in der klassischen Mechanik: d p dt = F ext (4.16) haben wir jetzt gewonnen, weil für Elektronen im periodischen Potential mit dem Blochtheorem und Ψ = u k e i k r also wirklich folgt: dk dt = F ext. Das ist das Gleiche wie für freie Elektronen, lediglich die E(k)-Relation ist im Kristall anders und nicht nur simpel 2 k 2 2m = E(k). Fazit: Man kann also WIRKLICH so tun, als wäre der Halbleiter die perfekte Vakuumdose für freie Elektronen, die jetzt aber eine andere Masse haben. Nächster Schritt: Die Einführung der effektiven Masse. 4.2 Effektive Massen Um eine effektive Masse einführen zu können, starten wir bei der Gruppengeschwindigkeit und der Einfachheit halber bleiben wir eindimensional: v g = de dk 1 Die Ableitung der Gruppengeschwindigkeit ist die Beschleunigung: dv G dt = 1 d2 E dkdt = 1 d2 E dk dk 2 dt Dann brauchen wir noch die Kraft auf das Teilchen: Einsetzen liefert: oder dk dt dv G dt (4.17) (4.18) = F vgl. F = ṗ (4.19) = 1 d2 E F (4.20) 2 dk2 F = 2 dv G d 2 E dt dk 2 (4.21)

130 114 KAPITEL 4. DAS KONZEPT DER EFFEKTIVEN MASSE Analog zur berühmten Formel Kraft = Masse Beschleunigung F = m a (4.22) folgt dann sofort: 1 m = 1 d2 E (4.23) 2 dk 2 Die Formel für m ist nur in der Nähe der Bandkanten sinnvoll. Betrachtet man die realen Bandstrukturen von GaAs oder Silizium (siehe Abbildung 4.3 und 4.4), so sieht man, dass die realen Bandstrukturen Wendepunkte besitzen. Dort wäre die effektive Masse unendlich groß und das könnte in der Realität spannend werden. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen hinter Ihrer Playstation, ballern sich fröhlich durch irgendein Counterstrike und sind kurz davor den Gegner zu besiegen. Leider erreicht in diesem Moment irgend ein Elektron den Wendepunkt der Bandstruktur, wird unendlich schwer (ein Elektron reicht), der Tisch, auf dem die Playstation steht bricht zusammen, und es bildet sich ein schwarzes Loch und verschlingt die Playstation. Was für ein Frust. Zum Glück reißt dabei das Stromkabel ab und das schwarze Loch verschwindet ebenfalls und Sie sind in Sicherheit, nur die Playstation ist weg. Schwachsinnige Story? Klar, aber hoffentlich einprägsam. Die effektive Masse wird niemals unendlich, man muss nur in der Bandmitte ein anderes Modell dafür verwenden, das Stichwort ist kp-theorie die wir hier in diesem Text aber nicht diskutieren. Nächstes Problem: der obere Rand des Bandes am Rand der Brillouinzone. Hier wird die effektive Masse negativ, es kommt zu schweren Antigravitationseffekten und Ihre Playstation entschwebt durch Ihr Wohnzimmerfenster von dannen. Auch hier reißt zum Glück das Stromkabel wegen seiner endlichen Länge, die Playstation fällt aus 10 m Höhe zu Boden (10 m Verlängerungskabel vorausgesetzt) und ist kaputt. Es gibt zum Glück keine Verletzten. Schwachsinnige Story? Klar, aber hoffentlich einprägsam. Das Elektron mit der negativen Masse nennt man Loch, das falsche Vorzeichen sorgt für eine scheinbar (!) positive Ladung und Levitationen gibt es bestenfalls im Zusammenhang mit Marienerscheinungen in Altötting, Bayern, nahe der Grenze zu Österreich bei Schärding (Informationsquelle: diverse einschlägige Postkarten im lokalen Devotionaliengeschäft). Hinweis: Für die effektive Masse gibt es auch noch eine weitere Herleitung über die Schrödingergleichung mittels Störungstheorie 2ter Ordnung, auf die der Elektrotechniker aber gerne freiwillig verzichtet. Im richtigen Leben ist die effektive Masse leider selten eine simple Zahl. GaAs ist ein freundlicher Halbleiter, in dem die effektive Masse im Leitungsband homogen

131 E N ERG IE (ev ) E N ERG IE (ev ) 4.2. EFFEKTIVE MASSEN Galliumarsenid E g = 1.43eV at 300 K E g [111] [100] k Leitungsband: Die Elektronenmasse ist gering. m* = m0 Die Masse im L-Tal ist groß. m* = 0.25m0 Dies füht zu einem Ladungstransfer zwischen den Tälern und zu negative differentiellen Widerständen bei höheren Feldern, GaAs ist ein drekter Halbleiter und damit geeignet für optoelektronische Anwendungen Abbildung 4.3: Die Bandstruktur von GaAs. (Bildquelle: Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design (Springer 2007)) (a) Silizium E g = (b) k z E g (001) (010) (100) Sechs equivalente Täler an der Leitungsbandkante 1 2 k x (100) (010) (001) k y 3 4 -π/a k +π/a Abbildung 4.4: Die Bandstruktur von Silizium. (Bildquelle: Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design (Springer 2007))

132 116 KAPITEL 4. DAS KONZEPT DER EFFEKTIVEN MASSE und isotrop (also überall gleich und nicht richtungsabhängig) ist, Silizium (indirekter Halbleiter) ist das schon nicht mehr. Bei Silizium spricht man, vorausgesetzt man ha einen (100) Wafer, von longitudinalen (senkrecht zur Waferoberfläche) und transversalen Massen (parallel zur Waferoberfläche). Zum Glück ist zumindest die transversale Masse (parallel zur Waferoberfläche) immer gleich. Außerdem ist sie in dieser Kristallorientierung für Silizium minimal. Was das für Vorteile bringt, kommt später im Skript. Mathematisch betrachtet ist m im allgemeinen also ein Tensor, den man gerne so anschreibt: 1 m = 1 m ij (4.24) Für Silizium z. B. lässt sich die Bandstruktur im Leitungsband als Reihenentwicklung anschreiben: E n ( k) = E n (0)+1/2 ij 2 m ij k i k j +...höhere Terme (4.25) womit in parabolischer Näherung dann Folgendes übrig bleibt (das Valenzband verhält sich komplizierter): ( ) E(k) = E L (k x k x0 ) 2 + (k y k y0 ) 2 + (k z k z0 ) 2 m t 1 m t 2 m l (4.26) Silizium m t1 = m t2 transversale Masse m l m t longitudinale Masse Si: m l = 5 Ge: m t m l = 20 (Die Anisotropie in Ge ist damit ziemlich groß) Wichtig ist es jetzt nun, die effektive Masse richtig zu verwenden. Für alle Effekte, die irgendwie mit der Leitfähigkeit des Halbleiters zu tun haben könnten, muss man die sogenannte Leitfähigkeitsmasse verwenden und nicht die Zustandsdichtemasse aus dem Kapitel Halbleiterstatistik (Das kommt später im Kapitel über den Transport, hier bitte das Ganze einfach glauben und nicht darüber nachdenken.), die so definiert ist: 1 = 1 ( ) m cond 3 m t m t m l (4.27) Gewonnen wird diese Formel aus der Gesamtleitfähigkeit des Halbleiters unter Berücksichtigung aller Streuprozesse nach dem Motto, dass wir alle Streuprozesse parallel

133 4.3. ELEKTRONEN UND LÖCHER 117 schalten und daher die zugehörigen Leitfähigkeiten addieren (bei Unklarheiten bitte im Kapitel über den elektronischen Transport nachlesen): σ = i e n i µ i (4.28) wobei für die Beweglichkeit gilt: µ i = eτ i m i (4.29) Will man mit einer gemittelten Streuzeit τ und einer gemittelten Beweglichkeit arbeiten, erfolgt die Mittelung so: 1 τ = i 1 τ i (4.30) d. h. die Streuprozesse werden alle parallel geschaltet, was ja ganz vernünftig ist. Diese Formel ist die sogenannte Matthiessenregel für Streuzeiten. Die effektiven Massen lassen sich aber nicht so einfach parallel schalten oder addieren, man braucht eine etwas anders gemittelte effektive Leitfähigkeitsmasse. Besonders für den Fall mehrfach vorhandener Leitungsbänder, wie sie gerne in indirekten Halbleitern auftreten, muss dann die Mittelung der effektiven Masse gemäß Gleichung 4.27 erfolgen. Aufpassen, auf so etwas wird in diversen Büchern sehr selten hingewiesen. 4.3 Elektronen und Löcher Das Konzept der effektiven Masse ist elegant und schön, aber leider nur im Leitungsband. Im Valenzband gibt es noch einen Schönheitsfehler, um den wir uns jetzt kümmern müssen. Nehmen wir dazu an, die Temperatur sei größer als Null und es gebe daher eine gewisse Anzahl von Elektronen im Leitungsband, welche thermisch angeregt aus dem Valenzband stammen. Wichtig: Wir befinden uns in einem reinen Bändermodell, Dinge wie zurückbleibende, geladene Atome etc. existieren in diesem Modell nicht, es werden lediglich Elektronen zwischen den Bändern umverteilt. Die Anzahl der Elektronen im Leitungsband ist natürlich genau gleich der Anzahl von freien Plätzen für Elektronen im Valenzband. Diese Annahme ist ebenfalls wichtig, denn beim Anlegen eines elektrischen Feldes werden die Elektronen beschleunigt und gewinnen Energie, aber nur, wenn im jeweiligen Band auch genügend freie Plätze bei höheren Energien zur Verfügung stehen. Gibt es keine freien Plätze, egal in welchem Band, können die Elektronen nicht beschleunigt werden und es fließt auch kein Strom.

134 118 KAPITEL 4. DAS KONZEPT DER EFFEKTIVEN MASSE Kümmern wir uns zuerst um die Elektronen im Leitungsband und legen ein kleines elektrisches Feld an. Die Kraft auf die Elektronen im elektrischen Feld ist: m c F = m a = m dv c dt = ee (4.31) ist die effektive Masse im Leitungsband. Nach einer gewissen Zeit haben die Elektronen dann die Geschwindigkeit: v = τ 0 ee dt (4.32) m c Im Valenzband kommt das Gleiche heraus, aber natürlich mit der entsprechenden effektiven Masse im Valenzband. v = τ 0 ee dt (4.33) m v Kümmern wir uns jetzt um die Elektronen im Valenzband. Da wir oben Elektronen aus dem Valenzband ins Leitungsband befördert haben, gibt es jetzt im Valenzband freie Plätze und die Elektronen im Valenzband können sich auch dort bewegen. Jetzt kommt der Schönheitsfehler im Modell: Wie man z. B. aus der Abbildung 4.3 sieht, ist die effektive Masse im Valenzband wegen der negativen Krümmung des Bandes ebenfalls negativ. Die Elektronen im Valenzband bewegen sich daher nicht in Feldrichtung, sondern entfliehen in die Gegenrichtung. Das ist zwar richtig, aber irgendwie uneinsichtig. Um sich vorstellungsmäßig und rechentechnisch unnötigen Ärger zu ersparen, greift man daher zu dem einfachen Trick, dass man einem Elektron auf einem Zustand im Valenzband eine positive effektive Masse gibt, dafür aber auch das Vorzeichen der Ladung vertauscht und das Ganze als Loch bezeichnet. Wichtig, und das wird gerne verwechselt: Nicht der unbesetzte Zustand ist also das Loch, sondern das Elektron, das in falscher Richtung von einem unbesetzten Zustand in den nächsten hoppelt! Wir (= Kollege Gross in seinem wunderbaren Buch über Festkörperphysik und ich) können also zusammenfassend und übereinstimmend sagen (Zitat aus dem Buch vom Gross), dass ein Elektron mit einer negativen effektiven Masse und einer negativen Ladung auf äußere Felder genauso reagiert wie ein entsprechendes Teilchen mit einer positiven effektiven Masse und positiven Ladung. Da wir oben gesehen haben, dass die Reaktion eines Lochs derjenigen eines Elektrons entspricht, wenn dieses sich in dem unbesetzten Zustand befinden würde, können wir folgern, dass Löcher sich in jeglicher Hinsicht wie positiv geladene Teilchen verhalten.

135 4.4. ZYKLOTRONRESONANZ 119 Wie passt das zu den üblichen Vorstellungen wie z. B. der Fotoleitung? Im üblichen Jargon heißt es: Ein Photon generiert ein Elektron-Loch Paar, das durch ein elektrisches Feld getrennt werden kann. Diese Formulierung suggeriert, dass wirklich ein Ladungspaar erzeugt wurde und genau das stimmt eben NICHT. Präziser sollte es heißen: Ein Photon hebt ein Elektron ins Leitungsband, wo es sich frei bewegen kann. Im Valenzband bleibt ein freier Platz zurück. Dieser freie Platz hat aber keine(!) eigene Ladung, kann aber als Pausenstation für Elektronen verwendet werden. Die Elektronen im Valenzband können sich daher mit Hilfe dieses freien Platzes ebenfalls bewegen. Wegen der negativen effektiven Masse der Elektronen sieht es dann nur so aus (!), also ob sich eine positive Ladung über diesen Zustand in Richtung der negativen Elektrode bewegt. Es gibt damit also keinen Widerspruch zum üblichen schlampigen Jargon und hoffentlich etwas mehr Klarheit über die Situation. 4.4 Zyklotronresonanz Die Standardmethode zur Bestimmung von effektiven Massen ist die winkelabhängige Messung der Zyklotronresonanz. Zu diesem Zweck wird ein Halbleiter mit Mikrowellen durchstrahlt und die Absorption oder die Reflexion als Funktion eines angelegten Magnetfeldes gemessen. Damit das gut funktioniert, müssen es die Elektronen im Halbleiter schaffen, ohne Streuung einen vollen Kreis im Magnetfeld zu absolvieren. In Formeln ausgedrückt muss also das Produkt aus Streuzeit (=1/Streurate) und Zyklotronfrequenz größer sein als 1. Tiefe Temperaturen sind also von Vorteil, die Messung wird daher meistens im flüssigen Helium gemacht. (ω c τ 1; T = 4K) Die Zyklotronfrequenz bekommt man aus der Beziehung, dass die Lorentzkraft gleich der Zentripetalkraft (fälschlich gerne Zentrifugalkraft genannt) sein muss. m v 2 R = e v B = m ω c v ω c = e B m (4.34) Die Frage ist nun, wie groß ist m, beziehungsweise, welche effektive Masse sehen wir nun in diesem Experiment? Nehmen wir einmal an, wir hätten einen Halbleiter mit einer anisotropen, aber noch parabolischen Bandstruktur: E( k) = 2 2 ( kx k y + k z m x m y 2 m z ) (4.35)

136 120 KAPITEL 4. DAS KONZEPT DER EFFEKTIVEN MASSE Das Magnetfeld, welches wir an den Halbleiter anlegen, soll so aussehen: B = B x B y = B cosθ x cosθ y Θ x = ( ) x; B etc. (4.36) B z cosθ z Θ x,y,z sind die Winkel zwischen dem Magnetfeld und den jeweiligen Achsen. Jetzt müsste man einige längliche Rechnungen mit Massentensoren durchführen, die wir uns an dieser Stelle jedoch sparen. Wir glauben der Einfachheit halber einfach das Ergebnis für die Zyklotronmasse für Silizium und Germanium, welche wir am Ende messen: [ 1 cos 2 ]1 Θ x = + cos2 Θ y + cos2 2 Θ z m c m y m z m x m z m x m y (4.37) Diese Formel sieht sehr freundlich aus. Zuerst stellen wir das Magnetfeld senkrecht zur (100) Ebene ein, d.h. Θ x = Θ y = 90 und Θ y = 0. In der obigen Formel ist dann cos 2 Θ z = 1 und der Rest ist Null. Jetzt ist aber m x = m y = m t und damit lässt sich die transversale Masse durch eine Messung des Maximums der Mikrowellenabsorption als Funktion des Magnetfeldes einfach bestimmen. Hat man m t bestimmt, dreht man die Probe um 90 Grad und bekommt auf analoge Weise m z = m l. Man könnte natürlich auch fixem Magnetfeld die Absorption als Funktion der Frequenz messen, aber kontinuierlich durchstimmbare Mikrowellenquellen sind kaum zu bekommen und extrem teuer. Eine Variation des Magnetfeldes ist da deutlich einfacher. Abbildung 4.5 zeigt typische experimentelle Daten von Silizium und Germanium. Wie man sieht, haben Zyklotronresonanz-Absorptionsspektren aber nicht nur eine, sondern gleich mehrere Absorptionslinien. Die Ursachen hierfür können sein: Elektronen Löcher mehrere Bänder mehrere Massen im gleichen Band bei Entartung In Si und Ge bekommt man wegen der bekannten Bandstruktur alle effektiven Massen mit zwei Messungen und das ist praktisch. Unpraktischer wird es, wenn man die Bandstruktur des zu untersuchenden Materials nicht kennt. Dann hilft nur eine zusätzliche

137 4.4. ZYKLOTRONRESONANZ 121 T= 4 K f = 24 GHz B Elektronenorbit Absorption leichte Löcher Elektronen Elektronen schwere Löcher Si E rf Absorption leichte Löcher Elektronen Elektronen Elektronen schwere Löcher Ge Magnetfeld (T) Abbildung 4.5: Zyklotronresonanz von Silizium und Germanium. Das Hochfrequenzfeld E rf steht senkrecht auf dem statischen Magnetfeld B. Rechts sind die Absorptionsspektren für Si und Ge bei f = 24GHz und T = 4K gezeigt (Si: Feld in (110) Ebene unter 30 Grad Winkel zur (100)-Richtung. Ge: Feld in (110) Ebene unter 60 Grad Winkel zur (100)-Richtung. Nach G. Dresselhaus, A. F. Kip, and C. Kittel, Phys. Rev. 98, 368 (1955)) (Bildquelle: Rudolf Gross, Achim Marx, Festkörperphysik, De Gruyter (2014))

138 122 KAPITEL 4. DAS KONZEPT DER EFFEKTIVEN MASSE systematische Variation des Winkels und noch mehr zusätzliches Gewürge mit dem Massentensor. Ein wichtiger Hinweis zum Schluss: Die Bestimmung der effektiven Masse mittels Zyklotronresonanz funktioniert nur in der Nähe der Bandkanten! Die Bestimmung der effektiven Massen bei höheren Energien ist extrem schwierig. 4.5 kp-theorie, nein danke Mittels kp-theorie könnte man sich die effektive Masse bei höheren Energien ausrechnen, also vor allem in dem Bereich, wo die Masse bereits vom parabolischen Verhalten abweicht. Der schlaue Elektrotechnik Ingenieur überlässt das aber besser den Theoretikern und außerdem sind diese Effekte in Silizium und GaAs relativ klein. Wer mit Schmalbandhalbleitern (narrow gap semiconductors) zu tun hat, hat Pech gehabt, dort sind diese Effekte leider ziemlich groß. Wofür braucht man überhaupt Schmalbandhalbleiter, wenn die eh bloß Ärger machen? Antwort: Für Infrarotdetektoren und neuerdings auch für Spintronics.

139 Kapitel 5 Halbleiterstatistik und Dotierung 5.1 Die Zustandsdichte des freien Teilchens In den bisherigen Betrachtungen haben wir immer angenommen, dass im Halbleiter immer nur ein einziges (!) freies Elektron existiert um dessen Eigenschaften wir uns gekümmert haben. Das ist kein Scherz, bisher gab es wirklich immer nur ein einziges Elektron in all unseren Betrachtungen. In einem richtigen Halbleiter kann man aber nur eher selten von so einer Situation ausgehen und daher widmet sich dieses Kapitel der Frage: Wie viele Energiezustände gibt es im Halbleiterkristall und wie viele freie Elektronen sind dort überhaupt vorhanden? Um diese Frage beantworten zu können, nehmen wir mal wieder an, dass die Elektronen im Halbleiter (Metall geht auch) völlig freie Elektronen sind, die lediglich statt der Masse der freien Elektronen eine effektive Masse haben. Dann nehmen wir an, dass Elektronen Fermionen sind, sprich, alle Elektronen seien absolut gleich, nicht unterscheidbar, und es darf sich an einem Ort bei einer Energie immer nur ein einziges Teilchen aufhalten. Den Spin der Elektronen vernachlässigen wir einmal fürs Erste. Um es uns möglichst einfach zu machen, betrachten wir zunächst auch nur einen eindimensionalen Kristall mit der makroskopischen Kantenlänge L. Das Ganze behandeln wir dann wie einen unendlich tiefen Potentialtopf (siehe Quantenmechanik Crashcourse) und wählen daher die Randbedingung Ψ = 0 bei z = 0 und z = L. Die Wellenfunktionen in diesem Kristall sind dann Sinusfunktionen, aber natürlich mit genau vorgegebenen Wellenvektoren k. Ψ sin(k z) (5.1) k = n π L ; n N (5.2) 123

140 124 KAPITEL 5. HALBLEITERSTATISTIK UND DOTIERUNG Wer unbedingt darauf besteht, dass der Kristall unendlich groß sein muss, kann periodische Randbedingungen Ψ z=0 = Ψ z=l annehmen und kommt aber trotzdem auf das gleiche Ergebnis für die Zahl der möglichen Zustände. Hinweis: Hier muss man die Lösungen als Ψ = Asin(kz) + Bcos(kz) ansetzen, als Folge davon sind die erlaubten Werte von n immer geradzahlig. k = n 2 π L n Z (positive und negative n) (5.3) Gehen wir jetzt auf den dreidimensionalen Fall über. Die Anzahl der Zustände in unserem Kristall bekommt man dann folgendermaßen: Zunächst nimmt man das Volumen des niedrigsten Zustandes im k-raum ( ) 2 π 3 (der aber die größte Ausdehnung L hat, weil ein kleines k große Wellenlängen bedeutet). Ω sei dann irgendein Volumen im k-raum. Die Anzahl der Zustände in Ω ist dann dieses Volumen dividiert durch das Volumen des niedrigsten Zustands, also: N = Ω 3D L 3 (2 π) 3 Statt Ω nehmen wir jetzt als Volumen d 3 k und bekommen für die Anzahl der Zustände dn in d 3 k dn = dn(k) = d 3 L 3 k 8 π 3 (5.4) d 3 k = 4πk 2 dk (Kugelkoordinaten) (5.5) E = 2 k 2 de 2m dk = 2 m k 2 de = m k dk dk = m 1 de (5.6) 2 k Als nächstes rechnen wir d 3 k in de um. d 3 k = 4 π k 2 m 1 2 k Die Anzahl der Zustände im Energieintervall de ist dann: und nach ein bisschen durchkürzen: 4 π k de = m de (5.7) 2 = 4 π 2 m E m de (5.8) 2 = 4 π m E de (5.9) dn = L3 8 π 4 π m E de (5.10) dn = L3 2 π m3 2 2 E de kein Spin! (5.11)

141 5.1. DIE ZUSTANDSDICHTE DES FREIEN TEILCHENS 125 Der Quotient dn/de = D(E) wird üblicherweise als Zustandsdichte bezeichnet. Im Dreidimensionalen ist also: dn de L3 = D(E) = 2 π m3 2 2 E (5.12) 2D Jetzt machen wir das Ganze noch einmal, betrachten aber Elektronen, die sich nur in zwei Dimensionen bewegen können. Der dazu verwendete Trick ist jetzt einfach Polarkoordinaten zu nehmen und d 2 k zu berechnen: d 2 k = 2 π k dk (Polarkoordinaten) (5.13) 2 m E d 2 k = 2 π m 1 2 m E 2 k de k = (5.14) d 2 2 π m k = de 2 (5.15) Die Anzahl der Zustände im Energieintervall de ist dann: dn = L2 2 π m de = 4 π2 2 L 2 m de wieder kein Spin! (5.16) 2 π 2 Anders ausgedrückt, die Zustandsdichte im Zweidimensionalen ist: D(E) = L2 2 π m de = 4 π2 2 L 2 m (5.17) 2 π 2 Wer genau hinsieht, bemerkt, dass die Anzahl der Zustände im Zweidimensionalen lustigerweise nicht von der Energie abhängt! 1D Jetzt machen wir das Ganze noch einmal, betrachten aber nun Elektronen, die sich nur in einer Dimension bewegen können und erhalten: dk de = d 2 m E de = m 2 m 1 = (5.18) 2 m E 2 2 E 2 oder ausgedrückt als Zustandsdichte: dn = L 2 π dk = L 2 m 2 π 2 1 de (5.19) E D(E) = L 2 π dk = L 2 π 2 m 2 1 E (5.20)

142 126 KAPITEL 5. HALBLEITERSTATISTIK UND DOTIERUNG D(E) 3D System D(E) 2D System D(E) E 1/2 1D System konstant E 1/2 E 0 E E0 E E0 (a) (b) (c) E Abbildung 5.1: Die Zustandsdichte in 3, 2, und 1 Dimensionen. (Bildquelle: das Bild ist selbst gezeichnet.) Na gut, die 3D-Zustandsdichte geht mit E, die 2D-Zustandsdichte ist konstant, und die 1D-Zustandsdichte geht mit 1/ E, aber wo kommen all die Stufen und die Peaks her, die man in Abbildung 5.1 sieht? Ganz einfach von mehreren 2D und 1D- Subbändern. Für eine 2D-Struktur wie den HEMT (Details darüber kommen später) ist die Situation in Abbildung 5.2 dargestellt. Ein HEMT ist eine AlGaAs-GaAs Heterostruktur mit einem dreieckigen Potentialtopf, der natürlich mehr als nur ein zweidimensionales Energieniveau enthält. Zu jedem dieser Energieniveaus gehört auch eine eigene 2D-Zustandsdichte, wodurch in Summe diese Treppe in der Zustandsdichte entsteht. Je nach Ferminiveau sind dann nur eines oder mehrere 2D-Subbänder befüllt, in Abbildung 5.2 sind es z. B. drei (E 0,E 1,E 2 ). Wollen Sie dann die Elektronendichte berechnen, müssen Sie für jedes(!) befüllte Subband das Integral über die Zustandsdichte von E n bis E F berechnen. Details dazu kommen weiter unten und die Argumentation für den 1D-Fall läuft analog. 5.2 Die Zustandsdichte in der Bandstruktur im HL Bisher haben wir immer vom Idealfall der freien Teilchen geredet. In jedem realistischen Halbleiter gibt es aber Dinge wie richtungsabhängige effektive Massen, energieabhängige Massen und vieles mehr. Es kann also nicht schaden, die Zustandsdichte direkt über die Bandstruktur des Halbleiters zu definieren. Wir beginnen wieder mit der Anzahl der Zustände N in d 3 k und diesmal gleich pro Einheitsvolumen. (Wichtiger Hinweis einer meiner Lektoren : Wer ein L vermisst beachte, dass hier gilt L = 1!). D(k) ist die Zustandsdichte im k-raum, D(E) die Zustandsdichte im Energieraum. Den Spin nehmen wir auch gleich mit, daher kommt

143 5.2. DIE ZUSTANDSDICHTE IN DER BANDSTRUKTUR IM HL 127 (a) E HEMT-Struktur (b) D(E) E F E F 2DEG E E 3 2 E 3 E 0 E E 1 2 2D System z E 0 E 1 E Abbildung 5.2: HEMT Struktur mit mehreren Subbändern und die zugehörige Zustandsdichte in 2 Dimensionen. Jedes neue 2D Subband erzeugt eine Stufe in der Zustandsdichte. (Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet) der zusätzliche Faktor 2: N(k) = 2 (2 π) 3 d3 k = D(k)d 3 k (5.21) Jetzt interessieren wir uns für die Zustandsdichte bei einer gewissen Energie E 0 und greifen zu einem Trick mit einer δ-funktion. D(E 0 ) = d 3 k D(k) δ(e(k) E 0 ) (5.22) Jetzt schauen wir noch bei Wikipedia zum Thema δ-funktion nach und finden: δ(x xi ) δ(f(x)) = (5.23) x=xi Im 3-dimensionalen wird aus der partiellen Ableitung ein Gradient, und wir wollen das Ganze auch nur an einer Stelle, nämlich beik 0, also brauchen wir auch die Summe nicht. Ergo lässt sich D(E 0 ) folgendermaßen schreiben (der Faktor 2 kommt daher, dass wir die Spinentartung gleich mitnehmen): D(E 0 ) = 2 (2π) 3 E=E 0 f x δ(k k 0 ) E d 3 k (5.24) k=k0 Das Integral läuft über die Fläche der Energie E 0. Schauen wir doch mal, ob das im 3D-Fall mit den Formeln von oben zusammenpasst. Das differentielle Volumenelement im k Raum ohne irgendwelche Winkelabhängigkeiten im Dreidimensionalen ist laut mathematischer Formelsammlung (Wikipedia tut s auch): d 3 k = 4πk 2 dk (5.25)

144 128 KAPITEL 5. HALBLEITERSTATISTIK UND DOTIERUNG und aus E wird: E = de dk = 2 m k (5.26) Einsetzen liefert (Der Einfachheit halber bleiben wir eindimensional.): D(E) = 2 (2π) 3 E=E 0 D(E) = 2 (2π) 3 4π δ(e(k) E(k 0 )) E k=k0 d 3 k = 2 (2π) 3 (2mE) 1/2 2 m 4πk 2 δ(e(k) E(k 0 ))dk (5.27) k 2 m = 2 2mE (2π) 34πm = 2 34πm3/2 2E (5.28) 3 (2π) 3 Und das sieht bis auf den Spin und die Tatsache, dass L=1 gewählt wurde tatsächlich exakt so aus wie Gleichung Im Eindimensionalen (!) bleibt ganz simpel übrig: und das stimmt auch, denn: D(E) = 2 (2π) de dk 1 (5.29) k=k0 1 de = 1 d dk dk 2 k 2 /2m = 1 2 k/m 1/ E (5.30) Was bringt das jetzt alles? Stellen Sie sich vor, Sie haben eine komplexere Bandstruktur, wie die nicht-parabolische Bandstruktur vom Übungszettel 6 aus der Halbleiterphysik Vorlesung (Vorsicht: Das ist eine 3D (!!) Bandstruktur): E(1+αE) = 2 k 2 2m (5.31) Sie können jetzt klassisch wie in der Lösung am Fachschaftsserver vorgehen und zwei Seiten mit Formeln vollmalen, oder es mit der Gleichung von oben versuchen. Zuerst erinnern wir uns daran, dass gilt: de = 1 dk dk und rechnen deswegen zuerst k aus. de 2m k = (E 2 +αe2 ) (5.32) Jetzt die Ableitung: dk de = 1 de dk = 1 2m (1+2αE) 2 2 2m (E +αe 2 ) 2 Wir nehmen nun die Zustandsdichteformel von oben inklusive Spin: D(E) = 2 (2π) 3 (5.33) δ(e(k) E(k0 )) E k=k0 d 3 k (5.34)

145 5.2. DIE ZUSTANDSDICHTE IN DER BANDSTRUKTUR IM HL 129 Jetzt einsetzen und für das Volumenelement in Kugelkoordinaten die 4πk 2 nicht vergessen: D(E) = 2 (2π) 3 4πk 21 2m (1+2αE) 2 δ(e(k) E(k 0 ))dk (5.35) 2 2m (E +αe 2 ) 2 Jetzt nochmals für k 2 einsetzen: D(E) = 2 ( ) 21 2m 2m (2π) 3 4π (E (1+2αE) 2 +αe2 ) 2 δ(e(k) E(k 0 ))dk 2 2m (E +αe 2 ) 2 (5.36) Durchkürzen: D(E) = 2 (2π) 3 4π 1 2 ( ) 3/2 2m (E +αe2 )(1+2αE) δ(e(k) E(k 0 ))dk (5.37) 2 Integral ausrechnen und fertig. D(E) = 2 ( ) 3/2 2m (2π) 34π 1 ( (E +αe2 )) (1+2αE) (5.38) m 3/2 ( ) D(E) = (E +αe2 ) (1+2αE) (5.39) π 2 3 Gut, wir haben jetzt gesehen, die allgemeine Formel für die Zustandsdichte erleichtert das Leben in der Halbleiterübung erheblich. Die wirkliche Stärke der Formel liegt aber ganz woanders, nämlich in der numerischen Beschreibung der Halbleiterwelt. In der täglichen Realität liegen Bandstrukturen praktisch nur in Form von numerischen Daten vor und dann wären Sie ohne die obige allgemeine Formel ziemlich geliefert. Als weiterer Glücksfall kommt noch hinzu, dass numerisches Ableiten viel einfacher ist, als analytische Funktionen an irgendwelche Daten anzupassen und mit denen dann herumzurechnen. Sie sehen, die allgemeine Zustandsdichteformel ist also wirklich hilfreich. Zum Schluss nun noch ein kurzer reality check, weil genau betrachtet sieht der ganze Formalismus doch etwas seltsam aus: An den Bandkanten bzw. bei allen Extrema von E(k) ist die Ableitung der E(k) Beziehung Null und damit gibt es im Integranden Singularitäten, uups. Nach dem Integrieren sind diese zum Glück aber wieder verschwunden und tauchen daher nicht in der Zustandsdichte auf! Man spricht von Van Hove Singularitäten bei k E = 0. k=k0 Machen wir zur Sicherheit zum Schluss noch einen Konsistenztest mit der alten Zustandsdichteformel in 3D. N(E) E de 1 = E de 1 2m k de 1 de dk (5.40)

146 130 KAPITEL 5. HALBLEITERSTATISTIK UND DOTIERUNG Man sieht also, diese Van Hove Singularitäten verschwinden wirklich. 5.3 Intrinsische und dotierte Halbleiter Berechnung der Elektronendichte Mit obigen Vorkenntnissen über die Zustandsdichte können wir jetzt bereits ausrechnen, wie hoch die intrinsische Elektronendichte in einem Halbleiter ist. Der Einfachheit halber hier nochmal die Formel für die Anzahl der Zustände in drei Dimensionen pro Einheitsvolumen im Intervall de: dn = dn(e) = 2 2 π m3 2 2 E de (5.41) Der Faktor 2 berücksichtigt jetzt den Spin. Elektronen sind Fermionen, also muss noch die Fermiverteilung f(e) her. (Falls es jemanden interessiert: Es gibt eine thermodynamische Herleitung für f(e),aber sicher nicht in dieser Vorlesung. Außerdem: Überlegen Sie mal wie ein Atom aussehen würde, wenn Elektronen keine Fermionen wären. Die säßen dann nämlich alle in der untersten Schale oder gleich im Atomkern. Genau das beobachtet man eben nicht im Experiment und auf einem Neutronenstern wohnen wir auch nicht.) 1 f(e) = (5.42) e E E F k T +1 Die Elektronendichte ist dann einfach das Integral über das Produkt aus Zustandsdichte und Fermiverteilung zwischen der Leitungsbandkante (Energienullpunkt) und unendlich. n = Die Löcherdichte berechnet sich zu: ε c N c (E) f(e) de (5.43) p = ε v N v (E) (1 f(e)) de (5.44) Abbildung 5.3 (a) veranschaulicht diese Situation für einen intrinsischen Halbleiter. Falls die effektiven Massen der Elektronen und Löcher und damit ihre Zustandsdichten gleich sind, liegt das chemische Potential in der Mitte der Energielücke. Normalerweise ist die Masse der Elektronen aber deutlich kleiner als die der Löcher. Damit ist aber auch die Zustandsdichte der Elektronen im Leitungsband kleiner, und daher verschiebt sich

147 5.3. INTRINSISCHE UND DOTIERTE HALBLEITER 131 (a) E E (b) E E D c (E) D c (E) f(e) D c (E) D c (E) f(e) E c µ E v f(e) E c µ E v f(e) D v (E) D v (E) [1-f(E)] D v (E) D v (E) [1-f(E)] D(E), f(e) dn/de dp/de D(E), f(e) dn/de dp/de Abbildung 5.3: Fermi-Funktion, Zustandsdichten sowie Elektronen- und Löcherkonzentrationen für einen intrinsischen Halbleiter für (a) D v = D c und (b) D v D c. (Bildquelle: Rudolf Gross, Achim Marx, Festkörperphysik, De Gruyter (2014)) das Ferminiveau in die Richtung der Leitungsbandkante, so dass die Elektronen- und Löcherdichten wieder den gleichen Wert bekommen und damit die Ladungsneutralität gesichert ist. Will man nun die Elektronen- und Löcherdichten wirklich quantitativ berechnen, so gibt es in der Praxis noch ein lästiges Detail mit der effektiven Masse zu beachten. In Galliumarsenid (GaAs) ist die effektive Masse isotrop und homogen und dort gilt die obige Formel einfach so. In Silizium ist die Masse aber ganz und gar nicht isotrop und im Valenzband gibt es sowohl im Si als auch im GaAs entartete Bänder mit unterschiedlichen effektiven Massen. Schaut man nochmals in das Kapitel über die Zustandsdichte in Anwesenheit einer realen Bandstruktur und zieht diesen Formalismus z. B. für Silizium zur Gänze durch, so findet man, dass man in obige Formel für die Zustandsdichte eine sogenannte Zustandsdichtemasse m dos und NICHT die Leitfähigkeitsmasse aus dem Kapitel über effektive Massen einsetzen muss: m dos = N 2/3 (m 1 m 2 m 3 ) 1 3 (5.45) N ist die Anzahl der Täler. Für das GaAs Leitungsband ist N=1 und damit egal, aber für Silizium müssen dann, weil das Leitungsband (2 + 4) = 6-fach entartet ist, die modifizierten Massen verwendet werden. Wieso aber nun auch noch dar Faktor N 2/3? Um dieses zu klären brauchen wir nochmals die Formel für die Zustandsdichte, die für

148 132 KAPITEL 5. HALBLEITERSTATISTIK UND DOTIERUNG den 3D-Fall lautete: N(E) = 2 2 π m3 2 2 E (5.46) Die stimmt jetzt aber nicht mehr, da wir ja die Entartung durch die Täler und die unterschiedlichen effektiven Massen mitnehmen wollen. Für Silizium ist der Entartungsfaktor für die Täler 6, oder allgemein N, also lautet die Formel: N(E) = N 2 2 π 1 ( (m m 2 m 3 ) 1 ) E (5.47) Wenn man jetzt das N zur effektiven Masse dazuquetscht bekommt man, siehe da: N(E) = 2 2 π 1 ( N (m1 m 2 m 3 ) 1 ) E (5.48) womit wir wieder bei der Formel 5.45 wären. Hier die Zustandsdichtemassen für Silizium, Germanium und GaAs: im Leitungsband für alle direkten Halbleiter wie GaAs gilt m dos = m für indirekte Halbleiter gilt allgemein m dos = N 2 3(m 1 m 2 m 3 ) 1 3 im Si-Leitungsband m dos = (m l m 2 t ) }{{} (2+4)-fache Entartung des X-Valleys im Si-Valenzband m 3 3 dos = (m hh 2 +m lh 2) 2 3 (Quelle: S. M. Sze) im Ge-Leitungsband m dos = (m l m t 2 ) Hä, was, wieso jetzt plötzlich 4, Ge hat doch auch ein Diamantgitter wie Si? Antwort: Ja, schon, aber das Leitungsbandminimum von Ge liegt am L-Punkt und nicht am X-Punkt. Wenn man dann bei den Brillouinzonen im Kapitel Kristalle nachsieht (Abbildung 3.12), findet man sofort, dass es 6 X-Punkte gibt und 8 L-Punkte. ÄÄÄÄh, wieso jetzt 8 eben hieß es doch noch 4? Ja, jetzt muss man ganz genau hinsehen und zwar in den Bandstrukturen in Abbildung 5.4. Die grünen Kreise markieren die Lage der Leitungsbandminima. In Si liegt das Leitungsbandminimum als Ganzes innerhalb der Brillouinzone. In Ge ist das Leitungsbandminimum exakt am Zonenrand und liegt damit nur zur Hälfte in der Brillouinzone. Daher ist hier der Entartungsfaktor nur 4 und nicht 8. Die Zustandsdichtemasse für das Valenzband ist übrigens genauso zusammengeschustert wie oben. Da es zwei Valenzbänder gibt, muss man die Zustandsdichten für beide Bänder

149 (ev 5.3. INTRINSISCHE UND DOTIERTE HALBLEITER N ERG ) (ev E IE E g SI Ge X k N ERG ) E IE k L L Γ X 4 L Γ X SILIZIUM GERMANIUM Indirekter Halbleiter E g = 1.1 ev Direkte Bandlücke 3.4 ev Indirekter Halleiter E g (300 K) = 0.66 ev E g (direkt) = 0.9 ev Abbildung 5.4: Die Bandstrukturen von Si und Ge im Vergleich. Die grünen Kreise markieren die Lage der Leitungsbandminima. In Si liegt das Leitungsbandminimum als Ganzes innerhalb der Brillouinzone, in Ge nur zur Hälfte. (Bildquelle: Adaptiert von Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design (Springer 2007))

150 134 KAPITEL 5. HALBLEITERSTATISTIK UND DOTIERUNG addieren (In der Formel für das Si-Valenzband bedeuten hh heavy holes, also schwere Löcher, und lh leichte Löcher): N(E) = 2 2 π m2 3 hh 2 E + 2 π m2 3 lh 2 E (5.49) N(E) = 2 2 π 1 ( ) 2 m hh +m 3 2 lh 2 E (5.50) Dann fügen wir trickreich die Exponenten 2/3 und 3/2 hinzu: und bezeichnen N(E) = 2 2 π 1 ( 2 m hh +m 3 ) lh 2 E (5.51) m DOS = als Zustandsdichtemasse im Valenzband. (m 3 2hh +m 3 2lh )2 3 Kehren wir wieder zurück zu unserem Integral für die Elektronendichte, n = (5.52) ε c N(E) f(e)de (5.53) setzen die richtige Masse ein, wursteln dann noch den Faktor 2 für den Spin direkt vor die Masse, wählen die Leitungsbandkante als Energienullpunkt, n = π 2 ( m dos 2 )3 2 ε c (ε ε c ) 1 2 de (inkl.spin) (5.54) e ε ε F k T +1 und stellen fest, dass das Integral analytisch nicht zu bewältigen ist. Zum Glück hilft hier die sogenannte Boltzmann Näherung für wenige Elektronen (eine ausgezeichnete 1 Näherung für den Schwanz der Fermiverteilung!): e ε ε F e (ε ε F ) k T Das Integral ist k T +1 jetzt analytisch lösbar (kann das bitte mal jemand in einer guten Integraltafel nachkontrollieren?) und man bekommt: n = N c e εc ε F k T (5.55) wobei man N c gerne Bandgewicht oder effective density of states nennt. Analoges gilt für Löcher, also. ( m k T N c = 2 2 π 2 )3 2 m = m dos! (5.56) p = N v e +εv ε F k T (5.57)

151 5.3. INTRINSISCHE UND DOTIERTE HALBLEITER 135 Die Bandgewichte selber auszurechnen macht meist keinen Sinn, weil man selbst nie die richtigen Formeln und Daten findet und man alle möglichen Bandgewichte ohnehin in jedem Tabellenwerk über Halbleiter nachsehen kann. Manchmal kommt es vor, dass die Elektronen und Löcher nicht miteinander im thermischen Gleichgewicht sind. Man stelle sich zum Beispiel eine beleuchtete Probe (Solarzelle) nahe der Oberfläche vor. Elektronen und Löcher werden zwar gemeinsam generiert, durch die elektrischen Felder in der Solarzelle werden die Elektronen und Löcher aber an unterschiedliche Orte verfrachtet, wo sie dann mit der Zeit zu ihren jeweiligen Kontakten wandern. Sind die Elektronen und die Löcher dort zumindest noch im thermischen Gleichgewicht mit sich selbst, kann man getrennte Ferminiveaus für Elektronen und Löcher einführen. Man nennt das dann Quasiferminiveaus (ǫ Fn und ǫ Fp ). Die Formeln für die Elektronen- und Löcherdichten lauten dann analog zu oben: n = N c e εc ε Fn k T p = N v e +εv ε Fp k T (5.58) Das Massenwirkungsgesetz Der Vollständigkeit halber hier noch die restlichen wichtigen Formeln im Zusammenhang mit intrinsischen Halbleitern. Zuerst ein guter Trick: Wir nehmen an, der Halbleiter sei undotiert und es gibt nur thermisch generierte Elektronen und Löcher. Wegen der Ladungsneutralität ist deren Dichte natürlich gleich. Jetzt berechnen wir das Produkt aus Elektronendichte und Löcherdichte und stellen fest: Hurra, es ist unabhängig von ε F und berechnet sich zu: ( ) 3 k T n p = 4 (m 2 π 2 e m h ) 3 2 e εg k T (5.59) Die Formel ist extrem praktisch, denn das Ferminiveau kennt man ja nicht, ganz im Gegenteil, man muss es erst ausrechnen. Jetzt kommt noch ein Trick, und zwar das sogenannte Massenwirkungsgesetz. Wenn obige Formel gilt, dann gilt sie immer, also auch für die intrinsischen Ladungsträgerkonzentrationen: ( ) 3 k T n i p i = 4 (m 2 π 2 e m h ) 3 2 e εg k T (5.60) Fasst man beides zusammen bekommt man ganz einfach: n i p i = n p (5.61)

152 136 KAPITEL 5. HALBLEITERSTATISTIK UND DOTIERUNG und wenn n i = p i dann ist n p = n 2 i (5.62) Diese Formel n p = n 2 i wird Massenwirkungsgesetz genannt, weil sie ganz genau gleich aussieht wie die Formel für die Dissoziation von Wasser aus der der Chemie. Man vergleiche: H 2 O = H + +OH (5.63) und für die Konzentrationen: [ ][ H + OH ] = k H2 O[H 2 O] = const. (5.64) Im Silizium wäre das dann sinngemäß und schlampig ausgedrückt: Si = p + +e (5.65) und für die Ladungsträgerkonzentrationen würde man dann schreiben: n p = n i p i = konstant (5.66) Mit dem Massenwirkungsgesetz kann man nun die intrinsischen Ladungsträgerkonzentrationen berechnen, ohne das Ferminiveau kennen zu müssen. Man bekommt: ( )3 k T 2 n i = p i = 2 (me m 2 π 2 h ) 3 4 e εg 2 k T (5.67) Oben hatten wir gesehen, dass auch gilt: n i = N c e εc ε Fi k T (5.68) und damit lässt sich das intrinsische Ferminiveau ebenfalls ausrechnen: ε Fi = ε c +ε v + 3 ( ) 2 4 k T ln mh m e (5.69) Zwei wichtige Punkte, die man sich unbedingt merken sollte: Das intrinsische Ferminiveau liegt immer in der Nähe der Mitte der Bandlücke. Und: Die Frage, wie viele Elektronen es bei einer bestimmten Energie gibt, wird immer durch das Produkt aus Zustandsdichte und Fermiverteilung bestimmt.

153 5.4. BESETZUNGSSTATISTIK VON DONATOREN UND AKZEPTOREN Ge Si GaAs Ladun ngsträgerdichte (cm -3 ) Temperatur (K) Temperatur (K) Temperatur (K) Abbildung 5.5: Intrinsische Ladungsträgerkonzentration in Ge, Si und GaAs als Funktion der Temperatur. (Bildquelle: Rudolf Gross, Achim Marx, Festkörperphysik, De Gruyter (2014)) (a) Si Si Si Si Si Si Si Si (b) Si Si Si Si Si Si Si Si e + Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si B - Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Si Leitungsband E g E a Valenzband E c E A E v Abbildung 5.6: (a) Schematische Darstellung der Wirkung eines Bor-Atoms in einem Si-Kristall. (b) Lage des Energieniveaus für den Grundzustand des Akzeptoratoms. (Bildquelle: Festkörperphysik, Rudolf Gross, Achim Marx, Oldenburg (2012))

154 138 KAPITEL 5. HALBLEITERSTATISTIK UND DOTIERUNG 5.4 Besetzungsstatistik von Donatoren und Akzeptoren Als nächstes wollen wir berechnen, wie es mit den Elektronenkonzentrationen in dotierten Halbleitern aussieht. Vorher zur Erinnerung nochmals die Ionisierungsenergie von Donatoren aus dem Wasserstoffmodell für Störstellen: E D = ε c e 4 m 2 (4 π ε) 2 2 = ε c 13.6eV ( ) m m e ( ε0 ε 0 ε r ) 2 (5.70) Für die effektive Masse die Leitfähigkeitsmasse und nicht die Zustandsdichtemasse nehmen! Für den Durchmesser einer Störstelle gilt dann mit der effektive Bohr Radius: Analoges gilt für Akzeptoren. a 0 = 4πǫ 0 2 m e e 2 (5.71) a eff = a 0 m e m ε r = 4πε 0 2 m e e 2 m e m ε r = 4πε 0ε r 2 m e 2 (5.72) Halt, Stop und Auszeit! In der obigen Formel wird zwar unauffällig und elegant einfach die effektive Masse verwendet, aber die ist ziemlich problematisch weil: Die effektiven Massen im Leitungsband und Valenzband unterschiedlich sind. Die effektiven Massen von der Kristallorientierung abhängen. Es durchaus mehrere effektive Massen gleichzeitig geben kann. Es noch dazu unterschiedliche Typen von effektiven Massen gibt. In der Praxis heißt das z. B., dass wegen der normalerweise größeren effektiven Masse der Löcher, die Akzeptoren immer eine höhere Ionisierungsenergie (E ion A = E A E v ) als die Donatoren (E ion D = E c E D ) haben. Ebenso sind die Ionisierungsenergien der Donatoren im Silizium wegen der deutlich größeren effektiven Masse viel höher als die Ionisierungsenergien der Donatoren im GaAs. Der Massenunterschied macht hier fast einen Faktor 4 aus. Dann beachten Sie bitte weiters, dass in der Formel für die Ionisierungsenergien für die effektive Masse die sogenannte Leitfähigkeitsmasse eingesetzt werden muss: 1 = 1 ( ) m cond 3 m 1 m 2 m 3 (5.73)

155 5.4. BESETZUNGSSTATISTIK VON DONATOREN UND AKZEPTOREN 139 und NICHT die Zustandsdichtemasse aus dem Kapitel über die Zustandsdichte: m dos = N 2/3 (m 1 m 2 m 3 ) 1 3 (5.74) Wie schaut das in Silizium aus? Wenn Sie mal nach vorne blättern und sich nochmals kurz die Abbildung 4.4 ansehen, werden Sie sehen, dass die effektive Masse für eine Elektronenbewegung senkrecht zur (100) Oberfläche (also in z-richtung das Substrat hinein) als longitudinale Masse bezeichnet wird, die Masse der Elektronen bei einer Bewegung parallel zur Oberfläche (in x-und y-richtung) ist die transversale Masse. Für Silizium ist m l = 0.91m 0 und m t = 0.19m 0, wobei die transversale Masse m t wegen der gleichwertigen x- und y-richtungen aber zweifach entartet ist. Die Leitfähigkeitsmasse, die wir in die Formel für die Ionisierungsenergie der Störstelle einsetzen müssen, berechnet sich damit zu: 1 = 1 ( ) m cond 3 m t m t m l Als Resultat bekommt man dann einen gemittelten Wert von 0.26m 0. (5.75) Werfen wir nochmals einen Blick auf den Bohrradius und bauen in die Formel für den Bohrradius die effektive (Leitfähigkeits-) Masse und die relative Dielektrizitätskonstante ein. Wir erhalten: r = 4πε 0ε r e 2 m n2 2 (5.76) Setzen wir mal ein paar Zahlen für Silizium ein: ε Si r = 12, die Leitfähigkeitsmasse der / Elektronen in Silizium ist 0.26m 0. ε Si r 0.26 = 46, d. h. der Bohrradius in Silizium ist 46 mal größer als der für Wasserstoff ( m). Heraus kommt dann ein Wert von m und das ist sogar viel größer als die Gitterkonstante im Siliziumkristall ( m). Das Elektron eines Donators ist also wie in Abbildung 3.16 dargestellt, wirklich eher eine größere Wolke um die Position des Donators (siehe Abbildung 3.16) und nicht nur ein punktförmiges Objekt. In dieser Elektronenwolke befinden sich dann natürlich eine ganze Menge von Si-Atomen. Hausaufgabe: Bitte abschätzen wie viele! Vergleicht man die mit dem Wasserstoffmodell berechneten Ionisierungsenergien mit den experimentellen Daten in Tabelle 5.7, stellt man fest, dass die Werte zwar qualitativ recht gut übereinstimmen, es aber manchmal recht kräftige quantitative Unterschiede gibt. Die wichtigsten Gründe hierfür sind: Eine anisotrope effektive Masse wie z. B. im Leitungsband von Silizium. Nicht-parabolische effektive Massen in Schmalbandhalbleitern wie InAs.

156 140 KAPITEL 5. HALBLEITERSTATISTIK UND DOTIERUNG Gemessene Ionisierungsenergien üblicher flacher Donatoren und Akzeptoren in Si Donator Ionisierungsenegie E D (ev) Akzeptor Ionisierungsenegie E A (ev) Wasserstoffmodell Wasserstoffmodell P B As AI Sb Ga Bi In Gemessene Ionisierungsenergien üblicher flacher Donatoren und Akzeptoren in GaAs Donator Ionisierungsenegie E D (ev) Akzeptor Ionisierungsenegie E A (ev) Wasserstoffmodell Wasserstoffmodell C C Si Si S Be Se Zn Abbildung 5.7: Ionisierungsenergien von typischen Donatoren und Akzeptoren. (Daten aus: B. G. Yacobi, Semiconductor Materials, An Introduction to Basic Principles, Springer Verlag und aus R. A. Faulkner, Werte von Donator- und Akzeptor- Ionisationsenergien. Theorie und Daten, Phys. Rev. 184, 713 (1969); A. Baldereschi, N. O. Lipari, Spherical Model of Shallow Acceptor States in Semiconductors, Phys. Rev. B8, 2697 (1973); D. Schechter, Theory of shallow acceptor states in Si and Ge, J. Phys. Chem. Solids 23, 237 (1962).)

157 5.4. BESETZUNGSSTATISTIK VON DONATOREN UND AKZEPTOREN 141 Die Tatsache, dass man einfach kein richtiges Coulombpotential mehr hat wie im Fall des abgeschirmten Coulombpotentials bei höheren Elektronendichten. Oder ganz simpel wegen des individuellen Einflusses der verschiedenen Donatoroder Akzeptoratome durch die unterschiedlichen Atomgrößen, oder durch die unterschiedliche elektronische Struktur in der Umgebung des Donators (Akzeptors). Man spricht hier von chemical shift. Mehr darüber finden Sie z. B. im Buch Sauer, Halbleiterphysik im Kapitel über die Effektive Massen Theorie (EMT). Jetzt kommt die Besetzungsstatistik, in Englisch occupation statistics für Donatoren und die ist leider etwas trickreich. An sich wollte ich mich wieder auf das Nötigste beschränken, das man z. B. im Buch von R. Sauer findet (Rolf Sauer, Halbleiterphysik Oldenburg Verlag, München, ISBN ). Leider wirft das, was dort steht, aber eher mehr Fragen auf als es erklärt und die meisten anderen Quellen sind auch nicht besser. Angeblich findet man etwas Erleuchtung zu diesem Thema laut dem Kollegen Singh im Buch seines Kollegen P. Misra, Physics of Condensed Matter, 1st Edition, Academic Press (2011), ISBN: , das ich aber leider nicht auftreiben konnte. Im Internet findet man aber nach intensiver Suche die gut versteckten KOMAlectures der Uni Basel ( 7.pdf) und dort gibt es zumindest ein wenig mehr Hintergrundinformation. Zunächst gehen wir analog vor wie bei der Berechnung der Elektronendichte. Wir nehmen die bekannte Formel n(e) = D(E) f(e)de und setzen aber die entsprechenden Donatordichten und Energien ein. Zur Berechnung der Dichte der besetzen Donatoren wird aus n(e) N 0 D, D(E) = N Dδ(E E D ) und damit bekommen wir nach Auswertung des Integrals: N 0 D N 0 D = N D f(e) (5.77) ist Anzahl der besetzten (also neutralen) Donatorzustände bei endlicher Temperatur, N D die Anzahl aller Donatoren, und f(e) die Fermiverteilung. So bekommen wir für die Besetzungsstatistik f D : f D = N0 D N D = e(ε D ε F) k T +1 (5.78) Der Faktor 1/2 wurde künstlich dazugewürgt und stammt aus der zweifachen Spin- Entartung des Donatorzustandes. Damit haben wir auch schon das erste Problem: Pro Donatoratom gibt es bekannterweise ja nur ein Elektron, aber trotzdem passen doch zwei Elektronen in den Zustand? Dass sich das elektrostatisch ausgeht und

158 142 KAPITEL 5. HALBLEITERSTATISTIK UND DOTIERUNG sich die Elektronen nicht gegenseitig verdrängen wundert schon sehr. Weiter unten sieht man dann, dass in einen Akzeptorzustand sogar vier Löcher hineinpassen und das versteht man intuitiv wirklich nicht mehr. Im KOMA-Skript der Uni Basel findet man zur Erklärung dann sinngemäß folgendes:... Qualitativ ausgedrückt ist es dem Donator völlig wurscht ob ein Spin-up oder ein Spin-down Elektron daherkommt, der nimmt beide und deshalb ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Donator inklusive Spin besetzt wird, höher als in der Betrachtung ohne Spin. Aber Vorsicht, die Besetzungsstatistik für Donatoren und Akzeptoren ist keine (!) einfache Fermistatistik mit Spinentartung, die sieht nur so aus, und mit genügend komplizierter Thermodynamik kann man zeigen, dass das alles wirklich stimmt... Glauben wir das erst einmal. Mit Hilfe von f D wird nun die Anzahl der Elektronen die an einen Donator gebunden sind, oder in anderen Worten die Konzentration der neutralen Donatoren, so berechnet: N 0 D = N D 1 D ε F 2 eε kt +1 2N D e ε D ε F k T (5.79) Die Konzentration der ionisierten Donatoren ist ND = N D ND 0 und berechnet sich nach kurzer Umformung zu (Vorsicht, jetzt positives Vorzeichen im Exponenten!!): N D = N D 2e ε D ε F kt N D e + ε D ε F k T (5.80) Die Anzahl der Löcher, die an einen Akzeptor gebunden sind, oder in anderen Worten die Konzentration der neutralen Akzeptoren, ist: N 0 A = N A 1 4 e (ε A ε F) k T +1 4N A e +(ε A ε F ) k T (5.81) Die Konzentration der ionisierten Akzeptoren ist NA = N A N + A und berechnet sich nach kurzer Umformung zu (Vorsicht, jetzt negatives Vorzeichen im Exponenten!!): N A = N A 4e +ε A ε F kt N A e ε D ε F k T (5.82) Der Faktor 1/4 kommt davon, dass das Akzeptorniveau zweifach entartet ist und man es im Valenzband mit heavy holes und light holes und der Spinentartung zu tun hat. Das ist plausibel, denn zwei unterschiedliche Massen liefern zwei unterschiedliche Energieniveaus und somit hat man keinen Ärger mit dem Herrn Pauli. Reinpassen in den Akzeptor tut aber genau wie oben nur ein Loch und nicht zwei oder gar vier. Hinweis: Die Literatur scheint hier uneinheitlich zu sein. Selbst im Buch von Rolf Sauer,

159 5.4. BESETZUNGSSTATISTIK VON DONATOREN UND AKZEPTOREN 143 Halbleiterphysik, Oldenburg Verlag (2009) wird darauf hingewiesen, dass man statt 1/4 manchmal andere Werte findet. So, jetzt geht es richtig ans Eingemachte: Weiter oben bei den Zustandsdichtemassen hatten wir doch gelernt, dass man die Valleyentartung (in Silizium =6) mitnehmen sollte. Wieso braucht man das hier bei den Störstellen nicht? Nachdem ich weder im Internet noch in irgendeinem Buch etwas Gegenteiliges zu diesem Thema gefunden habe, nehmen wir mal an, die Aussage sei richtig (ein Publikumsjoker sozusagen). Was man aber hier und da findet, ist die Aussage: Ein Donator ist ein im Ortsraum stark lokalisierter Zustand. Das ist gut, denn dann ist er im k-raum ein (1) extrem delokalisierter Zustand, der im E(k) Diagramm eine Gerade quer durch das ganze Diagramm mit all seinen Tälern darstellt. Die Valley-Entartung interessiert damit nicht mehr. Im Valenzband hat man zwei effektive Massen und damit zwei (2) verschiedene Zustände und die muss man natürlich schon mitnehmen. Hausaufgabe also: Unschärferelation nehmen, für x den Bohrradius einsetzen und sehen, ob sich die Delokalisierung für die erste Brillouinzone ausgeht. Nach dem ganzen Blabla von oben sieht die Ladungsneutralität dann schließlich so aus (Hinweis: Ionisierte Akzeptoren sind negativ, ionisierte Donatoren sind positiv geladen): Mit eingesetzten Formeln bekommt man: ( N c exp E ) c E F kt + (n+n A ) = (p+n D ) (5.83) N A 4exp ( + E A E F kt ( ) = N v exp + E ) v E F + +1 kt N D 1+2exp ( E D E F ) kt (5.84) Zur Berechnung des Ferminiveaus muss diese implizite Gleichung für E F mit dem Computer gelöst werden. Für entartete Halbleiter (entartet: Das Ferminiveau liegt über der Leitungsbandkante) bietet der Sze zwei praktische Näherungen für das Ferminiveau: E F E c kt [ ( ( )] n ln )+2 3/2 N c nnc (5.85) und E v E c kt [ ( ( )] p ln )+2 3/2 N v pnv (5.86) Später im Kapitel über C(V) Kurven in MOS Systemen werden wir diese Formeln dringend brauchen.

160 ( c 3 ) 144 KAPITEL 5. HALBLEITERSTATISTIK UND DOTIERUNG TEMPERATUR (K) Si L EKTRO n m E NENEDICHTE Intrinsischer Bereich N d = cm 2 Sättigungsbereich Freeze-out N d = cm 3 n i /T (K 1 ) Abbildung 5.8: Elektronendichte als Funktion der inversen Temperatur für Silizium mit einer Dotierung von cm 3 und cm 3. Die zugehörige Lage des Ferminiveaus ist ebenfalls eingezeichnet. (Bildquelle: Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design (Springer 2007) Zurück zur Ladungsträgerkonzentration: Ist E F für eine gegebene Temperatur und Dotierung gefunden, so berechnet sich die Elektronenkonzentration ganz einfach zu: Die analoge Formel für die Löcher ist: n = N c exp( E c E F kt p = N v exp(+ E v E F kt ) (5.87) ) (5.88) Zur Illustration der Lage zeigt Abbildung 5.8 die Elektronendichte als Funktion der inversen Temperatur für Silizium mit einer Dotierung von cm 3. Für genügend hohe Temperaturen verhält sich jeder Halbleiter intrinsisch und die Dotierung spielt keine Rolle. Für mittlere Temperaturen befinden wir uns im saturation range und die Ladungsträgerkonzentration entspricht in etwa der Dotierung und ist somit konstant. Bei tiefen Temperaturen beginnen die Ladungsträger auszufrieren, erkennbar an der Steigung E D /2 in Abbildung 5.8. Mehr Details dazu finden sich im Buch von Rolf Sauer, Halbleiterphysik, Oldenburg Verlag (2009), Kapitel Besetzungsstatistik. Als Vorgeschmack dazu zeigt Abbildung 5.9 zumindest die Elektronendichte und die Lage des Ferminiveaus als Funktion der inversen Temperatur für kompensiertes Silizium mit ei-

161 5.5. HÖHER DOTIERTE HALBLEITER 145 ner n-typ Dotierung von cm 3 und verschiedenen zusätzlichen Konzentrationen von Akzeptoren. 5.5 Höher dotierte Halbleiter Bei höheren Dotierungen treten einige Effekte auf, die hier nur kurz erwähnt werden sollen: Der Mott-Übergang: (Mott - transition) : Ab einer gewissen Dotierung N crit wird der Abstand der Donatoren zueinander kleiner als der effektive Bohr-Radius (a eff ) der Störstelle. Dieser Bereich wird als Mott-Übergang bezeichnet. Überlappen sich die Ausdehnungen der Störstellen führt das zu einem Störstellenband und zu Stromleitung selbst bei T=0K. Dieses Phänomen ist auch unter dem Begriff hopping transport bekannt. Die Störstellenkonzentration am Mott-Übergang bekommt man aus folgender Überlegung: Am Mott-Übergang kann man sich die Donatoren als Kugeln vorstellen, welche beginnen sich zu berühren und damit den ganzen Kristall ausfüllen. Also gilt (V D : Volumen der Störstelle): N crit = 1 V D = 1 (4π/3) a 3 eff (5.89) N crit = 3 ( ) m e 2 3 (5.90) 4π 4πε r ε 0 2 Die Ionisierungsenergie der Donatoren sinkt durch Abschirmeffekte (semiempirische Formel): E D = E D0 [ 1 ( ND N Crit ] )1 3 (5.91) Dann gibt es noch das Absinken des Leitungsbandes durch e e Wechselwirkung (semi-empirische Formel): ( ε c = ε c0 1, p 1 3 +n 1 3 ) ev (5.92) Band Tailoring Effects : Darunter versteht man eine Verschmierung der Leitungsbandkante in Richtung Bandmitte bei hohen Dotierungen (siehe Abbildung 5.10)

162 146 KAPITEL 5. HALBLEITERSTATISTIK UND DOTIERUNG Steigung E d/2 Steigung E d Abbildung 5.9: Oben: Elektronendichte als Funktion der inversen Temperatur für Silizium mit einer n-typ Dotierung von cm 3 und verschiedenen zusätzlichen Konzentrationen von Akzeptoren ( kompensierter Halbleiter ). Unten: Zugehörige Lage das Ferminiveaus. (Bildquelle: Rolf Sauer, Halbleiterphysik, Oldenburg Verlag (2009)). D(E) D(Ev) band tailoring effects D(Ec) Abbildung 5.10: Band tailoring effects in hoch dotierten Halbleitern. (Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet.) E

163 Kapitel 6 Der pn-übergang und seine Freunde 6.1 Der pn-übergang und die eingebaute Spannung Der ganze Halbleiterstatistik Kram ist nur scheinbar langweilig, denn er ermöglicht es uns, auf einfache Weise die eingebaute Spannung (=Durchlassspannung) moder genauer und auf Englisch gesagt, die built in voltage einer Diode zu berechnen. Ohne pn- Übergänge geht in der Elektronik gar nichts. Keine Dioden, keine Transistoren, keine regelbaren Kapazitäten, keine Solarzellen, keine Laser und am allerschlimmsten, keine Mobiltelefone, keine Computer, keine freizeitorientierten Internetseiten und auch kein Counterstrike und sonstige Ballerspiele (Hausaufgabe: Mailen Sie mir bitte, welches Computerspiel gerade besonders in ist, damit ich mein Skriptum up to date halten kann.) Sich als Elektrotechniker etwas Halbwissen über den pn-übergang anzueignen, ist also durchaus angebracht und dazu schauen wir mal auf die Abbildung 6.1 (b). Beginnen wir mit einem p-typ und n-typ Halbleiter, die wir einfach nebeneinander auf den Tisch legen (siehe Abbildung 6.1 (a)). Im p-gebiet liegt das Ferminiveau knapp oberhalb der Valenzbandkante, im n-gebiet knapp unterhalb des Leitungsbandes. Die Elektronenaffinität eχ ist die Energiedifferenz zwischen dem Leitungsband und dem Vakuumniveau. Die Austrittsarbeit ( work function ) (eφ sp odereφ sn ) ist definiert als die Energiedifferenz zwischen Ferminiveau und dem Vakuum Niveau. Jetzt schauen wir was passiert, wenn wir diese p- und n-dotierten Halbleiterstücke zusammenkleben. Als Regel dafür gilt: Das Ferminiveau im Gleichgewicht muss quer durch die Probe konstant sein, anderenfalls fließt Strom und wir hätten ein Perpetuum Mobile. Betrachten wir nun Abbildung 6.1 (b), die den Bandverlauf eines fertigen pn- Übergangs zeigt. Um diese Situation mit konstantem Ferminiveau zu erreichen, müssen 147

164 KAPITEL 6. DER PN-ÜBERGANG UND SEINE FREUNDE (a) E vac E vac eχ eφ sn eχ E c E Fn eφ sp E c E Fp E + + v E v Elektronendichte, Löcherdichte, p n n n Löcherdichte, p p Elektronendichte, n p (b) Raummladungszone E vac E vac Verarmungszone, keine freien Ladungsträger! E c E c Elektronen Löcher + konstantes Ferminiveau E v E v + + w n wp x=0 n-type p-type Gebiet 0 Gebiet I Gebiet II Gebiet III Abbildung 6.1: Formation eines pn-übergangs. (a): Die p- und n-gebiete vor der Formation des Übergangs. Im p-gebiet liegt das Ferminiveau knapp oberhalb der Valenzbandkante, im n-gebiet knapp unterhalb des Leitungsbandes. Die Elektronenaffinitäten eχ und Austrittsarbeiten eφ sp und eφ sn, sowie das Ferminiveau sind ebenfalls eingezeichnet. (b): Bandprofil des fertigen pn-übergangs inklusive Vakuumniveau. Die Bandlücke ist überall die gleiche und, wichtig, Valenzband und Leitungsband verlaufen immer parallel. (Bildquelle: Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design (Springer 2007))

165 6.1. DER PN-ÜBERGANG UND DIE EINGEBAUTE SPANNUNG 149 zumindest kurzfristig Elektronen ins p-gebiet und Löcher ins n-gebiet übertreten. Zurück bleiben die ionisierten Donatoren und Akzeptoren, die aber langsam ein Gegenfeld aufbauen, solange, bis das Ferminiveau in beiden Gebieten gleich hoch liegt. In dieser Übergangszone verlaufen Valenzband und Leitungsband verlaufen immer parallel und auch die Bandlücke ist überall die gleiche. Im Gebiet der ionisierten Donatoren (positiv geladen) und Akzeptoren (negativ geladen) gibt es keine freien Ladungsträger mehr. Die Ladungen dort sind alle ortsfest und man spricht daher von einer Raumladungszone oder auch Verarmungszone ( depletion zone ), die einen Isolator darstellt. Das elektrische Feld in der Raumladungszone sorgt dafür, dass alle zufällig in der Verarmungszone generierten Ladungsträger, sei es thermisch, oder durch Licht, oder sonst wie, sofort wieder hinausbefördert werden und die Zone isolierend bleibt. Schauen wir nochmals auf Abbildung 6.1 (b): In der p-typ Region rechts ist alles neutral und die Bänder sind flach. Die Dichte der ionisierten Akzeptoren ist genau gleich hoch wie die Löcherkonzentration. In der n-typ Region ganz links herrschen genau die gleichen Verhältnisse und die Elektronenkonzentration ist genau gleich hoch wie die Konzentration der ionisierten Donatoren. Im Bereich der Raumladungszone in der Mitte sind die Bänder verbogen. Freie Ladungsträger gibt es keine und die Bandverbiegung stammt ausschließlich von der Elektrostatik der ortsfesten Raumladungen. Die Verarmungszonen erstrecken sich sowohl in das n- als auch in das p-gebiet. Die jeweilige Breite der Verarmungszone wird mit w n und w p bezeichnet. Nun wollen wir das elektrische Feld, die eingebaute Spannung und vor allem die Breite der Raumladungszone ausrechnen. Wie Sie sehen werden, ist das keine Beschäftigungstherapie sondern wichtig, denn die Breite der Raumladungszone in einer Diode hängt von diversen Parametern wie der Dotierung und der angelegten Spannung ab. Damit lassen sich spannungsgesteuerte Kondensatoren realisieren oder es lässt sich umgekehrt durch Messung der Kapazität die Dotierung in der Diode ausrechnen. Vorher brauchen wir aber noch ein paar vereinfachende Annahmen: Die dotierten Gebiete seien homogen dotiert und der Übergang sei abrupt und atomar glatt.

166 KAPITEL 6. DER PN-ÜBERGANG UND SEINE FREUNDE neutrale n-regiion neutrale p-region x=0 w n w n +w p positiv geladene Region negativ geladene Region elektrisches Feld für Elektronen Abbildung 6.2: Das Gebiet eines pn-übergangs ohne angelegte Spannung. Wichtig: In der n-region bleiben positiv geladene Donatoren zurück, in der p-region negativ geladene Akzeptoren. Elektronen im linken Gebiet sehen also ein elektrisches Gegenfeld. (Bildquelle: Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design (Springer 2007)) Mobile Ladungsträger in der Raumladungszone gebe es keine, bzw. sei deren Dichte vernachlässigbar. Diese Annahme ist als Verarmungsnäherung oder depletion approximation bekannt. Es fließt keinerlei Strom und selbst wenn zufällig einer fließen sollte, so löschen sich Elektronen und Löcherstrom per Rekombination sofort gegenseitig aus Berechnung der eingebauten Spannung mittels Halbleiterstatistik Um die eingebaute Spannung, oder auf Englisch built in voltage, auszurechnen, haben wir jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder wir verwenden die Halbleiterstatistik, oder wir benutzen die Verarmungsnäherung und die Poisson Gleichung. Sehen wir was dabei heraus kommt und beginnen wir mit der Halbleiterstatistik. Die eingebaute Spannung lässt sich ausrechnen durch: ev bi = E g (E c E F ) n (E F E v ) p (6.1)

167 6.1. DER PN-ÜBERGANG UND DIE EINGEBAUTE SPANNUNG 151 Mit der Boltzmann Näherung im n-gebiet ( n n0 = N c exp (E ) c E F ) n k B T bekommt man für das Ferminiveau: (E c E F ) n = k B T ln ( nn0 N c ) (6.2) (6.3) wobei n n0 die Elektronendichte auf der n-seite des Bauteils bezeichnet. Wenn wir annehmen, dass alle Donatoren ionisiert sind gilt: n n0 = N D (6.4) Für das p-gebiet gilt dann ganz analog (E F E v ) n = k B T ln ( pp0 mit p p0 der Löcherdichte im p-gebiet. Sind alle Akzeptoren ionisiert gilt: N v ) (6.5) und man erhält für die eingebaute Spannung die Formel: ( ) nn0 p p0 ev bi = E g +k B T ln N c N v Um E g loszuwerden verwenden wir nun die Formel für n 2 i : ( n 2 i = N c N v exp E ) g k B T umgeformt auf E g liefert das: p p0 = N A (6.6) ( ) n 2 E g = k B T ln i N c N v Nun setzen wir alles ein und wir bekommen: ( ) nn0 p p0 ev bi = k B T ln oder mit n n0 = N D und p p0 = N A : ( ) ND N A ev bi = k B T ln n 2 i n 2 i (6.7) (6.8) (6.9) (6.10) (6.11) Nachdem wir jetzt die eingebaute Spannung aus der Dotierung ausrechnen können, brauchen wir noch die Breite der Raumladungszone.

168 152 KAPITEL 6. DER PN-ÜBERGANG UND SEINE FREUNDE Berechnung der Raumladungszone mit der Poisson Gleichung Berechnen wir nun die eingebaute Spannung mit Hilfe der Poisson Gleichung. Zunächst brauchen wir einmal die Poisson Gleichungen für die jeweiligen Gebiete 0, I, II und III, siehe Abbildung 6.1 (b). Jetzt aber Vorsicht und genau hinschauen. Für diese Herleitung wurde der Nullpunkt absichtlich, und nicht wie allgemein üblich, in der Mitte der Raumladungszone gewählt, sondern links am Anfang der Raumladungszone. Ich sage jetzt mal, das macht die Rechnung einfacher und durchschaubarer. Im Gebiet 0 gilt: Gebiet I: Gebiet II: d 2 V (x) dx 2 = 0 ( < x < 0) (6.12) d 2 V (x) dx 2 d 2 V (x) dx 2 = +e N D εε 0 (0 < x < w n ) (6.13) = e N A εε 0 (w n < x < w n +w p ) (6.14) Im Basketball oder Eishockey würde man jetzt sagen, wir brauchen dringend eine Auszeit. Schauen Sie doch bitte nochmal genau hin was da für das Gebiet I steht, nämlich!!+!!e N D εε 0 und das ist genau das Gegenteil zu dem, was man gerne in Wikipedia oder sonst wo findet, weil da steht immer ein!!. Des Rätsels Lösung: Bei den üblichen Problemen betrachtet man immer ein Elektron, welches auf eine positive Ladung geschoben wird, oder umgekehrt. Wir haben aber das Problem, dass wir in der Raumladungszone ausschließlich gleiche Ladungsträger auf einen Haufen packen müssen und daher kommt das umgekehrte Vorzeichen. Rechnen Sie nach, wenn Sie das nicht so machen, bekommen Sie nicht die Bildchen, die man in den üblichen Halbleiterbüchern sieht. Zurück zum eigentlichen Problem. Im Gebiet 0 galt: d 2 V (x) dx 2 = 0 ( < x < 0) (6.15) Die Lösung ist einfach, denn man braucht nur zweimal integrieren und bekommt: dv (x) dx = 0x+a (6.16) V (x) = ax+b (6.17) Jetzt braucht es vernünftige Randbedingungen und die heißen: V(x) = 0 überall im Gebiet 0 und das elektrische Feld soll auch Null sein, also dv(x) = 0. Damit ist die dx

169 6.1. DER PN-ÜBERGANG UND DIE EINGEBAUTE SPANNUNG 153 pn-struktur n-typ p-typ w n w n +w p Ladungsdichte Ladungsneutralität in der Verarmungszone: w p N a = w n N d x 0 w n w n +w p E Elektrisches Feld Maximum des elekrischen Feldes am pn-übergang x 0 w n w n +w p Abbildung 6.3: pn-übergang, Ladungsverteilung und das elektrische Feld in der Verarmungszone. (Bildquelle: Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design (Springer 2007))

170 154 KAPITEL 6. DER PN-ÜBERGANG UND SEINE FREUNDE Lösung im Gebiet 0 einfach flächendeckend gleich Null. Gehen wir zur Lösung des Problems im Gebiet I. Die Gleichung lautet: d 2 V (x) dx 2 = +e N D εε 0 (6.18) Wieder braucht man nur zweimal integrieren und man bekommt: V (x) = +e N D 2εε 0 x 2 +cx+d (6.19) c und d sind irgendwelche Integrationskonstanten, die wir aus den Rand- und Anfangsbedingungen bekommen. Diese lauten wegen der gewählten Verhältnisse im Gebiet 0: Links der Raumladungszone gibt es kein elektrisches Feld (E = dϕ ) und das Potential sei Null. Jetzt hilft uns die geschickte Wahl des Koordinatennullpunkts, denn dx man erhält, dass c und d im Gebiet I Null sein müssen. Also bekommt man für das Potential im Gebiet I: Φ I = en D 2εε 0 x 2 (6.20) Φ I (w n ) = en D 2εε 0 w 2 n (6.21) Im Gebiet II beginnt das Spiel von Neuem und die Lösung für das Potential lautet auch hier: Φ II = en A 2εε 0 (x w n ) 2 +c 2 (x w n )+d 2 (6.22) Vorsicht, der Koordinatenursprung muss korrekt gewählt werden und deswegen steht hier (x w n ) und nicht nur x. Dann brauchen wir noch die üblichen Anpassbedingungen, nämlich die Stetigkeit des Potentials und dessen Ableitung bei w n (die Dielektrizitätskonstante ist überall die gleiche). Φ I wn = Φ II wn (6.23) dφ I dx = dφii wn dx (6.24) wn Aus der Stetigkeit der Ableitungen bei x = w n bekommen wir: en D εε 0 w n = en A εε 0 (w n w n )+c 2 (6.25) c 2 = en D εε 0 w n (6.26)

171 6.1. DER PN-ÜBERGANG UND DIE EINGEBAUTE SPANNUNG 155 Die Stetigkeit des Potentials bei x = w n liefert: und weil Φ II (x w n ) 2 ist, haben wir schließlich: Φ I w n = Φ II w n (6.27) en D 2εε 0 w 2 p = d 2 (6.28) Alle Integrationskonstanten sind nun bekannt und wir können somit die eingebaute Spannung ausrechnen, die einfach das Potential an der Stelle x = w n + w p darstellt, also: Nun alles einsetzen: V Bi = Φ II (w n +w p ) (6.29) V Bi = en A 2εε 0 (w n +w p w n ) 2 + en D εε 0 w n (w n +w p w n )+ en D 2εε 0 w 2 n (6.30) Man kann hier so einiges vereinfachen: V Bi = en A 2εε 0 (w p ) 2 + en D εε 0 w n (w p )+ en D 2εε 0 w 2 n (6.31) Die Formel für die Ladungsneutralität ist auch recht hilfreich. A ist die Querschnittsfläche des pn-übergangs und N A und N D sind die jeweiligen Dotierungen. Damit ergibt sich: AN D w n = AN A w p (6.32) w n = N Aw p N D (6.33) Jetzt nochmal alles einsetzen und durchkürzen: V Bi = en A 2εε 0 (w p ) 2 + en D εε 0 N A w p N D (w p )+ en D 2εε 0 (w n ) 2 (6.34) V Bi = en A wp 2 + en Aw p w p + en D wn 2 (6.35) 2εε 0 εε 0 2εε 0 Und am Ende erhalten wir, was Sie auch in anderen Büchern finden können, nämlich: V Bi = en A 2εε 0 w 2 p + en D 2εε 0 w 2 n (6.36) aus Gleichung 6.33 einset- oder, wenn wir nochmal die Ladungsneutralität w p = N Dw n N A zen: ( ND w n V Bi = en A 2εε 0 N A ) 2 + en D 2εε 0 w 2 n (6.37)

172 156 KAPITEL 6. DER PN-ÜBERGANG UND SEINE FREUNDE oder: V Bi = en A wp 2 2εε + en ( ) 2 D NA w p (6.38) 0 2εε 0 N D Weiter oben hatten wir mit Hilfe der Halbleiterstatistik berechnet dass: ( ) ND N A ev bi = k B T ln n 2 i (6.39) Hiermit sind wir fertig und können aus der Dotierung die eingebaute Spannung V bi ausrechnen und mit Hilfe von ev bi auch die Breite der einzelnen Raumladungszonen bestimmen. Hausaufgabe: Bitte den Taschenrechner nehmen, einsetzen und schauen was für eine Dicke der Raumladungszonen für eine mittlere Dotierung von N A = N D = cm 3 herauskommt. 6.2 Dotierungsbestimmungen auf Schottky-Dioden CV-Kurven und Dotierungsbestimmungen Schauen wir uns den pn-übergang einmal als Kondensator an. Die Raumladungszone ist komplett isolierend und enthält keine freien Ladungsträger. Die Kapazität ist also: C RLZ = ε 0ε r A w n +w p (6.40) Legt man eine Spannung in Durchlassrichtung an (positive Spannung am p-gebiet damit die Raumladungszone kleiner wird), so gilt dann V Bi V = en A 2εε 0 (w p (V)) 2 + en D 2εε 0 ( wn (V) 2) (6.41) wobei sich natürlich die Breite der Raumladungszonen ändert. Damit ändert sich aber auch die Kapazität in Abhängigkeit von der Spannung und wir haben damit einen spannungsgesteuerten Kondensator und das ist praktisch, nur die zugehörigen Formeln sind es nicht. Machen wir uns das Leben leichter und nehmen an wir hätten eine Diode mit einem extrem hochdotierten p-gebiet, eine sogenannte n p ++ Diode. n p ++ Dioden sind aber wieder der Grenzfall der Schottky-Diode, einem Halbleiter-Metall Übergang. Alles bleibt genau gleich wie früher, nur kann man jetztw p = 0 setzen und aus der eingebauten Spannung wird die Barrierenhöhe V b. Hinweis: In einem p ++ Halbleiter verhält sich das Valenzband metallisch, denn es ist ziemlich voll mit Elektronen, bis zur Valenzbandkante ist aber hinreichend Platz.

173 6.2. DOTIERUNGSBESTIMMUNGEN AUF SCHOTTKY-DIODEN 157 Schauen wir uns nun den Potentialverlauf eines Schottky-Kontakts im Leitungsband eines n-typ Halbleiters an. Wir setzen voraus, dass das Potential (= die Schottky- Barrierenhöhe) an der Halbleiteroberfläche irgendeinen materialabhängigen Wert V b haben soll. Für die Poisson Gleichung bekommt man, wenn man annimmt, dass es in der Raumladungszone nur ionisierte Donatoren mit der räumlich konstanten Dichte N D und keine beweglichen Ladungsträger gibt ( depletion approximation ): φ(z) = +en D (z) ε r ε 0 (6.42) Das + kommt von den positiv geladenen Donatoratomen. Jetzt wird die Poisson Gleichung zweimal integriert und man erhält mit den Anfangsbedingungen Potential = Null und Feld = Null bei z=0: Wir lösen nun nach d auf und erhalten: ϕ(z) = en D d2 2ε 0 ε r (6.43) d = V b 2ε r ε 0 N D e (6.44) wobei d die Dicke der Raumladungszone ist. Als Faustregel für die Schottky-Barriere gilt das sogenannte midgap-pinning auf nackten Oberflächen z.b. GaAs (100): mit Metall auf dem Halbleiter gilt: ev b E g 2 0.7eV (6.45) ev b für Au auf n-gaas 0.9eV ev b für Fe auf n-gaas 1eV Hat man die Dicke der Raumladungszone berechnet, erhält man mit dem Plattenkondensatormodell ganz einfach die zugehörige Kapazität. C = ε r ε 0 A/d = ε r ε 0 A/ Mit extern angelegter Spannung wird die Formel zu: C(V) = ε r ε 0 A/d = ε r ε 0 A/ V b 2ε r ε 0 N D e (6.46) (V b V) 2ε rε 0 N D e (6.47)

174 158 KAPITEL 6. DER PN-ÜBERGANG UND SEINE FREUNDE (a) Kapazität (ff) Diodendurchmesser 3µm Sperrbereich I (ua) C(fF) Spannung (V) 0 I (ua) (b) 1/C /(C-bg)2 linear fit V b =0.9V Sperrbereich 1/C2 (Rohdaten) ohne Streukapazität 0.02 N D =3.3 E17 cm Spannung (V) mit Streukapazität Abbildung 6.4: (a) I(V) und C(V) Kurven einer scheibenförmigen Schottky-Diode auf Si mit einem Durchmesser von 3 µm. (b) Zugehöriger 1/C 2 - Plot mit und ohne Korrektur der Hintergrundkapazität. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet.) Hinweis: Hier muss man, vor allem wenn man die Formeln programmiert, aufpassen ob es sich um Potentiale oder Energien in Einheiten von ev handelt. Die Barrierenhöhe ist ein Potential, die Bandlücke eine Energie. Gut verwenden lassen sich solche C(V) Kurven zur Bestimmung der Dotierung. Man plottet einfach das gemessene 1/C 2 über der Spannung V und erhält aus der Steigung dieser Geraden die Dotierung im Halbleiter und aus dem Achsenabschnitt die Barrierenhöhe. Abbildung 6.4 zeigt eine solche Auswertung. Abbildung 6.4 (a) zeigt die I(V) und C(V) Kurve einer scheibenförmigen Schottky-Diode auf Si mit einem Durchmesser von 3 µm. Man beachte, dass nur der Sperrbereich zur Bestimmung der Dotierung genutzt werden kann. Wie man in Abbildung 6.4 (b) erkennen kann, ist der 1/C 2 - Plot der Rohdaten auch im Sperrbereich nicht wirklich linear. Erst nach Abzug einer Streukapazität (1fF) bekommt man ein wirklich lineares Verhalten. Die Ursache für den großen Einfluss der Streukapazität liegt in der Kleinheit der Dioden (10f F bei V = 0V ). Das Beispiel wurde absichtlich gewählt, um zu zeigen in welche Schwierigkeiten man bei Messungen kleiner Kapazitäten z.b. mit dem Scanning Microwave Microscope gelangen kann. Makroskopische Dioden mit Kapazitäten im nf Bereich haben solche Probleme nicht C(V)-Tiefenprofile C(V) Messungen eignen sich auch bestens zur Bestimmung eines Tiefenprofils der Probendotierung und wir folgen dazu den Ideen von P. Blood, Capacitance-voltage profiling

175 6.2. DOTIERUNGSBESTIMMUNGEN AUF SCHOTTKY-DIODEN 159 and the characterisation of III-V semiconductors using electrolyte barriers, Semicond. Sci. Technol. 1, 7, (1986). C(V)-Tiefenprofile funktionieren gut entweder auf Schottky-Kontakten oder auf einem MOS System mit dünnem Oxid, bei dem der Spannungsabfall im Oxid vernachlässigt werden kann. Betrachten wir hier den Fall des Schottky-Kontakts. Die Poisson Gleichung lautet: 2 φ z = eρ(z)/ε rε 2 0 (6.48) Wenn die Ladungsdichte nicht vom Potential abhängt, braucht man zur Lösung der Gleichung diese, wie immer, nur zweimal zu integrieren. Vorher noch ein Hinweis zu den Integrationsgrenzen: Die Probe sei beliebig dick und das Substrat beginnt bei. φ(z) φ( ) = e z z ρ(z / )dz / dz (6.49) ε r ε 0 Umsteigen auf partielle Integrale hilft noch ein bisschen weiter. Wir erinnern uns an etwas Mathe aus dem Gymnasium, der AHS, oder der HTL: f / (z)g(z)dz =f(z)g(z) f(z)g / (z)dz (6.50) und erhalten mit f / (z) = 1 und g(z) = ρ(z)dz: φ(z) φ( ) = e z ε r ε 0 z/ ρ(z / )dz / z zρ(z)dz (6.51) In jeder beliebigen realen Halbleiterprobe ist ohne angelegte äußere Spannung die Gesamtladung Null. Wegen dieser Ladungsneutralität ist der erste Term in obiger Gleichung (also das Integral über die Ladungsdichte) ebenfalls Null und fällt weg. Es bleibt also nur: φ(z) φ( ) = + e ε r ε 0 z zρ(z)dz (6.52) Legen wir nun eine kleine Spannung dv an unseren Schottky-Kontakt an, welche das Raumladungsprofil um dρ(z) ein wenig ändert. Die zugehörige Ladungsänderung in unserer Probe (Vorsicht Q ist eine Flächenladungsdichte) ist dann: z Q = e dρ(z)dz (6.53)

176 160 KAPITEL 6. DER PN-ÜBERGANG UND SEINE FREUNDE Umgerechnet auf V bekommt man: V = e ε r ε 0 z zdρ(z)dz (6.54) Mit diesen Formeln kann man nun zur Bestimmung eines Dotierprofils schreiten. Wir legen die Probenoberfläche willkürlich an die Stelle z = 0 und nehmen an, die Raumladungszone sei bis in eine Tiefe von z d ausgedehnt. Dort herrsche die Dotierung N(z d ). Durch eine kleine Spannungsänderung wird in der Tiefe z d das Ladungsprofil ein wenig geändert. dρ(z) werden wir also mit Hilfe einer δ-funktion intelligenterweise so anschreiben: dρ(z) = N(z)δ(z z d ) z d (6.55) Nach Einsetzen und Ausrechnen des Integrals bekommt man dann für den Zusammenhang zwischen der Spannungsänderung V und der Änderung der Tiefe der Raumladungszone z d : V = e ε r ε 0 z d N(z d ) z d (6.56) Noch ein bisschen an der Kapazität herumdifferenzieren liefert: ( )( ) C C V = zd z d V (6.57) C V = ε rε 0 A ε r ε 0 zd 2 ez d N(z d ) (6.58) Im Nenner erkennt man in Summe ein zd 3, das man aber mit der Formel für den Plattenkondensator C = ε r ε 0 A/z d in ein C 3 im Zähler umschreiben kann: C V = ε rε 0 A ε r ε 0 zd 2 ez d N(z d ) εrε 0 A 2 ε r ε 0 A = C 3 2 eε r ε 0 A 2 N(z d ) (6.59) Umformen auf N(z d ) liefert: N(z d ) = C3 eε r ε 0 A 2 ( ) 1 C (6.60) V Durch eine Auswertung der gemessenen C(V) Kurve gemäß obiger Formel bekommt man dann direkt das Tiefenprofil der Dotierung.

177 6.3. JFETS UND MESFETS JFETs und MESFETs Mit steuerbaren Raumladungszonen lassen sich nicht nur steuerbare Kondensatoren bauen, sondern auch recht praktische Transistoren, sogenannte JFETs und MESFETs realisieren. Das Prinzip ist in Abbildung 6.5 dargestellt. JFETs und MESFETs sind normally-on Feldeffekttransitoren, deren Kanal durch die Raumladungszone der Gate- Kanaldiode abgeschnürt wird. Da die Gateelektrode immer sehr hoch dotiert ist (JFET) oder gleich ein metallischer Schottky-Kontakt (MESFET) verwendet wird, breitet sich die Raumladungszone nur im Kanal aus und die Berechnung wird einfach. Die Breite der Raumladungszone ist wie früher: d(v G ) = 2ε 0 ε r (V G V bi )/(en D ) (6.61) Die Kanaldicke ist somit t = h d. Will man den Stromfluss abschnüren, benötigen wir die Kanaldicke Null also t = 0 Damit ist h = d und wir bekommen: h = 2ε 0 ε r (V pinch off V bi )/(end ) (6.62) und für die pinch-off Spannung: h 2 = 2ε 0 ε r (V pinch off V bi )/(en D ) (6.63) V pinch off = h2 en D 2ε 0 ε r +V bi (6.64) IstV DS kleiner alsv G, kann man auf einfache Weise die Stromkennlinie dadurch ausrechnen, dass man den JFET als einen Draht steuerbarer Dicke und damit als steuerbarem Widerstand betrachtet. Der Strom schreibt sich als: Der Widerstand ist: und alles zusammen liefert für I (V G ): I(V G ) = V DSw(h d(v G )) en D µl I(V G ) = V DS R R = ρl tw = en D µl w(h d) = V DSw en D µl ( ) h 2ε 0 ε r (V G V bi )/(en D ) (6.65) (6.66) (6.67) Sehen wir jetzt einmal, wie wir den Kanalstrom I D als Funktion von V DS ausrechnen können. Exakt ist das leider gar nicht einfach, weil bei größerem V DS am Anfang des Kanals für die Breite der Raumladungszone gilt: d(v G ) = 2ε 0 ε r (V G V bi )/(end ) (6.68)

178 162 KAPITEL 6. DER PN-ÜBERGANG UND SEINE FREUNDE So ur c e Ga t e ( p + oder Schottky-Barriere) Drai n Verarmungszone Kanallänge n-dotierter Halbleiter d t h hochohmiges p-si-substrat JFET / MESFET Abbildung 6.5: Typischer Aufbau eines JFET oder MESFET. Der JFET (junction - FET) besitzt ein Gate aus hochdotiertem Silizium, der MESFET nutzt einen Schottky- Kontakt (Bildquelle: Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design). (a) S V GS = V D V DS = V DS1 (b) S V GS = V D V DS = V DS2 >V DS1 Pinch-off beim Drain (c) S V GS = V D V DS = V DS3 >V DS2 Abbildung 6.6: Einfluss der Drain-Source Spannung auf die Form der Raumladungszone im Kanal (Bildquelle: Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design).

179 6.3. JFETS UND MESFETS 163 am Ende gilt jedoch: d(v G ) = 2ε 0 ε r (V G +V DS V bi )/(en D ) (6.69) Die Auswirkungen dieses Effekts sind schematisch in Abbildung 6.6 dargestellt. Was man noch in Abbildung 6.6 sieht ist, dass die Verarmungszone eine etwas unförmige zweidimensionale Wolke ist und man deswegen auch eine zweidimensionale Poisson Gleichung lösen müsste. Wenn wir jetzt zu finite Elemente Methoden greifen würden, bringt das vielleicht schöne bunte Bilder vom Potential, aber wenig Verständnis. Deswegen nehmen wir lieber einen extrem altmodischen und sehr langen JFET, bei dem man annehmen kann, dass die Spannung V C (x) im Kanal linear zwischen Drain und Source abfällt ( gradual channel approximation ). Der Drainstrom ist dann einfach das Produkt aus der Dichte der mobilen Ladungsträger und Kanalfläche multipliziert mit der Beweglichkeit und dem elektrischen Feld. V C ist die lokale Spannung im Kanal. Zur Erinnerung: Der Sourcekontakt soll auf Masse liegen und dient als Referenzpunkt. I D = W (h d(v C (x)))en d µ dv CG(x) dx (6.70) Die Breite der Raumladungszone war: d(v CG ) = 2ε 0 ε r (V bi (V GS V C (x)))/(end ) (6.71) Man sieht, dass die lokale Breite der Raumladungszone vom lokalen Potential im Kanal abhängt. Jetzt alle Formeln einsetzen und dann integrieren: ( ) I D = W h 2ε 0 ε r (V bi (V GS V C (x)))/(en D ) en d µ dv c(x) dx L 0 I D dx = en d µw Die Integration liefert: I D = en dµw L ( V DS 0 ( ( 2ε0 ε r h (V bi (V GS V C (x))) hv CG (x) 2 3 en D ( 2ε0 ε r en D ) )1 2 ) )1 2 (Vbi (V GS V C (x))) 3 2 (6.72) dv c (x) (6.73) Schließlich bekommen wir für den Drainstrom: ( I D = en dµw hv DS 2 ( ) )1 2ε0 2 ε r (Vbi (V GS V DS )) 3 2 (Vbi V GS ) 3 2 L 3 en D L 0 (6.74) (6.75)

180 DRAINSTROM 164 KAPITEL 6. DER PN-ÜBERGANG UND SEINE FREUNDE I D Linearer Bereich Sättigungsbereich Durchbruch V GS > 0 V GS = 0 V GS < 0 0 DRAINSPANNUNG VB V DS Abbildung 6.7: Typische Kennlinien eines MESFET (Bildquelle: Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design).

181 6.3. JFETS UND MESFETS 165 Nicht vergessen, diese Formel gilt nur, wenn wir uns spannungsmäßig unterhalb der pinch-off Bedingungen, also in der linear region (siehe Abbildung 6.7) befinden. Dass die Formel ein halbwegs lineares Verhalten liefert ist irgendwie nicht ganz offensichtlich, also Hausaufgabe: Programmieren Sie die Kennlinie und schauen Sie ob das stimmt.

182 Kapitel 7 Klassischer Elektronentransport 7.1 Das Drude Modell Ehe wir uns in die nächste Formelorgie stürzen, sollten wir einmal rekapitulieren wo wir modellmäßig stehen. Wir haben gesagt: Ein Halbleiter ist ein Kristall mit räumlich regelmäßig angeordneten Atomen. Diese formen ein dreidimensionales Gitter aus Potentialtöpfen und daher haben wir ein dreidimensionales Kronig -Penney - Modell als Beschreibung. Dieses Kronig -Penney - Modell liefert eine richtungsabhängige effektive Masse für die Elektronen, die gerne kleiner(!) als die freie Elektronenmasse ist. In Summe ist ein Halbleiter jetzt also eine Dose mit einem Elektronengas, in dem sich die Elektronen frei bewegen können wie in einem klassischem Gas. Der einzige Unterschied ist, dass wir eine effektive Masse statt der freien Elektronenmasse benutzen müssen und im Zweifelsfall eben kein klassisches Gas, sondern ein Fermigas haben. Für das folgende Drudemodell können wir aber zum Glück alle quantenmechanischen Effekte ignorieren und rein klassisch vorgehen. Legen wir nun ein externes elektrisches Feld an unser Elektronengas an und sehen was mit den Elektronen passiert. Wir gehen von der Kraftgleichung mit effektiver Masse aus und setzen für die Kraft ein elektrisches Feld ein. F = e E = d p Feld dt (7.1) Dies beschreibt die Zunahme (Änderung) des Impulses durch das elektrische Feld. Das ist zwar richtig, aber nach kurzer Zeit würden die Elektronen die Lichtgeschwindigkeit überschreiten oder laut Relativitätstheorie ein schwarzes Loch bilden. Da dies experimentell unrealistisch ist, muss eine Bremse für die Elektronen her, zum Beispiel durch 166

183 7.1. DAS DRUDE MODELL 167 einen Streuterm (Reibungsterm). Die Änderung des Impulses durch Streuung ist üblicherweise gegeben durch d p Streu = p (7.2) dt τ wobei τ eine mittlere Streuzeit (eigentlich eine inverse Streurate) und p der Impuls der Elektronen ist. Im stationären Fall ist die Summe der Zunahme und Abnahme des Impulses gleich Null: Also: d p Feld dt + d p Streu dt Schließlich bekommen wir für die Elektronengeschwindigkeit: Definieren wir nun die Stromdichte für Elektronen als = 0 (7.3) e E p τ = 0 (7.4) p = e Eτ (7.5) m v = e Eτ (7.6) v = e τ E m (7.7) j = en v (7.8) so folgt τ E j = en( e) (7.9) m e 2 nτ j = E (7.10) m Daraus folgt das Ohmsche Gesetz: j = σ E mit σ = e 2 nτ m (7.11) Die Leitfähigkeit σ wird auch gerne über die Beweglichkeit µ ausgedrückt: σ = e n µ mit µ = e τ m (7.12) und das ist eine der wichtigsten Formeln der Halbleiterei überhaupt. Merke: Bei direkten Halbleitern kann die Leitfähigkeit immer als skalare Größe angenommen werden. Bei indirekten Halbleitern oder in höheren Tälern von direkten Halbleitern wird die Leitfähigkeit zumeist zu einem Tensor, sprich, sie wird richtungsabhängig.

184 168 KAPITEL 7. KLASSISCHER ELEKTRONENTRANSPORT Im Halbleiter gibt es aber nicht nur Elektronen sondern auch Löcher und für die Gesamtstromdichte muss man den Elektronenstrom und den Löcherstrom addieren. Die Trägergeschwindigkeiten im Halbleiter für Elektronen und Löcher mit ihren unterschiedlichen effektiven Massen sind (Vorsicht mit den Vorzeichen): v n = e τ E m n v p = +e τ E (7.13) m p Für die Stromdichte folgt daraus: j n = e n v n j p = e p v p (7.14) Oder anders ausgedrückt über die Beweglichkeit: v n = µ n E v p = µ p E (7.15) j n = e n ( µ n ) E j p = e p µ p E (7.16) Für die gesamte Stromdichte folgt dann: J = j n + j p = e(nµ n +pµ p ) E (7.17) Üblicherweise definiert man auch eine Gesamtleitfähigkeit in folgender Weise: σ = e(nµ n +pµ p ) (7.18) Die reziproke Leitfähigkeit wird spezifischer Widerstand genannt. ρ = 1 σ (7.19) Mit I = j A (A: Querschnittsfläche des Leiters) und U = E L ergibt sich für einen quaderförmigen Leiter das Ohmsche Gesetz: I = U R mit R = ρl A (7.20) 7.2 Der klassische Hall-Effekt Jetzt wissen wir zwar schon jede Menge über das Drudemodell, aber leider nicht wie man Elektronenkonzentrationen, Beweglichkeiten und damit die Streuzeiten misst. Um dieses Problem zu beheben, einigen wir uns zuerst darauf, dass jeder Donator und Akzeptor

185 7.2. DER KLASSISCHE HALL-EFFEKT 169 z y x B I x Richtung der Elektronenablenkung W T Abbildung 7.1: Typische Hallgeometrie, in welcher sich die Elektronen in die negative x-richtung bewegen und das Magnetfeld in der z-richtung liegt. Die Hallspannung wird auf der y-achse abgegriffen. (Bildquelle: Jasprith Singh, Electronic and Optoelectronic Properties of Semiconductors,Cambridge University Press (2003)) wirklich ein Elektron oder ein Loch produziert. Das ist zwar nicht ganz richtig wie wir im Kapitel Halbleiterstatistik gesehen haben, aber hier muss es genügen. Zur Messung der Dotierung wird üblicherweise der klassische Hall-Effekt verwendet. Wir erinnern uns dunkel daran, dass bewegte Elektronen und Löcher im Magnetfeld abgelenkt werden und sich gerne auf Kreisbahnen bewegen. Schuld daran ist die Lorentzkraft, die sich berechnet zu ( E ist das Elektrische Feld): F = e( E + v B) (7.21) Jetzt gibt es aber, so sagen die Theoretiker, noch andere externe Kräfte, die im Drudemodell beschrieben werden durch m d v dt m v. In Summe bekommt man: τ Das Gleichgewicht aller Kräfte lautet somit: und Stöße, welche beschrieben werden durch F = m( d v dt + v τ ) (7.22) m( d v dt + v τ ) = e( E + v B) (7.23)

186 170 KAPITEL 7. KLASSISCHER ELEKTRONENTRANSPORT Für das Magnetfeld nehmen wir B = (0,0,B z ) (siehe Abbildung 7.1) und setzen ein: Im stationären Fall ist dv dt m ( dv x dt + v x τ ) = e(e x +Bv y ) (7.24) m ( dv y dt + v y τ ) = e(e y Bv x ) (7.25) m ( dv z dt + v z τ ) = ee z (7.26) = 0 somit bleibt übrig: v x = eτ m E x ω c τ v y (7.27) v y = eτ m E y +ω c τ v x (7.28) v z = eτ m E z (7.29) wobei sich die Zyklotronfrequenz ω c folgendermaßen berechnet: ω c = eb m (7.30) In der Hallgeometrie gilt, dass der Querstrom und auch die Geschwindigkeit der Elektronen in y-richtung Null sein soll, also: j y = 0;v y = 0. Einsetzen liefert dann: Außerdem war ja: E y = ω c τe x = ebτ m E x (7.31) j x = enµe x = ne2 τe x m (7.32) Mit dem Einsetzen von E x in die Formel für E y bekommt man für die Elektronendichte: Zum Schluss definieren wir noch die Hallkonstante : n = j xb ee y (7.33) R H = E y j x B = 1 ne (7.34) Vorsicht, j x ist die Stromdichte, also j x = I x /(WT) wobei I x der Probenstrom (typischerweise < 1mA), W die Probenbreite und T die Probendicke ist. Hinweis: Typische Waferdicken liegen bei µm. Somit gilt für die Elektronendichte: n = I xb WTeE y (7.35)

187 7.2. DER KLASSISCHE HALL-EFFEKT 171 Mit E y = V H /W (V H ist die Hallspannung) landet man bei: n = I xb TeV H (7.36) Hinweis: Dies ist eine 3D Elektronendichte in der Einheit m 3. Für eine 2D Elektronendichte muss man die Formel nur mit der Probendicke T multiplizieren und erhält: n 2D = I xb ev H (7.37) in der Einheitm 2. Letzter Hinweis: Sollten Sie einmal eine Hallmessung machen, passen Sie mit den Vorzeichen, Stromrichtungen und Magnetfeldrichtungen auf. Ein Fehler und sie glauben, Sie haben einen p-typ Halbleiter anstatt eines n-typ Halbleiters. Vorschlag: Das Experiment vorher immer mit einer bekannten Probe testen Hall-Effekt und Leitfähigkeitstensor Für weiterführende Zwecke, wie einen Nobelpreis für den Quanten Hall Effekt, wird der Hall-Effekt auch gerne mit Hilfe eines Leitfähigkeitstensors beschrieben. Folgen wir dem Buch vom Sauer und beginnen wir mit der Formel für die Stromdichte: wobei σ jetzt ein Tensor ist: σ = j = ne v = σ E (7.38) ( σ xx σ xy σ yx σ yy ) (7.39) Um zu den Komponenten des Tensors zu kommen, gehen wir zurück zum Gleichungssystem bestehend aus den Formeln 7.27 und 7.28 und lösen dieses nach v x und v y auf. Mit ω c = eb bekommt man: m ( ) 1 v x = 1+(ω c τ) 2 eτ m E x + (ω cτ) 2 B E y (7.40) und v y = ( ) 1 1+(ω c τ) 2 (ω cτ) 2 B E x eτ m E y Daraus bekommen wir die Komponenten des Leitfähigkeitstensors: (7.41) σ xx = σ yy = ne2 τ m 1 1+(ω c τ) 2 (7.42)

188 172 KAPITEL 7. KLASSISCHER ELEKTRONENTRANSPORT Abbildung 7.2: Matrixinversion mit Wolfram Alpha und σ xy = σ yx = ne B 1 1+(ω c τ) 2(ω cτ) 2 (7.43) Eine ziemlich mühsame analytische Matrixinversion liefert dann die Komponenten des Widerstandstensors, der den Nobelpreis für den Quanten Hall-Effekt gebracht hat: ρ xx = σ xx σ xx2 +σ xy 2 (7.44) ρ xy = σ xy σ xx2 +σ xy 2 ρ xx = 1 neµ = R H µ, R H = 1 en (7.45) (7.46) ρ xy = B en = R H B (7.47) Ja, gut, ok, Sie wollen jetzt wissen, wie man analytisch eine 2x2 Matrix invertiert. Da Sie kein Mathematiker, sondern ein angehender Elektroklemptner sind, ist die Antwort: Sicher nicht händisch auf einem Blatt Papier. Dunkel kann ich mich erinnern, dass ich irgendwann 1980 in der Vorlesung Lineare Algebra beim Kollegen Munk das einmal für Matritzen mit Zahlen gemacht habe. Das war ziemlich mühsam und ich bekomme das auch sicher heute nicht mehr hin. Darüber, wie man das symbolisch erledigt, habe ich nicht die geringste Ahnung, aber, dank moderner Zeiten, gibt es ja Wolfram Alpha oder Mathematica für den, der genug Geld für die Lizenz hat. Tippen wir also bei

189 7.2. DER KLASSISCHE HALL-EFFEKT 173 Wolfram Alpha den Befehl inverse (a,b) (c,d) ein. Für die genaue Syntax werfen Sie bitte einen Blick auf Abbildung 7.2. Für alle, die den Screenshot nicht entziffern können: ( a b c d ) 1 = ( 1 ad cb d b c a ) (7.48) Jetzt setzen wir in die allgemeinen Lösung unsere Leitfähigkeiten ein: ( ) 1 ( σ xx σ xy 1 = σ yx σ yy σ xx σ yy σ yx σ xy σ yy σ xy σ yx σ xx ) (7.49) Dann noch die Beziehungen: und erhalten: ( σ xx σ xy σ yx σ yy ) 1 = ( ρ xx ρ xy ρ yx ρ yy σ xx = σ yy σ yx = σ xy (7.50) ) = 1 σ xx σ xx +σ xy σ xy ( σ yy σ xy +σ xy σ xx ) (7.51) sowie: σ yy σ xx ρ xx = ρ yy = = σxx 2 +σ2 xy σxx 2 +σ2 xy und: ρ xy = σ xy σ 2 xx +σ 2 xy (7.52) (7.53) Da ist das gleiche Ergebnis wie in der Literatur, ob aber die Wolfram Alpha -Leute nur beim unbekannten Helden der Matrixinversion abgeschrieben oder sich selbst die Lösung überlegt haben, weiß ich wirklich nicht Hallmessungen in Van der Pauw Geometrie Zuerst machen wir Hallmessungen auf die billige Tour, nämlich in der Van der Pauw Geometrie. In einer Van der Pauw Geometrie hat man eine ungefähr quadratische Probe und kleine Kontakte am Probenrand (siehe Abbildung 7.3). Wir nummerieren die Kontakte entgegen dem Uhrzeigersinn und verwechseln für dieses Experiment ja nicht die Nummern der jeweiligen Kontakte. Es gilt dann die Bezeichnung, dass V 13 die Spannung zwischen den Kontakten 1 und 3 ist und V 13 = V 31 gilt. Ist weiters I 24 der Strom durch die Probe, dann ist senkrecht dazu V 13 die Hallspannung. Das Magnetfeld sei senkrecht zum Strom und zur Hallspannung. Wie immer gilt: e( v B) = ee, E = V H W ; W ist

190 174 KAPITEL 7. KLASSISCHER ELEKTRONENTRANSPORT Kleeblatt Quadrat mit Eckkontakten Quadrat mit innenliegenden oder Seitenkontakten B geht sehr gut geht gut so besser nicht Abbildung 7.3: Van der Pauw Geometrie für Hallmessungen. (Bildquelle: ) der Abstand der Hallkontakte, also die Probenbreite. Mit j = en v und dem Strom I = jwt bekommt man: I B nt = e V H (7.54) T ist die Probendicke, j die Stromdichte und n die Ladungsträgerkonzentration. Elektronen und Löcher führen zu unterschiedlichen Vorzeichen in der Hallspannung! 3D: Für die Hallkonstante 3-dimensionaler Proben bekommt man also: R H = 1 en = V HT IB [cm3 C ] (7.55) 2D: Für die Hallkonstante 2-dimensionaler Proben bekommt man: R H2D = R H T = V H IB (7.56) 1 n 2D = (7.57) er H2D Die HALLbeweglichkeit bekommt man dann aus der Hallspannung mit (ρ = 1/σ, σ x = j x /E x ): σ x = j x /(V x /L) = IL IB = enµ H = eµ H (7.58) WTV x ev H T Hinweis: In der ganzen Berechnung wurde die Konvention benutzt, dass die Hallspannung für Elektronen negativ ist. µ H = V HL V x WB (7.59)

191 7.2. DER KLASSISCHE HALL-EFFEKT 175 Neben der Möglichkeit, die Beweglichkeit aus der Hallmessung zu bestimmen, hat man noch die zweite Möglichkeit, die Beweglichkeit aus einer reinen Widerstandsmessung ohne Magnetfeld zu errechnen. Der spezifische Probenwiderstand, in welchem die DRIFTbeweglichkeit enthalten ist, schreibt sich bei der Van der Pauw Methode so: ρ = πt [ V43 + V ] [ ] 32 V43 I 32 F [Ωcm] (7.60) 2ln(2) I 12 I 41 I 12 V 32 Die Begründung dieser Formel ist eher kompliziert, man braucht z. B. konforme Abbildungen etc. Um das zu verstehen, muss man jedoch das Originalpapier vom Herrn Van der Pauw lesen. Q := V 43I 41 (7.61) I 12 V 32 ( ) 2 Q 1 A := (7.62) Q+1 F = A A 2 (7.63) In der Praxis ist jedoch fast immer F = 1 (quadratische Proben) Der spezifische Flächenwiderstand ( sheet resistance ) berechnet sich mit obiger Formel zu: ρ S = ρ (7.64) T Nimmt man den Strom aus einer Konstantstromquelle so ist dieser (I ist der Strom nicht die Stromdichte): I 12 = I 23 =... = I und damit: ρ s = (V 43 +V 32 )F[ V 43 ] (7.65) I V 32 Für den Spezialfall von stabförmigen Proben (W: Breite, T: Dicke, L: Länge) bekommt man (unter der Annahme, dass es keine Kontaktwiderstände gibt): ρ = E j = V 12 WT I 12 L (7.66) Mit: σ = 1 ρ = Neµ drift (7.67) landen wir dann bei: µ drift = I 12L newtv 12 (7.68) Merke: µ drift ist nicht notwendigerweise gleich groß wie µ H. Die Begründung kommt dann im Kapitel über Hallmessungen.

192 176 KAPITEL 7. KLASSISCHER ELEKTRONENTRANSPORT V g Gate-Elektrode 6 V y 5 Isolator L y 1 I x V x L x D-Elektronengas Abbildung 7.4: Hallgeometrie für Hallmessungen an 2DEGs. Die Nummerierung der Kontakte ist ebenfalls angegeben. (Bildquelle: Rudolf Gross, Achim Marx, Festkörperphysik, De Gruyter (2014)) Hallmessungen in Hallgeometrie Mit einer ordentlichen Hallgeometrie (siehe Abbildung 7.4) läuft die Berechnung gleich wie bei der Van der Pauw Methode, nur die Nomenklatur ist etwas anders und die Messergebnisse sind schöner. In Hallgeometrie gilt (T: Probendicke): n 3D s = BI eu H 1 T [cm 3 ] (7.69) Dabei ist U H = V 26 oder V 35 (Vorsicht mit dem Vorzeichen). Für typische Stromwerte auf 2D-Proben (HEMTs) von I 1µA ist U H 1mV...1µV. Für die Flächendichte der Elektronen in 2D-Systemen bekommt man: n 2D s = BI eu H [cm 2 ] (7.70) v 2D drift = I 14 (Wn s e) (7.71) W ist die Kanalbreite. Mit: v drift = µ drift E ist µ drift = LI 14 Wn s ev 23 = L W 1 n s er (7.72)

193 Kapitel 8 Streuprozesse Streuprozesse sind jedem Elektrotechniker ein absoluter Graus, denn im Bauelement verschlechtern sie die Beweglichkeit der Elektronen und damit die Performance des Bauteils. Noch dazu ist die theoretische Berechnung der Streuzeiten und der zugehörigen Beweglichkeiten extrem schwierig, und zwar so schwierig, dass es in diesem Skriptum keinen Sinn macht, sich damit im Detail herumzuplagen. Dennoch lohnt sich eine primitive, bilderbuchmäßige Behandlung der Streuprozesse. Viele Streuprozesse haben eine charakteristische Temperaturabhängigkeit und können damit über temperaturabhängige Beweglichkeitsmessungen identifiziert werden. Wenn man die Streuprozesse in seiner Probe kennt, kann man ja vielleicht etwas dagegen tun. Werfen wir deswegen nun einen kleinen Blick in das Bilderbuch der Streuprozesse und verzichten dabei absichtlich auf jedwede Ableitung der Formeln. 8.1 Elastische Streuprozesse Störstellenstreuung Der einzige Streuprozess, der sich sogar klassisch so halbwegs freundlich behandeln lässt, ist die Streuung an ionisierten Störstellen. Hier gibt es einen guten Trick und der heißt Rutherford Streuung. Die gibt es in der Atomphysik und ist gemacht für die Streuung von α Teilchen an Goldfolien, aber mathematisch ist das genau das Gleiche wie unsere Streuung von Elektronen an ionisierten Störstellen im Halbleiter. Eine Schemazeichnung davon sieht man in Abbildung 8.1. Als Nächstes schreiben wir einmal gemütlich und kritiklos ein paar Formeln aus einem Buch über Atomphysik ab, z. B. von Robert Eisberg, Robert Resnick, Quantum Physics of Atoms, Molecules, Solids, Nuclei, 177

194 178 KAPITEL 8. STREUPROZESSE (a) (b) + Störstelle N D v ln (µ) + β Elektron e - Steigung +3/2 β Stoßparameter Ablenkwinkel v Geschwindigkeit des Elektrons + N d Dichte der ionisierten Donatoren ln (T) Abbildung 8.1: (a) Schema der Störstellenstreuung analog zur Rutherford Streuung in der Atomphysik. (b) Temperaturverlauf der Beweglichkeit in Anwesenheit von Störstellenstreuung. Bildquelle: Rolf Sauer, Halbleiterphysik, Oldenburg Verlag (2009)) and Particles, John Wiley & Sons Inc. (1985), ISBN-13: , oder auch aus dem Buch: Sauer, Halbleiterphysik. Dann ignorieren wir alle Hintergrunddetails, welche man sonst noch in den Büchern und manchmal auch auf Wikipedia finden kann und akzeptieren in tiefgläubiger Haltung, dass sich der sogenannte Streuwinkel in der Rutherford Streuung (siehe Abbildung 8.1) folgendermaßen berechnet: tan(ϑ/2) = e 2 2πεε 0 m v 2 β (8.1) Jetzt geht man auf den Wirkungsquerschnitt σ über, der folgendermaßen definiert ist : w = σ N (8.2) A w ist die Streuwahrscheinlichkeit und N die Anzahl der Teilchen die auf eine Fläche A einfallen, in deren Mitte das Streuzentrum sitzt. Der Wirkungsquerschnitt für den Streuwinkel in unserem Problem berechnet sich zu: ( ) e 2 σ(v,ϑ) = sin 4 (ϑ/2) (8.3) 2πεε 0 m v 2 Die Streurate für unseren Streuwinkel ist dann: 1 τ (ϑ) = N Dvσ(ϑ) (8.4) Die Streurate für den gesamten Raumwinkel dω = sin(ϑ) dϑdϕ ist: 1 τ = N D v (1 cos(ϑ))σ(ϑ) sin(ϑ)dϑdϕ (8.5)

195 8.1. ELASTISCHE STREUPROZESSE 179 Nach dem Integrieren erhält man angeblich: 1 τ ion.imp. = 2N D πe4 (εε 0 ) 2 m 2 v 3 ln ( ( ) ) εε0 m v 2 2 d 1+ 2e 2 (8.6) wobei ( ) 1/3 3 d = (8.7) 4πND und 2(E Ec ) v = (8.8) m die Geschwindigkeit der Elektronen im Leitungsband ist. Jetzt kommt der Knackpunkt für die Anwendung der Rutherford Streuung in der Halbleiterei: Wir nehmen an, die Elektronen hätten hauptsächlich eine thermische Energie und alle Energiebeiträge aus elektrischen Feldern seien klein, also: m 2 v2 = kt (8.9) Tatsächlich ist das eine gute Näherung, denn man muss bei den üblichen Beweglichkeiten schon ziemlich große elektrische Felder anlegen, um auf eine Elektronenenergie von kt zu kommen. Damit ist 1 τ (kt) 3/2 und schließlich µ T +3/2 (8.10) Hausaufgabe: Die Beweglichkeit von Silizium nachsehen und das elektrische Feld ausrechnen, das man braucht, um innerhalb der Streuzeit ein Elektron auf eine kinetische Energie von E = kt zu bringen. Hinweis: Im Kapitel über die Boltzmanngleichung im Skriptum Halbleiterelektronik (6.Semester) kommt die obige Story über die Störstellenstreuung noch einmal, aber auf quantenmechanischem Wege und mit mehr Details. Abbildung 8.2 zeigt typische Messdaten einer Beweglichkeitsmessung an zwei verschiedenen Proben. (a) n-dotiertes GaAs, (b) eine Heterostruktur (HEMT). Für die GaAs Probe hat man zwischen 10K und 100 K das typische Verhalten für Störstellenstreuung. Bei noch höheren Temperaturen wird die Phononenstreuung dominant. Der umgekehrte Argumentationsweg gilt natürlich auch: Steigt die Beweglichkeit einer unbekannten Probe mit T 3 2, dann weiß man, dass die Störstellenstreuung in dieser Probe der dominante Prozess ist. Beim HEMT ist durch einen technischen Trick (die Einführung eines sogenannten spacers ) die Störstellenstreuung stark unterdrückt und man sieht nur das typische Temperaturverhalten der Phononenstreuung.

196 180 KAPITEL 8. STREUPROZESSE Beweglichkeit [cm 2 /Vs] Temperatur [K] Abbildung 8.2: Typische Messdaten einer Beweglichkeitsmessung an zwei verschiedenen Proben. (a) n-dotiertes GaAs, (b) eine Heterostruktur (HEMT). (Bildquelle: Jasprith Singh, Electronic and Optoelectronic Properties of Semiconductors, Cambridge University Press (2003)) Beweglichkeit [cm 2 /Vs] Störstellenkonzentration [cm -3 ] Abbildung 8.3: Beweglichkeit in Abhängigkeit von der Dotierung. (Bildquelle: Jasprith Singh, Electronic and Optoelectronic Properties of Semiconductors, Cambridge University Press (2003))

197 8.1. ELASTISCHE STREUPROZESSE 181 Abbildung 8.4: Schematischer Potentialverlauf im Fall von alloy scattering. (Bildquelle: Jasprith Singh, Electronic and Optoelectronic Properties of Semiconductors, Cambridge University Press (2003)) Nicht sehr überraschend gibt es bei der Störstellenstreuung natürlich auch einen Einfluß der Störstellenkonzentration. Hier nimmt die Streurate 1/τ linear mit der Dotierung zu. Abbildung 8.3 zeigt typische experimentelle Daten, wobei Silizium bei hohen Dotierungen vom berechneten Verhalten etwas abweicht. Wer herausfindet warum, möge mir bitte eine schicken Andere elastische Streuprozesse Deformationspotentialstreuung Ein weiterer elastischer Streuprozess, den wir hier nur sehr qualitativ behandeln wollen, ist die Streuung an akustischen Phononen, auch Deformationspotentialstreuung genannt. Langwellige akustische Phononen erfüllen ungefähr die Bedingung elastischer Stöße. Betrachtet werden longitudinal-akustische (LA-) Phononen mit einer gewissen Gitterauslenkung. Diese stellen Kompressionswellen dar, wogegen transversal-akustische (TA-) Phononen Scherwellen sind. Die LA- Phononen bewirken daher eine Änderung der Gitterkonstanten, die sich auf eine lokale Änderung der Bandlücke überträgt und somit zu Streuungseffekten führt. Die Scherwellen der TA-Phononen bewirken so etwas nicht und können daher ignoriert werden. Nach längeren Rechnereien und wieder unter Zuhilfenahme der Formel m 2 v2 = kt landet man bei der Temperaturabhängigkeit der Beweglichkeit, dieses Mal aber mit dem Exponenten 3/2: µ T 3/2 (8.11) Alloy scattering Besteht ein Halbleiter aus zwei Atomsorten (z. B. GaAs) so kann es lokale Potentialunterschiede auf atomarer Ebene geben. Man spricht von alloy scattering.

198 182 KAPITEL 8. STREUPROZESSE Metall Oxid Elektronengas E c p-typ Halbleiter E f E f Metall Oxid Halbleiter E v λ Oxid Halbleiter Abbildung 8.5: Schematische Darstellung der Grenzflächenrauhigkeit an einem MOS- FET. (Bildquelle: Jasprith Singh, Electronic and Optoelectronic Properties of Semiconductors, Cambridge University Press (2003)) Das Temperaturverhalten der Beweglichkeit für dominantes alloy scattering ist angeblich: Streuung an neutralen Störstellen µ T 1 2 (8.12) Bei der Streuung an neutralen Störstellen (Neutral Impurity Scattering) ist die Beweglichkeit proportional zu T +1 2 und invers proportional zur Störstellenkonzentration: Grenzflächenstreuung µ T +1 2 N 1 imp (8.13) Grenzflächenstreuung ( interface roughness scattering ) ist typischerweise im MOSFET dominant, siehe Abbildung 8.5. Grenzflächenstreuung ist weitestgehend temperaturunabhängig, zumindest findet sich dahingehend nichts in der Literatur. Dann gibt es noch: Carrier-carrier-scattering also e e -Streuung und h + h + Streuung und

199 8.2. NICHTELASTISCHE STREUPROZESSE: PHONONEN 183 Ausgangszustand 2e+1h k 1 k 2 k 2 Endzustand 1e k 1 Abbildung 8.6: Schematische Darstellung des Auger Prozesses. (Bildquelle: Jasprith Singh, Electronic and Optoelectronic Properties of Semiconductors, Cambridge University Press (2003)) Augerprozesse (siehe Abbildung 8.6). Bei einem Augerprozess rekombiniert ein Elektron auf nichtstrahlende Weise mit einem Loch. Mit der überbleibenden Energie wird dann ein weiteres Elektron zu höheren kinetischen Energien befördert, wo aber dann die LO-Phononenstreuung sehr effizient zuschlägt (LO-Phonon = Longitudinal - Optisches Phonon. Details kommen weiter hinten.) Durch diese LO-Phononen wird das zusätzliche Elektron thermalisiert, sprich, das Elektron verliert seine Energie stufenweise über Streuprozesse mit den Phononen. Augerprozesse werden extrem dominant bei hohen Elektronendichten und begrenzen die Effizienz von Halbleiterlasern. Für den Elektronentransport in Bauelementen sind Augerprozesse jedoch eher unbedeutend, von einer Temperaturabhängigkeit habe ich bisher nichts gehört. (Hausaufgabe: Im Internet nachsehen, ob das auch stimmt.) 8.2 Nichtelastische Streuprozesse: Phononen Eine kurze Bemerkung vorab: Schallwellen in Festkörpern können auf zwei verschiedene Arten beschrieben werden. Klassisch macht man das mit irgendwelchen Schubund Elastizitätsmodulen und das ist mal wieder eine Wissenschaft für sich. Als Anwendung hat man hier z. B. Musikinstrumente oder auch Methoden zur Werkstoffprüfung (Ultraschall), einfach bei Wikipedia nachsehen.

200 184 KAPITEL 8. STREUPROZESSE (a) (b) u n-2 u n-1 u n u n+1 u n+2 u n+3 u n-2 u n-1 u n u n+1 u n+2 u n+3 n-2 n-1 n n+1 n+2 n+3 n-2 n-1 n n+1 n+2 n+3 (c) m 1 m 2 m 1 m 2 m 1 m 2 m 1 m 2 m 1 m 2 v n+2 u n+2 v n+1 u n+1 v n u n v n-1 u n-1 v n-2 u n-2 a n-2 n-1 n n+1 n+2 Abbildung 8.7: (a) Schematische Darstellung longitudinal-akustischer Phononen in einem zweidimensionalen Kristall. (b) Transversal-akustische Phononen, (c) Longitudinal-optische Phononen. Hier schwingen die Gitterlinien mit den verschiedenen Atomen immer gegenphasig. (Bildquelle: Rudolf Gross, Achim Marx, Festkörperphysik, De Gruyter (2014))

201 8.2. NICHTELASTISCHE STREUPROZESSE: PHONONEN 185 Wir hier kümmern uns aber um die quantenmechanische und atomistische Beschreibung von Schallwellen im Halbleiterkristall mit Hilfe von Phononen. Phononen sind Schallwellen in einem Kristall, also mechanische Schwingungen der Gitteratome, rund um ihre Ruhelage. Abbildung 8.7 zeigt die verschiedenen eindimensionalen Schwingungen von Phononen in einem zweidimensionalen Gitter. Der Einfachheit halber lassen wir die Atome hier aber nur entweder in x-richtung, oder in y-richtung schwingen. Im richtigen Leben und besonders in dreidimensionalen Kristallen gibt es die Schwingungen natürlich in jede beliebige Richtung, was die Sache nicht leichter macht. In Gittern mit nur einer Atomsorte gibt es nur longitudinal-akustische (LA) und transversal akustische (TA) Phononen, siehe Abbildung 8.7 (a) und Abbildung (b). Abbildung 8.7 (c) zeigt die Bewegung der Gitterlinien für longitudinal-optische (LO) Phononen in einem zweiatomigen Gitter mit Atomen unterschiedlicher Masse. Nicht gezeigt ist die Bewegung der Atome im Fall von transversal-optische Phononen. Als Hausaufgabe beantworten Sie bitte die folgende Frage: Wie bewegen sich die Atome in diesem Fall? Wichtiger Hinweis zum Schluss: Im eindimensionalen Federkettenmodel (siehe unten) gibt es immer nur LA oder LO-Phononen. Für TA und TO-Phononen braucht es eine zweidimensionale Bewegung, also auch eine Bewegung senkrecht zur Ausrichtung der Federkette. Ein simples Temperaturverhalten hat die Streurate der Phononenstreuung nicht, denn die diversen Phononenarten streuen alle in einer anderen Art und Weise. Generell gilt aber: Je höher die Temperatur, desto höher ist die Streurate durch Phononen. Eine Spezialvariante der Phononen sind die sogenannten optischen Phononen, welche besonders dominant in Halbleiter Mischkristallen wie GaAs auftauchen. Diese Phononen haben eine flache Dispersion, sprich, sie haben egal für welchen Wellenvektor immer in etwa die gleiche Energie (36 mev in GaAs). Optische Phononen sind so ziemlich der effizienteste Streuprozess überhaupt und jedes Elektron, welches durch elektrische Felder die kinetische Energie von 36meV erreicht, verliert diese sofort an ein optisches Phonon und wird damit sofort gestoppt. Mehr dazu kommt im Kapitel über die Sättigungsdriftgeschwindigkeit. Wichtiger Hinweis: Die Berechnung von Streuzeiten für die Phononenstreuung und die zugehörigen Beweglichkeiten im Drudemodell (µ = eτ m ) ist für Experimental- Halbleiteristen ein absolutes Ding der Unmöglichkeit. Experimentalisten messen die Phononen - Streuzeiten oder holen sie sich vom Theoretiker. Was man aber schon haben sollte ist ein gewisses Grundwissen über Phononen und das gibt es in den nächsten Kapiteln. Im Besonderen werden wir uns um die Berechnung der E(k)-Beziehungen kümmern, die liefern zwar keine Streuzeiten, aber zumindest die Zustandsdichten der

202 186 KAPITEL 8. STREUPROZESSE Potential 0 R 0 Abstoßendes Potential Gesamtpotential Gleichgewichtsabstand Atomabstand, R Coulombpotential Abbildung 8.8: Potential eines Atoms, welches mit einem Nachbaratom gebunden ist. (Bildquelle: Jasprith Singh, Electronic and Optoelectronic Properties of Semiconductors, Cambridge University Press (2003)) diversen Phononenarten und das ist auch schon recht hilfreich Atome im Kristall: Ein Feder-Masse System Betrachten wir zunächst das Potential eines Atoms, welches mit einem Nachbaratom gebunden ist (siehe Abbildung 8.8). Rund um seine Ruhelage bei R 0 sieht das Potential parabolisch aus, wir bemühen also mal wieder den harmonischen Oszillator. Zunächst entwickeln wir das Potential in eine Taylorreihe (ja, das ist tatsächlich diese Übungsaufgabe aus der Halbleiterphysik im dritten Semester). [ ] du U(R) = U(R 0 )+ R+ 1 [ ] d 2 U R 2 (8.14) dr R }{{ 0 2 dr 2 R } 0 0 Weil wir im Potentialminimum sitzen, ist die 1ste Ableitung klarerweise Null und wir haben mit: [ ] d 2 U C = (8.15) dr 2 R 0 U(R) = U(R 0 )+ 1 2 C( R)2 (8.16)

203 8.2. NICHTELASTISCHE STREUPROZESSE: PHONONEN 187 m K m K m K m us-1 us us+1 a us+2 ω n nichts Neues nichts Neues π/a π/a k 1. Brillouin Zone Abbildung 8.9: Oben: Lineare Federkette mit identischen Massen und Federkonstanten als Modellsystem für akustische Phononen. Unten: Zugehörige Dispersionsrelation (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet, wurde aber inspiriert vom Skriptum Vielteilchentheorie, von C. Timm, TU-Dresden). einen tadellosen harmonischen Oszillator mit dem Energienullpunkt U(R 0 ). Weil ja gilt, dass Energie = Kraf t W eg, ist die örtliche Ableitung des Oszillatorpotentials (potentielle Energie) die Kraft: F = C R (8.17) Diese Formel kennen wir aber schon aus der Schule und was haben wir damals über Federn gelernt, an denen ein Gewicht hängt? Richtig, die Federkraft ist proportional der Auslenkung und das ist genau die Formel oben. Wir können also Atome in einem Halbleiterkristall als Massenpunkte behandeln, die irgendwie über Federn miteinander zusammenhängen Akustische Phononen: Die einatomige Kette Das einfachste Modellsystem für akustische Phononen im Halbleiter ist eine lineare Federkette mit identischen Massen und Federkonstanten, wie sie in Abbildung 8.9 dargestellt ist. Dann nehmen wir noch an, dass allfällige Auslenkungen eines Atoms sich nur auf die nächsten Nachbarn auswirken und nicht weiter. Die Summe der Kräfte auf

204 188 KAPITEL 8. STREUPROZESSE die Atome an den Stellen s 1,s und s+1 ist damit Null: F s +F s 1 +F s+1 = 0 (8.18) Die Kraftgleichung sieht damit folgendermaßen aus: F s 1 = K(u s u s 1 ) (8.19) F s+1 = K(u s u s+1 ) (8.20) m 2 u s t 2 +K(u s u s 1 )+K(u s u s+1 ) = 0 (8.21) Als physikalisch sinnvollen Ansatz wählen wir eine laufende Welle, denn Schallwellen bewegen sich ja erfahrungsgemäß vorwärts. Hinweis: Die x-koordinate ist hier mit sa (s: ganzzahlig) diskret gewählt, denn zwischen den Atomen existiert ja nichts Materielles. Wir setzen also an: Dann einsetzen und die zweite Ableitung ausrechnen: u s = A exp(i(ksa ωt)) (8.22) m 2 u s t 2 = mω 2 A exp(i(ksa ωt)) (8.23) Diese zweite Ableitung muss nun gleich groß sein wie die Summe der Federkräfte: +mω 2 A exp(i(ksa ωt)) = K(u s u s 1 )+K(u s u s+1 ) (8.24) +mω 2 A exp(i(ksa ωt)) = K(2u s u s 1 u s+1 ) (8.25) Jetzt wollen wir unseren Ansatz für u s einsetzen: u s = A exp(i(ksa ωt)) (8.26) und wir bekommen: +mω 2 A exp(i(ksa ωt)) = K(2u s u s 1 u s+1 ) (8.27) = K(2A exp(i(ksa ωt)) A exp(i(k(s 1)a ωt)) A exp(i(k(s+1)a ωt))) Durchkürzen liefert: mω 2 K = 2 (exp(ika)+exp( ika)) = 2 2cos(ka) = 4sin2 ( ) ka 2 (8.28) (8.29)

205 8.2. NICHTELASTISCHE STREUPROZESSE: PHONONEN 189 m m K K m m m us-2 K us-1 K us K us+1 K us+2 a Abbildung 8.10: Oben: Lineare Federkette mit identischen Massen und entsprechenden Federkonstanten für Wechselwirkungen auch mit dem übernächsten Nachbaratom. Dennoch enthält die Einheitszelle hier nur ein Atom, da sich die Position der übernächsten Nachbaratome in diesem Modell nicht verändern soll. Vergleichen Sie das bitte mit der Situation der zweiatomigen Kette weiter hinten im Text und Sie werden sehen, was gemeint ist. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet.) und schließlich bekommt man für die Frequenz: K ω = 2 m sin ( ) ka 2 Der Vollständigkeit halber berechnen wir noch die Gruppengeschwindigkeit: v g = dω K dk = m cos ( ) ka = c s cos 2 ( ) ka 2 (8.30) (8.31) die, bitte beachten, für kleine k groß ist und am Rand der Brillouinzone gegen Null geht. k ± π a, v g(k) 0 (8.32) Das Modell ist Ihnen zu primitiv und Wechselwirkungen mit dem nächsten Nachbarn sind Ihnen zu wenig? Kein Problem, dann nehmen wir eben den übernächsten Nachbarn auch noch mit. Passen Sie aber genau auf, wie man das macht und schauen Sie dazu in Abbildung Man sieht, dass nun das Atom an der Stelle u s mit weiteren schwächeren Federn an die Atome an den Stellen u s+2 und u s 2 verbunden ist. Die Atome an den Stellen u s+1 und u s 1 bewegen sich aber weiterhin nicht aus der Ruhelage. Die Gitterkonstante a entspricht daher dem einfachen Atomabstand. Wenn Sie erlauben, dass sich das übernächste Atom auch bewegen darf, bekommen Sie eine Gitterkonstante von 2a und gratis dazu noch ein ganzes System aus gekoppelten und

206 190 KAPITEL 8. STREUPROZESSE besonders ekligen Differentialgleichungen, die es sich an dieser Stelle wirklich nicht zu lösen lohnt. Stellen wir also zunächst die Kraftgleichung auf: m 2 u s t 2 = K(u s+1 u s ) K(u s u s 1 )+K (u s+2 u s ) K (u s u s 2 ) (8.33) Ausmultiplizieren liefert: m 2 u s t 2 = Ku s+1 Ku s Ku s +Ku s 1 +K u s 2 K u s K u s +K u s+2 (8.34) Jetzt braucht es ein paar Lösungsansätze aus laufenden Wellen und die sind: u s = Ae i(ska ωt) (8.35) u s+1 = Ae i((s+1)ka ωt) = Ae i(ka ωt) e ika (8.36) u s+2 = Ae i((s+2)ka ωt) = Ae i(ka ωt) e i2ka (8.37) u s 1 = Ae i((s 1)ka ωt) = Ae i(ka ωt) e ika (8.38) u s 2 = Ae i((s 2)ka ωt) = Ae i(ka ωt) e i2ka (8.39) Einsetzen liefert auf der linken Seite der Gleichung 8.34: m 2 u s t 2 = mω 2 u s (8.40) Wenn man jetzt auf der rechten Seite der Gleichung 8.34 einsetzt und alle Anteile von u s durchkürzt bekommt man: mω 2 = K ( e ika 1 ) K ( 1 e ika) +K ( e i2ka 1 ) K ( 1 e i2ka) (8.41) Nun etwas umsortieren: mω 2 = K ( e ika +e ika) 2K +K ( e i2ka +e i2ka) 2K (8.42) und sich daran erinnern, was man über Kosinüsse gelernt hat: mω 2 = 2Kcos(ka) 2K +2K cos(2ka) 2K (8.43) +mω 2 = 2K(1 cos(ka))+2k (1 cos(2ka)) (8.44) Nun brauchen wir wieder uralte Formeln aus dem Geometrieunterricht in der Schule: cos(2x) = 1 2sin 2 (x) (8.45)

207 8.2. NICHTELASTISCHE STREUPROZESSE: PHONONEN 191 Einsetzen liefert: cos(x) = 1 2sin 2 (x/2) (8.46) +mω 2 = 2K(1+2sin 2 (ka/2) 1)+2K (1+2sin 2 (ka) 1) (8.47) +mω 2 = 2K(2sin 2 (ka/2))+2k (2sin 2 (ka)) (8.48) +ω 2 = 4K m (sin2 (ka/2))+ 4K m (sin2 (ka)) (8.49) und fertig. Wie man sieht, schaut das aus wie die Dispersionsrelation der ursprünglichen einatomigen Kette mit Wechselwirkung zum nächsten Nachbarn, nur gibt es jetzt einen Zusatzterm, was ja ganz vernünftig klingt Die Phononen-Zustandsdichte und der schwarze Strahler An dieser Stelle können wir einen eleganten Rückblick auf den schwarzen Strahler aus dem ersten Kapitel werfen und vor allem darauf, woher die Plancksche Strahlungsformel kommt. Wir erinnern uns, die war der Auslöser dafür, dass es schließlich hieß: E = hf und damit war das die Grundlage der ganzen Quantenmechanik. Planck war damals genau an der gleichen Stelle wie wir hier in diesem Skriptum, denn er behandelte die Wärme im schwarzen Körper auch als Gitterschwingungen im Federmodell. Dann beschloss er, sich das Leben nicht unnötig kompliziert zu machen und blieb beim ersten Modell, bei dem nur die Wechselwirkung zum nächsten Nachbaratom berücksichtigt wurde. Dann nahm er unsere schöne ω(k) Beziehung für die Phononen, die wir oben hergeleitet haben und berechnete aus dieser E(k)/ Beziehung die Zustandsdichte für Phononen. Die Vorgangsweise dazu ist ganz genau die gleiche wie bei den Elektronen im 3D Fall. Für die Zustandsdichte der Elektronen hatten wir bekommen: dn(k) = L3 8 π 3d3 k = L3 8 π 34πk2 dk (8.50) und das merken wir uns mal kurz. Die Frequenz der Phononen war ( ) K ka K ω = 2 m sin ka 2 m (8.51) und damit berechnet sich die Gruppengeschwindigkeit zu: ( ) dω K ka K dk = a m cos a 2 m = v g (8.52)

208 192 KAPITEL 8. STREUPROZESSE also ist für kleine k-werte: und ω = kv g (8.53) dω = v g dk (8.54) Damit bekommt man dann für das Volumenelement im k-raum: 4πk 2 dk = 4πk 2dω = 4π ω2 dω = 4π ω2 dω (8.55) v g v 2 g v g v 3 g Und daraus folgt dann die Zustandsdichte D(ω) = E(k)/ für die Phononen im 3D-Fall. D(k)d 3 k = V (2π) 34πω2 dω = D(ω)dω (8.56) v 3 g Hinweis: Diese Rechnung gilt im Bereich der linearen Dispersion und ist daher formal gleich für Phononen, Photonen und sogar Elektronen in Graphen, die auch eine lineare E(k) Beziehung haben. Jetzt kann man darüber diskutieren, ob man für die lineare Kette vielleicht nicht doch besser den 1D Fall nehmen sollte, also machen wir auch das. Für die 1D- Zustandsdichte der Elektronen hatten wir bekommen: dn = dn(k) = L dk (8.57) 2 π Mit den Näherungen für die Phononen von oben haben wir: K ω ka (8.58) m ω a K m = k (8.59) und dω K dk a m = v g (8.60) und dann brauchen wir den Kehrwert: dk dω = 1 a K m = 1 v g (8.61) dn = L 2 π dk = L 1 dω (8.62) 2 πv g

209 8.2. NICHTELASTISCHE STREUPROZESSE: PHONONEN 193 Die 1D-Zustandsdichte ist somit: D(ω) = L 1 (8.63) 2 πv g Um zur Planckschen Formel zu kommen muss man wissen (also eine Vorlesung über statistische Physik inklusive Übung besucht haben), wie viele Phononen es gibt, bzw. deren Dichte ausrechnen. Phononen sind Bosonen und haben eine spezielle Statistik, die phonon occupation number (Da steht ein 1 im Nenner, nicht ein +1 wie bei der Fermistatistik): < n ω >= 1 exp ω kt 1 (8.64) Die 3D-Zustandsdichte für Phononen im Federkettenmodell inklusive der Besetzungswahrscheinlichkeit ist also D(ω)dω = V 4πω 2 (2π) 3 v 3 g 1 exp ω kt 1 dω (8.65) Das ist zwar richtig und schön, aber Herr Planck war damals an der Energiedichte interessiert, weil er ja wissen wollte, wie viel Leistung pro m 2 und Frequenzintervall aus so einem schwarzen Strahler herauskommt. Planck hatte aber noch keine Quantenmechanik zur Verfügung, den Schrödinger konnte er auch nicht fragen, denn der lag zu dieser Zeit noch nicht einmal im Kinderwagen, sonst kannte sich auch niemand aus und so musste er zähneknirschend postulieren, dass gilt E = hf. Ich bin sicher, es hat ihn sehr geärgert, dass er nicht herausfinden konnte, warum. Wir hingegen haben es leicht, denn wir kennen den quantenmechanischen harmonischen Oszillator und seine Schrödingergleichung, welche lautet: ( p 2 2m Cx2 ) Ψ = EΨ (8.66) Die Wellenfunktionen sind uns hier egal, wir wollen nur die Energieeigenwerte. Diese sind, wie schon früher erwähnt, für Theoretiker nicht schwierig zu berechnen und noch dazu sind diese äquidistant. Man bekommt: E n = (n+ 1 ) ω (8.67) 2 n ist eine natürliche Zahl. Im üblichen Jargon für Phononen schreiben wir das ein wenig anders: E k = (n k + 1 ) ω (8.68) 2

210 194 KAPITEL 8. STREUPROZESSE was aber keinerlei Unterschied macht. Alles was zählt ist: Der Energieunterschied zwischen zwei Zuständen im harmonischen Oszillator ist E = ω und die Energie, die beim Übergang zwischen benachbarten Zuständen im Oszillator an ein Photon im schwarzen Strahler abgegeben wird, ist ebenfalls E = ω. Übergänge mit n > 1 sind unwahrscheinlich, was sich durch Berechnung des Übergangsmatrixelements mit Hilfe der Wellenfunktionen und Fermis goldener Regel leicht zeigen ließe. Da jedes Phonon im ersten angeregten Zustand die Energie ω trägt, muss man obige Formel nur damit multiplizieren und man bekommt: D(E)dE = V 4πω 3 (2π) 3 v 3 g exp ω kt 1 de (8.69) Planck wollte mit diesem Wissen jetzt ein für alle Mal ausrechnen, was sein schwarzes Loch so abstrahlt und nahm an, dass die Phononenenergie 1:1 in Photonenenergie (ebenfalls Bosonen mit der selben Statistik) umgesetzt wird. Damit wird aus der Gruppengeschwindigkeit die Lichtgeschwindigkeit und mit ω = 2πf und dem Volumen für den Raumwinkel von V = 4π bekommen wir: D(f)df = 2f3 c 3 h df (8.70) expkt ω 1 Und das ist schon die Plancksche Formel für die Energiedichte. Hinweis: Mit der 1D- Zustandsdichte für Phononen kommt man nicht auf die Plancksche Formel Die Zustandsdichte im Debye-Modell Da ich Ihnen den Spaß an Plancks privatem schwarzen Loch nicht verderben und Sie vor allem nicht verwirren wollte, muss ich jetzt zugeben, dass ich Ihnen im letzten Kapitel ganz elegant und unauffällig das Debye-Modell für die Zustandsdichte untergejubelt habe. Hier nochmal die Eckdaten des Modells: Alle k-werte sind klein, die Wellenlängen sind groß und die Schallgeschwindigkeit (Gruppengeschwindigkeit) sei konstant, also: ω = kv g (8.71) dω dk = a K m = v g (8.72)

211 8.2. NICHTELASTISCHE STREUPROZESSE: PHONONEN 195 Die Zustandsdichte (siehe oben) wird damit zu: D(k)d 3 k = V (2π) 34πω2 dω = D(ω)dω (8.73) v 3 g Die Zustandsdichte wächst somit quadratisch mit der Frequenz. Im Debye-Modell wird außerdem angenommen, dass die Gruppengeschwindigkeit v g (Schallgeschwindigkeit) und damit die Zustandsdichte im k-raum isotrop sei. Es gibt aber einen maximalen Wert für den Wellenvektor, der physikalisch sinnvoll ist und der dem Rand der ersten Brillouinzone entspricht. Die Form der Brillouinzone wird im Debye Modell durch eine Kugel ersetzt, wobei der Radius der Kugel so gewählt wird, dass die Zahl der Moden innerhalb dieser Kugel der Zahl der Moden im Kristall entspricht, d. h. (ohne Berücksichtigung der Polarisation) gleich der Anzahl N z der Atome im Kristall ist. N z = L3 4πkD 3 (2π) 3 3 k D = ( 6π 2 N z ) 1/3/L = ( 6π 2 N z /V ) 1/3 = L 3 kd 3 VkD 3 (8.74) 6π 2 (8.75) k D ist der sogenannte Debye-Wellenvektor. Die Phononenfrequenzen haben im Debye- Modell ein oberes Limit, welches sich so berechnet: ω D = v s ( 6π 2 N z /V ) 1/3 (8.76) und damit beenden wir die Rechnerreien zu diesem Thema. Wichtiger Hinweis zum Schluss: Das Debye Modell hat wichtige Anwendungen auch außerhalb der Halbleiterphysik, ganz besonders in der Berechnung der spezifischen Wärme, aber das ist ein Thema, das wieder ganz klar außerhalb dieses Skriptums liegt Die Zustandsdichte im Modell der linearen Kette Wie berechnet man jetzt die Zustandsdichte der Phononen im Modell der linearen Kette auf exakte Weise? Dazu brauchen wir zunächst wieder die ω(k) Beziehung der linearen Kette: ω(k) = 2 K/m sin ( ) ka 2 Natürlich auch die Ableitung, die ja die Gruppengeschwindigkeit v g darstellt: v g = dω dk = 2 K/m a ( ) ka 2 cos 2 (8.77) (8.78)

212 196 KAPITEL 8. STREUPROZESSE oder: 1 dk = 2 K/m a cos( )dω (8.79) ka 2 2 Für kleine k ist der Kosinus ungefähr gleich Eins, also: und Jetzt müssen wir k(ω) ausrechnen: ω 2 arcsin v g a K/m (8.80) dω dk = a K/m (8.81) m K = sin ( ω 2 ) m = K k = 2 a arcsin ( ω 2 ( ) ka 2 ( ) ka 2 ) m K (8.82) (8.83) (8.84) Jetzt berechnen wir die Zustandsdichte ganz genau gleich wie früher bei den Elektronen, verwenden aber nun die Dispersion der Phononen: D(k)d 3 k = V (2π) 34πk2 dk = 4πV ( 2 (2π) 3 a arcsin Jetzt dk auf dω umrechnen: D(k)d 3 k = 4πV (2π) 3 ( 2 a arcsin( ω 2 m K ( ω 2 )) 2 )) 2 m dk (8.85) K v g dω (8.86) Passt dieses Resultat irgendwie mit dem Debye-Modell von oben zusammen? Antwort ja, wenn man die Näherung für die Gruppengeschwindigkeit bei kleinen k verwendet: D(k)d 3 k = 4πV m 2a 2 K (2π) 3ω2 = 2πV v g 1 v 2 g (2π) 3ω2 (8.87) v g Und das schaut doch jetzt genau wieder gleich aus wie im Debye-Modell: D(k)d 3 k = 2πV (2π) 3ω2 1 v 3 (8.88) Uff, damit ist die einatomige Kette abgearbeitet und damit geht es zum nächsten Thema.

213 8.2. NICHTELASTISCHE STREUPROZESSE: PHONONEN atomiges Gitter im Gleichgewicht Einheitszelle s-1 Einheitszelle s Einheitszelle s+1 m1 m2 m1 m2 m1 m2 K a K K K K us-1 vs-1 us vs us+1 vs+1 2-atomiges Gitter mit Gitterschwingungen Abbildung 8.11: Federkette mit zwei Atomen pro Elementarzelle. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet.) LO-Phononen: Die zweiatomige Kette In vielen Halbleitern (z. B. GaAs) gibt es mehr als nur eine Atomsorte und fast alle haben mehrere Atome pro Elementarzelle (Silizium: 8. Hausaufgabe: GaAs hat wie viele Atome pro Elementarzelle?). Wir betrachten als Modell für eine 2-atomige Elementarzelle also nun eine Federkette, die an Massenpunkte mit zwei verschiedenen Massen gekoppelt ist (siehe Abbildung 8.11). Die Federkonstante soll für alle Atome die selbe sein, allfällige Abhängigkeiten von irgendwelchen Kristallrichtungen ignorieren wir völlig. Die Atome schwingen also nun in der Federkette hin und her und u s und v s sind die Auslenkungen von der jeweiligen Ruhelage. m 1 d 2 u s dt 2 = K(v s +v s 1 2u s ) (8.89) m 2 d 2 v s dt 2 = K(u s+1 +u s 2v s ) (8.90) Das sind zwei, leider gekoppelte Kraftgleichungen, die wir aber mit dem Lösungsansatz in Gleichung 8.92 in den Griff bekommen. a ist der Abstand der Einheitszellen, s die Nummer der Einheitszelle und damit eine ganze Zahl. k ist der Wellenvektor des Phonons, sa ist damit eine Ortskoordinate in z-richtung und der Ansatz sieht daher genau gleich aus wie der Wellenansatz für die Elektronen. Wichtig: Der Wellenvektor k für Phononen und Elektronen ist ganz genau der gleiche, weil beide Teilchen befinden sich ja im selben Kristall. Hinweis: In manchen Büchern wird der Wellenvektor für Phononen

214 198 KAPITEL 8. STREUPROZESSE als q bezeichnet was dann gerne Verwirrung stiftet. u s = uexp(iksa)exp( iωt) (8.91) v s = vexp(iksa)exp( iωt) (8.92) Die obigen Lösungsansätze sind vorwärts laufende Wellen mit unterschiedlicher Amplitude, da sich in unendlichen Federketten die Wellen immer in irgendeine Richtung ausbreiten können. Barrieren, wie bei den Elektronen in der Quantenmechanik, gibt es nicht und damit gibt es auch keine Reflexionen und stehende Wellen. Weil es wegen der Periodizität des Gitters egal ist, in welcher Einheitszelle wir das Phonon betrachten, können wir gleich die mit der Nummer 1 nehmen und sind damit das lästige s los... Ok, das ist doch wohl etwas zu schlampig formuliert. Zuerst einmal darf man nicht vergessen, dass (im Gegensatz zu Elektronenwellen!) die Phononenwelle nur auf den Gitterpunkten definiert ist, zwischen den Atomen gibt es keine Schwingung oder sonst etwas, was auch nur auf ein Phonon hindeutet. Aber: Die Phononenschwingung muss gitterperiodisch sein, also u s exp(iksa) = us+n exp(ik(s+n)a) (8.93) v s exp(iksa) = vs+n exp(ik(s+n)a) (8.94) N ist die Nummer einer anderen Einheitszelle. Das geht aber nur wenn exp(ikna) = 1 oder kna = n 2π, wobei n eine ganze Zahl ist. Damit reicht es also, in der ersten Einheitszelle zu bleiben und alle Lösungen sind durch k-werte im Intervall von π/a...+π/a gegeben. Höhere k-werte führen nur zu den periodischen Lösungen. Kehren wir zurück zu unseren nun einfacheren Ansätzen für die Wellen und setzen diese in die gekoppelten Kraftgleichungen ein (das exp( ika) kommt von der Stützstelle s 1): ω 2 m 1 u s = Kv[1+exp( ika)] 2Ku s (8.95) ω 2 m 2 v s = Ku[exp(+ika)+1] 2Kv s (8.96) Das Ganze jetzt in Matrixschreibweise: [ ]( ω 2 m 1 +2K K[1+exp( ika)] K[exp(+ika)+1] ω 2 m 2 +2K u s v s ) = 0 (8.97) Für eine nicht-triviale Lösung des Gleichungssystems muss die Determinante 0 sein. Die Determinante ist: m 1 m 2 ω 4 2K(m 1 +m 2 )ω 2 +2K 2 (1 cos(ka)) = 0 (8.98)

215 8.2. NICHTELASTISCHE STREUPROZESSE: PHONONEN 199 Mit der Lösungsformel für quadratische Gleichungen sollte folgendes herauskommen: ω 2 = 2K(m 1 +m 2 )± [ 4K 2 (m 1 +m 2 ) 2 8K 2 (1 cos(ka))m 1 m 2 ] 1/2 2m 1 m 2 (8.99) Hausaufgabe: Nachrechnen. Jetzt kann man nochmals die Wurzel ziehen und bekommt ziemlich lange Formelwürste für zwei verschiedene ω(k) Beziehungen (negative ω(k) Werte sind unphysikalisch), welche im Plot 8.12 (a) besichtigt werden können. Die verschiedenen Äste der Dispersionsrelationen entsprechen den sogenannten longitudinal akustischen und longitudinal optischen Phononen (longitudinal acoustic LA, longitudinal optic LO) in unserer eindimensionalen Kette. Die Bezeichnung optische Phononen kommt daher, dass diese auch bei k = 0 eine Energie aufweisen und somit durch ein Photon (mit k = 0) im infraroten Spektralbereich angeregt werden können. Erlaubt man Auslenkungen der Atome nicht nur in x-richtung (siehe nochmals Abbildung 8.11) sondern auch in y-richtung, so bekommt man auch noch transversal akustische und transversal optische Phononen (transversal acoustic TO, transversal optic TO), wie sie in Abbildung 8.12 (b) dargestellt sind. Was man hier besonders anschaulich sieht ist, dass die Auslenkungen u s und v s unterschiedlich groß sind. Das ist zwar bereits im Ansatz der Lösung so eingebaut, wird aber bei den meisten Darstellungen in der Literatur nur unklar oder gar falsch dargestellt. Die Grenzwerte für ω lauten: k 0 ω 2 1 2K( 1 m m 2 ) (8.100) k 0 ω 2 2 K 2 m 1 +m 2 k 2 a 2 (8.101) k π a ω2 1 = 2K m 2 (8.102) k π a ω2 2 = 2K m 1 (8.103) Für den akustischen Zweig lässt sich eine Schallgeschwindigkeit (Gruppengeschwindigkeit) berechnen: v s = dω K dk = a (8.104) m av Für den optischen Zweig kann man das auch tun, erhält aber einen Wert von praktisch Null. Merke: Akustische Phononen sind fortlaufende Schwingungen, optische Phononen schwingen nur am Ort. Eine kleine Hausaufgabe: Finden Sie die Schallgeschwindigkeit für Silizium und vergleichen Sie den Wert mit dem Ergebnis der Rechnung.

216 200 KAPITEL 8. STREUPROZESSE Hz (ev (a) GaAs R EQUEN (10 12 ) F Z LO TO LA TA N ERG ) E IE 0 0 [100] REDUZIERTE WELLENZAHL k/k max (b) u s vs k Die zwei Atome in der Einheitszelle schwingen in entgegengesetzter Richtung Optische Mode Akustische Mode u s k Die zwei Atome in der Einheitszelle schwingen in der gleichen Richtung Abbildung 8.12: (a): Typische Dispersionsrelationen für Phononen und (b): Schematische Darstellung von transversal-akustischen und transversal-optischen Schwingungsmoden. (Bildquelle: Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design (Springer 2007))

217 8.2. NICHTELASTISCHE STREUPROZESSE: PHONONEN 201 m m m m K2 K1 K2 vs-1 us vs a us+1 Abbildung 8.13: Federkette mit identischen Atomen aber abwechselnd unterschiedlichen Federkonstanten. Je zwei Atome bilden dadurch ein Molekül. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet.) wegen u = m 2 m 1 v die Atome bewegen sich gegeneinander das Massenzentrum bleibt auf der Stelle Ein Hinweis zum Schluss: Ein echter Siliziumkristall hätte 8 Atome pro Elementarzelle und damit auch entsprechend mehr Äste für die Dispersionsrelationen LO-Phononen: Die Molekülkette mit zwei Kraftkonstanten Statt eine Federkette mit unterschiedlichen Massen als Modell für Phononen zu verwenden, kann man auch eine einatomige Kette mit alternierenden Federkonstanten verenden. Dies entspräche dann einer Kette von Molekülen, bei der ein Molekül aus zwei Atomen, welche mit einer hohen Federkonstante verbunden sind, mit einer schwachen Federkonstante an das nächste Molekül gekoppelt ist (siehe Abbildung 8.13). Die Tatsache, dass Moleküle normalerweise aus zwei verschiedenen Atomen mit verschiedenen Massen bestehen, ignorieren wir hier der Einfachheit halber. Die Kraftgleichungen lauten hier: m 2 u s t 2 = K 1 (v s u s ) K 2 (u s v s 1 ) (8.105) m 2 v s t 2 = K 2(u s+1 v s ) K 1 (v.s u s ) (8.106) Als Lösungsansätze verwendet man wie bisher: u s = A u e i(ωt ksa) (8.107)

218 202 KAPITEL 8. STREUPROZESSE v s = A v e i(ωt ksa) (8.108) Vorsicht, u s und v s haben nicht die gleichen Amplituden. Jetzt heißt es wie immer einsetzen. Wir erhalten für die beiden Kraftgleichungen: mω 2 A u e i(ωt ksa) = K 1 A v e i(ωt ksa) K 1 A u e i(ωt ksa) K 2 A u e i(ωt ksa) +K 2 A v e i(ωt k(s 1)a) (8.109) mω 2 A v e i(ωt ksa) = K 2 A u e i(ωt k(s+1)a) K 2 A v e i(ωt ksa) K 1 A v e i(ωt ksa) +K 1 A u e i(ωt ksa) Die Exponentialfunktionen lassen sich weitestgehend durchkürzen: (8.110) mω 2 A u = +K 1 A v K 1 A u K 2 A u +K 2 A v e +ika (8.111) mω 2 A v = +K 2 A u e ika K 2 A v K 1 A v +K 1 A u (8.112) Jetzt sortiert man die Terme ein wenig um schafft dann alles auf eine Seite mω 2 A u = +K 1 A u +K 2 A u K 1 A v K 2 A v e +ika (8.113) mω 2 A v = K 2 A u e ika K 1 A u +K 1 A u +K 2 A v (8.114) 0 = +K 1 A u +K 2 A u mω 2 A u K 1 A v K 2 A v e +ika (8.115) 0 = K 2 A u e ika K 1 A u K 1 A v +K 2 A v mω 2 A v (8.116) und erhält dann ein homogenes Gleichungssystem, ( +K 1 +K 2 mω 2 K 1 K 2 e +ika 0 = K 2 e ika K 1 +K 1 +K 2 mω 2 )( A u A v ) (8.117) das sich natürlich nur lösen lässt, wenn die Koeffizientendeterminante gleich Null ist. +K 1 +K 2 mω 2 K 1 K 2 e +ika 0 = (8.118) K 2 e ika K 1 +K 1 +K 2 mω 2 Die Koeffizientendeterminante berechnet sich zu: 0 = ( K 1 +K 2 mω 2) 2 K1 +K 2 e +ika 2 (8.119) Einmal Wurzel ziehen ± K1 +K 2 e +ika ( = K1 +K 2 mω 2) (8.120)

219 8.2. NICHTELASTISCHE STREUPROZESSE: PHONONEN 203 E π/a π/a k Abbildung 8.14: Dispersion der Federkette mit identischen Atomen aber abwechselnd unterschiedlichen Federkonstanten. Der lineare Zweig gehört zu den akustischen Phononen, der flache Zweig bei höheren Energien zu den optischen Phononen. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet.) und nach mω 2 auflösen liefert: mω 2 = (K 1 +K 2 )± K1 +K 2 e +ika (8.121) Jetzt etwas komplexe Algebra für den Term K 1 +K 2 e +ika : K1 +K 2 e +ika = (K1 +K 2 e +ika )(K 1 +K 2 e ika ) (8.122) K1 +K 2 e +ika = K 2 1 +K K 1 K 2 cos(ka) (8.123) Das Ganze einsetzen und schließlich erhalten wir für ω die folgende Formel: 1 ω = m (K 1 +K 2 )± 1 K1 2 +K2 2 +2K 1 K 2 cos(ka) (8.124) m deren Ergebnis in Abbildung 8.14 dargestellt ist. Qualitativ sieht das genau gleich aus wie bei der zweiatomigen Federkette, was aber nicht weiter verwundert. Jetzt ein Reality Check bereitgestellt vom Studenten Gerd Fuchs, TU Wien, der vorschlug, K 1 = K 2 zu setzen und zu schauen, ob wir wirklich zurück zur normalen einatomigen Kette kommen. Setzen wir also in die Formel für ω von oben K 1 = K 2 und wir erhalten: ω = 2K1 m ± 1 2K1 2 (1+cos(ka)) (8.125) m

220 204 KAPITEL 8. STREUPROZESSE Mit cos 2 (x) = 1 (1+cos(2x)) (8.126) 2 bekommt man: und ω = ω = 2K 1 m ± 1 m 2K 1 m ± 2K 1 m cos 2K 2 1 ( ( )) ka 2cos 2 2 ( ) ( ka 2K 1 = 1±cos 2 m ( )) ka 2 (8.127) (8.128) und mit noch einem Sinussatz: landen wir bei: sin 2 (x) = 1 (1 cos(2x)) (8.129) 2 ω = ω = 2 2K 1 m 2sin2 K1 m sin ( ) ka 4 ( ) ka 4 (8.130) (8.131) Jetzt müssen wir noch berücksichtigen, dass die Gitterkonstante a mit zwei Federkonstanten doppelt so groß ist wie die Gitterkonstante a der einatomigen Kette (siehe Abbildung 8.13 und Abbildung 8.9), also gilt: a = 2a (8.132) und schließlich landen wir bei: ω = 2 K1 ( ) ka m sin 2 (8.133) und damit bei der einatomigen Kette. Die Sache passt also. 8.3 Gesamtleitfähigkeit und Streuprozesse Will man die Gesamtleitfähigkeit seiner Probe bei gleichzeitiger Anwesenheit verschiedener Streuprozesse berechnen, so muss man die Leitfähigkeiten für die einzelnen Streuprozesse addieren. Für die Streuzeiten heißt das, es müssen die Kehrwerte addiert werden.

221 8.4. SÄTTIGUNGSDRIFTGESCHWINDIGKEIT UND BEWEGLICHKEIT 205 In der Literatur ist dies unter dem Stichwort Matthissenregel bekannt: σ = i 1 τ = i e n i µ i ; µ i = eτ i m i (8.134) 1 τ i Matthiessenregel für Streuzeiten (8.135) Aufpassen, in diversen Büchern wird auf so etwas nicht immer extra hingewiesen. Abbildung 8.15 zeigt nun, wie sich die gemessene Beweglichkeit einer Probe aus den verschiedenen Streuprozessen zusammensetzt. Fast alle Streuprozesse werden mit steigender Temperatur stärker, nur für die Streuung an ionisierten Störstellen ist es genau umgekehrt. Das führt genau dazu, dass praktisch alle Volumenmaterialien (=bulk materials) bei mittleren Temperaturen ein Maximum in der Beweglichkeit aufweisen. Einzige Ausnahme ist der HEMT, siehe Abbildung 8.2. Hier wird schon bei der Kristallzucht dafür gesorgt, dass sich im Bereich des Elektronenkanals keine Störstellen befinden und somit Streuung an ionisierten Störstellen erst gar nicht stattfinden kann. Als Konsequenz steigt die Beweglichkeit in einem solchen System mit sinkender Temperatur bis auf beeindruckende Werte an. Ein Wert von µ = cm 2 /Vs ist in GaAs / AlGaAs Heterostrukturen kein Problem. 8.4 Sättigungsdriftgeschwindigkeit und Beweglichkeit Die hohe Effizienz der Phononenstreuung und die Tatsache, dass Phononen sowohl emittiert als auch absorbiert werden können, führt zu Phänomen der Sättigungsdriftgeschwindigkeit. Beschleunigt ein Elektron durch äußere Felder auf Geschwindigkeiten, die Energien oberhalb der LO-Phononenenergie entsprechen, so schlägt die Phononenstreuung ganz besonders effizient zu und bremst die Elektronen im Mittel auf die sogenannte Sättigungsgeschwindigkeit. Betrachten wir einmal die Halbleiterprobe in Abbildung 8.16 und machen für die Messung ein ganz primitives Modell. Zunächst nehmen wir an, dass die Probe irgendeinen Widerstand habe und dass wir die Messung mit irgendeinem, aber konstanten Strom durchführen. Für die Spannung zwischen den Kontakten (vergleiche Abbildung 8.16) gilt also (R x sei der Widerstand der Probe zwischen den Stromkontakten links und rechts): I = V x /R x V x = IR x (8.136)

222 206 KAPITEL 8. STREUPROZESSE Beiträge zur Beweglichkeit durch Streuung an 1 akustischen Phononen (piezoelektrische WW) μ~t -1/2 2 akustischen Phononen (Deformationspotential) μ~t -3/2 3 optischen Phononen (polare Wechselwirkung) μ~ N 1 LO (T ) 4 ionisierten Störstellen μ~t 3/2 5 neutralen Störstellen μ~t 0 Abbildung 8.15: Beweglichkeit in Abhängigkeit von der Temperatur und von den verschiedenen Streuprozessen. (Bildquelle: Rolf Sauer, Halbleiterphysik, Oldenburg Verlag (2009)) z y x I x W T L Vx Abbildung 8.16: Geometrie einer Halbleiterprobe zur Bestimmung der Driftgeschwindigkeit. (Bildquelle: nach Jasprith Singh, Electronic and Optoelectronic Properties of Semiconductors, Cambridge University Press (2003).)

223 8.4. SÄTTIGUNGSDRIFTGESCHWINDIGKEIT UND BEWEGLICHKEIT 207 Für das elektrische Feld bekommen wir: E feld = V x /L (8.137) Nehmen wir nun an, dass die Probe eine gute Qualität und damit ziemlich hohe Beweglichkeit habe. Außer der Phononenstreuung (Emission) sollen für diese Betrachtung andere Streuprozesse keine Rolle spielen. Man bekommt für die Elektronengeschwindigkeit und die kinetische Energie, v = E feld µ (8.138) E kin = m 2 v2 = m 2 (E feldµ) 2 (8.139) Diese kinetische Energie darf aber nur maximal die LO-Phononenenergie erreichen, anderenfalls wird das Elektron nicht-elastisch gestreut und die Energie ist dann wieder Null. In Formeln: m 2 (E feldµ) 2 = ( ω LO ) (8.140) ω LO = 36meV in GaAs. In anderen Halbleitern ist die LO-Phononenenergie nicht viel anders. Aus dieser maximalen Energie kann man eine maximale Geschwindigkeit, die sogenannte Sättigungsgeschwindigkeit ausrechnen, v sat = 2( ω LO )/m (8.141) und natürlich auch das elektrische Feld, ab dem dieser Effekt eintritt. E sat feld = V x /L = 2( ωlo )/m Die zugehörige Spannung zwischen den Kontakten wäre dann: µ (8.142) V sat x = 2( ωlo )/m L (8.143) µ Wenn man das mit dem Probenwiderstand auf den Probenstrom umrechnet erhält man; I sat = Vx sat 2( ωlo )/m /R x = L (8.144) µ R x Und als Konsequenz davon bekommt man für die Beweglichkeit: µ = v sat /E feld (8.145) das heißt, oberhalb der Sättigungsgeschwindigkeit geht die Beweglichkeit mit 1/E Feld gegen Null.

224 208 KAPITEL 8. STREUPROZESSE Geschschwindigkeit Energie LO-Phononenenergie Sättigungsgeschwindigkeit sat Efeld Beweglichkeit sat Efeld LO-Phononenenergie µ=v sat /E feld sat elektrisches Feld elektrisches Feld Abbildung 8.17: Links: Elektronengeschwindigkeit als Funktion des elektrischen Feldes. Rechts: Elektronenbeweglichkeit als Funktion des Elektrischen Feldes. Oberhalb der Sättigungsgeschwindigkeit sinkt die Beweglichkeit mit 1/E Feld. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet.) Setzen wir doch mal ein paar Zahlen ein und zwar: L = 100µm,µ = cm 2 /Vs, R x = 100Ω, m = 0.067m 0 und wir bekommen einen Strom von I = 0.78mA. Die Moral aus der Geschichte: Besser kleinere Ströme nehmen, oder man misst Mist. In der Praxis hat man aber das Problem, das man die Beweglichkeit ja gerade nicht kennt, sondern diese messen will. Wie geht man also vor, um zu vermeiden, dass einem die Sättigungsgeschwindigkeit Streiche spielt? Man nimmt zuerst irgendeinen eher kleinen Strom (z. B. 1mA) und misst V x. Anschließend halbiert man den Strom. Sinkt V x auch um die Hälfte, ist man im grünen Bereich, wenn nicht, muss man den Strom weiter reduzieren, bis dem so ist. In der Praxis können die Ströme leicht in den µa Bereich kommen, auf sehr hochbeweglichen Proben können es auch noch weniger sein. Ganz so digital und einfach, wie oben beschrieben, läuft die Sache natürlich nicht ab, aber die Idee sollte jetzt mal verstanden sein. Ein korrekteres Modell der feldabhängingen Beweglichkeit findet sich im Sze, (S. M. Sze, Semiconductor Devices, John Wiley & Sons, Inc. (2007)) der es aber auch aus einem nur mehr schwer erhältlichen Buch aus der Frühsteinzeit abgeschrieben hat (J. L. Moll, Physics of Semiconductors, McGraw-Hill, NewYork 1964). Die Idee ist die folgende: Die Elektronen nehmen im elektrischen Feld Geschwindigkeit und Energie auf und diese Energie entspricht einer erhöhten Temperatur. Es

225 8.4. SÄTTIGUNGSDRIFTGESCHWINDIGKEIT UND BEWEGLICHKEIT 209 (a) Driftgeschwindigkeit (10 7 cm/s) (b) Sättigungsdriftgeschwindigkeit (10 7 cm/s) Elektrisches Feld (V/cm) T(K) Abbildung 8.18: (a): Elektronengeschwindigkeit als Funktion des elektrischen Feldes. (b) Sättigungsdriftgeschwindigkeit als Funktion der Temperatur. (Bildquelle: S. M. Sze, Semiconductor Devices, John Wiley & Sons, Inc. (2007))

226 210 KAPITEL 8. STREUPROZESSE wird also eine eigene effektive Elektronentemperatur eingeführt, die laut Sze so aussieht (keine Ahnung warum). T eff T = 1 2 [ π 8 ( ) ] µ0 E Feld (8.146) c s ist die Schallgeschwindigkeit. Jetzt sagt man, dass für die mittlere freie Weglänge gilt, dass diese das Produkt aus der thermischen Geschwindigkeit und der Stoß zeit (eigentlich der Zeit zwischen zwei Stöß en) sei: c s λ m = τv th (8.147) Die thermische Geschwindigkeit bekommt man wie üblich aus: Einsetzen liefert: E = 3kT 2 = m 2 v th 2 v th = 2kT/3m (8.148) µ 0 = eτ m = eλ m 2 3 ktm (8.149) Für die Elektronen mit der effektiven Temperatur T eff ist das dann sinngemäß : µ eff = eτ m = eλeff m (8.150) 2 kt 3 effm Jetzt nimmt man ganz einfach an, dass sich die Driftgeschwindigkeit um das Verhältnis µ eff /µ 0 ändert und bekommt dann für die Driftgeschwindigkeit: T v d = µ 0 E Feld (8.151) T eff Für die Sättigungsgeschwindigkeit liefert das Modell vom Moll: 8 ωlo v s = (8.152) 3πm 0 Das schaut etwas anders aus als die einfache Formel von ganz oben, aber nicht viel. Zunächst ist da ein Fehler in der Formel, weil ich mir sehr sicher bin, dass das m 0 ganz bestimmt ein m sein sollte. Dann schreiben wir die Formel etwas um: m v s 2 2 = 4 ω LO 3π ω LO 2 (8.153)

227 8.5. OPTISCHE ÜBERGÄNGE UND STREUPROZESSE 211 Durch die kleine Näherung, dass 4/3π 4/9.42 1/2 sieht man, dass hier die Sättigungsgeschwindigkeit aus der halben Maximalgeschwindigkeit gewonnen wurde und das ist nicht unvernünftig, denn das entspricht der mittleren Geschwindigkeit der Elektronen. (Hausaufgabe: Irgendwo das alte Buch vom Moll finden und herunterladen, nachsehen was dort zu diesem Thema steht und mir dann eine schicken.) Wichtig: Die obige Formel stimmt nur für nicht allzu große elektrische Felder. In der Nähe der Sättigungsgeschwindigkeit wird gerne folgende semiempirische Formel verwendet: µ 0 E Feld v d = [ ] 1+(µ 0 E Feld /v s ) C 1/C2 (8.154) 2 C 2 ist ein Parameter mit dem Wert C 2 = 2 bei Raumtemperatur. Der Sze meint noch, C 2 sei temperaturabhängig, mehr wird dazu aber nicht gesagt. Abbildung 8.18 zeigt die ganze Geschichte in bildlicher Form. In Abbildung 8.18 (a) kann man die Elektronengeschwindigkeit als Funktion des elektrischen Feldes sehen. Beachten Sie besonders die GaAs Kurve im Abbildung 8.18 (a). Dort hat die Sättigungsgeschwindigkeit ein Maximum, das velocity overshoot genannt wird und von einem Ladungsträgertransfer in höhere Leitungsbänder stammt. In Silizium sieht man diesen Effekt nicht (Hausaufgabe: Herausfinden warum!). Abbildung 8.18 (b) zeigt die Sättigungsdriftgeschwindigkeit als Funktion der Temperatur und man sieht, dass diese steigender Temperatur sinkt. Das wiederum ist aber nicht verwunderlich, da wir schon gesehen haben, dass gemittelt über alle Streuprozesse die Beweglichkeit in allen Halbleitern im Allgemeinen sinkt. 8.5 Optische Übergänge und Streuprozesse Streuprozesse sind auch bei optischen Übergängen im Halbleiter wichtig, vor allem beim Thema Lumineszenz-Messungen zur Bestimmung der Bandlücke als Funktion der Temperatur oder sonst einem Parameter. Bei einem Lumineszenz-Experiment ballert man mit einem Laser auf eine Halbleiterprobe. Die Energie der Photonen muss über der Bandlücke des unbekannten Halbleiters liegen, aber das ist leicht zu verifizieren, denn unterhalb der Bandlücke ist der Halbleiter für den Laser transparent. Ist diese Bedingung erfüllt, gibt es irgendwo einen optisch induzierten Übergang eines Elektrons vom Valenzband ins Leitungsband wie in Abbildung 8.19 dargestellt. Wie das genau funktioniert ist hier egal, Details gibt es dann im Kapitel über optische Übergänge. Diese hoch ins Leitungsband angeregten Elektronen könnten jetzt natürlich auch wieder op-

228 212 KAPITEL 8. STREUPROZESSE LB Phononenemission Rekombination VB-hh k VB-lh Abbildung 8.19: Relaxation von optisch angeregten Elektronen über Streuprozesse mit LO-Phononen in einem direkten Halbleiter. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet.) tisch ins Valenzband übergehen, aber, wie man im Kapitel über optische Übergänge nachlesen kann, dauert das ein Weilchen. Sehr viel schneller sind hingegen die Streuprozesse mit den optischen Phononen mit typischen Streuzeiten von 135 fs. Dies hat zur Folge, dass die Elektronen ziemlich schnell eine ganze Kette von LO-Phononen abgeben und, wie in Abbildung 8.19 dargestellt, schließlich an der Bandkante landen, von wo aus sie mittels Lumineszenz ins Valenzband zurückkehren. Mit welcher Laserenergie Sie anregen ist also egal, die Lumineszenz kommt immer von der Bandkante. Eine kleine Delikatesse gibt es aber doch noch: In Abbildung 8.19 (links) ist die Anregung derart, dass drei LO-Phononen das Elektron direkt an die Bandkante bringen. In Abbildung 8.19 (rechts) geht sich das nicht aus und das Elektron behält eine restliche kinetische Energie, die dann nicht mehr über optische, aber bequem über akustische Phononen abgebaut werden kann (Hausaufgabe: Nachdenken warum). Die Energieabgabe über die LO-Phononen hat dann noch Einfluss auf die Photo-Leitfähigkeit des Halbleiters und erzeugt dort ein oszillatorisches Verhalten. Das ist aber eine ganz andere und hier nicht relevante Geschichte. Wer es unbedingt wissen will, suche bitte nach den Stichworten photoconductivity und sequential phonon emission.

229 Kapitel 9 Die Boltzmann Transportgleichung Der Halbleiter Horror nähert sich dem Höhepunkt und das ist die Boltzmann Transportgleichung. Warum müssen wir uns das antun? Die Antwort ist einfach, schuld ist das Institut für Mikroelektronik. Dort kümmert man sich um die Simulation der Kennlinien von Halbleiterbauelementen und dort geht ohne Boltzmanngleichung rein gar nichts. Zukünftige Simulanten sollten jetzt also besser aufpassen, alle anderen sollten versuchen, zumindest die Ideen hinter den folgenden Formelwürsten zu verstehen. 9.1 Die Boltzmann Transportgleichung Die wichtigste Größe im Halbleiter neben der Elektronendichte ist die Elektronenbeweglichkeit. Dieses Kapitel widmet sich der Berechnung der Elektronenbeweglichkeit unter dem Einfluss verschiedener Streuprozesse. Zu diesem Zweck wird, ähnlich der Fermiverteilung, eine verallgemeinerte Verteilung f eingeführt, die die lokale Besetzung der Elektronen im Ortsraum und Impulsraum beschreibt. Gesucht wird dann die Änderung dieser Verteilung mit der Zeit. f k ( r,t) sei diese lokale Besetzung der Elektronen im Zustand k am Ort r. Um die zeitliche Änderung von f k ( r,t) zu berechnen, nehmen wir folgende Prozesse an: Die Elektronen bewegen sich durch ein Volumenselement durch Diffusion Der Impuls ändert sich gemäß F ext = dk dt, (F ext sei die externe Kraft) Der k-vektor kann auch durch Streuung geändert werden. Die Änderung der Verteilung durch Diffusion kann folgendermaßen beschrieben werden: f k ( r,δt) = f k ( r v k δt,0) (9.1) 213

230 214 KAPITEL 9. DIE BOLTZMANN TRANSPORTGLEICHUNG Das Ganze in eine Taylorreihe entwickeln liefert: Mit bekommt man: f k ( r,δt) = f k ( r,0) f k( r,t) δt (9.2) t t = r r t (9.3) f k ( r,δt) = f k ( r,0) f k( r,t) r r t δt = f k( r,0) f k( r,t) v k δt (9.4) r Und wir erhalten für die Änderung von f k ( r,δt) unter dem Einfluss von Diffusion: f k ( r,t) t = f k( r,t) Diffusion v k (9.5) r Externe Felder werden ähnlich behandelt: f k ( r,δt) = f k k δt ( r,0) (9.6) Woher bekommen wir k. = k? Natürlich aus der Kraftgleichung: t f k t k. = k [ E t = e + v B ] = f k Field k k [ E t = e + v ] fk B k (9.7) (9.8) Für die Streuung bekommt man, so sagen die Theoretiker, folgenden Term: f k d t = (f k (1 f k ) ω k k f k (1 f k ) ω kk ) 3 k Scattering (2 π) 3 (9.9) w kk : Übergangsrate k k w k k: f k : 1 f k : Übergangsrate k k Verteilung der besetzten Ausgangszustände Verteilung der leeren Endzustände In Summe gilt: f k t = f k t + f k Scattering t + f k Field t (9.10) Diffusion

231 9.2. HALBLEITER GRUNDGLEICHUNGEN 215 Dies ist die sogenannte Boltzmanngleichung. Im stationären Fall gilt natürlich: f k t + f k Scattering t + f k Field t = 0 (9.11) Diffusion Die Abweichung von der Gleichgewichtsverteilung wird gerne als g bezeichnet. g k = f k f 0 (9.12) f k hat durchaus eine Bedeutung in der Realität, denn mit der Hilfe dieser Verteilungsfunktion lassen sich folgende Größen sofort berechnen: Elektronendichte: Stromdichte: Kontinuitätsgleichung: Kraftgleichung: f t n( r,t) = f k ( r,t) d 3 k j = e v g k ( r,t) d 3 k Boltzmanngleichung d 3 k k Boltzmanngleichung d 3 k d 3 k = n diff diff t f = r v kd 3 k = v k f k d 3 k (9.13) r }{{} j (keine Streuung, keine Generation, keine Felder...) wird analog ausgewertet. 1 e 9.2 Halbleiter Grundgleichungen Nur der Vollständigkeit halber und vor allem damit Sie auch die Behauptungen von oben kontrollieren können, wollen wir auch noch die Halbleiter Grundgleichungen aus dem Halbleiterelektronik-Grundlagen Skriptum auflisten. Kraftgleichung für Elektronen: m d v dt = e( E + v B) k T n n m n τ v (9.14) Die Kraftgleichung für Löcher lautet analog.

232 216 KAPITEL 9. DIE BOLTZMANN TRANSPORTGLEICHUNG Stromgleichung: Im Detail: j }{{} Felder = n e }{{ v } Drift j = e µ n E +e D n n D n = µ k T e v = µ E Kontinuitätsgleichungen: für Elektronen: Diffusionskonstante (9.15) µ = e τ m (9.16) j = σ E = e (µn n+µ p p) E (9.17) Generation Rekombination n t = +1 e j {}}{ n + G R (9.18) für Löcher: Generation Rekombination p t = 1 e j {}}{ p + G R (9.19) 9.3 Relaxationszeit-Näherung für Streuprozesse Die exakte Lösung der Boltzmanngleichung ist sehr schwierig. Will man das wirklich tun, tauchen Stichworte auf wie: Relaxationszeitnäherung Bilanzgleichungen ( Balance Equations ) Iterative Methoden Monte Carlo Methoden (gut, aber extrem rechenaufwändig) gedriftete Verteilungen Diffusionsnäherung f = f 0 + f 1 k Die Prozedur, die man als Experimentalist noch einigermaßen verstehen kann, ist die sogenannte Relaxationszeitnäherung zur Bestimmung von Streuzeiten und damit von Elektronenbeweglichkeiten. Wichtig: Streuzeiten sind immer inverse Streuraten und NICHT die Zeit, welche das Elektron braucht, um durch eine Streuung von hier nach

233 9.4. ELASTISCHE STREUPROZESSE IM ELEKTRISCHEN FELD 217 dort zu kommen. Die Relaxationszeitnäherung betrifft nur den Streuterm in der Boltzmanngleichung und lautet: f k t = f k (t) f k (t = 0) Scattering τ Die Lösung dieser Differentialgleichung ist einfach: = g k τ (9.20) g k (t) = g k (0) e t τ (9.21) Durch diverses undurchsichtiges Differentialgerechne und verschiedene dubiose Mittelungen (2 Seiten, siehe später im Skript) kann man zeigen, dass es einen Zusammenhang zwischen dem τ aus dem µ = e τ m im Drude-Modell und dem τ aus der Boltzmanngleichung gibt. Das τ in der Boltzmanngleichung ist ein mikroskopisches τ für ein Elektron mit definiertem Anfangs- und Endzustand in einem speziellen Streuprozess. Das τ aus der Formel für die Beweglichkeit im Drudemodell ist dann das für alle Anfangs- und Endzustände gemittelte τ und dann nochmal gemittelt über alle Streuprozesse. Der nächste Schritt ist also die Berechnung der Streuzeiten τ für die verschiedenen möglichen Streuprozesse. 9.4 Elastische Streuprozesse im elektrischen Feld Ehe wir weiter machen, erinnern wir uns kurz daran was wir mit diesen Unmengen von Formeln eigentlich tun wollten: Ziel der ganzen Rechnereien ist es, genau wie beim Drude Modell die Bewegung eines Elektrons in einem elektrischen Feld zu beschreiben und dabei die Streuung zu berücksichtigen und zwar dieses Mal im Boltzmann Formalismus. Alles was mit Diffusion zu tun hat, ignorieren wir der Einfachheit halber komplett. Wir beginnen mit Elektronen in einem elektrischen Feld, die nur elastischen Streuprozessen ausgesetzt sind. In diesem Fall bleibt der Betrag der Wellenvektoren vor und nach dem Streuprozess erhalten. Machen wir zuerst ein paar allgemeine Betrachtungen: k = k / (9.22) und auch die Wahrscheinlichkeiten für Vorwärts- und Rückwärtsstreuung sind die Gleichen, also: w( k, k / ) = w( k /, k) (9.23)

234 218 KAPITEL 9. DIE BOLTZMANN TRANSPORTGLEICHUNG Dann schauen wir im Buch vom Jasprith Singh nach und finden und glauben folgende Formeln, die unter der Annahme leerer Zielzustände der Gleichung 9.9 entsprechen: f d 3 k [ t = Scattering (2 π) 3 f( k / ) f( ] k) w( k, k / ) (9.24) f d 3 k [ t = Scattering (2 π) 3 g( k / ) g( ] k) w( k, k / ) (9.25) Da die Elektronen sich im Gleichgewichtsfall mit irgendeiner mittleren Geschwindigkeit im elektrischen Feld bewegen, muss die Änderung von f k durch Streuung gleich groß sein wie die Änderung von f k durch das elektrische Feld, also: f k t = f k Scattering t (9.26) Field Zum Thema f k t Field finden wir weiter oben im Anfangskapitel der Boltzmann-Story oder im Sing (Electronic and Optoelectronic Properties of Semiconductors) die folgende Formel: f k t = f k Field k k [ E t = e + v ] fk B k (9.27) wobei wir zur leichteren Lesbarkeit der Formeln die Schreibweise f k k = k f k verwendet haben. Für weiteres Differentialgenudel graben wir zusätzlich die Formel für die Gruppengeschwindigkeit aus: 1 E k = v k (9.28) die dann folgendes liefert: f k k = f k E E k = f k E v k (9.29) Wenn wir B = 0 wählen und alles einsetzen sieht die Formel 9.27 nach etwas Umformen so aus: f k t = f k Field t = f k v k ee Scattering E (9.30) k Weil wir ja f k nicht kennen, ist das alles noch immer viel zu kompliziert und daher machen wir jetzt zwei Näherungen: f k t = f 0 v k ee Scattering E (9.31) k wobei f 0 die Fermiverteilung ist und für nicht allzu große Felder und Streuraten sagen wir, dass hoffentlich gilt: f k t = g k Scattering t = g k τ (9.32)

235 9.4. ELASTISCHE STREUPROZESSE IM ELEKTRISCHEN FELD 219 Eine etwas undurchsichtige Begründung darüber, warum man das alles darf, findet sich im Singh. Ich sage jetzt mal, diese Näherungen sind auch ohne den Singh irgendwie plausibel. Es gilt also: g k t = g k Scattering τ = f 0 E v k e E (9.33) Nicht vergessen: E ist das elektrische Feld und nicht die Energie. Jetzt wird es Zeit das alles in Gleichung 9.25 einzusetzen und man erhält: f t = f 0 Scattering E eτ E d 3 k (2π) 3( v k v k ) w(k,k ) (9.34) Jetzt gleichsetzen mit Gleichung 9.33: f 0 E k v k e E = f 0 E k eτ Und schließlich erhält man für die Streuzeit: ( 1 τ = 1 v k E ) v k E d 3 k (2π) 3( v k v k ) w(k,k ) (9.35) w(k,k ) d3 k (2π) 3 (9.36) Mit der Annahme, dass sich die Geschwindigkeit vor und nach dem elastischen Stoß nicht ändert bekommt man: v k = v k (9.37) Warum cosθ cosθ Beziehungen v k E = cosθ (9.38) v k E cosθ 1 d 3 τ = k / (2π) 3w( k, k / ) (1 cosα) Abbildung 9.1 (9.39) = (cosα) sein soll, kann man laut dem Kollegen Singh mit Hilfe folgender cosθ = sinθsinαsinϕ+cosθcosα (9.40) oder cosθ = tanθsinαsinϕ+cosα (9.41) cosθ leicht aus dem Koordinatensystem in Bild 9.1 ersehen. Ich sehe das aber nicht, tut mir leid. Hausaufgabe: Wer herausfindet, wie das geht, schickt mir bitte eine und erspart sich damit eine Prüfungsfrage.

236 220 KAPITEL 9. DIE BOLTZMANN TRANSPORTGLEICHUNG z v k E θ α θ ' v k φ y x Abbildung 9.1: Unser Koordinatensystem zur Betrachtung von elastischen Streuprozessen. (Bildquelle: Singh, Mishra, Semiconductor-Device-Physics-and-Design, Springer (2007)) Als Zusammenfassung merken wir uns also: Obige Formel beschreibt ganz allgemein die Streurate eines Elektrons mit dem Ausgangs - Wellenvektor k auf alle verfügbaren Zielzustände mit k /. Weil der Prozess elastisch sein soll, hat k / den gleichen Betrag wie k, aber eine beliebige Richtung. Was wir aber noch immer brauchen ist w( k, k / ), wir kümmern uns aber vorher noch ganz allgemein um die unelastische Streuung. 9.5 Inelastische Streuung im elektrischen Feld Der Streuterm der Boltzmanngleichung sieht hier etwas anders aus, weil die Streuraten für die Vorwärts-und Rückwärtsstreuung eben nicht mehr die gleichen sind, also es gilt: w( k, k / ) w( k /, k). f t [ = g k / w( k /, k) g k w( k, ] k / ) Scattering d 3 k (2 π) 3 (9.42) Jetzt glauben wir wieder dem Singh und nehmen an, dass im Gleichgewicht die Beziehung f k 0 w( k /, k) = f k0 w( k, k / ) eine gute Näherung ist. Angeblich gilt das sogar noch

237 9.5. INELASTISCHE STREUUNG IM ELEKTRISCHEN FELD 221 außerhalb des Gleichgewichts bei nicht zu großen äußeren Feldern (Jaja, die Glaubensbekenntnisse nehmen langsam etwas Überhand, aber was soll ich dagegen machen?). Somit wird der Streuterm in der Boltzmanngleichung für nicht elastische Streuung in der Relaxationszeitnäherung zu: f k t = Scattering [ d 3 k / (2 π) 3 w( k, k / ) g k / f0 k f 0 k / g k ] Genau wie oben bei der elastischen Streuung machen wir wieder die Näherung f k t = g k Scattering t = g k τ und bekommen: 1 τ = [ d 3 k / (2 π) 3 w( k, k / ) g k / f0 k g k f 0 k / +1 ] (9.43) (9.44) (9.45) Jetzt noch eine Kleinigkeit, die nicht im Singh diskutiert wird: Wir interessieren uns ja immer noch für den Elektronentransport im elektrischen Feld. Alle Betrachtungen für die nicht-elastische Streuung laufen ziemlich analog ab wie für den elastischen Fall und bei all den schwindligen Näherungen sehe ich mal keinen Grund, warum hier die Gleichung 9.33 nicht auch gelten sollte. Zur Erinnerung: Gleichung 9.33 liefert die Beziehung: g k = f 0 E v k e Eτ (9.46) Eingesetzt in Gleichung 9.45 bekommt man 1 τ = Und das ist bis auf den Faktor f0 k f 0 k / w( k, k / ) [ 1 v k E v k E f 0 k f 0 k / ] d 3 k / (2 π) 3 (9.47) das gleiche Resultat wie für die elastische Streuung. Natürlich fragt man sich sofort, wie groß ist denn f0 k bzw. was ist f f 0 0? Wenn k / k / man im Schema der schon verwendeten, wüsten Näherungen bleibt, wird man vernünftigerweise für f 0 k die Fermiverteilung einsetzen. Für f 0 k finde ich in den Büchern nichts, / aber meiner Meinung nach wäre ein guter Ansatz vielleicht ebenfalls eine Fermiverteilung, aber mit einer um den Energieverlust reduzierten Fermi-Energie also z.b. für die LO-Phononenstreuung: f 0 1 k / = 1 (9.48) e ε (ε F ω LO) kt +1 Hausaufgabe: einen Boltzmann-Experten am Institut für Mikroelektronik aufsuchen und bei den Kollegen herausfinden, ob das Schwachsinn ist oder nicht.

238 222 KAPITEL 9. DIE BOLTZMANN TRANSPORTGLEICHUNG 9.6 Mittelungsprozeduren für die Streuzeit τ Wir haben jetzt wegen des unbekannten w( k, k / ) zwar noch immer keine Streuzeit τ explizit ausgerechnet, tun aber mal so als könnten wir das und kümmern uns jetzt darum, wie man von dem mikroskopischen τ aus dem Boltzmannformalismus zu einem experimentell gemessenen makroskopischen τ kommt. τ steht ja bekanntlich im Drudemodell in der Formel für die Beweglichkeit und diese wiederum braucht man in den Gleichungen j = eneµ = e n v für die Stromdichte mit µ = e τ. Wir beginnen mit m der Stromdichte j und schreiben diese im Boltzmann Formalismus: j = e Dann recyclen wir noch Formel 9.33: v k g k d 3 k (2 π) 3 (9.49) g k = f 0 E k τ e v E (9.50) f 0 ist aber gerade die Fermiverteilung, die wir auch gleich in Boltzmannnäherung verwenden, f 0 = 1 e E E f k T +1 also bekommt man für (Vorsicht E k ist eine Energie): e E E f k T (9.51) f 0 E k = 1 kt f 0 (9.52) Der Strom soll nur in x-richtung fließen, da wir nur ein elektrisches Feld E in x-richtung angelegt haben. j x = e2 k T τ v 2 x f 0( k) E x d 3 k (2 π) 3 v x : mittleres v x (9.53) Für kleine Felder kann man nun annehmen, dass die mittlere Elektronenenergie ungefähr der thermischen Energie der Elektronen entspricht und sich auf jede Bewegungsrichtung gleichmäßig aufteilt, also: m v 2 = 3 k T (9.54) 2 2 also folgt für die Geschwindigkeit in x-richtung: v 2 x = v 2 3 (9.55)

239 9.7. BERECHNUNG VON τ FÜR DIVERSE STREUPROZESSE 223 Damit ist die mittlere Stromdichte in x-richtung: e 2 j x = 3 k T τ v 2 f 0 ( d 3 k k) E x (9.56) (2 π) 3 Jetzt wird furchtlos und munter weiter gemittelt: v2 τ = v2 τ f 0 ( d k) 3 k (2 π) 3 f 0 ( k) d 3 k (2 π) 3 } {{ } Normierung (9.57) Wir erinnern uns, die Elektronendichte war: n = d 3 k (2 π) 3 f 0 ( k). dann muss man noch v 2 im Geiste mit m/2 im Zähler und Nenner erweitern. Da mv 2 /2 eine Energie ist, bekommt man damit: j x = ne2 m v2 τ v 2 Schließlich und endlich ist dann: τ = E x = ne2 E τ E m x (9.58) E E τ E die relevante makroskopische Streuzeit. (na ENDLICH etwas Handfestes!) (9.59) 9.7 Berechnung von τ für diverse Streuprozesse Die komplizierte Arbeit beginnt jetzt, weil wir müssten nun τ und damit das w( k, k / ) für die diversen Streuprozesse ausrechnen. Um es gleich vorweg zu nehmen, das ist ein absoluter Albtraum und nur etwas für eingefleischte Theoretiker. Für einen einzigen Streuprozess, und das ist die Coulombstreuung, kann man das aber auch als Elektrotechniker halbwegs verstehen. Aus diesem Grund wird hier nur die Coulombstreuung als bestes Beispiel im Detail diskutiert, alle anderen Streuprozesse überlassen wir den Theoretikern Streuung an ionisierten Störstellen Für Streuung an ionisierten Störstellen ist der Streuoperator in der Schrödingergleichung einfach das Coulombpotential der Störstelle: V(r) = e 2 4 π ε 0 ε r r (9.60)

240 224 KAPITEL 9. DIE BOLTZMANN TRANSPORTGLEICHUNG Weil sich aber im Halbleiter die Elektronen frei bewegen können bildet sich um eine positiv geladene Störstelle gerne ein See von Elektronen, der die Störstelle abschirmt. Die Reichweite des Potentials wird dadurch exponentiell gedämpft. U(r) = Z e2 e λ r 4 π ε 0 ε r r (9.61) In obiger Formel ist Z die Anzahl der Ladungen und λ der sogenannte Abschirmparameter. Jetzt müssen wir zu Fermis Goldener Regel greifen, die man in unserem Quantenmechanik Schnellkurs nachsehen kann: Die Übergangswahrscheinlichkeit (Rate) für alle Zustände ist: w k, k / = 2 π δ(e k E k /) k H / k / 2 (9.62) Das Übergangsmatrixelement k H / k / = M k, k / (9.63) berechnet sich einfach aus dem Integral des Produkts der Wellenfunktionen (einlaufende und auslaufende ebene Wellen) und dem abgeschirmten Coulombpotential. Mit: k = e i k r, k / = e i k / r, H / = U( r) (9.64) ergibt sich für das Matrixelement : M k, k / = Z e2 4 π V ε e i ( k k) r e λ r r r 2 dr sinθ dθ dφ (9.65) V ist ein Volumen und dient der Normierung der Raten. Jetzt müssen wir das Integral ausrechnen und benutzen wegen der elastischen Streuung (wegen der Winkel sehe man im Bild mit dem Koordinatensystem in Abbildung 9.1 nach): k =, k / k k / = 2ksin ( ) θ Damit lautet das Matrixelement für die elastische Streuung schließlich und endlich: 2 (9.66) M k, k / = Z e2 V ε Und die Übergangswahrscheinlichkeit ist: 1 4 k 2 sin 2( θ 2 ) +λ 2 (9.67) w k, k / = 2 π ( ) Z e 2 2 V ε δ(e k E k ) ) ) +λ 2 2 (9.68) ( 4 k2 sin 2( θ 2

241 9.7. BERECHNUNG VON τ FÜR DIVERSE STREUPROZESSE 225 Man kann dann noch die Grenzwerte für die Fälle perfekter und gar keiner Abschirmung (screening) betrachten: λ 0 (keine Abschirmung) 1 w k, k / 16 k 4 sin 4( ) (9.69) θ 2 Das Matrixelement ist also groß für kleine Winkel θ und die Vorwärtsstreuung dominiert. Für starke Abschirmung bekommt man: w k, k / 1 λ 4 (9.70) Als allerletzter Schritt muss nun die Streuzeit ausgerechnet werden. Wir erinnern uns an das Integral aus der Boltzmanngleichung: 1 τ = V (2 π) 3 (1 cosα) w k, k / d3 k (elastisch) (9.71) Dieses Integral auszurechnen ist aber ekelhaft kompliziert, selbst der Singh braucht über drei Seiten dazu (p ) und er geht dort auch noch nicht ins letzte Detail. Wir glauben also mal wieder dem Singh und kopieren von dort völlig hirn- und furchtlos die folgende, abschreckende Formel für τ: ( 1 τ = 1 Z e 2 V 16 2 π ε ) 2 1 m E k 3 2 ( ln 1+ ( ) ) 2 8 m E k 2 λ ( 1+ 1 ) 2 λ 2 8 m E ssk (9.72) Wer sich fragt, was ist E SSk etc., der muss es beim Singh nachlesen. Hier brauchen wir das nicht und können es daher ignorieren. Was wir aber schon brauchen, ist die Mittelung für ein makroskopisches τ und natürlich über alle Streuzentren (N i...zahl der Störstellen): 1 τ = N i V π ( Z e 2 ε ) 2 1 m (k T) 3 2 [ ( ( ) ) 2 8 m kt 1 ln 1+ 2 λ 1+ ( 2 λ (9.73) An dieser langen Wurst aus der noch viel längeren Herleitung im Singh interessiert nur eines, nämlich die Temperaturabhängigkeit: 1 << τ >> N i (kt) +3 2 (9.74) Und damit bekommt auch die Elektronenbeweglichkeit ein für den Streuprozess charakteristisches Temperaturverhalten von: 8 m k T ) 2 ] µ = e τ m T 3 2 N i (9.75)

242 226 KAPITEL 9. DIE BOLTZMANN TRANSPORTGLEICHUNG welches man tatsächlich nachmessen kann. Umgekehrt gilt auch: Steigt die Beweglichkeit mit T 2, 3 dann weiß man, dass die Störstellenstreuung in dieser Probe der dominante Prozess ist. Was man noch sieht, ist der Einfluss der Störstellenkonzentration. Hier nimmt die Streurate 1/ << τ >> linear mit der Dotierung zu und das ist schön und vor allem kompatibel zu dem was wir aus der klassischen Behandlung von früher wissen. 9.8 Der Hall Effekt und die Boltzmanngleichung Die klassische Anwendung für den Boltzmannformalismus ist der klassische Halleffekt. Herauskommen tut im Wesentlichen das Gleiche wie mit der üblichen Betrachtung ohne Boltzmanngleichung, aber es zeigt sich, dass die Streuung das Ergebnis durchaus um einen Faktor 2 verfälschen kann. Außerdem brauchen wir ein paar Formeln aus diesem Kapitel später noch einmal beim Quanten-Hall Effekt. Folgen wir also dem Boltzmann- Formalismus aus dem Buch von Jasprith Singh, Electronic and Optoelectronic Properties of Semiconductors, Kapitel Halleffekt. Dazu sagen sollte man aber noch, dass im Singh nicht immer alles so schön vorgerechnet wird wie hier in diesem die Skriptum. Unser Ziel ist die Berechnung des Stromes bzw. der Stromdichte im Magnetfeld mit Hilfe der Boltzmanngleichung und die Formel dazu war: j = e v(f f 0 )d 3 k (9.76) Wir müssen uns also dazu die Funktion f besorgen und starten am besten mit dem Gleichgewicht der Kräfte in Anwesenheit eines Magnetfeldes im Boltzmann- Formalismus: e[ E + v B] p f = (f f 0) τ (9.77) Nehmen wir jetzt an, wir hätten ein Magnetfeld in z-richtung: B = (0,0,B z ) und für die Verteilungsfunktion nehmen wir folgende Näherung (das muss einem aber erst einmal einfallen, dass das hier hilfreich ist): f = f 0 +a 1 v x +a 2 v y (9.78) Jetzt setzen wir in die Boltzmanngleichung ein und erhalten: eτ[ E + v B] p (f 0 +a 1 v x +a 2 v y ) = (a 1 v x +a 2 v y ) (9.79)

243 9.8. DER HALL EFFEKT UND DIE BOLTZMANNGLEICHUNG 227 Wenn man am Anfang des Boltzmannkapitels nachsieht, findet man auch noch folgende hilfreiche Beziehung: p f 0 = v f 0 (9.80) E ( und schon kann man mit ein wenig Mittelschul-Vektorrechnung erkennen, dass, v B ) senkrecht auf dem Vektor v steht und somit gilt: ( v B) ( p f 0 = v B ) v f 0 E = 0 (9.81) Übrig bleibt damit die Gleichung: eτe ( p f 0 +eτ v B ) p (a 1 v x +a 2 v y ) = (a 1 v x +a 2 v y ) (9.82) die dann nach dem Einsetzen so aussieht: eτ E v f 0 E +eτ( v B) p (a 1 v x +a 2 v y ) = (a 1 v x +a 2 v y ) (9.83) Jetzt ein wenig langweilige Algebra zum Nachrechnen: τe v f ( ) 0 E +eτ( v B) m v x m v y p a 1 +a m 2 = (a m 1 v x +a 2 v y ) (9.84) eτ E v f 0 E + eτ m ( v B) p (a 1 p x +a 2 p y ) = (a 1 v x +a 2 v y ) (9.85) eτe v f 0 E + eτ m ( v B) a = (a 1 v x +a 2 v y ) (9.86) ( ) f 0 v x eτe x E +v f 0 yeτe y + eτ E m v y B v x B a 1 a 2 0 = (a 1 v x +a 2 v y ) (9.87) 0 ( ) f 0 v x eτe x E +v f 0 yeτe y + eτ E m (a 1v y B a 2 v x B) = (a 1 v x +a 2 v y ) (9.88) Nun trennen wir die Gleichung in die Komponenten von v x und v y : v x eτe x f 0 E = v xa 1 +v x a 2 B eτ m (9.89) f 0 v y eτe y E = a 1v y B eτ m +a 2v y (9.90) Und übrig bleibt das Gleichungssystem für die Koeffizienten: a 1 + eτb m a f 0 2 = eτe x E (9.91)

244 228 KAPITEL 9. DIE BOLTZMANN TRANSPORTGLEICHUNG eτb f 0 a m 1 +a 2 = eτe y (9.92) E Jetzt kann man das Gleichungssystem nach a 1 und a 2 auflösen und man erhält mit ω c = eb/m : a 1 = eτ f 0 E Ex ω c τe y 1+(ω c τ) 2 (9.93) a 2 = eτ f 0 E Ey +ω c τe x 1+(ω c τ) 2 (9.94) Hinweis: Im Singh sind a 1 und a 2 positiv, dafür ist auch die Stromdichte positiv angenommen. Da Elektronen nun einmal negativ sind, erschien mir meine Vorzeichenkonvention einleuchtender. Die Funktion f wäre damit jedenfalls berechnet, nun brauchen wir den Strom im Magnetfeld. Früher hatten wir einmal für den Strom geschrieben (g = f f 0 ): j = e vg(r,t)d 3 k (9.95) das wird jetzt zu: oder das Ganze gleich in Matrixform: d j 3 k = e (2π) 3 v(a 1v x +a 2 v y ) (9.96) j i = σ ij E j, σ i,j = ( σ xx σ xy σ yx σ yy ) (9.97) Wichtiger Hinweis: Das mit dem σ xy hat keinerlei spezielle Bedeutung, außer, dass dieses Element der Matrix auch schon beim klassischen Hall-Effekt negativ ist. Da Tensor-Komponenten scheinbar aus traditionellen Gründen immer positiv sein müssen, oder negative Tensorelemente vielleicht als obszön empfunden werden, bringt man das Minuszeichen künstlich vor das Element in der Matrix. In Komponenten aufgeteilt bekommt man: j x = σ xx E x σ xy E y (9.98) j y = σ yx E x +σ yy E y (9.99) Jetzt brauchen wir die einzelnen Elemente des Tensors. Ziehen wir als Beispiel die Berechnung von j x im Detail durch, der Rest läuft analog. Die Stromdichte war: d j 3 k = e (2π) 3 v(a 1v x +a 2 v y ) (9.100)

245 9.8. DER HALL EFFEKT UND DIE BOLTZMANNGLEICHUNG 229 Jetzt konzentrieren wir uns zuerst auf j x und setzen gleich für a 1 und a 2 ein. j x = e d 3 k (2π) 3v x( eτ f 0 E Ex ω c τe y 1+(ω c τ) 2 v x eτ f 0 E Ey +ω c τe x 1+(ω c τ) 2 v y) (9.101) Jetzt räumen wir die Formel ein wenig auf j x = e 2 τ f ( 0 d 3 k 2 vx +ω c τv y v x E (2π) 3 1+(ω c τ) 2 E x + +v yv x ω c τv x 1+(ω c τ) 2 2 E y ) (9.102) erinnern uns und das ist wichtig, dass beim Hall-Effekt v y = 0 ist und wir bekommen nach weiteren Aufräumarbeiten: d 3 k j x = (2π) 3 ( f0 E e 2 2 τv x 1+(ω c τ) 2E x f 0 E ω c e 2 τ 2 v x 2 1+(ω c τ) 2E y ) (9.103) Jetzt brauchen wir nur noch die Vorfaktoren von E x und E y herausklauben und wir bekommen damit das, was wir suchen, nämlich: σ xx = f0 E und ganz analog bekommt man für σ xy : σ xy = f0 E d 3 k (2π) 3 d 3 k (2π) 3 e 2 τ 2 ω c 1+(ω c τ) 2v2 x = f0 E e 2 τ 1+(ω c τ) 2v2 x (9.104) d 3 k (2π) 3 e 3 τ 2 m v2 x B 1+(ω c τ) 2 (9.105) So, jetzt die ganze Prozedur nochmal für j y. Wir müssen dazu nur die Formel nehmen und statt v x die Komponente v y einsetzen: j y = e 2 τ f 0 E ( d 3 k vx v y +ω c τvy 2 (2π) 3 1+(ω c τ) 2 E x + +v y 2 ω c τv x v y 1+(ω c τ) 2 E y ) (9.106) Jetzt gilt wieder v y = 0 und nach weiteren Aufräumarbeiten bekommen wir: j y = ( d 3 k f0 (2π) 3 E e 2 ω c τ 2 vy 2 1+(ω c τ) 2E x + f 0 E ) e 2 2 τv y 1+(ω c τ) 2E y (9.107) und schließlich: sowie: σ yx = f 0 E σ yy = f0 E e 2 τ 2 ω c d 3 k 1+(ω c τ) 2v2 y (2π) 3 (9.108) e 2 τ d 3 k 1+(ω c τ) 2v2 y (2π) 3 (9.109)

246 230 KAPITEL 9. DIE BOLTZMANN TRANSPORTGLEICHUNG Vergleicht man all diese Ausdrücke so sieht man, dass gilt: σ xx = σ yy σ xy = σ yx (9.110) Zusammenfassend kann man nun sagen, dass wir nun eine wunderbar komplizierte Theorie des Hall-Effekts haben, mit der wir sogar als Elektroklempner an einem Physiker Biertisch Eindruck schinden können. Was machen wir aber, wenn uns irgend ein theoriephober Ignorant fragt, ob das auch zur klassischen Beschreibung das Hall-Effekts passt? Richtig, man muss mal wieder zu diversen Vereinfachungen greifen und zwar zu denen, die wir schon im Kapitel über die Mittelungsprozeduren gesehen haben, Zuerst nimmt man an, dass die Elektronen im Mittel einfach nur ihre thermische Energie besitzen also: mv 2 = 3kT (9.111) 2 2 und ganz gleich wie im Kapitel über die Mittelungsprozeduren für die Streuzeiten verwenden wir: v 2 x = v 2 3. (9.112) Da es sich bei f 0 um die Fermiverteilung handelt, bekommt man: f 0 E = f 0 kt Jetzt alles zusammenmischen und wir erhalten: 3mv 2 x 2 = 3kT 2 v 2 x = kt m (9.113) (9.114) (9.115) Zum Schluss kümmern wir uns noch um das Integral (bitte vorne im Boltzmannkapitel nachsehen, woher das n kommt): vx 2 f 0 E d 3 k kt (2π) 3 = m f 0 kt d 3 k (2π) 3 = n m (9.116) und heraus kommt am Ende tatsächlich der klassische Ausdruck fürσ xx (vgl. z.b. Sauer, Halbleiterphysik). Die Rechnung für σ xy läuft analog: σ xx = n e 2 τ ( m 1+(ωc τ) 2) (9.117)

247 9.8. DER HALL EFFEKT UND DIE BOLTZMANNGLEICHUNG 231 σ xy = n e 2 τ 2 ω c ( m 1+(ωc τ) 2) (9.118) Wenn man außerdem die Näherung (ω c τ) 2 << 1 verwendet, kann man das ganze auch noch ein wenig anders hinschreiben. Für diesen Fall kann man B 2 und höhere Terme ignorieren und es gilt ω c = eb m, (ω cτ) 2 << 1 und σ xx = σ 0. Für σ xy bekommt man dann: σ xy = e3 m B 3kT τ 2 v 2 f 0 d 3 k (2π) 3 = e3 m B 3kT n v 2 τ 2 (9.119) Jetzt verwenden wir mal wieder eine dieser üblichen Mittelungen: und erhalten: σ xy = e3 τ 2 e3 (m ) 2Bn v2 2 (m ) 2Bn Eτ2 E 3kT = m v 2 (9.120) = e3 (m ) 2Bn τ 2 (9.121) Schließlich muss man sich an die Formel 9.58 zurückerinnern, aus der man den Ausdruck für σ 0, also den Ausdruck für die Leitfähigkeit ohne Magnetfeld erhält: Daraus folgt schließlich σ 0 = ne τ = neµ (9.122) m σ xy = µ H σ 0 B mit µ H = µ τ2 τ 2. (9.123) Für die Hallbeweglichkeit bekommt man dann: µ H = << τ2 >> << τ >> 2µ = r Hµ (9.124) Im Wert von r H steckt dann der Einfluss aller nur möglichen Streuprozesse über den Wert von τ. Da τ aber von k abhängen kann, werden obige Mittelungen ziemlich schnell ziemlich kompliziert. Die Theoretiker behaupten r H liege immer im Intervall r H : [1...2]. In der Praxis und auf guten Proben (also bei GaAs, Si aber nicht unbedingt auf exotischeren Materialien wie GaN oder SiC) gilt aber zum Glück immer r H = 1.

248 Kapitel 10 Optische Übergänge in Halbleitern Im nächsten Kapitel über die Diffusionsprozesse in Halbleitern hat man andauernd das Problem am Hals, dass Ladungsträgerpaare generiert werden oder diese rekombinieren. Sowohl die Generation als auch Rekombination von Ladungsträgern finden gerne auf optischem Wege statt und deswegen müssen wir uns in diesem Kapitel ein wenig um optische Prozesse kümmern. Esoterisch ist das ganz und gar nicht, denn ohne optische Absorption gäbe es keine Solarzellen oder Photodetektoren und ohne optische Rekombination keine LEDs und natürlich auch keine Halbleiterlaser und damit wäre unsere Welt ziemlich trostlos und finster, denn LED Beleuchtung, Glasfaserkommunikation und das Internet gäbe es damit auch nicht Optische Übergänge in indirekten Halbleitern Absorption Kümmern wir uns zunächst um die optische Absorption in indirekten Halbleitern wie Silizium, die Hauptanwendung sind hier Solarzellen. Wegen des verschwindend kleinen Photonenimpulses von k ph 0 sind optische Übergänge zwischen Valenzband und Leitungsband in indirekten (!) Halbleitern praktisch nur mit Hilfe von Phononen möglich. Akustische Phononen gibt es in jedem Halbleiter in einem Energiebereich von Null bis ca. 50meV. Da praktisch alle Halbleiter mehrere Atome pro Elementarzelle besitzen, gibt es optische Phononen ebenfalls im gleichen Energiebereich, jedoch verläuft deren Dispersionsrelation praktisch waagrecht. Optische Phononen können daher bei festem hυ, aber variablem k phonon nahezu beliebige optische Übergänge zwischen Löchern und Elektronen vermitteln, obwohl diese im 232

249 10.1. OPTISCHE ÜBERGÄNGE IN INDIREKTEN HALBLEITERN 233 (a) Energy Ec (b) Energy Ec hν E E=0 E g k ph hν -E v hν k E=0 hν E g hν k Ev k ph Ev Abbildung 10.1: (a) E(k)-Schema eines indirekten Halbleiters zu Illustration von Absorptionsprozessen. (b) Alternative Darstellung der Absorptionsprozesse als Übergänge in einem virtuellen direkten Halbleiter mit diagonalen Übergängen (Bildquelle: Schemazeichnung nach Rolf Sauer, Halbleiterphysik, Oldenburg Verlag (2009)). k-raum um k getrennt sind. Abbildung 10.1 zeigt die Bandstruktur eines indirekten Halbleiters inklusive einiger Beispiele für phononenunterstützte optische Übergänge für ein Photon der Energie hυ. Wie man sieht, liegt der maximale Energiebereich im Valenzband und im Leitungsband in dem Löcher und Elektronen für solche optischen Übergänge zur Verfügung stehen zwischen 0 und hυ E g. Zum besseren Verständnis kann man auch eine alternative Darstellung der optischen Übergänge im indirekten Halbleiter wählen wie sie in Abbildung 10.1 auf der rechten Seite dargestellt ist. Hier wurde das Leitungsbandminimum zu k=0 verschoben, wodurch im Gegenzug dazu aber nun diagonale Übergänge erlaubt sind. Die Beschreibung praktisch jedes optischen Übergangs, egal ob Absorption oder Emission, läuft über die Verwendung von Fermis goldener Regel. Wir sehen im Kapitel Quantenmechanik nach und finden in Bracket Schreibweise die Formel: w km = 2π δ(ek E m ) k H m 2 (f(e E k ) f(e E m ))de (10.1) wobei w km eine Übergangsrate zwischen dem Ausgangszustand Ψ k und einem Endzustand Ψ m ist. Die Fermiverteilungen berücksichtigen die Besetzungen in den jeweiligen Zuständen und die Deltafunktion sorgt für die Energieerhaltung. k H m 2 ist das sogenannte Übergangsmatrixelement mit dem Störoperator oder Streuoperator H.

250 234 KAPITEL 10. OPTISCHE ÜBERGÄNGE IN HALBLEITERN Warum man das so hinschreibt, ist eine Frage der Störungstheorie erster Ordnung, die man in einer Quantenmechanik Vorlesung lernt. Wir sparen uns das und fragen uns lieber, wie das H aussieht. H ist immer ein passendes Potential. Um z. B. Streuraten für die Coulombstreuung zu berechnen müsste man hier ein Coulomb-Potential einsetzen. Wir brauchen aber ein Potential für optische Übergänge und verwenden dafür die Aussagen (1): Ein Atom ist ein Dipol bestehend aus positivem Kern und negativer Elektronenhülle und (2): Die Wellenlänge des Lichts ist viel größer als der Durchmesser des Atoms. Als elektromagnetische Welle produziert Licht natürlich auch eine elektrische Feldstärke und diese kann man dann wegen der großen Ausdehnung der Welle im Bereich des Atoms als konstant annehmen. Wir erinnern uns nun an die Poisson Gleichung und vor allem daran, dass die elektrische Feldstärke ja die Ableitung des Potentials ϕ ist, also: ϕ = eedx. E ist aber konstant also lautet die Formel für H : H = ee x (10.2) Und das Übergangsmatrixelement M ist damit: M = k ee x m 2 (10.3) Behandeln wir also die Absorption von Licht mit der Photonenenergie hν in Halbleitern mit Fermis goldener Regel und dem oben erwähnten Dipol-Matrixelement. Statt der Übergangsrate definiert man sich aber gleich eine Ladungsträger Generationsrate G(hν) für die wir ein hoffentlich konstantes optisches Dipol-Matrixelement M = k H m 2 annehmen. Weil wir aber nicht wissen, welche Wellenfunktionen wir nehmen sollen, kümmern wir uns um die Berechnung von M nicht selbst, sondern bestechen besser einen Theoretiker, denn das ist schneller und effizienter. Gegen genügend Bier bekommen wir dann das Matrixelement M und das ist, weil wir ja angenommen haben, dass es konstant ist, eine einfache Zahl wie z. B Für die Ladungsträger - Generationsrate setzen wir an: G(hυ) = 2π hυ D e (E )(1 f e (E ) D h (E)(f h (E)) k H m 2 de (10.4) E g D e und D h sind die Zustandsdichten für Löcher und Elektronen, f e und f h sind die Fermiverteilungen für Elektronen und Löcher. Weil Photonen mit Energien unter E g nicht absorbiert oder emittiert werden, läuft der Integrationsbereich nur von E g bis

251 10.1. OPTISCHE ÜBERGÄNGE IN INDIREKTEN HALBLEITERN 235 hυ. Zum besseren Verständnis dieser Lage betrachte man bitte das Energieschema in Abbildung Für einen intrinsischen oder schwach dotierten Halbleiter gilt dann wegen E g kt auch bei Raumtemperatur noch in sehr guter Näherung f h (E) = 1 und f e (E ) = 0. Das Valenzband sei also komplett voll und das Leitungsband leer. Die Zustandsdichte für Elektronen und Löcher sehen wir im Kapitel Halbleiterstatistik nach: D e = L3 2 π 1 2 m 3/2 3 e 2 E = A e E (10.5) D h = L3 2 π m3/2 h 2 E = Ah E (10.6) Die Größen A e und A h dienen nur zur Vereinfachung und haben keine besondere Bedeutung. Um weniger schreiben zu müssen und weil es in unserer Näherung eh nur eine einfache Zahl ist, nennen wir das Übergangsmatrixelement einfach nur M. Jetzt schauen wir noch schnell im Energieschema in Abbildung 10.1 nach, verwenden die Beziehung E E = hυ und erhalten für die Generationsrate: hυ G(hυ) = 2π M A v E Ac E E g de (10.7) E g Das Integral löst man am effizientesten mit Wolfram Alpha und man erhält: G(hυ) = 2π M A va c π 8 (hυ E g) 2 (10.8) Emission (strahlende Rekombination) Berechnen wir, noch immer für den indirekten Halbleiter, zunächst die totale Rekombinationsrate R(hυ), d. h. die Überschussrate plus die Rekombinationsrate im thermodynamischen Gleichgewicht. Die Formeln sehen ähnlich aus wie oben, aber passen Sie auf bei der Besetzung. Die Rekombinationsrate ist proportional zur Elektronenkonzentration im Leitungsband und zur Löcherkonzentration im Valenzband. Irgendwelche Probleme mit freien Plätzen gibt es hier nicht und deswegen steht auch in der Gleichung das Produkt aus D e (E ) und f e (E ) D h. R(hυ) = 2π hυ M E g D e (E )f e (E ) D h (E)f h (E)dE (10.9) Mit Hilfe der Boltzmann Näherung lässt sich diese Gleichung analytisch lösen. Wir setzen ein: f e (E ) = e (E E e F ) kt (10.10)

252 236 KAPITEL 10. OPTISCHE ÜBERGÄNGE IN HALBLEITERN h f h (E) = e (E F E) kt (10.11) Na hoffentlich stimmen die Vorzeichen in den Exponenten. Dann bekommen wir mit: E F = E e f Eh f (10.12) f e (E E EF ) f h (E) = e E kt = e hν E F kt (10.13) die neue Gleichung für die totale Rekombinationsrate R(hυ) = 2π M A va c e hν E F kt hυ hυ E E E g de (10.14) E g die genauso aussieht wie die Gleichung für die Generationsrate aber noch eine Exponentialfunktion als Vorfaktor hat. R(hυ) = e hν E F kt G(hυ) (10.15) Im thermischen Gleichgewicht mit E F = 0 gilt dann R 0 (hυ) = e ktg hν 0 (hυ). Dies scheint dem Prinzip des detaillierten Gleichgewichts ( principle of detailed balance ) zu widersprechen, wonach im thermischen Gleichgewicht R 0 (hυ) = G 0 (hυ)) gilt, also bei jeder Übergangsenergie die Rekombinations- und Generationsraten gleich groß sein sollen. Tatsächlich sind hier aber durch Benutzung der Verteilungsfunktionen f e (E ) undf h (E) praktischerweise die sehr schnellen Relaxationsprozesse mit Intraband- Relaxationszeiten τ = s τ life bereits implizit eingebaut (τ life : Lebensdauer der Elektron-Loch Paare). Ladungsträger, die bei hν E g im Überschuss generiert werden, haben nur eine verschwindend kleine Chance, bei derselben Energie hν zu rekombinieren, statt dessen relaxieren sie sehr viel effizienter in den Bändern und stellen so das Quasigleichgewicht her. Betrachten wir nun die Netto-Rekombinationsrate welche mit: die beobachtbare Rekombinationsstrahlung beschreibt: R 0 (hυ) = e hν kt G0 (hυ) (10.16) R net (hυ) = R(hυ) R 0 (hυ) (10.17) einsetzen liefert: R net (hυ) = ( e +hν E F kt e hν kt ) G(hυ) (10.18)

253 10.2. OPTISCHE ÜBERGÄNGE IN DIREKTEN HALBLEITERN 237 Abbildung 10.2: Spektrale Linienform der Rekombinationsstrahlung für k 0 mit Maximumsposition und Halbwertsbreite ν. (Bildquelle: Sauer, Halbleiterphysik, Oldenburg Verlag (2009)) Jetzt noch für die Generationsrate einsetzen: ( ) R net (hυ) = e +hν E F kt e hν 2π kt M A π va c 8 (hυ E g) 2 (10.19) Wenn wir das jetzt noch ein wenig umformen, bekommt die Gleichung etwas mehr physikalischen Sinn. Man sieht so nämlich, dass die Netto-Rekombinationsrate ein Produkt aus dem Anregungsniveau und einem Faktor ist, der die spektrale Abhängigkeit beschreibt. R net (hυ) = 2π ( M A va c e + E F kt 1 )e Eg kt } {{ } Anregungsma e hν Eg g kt (hυ E g ) 2 } {{ } Spektrale Abhängigkeit (10.20) Einen Plot der spektralen Verteilung der Emissionsrate findet man in Abbildung Optische Übergänge in direkten Halbleitern Sogenannte Interband-Übergänge mit k = 0 sind charakteristisch für direkte Halbleiter. Sie verbinden Elektronen und Löcher bei gleichem k-wert (senkrechte Übergangspfeile in der Bandstruktur, siehe Abbildung 10.3), eine Beteiligung von Phononen ist nicht nötig. Als Prozesse erster Ordnung im quantenmechanischen Sinn sind sie daher 10 3 bis 10 4 mal stärker als Übergänge mit Delta k 0.

254 238 KAPITEL 10. OPTISCHE ÜBERGÄNGE IN HALBLEITERN E c Energy E Absorption -E hν Emission E g k E v Abbildung 10.3: Bandschema und optische Übergänge im direkten Halbleiter (Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet). Die Berechnung der Generations- und Rekombinationsraten läuft ganz analog wie bei den indirekten Halbleitern. Die Formel für die Generationsrate war: hυ G(hυ) = 2π M D e (E )(1 f e (E )) D h (E)f h (E)dE (10.21) E g Da wir im direkten Halbleiter keine phononenunterstützten Prozesse brauchen, können wir auf die Integration verzichten und die obige Formel vereinfacht sich mit f e (E ) = 0 und f h (E) = 1 zu G(hυ) = 2π M D e(e ) D h (E) (10.22) Fragt sich nur noch, wie berechne ich E und E und dazu brauchen wir die kombinierte Zustandsdichte Die kombinierte Zustandsdichte Zwei Copyright-Anmerkungen vorweg: (a): Einige Teile des folgendes Kapitels sind weitgehend und dankenswerterweise vom wirklich grandiosen Optik-Buch vom Kollegen Georg Reider inspiriert. (b): Die kombinierte Zustandsdichte heißt auf Englisch joint density of states. Meiner Meinung nach ist diese Übersetzung aber verwirrend, viel besser wäre die Formulierung gemeinsame Zustandsdichte, denn wie wir sehen werden, ist im direkten Halbleiter die Zustandsdichte für einen optischen Übergang zwischen dem Valenzband und dem Leitungsband in beiden Bändern erstaunlicherweise gleich groß. Bei einer gegebenen Übergangsenergie ω zwischen einem Anfangs - und Endzustand gibt es nur ganz bestimmte Zustandspaare E Anf im Valenzband und E End im

255 10.2. OPTISCHE ÜBERGÄNGE IN DIREKTEN HALBLEITERN 239 Leitungsband, die für einen direkten optischen Übergang zur Verfügung stehen, d. h., dass sie sowohl die Resonanzbedingung ω = E Anf E End als auch die Auswahlregel k = 0 erfüllen (siehe Abbildung 10.3). Diese beiden Bedingungen lassen sich zu folgender Gleichung zusammenfassen: ) ) ω = (E c + 2 k 2 (E v 2 k 2 = 2 k 2 +E g (10.23) 2m c 2m v 2m r wobei wir dann im zweiten Teil der Gleichung die sogenannte reduzierte Masse m r verwenden : 1 m r = 1 m c + 1 m v (10.24) Diese reduzierte Masse ist nichts Exotisches und wird gerne bei Zwei-Körper Problemen verwendet, wie z. B. zur Berechnung der Umlaufbahnen von Erde und Mond. Die Gleichung E g = E c E v (10.25) gilt natürlich auch noch und mit diesen Beziehungen lassen sich E Anf und E End schreiben als: E kin v E kin v = 2 2 k Anf (10.26) 2m v ist vielleicht nicht der beste Name für diese Energie im Valenzband, wo alle Elektronen gebunden sind, aber es macht zumindest klar, dass dieser Beitrag von den Elektronen mit einem k-wert 0 kommt. Die Energie des Anfangszustandes für den einzig erlaubten Übergang ist also: E Anf = E v E kin v Im Leitungsband gilt sinngemäß: mit E End = E c +E kin c = E v m r m v ( ω E g ) (10.27) = E c + m r m c ( ω E g ) (10.28) E kin c = 2 k End 2 2m c (10.29) Die Formel abzuleiten schadet an dieser Stelle auch nicht, denn wir werden das gleich noch brauchen. de Anf dω = m r m v (10.30) de End dω = m r m c (10.31)

256 240 KAPITEL 10. OPTISCHE ÜBERGÄNGE IN HALBLEITERN Wie schon gesagt, für einen optischen Übergang mit einem Photon der Energie ω gibt es nur einen speziellen k-wert bei dem dieser Übergang überhaupt stattfinden kann. Die Frage ist nun, wie stark ist dieser Übergang? Zu diesem Zweck betrachten wir die Zustandsdichte für diesen speziellen k-wert, im üblichen Jargon kombinierte Zustandsdichte genannt, weil sie im Valenzband und Leitungsband gleich groß ist. Wir schauen also im Skriptum weiter vorne nach und finden für die Zustandsdichte bei E Anf im Valenzband: ( ) mr N (E) = N (E v E Anf ) = N ( ω E g ) (10.32) m v Einsetzen in die Zustandsdichteformel liefert: N (E v E Anf ) = 1 2π 2 ( 2mv Jetzt umrechnen von N (E) de auf N (ω) dω mit (siehe oben): liefert: N (E v E A )de = 1 2π 2 2 ) 3/2 mr m v ( ω E g ) (10.33) de Anf = m r m v dω (10.34) ( 2mv und mit etwas Durchkürzen bekommt man schließlich: 2 N (ω) = 1 2π 2 ) 3/2 mr m v ( ω E g ) m r m v dω (10.35) ( 2mr 2 ) 3/2 ( ω E g ) (10.36) Zum selben Ergebnis, bis auf das Vorzeichen, kommen wir, wenn wir einen Zustand im Leitungsband als Ausgangszustand nehmen und einen passenden Zielzustand im Valenzband voraussetzen. Hinweis: Das Vorzeichen stört nicht, denn am Ende will man die Ladungskonzentration im Valenzband oder Leitungsband ausrechnen und die hat natürlich das umgekehrte Vorzeichen. Die sogenannte kombinierte Zustandsdichte ist also die Dichte der Zustandspaare, die an einem optischen Übergang (Absorption oder Emission) im Frequenzintervall [dω, ω + dω] teilnehmen können. Ist diese kombinierte Zustandsdichte groß, sind die Übergänge stark, wenn nicht, dann nicht. Frage als Hausaufgabe: Wo ist die kombinierte Zustandsdichte in einem direkten Halbleiter immer am größten?

257 10.2. OPTISCHE ÜBERGÄNGE IN DIREKTEN HALBLEITERN 241 Abbildung 10.4: Spektrale Linienform der Rekombinationsstrahlung für direkte Halbleiter ν. (Bildquelle: Sauer, Halbleiterphysik.) Absorption und Emission in direkten Halbleitern Zurück zur Generationsrate. Diese war: G(hυ) = 2π M D e(e ) D h (E) (10.37) und wenn wir jetzt die kombinierte Zustandsdichte einsetzen erhalten wir folgendes Ergebnis: G(hυ) = 2π M 1 2π 2 ( 2mr 2 ) 3/2 ( ω E g ) (10.38) Für die Netto-Rekombinationsrate bekommen wir formal das gleiche Ergebnis wie bei den indirekten Halbleitern: R net (hυ) = ( e +hν E F kt Jetzt noch für die Generationsrate einsetzen: R net (hυ) = 2π ( ) M 1 2mr 3/2( e +hν E F 2π 2 2 kt ) e hν kt G(hυ) (10.39) ) e hν kt ( ω E g ) (10.40) Wenn wir das jetzt wieder ein wenig umformen, um der Gleichung etwas mehr physikalischen Sinn zu geben, bekommen wir, ganz ähnlich wie früher, ein Produkt aus dem Anregungsniveau und einem Faktor, der die spektrale Abhängigkeit beschreibt. Die spektrale Abhängigkeit hat aber eine andere Form: R net (hυ) = 2π ( ) M 1 2mr 3/2( e + E F 2π 2 2 kt 1 )e Eg kt } {{ } Anregungsma e hν Eg g kt ( ω E g ) } {{ } Spektrale Abhängigkeit (10.41)

258 242 KAPITEL 10. OPTISCHE ÜBERGÄNGE IN HALBLEITERN Einen Plot der spektralen Verteilung der Emissionsrate findet man in Abbildung Berechnung der Dielektrizitätskonstante im Drude- Modell Als letzten Punkt zum Thema Optik in Halbleitern werden wir versuchen, die Dielektrizitätskonstante und den Brechungsindex eines Halbleiters oder, genauer gesagt, des freien Elektronengases im Halbleiter mit Hilfe des ausgezeichneten Optik Buchs von Georg Reider zu berechnen. Beides läuft auf das Gleiche hinaus, denn bereits in der Schule sollten Sie gelernt haben, dass gilt: n 2 = ε r (10.42) Das freie Elektronengas, wie war das noch, wird mit dem Drude Modell beschrieben. Hier machen wir das Ganze für Elektronen in einem Lichtstrahl und fangen auch etwas anders an, indem wir sagen, das Elektron sei vorerst einmal nicht frei, sondern elektrostatisch an den Atomkern mit einer Federkraft (F Feder = ax) gebunden. Das Elektron werde dann von einem äußeren elektrischen Feld (Lichtwelle) mit der Kraft ee o e iωt hin und her geschüttelt. Zusätzlich erlauben wir eine geschwindigkeitsabhängige Dämpfung. Die Bewegungsgleichung für diesen, schon wieder mal harmonischen Oszillator, lautet dann: 2 x m e t +b x 2 t +ax = ee oe iωt (10.43) Oh je, eine Differentialgleichung. Wir gehen also mal wieder zum Mathematiker, bitten ihn um einen Lösungsansatz und freundlich wie er ist sagt er: x(w,t) = x 0 E 0 e iωt (10.44) Jetzt müssen wir das x 0 ausrechnen, also setzen wir ein: m e ω 2 x 0 E 0 e iωt +biωx 0 E 0 e iωt +ax 0 E 0 e iωt = ee 0 e iωt (10.45) Um weniger schreiben zu müssen, vereinfachen wir das Ganze ein wenig mit: E 0 e iωt = E(ω) (10.46) und bekommen: m e ω 2 x 0 E(ω)+biωx 0 E(ω)+ax 0 E(ω) = ee(ω) (10.47)

259 10.2. OPTISCHE ÜBERGÄNGE IN DIREKTEN HALBLEITERN 243 Ausklammern liefert: x 0 E(ω) ( m e ω 2 +biω +a ) = ee(ω) (10.48) Nach ein wenig Durchkürzen berechnet sich x 0 dann zu: x 0 = e ( m e ω 2 +biω +a) = e m e ( ω 2 +iωb/m e +a/m e ) (10.49) Und schließlich erhalten wir mit x(ω) = x 0 E(ω): x(ω) = ee(ω) m e ( ω 2 +iωb/m e +a/m e ) (10.50) Jetzt führen wir weitere Abkürzungen ein, damit man auch sieht, dass dies ein schöner harmonischer Oszillator wird: a/m e = ω 2 0 +b/m e = Γ (10.51) und schließlich bekommt man ein komplexes x(ω) in der Form von: x(ω) = e/m e E(ω) (10.52) (ω0 2 ω2 +iωγ) Die Auslenkung x(ω) des an ein Atom gebundenen Elektrons wird also mit obiger Formel beschrieben und das merken wir uns einmal für ein kleines Weilchen. Um zu unserem Ziel, der Dielektrizitätskonstante bzw. dem Brechungsindex des Halbleiters näher zu kommen, schauen wir in einem guten Optik-Buch nach und finden zuallererst, dass die Polarisation des einzelnen Atoms so berechnet wird: p = ex(ω) (10.53) Das schaut doch schon gut aus, denn das ist unser x(ω) von oben. Die Polarisation einer Probe ist dann einfach P = p n e, wobei n e die Anzahl der beteiligten Elektronen ist. Dann behauptet das Optik-Buch noch, dass in polarisierbaren Medien, also in fast allen Medien außer Vakuum, die Poisson Gleichung eher so geschrieben werden sollte: ε o E = P +ρ (10.54) wobei P die Polarisation des Materials sei. Diese Polarisation des Materials (also nicht nur die Polarisation eines einzelnen Atoms) sei proportional zum angelegten elektrischen Feld. Der Proportionalitätsfaktor wird Suszeptibilität (χ) genannt und ist im Allgemeinen komplex. P = ε o χe (10.55)

260 244 KAPITEL 10. OPTISCHE ÜBERGÄNGE IN HALBLEITERN Der Verschiebungsstrom in polarisierbaren Medien hat dann zwei Anteile, einen der vom E-Feld kommt und einen weiteren, der von der Polarisation stammt: D = ε o E +P = ε o E +ε o χe (10.56) Damit erhält man für den Verschiebungsstrom: D = ε o (1+χ)E (10.57) wobei ε r = (1+χ) (10.58) die altbekannte relative Dielektrizitätskonstante eines Mediums ist. Gehen wir aber jetzt wieder zurück zu unserer Polarisation für ein Elektron: p = ex(ω) = e 2 /m e E(ω) (10.59) (ω0 2 ω 2 +iωγ) Um die Polarisation für das gesamte Material zu bekommen, muss man die Formel noch mit der Elektronenanzahl multiplizieren und erhält: e 2 /m e P = n e p = n e (ω0 2 ω 2 +iωγ) E(ω) = χε 0E(ω) (10.60) Für die komplexe Suszeptibilität bekommt man dann: χ = n e e 2 /m e ε 0 (ω0 2 ω 2 +iωγ) = ne2 1 ε 0 m e (ω0 2 ω 2 +iωγ) (ω2 0 ω2 iωγ) (ω0 2 ω 2 iωγ) (10.61) Um das als Realteil + Imaginärteil darstellen zu können, muss man noch den komplexen Nenner entsorgen: Jetzt kann man die Suszeptibilität schreiben als: χ = n ee 2 (ω0 2 ω2 ) iωγ ε 0 m e (ω0 2 ω2 ) 2 (10.62) +(ωγ) 2 und damit ist die Dielektrizitätskonstante (siehe oben): χ(ω) = χ +iχ (10.63) ε = 1+ χ(ω) = 1+χ +iχ (10.64) Einsetzen liefert: ε = 1+ n ee 2 (ω0 2 ω2 ) m e ε 0 (ω0 2 ω2 ) 2 (10.65) +(ωγ) 2

261 10.2. OPTISCHE ÜBERGÄNGE IN DIREKTEN HALBLEITERN 245 Γ ε'' ε' ω/ω0 Abbildung 10.5: Realteil und Imaginärteil der Dielektrizitätskonstante im harmonischen Oszillator Modell (Bildquelle: Georg A. Reider, Photonik, Springer Wien, Heidelberg, New York, Dordrecht, London). und ε = n ee 2 ωγ m e ε 0 (ω0 2 ω2 ) 2 (10.66) +(ωγ) 2 Zum besseren Verständnis sind ε und ε in Abbildung 10.5 dargestellt. Wie man sieht, gibt es eine Resonanz und auch sonstige Details, die jede Menge Auswirkungen auf die Reflexion und Transmission der betrachteten Probe haben. Wer mehr wissen will, lese bitte im Buch vom Georg Reider nach. Dies alles interessiert uns im Moment aber nicht, denn unser eigentliches Ziel war ja die Berechnung der Diektrizitätskonstante des freien Elektronengases im Halbleiter und nicht die Diektrizitätskonstante gebundener Elektronen wie bisher. Zu diesem Zweck können wir das bisherige Modell etwas abspecken. Freie Elektronen sind natürlich nicht gebunden, haben also auch keine Rückstellkräfte und das heißt, dass in unserer ursprünglichen Kraftgleichung der Term ax gleich Null wird. ω 0 wird damit auch Null und es ergibt sich: und ε = 1+ n ee 2 1 (10.67) ε 0 m e ω 2 +Γ 2 ε = n ee 2 Γ ε 0 m e ω(ω 2 +Γ 2 ) (10.68) Der Ursprung der Dämpfung Γ im Elektronengas sind beliebige elastische oder nichtelastische Stoßprozesse der Elektronen untereinander oder auch mit den Atomkernen im Material, die mit einer mittleren Stoßzeit τ e erfolgen. Um Γ mit τ e in Verbindung zu bringen, gehen wir von der Annahme eines statischen elektrischen Feldes aus (oder in

262 246 KAPITEL 10. OPTISCHE ÜBERGÄNGE IN HALBLEITERN anderen Worten τ e 2π/ω ) und hoffen, dass das gerechtfertigt ist. Dann ergibt sich für die mittlere Geschwindigkeit der Elektronen in Feldrichtung v = ẋ = e m e Γ E = eτ m e E (10.69) wobei wir im Drude Modell von früher nachgesehen haben. Also: τ e = 1 Γ (10.70) Eine Verbindung zwischen Γ und der Leitfähigkeit σ des Elektronengases können wir andererseits auch herstellen, indem wir ẋ mit der Ladungsdichte en e multiplizieren und so die Stromdichte j= n e eẋ (10.71) erhalten, für die wiederum der Zusammenhang j = eσe gilt. Damit bekommen wir: Unter Einführung der sogenannten Plasmafrequenz Γ = 1 τ e = n ee 2 σm e (10.72) ω 2 p = n ee 2 ε 0 m e (10.73) lässt sich die komplexe Dielektrizitätskonstante in folgende Form bringen: ε = 1 ω2 p τ2 e 1+ω 2 p τ2 e (10.74) ε n 2 = eτe 2 ω ( ) (10.75) 1+ωpτ 2 e 2 In Halbleitern sind die Elektronendichten eher klein und die Plasmafrequenz liegt im tiefsten Infrarot, wo die zugehörigen Effekte eher schwer zu beobachten sind. Metalle hingegen haben eine sehr hohe Dichte von freien Elektronen. Für Aluminium z. B. ergibt sich die Plasmafrequenz zu ω p = s 1 (10.76) was einer Wellenlänge von 78 nm (UV) bzw. einer Photonen-Energie von ca ev entspricht. Für Frequenzen unterhalb der Plasmafrequenz weist der komplexe Ausbreitungsindex einen großen Imaginärteil auf. Metalle sind aus diesem Grund im Sichtbaren

263 10.2. OPTISCHE ÜBERGÄNGE IN DIREKTEN HALBLEITERN 247 stark absorbierend und wegen T + R = 1 auch stark reflektierend. Für ω ω p ist im Allgemeinen ωτ e 1 und es gilt näherungsweise ε = 1 ω2 p ω 2 ε = 0 (10.77) In der Umgebung der Plasmafrequenz gilt n = ε 1, d. h. die Phasengeschwindigkeit geht nach unendlich, ebenso die Wellenlänge; alle Elektronen schwingen also in Phase. Oberhalb der Plasmafrequenz bleibt n 1, d. h. Metalle sind im fernen UV transparent und optisch geringfügig dünner als Vakuum. Das hat unter anderem zur Folge, dass in diesem Wellenlängenbereich an Metallen Totalreflexion bei streifendem Einfall aus dem freien Raum auftritt. Dieser Umstand wird zur Erzeugung von hochreflektierenden UV- und Röntgen -Spiegeln ausgenützt. Das detaillierte Verhalten realer Metalle im UV ist allerdings komplizierter, weil Metalle auch über gebundene Elektronen verfügen, deren Resonanzfrequenzen im UV liegen. Daher weichen die optischen Eigenschaften der meisten Metalle gerade im Bereich der Plasmafrequenz erheblich von den Ergebnissen des freien Elektronengas-Modells ab. Gelten die obigen Betrachtungen jetzt nur ausschließlich für Metalle oder doch auch für Halbleiter? Die Antwort ist: Es gilt für Beides, denn wie sich experimentell herausgestellt hat ähnelt das optische Verhalten von Dielektrika bzw. von Halbleitern oberhalb der Bandlücke durchaus dem eines freien Elektronengases. Insbesondere weisen Halbleiter im Bereich der optischen Interband Übergänge, also oberhalb der Bandlücke tatsächlich eine metallische Reflektivität auf. Das freie Elektronengas-Modell ist also auch für Halbleiter ein durchaus nützliches Modell.

264 Kapitel 11 Diffusion & Co. Halbleiterbauelemente kann man in zwei Klassen einteilen, nämlich in Bauelemente,die von Driftströmen leben (Widerstände, MOSFETs etc.) und solche, die von Diffusionsprozessen dominiert werden. Beispiele für solche Bauteile sind Dioden und Bipolartransistoren (npn, pnp). Kümmern wir uns also jetzt um die Diffusion. Für die Diffusionsströme gelten ganz ähnliche Regeln wie für die Driftströme. Bei Driftprozessen wird ein Elektron im elektrischen Feld so lange beschleunigt, bis ein Streuprozess auftritt. Dann ändert das Elektron seine Richtung und das Spiel beginnt von vorne. Genauso ist es bei der Diffusion. Die Beschreibung eines Diffusionsprozesses zwischen zwei Gebieten unterschiedlicher Elektronenkonzentration gilt also nur für Zeiten unterhalb der Streuzeit und für Distanzen unterhalb der freien Weglänge. In Abbildung 11.1 sieht man ein linear abfallendes Konzentrationsprofil n(x,t) für Elektronen bei irgendeiner Zeit t. Berechnen wir nun den Elektronenfluss (= Teilchenstromdichte) durch eine Ebene bei x 0. Dazu betrachten wir ein Raumgebiet der Dicke l (l=mittlere freie Weglänge) links und rechts von x 0, aus der Elektronen innerhalb der Streuzeit τ sc die Ebene bei x 0 durchqueren können. Da sich die Elektronen zufällig in alle Richtungen bewegen, wird nur jeweils die Hälfte von ihnen in das jeweils andere Gebiet wechseln. Die Teilchenstromdichte (Teilchenfluss) schreibt sich also als: Flux(x,t) = (n L n R )l 2τ sc (11.1) wobei n L und n R die mittleren Elektronenkonzentrationen in den jeweiligen Gebieten sind. τ sc ist die Streuzeit. Hinweis: Die Einheit für den Teilchenfluss ist hier Elektronen pro (cm 2 sec). Nachdem die beiden Regionen L und R durch die Distanz l getrennt sind, 248

265 249 Ladungsträgerkonzentratiom mittlere freie Weglänge n L L R n R x o -l x o x o +l Abbildung 11.1: Ladungsträgerkonzentration in Abhängigkeit des Ortes. l: mittlere freie Weglänge, n L und n R : Elektronenkonzentrationen im linken und rechten Gebiet (Bildquelle: Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design, (Springer 2007)). können wir näherungsweise schreiben: Die gesamte Teilchenstromdichte ist mit Gleichung 11.1 n L n R = dn(x,t) l (11.2) dx Flux(x,t) = l2 dn(x,t) dn(x,t) = D n 2τ sc dx dx (11.3) D n = l2 2τ sc (11.4) wobei D n als Diffusionskoeffizient für Elektronen bezeichnet wird. Die Behandlung der Situation für Löcher läuft analog. Von der Teilchenstromdichte kommt man auf eine richtige elektrische Stromdichte einfach durch die Multiplikation mit e. j n = eflux(x,t) (11.5) Die Teilchenstromdichte der Elektronen und Löcher verursacht einen Netto- Diffusionsstrom, welcher sich schreiben lässt als: j Diff tot = j Diff n +j Diff p (11.6) Bitte immer beachten, dass in diesen Betrachtungen die Elektronenladung e und die Löcherladung +e ist.

266 250 KAPITEL 11. DIFFUSION & CO Simultaner Drift- und Diffusionstransport Bei gleichzeitiger Anwesenheit eines elektrischen Feldes und eines Dichtegradienten ist der Gesamtstrom für Elektronen gegeben durch: dn(x,t) j n = en(x)µ n E Feld (x)+ed n (11.7) dx Diffusions- und Driftprozesse hängen über die Streuprozesse zusammen. Wir leiten daher nun eine wichtige Beziehung zwischen der Beweglichkeit und der Diffusionskonstanten her. Nehmen wir dazu an, dass das System im Gleichgewicht ist und die Elektronenstromdichten und Löcherstromdichten Null sind, also j n = j p = 0. Wir bekommen dann für die Elektronen: E Feld (x) = D n dn(x,t) en(x)µ n dx (11.8) Für die Ableitung der Ladungsträgerkonzentration erinnern wir uns an das intrinsische Ferminiveau E Fi aus der Halbleiterstatistik und schreiben: ( n(x) = n i exp E ) Fi E F (x) kt (11.9) Im Gleichgewicht ist das Ferminiveau überall konstant (das ist die heilige Regel Nummer eins) also gilt: de F dx = 0 (11.10) Das intrinsische Ferminiveau folgt aber dem angelegten elektrischen E-Feld, also kann man mit der Ableitung von Gleichung 11.9 das E-Feld ausdrücken als: E Feld (x) = D n dn(x,t) = D ( n n(x) de ) Fi en(x)µ n dx en(x)µ n kt dx (11.11) Andererseits ist das elektrische Feld aber auch die Ableitung vom Potential oder anders gesagt, die Kraft ee Feld auf ein Elektron ist die Ableitung der Energie: E Feld = 1 de Fi e dx (11.12) Damit erhalten wir: D n = k BT µ n e (11.13) Diese Beziehung ist als Einstein Beziehung bekannt und stimmt bei Raumtemperatur offenbar ziemlich genau. Jetzt kann man nochmals für das elektrische Feld einsetzen und bekommt sozusagen eine Diffusionskraft für die Elektronen: ee Feld (x) = D n dn(x,t) = kt dn(x,t) n(x)µ n dx en(x) dx (11.14)

267 11.2. KONTINUITÄTSGLEICHUNGEN 251 Zum Schluss noch eine wichtige Bemerkung: Die Diffusionsgeschwindigkeiten bei 300 K liegen in der Größenordnung von 10 7 cm/s und sind viel größer als typische Driftgeschwindigkeiten im elektrischen Feld. Betrachten wir für die elektrische Feldstärke z. B. einen Wert von 1 kv/cm, der schon recht ordentlich groß ist. Die Elektronenbeweglichkeit in reinem Silizium liegt beit = 300K beiµ n = 1500cm 2 /Vs und so ergibt sich eine Driftgeschwindigkeit vonv n = cm/s. Erst in Feldern, die bereits Geschwindigkeiten im Bereich der Sättigungsdriftgeschwindigkeit hervorrufen, werden Driftgeschwindigkeiten in der Größenordnung der Diffusionsgeschwindigkeit erreicht. Wie früher im Skriptum erwähnt, kommt die Sättigungsdriftgeschwindigkeit von einem Streuprozess der Elektronen mit den optischen Phononen. Erreichen die Elektronen per Diffusion solche Geschwindigkeiten, schlägt natürlich auch wieder die LO-Phononenstreuung zu, so dass im Extremfall die Sättigungsdriftgeschwindigkeit in nullter Näherung auch die maximale Diffusionsgeschwindigkeit darstellt Kontinuitätsgleichungen Ehe die nächste Formelorgie beginnt, müssen wir unbedingt rekapitulieren, wo wir modellmäßig stehen. Bisher hatten wir die Situation, dass sich irgendwo mittels Magie oder wegen einer an einem pn-übergang angelegten Spannung durch eine lokale Ladungsumverteilung (Umverteilung!) irgendwo mehr oder weniger Elektronen oder Löcher angesammelt haben als im Gleichgewichtsfall. Die Diffusion sorgt dann dafür, dass alle Ladungsträger wieder nach Hause gehen und dann ein langweiliges Gleichgewicht herrscht. Jetzt betrachten wir eine geänderte Situation und wir erzeugen absichtlich irgendwo zusätzliche(!) Elektronen und Löcher. Als Erzeugungsmechanismen haben wir zur Verfügung: Spannungspulse, Licht, Radioaktivität, lokale Erhitzung oder was Ihnen noch so alles einfällt. Diese neu erzeugten Ladungsträger diffundieren und driften natürlich fröhlich durch die Gegend, sehen wir also, wie wir das beschreiben. Betrachten wir dazu mal kurz die Abbildung 11.2, die schematisch ein Stück Halbleiter zeigt. Links und rechts vom Gebiet der Breite x seien die Löcherdichten unterschiedlich und es fließe irgendein Diffusionsstrom. Zusätzlich gebe es in dieser Gegend auch noch eine Erzeugung von Ladungsträgern und auch eine Vernichtung durch Rekombinationsprozesse. Als Generationsmechanismen stehen thermische Generation oder Generation durch Licht zur Verfügung, als Rekombinationsmechanismen gebe es: die strahlende Rekombination, Rekombination über Störstellen und Auger-Prozesse. Details dazu kommen etwas später. Die Änderung der Elektronendichte mit der Zeit

268 252 KAPITEL 11. DIFFUSION & CO. x jn(x) x Abbildung 11.2: Schematische Darstellung des Stromflusses zur Kontinuitätsgleichung (Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet). n/ t ist also die Differenz zwischen dem ein- und austretenden Elektronenstrom und der Paarerzeugungs- und Rekombinationsrate: n t = 1 j n (x) j n (x+ x) +G R (11.15) e x n t = 1 j n e x +G R (11.16) wobei G die Paarerzeugungsrate pro Volumen- und Zeiteinheit und R die Rekombinationsrate darstellt. Man erhält also. n t 1 j n e x Gleiches gilt für die Löcher und hier erhält man: p t + 1 j p e x = G R (11.17) = G R (11.18) Das alles und besonders die Summe beider Gleichungen wird dann gerne als Kontinuitätsgleichung bezeichnet Rekombination Rekombination über tiefe Störstellen Wie wir früher gesehen haben, ist für die Kontinuitätsgleichung der Term G R eine entscheidende Sache. Ladungsträgergeneration wird meistens bewerkstelligt durch

269 11.3. REKOMBINATION 253 Abbildung 11.3: Lage typischer Störstellen in Si, Ge und GaAs mit Kennzeichnung von Donator- oder Akzeptorcharakter. Als flache Störstellen werden die Störstellen in der Nähe der Bandkanten bezeichnet. Tiefe Störstellen sind die Störstellen nahe der Mitte der Bandlücke. Eine klar definierte Grenze zwischen flachen und tiefen Störstellen gibt es nicht. (Bildquelle: S. M. Sze, Physics of Semiconductor Devices, John Wiley & Sons, Inc. (2007)).

270 254 KAPITEL 11. DIFFUSION & CO. 1 Elektroneneinfang 2 thermische Emission von Elektronen 3 Locheinfang 4 thermische Emission von Löchern Abbildung 11.4: Schematische Darstellung von nicht-strahlenden Rekombinationsprozessen. N t ist die Trapdichte, E t die Energie der Störstelle, E L die Leitungsbandkante und E V die Valenzbandkante (Bildquelle: Rolf Sauer, Halbleiterphysik, Oldenburg Verlag (2009)). Licht, Details dazu kommen noch später. Die Frage ist nun, welche Rekombinationsmechanismen es gibt und das sind hauptsächlich nicht strahlende Prozesse über tiefe Störstellen, Auger-Prozesse und dann die strahlenden Rekombinationsprozesse. Konzentrieren wir uns hier auf die Rekombination über tiefe Störstellen und wir werden in diesem Abschnitt zeigen, dass tiefe Störstellen die effizientesten Rekombinationszentren sind. Das Ganze hat sogar eine technische Anwendung: Manchmal braucht man Halbleiter mit ganz besonders hohem spezifischen Widerstand für semi-isolierende Substrate. Dotiert man dann z. B. GaAs mit der tiefen Störstelle Cr, kann man spezifische Widerstände bekommen, die über dem spezifischen Widerstand von nominell undotiertem GaAs liegen. Die Tatsache, dass man es nur mit extremsten Aufwand oder gar nicht schafft, gutes intrinsisches GaAs herzustellen, macht die Zugabe von tiefen Störstellen zur Herstellung von semi-isolierenden Substraten nur umso attraktiver. Zu Ihrer Information zeigt Abbildung 11.3 die Lage der wichtigsten Störstellen in Si, Ge und GaAs mit Kennzeichnung des Donator- oder Akzeptorcharakters. Als tiefe Störstellen bezeichnet man Störstellen mit größerer Entfernung zur Bandkante (so ca. 100meV oder mehr). Eine klare Grenze zwischen tiefen und flachen Störstellen gibt es nicht. Hinweis zum Schluss: Tiefe Störstellen können sehr exotische Eigenschaften haben, aber das braucht wieder eine eigene Vorlesung. Wenden wir uns nun den physikalischen Details des Rekombinationsprozesses über tiefe Störstellen zu. Abbildung 11.4 zeigt schematisch die Rekombination von Elektron - Loch Paaren zwischen dem Leitungs- und Valenzband über tiefe Störstellen ( traps ). Die tiefen Störstellen liegen ungefähr in der Bandmitte. In dieser Situation gibt es folgende Möglichkeiten: Elektroneneinfang aus dem Leitungsband, thermische Emission von Elektronen aus der Störstelle zurück ins Leitungsband, Locheinfang aus dem Va-

271 11.3. REKOMBINATION 255 lenzband und die thermische Emission von Löchern zurück ins Valenzband. Ehe wir weitermachen, brauchen wir zwei wichtige Dinge: Zuerst beschließen wir, dass es in unserem Halbleiter außer den tiefen Störstellen keine weiteren Störstellen wie Donatoren oder Akzeptoren gebe, denn mit zwei Sorten von Störstellen gleichzeitig wird die Sache eher kompliziert. Dann brauchen wir noch ein paar Definitionen: n Elektronenkonzentration im Halbleiter N t Trapdichte E t Energetische Lage der Störstelle c n Einfangkoeffizient der Störstelle für Elektronen (Einheit 1/s) e n Emissionskoeffizient der Störstelle für Elektronen ((Einheit 1/s)) f t Störstellen-Besetzungswahrscheinlichkeit ( ) für Elektronen. Das ist normalerweise eine Fermiverteilung also f t = e E t Eg 1 kt +1 Jetzt überlegen wir uns einen Ansatz für die Einfang- und Emissionsrate (sinnvolle Einheit: Elektronen pro Sekunde und Einheitsvolumen) und nehmen vernünftigerweise an, dass diese proportional ist zur Dichte der Elektronen im undotierten Halbleiter n 0, zur Störstellendichte N t, irgendeinem Einfangkoeffizienten ( Effizienzfaktor o. Ä.) c n und der Verteilung der freien Plätze in den Traps sei. Wenn die Traps einer Fermiverteilung folgen, sind bei T = 0 alle Traps besetzt, bei endlicher Temperatur sind es dann nur noch N t f t, die Dichte der freien Plätze ist folglich N t (1 f t ). Die Einfangrate für Elektronen ist also: R cn = nc n N t (1 f t ) (11.19) wobei c n für capture-n steht. Diese Formel steht im Buch vom Sauer und hat den Schönheitsfehler, dass in dieser Form die Einfangrate die Einheit (s 1 cm 3 cm 3 ) hat. Um das auszugleichen gibt Kollege Sauer dem Koeffizienten c n die Einheit (s 1 cm +3 ), dem weiter unten definierten Emissionskoeffizienten e n aber die Einheit (s 1 ) und das ist eher unschön und unlogisch. Wesentlich logischer erscheint mir folgender Ansatz, der am Schluss auf das gleiche Endergebnis führt: Wir nehmen ein Einheitsvolumen V und sagen dann, dass die Einfangrate proportional sein soll zur Anzahl der Elektronen nv im betrachteten Volumen, zur Störstellendichte N t, irgendeinem Einfangkoeffizienten c n und der Verteilung

272 256 KAPITEL 11. DIFFUSION & CO. der freien Plätze, als Formel geschrieben also: R cn = nv c n N t (1 f t ) (11.20) Die Emissionsrate hängt nur vom Emissionskoeffizienten e n, ((e n für emission-n )) von der Störstellendichte und der Verteilung der besetzten Plätze ab und hat damit dieses Problem mit dem Volumen nicht: R en = e n N t f t (11.21) Im thermischen Gleichgewicht gilt R en = R cn und damit ist das Verhältnis aus Emissionsrate und Einfangrate: n t = e n c n = nv (1 f t) f t (11.22) dank dem eingeführten Volumen V wirklich eine einfache dimensionslose Zahl. Nimmt man an, dass unser Halbleiter nur wenig dotiert ist und zusätzlich die Anzahl der Überschussladungsträger, welche rekombinieren sollen, gering ist ( schwache Anregung ), so kann man annehmen, dass gilt: n n 0, der Elektronenkonzentration im thermischen Gleichgewicht. Im Kapitel über Halbleiterstatistik stand dafür folgende Formel: (N c war das Bandgewicht im Leitungsband): und damit bekommt man: n 0 = N c e E F Ec kt (11.23) n t = e n (1 f t0 ) = Vn 0 = Vn 0 e Et EF kt c n f t0 = VN c e E t Ec kt (11.24) Zurück zu unseren Einfang- und Emissionsraten, die wir jetzt zwar berechnet haben, aber Nachmessen wäre ja auch ganz gut. Hier haben wir aber das Problem, dass sich die Einfang- und Emissionsraten nicht individuell messen lassen und alles was man im Experiment bei Anregung des Systems bekommt, ist nur die Netto-Einfangrate: R netto cn = R cn R en = c n N t (nv (1 f t ) n t f t ) (11.25) Für Löcher findet man bei völlig analoger Betrachtung für die Netto-Einfangrate : R netto cp = R cp R ep = c p N t (pvf t p t (1 f t )) (11.26)

273 11.3. REKOMBINATION 257 Kümmern wir uns nun ein wenig um die Verteilung der Störstellen und deren Lebensdauern und nutzen wir dazu die Tatsache, dass im stationären Gleichgewicht (zeitlich konstante Anregung des Systems) die Netto-Einfangraten von Elektronen und Löchern gleich groß sind, dass also gilt: Rcn netto lästiger Algebra anschreiben als: f t = Und damit können wir wiederum mit R netto cn c p p t +c n nv c n (nv +n t )+c p (pv +p) = R netto cp. Damit lässt sich f t nach etwas = R netto cp = R ausdrücken als: (11.27) c n c p (np n 0 p 0 )V 2 R = N t c n (nv +n t )+c p (pb +p t ) = N (np n 0 p 0 )V 2 t c 1 p (nv +n t )+c 1 n (pv +p t) (11.28) Wobei wir die Beziehung n t p t = n 0 V p 0 V verwendet habe, die leicht leicht aus obigen Formeln für n t und p t zusammenstöpseln lässt. Jetzt sagen wir noch, das System werde nur schwach angeregt, die überschüssige Dichte an Minoritätsladungsträgern sei also gering: n n 0, p p 0, n = p (11.29) und weiters sei n = n 0 + n, p = p 0 + p (11.30) dann ist: ((n 0 + n)(p 0 + p) n 0 p 0 ) = n 0 p 0 +n 0 p+ np 0 + n p n 0 p 0 (11.31) Und mit n = p bekommen wir für R: (n 0 n+p 0 n+ n 2 )V 2 R = N t c 1 p (nv +n t )+c 1 n (pv +p t ) = N n(n 0 +p 0 )V 2 t c 1 p (nv +n t )+c 1 n (pv +p t ) (11.32) Jetzt definieren wir eine Lebensdauer für die Störstellen als Kehrwert der Netto- Einfangrate: 1 (n 0 +p 0 )V = N t τ n 0 V+n t trap + p 0V+p t (11.33) c n c p Um alles noch weiter zu vereinfachen fordern wir noch dass c n = c p sein soll, definieren 1 τ 0 = N t c p = N t c n (11.34) τ trap = τ 0 n 0 V +n t +p 0 V +p t n 0 V +p 0 V (11.35)

274 258 KAPITEL 11. DIFFUSION & CO. Abbildung 11.5: Reziproke trapbestimmte Lebensdauer τ 0 /τ trap von Überschussladungsträgern in Silizium als Funktion der energetischen TraplageE t in der Bandlücke bei konstantem E F = E Fi (Bildquelle: Rolf Sauer, Halbleiterphysik, Oldenburg Verlag (2009)). dann erinnern wir uns an die Formeln für n t und p t von früher n t = Vn 0 e E t Ec kt p t = Vp 0 e E t Ev kt (11.36) setzen alles ein und bekommen, weil sich (Hurra!, Hurra!) dieses elende Einheitsvolumen V endlich wegkürzt: n 0 +n 0 e Et Eg kt +p 0 +p 0 e E t Eg kt τ trap = τ 0 (11.37) n 0 +p 0 Wenn wir noch annehmen, dass n 0 = p 0 bekommen wir schließlich: τ trap = 2n ( ( ) ( 0 +n 0 Et E Fi exp +exp E )) t E Fi τ 0 2n 0 kt kt (11.38) oder: ( τ trap = 1+cosh τ 0 ( )) Et E Fi kt (11.39) und das plotten wir jetzt einmal (siehe Abbildung 11.5) in der Version τ 0 /τ trap (also wieder als Einfangrate und nicht als Lebensdauer) als Funktion der Energie. Die Halbwertsbreite der Funktion τ 0 /τ trap ist E t = 3.5kT E g bei Raumtemperatur, die Funktion ist also recht scharf. Dieser Sachverhalt wird oft kurz und prägnant durch den Merksatz ausgedrückt: Midgap-Traps sind die effizientesten Rekombinationszentren.

275 11.3. REKOMBINATION Strahlende Rekombination Für Band zu Band-Rekombination sind sowohl Elektronen als auch Löcher nötig, der Ansatz für die Rekombinationsrate ist daher von 2. Ordnung in den Teilchendichten und lautet R = B n p (11.40) B ist der Koeffizient der strahlenden Rekombination. Wenn R wieder die Einheit s 1 cm 3 haben soll, sieht man sofort, dass man entweder auf die Sauer-Variante mit den komischen Einheiten des Rekombinationskoeffizienten zurückgreifen (Die Einheit von B ist dann cm +3 s 1 ), oder das Einheitsvolumen durch die ganze Ableitung ziehen muss. Da ich hoffentlich im vorherigen Kapitel genug Bewusstsein für dieses Problem geweckt habe, machen wir es uns hier leicht und verwenden die komischen Einheiten vom Kollegen Sauer. Die Rekombinationsrate im thermischen Gleichgewicht ist also: Die Netto-Rekombinationsrate ist: R 0 = B n 0 p 0 = B n 2 i (11.41) R netto = R G 0 = Bn p Bn 0 p 0 = B(n p n 0 p 0 ) (11.42) G 0 ist die Generationsrate im thermischen Gleichgewicht. Sie ist bei jeder Übergangsenergie hf E g gleich der Rekombinationsrate R 0 im thermischen Gleichgewicht. Die Aussage G 0 (hf) = R 0 (hf) wird auch als Prinzip des detaillierten Gleichgewichts bezeichnet ( principle of detailed balance ). Mit n = n 0 + n, p = p 0 + p und n = p folgt: daher folgt die Netto-Rekombinationsrate zu: (n p n 0 p 0 ) = (n 0 +p 0 ) n+( n) 2 (11.43) R netto = B [ (n 0 +p 0 ) n+( n) 2] (11.44) Wichtigste Erkenntnis aus diesem Abschnitt: Bei Rekombination über strahlende Rekombinationsprozesse ist die Rekombinationsrate quadratisch abhängig von der Überschuss-Elektronenkonzentration. Für den Fall, dass Diffusion und Drift vernachlässigt werden, liefert dieser Ausdruck nach dem Einsetzen in die Kontinuitätsgleichung: d n dt = B [ (n 0 +p 0 ) n+ n 2] (11.45)

276 260 KAPITEL 11. DIFFUSION & CO. ln n(t) n 0 τ t / τ e t e -t/τ 0 t Abbildung 11.6: Zeitlicher Abfall der Überschusskonzentration von Elektronen durch strahlende Rekombination (Bildquelle: Rolf Sauer, Halbleiterphysik, Oldenburg Verlag (2009). Die Lösung ist (siehe Abbildung 11.6): mit n(t) = n(0) τ = τ rad = 1+ n(0) (n 0 +p 0 ) e t / τ 1 B(n 0 +p 0 ) ( 1 e t / τ ) (11.46) (11.47) Bei starker Störung des Systems ( n(0) n 0 +p 0 ) haben wir bei kleinen Zeiten ein Verhalten wie n(t) = τ t n(0)e t / τ (11.48) und bei großen Zeiten wie: n(t) = τ t n(0)e t / τ (11.49) Eine kleine Störung des Systems( n(0) n 0 + p 0 ): entspricht dem oberen Fall für große Zeiten. n(t) = n(0)e t / τ (11.50) Rekombination über Auger Prozesse Die Auger-Rekombination bezeichnet einen Prozess, in dem ein angeregtes Elektron- Loch-Paar strahlungslos rekombiniert und die frei werdende Energie auf ein zweites

277 11.3. REKOMBINATION 261 (a) Auger Prozess direkte indirekte Bandstruktur (b) inverser Auger Prozess Abbildung 11.7: Schematische Darstellung von Rekombinationsprozessen mittels Auger Prozessen. (a) normaler Auger Prozess. (b) inverser Auger Prozess (Bildquelle: Rolf Sauer, Halbleiterphysik, Oldenburg Verlag (2009).) freies Elektron (oder Loch) überträgt, das dadurch in einen Zustand höherer Energie gebracht wird. Dieses Auger-Teilchen thermalisiert anschließend über Phononenstreuung zurück an die Bandkante. Wie wir gleich sehen werden, ist der Auger Prozess ein nichtlinearer Prozess, der bei hohen Überschussträgerdichten auftritt. Besonders in Lasern begrenzt die Auger-Rekombination die erzielbare Lichtleistung. Der Auger Prozess (siehe Abbildung 11.7) benötigt drei Teilchen, daher lautet der Ansatz ganz allgemein: R = C n n 2 p+c p np 2 (11.51) Wir beschränken uns aber auf n-dotiertes Material also auf R = C n n 2 p (11.52) C n bzw. C p sind die Auger-Koeffizienten. Wie weiter oben gilt: Die Einheiten von C n bzw. C p im Sauer-Formalismus sind sehr, sehr seltsam, nämlich cm +6 s 1. Die Netto- Rekombinationsrate ist: R netto = R G 0 = C n n 2 p C p nn 0 p 0 = Cn(np n 0 p 0 ) (11.53)

278 262 KAPITEL 11. DIFFUSION & CO. G 0 beschreibt den inversen Augereffekt: Ein hochenergetisches Elektron relaxiert und die frei werdende Energie erzeugt ein Elektron-Loch-Paar - dies ist der Prozess der Stoßionisation. Nur ein hochenergetisches Nichtgleichgewichts-Elektron kann diesen Prozess bewirken, daher gilt G 0 = C n nn 0 p 0 (11.54) Mit n = n 0 + n, p = p 0 + p und p = n ist die Netto-Rekombinationsrate: [ R netto = C n nn0 (n 0 +p 0 )+ n 2 (2n 0 +p 0 )+ n 3] (11.55) Wichtigste Erkenntnis aus diesem Abschnitt: Bei Rekombination über Auger Rekombination ist die Rekombinationsrate in der 3ten Potenz abhängig von der Elektronenkonzentration Die Halbleiter Grundgleichungen Fassen wir noch einmal kurz zusammen, was wir jetzt schon alles haben und siehe da, es sind die sogenannten Halbleiter Grundgleichungen. Aus dem Drude Modell haben wir die Kraftgleichung in einer Dimension für Elektronen. Hier haben wir sogar die Version mit Magnetfeld und dem elektrischen Feld aus dem Beitrag der Diffusion: m dv n dt = e( E +v B) m n v τ Die Kraftgleichung für Löcher lautet analog. k T en(x) dn dx (11.56) Die Stromgleichung : j n = nev (11.57) besteht aus zwei Komponenten, nämlich dem Driftstrom und dem Diffusionsstrom : j n = e n µ n E +e D n n (11.58) wobei D n = µ n k T e die Diffusionskonstante für Elektronen ist. Für Löcher gilt analog: (11.59) j p = e p µ p E +e D p p (11.60)

279 11.4. DIE HALBLEITER GRUNDGLEICHUNGEN 263 wobei D p = µ p k T (11.61) e Hier wurde gleich alles für ein dreidimensionales Problem angeschrieben, daher der Nabla Operator statt einem einfachen dn. Zur Erinnerung: die Beweglichkeit dx war: µ = e τ (11.62) m Wenn man jetzt Elektronen und Löcher gemeinsam berücksichtigt, lautet die Stromgleichung : j = e (µ n n+µ p p) E +e D n n e D p p (11.63) So, jetzt brauchen wir einen kurze Auszeit. Bitte extreme Vorsicht mit den Vorzeichen und den Stromrichtungen. Die Elektronen fließen zwar von - nach +, die technische Stromrichtung ist aber umgekehrt. Vor dem Elektronenstrom steht daher ein +. Löcher fließen zwar von + nach -, aber die technische Stromrichtung ist für Elektronen gemacht, also steht auch hier ein +. Die Elektronen- und Löcherströme vernichten sich auch nicht gegenseitig (z. B. via Rekombination), ganz im Gegenteil, sie addieren sich! Und weiter geht s: Dann haben wir noch die Kontinuitätsgleichungen für Elektronen: und für Löcher: Generation Rekombination n t = +1 e j {}}{ n + G R (11.64) Generation Rekombination p t = 1 e j {}}{ p + G R (11.65) Und schließlich die Poisson Gleichung (Vorsicht, das Vorzeichen der Ladung steckt hier im ρ) de dx = ρ ε 0 ε r (11.66) die den Zusammenhang zwischen Raumladungsdichte ρ und der Änderung des elektrischen Feldes E beschreibt. Dabei ist die Raumladungsdichte ρ durch 4 Beiträge bestimmt, die von Löchern und Elektronen und den geladenen Störstellen herrühren. ρ = e(p n+n D N A ) (11.67) Alle diese Gleichungen stellen ein geschlossenes System für die 5 Unbekanntenp,n,j p,j n und E dar und mit deren Hilfe man die meisten Phänomene in der Halbleiterelektronik beschreiben kann.

280 264 KAPITEL 11. DIFFUSION & CO. Lichtpuls Abbildung 11.8: Injektion von Ladungsträgern und deren Zeitabhängigkeit (Bildquelle: S. M. Sze, Physics of Semiconductor Devices, John Wiley & Sons, Inc. (2007)) Diffusion injizierter Ladungsträger Zeitliches Abklingverhalten Betrachten wir eine n-dotierte Probe, wie sie in Abbildung 11.8 dargestellt ist. Die Probe wird mit konstanter Lichtintensität beleuchtet, wodurch Elektron - Loch Paare mit einer Generationsrate G p erzeugt werden Die Bezeichnung G p soll in Erinnerung halten, dass wir Löcher als Minoritätsladungsträger erzeugen. Die Dicke der Probe sei so gering, dass man eine Tiefenabhängigkeit der Ladungsträger vergessen kann. Die Randbedingungen seien eine homogene Generation dpn = 0 und ein konstantes aber nur dx sehr kleines elektrisches Feld zum Absuchen der Träger im Experiment, siehe Abbildung Für die Rekombinationsrate wählen wir eine Abklingzeit τ p und bekommen: R p = p n p n0 τ p (11.68) Bevor wir die Kontinuitätsgleichung hinschreiben brauchen wir noch einen kleinen Trick aus dem Buch vom Sauer, nämlich den, dass wir uns nur für die überschüssigen Ladungsträger (z. B. den Löcherüberschuss (p n p n0 )) interessieren. Diese Schreibweise macht alle Formeln deutlich durchschaubarer. Die Kontinuitätsgleichung lautet also: d(p n p n0 ) dt = 1 e d(j p ) dx +G p R p (11.69)

281 11.5. DIFFUSION INJIZIERTER LADUNGSTRÄGER 265 und weil es nur ein vernachlässigbares Feld und damit keinen Strom gibt: d(p n p n0 ) dt = G p p n p n0 τ p (11.70) Im Gleichgewicht ist dpn dt = 0 also gilt: p n p n0 = G p τ p (11.71) Zu irgendeiner Zeit wird das Licht abgeschaltet und es gilt nun: d(p n p n0 ) dt = p n p n0 τ p (11.72) Die Lösung dieser Differentialgleichung ist einfach, nämlich ( p n p n0 = (p t=0 n p n0 )exp t ) τ p (11.73) Man beachte auch die Erfüllung der Randbedingungen bei t = 0 und t =. Nun steht einer Bestimmung der Rekombinationszeiten aus den experimentellen Daten in Abbildung 11.8 steht nichts mehr im Wege Stationäre Injektion Nächstes Beispiel: Nehmen wir an, dass an der Stelle x = 0 in einer n-typ Halbleiterprobe eine zusätzliche Dichte von Minoritätsladungsträgern (Löcher) durch Injektion oder Belichtung dauernd aufrecht erhalten wird (siehe Abbildung 11.9). Dieses mal ist der lokale Strom in der Probe aber sicher nicht Null und wir brauchen zwei Gleichungen, nämlich (wieder mit dem Trick vom Sauer, dass wir uns nur für die Überschussladungsträger interessieren): d(p n p n0 ) dt = D p d 2 (p n p n0 ) dx 2 +G p R p (11.74) Für G p R p machen wir wieder einen Ansatz mit der Lebensdauer τ L : Im stationären Fall ist dp dt G p R p = p n p n0 τ L (11.75) = 0 und man erhält D p d 2 (p p n0 ) dx 2 = p p n0 τ L (11.76)

282 266 KAPITEL 11. DIFFUSION & CO. Jetzt noch ein wenig umformen: d 2 (p p n0 ) dx 2 = 1 D p τ L (p p n0 ) (11.77) Die Form dieser Gleichung sollte Ihnen bekannt vorkommen, war da am Anfang nicht etwas mit: 2 2 Ψ(z) = EΨ(z) (11.78) 2m z 2 Richtig, das ist die Schrödingergleichung und genau wie damals hat auch unsere Gleichung jetzt allgemeine Lösungen der Form Ae ik(x x 0) +Be ik(x x 0). Hier ist aber nichts komplex, das i können wir also vergessen. Unsere allgemeine Lösung lautet also: mit (p n p n0 ) = A e x/lp +Be x/lp (11.79) 1 L p = 1 Dp τ L (11.80) Mit den Randbedingungen p n (x = 0) = p x=0 n und p n (x = ) = p n0 kann der Koeffizient A des exponentiell ansteigenden Astes nur Null sein und somit hat diese Gleichung folgende Lösung: (p n p n0 ) = + ( p x=0 n p n0 ) e x/l p (11.81) wobei L p = D p τ L die Diffusionslänge der Minoritätsträger im n-gebiet ist, welche die räumliche Länge angibt, nach der eine Abweichung der Dichte abgeklungen ist. D p ist die Diffusionskonstante der Minoritäten im n-gebiet. Das Ergebnis zeigt Abbildung Die räumlich abklingende Exponentialfunktion, deren Abklingkonstante die Diffusionslänge L p ist, nimmt zufolge von Diffusion und Rekombination auf den Gleichgewichtswert p n0 ab Stationäre Injektion bei einer Probe endlicher Länge Jetzt aufgepasst, diese Situation ist das Um und Auf für das Verständnis des pnp- Transistors, genauso wird nämlich die Basisregion des Transistors behandelt, wie wir später sehen werden. An einer bestimmten Stelle x = 0 eines homogenen Halbleiters wird wie oben durch Injektion eine bestimmte Konzentration von Minoritätsladungsträgern eingestellt (Abbildung 11.9). Der Halbleiter hat dieses Mal aber eine endliche Länge W. Damit lauten die Randbedingungen ein wenig anders, nämlich p n (x = 0) = p x=0 n (11.82)

283 11.5. DIFFUSION INJIZIERTER LADUNGSTRÄGER 267 Injektion an der Oberfläche Injektion an der Oberfläche Alle Überschussladungsträger werden extrahiert Abbildung 11.9: Injektion von Ladungsträgern und deren Ortsabhängigkeit. (a) Unendlich lange Probe, (b) endlich lange Probe (Bildquelle: S. M. Sze, Physics of Semiconductor Devices, John Wiley & Sons, Inc. (2007)) und (p n p n0 )(x = W) = p x=w n0 (11.83) statt p n (x = ) = p n0 wie früher. Der allgemeine Ansatz zur Lösung der Differentialgleichung lautet wie oben: (p n (x) p n0 ) = Ae ( ) +x Lp +Be ( ) x Lp (11.84) Weil das so wichtig ist für das Verständnis des Transistors, schauen wir uns das resultierende Gleichungssystem genauer an. Die beiden Randbedingungen liefern folgende zwei Gleichungen für die Koeffizienten A und B: ( p x=0 n p n0 ) = A e 0/L p +Be 0/Lp (11.85) ( p x=w n p n0 ) = A e W/L p +Be W/Lp (11.86) Jetzt erst nachdenken und noch nicht zu rechnen anfangen. Wechseln wir zuerst die Variablen: mit x = A, y = B, e 0/Lp = a, e 0/Lp = b, (p x=0 n p n0 ) = c und e W/Lp = d, e W/Lp = e, ( ) p x=w n p n0 = f haben wir ein Gleichungssystem der Art: a x+b y = c d x+e y = f

284 268 KAPITEL 11. DIFFUSION & CO. Abbildung 11.10: Screenshot des Wolfram-Alpha Outputs zur Lösung des angegebenen Gleichungssystems. Quelle: Weil man sich beim Lösen von Gleichungssystemen immer nur verrechnet, benutzen wir Wolfram Alpha, siehe Abbildung Wir bekommen: x = b f c e b d a e y = c d a f b d a e Jetzt wieder rückwärts einsetzen: ( ) p x=w n p n0 e 0/L p (p x=0 n p n0 )e W/Lp A = (11.87) e 0/Lp e W/Lp e 0/Lp e W/Lp B = (px=0 n p n0 )e W/Lp e 0/Lp ( p x=w n p n0 ) e 0/Lp e W/Lp e 0/Lp e W/Lp (11.88) Jetzt die ganzen e 0 entsorgen und übrig bleibt: ( ) p x=w n p n0 (p x=0 n p n0 )e W/Lp A = (11.89) e W/Lp e W/Lp B = (px=0 n Damit lautet die gesamte Lösung des Problems: p n0 )e W/Lp ( p x=w n p n0 ) e W/Lp e W/Lp (11.90) (p n p n0 ) = A e x/lp +Be x/lp = (11.91)

285 11.5. DIFFUSION INJIZIERTER LADUNGSTRÄGER 269 = ( ) p x=w n p n0 e x/l p (p x=0 n e W/Lp e W/Lp p n0 )e (x W)/Lp + (px=0 n p n0 )e (x W)/Lp ( ) p x=w n p n0 e x/l p e W/Lp e W/Lp (11.92) Zusammenfassen und umsortieren liefert: (p n p n0 ) = (px=0 n p n0 ) ( e (x W)/Lp e (x W)/Lp ) + ( p x=w n p n0 )( e x/l p e x/lp ) e W/Lp e W/Lp (11.93) Und wenn man sich noch an den sinh(x) erinnert, bekommt man wirklich das, was sich in den Büchern findet: (p n (x) p n0 ) = (p n(0) p n0 )sinh ( L p )+(p n (W) p n0 )sinh ( ) W sinh L p ( W x ) x L p (11.94) Für den Fall (W L p ) gilt sinh(x) = x und somit vereinfacht sich obige Beziehung zu: ( ) (pn (0) p n0 )(W x))+(p n (W) p n0 )x (p n (x) p n0 ) = W (11.95) Für den Fall einer kurzen Probe (W L p ), wie z. B. die Basis eines Transistors berechnen wir die Stromdichte (Strom pro Fläche) an der Stelle x = W: ( ) dp j p = ed p (pn (0) p n0 )+(p n (W) p n0 ) dx = ed p ) x=w W also ( ) (pn (W) p n (0)) j p = ed p W (11.96) (11.97) Dieser Fall tritt beim Bipolartransistor wirklich auf: Die Stromdichte hängt in der Tat reziprok von der Basisweite ab Shockley-Haynes Experiment Man kann die gleichzeitige Wirkung von Drift, Diffusion und Rekombination durch ein berühmtes Experiment veranschaulichen, das nach Shockley und Haynes benannt ist. Dieses Experiment, dessen Anordnung schematisch in Abbildung dargestellt ist, war wegweisend für die Entwicklung der Transistoren. Durch einen kurzen Lichtblitz, oder durch einen kurzen in Durchlassrichtung gepolten Impuls durch eine kleine Injektordiode (siehe Abbildung 11.12) werden an der Stelle x = 0 zusätzliche Trägerpaare erzeugt, die im angelegten Feld in Richtung einer

286 270 KAPITEL 11. DIFFUSION & CO. in Sperrrichtung gepolten Kollektordiode driften. Die Kollektordiode lässt die Minoritätsladungsträger durch, jedoch nicht die Majoritätsadungsträger. Auf diese Weise kann man einen um die Driftzeit verschobenen, durch Diffusion verbreiterten und durch Rekombination abgeschwächten Stromimpuls im Kollektorkreis beobachten. Der Impuls im Kollektorkreis, der mit einem Oszilloskop sichtbar gemacht werden kann, hat die Form einer Gaußschen Glockenkurve. Aus der Lage seines Maximums lässt sich die Driftgeschwindigkeit und damit die Beweglichkeit ablesen. Aus der Breite des Impulses kann man auf den Diffusionskoeffizienten schließen. Zur Kontrolle kann man überprüfen, ob die experimentell ermittelte Beweglichkeit und der Diffusionskoeffizient die Einsteinrelation erfüllen. Schließlich lässt sich auch die Lebensdauer der Minoritätsträger durch Beobachtung der Fläche unter der Gaußkurve, die wie exp( t/τ L ) abklingt, ermitteln. Derartige Gaußkurven sind in Abbildung für den Fall ohne und mit angelegtem Feld dargestellt. Quantitativ hat man es diesmal in der Kontinuitätsgleichung mit einem nichtstationären und zeitabhängigen Problem zu tun, das durch (p n p n0 ) t + 1 e j p = ed p (p n p n0 ) x beschrieben wird. Elimination von j p führt zu (p n p n0 ) t j p x = p n p n0 τ L (11.98) +eµ p (p n p n0 )E (11.99) 2 (p n p n0 ) D p +µ x 2 p E (p n p n0 ) + p n p n0 = 0 (11.100) x τ L Jetzt bleibt nichts anderes übrig als zum Mathematiker zu gehen, diesen zu bestechen und sich die Lösung geben zu lassen. Danach überzeugt man sich durch Einsetzen, dass diese Gauß sche Glockenfunktion: { } (p n p n0 ) = const 4πDp t exp (x µ p Et) 2 4D p t auch wirklich unsere Gleichung erfüllt. ( ) t exp +p n0 (11.101) τ L Man sieht, dass man aus der zeitlichen Verschiebung µ p E t die Minoritäten- Beweglichkeit bestimmen kann. Die Breite des Impulses ist ein Maß für den Diffusionskoeffizienten D p der Minoritäten. Schließlich liefert das Abklingen der Fläche unter dem Impuls die Lebensdauer τ L.

287 11.5. DIFFUSION INJIZIERTER LADUNGSTRÄGER 271 Pulsgenerator n-typ Halbleiter Abbildung 11.11: Schematische Darstellung des Shockley-Haynes-Experimentes ohne und mit äußerem Feld in x-richtung. Die Messung wird gerne gepulst betrieben, um ein unnötiges Aufheizen der Probe zu verhindern (Bildquelle: S. M. Sze, Physics of Semiconductor Devices, John Wiley & Sons, Inc. (2007)).

288 272 KAPITEL 11. DIFFUSION & CO. (a) Injizierter Puls Vi Gesammelter Puls Vc Ge p-dotiert Oszilloskop (b) Glasfaser Punktkontakt Treiber Ge p-dotiert Verzögerung Pulsgenerator Abbildung 11.12: Experimentelle Varianten des Shockley-Haynes-Experimentes. Oben: Injektion mit Dioden. Unten: Injektion mit Laserpulsen über eine Glasfaser. (Bildquelle: A. Sconza, G. Galet, G. Torzo, Am. J. Phys. 68, 80 (2000) und

289 11.6. STROMFLUSS IN DIODEN 273 p-gebiet n-gebiet x=0 Abbildung 11.13: Schematischer Bandverlauf einer pn-diode mit angelegter Spannung. Die Diffusionslängen für Elektronen und Löcher in den jeweils anderen Gebieten sind ebenfalls eingezeichnet (Bildquelle: Rolf Sauer, Halbleiterphysik, Oldenburg Verlag (2009)) Stromfluss in Dioden Stromfluss in pn-dioden Um die Strom-Spannungs-Kennlinie einer Diode berechnen zu können, behandeln wir den in Durchlassrichtung gepolten pn-übergang nach dem idealisierten Shockley- Modell, basierend auf folgenden Annahmen: Der pn-übergang sei abrupt (wie bisher) Wir verwenden die Boltzmann-Näherung Wir bleiben bei kleinen Strömen (low injection), das heißt: n p p p und p n n n Es gebe weder Generation noch Rekombination in der Raumladungszone Es wird ferner vorausgesetzt, dass die gesamte angelegte Spannung nur an der Raumladungszone anliegt und dass in den n- und p-gebieten keinerlei Spannung abfällt. Dort herrsche also der Flachbandfall. In der Raumladungszone herrsche ein Quasi- Gleichgewicht unter den Elektronen und unter den Löchern, die Quasi-Ferminiveaus EF e und Eh F sind also konstant.

290 274 KAPITEL 11. DIFFUSION & CO. Die Berechnung der Strom-Spannungs-Kennlinie einer Diode im idealisierten Shockley-Modell folgt jetzt einer einfachen Idee: Durch die Diode fließe ein Strom aus Elektronen und Löchern und die Kontinuitätsgleichung sagt uns, dass die Elektronenund Löcherströme in jedem Querschnitt des pn-übergangs immer und überall konstant sind. Man kann sie also an den Stellen berechnen, wo es am einfachsten ist und das sind die noch feldfreien Gebiete an den Rändern der Raumladungszone. Elektronen, die aus dem n-gebiet über die reduzierte Barriere mit der Höhe ev b = e(v bi V) in das p- Gebiet fließen, sind bei x = x p Minoritäten. Im feldfreien p-gebiet gleich links neben der Raumladungszone können sie ungestört herumdiffundieren, während sie gleichzeitig mit Löchern als Majoritäten rekombinieren. Man gewinnt dementsprechend die Kennlinie j n (V) einfach mit der Kontinuitätsgleichung aus dem Gradienten von (n p n p0 ) im neutralen Gebiet bei x = x p. Der Beitrag j p (V) der Löcher zur Kennlinie ergibt sich analog aus der Lösung der Kontinuitätsgleichung bei x n. Die Kontinuitätsgleichung im feldfreien n-gebiet bei x n lautet: d(p n p n0 ) dt = p n p n0 τ L +D p d 2 (p n p n0 ) dx 2 = 0 (11.102) Da der Strom konstant bleibt, ändert sich mit der Zeit nichts und d(pn p n0) = 0. Die dt Lösung der Gleichung können wir von weiter vorne abschreiben, denn die Randbedingungen sind die selben: An der Injektionsstelle hat man eine Überschusskonzentration p xn die im Unendlichen gegen Null geht. Die Lösung ist also: (p n p n0 ) = +(p xn n p n0) e (x xn)/lp (11.103) wobei L p = D p τ L die Diffusionslänge der Minoritätsträger ist. Bei x = x n ist die Löcherdichte also ganz banal (p xn n p n0 ). Jetzt schauen wir kurz im Kapitel über Halbleiterstatistik nach, finden ( ) ev p xn n = pxn n0 exp (11.104) kt und ( ( ( ) ) ev ev p xn n p n0 = p n0 exp ) p n0 = p n0 exp 1 (11.105) kt kt Alles zusammengefasst: ( (p n p n0 ) = p n0 e 1) ) (ev kt 1 e (x xn)/lp (11.106) Die Diffusionsstromdichte folgt daraus im eindimensionalen Fall durch Differenzieren an der Stelle x = x n : j p = ed p d(p n p n0 ) dx = ed pp n0 x=xn L p ( ( ) ) ev exp 1 kt (11.107)

291 11.6. STROMFLUSS IN DIODEN 275 js Vbi Abbildung 11.14: Kennlinie einer idealen Diode nach dem Shockley-Modell (Bildquelle: Rolf Sauer, Halbleiterphysik, Oldenburg Verlag (2009)). Für die Elektronen gilt analog durch Differenzieren an der Stelle x = x p.: j n = ed ( nn p0 e 1) ) (ev kt 1 L n (11.108) Vorsicht, dieses Detail ist wichtig, das brauchen wir dann für die Kennlinien des pnp- Transistors. Für den Gesamtstrom gilt: ( j = j n +j p = j s e 1) ) (ev kt 1 Der Vorfaktor j s wird als Sperrstrom bezeichnet. (11.109) j s = ed pn p0 + ed pp n0 (11.110) L p L p Ein Graph der idealen Diodenkennlinie findet sich in Abbildung Hinweis: Die Elektronen - und Löcherströme sind nicht gleich groß. Die Ladungsneutralität ist dadurch aber nicht verletzt, da im Gleichgewicht immer ein Elektron im Leitungsband in den Halbleiter eintritt und gleichzeitig ein anderes diesen wieder verlässt. Gleiches gilt für die Löcher. Sollte gleichzeitig Rekombination zwischen Elektronen und Löchern stattfinden, so ist diese ebenfalls ladungsneutral. Werfen wir einen kurzen Blick auf die Temperaturabhängigkeit der Kennlinie, im Besonderen auf den Sperrstrom. Der Einfachheit halber nehmen wir eine n + p Diode, das ist ohnehin der Normalfall. Der Sperrstrom ist dann: j s = ed pn p0 L p = e Dp 2 n i (11.111) τ n N A und der enthält im Wesentlichen drei temperaturabhängige Komponenten. Die Diffusionskonstante D p = µ n(t)kt e (11.112)

292 276 KAPITEL 11. DIFFUSION & CO. Steigung =1 Abbildung 11.15: Kennlinie einer realen Diode in logarithmischer Darstellung. Die Bereiche der diversen störenden Effekte, wie Generation/Rekombination in der Raumladungszone, hohe Injektion, Serienwiderstand und Durchbruch sind ebenfalls eingezeichnet. (Bildquelle: Rolf Sauer, Halbleiterphysik, Oldenburg Verlag (2009)) ist proportional zur Temperatur und dann noch zur temperaturabhängigen Beweglichkeit. Im Kapitel über die Streuung hatten wir gesehen, dass diese Abhängigkeit irgendwo zwischen T 3 2 und T +3 2 liegt. Die Rekombinationszeit τ n (T) ist nur schwach temperaturabhängig und übrig bleibt nur der Einfluss von n 2 i mit ( ) 3 k T n 2 i = 2 (m 2 π 2 e m h ) 3 2 e εg k T (11.113) wie man im Kapitel Halbleiterstatistik nachlesen kann. Hier dominiert der Temperatureinfluss der Exponentialfunktion und das ist auch der Grund, warum Dioden gerne als empfindliche Temperatursensoren bei tieferen Temperaturen verwendet werden Stromfluss in Schottkydioden Bisher wurden Schottkydioden nur im Sperrbereich und dort als Kondensatoren behandelt und Stromfluss gab es keinen. Ganz stimmt das nicht, ganz im Gegenteil, der Sperrstrom von Schottkydioden ist durchaus signifikant. Interessant ist aber der Mechanismus. Für die Stromleitung in Schottkydioden stehen folgende Leitungsmechanismen zur Verfügung: Diffusion

293 11.6. STROMFLUSS IN DIODEN 277 E F angelegte Bias Spannung n-halbleiter Barriere Metall E F Abbildung 11.16: Schema der thermionischen Emission (Bildquelle: S. M. Sze, Physics of Semiconductor Devices, John Wiley & Sons, Inc. (2007)). Abbildung 11.17: Typische experimentelle Daten zur Bestimmung der Schottky Barrierenhöhe mittels thermionischer Emission (Bildquelle: A. Turut, K. Ejderha, N. Yildirim, and B. Abay, Characteristic diode parameters in thermally annealed Ni/p-InP contacts, Journal of Semiconductors, Vol. 37, No (2016), DOI: / /37/4/044001).

294 278 KAPITEL 11. DIFFUSION & CO. Tunnelprozesse die sogenannte thermionische Emission Elektronendiffusion kann man in Schottky-Dioden vergessen und Löcher gibt es in n-typ Schottkydioden auch so gut wie keine. Tunnelprozesse sind bei moderaten Dotierungen wegen der großen Barrierendicke (= Breite der Raumladungszone) auch vernachlässigbar. Bleibt nur noch die sogenannte thermionische Emission. Das vereinfachte Prinzip der thermionischen Emission ist in Abbildung dargestellt. Thermisch bedingt gibt es eine Elektronenverteilung im Leitungsband des Halbleiters. Alle Elektronen oberhalb der Barrierenhöhe können in das Metall fließen und nach ein paar lästigen Integralen bekommt man den Strom vom Halbleiter in das Metall. In Rückwärtsrichtung passiert genau das Gleiche und nach noch mehr lästigen Integralen kann man die Differenzstromdichte ausrechnen, die da lautet: ( )[ ( ) ] j = A T 2 eφb ev exp exp 1 kt kt A ist die sogenannte Richardson Konstante. (11.114) A = 4πm k B 2 2π 3 = 120Acm 2 K 2m m 0 (11.115) Bemerkenswerterweise ist für die Stromdichte die Form der Barriere völlig egal. Das ist aber gut, weil es sehr dabei hilft, die Barrierenhöhe aus einer temperaturabhängigen Sperrstrommessung zu bestimmen. Alles was man machen muss, ist ein Plot von log(i 0 /T 2 ) als Funktion von 1/(kT). Die Steigung der Gerade liefert die Barrierenhöhe, siehe Abbildung Ohmsche Kontakte Schottky-Kontakte und ohmsche Kontakte lassen sich innerhalb des gleichen Bildes verstehen, denn man kann ohmsche Kontakte einfach als Schottky-Kontakte auf einem sehr hoch dotiertem Halbleiter betrachten (siehe Abbildung 11.18). Wenn die Dicke der 2ε Raumladungszone d = V rε 0 b bei hoher Dotierung ND e N D sehr dünn wird, dominieren jetzt die Tunnelprozesse durch die Raumladungszone. Der Widerstand der Raumladungszone bleibt zwar exponentiell spannungsabhängig, wird aber sehr klein und spielt im Vergleich zu den anderen Widerständen in der Probe und den äußeren Kabelwiderständen keine Rolle mehr. Der Kontakt erscheint ohmsch und hat eine lineare Strom -

295 11.6. STROMFLUSS IN DIODEN 279 V V b hoch dotiertes Gebiet V b E F E F Schottky Kontakt Ohmscher Kontakt. z Abbildung 11.18: Links: Bandverlauf eines Schottky-Kontakts. Rechts: ohmscher Kontakt (Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet). (a) (b) Ni,Ge Au 500 nm 2DEG AlGaAs Original wafer surface GaAs Superlattice GaAs (c) 2DEG 500 nm (d ) 2DEG 500 nm Abbildung 11.19: (a): TEM Bild eines Querschnitts durch einen ohmschen Kontakt, welcher unter optimalen Bedingungen bei 450 C einlegiert wurde. (b): Schemazeichnung des TEM Bildes in (a). (c): Größerflächiges TEM Bild des Kontaktbereichs. (d): Ähnliches TEM Bild für einen Kontakt mit zu großer Legierzeit. (Bildquelle: Koop, E. J.; Iqbal, M. J.; Limbach, F.; Boute, M.; van Wees, Bart; Reuter, D.; Wieck, A. D.; Kooi, Bart; van der Wal, Caspar, On the annealing mechanism of AuGe/Ni/Au ohmic contacts to a two-dimensional electron gas in GaAs/AlxGa1-xAs heterostructures, Semicond. Sci. Technol. 28, (2013), DOI: / /28/2/025006).

296 280 KAPITEL 11. DIFFUSION & CO. Spannungskennlinie. Mikroskopisch betrachtet sehen ohmsche Kontakte aber alles andere als ideal aus und erinnern eher an Bauschutthalden, wie man im Abbildung erkennen kann. Abbildung zeigt ein TEM Bild eines Querschnitts durch einen ohmschen Kontakt, welcher unter optimalen Bedingungen bei 450 C einlegiert wurde. Die zugehörige Schemazeichnung (b) verdeutlicht die verschiedenen Schichten. Ein größerflächiges TEM Bild des Kontaktbereichs ist in Abbildung (c) zu sehen. Man kann deutlich die mit Gold angereicherten (schwarz) und die mit Ni angereicherten Körner (dunkelgrau) erkennen, welche den Kontakt zum AlGaAs herstellen. Abbildung (d) zeigt ein ähnliches TEM Bild für einen Kontakt mit zu großer Legierzeit. Hier ist Au unter die Ni Körner diffundiert und verursacht dadurch einen höheren Kontaktwiderstand Der pnp-transistor In Abbildung sieht man das Schema eines pnp-transistors. Die pnp-schichtfolge aus Emitter (p) Basis (n) und Kollektor (p) stellt im Prinzip zwei gegeneinander geschaltete Dioden dar. Dabei wird die Emitter-Basis Diode in Durchlassrichtung und die Basis-Kollektor Diode in Sperrrichtung betrieben. Damit das als Transistor funktioniert, muss die Basis B so dünn sein, dass Diffusion von Löchern aus dem Emitter über die Basis zum Kollektor möglich ist. Das Ganze funktioniert folgendermaßen: Zunächst werden Löcher aus dem Emitter über den vorwärts gepolten Emitter-Basis Übergang in die Basis injiziert. Falls die Diffusionslänge der Minoritätsladungsträger größer ist als die Basisbreite W, also L p > W, gelangen Löcher bis zur Stelle x = W. Dort werden sie vom elektrischen Feld des rückwärts gepolten Basis-Kollektor Übergangs zum Kollektor abgesaugt. Zur Berechnung der Kennlinien muss man also zwei gegeneinander geschaltete pn-übergänge betrachten, die durch die Kontinuitätsgleichung in der Basiszone gekoppelt sind. Das Wichtigste bei dieser Sache sind nun die richtigen Randbedingungen und das sind fast genau die gleichen wie im Kapitel über die Injektion von Ladungsträgern in einen Halbleiter endlicher Länge. Der einzige Unterschied ist der, dass nun die Ladungsträgerkonzentrationen an den Rändern (Löcher) über die an die Basis angelegte Spannung eingestellt wird. Am linken Rand der n-typ Basis haben wir am Beginn der Raumladungszone RLZ1 eine Löcherkonzentration von: ( p x=0 n p n0 ) = pn0 (e ev EB/kT 1 ) (11.116)

297 11.7. DER PNP-TRANSISTOR 281 E B C Emitter Basis Kollektor p ++ n + p Abbildung 11.20: Schema eines pnp-transistors (Bildquelle: Rolf Sauer, Halbleiterphysik, Oldenburg Verlag (2009)). Abbildung 11.21: Bandverlauf eines pnp-transistors (Bildquelle: Rolf Sauer, Halbleiterphysik, Oldenburg Verlag (2009)).

298 282 KAPITEL 11. DIFFUSION & CO. Am rechten Rand der p-typ Basis haben wir am Beginn der Raumladungszone RLZ2 eine Löcherkonzentration von: ( p x=w n p n0 ) = pn0 (e ev CB/kT 1 ) (11.117) Wie schon früher bei der Berechnung der Diodenkennlinie, ist der genaue Ort des metallurgischen pn-übergangs egal, es zählt nur die Situation am Rand der Raumladungszonen. Jetzt brauchen wir die Randbedingungen für die Elektronenkonzentrationen am Anfang und am Ende der Raumladungszonen im p-typ Emitter (links) und im n-typ Kollektor (rechts) und die sind: ( ) n x= X E p n p0 = np0 (e eveb/kt 1 ) (11.118) ( ) n x=+x C p n p0 = np0 (e evcb/kt 1 ) (11.119) Der Ansatz für die Löcherkonzentration in der n-typ Basis ist derselbe wie im Fall der Injektion von Minoritäten in einem Halbleiter endlicher Länge: (p n (x) p n0 ) = Ae ( ) x Lp +Be ( ) +x Lp (11.120) Das Ergebnis für die Koeffizienten ist natürlich genau gleich wie im Fall der Injektion von Minoritäten in einen Halbleiter endlicher Länge. ( ) p x=w n p n0 (p x=0 n p n0 )e W/Lp A = (11.121) e W/Lp e W/Lp B = (px=0 n p n0 )e W/Lp ( ) p x=w n p n0 (11.122) e W/Lp e W/Lp Das Endergebnis ist natürlich auch genau gleich: (p n p n0 ) = (px=0 n p n0 ) ( ) ( )( ) e (x W)/Lp e (x W)/Lp + p x=w n p n0 e x/l p e x/lp e W/Lp e W/Lp (11.123) Jetzt müssen wir noch für (p x=0 n p n0 ) und ( ) p x=w n p n0 einsetzen und bekommen: (p n p n0 ) = p n0 (e eveb/kt 1 )( ) e (x W)/Lp e (x W)/Lp +pn0 (e evcb/kt 1 )( ) e x/lp e x/lp e W/Lp e W/Lp (11.124) Oder für Leute, die gerne den sinh(x) haben wollen und wie man es auch gerne in den Büchern findet: (p n (x) p n0 ) = p n0 ( e ev EB /kt 1 ) sinh( x W ( L p )+p n0 e ev CB /kt 1 ) sinh ( ( ) W sinh L p ) x L p (11.125)

299 11.7. DER PNP-TRANSISTOR 283 Die Formeln für die Elektronendichten in Emitter und Basis können wir sofort aus dem Kapitel über die pn-diode übernehmen. Dazu nimmt man einfach die Formeln für die Löcher und ersetze überall (p n p n0 ) durch (n p n p0 ). Weil es hier besonders einfach geht, rechnen wir auch gleich die Stromdichten aus. Für die Elektronendichten und Elektronenströme bekommen wir im Emitter: ( ) eveb ) kt (n p n p0 ) = n p0 (e 1 1 und im Kollektor: j E n = ed N d(n p n p0 ) dx = ed N n p0 x= XE L n e (x+x E)/L n (11.126) ( ( ) eveb ) kt e 1 1 (11.127) ( ) evcb ) kt (n p n p0 ) = n p0 (e 1 1 e (x x C)/L n (11.128) j C n = ed N d(n p n p0 ) dx = ed N n p0 x=xc L n ( ( ) evcb ) kt e 1 1 (11.129) Die Formeln für die Löcherströme sind ziemliche Würste und man verrechnet sich leicht. Ganz allgemein gilt für unsere Löcherstromdichten mit der obigen Formel für die Löcherdichten: j p = ed p (p n p n0 ) (11.130) L p x j p = ed ( pp n0 e ev EB /kt 1 )( ) e (x W)/Lp +e (x W)/Lp +pn0 (e evcb/kt 1 )( ) e x/lp +e x/lp L p e W/Lp e W/Lp (11.131) Jetzt muss man die Ableitungen bei x = 0 und x = W bilden. Vorsicht mit den Vorzeichen. Der Faktor 2 in der Formel stimmt, der führt dann zu irgendeinem cosh(x), den man in den üblichen Formeln in den Büchern findet. Die Löcherstromdichte im Emitter ist: jp E = ed p (p n p n0 ) L p x = ed ( pp n0 e ev EB /kt 1 )( ) e W/Lp +e W/Lp +pn0 (e evcb/kt 1 ) 2 x=0 L p e W/Lp e W/Lp (11.132) Die Löcherstromdichte im Kollektor ist: jp C = ed p (p n p n0 ) L p x = ed ( pp n0 e ev EB /kt 1 ) 2+p n0 (e evcb/kt 1 )( ) e W/Lp +e W/Lp x=w L p e W/Lp e W/Lp (11.133)

300 284 KAPITEL 11. DIFFUSION & CO. Das Ganze auf irgendwelche sinh(x) und coth(x) umzurechnen ersparen wir uns an dieser Stelle. Hinweis: Wird L p W bekommt man für die Emitter-Basis und Basis- Kollektor Ströme die bekannten Diodenkennlinien von früher. Hausaufgabe: Nachrechnen. Für den Gesamtstrom im Kollektor und Emitter gilt klarerweise: j C = jp C +jc n (11.134) und j E = j E p +j E n (11.135) da die Formeln aber nicht in eine Zeile passen, ersparen wir uns das und wenden uns dem nächsten Thema zu, nämlich der Stromverstärkung Stromverstärkung Zunächst machen wir eine wichtige Näherung, die wir zur Bestimmung der Stromverstärkung brauchen werden. ( Im praktischen Betrieb eines pnp-transistors ist V CB groß ( ) evcb ) kt und negativ. Der Term e 1 1 ist also immer in der Größenordnung von 1. V EB hingegen ist positiv und damit ist fast immer ( ( ) eveb ) ( ( ) kt e 1 evcb ) kt 1 >> e 1 1 (11.136) Wenn wir einen pnp-transistor im Betrieb ( betrachten, kann man also in den Kennlinienformeln alle Terme mit dem Vorfaktor e 1 1 in Ruhe ( ) evcb ) kt vernachlässigen. Übrig bleibt noch die Ausgangskennlinie j C (V BE ): ( 2pn0 (e eveb/kt 1 ) ) j C = ed p L p e W/Lp e W/Lp (11.137) und die sogennnte Eingangskennlinie j E (V EB ) j E = ed ( ) ( pp n0 e W/L p +e W/Lp e ev EB /kt 1 ) + ed ( ( ) eveb ) N kt n p0 e 1 1 L p e W/Lp e W/Lp L n (11.138) Mit diesen vereinfachten Formeln können wir nun zur Berechnung der Stromverstärkung schreiten. Zu diesem Zweck schauen wir erst einmal auf das Stromschema in Abbildung 11.22(a). Wie man sieht, ist der Emitterstrom die Summe aus Basistrom und Kollektorstrom. j E = j C +j B (11.139)

301 11.7. DER PNP-TRANSISTOR 285 (a) (b) j c Early Eff ekt j B =const. (Parameter) V b Abbildung 11.22: (a) Stromschema eines pnp-transistors.(b) Übertragungskennlinie j C (V BE ) eines pnp-transistors (Bildquelle: Rolf Sauer, Halbleiterphysik, Oldenburg Verlag (2009)). Der Basisstrom besteht laut obigen Formeln aber aus einem Löcheranteil welcher den pnp-transistor steuert und einen, sozusagen parasitären Elektronenanteil, den eigentlich niemand braucht und den man minimieren möchte. Der den Transistor steuernde Löcherstrom ist: j B Steuer = je j C j B n (11.140) jsteuer B = j E j C jn B (11.141) jsteuer B = ed ( ) ( pp n0 e W/L p +e W/Lp e ev EB /kt 1 ) ( ed p 2pn0 (e eveb/kt 1 ) ) L p e W/Lp e W/Lp L p e W/Lp e W/Lp (11.142) Jetzt nehmen wir an, dass die Basis sehr dünn ist und es gilt: W L p. Damit fallen alle Terme e +W/Lp weg und wir bekommen nach ein wenig Ausklammern: jsteuer B = ed pp n0 ( e ev EB /kt 1 ) (( ) e W/L p ( ) ) L p e 2 (11.143) W/Lp e W/Lp jsteuer B = ed pp n0 ( e ev EB /kt 1 ) ( ( )) 2 1+ L p e W/Lp (11.144)

302 286 KAPITEL 11. DIFFUSION & CO. Und jetzt noch eine kleine Potenzreihenentwicklung und wir bekommen: j B Steuer = ed pp n0 L p 2W L p ( e ev EB /kt 1 ) (11.145) Lieber Herr Kollege Sauer, es tut mir wirklich leid, aber bei mir steht der Faktor 2 im Zähler und nicht im Nenner wie bei Ihnen, aber egal. Der gesamte Basisstrom j B n+p hängt nur von V EB ab. Daraus folgt das Verhalten der Ausgangskennlinie (siehe Abbildung (b)) : Wenn j B = const, dann gilt auch V EB = const, also auch j C = const. Bei einer Auftragung von j C über V CE (Ausgangs- Kennlinie) gibt es wegen V CE = V CB +V EB und der Konstanz von V EB bei j B = const ebenfalls ein konstantes j C. Die leichte Steigung im Diagramm, die in experimentellen Kennlinien auftritt, geht auf den Early-Effekt zurück, das ist eine Variation der Basisweite W als Funktion der Spannungen V CB oder V CE. Die Stromverstärkung ist nun: β 0 = ed pp n0 L p L p W 2W ed pp n0 (11.146) L p L p + ednn p0 L n Uff, das ist jetzt endlich geschafft. Bisher hatten wir zur Vereinfachung der Lage angenommen, dass die Diffusionskonstanten und Diffusionslängen für Elektronen und Löcher immer und überall die gleichen sind. Das ist nicht der Fall, denn es gibt durchaus eine Abhängigkeit von der Dotierung. Für reale Anwendungen lohnt es sich also, die Stromverstärkung für den pnp-transistor etwas anders anzuschreiben (B steht für Basis, E für den Emitter): β 0 = ed B n B L B 2W L B ed B n B L B L B W + ed En E L E (11.147) Demnach ist die Stromverstärkung groß, wenn: W L B möglichst klein ist. (Eine untere Begrenzung wird durch die Basisweite W der RLZ2 zwischen Basis und Kollektor gegeben, deren Ausdehnung von V CB abhängt.) Zusätzlich gilt dass: ed E p E L E ed Bn B L B (11.148)

303 11.7. DER PNP-TRANSISTOR 287 Im Grenzfall wird: β 0 = D Bp B L E D E n E W Die Forderung nach großer Verstärkung heißt also, p B n E groß zu machen. (11.149)

304 Kapitel 12 MOS Strukturen 12.1 MOSFETS und npn-transistoren: Wo ist der Unterschied? Das wichtigste Bauelement der Elektronik überhaupt ist der MOSFET (Metall-Oxide- Semiconductor Field-Effect Transistor), der auf praktisch jeder integrierten Schaltung in großen Mengen vorkommt. Der MOSFET lebt von den Eigenschaften einer dünnen Elektronenschicht unter einer Gateelektrode, die gerne als zweidimensionales Elektronengas bezeichnet wird. Einen schematischen Aufbau des MOSFETs sieht man in Abbildung Die Fragen, die sich sofort stellen sind: Was ist der grundlegende Unterschied zwischen einem npn-transistor und einem MOSFET und warum ist der MOSFET im Handy und in der Playstation besser? Die Antwort auf die Frage Wo ist der physikalische Unterschied? ist: Der npn-transistor ist ein diffusionsdominiertes Bauteil und Feldströme spielen keinen Rolle, wo hingegen Diffusion im MOSFET nicht existiert und Feldströme die dominante Rolle spielen. Ok, aber wie soll man sich das bildlich vorstellen? Zu diesem Zweck nehmen wir mal wieder ein schwachsinniges, aber dafür sehr einprägsames Gleichnis aus der Bibel und dem Internet: Wenn man nur lange genug sucht, findet man im Internet tatsächlich Wassermodelle für den Transistor. Ein npn-transistor wäre darin ein Fluss mit einer Schleuse. Vor der Schleuse ist der Wasserstand hoch (Emitter-Spannung >0V), dahinter niedrig (Kollektorspannung =0V). Die Schleusentore werden mit einem Mühlrad bewegt, welches von einem zur Schleuse parallelen Bach (Basisstrom) angetrieben wird. Der MOSFET hingegen wird mit einem Gartenschlauchmodell ausgezeichnet beschrieben. Am Wasserhahn tritt Wasser mir einem gewissen Druck (Drainspannung >0V) 288

305 12.1. MOSFETS UND NPN-TRANSISTOREN: WO IST DER UNTERSCHIED?289 +V V in V out I D t t t V in S p-kanal D V out D n-kanal S Abbildung 12.1: Links) Eingangssignale am Inverter und zugehöriger Drainstrom. Rechts: Schaltbild eines Inverters bestehend aus einem n-kanal und p-kanal MOS- FET. Ist der n-kanal MOSFET offen, so sperrt der p-kanal MOSFET und umgekehrt. (Bildquelle: Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design) aus, das dann am Ende des Schlauchs in Ihren Rasen fließt (Sourcespannung =0V). Um den Wasserfluss zu regulieren, steigen Sie mit dem Fuß kontrolliert auf den Schlauch um diesen abzuquetschen (Gatespannung >0V für den p-kanal Transistor). In diesem Wassermodell sind die Vorteile des MOSFETs bereits klar ersichtlich: Da auf den Schlauch getreten wird, gibt es keinen zusätzlichen Wasserfluss, sprich keinen Basisstrom und auch keinen Leckstrom durch das Gate. Auf den Schlauch treten ist natürlich schneller als irgendwelche Schleusen zu öffnen und damit ist der MOSFET schneller als der npn Transistor. Das ist natürlich wieder einmal ein dümmlicher Scherz. Tatsache ist aber, dass die Gatelänge im MOSFET aus rein technologischen Gründen viel, viel kleiner sein kann als die Basisbreite im npn-transistor und aus diesem Grund ist der MOSFET normalerweise schneller. Die größte Stärke des MOSFET ist aber der nicht vorhandene Steuerstrom (Gatestrom), der in modernen Logikschaltungen zum entscheidenden Faktor wird. Betrachten wir als typisches Beispiel kurz den Inverter in Abbildung Ist die Gatespannung z. B. +5V, so ist der n-kanal MOSFET offen und der p-kanal MOSFET zu. Ist die Gatespannung 0V, so ist der p-kanal MOSFET offen und der n-kanal MOSFET zu. Egal welche Spannung am Gate liegt, der Strom durch den Inverter ist immer Null außer vielleicht in einem ganz kleinen im Moment während des Umschaltens und das ist gut. Inverter mit npn- und pnp-transistoren gibt es natürlich auch, aber hier fließt immer ein Basisstrom durch einen der beiden Transistoren. Sagen wir der Basisstrom sei ziemlich klein, z. B A und das ist wirklich nicht viel. Im Prozessor Ihres Mobiltelefons oder in der Playstation sind heutzutage aber eher 10 9 bis Transistoren

306 290 KAPITEL 12. MOS STRUKTUREN in irgend einer Form im Einsatz. Der Ruhestrom wäre dann A = A (ja wirklich tausend A) und das gibt die Batterie leider nicht her und das Netzteil in der Playstation auch nicht. Sie sehen also: No MOSFET, no play. Eher wir uns um Details des MOSFETs mit den dazugehörigen Formelorgien kümmern, muss aber noch eine wichtige Frage geklärt werden: Auf irgendwelchen Latrinen in durchaus bekannten Halbleiterphysik-Instituten haben Sie vermutlich unabsichtlich das eine oder andere Gespräch mitgehört und Gesprächsfetzen aufgeschnappt wie: MOS- FETs haben zweidimensionale Elektronengase und zweidimensionale Elektronengase haben schon drei Nobelpreise hergegeben. Die letzte Aussage stimmt, Nobelpreise gab es für den Quanten Hall Effekt, den Fraktionierten Quanten Hall Effekt ( composite fermions ) und für Graphen. Auch die erste Aussage ist richtig, nur muss man sich vorher überlegen, ob man schöne physikalische Effekte sehen, oder einen Leistungstransistor verkaufen will. Zweidimensionale Elektronengase sind wirklich die einfachsten Systeme, in denen Quanteneffekte für Bauelemente ausgenutzt werden können. In den MOSFETs in der Playstation und im Handy spielen Quanteneffekte aber absolut keine Rolle, da sie fast ausschließlich bei Raumtemperatur und mit hohen Elektronendichten betrieben werden. Die Elektronenbeweglichkeit und die mittlere freie Weglänge sind unter diesen Bedingungen viel zu klein für irgendwelche Quanteneffekte. Will man Quanteneffekte im zweidimensionalen Elektronengas studieren, verwendet man besser einen speziellen HEMT ( High Electron Mobility Transistor ) mit niedrigen Elektronendichten und das ganze bei möglichst tiefen Temperaturen. Den HEMT und seine physikalischen Eigenschaften bei tiefen Temperaturen diskutieren wir an dieser Stelle aber nicht, denn das spart Zeit und ziemlich viele Formeln. Hier an dieser Stelle des Skriptums kümmern wir uns nur um die Aspekte der 2D-Elektronen für Bauelemente, schöne Quantenmechanik in 2D-Systemen kommt dann später im Abschnitt über 2D-Elektronenssteme (aber nur, wenn Sie gerade die Legende der Haelenieden oder das Niedelungenlied lesen, in der Haegrula-Saga führt das eindeutig zu weit.) 12.2 Das Bandprofil der MOS Struktur Im folgenden Abschnitt kümmern wir uns hauptsächlich um die Physik von Bauelementen mit Elektronengasen an Halbleitergrenzflächen. Hierbei geht es aber nicht so sehr um deren Kennlinien im täglichen Schaltungseinsatz, sondern eher um Charakterisierungsmessungen für die Qualitätskontrolle in der Fertigung. So ist uns zum Beispiel die I DS (V G ) Kennlinie eines MOSFET (siehe weiter hinten in diesem Skriptum) völlig

307 12.2. DAS BANDPROFIL DER MOS STRUKTUR 291 wurst, die Kapazität des MOSFET in Abhängigkeit von der Gatespannung aber nicht, weil man aus dieser Kurve Materialparameter wie die Dotierung, die Oxidladung und weitere wichtige Informationen über das Bauelement gewinnen kann. Damit man an der MOS-Struktur ein wenig herumrechnen kann, brauchen wir zunächst ein paar Definitionen (siehe Abbildung 12.2) eφ(z) = E FS E i (z) Leitungsbandverlauf φ M : Austrittsarbeit im Metall φ S : Austrittsarbeit im Halbleiter = Abstand vom Ferminiveau zum Vakuum χ : Energieabstand zwischen Leitungsband und Vakuum (electron affinity) φ n B = kt e ln(n D ni ) Abstand zwischen Ferminiveau und Leitungsband im n-typ HL (bulk potential). φ p B = kt e ln( n i N A ) Abstand zwischen Ferminiveau und Leitungsband im p-typ HL. ψ(z) = φ(z) φ B Bandverbiegung. V FB : Flachbandspannung. Das ist die extern angelegte Spannung, bei der es keine Bandverbiegungen im HL gibt. w = 2Ψ S ǫ S en A ist dann die Breite der Verarmungszone depletion-zone im Halbleiter, hier für p-typ Silizium. Die wichtigsten Begriffe in einem MOS System sind accumulation, depletion und inversion, zu Deutsch Akkumulation, Verarmung und Inversion. Nehmen wir an, der Halbleiter sei p-dotiertes Silizium. In accumulation sind hauptsächlich Majoritätsladungsträger unter der Gateelektrode, also Löcher. In depletion sind weniger Majoritätsladungsträger unter der Gateelektrode als normal und in Inversion sammeln sich Minoritätsladungsträger unter dem Gate. Quantitativ definiert sind diese Bereiche dann über die Flachbandspannung V FB, das ist die externe Spannung, bei der es dann im Halbleiter gerade keine Bandverbiegung gibt: accumulation : V G V FB depletion : V G > V FB inversion : V G V FB

308 292 KAPITEL 12. MOS STRUKTUREN Gatebreite Z Polysilizium oder Metall Oxid n-typ Halbleiter Metall Oxid (Isolator) Source Gate L n-drain p-substrat p-typ Halbleiter (a) E vac E vac Evac E c (Oxid) eχ s eφ s eφ m E c Metall E F d ox Oxid Halbleiter E F E v (b) ev fb E vac eφ m eχ s E c ev fb = eφ m eφ s eφ s E F E F Metall Oxid E v Halbleiter (c) Abbildung 12.2: (a) Aufbau eines MOSFETs. (b) Austrittsarbeiten, Bandlücken, Ferminiveaus etc. in einem Metall, einem Oxid und einem Halbleiter, (c) Leitungsbandprofil der fertigen MOS Struktur. (Bildquelle: Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design, Springer (2007).)

309 LADUNGSTRÄGERDICHTE LADUNGSTRÄGERDICHTE LADUNGSTRÄGERDICHTE DAS BANDPROFIL DER MOS STRUKTUR 293 V G < 0 Elektrisches Feld F Akkumulation p p 0 E F E c ev G M O S E Fi E F E v n W n 0 Z Elektrisches Feld F Depletion= Verarmung V G > 0 E c E Fi N a p n p 0 E F ev G M O S E F E v W Z Elektrisches Feld F Inversion n (interface) > p o V G >> 0 E c E Fi N a p p 0 ev G E F E v n n 0 E F M O S W Z Abbildung 12.3: Akkumulation, Verarmung und Inversion auf einer p-typ MOS Struktur. Bei Inversion ist die Elektronenkonzentration höher als die Löcherkonzentration. Hinweis: Bei endlicher Temperatur reicht es dazu, das intrinsische Ferminiveau unter das Ferminiveau im Metall zu ziehen. Das Ferminiveau muss nicht unbedingt über die Leitungsbandkante gehoben werden. (Bildquelle: Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design)

310 294 KAPITEL 12. MOS STRUKTUREN Was beim MOSFET besonders interessiert, ist die Kapazität dieses Systems in Abhängigkeit von der angelegten Spannung, da sich aus so einer C(V) Kurve eine ganze Anzahl von wichtigen Parametern (Oxiddicke, Oxidladungen, Austrittsarbeiten, Dotierung im Halbleiter...) bestimmen lässt. Zunächst einmal weitere wichtige Definitionen (vergleiche die zugehörige Abbildung 12.2): V G : Gatespannung C Stat = Q V G statische Kapazität C(V G ) = dq(v j) dv VG differentielle Kapazität E i (x): intrinsisches Ferminiveau E Fs : Ferminiveau an der Halbleiteroberfläche C(V) Kurven von MOS Strukturen Um jetzt C(V)-Kennlinien ausrechnen zu können, muss man sich ein wenig um die Elektrostatik im Halbleiter kümmern. Wir folgen dafür der Herleitung im Buch vom Sze. Zuerst einmal brauchen wir die Poisson Gleichung für die Bandverbiegung: natürlich mit den richtigen Trägerdichten. d 2 Ψ dz 2 = eρ(z) ε 0 ε Si (12.1) Im Folgenden beachte man bitte immer: N A und N+ D sind ortsfeste Ladungen, n(z) und p(z) sind mobil und wir beschließen auch, und das ist wichtig, dass wir die Rechnung für p-typ Silizium machen. Um mit dem Buch vom Sze kompatibel zu sein und damit die Fehler leichter finden zu können, ist Ψ hier ausnahmsweise ein Potential und keine Wellenfunktion. Noch ein Hinweis: Passen Sie auf, wo die Ladung e auftaucht und wo nicht. Potentiale haben die Einheit V. Manchmal wird aber mit Energien in Joule oder ev gerechnet, ohne dass es extra erwähnt wird und dann hat man gerne ein e zu viel oder zu wenig. Wir graben nun die Formeln für die Ladungsträgerdichten von Elektronen und Löchern aus dem Kapitel über Halbleiterstatistik wieder aus: n p (z) = n p0 exp( eψ(z) kt ) (12.2) p p (z) = p p0 exp( eψ(z) ) (12.3) kt

311 12.2. DAS BANDPROFIL DER MOS STRUKTUR 295 Zur Erinnerung: n p0 ist die Elektronenkonzentration (Minoritätsladungsträger) und p p0 die Löcherkonzentration (Majoritätsladungsträger) im p-gebiet im thermischen Gleichgewicht. Die Gesamtbilanz für die Ladungsdichten sieht dann so aus: ρ(z) = [p(z) n(z)+n + D N A ] (12.4) Tief im Halbleiter und weit weg von der Oberfläche ist wegen der Ladungsneutralität ρ(z) = 0 und auch Ψ(z) = 0, also: N + D N A = n p0 p p0 (12.5) Nun setzen wir in die Poisson Gleichung ein und erhalten (aber nur für niedrige Frequenzen, im Silizium f 100 Hz!) d 2 Ψ dz 2 = e ε r ε 0 (n p0 p p0 +p p n p ) (12.6) Um die Formeln nachher etwas freundlicher aussehen zu lassen, definieren wir noch vorher: β = e kt (12.7) d 2 Ψ dz = e (p 2 p0 (exp( βψ) 1) n p0 (exp(+βψ) 1)) (12.8) ε r ε 0 Obige Differentialgleichung ist nichtlinear und damit sieht es mit der Lösung ziemlich übel aus. Zum Glück gibt es einen mathematischen Trick: und für das elektrische Feld gilt : ( ) 2 d dψ = 2 dψ ( ) d 2 Ψ dz dz dz dz 2 2 Ψ z = E 2 z (12.9) (12.10) Weiteres trickreiches Integrieren (siehe Sze und die MOS Bibel von Nicollian and Brews) liefert das Quadrat des Feldes im Halbleiter ES 2, respektive das Feld E. Im Detail multiplizieren wir dazu die Poisson Gleichung zunächst mit 2 dψ und erhalten mit unserem dz Trick: 2 dψ d 2 Ψ dz dz = d 2 dz ( ) 2 dψ = 2 e dz ε r ε 0 (p p0 (exp( βψ) 1) n p0 (exp(+βψ) 1)) dψ dz (12.11)

312 296 KAPITEL 12. MOS STRUKTUREN V G SiO 2 Si Gate C ox C S (V G ) 0V Abbildung 12.4: Die Serienschaltung aus Oxidkapazität C ox mit der spannungsabhängigen Kapazität der Raumladungszone im Halbleiter, C s (V G ) (Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet). Dann integrieren wir die linke und rechte Seite der Gleichung von der Oberfläche bis in das Substrat. dz kürzt sich weg, man muss links also über dψ integrieren und rechts dz über Ψ. Die Grenzen sind links das elektrische Feld an der Oberfläche und Null, rechts integriert man vom Oberflächenpotential hinunter bis auf das Potential im Substrat. Man erhält: 0 ( ) 2 d dψ dz = dz dz dψ S dz 0 dψ S dz ( ) 2 Ψ B dψ e d = 2 (p p0 (exp( βψ) 1) n p0 (exp(+βψ) 1))dΨ dz ε r ε 0 Ψ S Die linke Seite der Gleichung ist aber das Quadrat des elektrischen Feldes, 0 dψ S dz (12.12) ( ) 2 dψ d = ES 2 (12.13) dz also bekommt man nach einem kleinen Einsatz von Wolfram Alpha : ( ) 2 ( 2kT ES 2 eβp p0 = [exp( βψ)+βψ 1]+ n ) p0 [exp(+βψ) βψ 1] e 2ε r ε 0 p p0 (12.14) Die Flächenladungsdichte im Halbleiter (über den Satz von Gauß, Hausaufgabe: Nachlesen, was das ist) ergibt sich zu (E S ist das elektrische Feld, S steht für semiconductor.): Q S = ǫ 0 ǫ S E S (12.15)

313 12.2. DAS BANDPROFIL DER MOS STRUKTUR 297 Die Flächenkapazität ist dann: C S = C(Ψ S ) = dq S dψ Die Gatespannung V G erhält man aus: (12.16) V G = Q S C ox Ψ S (12.17) wobei Ψ S das Potential an der Oberfläche ist. Die im Oxid durch den Herstellungsprozess eventuell eingebauten Ladungen sorgen dabei für eine zusätzliche eingebaute Spannung, welche durch den Term Q S C ox beschrieben wird. Jetzt kann man in die Formel für Q S und C von oben einsetzen und alles analytisch ausrechnen. Das ist eine weitere komplizierte Formel, die wir aber hier explizit nicht brauchen. Wer will, kann das aber programmieren. Als letzter Schritt wird die Kapazität des Gesamtsystems berechnet, denn das MOS System ist eine Serienschaltung aus Oxidkapazität C OX und der Kapazität der Raumladungszone C Si. Es gilt also: 1 C = (12.18) C OX C Si Heraus kommt am Ende jedenfalls eine C(V) Kurve mit folgenden Eigenschaften für einen p-typ Halbleiter: Bei negativen Spannungen herrscht Akkumulation, d. h. Löcher werden an das Gate gesaugt und deshalb ist die Kapazität hoch und gleich der Oxidkapazität. Bei positiven Spannungen herrscht Inversion. Unter dem Gate sind jetzt Elektronen und die gemessene Kapazität ist wieder die Oxidkapazität. Dazwischen herrscht Verarmung. Die Raumladungszone (RLZ) hat maximale Ausdehnung, die Kapazität der RLZ ist klein und damit ist auch die Gesamtkapazität gering. Vorsicht, es gibt ein paar Fallen: In unserer Betrachtung wird genau genommen die Kapazität NICHT als Funktion der Gatespannung berechnet, sondern als Funktion des Oberflächenpotentials. Bei dünnen Oxiden ist das das Gleiche. Für dicke Oxide muss man noch den Spannungsabfall über das Oxid berücksichtigen. Da das ziemlich lästig ist und hier keine neuen Erkenntnisse bringt, überlasse ich Ihnen das als Hausaufgabe. Für etwas größere Spannungen oder Oberflächenpotentiale, wobei größer heißt V gate E/(2e), explodiert wegen der Boltzmannnäherung (Bitte nachlesen im Kapitel über Halbleiterstatistik.) die Ladungsträgerkonzentration unter der Gateelektrode. Die Gesamtkapazität bleibt wegen der Serienschaltung aus Oxidkapazität und der Kapazität der Raumladungszone aber dennoch vernünftig.

314 298 KAPITEL 12. MOS STRUKTUREN Oxid Halbleiter C = Cox C C mos (fb) Akkumulation C mos (min) niedrige Frequenz (~1Hz) C = Cox (i) hohe Frequenz (10 3 Hz) (ii) Inversion Cox Cs V fb 0 V GS V T Abbildung 12.5: Typische Hoch- und Niederfrequenz-C(V) Kurven auf p-silizium (Bildquelle: Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design) Hochfrequenz - C(V) Kurven von MOS Strukturen Wie man im Abbildung 12.5 erkennt, sehen die C(V) Kurven bei höherer Frequenz eher aus wie eine Fermiverteilung. Erklären kann man dieses Verhalten am einfachsten im Sinne von RC-Konstanten: Um in Inversion eine hohe Kapazität zu messen, muss die Ladungswolke unter dem Gate auch mit Minoritätsladungsträgern mit der Messfrequenz ge- und entladen werden können. Die Konzentration von thermisch generierten Minoritätsladungsträgern ist nun aber gering, d. h. der Serienwiderstand für den Stromtransport durch die Raumladungszone über Minoritätsladungsträger ist sehr hoch. Übersteigt die Messfrequenz nun den Kehrwert der zugehörigen RC-Konstante, kann der Kondensator nicht mehr mit Minoritäten geladen werden und die gemessene Kapazität in Inversion bleibt niedrig. Gemäß dieser Annahmen kann man dann auch auf einfache Weise und in guter Näherung die Hochfrequenz C(V) Kurve dadurch ausrechnen, dass man die Dichte der Minoritätsladungsträger einfach auf Null setzt. Eine exaktere Lösung für dieses Problem findet sich im Sze. Vorsicht auch bei sehr kleinen Kondensatoren in der Größenordnung von 5µm 5µm oder kleiner. Hier kann die Inversionsschicht im Kondensator über parasitäre Oberflächeneffekte der Kondensatorumgebung gefüttert werden und man erhält Niederfrequenz-C(V) Kurven bis zu erstaunlich hohen Frequenzen. Zusammenfassend merken wir uns: C(V) Messungen sind eine wichtige Mess- und Charakterisierungstechnik in der Halbleiterei. Die Auswertung der C(V) Kurven liefert: die Oxiddicke d ox die Oxidladung Q ox

315 12.3. MOSFET KENNLINIEN 299 (a) Gatebreite Z Source Oxid Gate L Drain d ox z y p-si x (b) V DS = 0 V DS = 0 S G D S G n+ x = 0 n-kanal p-si n+ x = L D n+ n- Kanal p-si n+ Abbildung 12.6: Oben: Schematischer Aufbau eines MOSFET. Unten: Der MOSFET im Querschnitt mit eingezeichneter Kanalform für die Fälle V DS = 0 und V DS > 0. (Bildquelle: Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design, (Springer 2007).) Austrittsarbeiten die Dotierung im Halbleiter Informationen über Traps im Oxid und deren Energieabhängigkeit (hier im Skript nicht diskutiert) 12.3 MOSFET Kennlinien Zur Berechnung der Kennlinien eines MOSFET nehmen wir an, dass wir bereits in Inversion sind, wir uns also mit der Gatespannung bereits über der Schwellspannung bewegen. Weiters nehmen wir an, dass wir einen idealen MOSFET haben und wir Oxidladungen und sonstige Probleme ignorieren können. Die Kanalladung pro Flächeneinheit unter dem Gate ist also: Q S = C OX (V GS V T V c (x)) (12.19) wobei V T die Schwellspannung oder threshold voltage, C OX die Oxidkapazität und V c (x) die lokale Spannung zwischen Gate und Kanal ist. Um nun die Kennlinien ausrechnen zu können, müssen wir uns noch um die Spannungsversorgung kümmern und

316 300 KAPITEL 12. MOS STRUKTUREN V D = V Dsat Ohmscher Bereich DRAINSTROM I D Elektronengeschwindigkeit ~ V S = 1.1 X 10 7 cm/s Gatespannung DRAIN-SOURCE- SPANNUNG V D Abbildung 12.7: Typische Kennlinien eines MOSFET. Im ohmschen Bereich steigt bei konstanter Gatespannung der Strom linear mit der Drain-Source Spannung. (Bildquelle: Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design) hier wählen wir die Konvention, dass der Sourcekontakt immer geerdet sei und die Spannung V DS am Drainkontakt anliege. Das wiederum heißt aber, dass wir entlang des Kanals einen linearen Spannungsabfall haben und damit die lokale Spannung V c (x) zwischen Gate und Kanal über die Kanallänge variiert. Sei nun also V c (x) die lokale Spannungsdifferenz zwischen Gate und Kanal. Am Sourcekontakt ist V c (x) = 0, am Drainkontakt liegt die Spannung V c (L) = V DS an. Der Drainstrom ist dann das Produkt aus Flächenladungsdichte und der Kanalbreite multipliziert mit der Beweglichkeit und dem elektrischen Feld dvc(x) dx : I D = Q S Wµ n dv c (x) dx Umformen und Q S von oben einsetzen liefert: (12.20) Jetzt Integrieren: I D dx = Q S Wµ n dv c (x) (12.21) I D = C ( OXµ n W V GS V DS V T V DS V ) DS 2 L 2 (12.22) I D = C OXµ n W L ( V GS V DS V T V DS V ) 2 DS 2 (12.23)

317 12.3. MOSFET KENNLINIEN 301 und fertig ist die Formel für den Drainstrom (siehe Abbildung 12.7). Der Drainstrom kann ab einem gewissen Wert von V DS = VDS sat in die Sättigung getrieben werden, das heißt, der Drainstrom bleibt als Funktion von V DS konstant. Das tritt dann auf, wenn an einer Stelle im Kanal, zum Beispiel am Kanalende, die Flächenladungsdichte gleich Null wird. Diese Situation wird pinch off oder Kanalabschnürung genannt. Q S ( VDS = V sat DS) = 0 (12.24) Man erhält für die Sättigungsspannung oder auf Englisch pinch-off Spannung: V sat DS = V DS(Q S = = L) = (V GS V T ) (12.25) Für kleine Werte von V DS kann man die quadratischen Terme in der Formel für den Drainstrom vernachlässigen und der MOSFET verhält sich ohmsch, das heißt der Drainstrom reagiert linear auf Änderungen in der Drain-Source Spannung: I D = C OXµ n W L (V GS V T )V DS (12.26) Für größere Werte von V DS befindet man sich im Sättigungsbereich. Um hier den Drainstrom als Funktion von V GS zu bestimmen, muss man in die Formel für den Drainstrom nur V sat DS einsetzen. I D = C OXµ n W L ( V GS V sat DS V TV sat DS V2 DS ) (V sat DS )2 2 ( ) I D = C OXµ n W V GS (V GS V T ) V T (V GS V T ) (V GS V T ) 2 L 2 ( ) I D = C OXµ n W (V GS V T ) 2 (V GS V T ) 2 = C OXµ n W (V GS V T ) 2 L 2 L 2 (12.27) (12.28) (12.29) Im Sättigungsbereich hängt der Drainstrom quadratisch von der Gatespannung ab. Das ist typisch für alle Arten von FETs. Wichtig und sehr praktisch: Aus der Steigung des Drainstromes lässt sich die Beweglichkeit der Elektronen im Kanal bestimmen, siehe Abbildung 12.8 I D2 I D1 = C OXµ n W L (V GS2 V GS1 )V DS (12.30) Die Kanalbeweglichkeit ist eine wichtige Kenngröße des MOSFET, da diese ganz wesentlich von der Qualität des Herstellungsprozesses abhängt. Ladungen im Oxid z. B.

318 302 KAPITEL 12. MOS STRUKTUREN I-V Kurve im ohmschen Bereich I D Steigung = µ n C ox Z V D L Einsatzspannung V T 0 V T V G Abbildung 12.8: Bestimmung der Kanalbeweglichkeit aus der Steigung des Drainstromes. (Bildquelle: Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design) reduzieren die Kanalbeweglichkeit und damit die Geschwindigkeit des Transistors erheblich. Die Schaltungstechniker und device designer stehen schließlich noch auf folgende Größen: Die output conductance g D = I D (12.31) V DS VGS =const und die transconductance : g D = I D V GS VDS =const Details dazu lernen Sie dann in der Vorlesung über Halbleiter Bauelemente. (12.32)

319 Kapitel 13 Heterostrukturen 13.1 Typ I und Typ II Heterostrukturen Copyright Hinweis: Teile dieses Abschnitts im Skriptum folgen ziemlich direkt den Ausführungen im Buch: Rudolf Gross, Achim Marx, Festkörperphysik, De Gruyter (2014) Mit Hilfe von modernen Kristallzuchttechniken wie der Molekularstrahlepitaxie (MBE: Molecular Beam Epitaxy) oder der metallorganischen Gasphasenepitaxie (MOCVD: Metal Organic Chemical Vapor Deposition) ist es möglich, verschiedene Halbleitermaterialien in einkristalliner Form übereinander aufzuwachsen. Voraussetzung dafür ist es, dass die Materialien tunlichst eine ähnliche Gitterkonstante haben. Dies ist z. B. im System GaAs/AlGaAs der Fall und es können problemlos Materialschichten mit beliebigen Mischungsverhältnissen übereinander hergestellt werden. Der Übergang zwischen den Schichten ist dabei normalerweise atomar scharf, eine Materialdurchmischung in einer Übergangszone zwischen den verschiedenen Schichten gibt es so gut wie nicht. Wer mehr über diese Herstellungsverfahren wissen möchte, sehe bitte bei Wikipedia nach. Der interessante Aspekt ist nun, dass wir auf diese Weise einkristalline Halbleitermaterialien mit unterschiedlichen physikalischen Parametern wie Größe der Energielücke und Größe der Elektronenaffinität übereinander aufwachsen können und damit in der Lage sind, die Form des Verlaufs der Leitungs- und Valenzbandkante senkrecht zur Wachstumsrichtung gezielt zu beeinflussen (Stichwort: bandstructure engineering ). Die ersten Vorschläge zur Erzeugung von Übergittern durch periodische Modulation der Zusammensetzung von Halbleitern stammen von R. Tsu und L. Esaki aus dem Jahr 1970 und heute wird das gezielte Einstellen des Bandverlaufs besonders in opto-elektronischen Bauelementen (Laser und Detektoren, Kamera-Chips) in breitem 303

320 304 KAPITEL 13. HETEROSTRUKTUREN Ga As AlAs, 3.8nm GaAs, 4.2nm AlAs Al As GaAs Abbildung 13.1: Links: Schematischer Aufbau einer GaAs-AlAs Heterostruktur. Rechts: Zugehöriges TEM-Bild. (Bildquelle: Nikolaus Nestle und Karl Eberl, m.de/lexikon/physik/heterostrukturen/6692) Ausmaß ausgenutzt. Um die grundlegenden Aspekte von Halbleiter - Heterostrukturen zu veranschaulichen, betrachten wir eine Heterostruktur aus GaAs und AlAs Schichten, wie sie in Abbildung 13.1 dargestellt ist. Wie man mit dem Transmissions - Elektronenmikroskop gut erkennen kann, haben beide Halbleiter fast die gleiche Gitterkonstante von ca nm, allerdings besteht ein großer Unterschied in der Bandlücke und auch in der Elektronenaffinität. χ. Der Unterschied in der Elektronenaffinität ist besonders wichtig, da dieser die Größe der Banddiskontinuitäten im Leitungsband und Valenzband, E c und E v bestimmt. Je nach der Größe der Differenz der Elektronenaffinitäten erhalten wir die in Abbildung 13.2 gezeigten prinzipiellen Typen von Halbleiter Heterostrukturen. GaAs/AlGaAs (Abbildung 13.2 (a) bildet eine normale Typ-I Heterostruktur, in Abbildung 13.2 (b) und (c) sind Beispiele für Typ-II Heterostrukturen gezeigt. Mit Heterostrukturen lassen sich einige nützliche Bauelemente realisieren, die bekanntesten sind der Halbleiterlaser und der HEMT ( High Electron Mobility Transistor ). Abbildung 13.3 zeigt die (p)algaas-gaas-(n)algaas Schichtfolge eines Halbleiterlasers inklusive angelegter Spannung im Durchlassbereich. Wie man sieht, ist eine undotierte GaAs Schicht mit kleiner Bandlücke in einem pn-übergang zwischen zwei AlGaAs Schichten mit größerer Bandlücke eingebettet. Der Trick dabei ist, dass die

321 13.1. TYP I UND TYP II HETEROSTRUKTUREN 305 E vac E vac E vac E vac E vac E vac E c 1 µ E v 1 eχ eχ eχ eχ eχ 1 2 eχ 2 E1 c E1 E c c E2 c Ec µ Ec E v E v 2 µ E v 1 E c 2 µ E 2 v (a) (b) (c) normale Banddiskontinuität z.b. GaAs/AlGaAs E v gestapelte Banddiskontinuität µ E v 1 E v gebrochene Banddiskontinuität z.b. GaSb/InAs E c 2 µ E v 2 Abbildung 13.2: (a): Typ-I Heterostruktur. (b) und (c): Typ-II Heterostrukturen (Bildquelle: Rudolf Gross, Achim Marx, Festkörperphysik, De Gruyter (2014)) E c p optisch aktiver Bereich E c n µ p E p v p + hν Eg eu n µ n AlGaAs GaAs AlGaAs E v n Abbildung 13.3: Schematische Darstellung eines Halbleiterlasers. (Bildquelle: Rudolf Gross, Achim Marx, Festkörperphysik, De Gruyter (2014))

322 306 KAPITEL 13. HETEROSTRUKTUREN Elektronen und Löcher in den vom GaAs gebildeten Potentialtopf fallen und dort nicht wieder herauskommen. Auf diese Weise erzwingt man lokal hohe Trägerdichten und damit eine hohe strahlende Rekombinationsrate. Bei passenden äußeren optischen Bedingungen lässt sich so auf einfache Weise eine Laseraktivität erzeugen. Hinweis: Die Laserstrahlung tritt seitlich aus aus der Laserdiode aus, was manchmal etwas lästig ist. Halbleiterlaser, welche nach oben abstrahlen gibt es auch (VCSLs), aber das braucht ein paar zusätzliche Tricks. Für die genaue Wirkungsweise von Halbleiterlasern besuchen sie bitte die Vorlesung Photonik Der High Electron Mobility Transistor (HEMT) Aufbau des HEMT Das zweite viel benutzte Bauelement auf der Basis von Heterostrukturen ist der in Abbildung 13.4 dargestellte HEMT (High Electron Mobility Transistor). Durch geschickte Wahl von Dotierung und Al-Konzentration bildet sich an der Grenzfläche von GaAs und AlGaAs eine zweidimensionale Elektronenschicht aus, in der die Elektronen eine sehr hohe Beweglichkeit im Vergleich zum MOSFET erreichen können. Die Gründe dafür sind: Die grundsätzlich höhere Beweglichkeit im GaAs im Vergleich zu Silizium Die atomar glatte Grenzfläche zum Isolator (das oberflächenverarmte AlGaAs) Der sogenannte spacer, einer undotierten Schicht, die den Kanal von der Dotierung trennt und somit die Störstellenstreuung unterdrückt. Für die Ausbildung eines Elektronenkanals in einem HEMT ist die richtige Al- Konzentration besonders wichtig. Bei einer Konzentration von typischerweise 36% Al oder mehr gibt es praktisch nur tiefe Störstellen (deren Konzentration hängt von Al- Gehalt ab) die dann das Ferminiveau im AlGaAs bestimmen. Die Elektronen fallen dann aus den Störstellen im AlGaAs in das energetisch tiefer liegende Leitungsband des GaAs und können solange nicht mehr zurück bis sich ein Gleichgewicht zwischen den Ferminiveaus im GaAs und AlGaAs ausbildet. Auf diese Weise wird ein zweidimensionaler Elektronenkanal im GaAs an der Grenzfläche zum AlGaAs gebildet. Die zweite wichtige Eigenschaft dieser tiefen Störstellen ist, dass sie das Ferminiveau im AlGaAs weit unter der Leitungsbandkante festhalten und auch nicht thermisch entleert werden

323 13.2. DER HIGH ELECTRON MOBILITY TRANSISTOR (HEMT) 307 E E c I µ E v I I E v E c II EII c µ EII v E c I µ E v I I E c E v + ++ zweidimensionales Elektronengas g II EII c µ EII v -d n 0 +d n z Source Drain n + GaAs n + Al GaAs 2DEG Gate Undotiertes GaAs Semi-isolierendes GaAs Substrat Undotiertes AlGaAs Ionisierte Donatoren d 2DEG E 2 E F E 1 d ges Gate Metall n + AlGaAs Dotierschicht AlGaAs Spacer GaAs Puffer S.I. Substrat Abbildung 13.4: Oben: Schematische Darstellung des Bandverkaufs einer HEMT- Struktur. (Bildquelle: Rudolf Gross, Achim Marx, Festkörperphysik, De Gruyter (2014)). Unten: Aufbau eines High Electron Mobility Transistors als fertiges Bauelement. Zur Verbesserung der Steuereigenschaften des HEMTs ist die Gateelektrode tiefer gelegt als die Waferoberfläche. (Bildquelle: Umesh K. Mishra, Jasprith Singh, Semiconductor Device Physics and Design (Springer 2007))

324 308 KAPITEL 13. HETEROSTRUKTUREN können. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass sich im Leitungsband des AlGaAs trotz der hohen Dotierung bei Raumtemperatur kein leitender Parallelkanal ausbilden kann, der dann die Transistorfunktion stören würde. Für Al-Konzentrationen unter 30% gibt es zu wenige tiefe Störstellen und das Ferminiveau im AlGaAs wird von den flachen Störstellen nahe der Leitungsbandkante bestimmt. Auch die Leitungsbanddiskontinuität wird zu klein. Als Folge davon gibt es eine zu dünne Barriere zwischen GaAs und AlGaAs und damit einen ständigen Ladungstransfer zwischen den Schichten. Wegen der thermischen Aktivierbarkeit der flachen Störstellen entsteht zusätzlich eine ständige Parallelleitung im AlGaAs. Ein Transistorbetrieb ist somit nicht mehr möglich. Bei Al-Konzentrationen über 40% wird AlGaAs zum indirekten Halbleiter (man redet vom Γ X crossover ) und die Barrierenhöhe (Leitungsbanddiskontinuität) zwischen GaAs und AlGaAs sinkt wieder. Des weiteren oxidiert AlGaAs mit hohen Al-Konzentrationen ziemlich schnell, was sich negativ auf die Lebensdauer der HEMTs auswirkt. HEMTs mit hohen Al-Konzentrationen sind daher technisch uninteressant. Abbildung 13.4 zeigt den Aufbau eines HEMTs als fertiges Bauelement. Man beachte zwei Dinge: Das Gate im HEMT ist ein Schottky Kontakt, es kann also nur in Sperrrichtung betrieben werden. Weiters liegt der Gatekontakt in einer Grube, die bis in die AlGaAs Schicht reicht. Auf diese Weise wird absolut sichergestellt, dass das AlGaAs unter dem Gate völlig verarmt ist und damit keinen leitenden Parallelkanal zum Elektronenkanal im GaAs darstellt. HEMTs sind sehr schnell und werden daher in Hochfrequenzanwendungen wie Mobiltelefonen und Satellitenschüsseln verwendet. Ansonsten verhält sich der HEMT rechentechnisch genau gleich wie ein normally-on MOSFET. Hausaufgabe also: Berechnen sie völlig analog zum MOSFET die Kennlinien eines HEMT, lesen Sie aber besser vorher erst noch das nächste Kapitel über die Schwellspannung und Elektronendichte im HEMT Schwellspannung und Elektronendichte Die Schwellspannung und Elektronendichte im HEMT lässt sich sehr einfach berechnen und dazu werfen wir mal einen Blick auf das detaillierte Schema eines HEMT in Abbildung 13.4 (unten) und stellen erst einmal fest, wo welche Ladungen sitzen. Links ist die Oberfläche und darauf die Gateelektrode. Darunter befindet sich dotiertes Al- GaAs, in dem alle Donatoren restlos ionisiert und damit positiv geladen sind. Diese positiv geladene Schicht reicht bis zum spacer. Der spacer selbst ist neutral. Nachdem die Raumladungszone zwischen dem 2DEG (2-Dimensinales Elektronen-Gas) und

325 13.3. DER GAN-ALGAN HEMT 309 Energie (ev) Oberfläche AlGaN GaN 0 Ec Ec Ef z (nm) Abbildung 13.5: Schematisches Leitungsbandprofil eines GaN/ AlGaN HEMT. Man beachte: Wegen der Dipolschicht der GaN/AlGaN Gernzfläche ist die Steigung des Potentials auf beiden Seiten der Grenzfläche trotz ähnlicher Dielektrizitätskonstanten krass unterschiedlich. (Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet.) der Oberfläche per Definition nicht leitet, erinnern wir uns an den Plattenkondensator: C = Q U = ε 0ε r A d ges (13.1) Dass der Kondensator schon mit Elektronen im Kanal geladen ist, ist uns wurst, wir interessieren uns nur für die Änderung der Flächenladung als Funktion einer zusätzlichen Spannung. Hinweis: Vorsicht aber mit dem d ges, wenn man genau rechnen will, sollte man auch den Abstand der Elektronen zur Grenzfläche d / mit berücksichtigen (siehe 13.4), das kann leicht einen Unterschied von 10% ausmachen. Q A = n s = ε 0ε r d ges U (13.2) wobei n s die Änderung der Elektronendichte im Kanal ist. Bei der Schwellspannung (U th < 0) ist n s = 0 d. h. n s = n s und alle e sind aus dem Kanal verdrängt. Anders ausgedrückt haben wir damit eine einfache Methode zur Bestimmung der Elektronendichte im 2D Kanal gefunden Der GaN-AlGaN HEMT Kümmern wir uns zum Schluss kurz um moderne Entwicklungen aus dem neuen Jahrtausend und das ist z. B. das GaN-AlGaN Materialsystem. Galliumnitrid ist herstellungstechnisch furchtbar. Will man einen Galliumnitrid Kristall züchten braucht man:

326 310 KAPITEL 13. HETEROSTRUKTUREN flüssiges Gallium durch dieses lässt man Stickstoff blubbern das Ganze allerdings bei bei einem Druck von bar (nein, sie haben sich nicht verlesen, es sind wirklich 30 kbar) und natürlich bei einer Temperatur von ca Grad Celsius, weil sonst wäre es ja zu einfach. In der Nähe des Kristallzucht-Reaktors stehen sollte man während der Herstellung besser nicht, die gespeicherte Energiemenge in diesem Prozess ist ziemlich groß und das Dach des Gebäudes, in dem der Reaktor steht, daher nur aufgelegt, aber nicht angeschraubt. Auf die Art und Weise gibt es weniger Schaden falls das ganze Ding explodiert. Als Resultat bekommt man jedenfalls kleine GaN Kristalle, die sich aber in einem kiloschweren Block von Gallium befinden, der mit vielen Litern Salzsäure aufgelöst werden muss. Nette Kollegen in Polen bei UNIPRESS in Warschau (Hallo Tadek, liebe Grüße!) sind die einzigen, die das können. Zum Glück gibt es aber relativ einfache Plasmaprozesse, die ähnliches leisten, die Kristallqualität ist aber viel, viel schlechter. Warum tut man sich so einen Krampf überhaupt an? Die Antwort lautet: GaN leuchtet, und zwar im UV und mit Tricks sogar im Sichtbaren und das ziemlich hell. Jede heute erhältliche Weisslicht-LED ist aus GaN-Verbindungen. Die Verbreitung dieser LEDs ist groß und man findet sie in Taschenlampen und Tagfahrlichtern von Autos und neuerdings überhaupt in allen Autoscheinwerfern. Das alles ist energiesparsam, ziemlich umweltfreundlich und gut, weil wir dadurch das eine oder andere Atomkraftwerk einfach ersatzlos still legen können. GaN hat übrigens noch andere Eigenschaften und das sind die Temperaturbeständigkeit, Kratzfestigkeit und die geringe Haftungsfähigkeit. In der Leistungselektronik sind GaN-AlGaN HEMTs unverwüstlich und daher sehr beliebt. Wenn ich einen Wunsch an die Hersteller äussern darf: ich hätte gerne eine Bratpfanne mit GaN Beschichtung. Nach dem Kochen abstauben und fertig, Abwaschen unnötig. Das Prinzip des GaN/AlGaN HEMTS ist aber deutlich verschieden im Vergleich zum GaAs/AlGaAs HEMTs und das Bandprofil ist es auch, siehe Abbildung Wächst man AlGaN auf GaN so ist die Gitterkonstante sehr verschieden und die AlGaN Schicht ist verspannt. AlGaN ist aber auch ein piezoelektrisches Material. Als Folge davon hat man ganz automatisch und ohne Dotierung eine Schicht positiver Ladungen an der AlGaN/GaN Grenzfläche und ein zweidimensionales Elektronengas mit ziemlich hoher Elektronendichte bildet sich ganz automatisch. Wichtiger Nebeneffekt: Wegen der

327 13.3. DER GAN-ALGAN HEMT 311 piezoelektrisch induzierten Dipolschicht der GaN/AlGaN Gernzfläche ist die Steigung des Potentials auf beiden Seiten der Grenzfläche extrem unterschiedlich, man vergleiche das Ganze bitte mit dem Bandprofil eines GaAs/AlGaAs HEMT. Für Leistungsbauelemente sind GaN/AlGaN HEMTs jedenfalls super, esoterische 2D-Elektronenphysik kann man auf diesem Material aber vergessen, die Elektronenbeweglichkeit und die mittleren freien Weglängen sind einfach zu klein.

328 Kapitel 14 Zweidimensionale Elektronengase D-Elektronengase im HEMT: Stern s Modell Kollege Stern war einer der wichtigsten Pioniere auf dem Gebiet der zweidimensionalen Elektronengase und ist sehr berühmt. Sehr wichtig für uns ist sein Modell vom HEMT, in dem die Energie des Grundzustandes des 2DEGs im HEMT berechnet wird. Gut an diesem Modell ist, dass es analytisch ist, und dass, und das ist neu für Sie als Student, verschiedene Wechselwirkungen der 2D-Elektronen mit ihrer Umgebung berücksichtigt werden. Beginnen wir mit dem elektrischen Feld im 2D-Elektronenkanal an der GaAs / AlGaAs Grenzfläche, welches aus der Flächendichte der Elektronen im Kanaln s und der aufintegrierten depletion charge n d, das sind parasitäre, negativ geladene Akzeptoren im GaAs, berechnet werden kann. E = e(n s +n d ) ε 0 ε r (14.1) Da die Dielektrizitätskonstanten von GaAs und AlGaAs beide gleich sind, sind auch die Felder links und rechts dieser Grenzfläche gleich und in der Größenordnung von 30 50kV/cm. ε r (GaAs) ε r (AlGaAs) 13 (14.2) Damit kann auch der Spannungsabfall über den spacer einfach berechnet werden V sp = E d sp = e(n s +n d ) ε 0 ε r d sp (14.3) Der Wert V 1 ist normalerweise klein und interessiert daher nicht weiter. 312

329 D-ELEKTRONENGASE IM HEMT: STERN S MODELL 313 (a) (b) spacer Potential (V) d ges spacer Vsp V + 1 d d 1 d sp E 0 - n s - n d Ec (ev) depletion charge - + Vsp V + 1 d 1 d sp E 0 d n s z(å) Abbildung 14.1: (a) Verteilung der Ladungen im High Electron Mobility Transistor im inklusive der depletion charge. (b) Vergrößerte Darstellung des aktiven Gebiets. d ist der Abstand der Elektronen von der GaAs/AlGaAs Grenzfläche, n s die Flächenladungsdichte der Elektronen im Kanaln s, undn d die Flächenladungsdichte der depletion charge. V sp ist der Potentialabfall über dem spacer. (Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet.)

330 314 KAPITEL 14. ZWEIDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE Oft ist es gut, wenn man den mittleren Abstand der Elektronen von der GaAs- AlGaAs Grenzfläche kennt. Da HEMTS meist nur ein besetztes Subband haben, besonders wenn sie für schöne Physikexperimente gebraucht werden, ist die Sache leicht. Der Abstand ist dann gleich dem Erwartungswert des Ortes für die Wellenfunktionen im untersten Subband, also: d / = Ψ zψdz 5nm (14.4) Für Ψ wird eine sogenannte Variationswellenfunktion verwendet: Ψ = [ b 3 ]1 2 zexp( bz 2 ) (14.5) In der Variationswellenfunktion steckt noch ein Parameter b, der folgenden Wert hat (Die Herleitung kommt weiter hinten im Skript): b = 12m e 2n d n s ε 0 ε r 2 (14.6) Natürlich stellt sich die Frage, warum man das alles nicht gnadenlos mit den numerischen Methoden am Anfang dieses Skriptums berechnet. Die Antwort ist: Analytische Ansätze für die Wellenfunktion des Grundzustandes sind extrem hilfreich, wenn weitere Größen, wie Streuraten oder optische Übergangsraten berechnet werden sollen. Da höhere Subbänder in der Praxis nur selten interessieren, weil die meistens eh unbesetzt sind, wird im folgenden beispielhaft die Herleitung der Variationswellenfunktion für das unterste Subband gezeigt. Hinweis: Solche Variationswellenfunktionen erfüllen die Schrödingergleichung NICHT, sind aber trotzdem oft eine gute Näherung. Damit das die Geschichte mit der Variationswellenfunktion ordentlich funktioniert, nehmen wir so viele Beiträge zur Gesamtenergie des Elektrons im Potential, wie wir leicht bekommen können. Da gibt es zunächst die kinetische Energie: H kin = 2 k 2 2m (14.7) Dann gibt es die Wechselwirkung der Elektronen mit der depletion charge im Substrat: H depl = e2 n d z (1 z 2n ε 0 ε d ) (14.8) r NA Wer wissen will, warum das so aussieht, muss einem Theoretiker ein Bier zahlen. Für die Herleitung der noch folgenden Wechselwirkungsterme wird entsprechend mehr Bier fällig. Hinweis: So wie ich die lieben Kollegen kenne, ist jede Hoffnung auf Mengenrabatt wohl völlig vergebens.

331 D-ELEKTRONENGASE IM HEMT: STERN S MODELL 315 Als nächsten Beitrag zur Gesamtenergie nehmen wir die e e Wechselwirkung im 2DEG mit der Summe über alle besetzten Subbänder mit: H ee = e2 2ε 0 ε z n i s (z + (z z )Ψ 2 (z )dz ) (14.9) i Und schließlich nehmen wir noch den Beitrag des Image-Potentials (= Spiegelladungen ). Im Silizium ist das wichtig, da die Dielektrizitätskonstanten im Si undsio 2 verschieden sind, auf GaAs-AlGaAs Heterostrukturen ist das wurst, weil überall ε = 13 gilt. H i = Die Schrödingergleichung lautet dann: 0 e 2 16πε 0 ε r z (ε r ε SiO2 ε r +ε SiO2 ) (14.10) HΨ = (H kin +H depl +H ee +H i )Ψ = EΨ (14.11) Jetzt setzt man die Wellenfunktion ein und bekommt nach längerem Herumrechnen: E kin = 2 b 2 8m (14.12) E ee = 33e2 n s 16ε 0 ε r b (14.13) E depl = 3e2 n d ε 0 ε r b 6e2 N A ε 0 ε r b 2 (14.14) E i = e2 b 32πε r ε 0 ( ε r ε b ε r +ε b ) (14.15) ε b ist die relative Dielektrizitätskonstante in der SiO 2 Barriere. Durch Ableiten nach b bestimmt man eine Formel für das Minimum der Gesamtenergie, welche sich dann nach b auflösen lässt: Damit bekommt man für die Energie des Grundzustandes: b = 12m e 2(n d n s) ε 0 ε r 2 (14.16) E 0 = ( 3 e 2 n d )5 2 [ n m ε 0 ε ] s (n d + 11n 32 s) 1 3 (14.17) die mit typischen Parametern in der Größenordnung von 50meV liegt.

332 316 KAPITEL 14. ZWEIDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE D-Energiezustände und Selbstkonsistenz Analytische Modelle sind gut für das qualitative Verständnis, dank heutzutage billiger und schneller Computer sind numerische Methoden aber einfacher und flexibler in der praktischen Anwendung. Die in den folgenden Kapiteln beschriebenen numerischen Methoden reichen für ein Studentenleben an unserem Institut völlig aus, für die Leute, die dann an das Institut für Mikroelektronik gehen, sind sie zumindest ein guter Einstieg in die Welt der Simulationen Die Poisson Gleichung für stückweise konstante Ladungsdichten Ganz allgemein hat die Ladungsträgerdichte im Halbleiter sowohl ortsfeste Komponenten (ionisierte Donatoren und Akzeptoren) als auch mobile Komponenten, nämlich die Elektronen und Löcher. In einem n-typ Halbleiter gilt damit für die Ladungsträgerdichte: Die Poisson Gleichung lautet in einer Dimension: ρ = [ND(z,t) n(z,t) ] (14.18) }{{}}{{} ortsfest mobil! 2 φ z 2 = eρ n ε 0 ε n (14.19) Wenn man annimmt, dass diese Trägerdichten ρ stückweise konstant sind, kann man das Problem in einzelne Intervalle zerlegen und durch zweimalige Integration lösen. Auf Teilstück [z n ;z n+1 ] gilt dann für die jeweiligen Potentiale: φ n = eρ n 2ε 0 ε n (z z n ) 2 +c n (z z n )+d n (14.20) c n ;d n sind Integrationskonstanten. Wir wählen die Randbedingungen (Anfangsbedingungen): φ(z = 0) = 0 und φ z z=0 = E irgend ein elektrisches Feld und bekommen sofort die Bedingung, dassd 0 = 0 undc 0 = E sein müssen. Die Gesamtlösung bekommt man durch das Zusammenstückeln der einzelnen Potentiale mit den Bedingungen, dass das Potential und der Verschiebungsstrom ( displacement ) stetig sein müssen: φ n (z n+1 ) = φ n+1 (z n+1 ) (14.21) ε n φ n z z n+1 = ε n+1 φ n+1 z z n+1 (14.22)

333 D-ENERGIEZUSTÄNDE UND SELBSTKONSISTENZ 317 Wir erhalten so eine rekursive Beziehung für d n und c n d n+1 = eρ n 2ε 0 ε n (z z n ) 2 +c n (z z n )+d n (14.23) c n+1 = eρ n ε 0 ε n+1 (z z n )+c n ε n ε n+1 (14.24) Die Poisson Gleichung für beliebige Ladungsverteilungen So einfach wie oben ist es leider nur selten. Die Poisson Gleichung lautet zwar scheinbar harmlos nur: wobei aber im Halbleiter gerne gilt: 2 φ(z) z 2 = eρ(z) ε 0 ε(z) (14.25) ρ(z) = N c exp( (ε c(z) ε F ) ) (14.26) kt oder noch Schlimmeres. Die Poisson Gleichung im Halbleiter schreibt sich dann so: 2 φ(z) z 2 = 2 ε c (z) z 2 = en c ε 0 ε(z) exp ( ) (εc (z) ε F ) kt (14.27) und das ist eine eher unlustige, nichtlineare Differentialgleichung in der die Ableitung des Potentials vom Potential selbst abhängt. Zusätzlich hat man dann noch das Problem, die gegebenen Randbedingungen (und nicht nur Anfangsbedingungen) richtig einzubauen, wie zum Beispiel die Randbedingungen in einem MOSFET, wo man z.b. eine Gatespannung von V G > 0V und auf dem Substrat eine Substratspannung von V sub = 0V berücksichtigen muss. Etwas Numerik kann auch bei diesem Problem sehr helfen. Daher kommt jetzt als erster Schritt die Diskretisierung der Poisson Gleichung, ganz ähnlich wie wir das schon für die Schrödingergleichung gemacht hatten: 2 Φ(z) z 2 = Φ n 1 2Φ n +Φ n+1 (z z n ) 2 = eρ n ε 0 ε n (14.28) Diese Gleichung lässt sich in Matrixform schreiben (z.b. hier für 8 Stützstellen):

334 318 KAPITEL 14. ZWEIDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE 1 z Φ 0 Φ 1 Φ 2 Φ 3 Φ 4 Φ 5 Φ 6 1/ε 1 2/ε 2 = e 3/ε 3 ε 0 4/ε 4 5/ε 5 6/ε 6 (14.29) Da das Potential an den Rändern des Problems, anders als bei Wellenfunktionen, ganz und gar nicht Null sein wird, bekommt man keine quadratische Matrix und als Folge davon lässt sich das Gleichungssystem eben nicht bequem lösen. Besser geht das, wenn man die Elemente 0 und 7 auf die andere Seite schafft: Φ 1 1/ε 1 ε 0 Φ 0 e z Φ 2 2/ε Φ 3 z Φ = e 3/ε 3 4 ε 0 4/ε Φ 5 5/ε Φ 6 6/ε 6 ε 0 Φ 7 e z 2 Φ 7 (14.30) Diese Gleichung in der Form MΦ = braucht dann nur noch mittels Matrixinversion auf die Form Φ = M 1 gebracht werden und das Potential wäre damit berechnet, gäbe es da nicht noch ein kleines aber lästiges Problem: Wie oben erwähnt, gilt ja gerne auch noch eine Beziehung wie ρ(z) = N c exp( (εc(z) ε F) ). Die Ladungsträgerdichte ist kt also gar nicht bekannt, weil man das Potential ja noch nicht kennt. Daher braucht es zur Lösung unseres Problems noch einen zweiten Schritt, und das ist die Berechnung einer selbstkonsistenten Lösung. Man beginnt mit: 1. der Wahl eines intelligenten Startpotentials (linearer Spannungsabfall, z.b.) 2. mit ρ(z) = N c exp( (εc(z) ε F) ) wird jetzt die Ladungsdichte bestimmt und dann kt wird 3. mit der Matrixmethode das neue Potential berechnet. 4. Mit dem neuen Potential berechnet man eine neue Ladungsverteilung und hofft, dass das Ganze schnell konvergiert.

335 D-ENERGIEZUSTÄNDE UND SELBSTKONSISTENZ E c (ev) ND = 1E18 cm E 0 E0 ND = 3E18 cm z (Å) Abbildung 14.2: Selbstkonsistent berechnetes Bandprofil eines HEMTs für AlGaAs Dotierungen von cm 3 und cm 3. Die Lage des untersten Subbandes im 2D-Kanal ist ebenfalls eingezeichnet (Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet). Schnell konvergiert da leider erst mal gar nichts, ganz im Gegenteil, es oszilliert die Berechnung ganz gewaltig, außer man verwendet den Trick mit dem Mischparameter : V n sei das alte Potential, V n+1 das neue Potential. Das Potential, das man für die nächste Ladungsberechnung nehmen sollte ist: V n+1 = αv n+1 +(1 α)v n (14.31) α nennt man den Mischparameter, der typischerweise unter 30% liegt. Wichtig: Die richtige Wahl des Mischparameters ist reiner Voodoo und hängt von den Details des Problems und dem Mondstand ab. Als Faustregel gilt jedoch: Ein kleines α bedeutet lange Rechenzeit und sichere und stabile Konvergenz, großes α bedeutet kurze Rechenzeit, dafür eher instabile Konvergenz Selbstkonsistenz unter Berücksichtigung der Schrödingergleichung Jetzt wird es richtig kompliziert. Man stelle sich einen HEMT vor, bei dem die Elektronenkonzentration im Kanal durch eine Gatespannung erhöht wird. Irgendwann ist diese Elektronenkonzentration so groß, dass sie ihren eigenen Potentialtopf verändert. Dadurch ändern sich Energiezustände im Topf und natürlich auch die zugehörigen Wellenfunktionen. Man muss jetzt also die Poisson Gleichung und die Schrödingergleichung

336 320 KAPITEL 14. ZWEIDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE selbstkonsistent lösen. Damit das auftritt, muss die Flächenladungsdichte der Elektronen übrigens gar nicht so groß sein. Die üblichen Werte von n cm 2 reichen dafür locker aus. Wenn wir nur ein Subband betrachten, und das ist meistens gerechtfertigt, ist die Vorgangsweise die Folgende: Immer gilt für die Flächenladungsdichte: n(z,t)dz = n 2D (14.32) mit: n(z,t) = n(t) Ψ(z) 2 (14.33) Als Startwert für die lokale Ladungsdichten wird dann genommen: ρ it=1 (z,t) = (N D(z,T) n(z,t) it=1 ) (14.34) n it=1 (z,t) kann von der Form her willkürlich gewählt werden, gaußförmig, Pulsform, etc... nur der Absolutwert der Flächenladungsdichte muss den gemessenen Werten entsprechen. In einem HEMT und auch in Quantentrögen, wie sie für schöne Experimente verendet werden, liegen die ionisierten Donatoren normalerweise nicht im Elektronenkanal, d.h. (ND (z,t) kann mit ruhigem Gewissen im aktiven Gebiet, und nur dort wollen wir herumrechnen, auf Null gesetzt werden. Jetzt starten wir den iterativen Prozess für konstante Temperatur und gehen wie folgt vor: Potential ausrechnen V it=1 Schrödinger Gleichung lösen; Ψ ausrechnen; das liefert n it=2 (z,t) mit n it=2 das neue Potential ausrechnen V it=2... solange damit weitermachen bis sich zb. E 0 nicht mehr ändert Stop Problem: So einfach konvergiert diese Prozedur nicht, also nimmt man für die nächste Iteration der Elektronendichte n / it=k+1 (z,t) den gleichen Trick wie oben: n / it=k+1 (z,t) = (1 α)n it=k(z,t)+αn }{{} t=k+1 (z,t) }{{} 1 2 *1: diese Dichte wurde gerade in dieser Iteration verwendet *2: das ist die gerade neu ausgerechnete Dichte (14.35) Zum Schluss zwei letzte Bemerkungen zu diesem Thema:

337 14.3. DAS 2DEG IM MAGNETFELD 321 Wer sich die Lösung der Schrödingergleichung ersparen will, kann die Thomas Fermi Näherung aus der Atomphysik verwenden. Das ist eine analytische Formel für n(x, T) bei gegebenem Potential. Diese Näherung funktioniert gut, wenn entweder nur ein Subband besetzt ist, oder viele (> 5). Zum Verständnis unserer Probleme bringt die Formel hier nichts, also bitte selbst auf Wikipedia nachsehen. Wer sich jetzt fragt, wozu er das Obige alles braucht: Genau so funktioniert das berühmte Programm von G. Snider (University of Notre Dame, USA) zur Berechnung von Bandprofilen, das bei uns am Institut für Festkörperelektronik so gerne verwendet wird. Als Beispiel kann man das selbstkonsistent berechnete Bandprofil eines HEMTS in Abbildung 14.2 bewundern und dabei feststellen, dass die Dotierung im AlGaAs einen ziemlich kräftigen Einfluss auf die Lage des untersten Energieniveaus im Kanal hat Das 2DEG im Magnetfeld Gehen wir nun zurück zu den fast perfekten GaAs/AlGaAs Heterostrukturen mit ihren fast grenzenlosen mittleren freien Weglängen und Elektronenbeweglichkeiten. Viele interessante physikalische Effekte spielen sich dort im Magnetfeld ab, also müssen wir uns um die Schrödingergleichung eines 2DEGs im Magnetfeld kümmern: [ ] 1 2m ( p e A) 2 +ev(x,y) Ψ(x,y) = EΨ(x,y) (14.36) wobei A das Vektorpotential A = (0,Bx,0) ist. Mit B = rot( A) bekommt man B = (0,0,B). A = ( By,0,0) geht übrigens auch, wer das nicht glaubt kann gerne bei Wolfram Alpha den Befehl curl( By, 0, 0) eintippen. Weitere Hintergrundinformationen liefert Wikipedia unter dem Stichwort Landau-Eichung. Setzen wir nun unser Magnetfeld in die Schrödingergleichung ein: 1 [ ] (py ebx) 2 +p 2 2m x Ψ(x,y) = EΨ(x,y) (14.37) Weil wir nur die super guten Proben mit den atomar glatten Grenzflächen aus unserer MBE-Gruppe benutzen, ist V(x, y) zum Glück vernachlässigbar. Damit wird die Lösung separabel, was vieles leichter macht. Ψ(x,y) = χ k (y) }{{} ebenew ellen φ(x) (14.38)

338 322 KAPITEL 14. ZWEIDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE L y... Normierungskonstante Die Impulsoperatoren lauten: χ k (y) = 1 Ly e iky (14.39) p x = i x p y = i y (14.40) Einsetzen in die Schrödingergleichung liefert: ] 1 [( k 2m y ebx) Ψ x 2 n (x,y) = E n Ψ n (x,y) (14.41) Dann führt man noch eine Zentrumskoordinate X = l 2 B k y ein, die, Vorsicht, zwar aussieht wie eine Ortskoordinate, in Wirklichkeit aber den Nullpunkt für die Energie E(k y ) bestimmt. Jetzt definieren wir noch schnell die Zyklotronfrequenz: und dann noch eine magnetische Länge: ω c = eb m (14.42) l B = eb (14.43) und erhalten damit: [ 2 2m 2 x + 1 ] 2 2 ω2 c (x X)2 φ n (x X) = E n φ n (x X) (14.44) Das ist mal wieder ein harmonischer Oszillator mit der Energie: E n = (n+ 1 2 ) ω c. Der mittlere Radius der zugehörigen Wellenfunktionen ist laut den Leuten der Theorie- Abteilung R n = l B 2n + 1. Wie die Wellenfunktionen genau aussehen ist uns egal, wir brauchen das für unsere Zwecke nicht Die Zustandsdichte im Magnetfeld Bei T = 0K und B= 0T ist die Zustandsdichte im Zweidimensionalen wie früher gezeigt: Z(E)dE = m 2π 2 de (kein Spin), die Energie im Magnetfeld ist E n = (n ) ω c. Bei T = 0 und B = 0 stehen die Elektronen im Band bis E F und die Anzahl der Elektronen berechnet sich zu: N = g s g v E F 0 m 2π 2dE = g sg v E F m 2π 2 E F = n ω c (14.45)

339 14.3. DAS 2DEG IM MAGNETFELD 323 D(E) Ausgedehnte Zustände Lokalisierte Zustände E f Landauniveau n Landauniveau n+1 E Abbildung 14.3: δ-(eigentlich Gauß) förmige Zustandsdichte auf konstantem Untergrund. (Bildquelle: Rolf Sauer, Halbleiterphysik, Oldenburg Verlag (2009)) Vorsicht, schlampige Formulierung! Wirklich jeder sagt Anzahl, in Wahrheit ist das aber eine Flächenladungsdichte. Hausaufgabe: Einheiten kontrollieren und herausfinden, warum das eine Flächenladungsdichte ist. g s und g v sind Entartungsfaktoren für die Spin- und Valley-Entartung. Im Magnetfeld wird aus der konstanten 2D-Zustandsdichte im Idealfall eine Serie von δ-förmigen Peaks. In der Praxis sind es aber eher gaußförmige Peaks auf einem gewissen konstante Untergrund wie sie in Abbildung 14.3 dargestellt ist. Die extended- und localized states interessieren hier nicht, die werden erst für den Quanten Hall-Effekt gebraucht. Die Fläche unter diesen Peaks entspricht der integrierten 2D- Zustandsdichte ohne Magnetfeld. Die Anzahl der Elektronen pro Landauniveau (ohne Entartung) ist daher einfach die Anzahl der Elektronen dividiert durch die Anzahl der Landauniveaus zwischen E = 0 und E = E F : D n = N n = mω c 2π = m eb 2π m = eb 2π (14.46) Will man den Spin und einen eventuelle Valley-Entartung mitnehmen, muss man die Entartungsfaktoren hinzufügen und die wären g s = 2 für den Spin und g v = 6 für die Valley-Entartung im Silizium Leitungsband. Die Formel lautet dann: D n = N n = g sg v mω c 2π = g sg v m eb 2π m Dann spricht man noch gerne vom sogenannten Füllfaktor : ν = hn s eb = g sg v eb 2π (14.47) (14.48)

340 324 KAPITEL 14. ZWEIDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE Abbildung 14.4: Verlauf der Landauniveaus und des Ferminiveaus im Magnetfeld inklusive Spinaufspaltung. (Bildquelle: Erik Ahlswede, Dissertation, Universität Stuttgart, 2002) das ist das Verhältnis der Elektronendichte in einem (meist dem höchsten, nur teilweise gefüllten) Landauniveau und der Dichte der Elektronen, die in dieses Landauniveau überhaupt hineinpassen. Diese magnetfeldabhängigen Füllfaktoren resultieren schließlich in einem oszillierenden Ferminiveau E F, wie es in Abbildung 14.4 dargestellt ist. Oszilliert das Ferminiveau bei konstanter Elektronendichte im variablen Magnetfeld, so oszilliert einfach Alles, die Magnetisierung (de Haas van Alphen Effekt), die Leitfähigkeit (Shubnikov de Haas Effekt ), die spezifische Wärme, etc...

341 14.3. DAS 2DEG IM MAGNETFELD 325 Abbildung 14.5: Hallgeometrie. Die SpannungV x zeigt den SDH Effekt,V y den Hall- und Quanten Hall Effekt. (Bildquelle: Erik Ahlswede, Dissertation, Universität Stuttgart (2002)) Vx (V) Vx (V) (1/B) = const B / T (1/B) / (1/T) Abbildung 14.6: Typische SDH Daten eines GaAs-AlGaAs HEMTs gemessen bei T=4.2K. Zur besseren Auswertung wurden die Daten über B und 1/B geplottet. Wenn man genau hinschaut, sieht man bereits in den Originaldaten (links) eine Hüllkurve, die von einer geringen Elektronendichte in einem zweiten besetzten Subband stammt. Hausaufgabe: Bestimmen Sie die Dichten in beiden Subbändern. (Bildquelle: Die Daten sind selbst gemessen.)

342 326 KAPITEL 14. ZWEIDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE Shubnikov de Haas (SDH) Effekt Der Shubnikov de Haas Effekt (SDH Effekt) ist das Standardexperiment zur Bestimmung der zweidimensionalen Elektronendichte. Die Messung ist in Hallgeometrie (siehe Abbildung 14.5) oder einfach als 2-Punktmessung möglich. Hier die wesentlichen Punkte des Experiments: Der Probenwiderstand oszilliert mit B, die Oszillationen sind äquidistant in 1/B. Der SDH Effekt sieht ausschließlich die Elektronen im 2D-Kanal. Die Halldichte und die SDH Dichte sind nicht unbedingt gleich. Meistens ist n SDH < n HALL da der SDH Effekt wie gesagt nur zweidimensionale Elektronen sieht, der Halleffekt aber alle Elektronen in der Probe. Nehmen wir wieder an, dass nur ein 2D Subband besetzt ist. In diesem Fall wird der Widerstand minimal, wenn E F mit der Unterkante des nächsten leeren Landauniveaus übereinstimmt. Sagen wir, dass das für das n-te Landauniveau der Fall sei, also: E F = n ω c = n ebn m (14.49) Reduzieren wir nun das Magnetfeld. Damit wird der Abstand zwischen den Landauniveaus und auch die Zustandsdichte in den Landauniveaus geringer. Irgendwann reicht die zur Verfügung stehende Anzahl der Zustände für die vorhandene Anzahl der Elektronen nicht mehr aus und das Ferminiveau muss an die Kante das (n+1) Landauniveaus springen. Das nächste Widerstandsminimum wird beobachtet, aber dieses Mal unter der Bedingung: Index {}}{ E F = (n+1) ω c = (n+1) eb n+1 (14.50) m Da aber bei allen Widerstandsminima das Ferminiveau auf gleicher Höhe liegt, gilt natürlich: Index {}}{ E F = n ω c = n ebn m = (n+1) ω c = (n+1) eb n+1 (14.51) m Alle Stellen, bei denen Widerstandsminima auftreten, kann man auch als Funktion von 1/B anschreiben: 1 e = n Bn m 1 (14.52) E F

343 14.3. DAS 2DEG IM MAGNETFELD 327 Das nächste benachbarte Minimum liegt bei: 1 e = (n+1) Bn+1 m 1 (14.53) E F Berechnen wir doch einmal den Abstand der Widerstandsminima in 1/B: 1 B = 1 B 1 e = [(n+1) n] n+1 Bn m 1 (14.54) E F Man sieht, dass der Abstand der Widerstandsminima konstant in 1/B ist. Jetzt brauchen wir nur noch das Ferminiveau E F. einsetzen, das wir über die Formel für die 2D-Zustandsdichte bekommen: E 2D F = n s 2π 2 g s g v m (14.55) In dieser Formel gibt es noch die Faktoren für g s = 2 und g v = 1 für die Spin und Valley-Entartung im GaAs zu berücksichtigen und man erhält: 1 B = e m gsg v m n s 2π 2 = eg sg v n s 2π Daraus folgt sofort für die Elektronendichte: n s = eg sg v 2π 1 1 B (14.56) gilt nur für 1 besetztes Subband! (14.57) Merke: Der SDH-Effekt ist ausschließlich sensitiv auf 2D-Elektronen, aber NICHT auf irgendwelche Parallelleitungseffekte. Des Weiteren, und das ist erstaunlich: Die effektive Masse spielt überhaupt keine Rolle für diese Auswertung. Der SDH Effekt liefert aber nicht nur die Elektronendichte sondern auch noch die Elektronenbeweglichkeit sozusagen gratis mit dazu. Der benötigte Trick hierzu ist besonders einfach man braucht nur die Beziehung: ω c τ 1 (14.58) wobei ω c die Zyklotronfrequenz ist und τ die Streuzeit aus der Beweglichkeit von früher. Klassisch bedeutet diese Beziehung, dass die Elektronen auf den Kreisbahnen der Landaunivaus ungestreut mindestens eine volle Umdrehung machen können. Wir erinnern uns nun an folgende Formeln: ω c = eb/m (14.59) und für die Beweglichkeit µ = eτ/m (14.60)

344 328 KAPITEL 14. ZWEIDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE R288-2_0_0-2T_400-s#1180CE R288-2_0_0-2T_400-s#1180CE Vx Vy Vx Vy Vx (V) Vy (V) Vx (V) Vy (V) B (T) B=0.42T B (T) Abbildung 14.7: SDH Daten der Probe R288, links die gesamte Messung und rechts ein Zoom im Bereich B = 0T. Die letzten SDH Oszillationen verschwinden bei B = 0.42T, das entspricht einer Beweglichkeit von 23800cm 2 /Vs.(Bildquelle: Die Daten sind selbst gemessen.) setzen ein und erhalten die überraschende aber korrekte Beziehung: µ = 1/B (14.61) aber mit der Einheit cm2. Jetzt schauen wir im Bild 14.7 nach, sehen dass die letzten Vs SDH Oszillationen bei B = 0.42T verschwinden und bekommen für die Beweglichkeit einen Wert von µ = cm2 V s in den üblichen Einheiten. Da man natürlich niemals etwas ungeprüft glauben sollte, vergleichen wir diesen Wert mit der Driftbeweglichkeit (siehe frühere Kapitel). Dazu brauchen wir die Elektronendichte z.b. aus der Hallspannung, welche man über die Beziehung n s = IB/eV H erhalten kann. Mit der Information, dass der Strom in dieser Messung 1µA war erhält man n s = cm 2. Den Probenwiderstand von 4.7kΩ bekommt man aus V x und dem Strom und schließlich erhält man mit W/L = 1: µ drift = L W 1 en s R (14.62) den Wert von µ = 21448cm 2 /Vs, was im Rahmen der üblichen experimentellen Fehler ausgezeichnet mit dem Wert aus der SDH Messung übereinstimmt. Großer Vorteil dieser Methode: SDH Messungen kann man auf beliebigen Probengeometrien, im Extremfall sogar auf unförmigen Probensplittern machen. Man muss nur das Magnetfeld finden, wo der SDH Effekt verschwindet. Die Daten sind dann vielleicht nicht wirklich schön, aber funktionieren tut das immer.

345 14.3. DAS 2DEG IM MAGNETFELD 329 V g V y Gateelektrode Isolator j x Ly j x V x L x 2D-Elektronengas Abbildung 14.8: Mesastruktur in Hallgeometrie. Die Spannung V x zeigt den SDH Effekt, V y den Hall- und Quanten Hall Effekt. (Bildquelle: Rudolf Gross, Achim Marx, Festkörperphysik, De Gruyter (2014)) Der Quanten Hall Effekt Zuerst ein wenig Experimentelles. Bild 14.8 zeigt nochmals die Skizze einer geätzten Mesastruktur (Mesa wie die Berge im Monument Valley) in einer typischen Hallgeometrie. Ein Strom I wird zwischen den beiden großen Endkontakten in die Probe eingespeist und zwischen den seitlichen Potentialkontakten wird der longitudinale und transversale Spannungsabfall V x bzw. V y als Funktion des homogenen senkrechten Magnetfeldes B gemessen. In Bild?? sieht man den ganzzahligen Quanten-Hall-Effekt gemessen in einer GaAs / AlGaAs Heterostruktur bei T = 8mK und das sind ziemlich frostige Temperaturen, die nur in speziellen Cryostaten erreichbar sind. Sehr schön sichtbar sind bei diesen Bedingungen die typischen Stufen im Hallwiderstand R xy und zusätzlich ein bei höheren Magnetfeldern verschwindender Längswiderstand R xx, um den wir uns später noch gesondert kümmern müssen. Die Spinaufspaltung ist nur bei B > 3T beobachtbar. Zusätzlich skizziert ist der klassische lineare Verlauf des Hallwiderstandes. Er schneidet die Kurve jeweils bei ganzzahligen ν Faktoren, etwa in der Plateaumitte. Um den Quanten Hall Effekt verstehen zu können, braucht es eine kurze Wiederholung der relevanten Hallgleichungen. Elektrische Transportexperimente an zweidimensionalen Elektronengasen werden üblicherweise mit Proben durchgeführt, welche eine Hall-Bar-Geometrie besitzen. Im Kapitel über Transport und den klassischen Hall-Effekt hatten wir die Stromdichte so hingeschrieben: j = ne v = σ E (14.63)

346 330 KAPITEL 14. ZWEIDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE Magnetfeld (T) Abbildung 14.9: Ganzzahliger Quanten Hall Effekt, gemessen auf einer GaAs-AlGaAs Heterostruktur, gemessen bei T = 8mK. Hinweis: Die Beweglichkeit der Probe ist übrigens nicht überragend, da die Shubnikov de-haas Oszillationen bei ca. B = 1T verschwinden. Hausaufgabe: bestimmen Sie die Beweglichkeit der Probe. (Bildquelle: H. Obloh, M. Dobers, R. J. Haug, K. v. Klitzing, D. Weiss, Metrologia 22, (1986))

347 14.3. DAS 2DEG IM MAGNETFELD 331 wobei σ ein Tensor war: σ = ( σ xx σ xy σ yx σ yy ) (14.64) Ist n 2D die Dichte der Elektronen pro Flächeneinheit, so lautete die Formel für die Stromdichte mit eingesetztem Leitfähigkeitstensor für das zweidimensionale System: ( j x j y ) ( )( σ xx σ xy = σ yx σ yy E x E y ) = σ 0 1+ω 2 c τ2 ( )( 1 ω c τ ω c τ 1 E x E y ) (14.65) σ 2D 0 = e2 n m τ (14.66) Da der Leitfähigkeitstensor und der Widerstandstensor invers zueinander sind, können wir durch Invertieren der obigen Matrix (tunlichst mit Wolfram Alpha und ja nicht mit der eigenen Hand) folgende Beziehungen ableiten: Umgekehrt geht das natürlich auch: ρ xx = σxx ρ σxx+σ 2 xy 2 xy = σxy σxx+σ 2 xy 2 (14.67) ρ yy = ρ xx ρ yx = ρ xy σ xx = ρxx σ ρ 2 xx+ρ 2 yx = σ xy xy (14.68) σ yy = σ xx σ yx = σ xy Im Experiment wird ein Strom in Längsrichtung (x-richtung) vorgegeben und die Längs- und Querspannung gemessen. Es gilt V x = ρ xx L x j x V y = ρ xy L y j x ρ xx = V x j x L x ρ xy = V y j x L y (14.69) Wenden wir uns nun dem Quanten Hall Effekt zu. Im Experiment zeigt der Hallwiderstand bei hohen Magnetfeldern (ω c τ 1) Plateaus. Die Höhe der Plateauspannung ist R H = h e 2 i und hängt nur von Naturkonstanten ab und ist außerdem extrem präzise. Der Quanten Hall Effekt findet daher in Eichämtern als Widerstandsnormal Verwendung

348 332 KAPITEL 14. ZWEIDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE (Nobelpreis 1985). Für eine Erklärung der Lage der Plateaus braucht es zwei Tricks. Nobelpreistrick Nummer 1: Man muss sehen wo man günstig die Näherung ω c τ (sehr große Elektronenbeweglichkeit) zum Einsatz bringt: σ xy = σ 0 1+ω 2 c τ2 ω cτ = σ 0 ω c τ = e2 n m τ 1 τ eb/m = ne B σ 0 1/ω c τ +ω c τ ω cτ σ 0 ω c τ (14.70) Die Zustandsdichte pro Landauniveau (siehe früher) ist D n = eb. Plateaus sind dort, h wo i Landauniveaus gerade voll sind. Die Anzahl der Elektronen bei i gefüllten Landauniveaus ist n = i eb. Daraus folgt: h σ xy = en B = ie(eb/h) B = e2 i h Umrechnen auf ρ xy liefert (das ist Nobelpreistrick Nummer 2): ρ xy = σ xy σ 2 xx +σ2 xy (14.71) (14.72) Mit ω c τ gilt aber: Und damit ist der Hallwiderstand: σ xx = σ 0 1+ω 2 cτ 2 = 0 (14.73) ρ xy = 1 σ xy = h e 2 i (14.74) Wichtig: Auf normalen Proben und bei normalen Temperaturen, also bei T = 4.2K ist im Experiment ist die Spinentartung bei moderaten Magnetfeldern (B 8T) noch nicht aufgehoben, so dass die Quantisierung zunächst in Zweierschritten erfolgt. Die obige Gleichung ändert sich damit zu: ρ xy = h 2e 2 i (14.75) Sollte man auf die Idee kommen, das Experiment mit einem Si-MOSFET machen zu wollen, so käme noch der Valley Entartungsfaktor g v hinzu (6 für Silizium, siehe das Kapitel über Halbleiterstatistik): ρ xy = h 2g v e 2 i (14.76) Und das war jetzt schon der ganze, gar nicht so komplizierte Nobelpreis, und wir lernen, dass auch eine lästige kleine analytische Matrixinversion durchaus einen Nobelpreis

349 14.3. DAS 2DEG IM MAGNETFELD 333 bringen kann. Letzter Punkt: warum verschwindet der Längswiderstand an den Stellen der Plateaus in der Hallspannung? ρ xx = σ xx σ 2 xx +σ 2 xy (14.77) Am Plateau, haben wir gerade oben gesehen ist σ xx = 0 also ist auch ρ xx = 0 und damit ist auch V x = 0. Schlussbemerkung: Diese Theorie erklärt zwar die Lage der Hallplateaus und sogar den verschwindenden Längswiderstand, aber nicht die Breite der Plateaus. Dazu braucht man so Dinge wie: localized States extended States edge States Der Rest dieser Geschichte kommt dann im Kapitel über eindimensionale Elektronengase.

350 Kapitel 15 Eindimensionale Elektronengase Ehe wir uns der Herstellung von Quantendrähten widmen, ein wichtiger Hinweis: Nur Quantendrähte sind eindimensionale Elektronengase, Nanodrähte sind es nicht. Wo ist jetzt der Unterschied zwischen Quantendrähten und Nanodrähten? Das Aussehen und die Abmessungen sind es jedenfalls nicht. Sowohl Quantendrähte als auch Nanodrähte haben einen geringen Durchmesser, der in der Größenordnung der de Broglie Wellenlänge liegt. Die typische Längen der Drähte liegen für beide Fälle im Bereich von 1µm. Die einzige Größe in der sich Quantendrähte und Nanodrähte unterscheiden ist die mittlere freie Weglänge der Elektronen. Bei Nanodrähten ist die mittlere freie Weglänge komplett wurst, bei Quantendrähten hingegen muss(!) die mittlere freie Weglänge größer sein als der Drahtdurchmesser. Wenn die mittlere freie Weglänge größer ist als die Drahtlänge, ist es auch nicht schlecht, denn dann hat man ballistischen Transport. Ein guter Prototyp für einen Quantendraht ist daher ein in schmale Streifen geschnittener HEMT, denn der erfüllt alle Bedingungen bezüglich der mittlere freien Weglänge mit Leichtigkeit Herstellung von Quantendrähten Um Quantendrähte herzustellen, geht man traditionellerweise von einem zweidimensionalen Elektronengas in einem HEMT aus. Die Probe wird dann mit Photolack beschichtet, anschließend wird ein Liniengitter in den Lack belichtet und nach dem Entwickeln bleiben nur noch dünne Lackstege übrig. Diese werden dann mit einem Ätzprozess auf die Probe übertragen. Alternativ dazu kann man die Lackstege stehen lassen und per angelegter Gatespannung durch die unterschiedlichen Gatedicken eine modulierte 334

351 Au/Ge HERSTELLUNG VON QUANTENDRÄHTEN 335 He-Cd-Laser λ = 325 nm Linse "pin-hole" GaAs-AlGaAs Heterostruktur p = λ 2 sinα Photolack 2DEG Substrat Probe α UV-Spiegel Zustand nach dem Belichten und Ätzen Quantendrähte (1DEGs) Abbildung 15.1: Herstellung von Quantendrähten mittels Laserholographie. (Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet.) (a) Al-gate Au/Ge ohmscher Kontakt flach geätzte Quantendrähte (b) Photolack NiCr AlGaAs GaAs (a) Abbildung 15.2: 1D Elektronensysteme auf HEMT-Basis mit zusätzlicher Gateelektrode. (a) geätzte Quantendrähte mit Gate-Elektrode, (b) Dickenmodulierte Gate- Elektrode mit Stegen aus Fotolack. (Bildquelle: Franz Hirler, Diplomarbeit, TU- München (1991))

352 336 KAPITEL 15. EINDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE Elektronenkonzentration erzeugen. Am Ende hat man HEMTs, die in schmale Streifen geschnitten wurden. Ist die Breite dieser Streifen im Bereich der De-Broglie Wellenlänge der Elektronen, spricht man von Quantendrähten. Die Belichtung des Fotolacks geschieht mit Elektronenstrahllithographie oder Laserholographie. Da in der Frühsteinzeit der Entwicklung der Quantendrähte Elektronenstrahllithographie an Universitäten um 1980 einfach nicht zur Verfügung stand, wurden damals die meisten Quantendrähte mittels Laserholographie hergestellt. Ein Schemazeichnung für die Laserholographie sieht man in Abbildung Für die Laserholographie wird ein UV-Laserstrahl zunächst aufgeweitet und trifft dann auf einen Winkel. Auf einem Schenkel des Winkels ist die mit Photolack beschichtete Probe angebracht, am anderen Schenkel befindet sich ein Spiegel, der den Laser auf die Probe umlenkt. Auf der Probe entsteht dann ein streifenförmiges Interferenzmuster mit einer über den Winkel α einstellbaren Periode, welches den Photolack belichtet. Gitterperioden von 300 nm und Streifenbreiten von 150 nm können so durchaus erreicht werden. Nach dem Entwickeln und optionalen Ätzprozessen erhält man damit ein Gitter aus Elektronenlinien in der Probe. Anschließend werden mit normaler Lithographie ohmsche Kontakte und eine Gateelektrode zur Steuerung der Elektronenkonzentration hergestellt. Eine Schemazeichnung der fertigen Proben sieht man in Abbildung Hinweis: Laserholographie geht schnell und ist besonders praktisch für großflächige Proben die dann z.b. in optischen Experimenten zum Einsatz kommen. Sie meinen die obige Herstellungsprozedur ist einfach? Falsch gedacht, es gibt da ein paar lästige Tricks, vor allem bei der Auswahl des Spiegels. Metallspiegel, besonders Aluminiumspiegel, absorbieren im UV ca. 50% der eingestrahlten Leistung. Die überlagerten Laserstrahlen hätten dann unterschiedliche Intensität und das ist gar nicht gut für die Qualität des Interferenzmusters im Fotolack. Dann brauchen Sie einen großen Spiegel mit einem Durchmesser von ca. 15 cm. Hausaufgabe: Versuchen Sie herauszufinden, woher man so etwas bekommt. Löcher oder irgendeinen Dreck auf der Oberfläche darf der auch nicht haben, denn dann ist es aus mit dem schönen großflächigen Interferenzmuster. Sie brauchen also einen großen und perfekten dielektrischen Braggspiegel. Den kann man schon kaufen, nur, die Reflexion solcher Braggspiegel ist krass winkelabhängig und das kann man schon erst recht nicht brauchen. Sie brauchen also einen großen, perfekten Braggspiegel, der im UV für eine konstante Laserwellenlänge eine winkelunabhängige und tunlichst 100 %ige Reflexion aufweist. Wo kann man den kaufen? Nicht im Internet jedenfalls, wie ich gelernt habe und praktisch jede Optikfirma fragt einen angesichts dieser Anforderungen, ob man an Wahnvorstellungen leidet und

353 15.1. HERSTELLUNG VON QUANTENDRÄHTEN 337 alle empfehlen einem zumindest indirekt einen Besuch beim Psychoanalytiker. Auch die Firma Zeiss gab zunächst die Auskunft, dass unsere Anforderungen für den Spiegel nicht erfüllbar sind, aber dort gibt es Leute mit Ehre. Irgend ein alter Werksmeister muss damals gesagt haben, dass wenn alle sagen, dass es nicht geht, Zeiss die Firma ist, die das dennoch hinbekommt. Yes, we can sozusagen. Sechs Wochen später bekam ich jedenfalls die berechneten Reflexionsdaten für den Spiegel, 95% Reflexion, flach zwischen 5 und 95 Grad Einfallswinkel, nochmals 3 Monate später hatte ich das Teil auf meinem Schreibtisch und nicht wenige Leute haben vermutlich etwas länger auf ihre Gleitsichtbrillen gewartet als gedacht. Kostenpunkt des Spiegels im Jahre 1989: DM inflationsbereinigt (2.5 %) heute (2017) also ziemlich genau Euro. Mit fortschreitender Entwicklung der Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet der Quantendrähte stieg das Bedürfnis nach noch kleineren und vor allem einzelnen Nanostrukturen höherer Komplexität, welche mit Laserholographie nicht herstellbar sind. Das Mittel der Wahl ist in diesem Fall eine Anlage für Elektronenstrahllithographie, welche schematisch in Abbildung 15.3 dargestellt ist. So eine Anlage kostet ca Euro, ist also etwas teurer als der Spiegel von oben, dafür aber deutlich flexibler. Die Grundidee ist einfach: Man nehme ein normales Raster-Elektronenmikroskop mit zwei kleinen Modifikationen, nämlich der Möglichkeit, sowohl die xy-ablenkeinheit, als auch den Strahlaustaster ( beam blanker ) mit einem externen Computer zu steuern, der aber tunlichst eine sehr gute und vor allem schnelle DA-Wandlerkarte haben sollte. Für professionelle Anwendungen reicht auch das nicht, man nimmt also eine spezielle und sehr teure, externe Zusatzelektronik, die dann vom Computer gesteuert wird. Dann beschichtet man die Probe mit dem richtigen Lack (PMMA, Poly Methyl Metaacrylat = ordinäres Plexiglas) und schreibt mit dem Elektronenstrahl computergesteuert das gewünschte Muster in den Lack. Durch den Elektronenbeschuss polymerisiert das PMMA und die belichteten Strukturen bleiben nach dem Entwickeln mit MIBK (Methylisobutylketon) stehen. Wer es umgekehrt mag, nimmt eben einen Negativlack mit einem anderen Entwickler. Für weitere Details, und davon gibt es eine Menge, besuchen Sie bitte eine Vorlesung und ein Laborpraktikum zum Thema Elektronenstrahllithographie. Wichtig: Elektronenstrahllithographie geht gut, kann aber in vernünftigen Zeiten nur relativ kleine Flächen belichten. Die Herstellung ganzer Computerchips mit Elektronenstrahllithographie ist auf Grund der enormen Schreibzeiten derzeit technisch nicht machbar und daher werden nur die Masken für die konventionelle Lithographie per Elektronenstrahllithographie hergestellt. Da auch die für einen 6-Zoll Wafer ewig dauern würde, beschränkt man sich auf die Maske (besser den Maskensatz, denn es braucht

354 338 KAPITEL 15. EINDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE (a) Elektronenkanone Anode Fokussierlinse Blende Strahlaustaster (elektrostatisch) Kondensorlinse Strahlablenkspulen Objektivblende Stigmatoren Objektivlinse xy-verschiebetisch (b) (b) zum Vakuumsystem Abbildung 15.3: (a) Schemazeichnung einer Anlage zur Elektronenstrahllithographie.(Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet). (b) Photolackstege, hergestellt durch Elektronenstrahllithographie mit verschiedenen Belichtungsdosen. (Bildquelle: Nanofabrication,Techniques and Principles, Kapitel 2, Springer 2012, ISBN )

355 15.2. KLASSISCHE TRANSPORTEFFEKTE IM SCHWACHEN MAGNETFELD339 immer mehrere Lithographieschritte) einer einzigen Schaltung und belichtet den ganzen Wafer schrittweise mit einem Waferstepper Klassische Transporteffekte im schwachen Magnetfeld Nehmen wir mal an, Sie hätten sich bemüht, mit Laserholographie oder Elektronenstrahllithographie schöne Quantendrähte herzustellen und dass Ihr Multimeter bei Raumtemperatur sagt: Die Probe lebt. Wenn Sie aber jetzt meinen, Sie hätten wirklich echte Quantendrähte, so muss ich Sie enttäuschen. Je nach Mondstand und Voodoolage bekommen Sie statistisch eine der Situationen, welche in Abbildung 15.4 dargestellt sind. Modulierte 2D-Elektronensysteme (Abbildung15.4 (a)). Hier liegt das Ferminiveau oberhalb der Potentialmodulation V mod und man sieht klassische Kommensurabilitätseffekte, wenn der Zyklotrondurchmesser mit einem Vielfachen der Modulationsperiode a übereinstimmt (Abbildung15.4 (b)). Echte Quantendrähte (Abbildung15.4 (c)). Hier liegt das Ferminiveau unterhalb der PotentialmodulationV mod. Auch hier gibt es klassische Effekte wenn der Zyklotrondurchmesser mit dem Durchmesser oder der Breite des Quantendrahts übereinstimmt (Abbildung15.4 (d)). Echte Quantendrähte treten in zwei Varianten auf: Quantendrähte mit diffusivem Transport, bei denen die mittlere freie Weglänge der Elektronen viel kleiner ist als die Drahtlänge (Abbildung15.4 (e)) und ballistische Quantendrähte, bei denen die mittlere freie Weglänge ( mean free path, mfp ) der Elektronen größer ist als die Drahtlänge. Ballistische und diffusive Quantendrähte verhalten sich völlig unterschiedlich. Beschäftigen uns zuerst mit klassischen Geometrieeffekten ( magnetosize effects ). Das Prinzip ist einfach: Immer wenn der klassische Bahnradius oder Bahndurchmesser eines Elektrons im Magnetfeld einer geometrischen Abmessung im System, also z. B. der Breite des Quantendrahts, oder der Periode der Potentialmodulation entspricht, sollte sich etwas tun. Ist der klassische Bahnradius viel kleiner als die Drahtbreite, wird sich das System wieder wie ein zweidimensionales Elektronengas verhalten. Wir suchen also

356 340 KAPITEL 15. EINDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE (a) V Dichtemoduliertes 2D-Elekttonengas: E f > V mod E f (b) a V mod x Kommensurablitätseffekte (c) Quantendrähte: Ef < Vmod (d) V Vmod E f x magnetosize - Effekte (e) e - e - (f) e- e - L L e - e- Ballistischer Transport: L< mfp e - e- Diffusiver Transport: L > mfp Abbildung 15.4: Mögliche elektronische Grundsituationen nach der Strukturierung eines 2D-Elektronengases: (a) Dichtemoduliertes 2D-Elektronengas. (b) Mögliche Orbits für Kommensurabilitätseffekte in einem 2D-Elektronengas. (c) Echte Quantendrähte. (d) Klassische Orbits in den Potentialgräben, die zum Magnetosize-Peak führen. (e)typische Trajektorien bei diffusivem Elektronentransport. (f) Trajektorien für den ballistischen Elektronentransport. (Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet.)

357 R (Ω) KLASSISCHE TRANSPORTEFFEKTE IM SCHWACHEN MAGNETFELD exp V theory 16 2R/a= B(T) Abbildung 15.5: Magnetowiderstand eines modulierten 2D-Elektronengases mit Stromfluss senkrecht zur Potentialmodulation. Die dicke Linie sind experimentellen Daten (D. Weiss, K.v. Klitzing, K. Ploog, G. Weimann, Europhys. Lett. 8, 179 (1989)), die dünne Linie zeigt die theoretische Kurve. Die Kommensurabilitätsoszillationen unterhalb von B=0.4T sind schön erkennbar, genau so wie die beginnenden Shubnikov de Haas Oszillationen oberhalb von B=0.4T. (Bildquelle: Adaptiert von C. W. J. Beenakker and H. van Houten, Quantum Transport in Semiconductor Nanostructures, Solid State Physics 44 (1991).) bei kleinen(!) Magnetfeldern und verwenden dazu die Tatsache, dass sich klassische Elektronen auf Kreisbahnen bewegen und dass gilt: Lorentzkraft = Zentripetalkraft. Der klassische Zyklotronradius sei R cycl. Es ergibt sich dann die Beziehung: e v B = m v2 R cycl (15.1) Schauen wir zunächst einmal in die Abbildung Hier sieht man den Magnetowiderstand eines modulierten 2D-Elektronengases mit Stromfluss senkrecht zur Potentialmodulation. Die dicke Linie sind experimentellen Daten, die dünne Linie zeigt die theoretische Kurve. Unterhalb von B = 0.4T sieht man schöne Kommensurabilitätsoszillationen, die Nummern unter den Widerstandsmaxima bezeichnen die Orbits, welche in Abbildung 15.4 (b) zu sehen sind. Oberhalb von B = 0.4T beginnt der Shubnikov de-haas Effekt. Mehr Details finden sich in: J. Smoliner, G. Ploner, Electron transport and confining potentials in nanostructures, Handbook of Nanostructured Materials and Nanotechnology, Vol.3, p1-91, ed. H. Nalwa, Academic Press (2000), einem alten Übersichtsartikel, der intern unter dem Namen Das Potential bekannt wurde, weil er sich hauptsächlich mit dem Einfluss der Potentialform auf die experimentellen Ergebnisse in verschiedenen Nanostrukturen beschäftigt.

358 342 KAPITEL 15. EINDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE (a) W 0.5 R cycl W (b) W>2 R cycl W (c) R xx (k ) V -52 V -140 V V BG =0V B (T) Abbildung 15.6: (a) Typische Trajektorien im Quantendraht für sehr kleine Magnetfelder in der Größenordnung von W 0.5R cycl. (b) Typische Trajektorien für größere Magnetfelder (W 2R cycl ), die Kreisbahn der Elektronen passt also bereits völlig in den Draht. (Bildquelle: C. W. J. Beenakker and H. van Houten, Quantum Transport in Semiconductor Nanostructures, Solid State Physics 44 (1991), ed. by H. Ehrenreich and D. Turnbull (New York, Academic Press)). (c)typische experimentelle Daten zum Magnetosize Effekt. (Bildquelle: Selbst gemessen anno V BG ist die Spannung am Backgate.)

359 15.3. QUANTENMECHANISCHE 1D-EFFEKTE 343 Auch in echten Quantendrähten sieht man klassische Effekte, welche in Abbildung 15.6 zu erkennen sind. In den experimentellen Daten zum Magnetowiderstand, also dem Längswiderstand gemessen als Funktion des senkrechten Magnetfeldes, sieht man ein klares Maximum ( magnetosize peak ) immer wenn der Bahnradius gleich der halben effektiven Breite des Quantendrahts ist, also gilt: R cycl = w eff /2, oder anders ausgedrückt, der Durchmesser der Kreisbahn des Elektrons der effektiven Drahtbreite entspricht (siehe Abbildung 15.6). Der Magnetosize Peak bei ca. B=0.5T vergrößert sich mit steigender Backgate Spannung und verschiebt sich auch ein wenig. Der Grund hierfür ist die sinkende Elektronendichte bei steigender Backgate-Spannung und der daraus resultierende engere Potentialtopf (in Denglisch: besseres confinement ). Das Problem ist nur: Was ist w eff? Um es vorweg zu nehmen: Die geometrische Breite ist es nicht, ich hatte sogar Drähte, bei denen w eff bei entsprechender Gatespannung größer als die geometrische Breite werden konnte. Wie man gleich sieht, kann die Breite w eff noch dazu auf mehrere Arten definiert werden. Weiters hängt w eff von der Form des aktuellen 1D-Potentials im Quantendraht ab. Eine Möglichkeit zur Definition von w eff ist diese: w eff = 2 R ms cycl (15.2) wobei Rcycl ms der Bahnradius an der Stelle des Widerstandsmaximums in der Magnetowiderstandskurve ist (der sogenannte magnetosize peak ). Eine andere Möglichkeit zur Definition ist: w eff = n 1D (15.3) n 2D n 2D bekommt man aus dem linearen Bereich des Landau Plots bei hohen Magnetfeldern, wo sich das System ja wieder 2D-mäßig verhält und alles so aussieht wie beim normalen Shubnikov de-haas Effekt. n 1D muss man sich dazu allerdings noch bestimmen und zwar mit Hilfe eines etwas mühsamen magnetic - depopulation Experiments (siehe weiter hinten im Text) Quantenmechanische 1D-Effekte D-Systeme im starken Magnetfeld In einem Quantendraht sind die Elektronen in zwei Raumrichtungen (x und z) eingesperrt, das Potential V ist also ein V(x,z). Die y-richtung bleibt die Richtung der freien Bewegung, in der die Elektronenbewegung mit einer ebenen Welle beschrieben

360 344 KAPITEL 15. EINDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE wird. Wir tun jetzt mal so als wäre V(x,z) = V(x) +V(z). Dann können wir einfach schreiben: Ψ = Ψ(x) Ψ(y). Ψ(z) ist uns egal, das liefert uns nur E(k z ), welches aber in diesem Fall niemanden interessiert und vielleicht Energienullpunkt benützt werden kann oder auch nicht. Merke: Das alles ist nicht selbstverständlich. Die Schrödingergleichung im Magnetfeld lautet dann in der Landau Eichung A = (0,Bx,0): [ [ 2 2 2m x + 2 y ieb ] ] 2 x m Ψ(x,y)+ 2 ω2 0 x2 Ψ(x,y) = EΨ(x,y) (15.4) }{{} Quantendraht ω c = eb m (15.5) ω c ist die Zyklotronfrequenz und X 0 eine Zentrumskoordinate, die eigentlich einen Energienullpunkt für die Energie E(k y ) darstellt. Merke: In diesem System hat die Energie bei E(k y = 0) nur dann den kleinsten Wert, wenn die Zentrumskoordinate richtig gewählt wird. Das ist zwar auch wieder wurst, verwirrt aber gerne den Neueinsteiger in dieses Gebiet. X 0 = k y m ω c (15.6) Nachdem wir die Quantisierung in die Wachstumsrichtung z abspalten können, bleibt für die Wellenfunktion in unserer Schrödingergleichung ein Produkt einer ebenen Welle in y-richtung (das ist die Richtung der freien Bewegung) mit der Wellenfunktion in x-richtung (hier hat man die Quantisierung durch das wire confinement ) übrig. Die ebene Welle interessiert dabei nur für die kinetische Energie des Elektrons in Richtung der freien Bewegung. Für Ψ(x,y) bekommt man also: Ψ(x,y) = Ψ(x)e ikyy (15.7) Ψ(x) kann man nun in die Schrödingergleichung einsetzen: [ 2 2 2m x + 1 ] 2 2 m ωc 2 (x X 0) 2 + m 2 ω2 0 x2 Ψ(x) = EΨ(x) (15.8) Mit der Summe aus elektrostatischem und magnetischem Potential : und einer verallgemeinerten Zentrumskoordinate: ω 2 = ω 2 0 +ω 2 c (15.9) x 0 = X 0 ω 2 c ω 2 = k y ω c m ω 2 (15.10)

361 15.3. QUANTENMECHANISCHE 1D-EFFEKTE 345 landet man wieder bei einem um x _ 0 verschobenen harmonischem Oszillator : [ 2 2 2m x + 1 ] 2 2 m ω 2( x x _ ) 2 2 ω m k2 y ψ(x) = Eψ(x) (15.11) ω 2 aber nur, wenn man bei dieser Mathe-Hausaufgabe keine Fehler macht. Das kostete mich allerdings volle Konzentration und mangels Übung fast drei Tage Zeit. Schauen wir uns das Ganze daher etwas genauer an. Die Terme für das Potential im Quantendraht inklusive Magnetfeld lauten: m 2 ω2 c (x X 0) 2 + m 2 ω2 0 x2 = m 2 ω2 c x2 + m 2 ω2 c X2 0 m 2 ω2 c 2xX 0 + m 2 ω 0 2 x 2 (15.12) wobei wir die Quadrate gleich mal ausmultipliziert haben. Dann fassen wir auf der rechten Seite der Gleichung die ω-terme zusammen mit ω 2 = ω 2 0 +ω2 c : m 2 ω2 c x2 + m 2 ω 0 2 x 2 + m 2 ω2 c X2 0 m 2 ω2 c 2xX 0 (15.13) m 2 ω2 x 2 + m 2 ω2 c X2 0 m 2 ω2 c 2xX 0 (15.14) Jetzt machen wir eine passende quadratische Ergänzung, fragt sich nur, womit? Des Rätsels Lösung sind die Terme in den Klammern und man bekommt: m 2 ω2 x 2 + m 2 ω2 c X2 0 + ( m 2 ω2 x 0 2 m 2 ω2 2xx 0 ) m 2 ω2 c 2xX 0 wobei die x 0 ja so definiert waren (siehe weiter oben): Jetzt klammern wir die x und x 0 zusammen und erhalten: ( m 2 ω2 x 0 2 mω2 2 2xx 0 ) (15.15) x 0 = X 0 ω 2 c ω 2 = k y ω c m ω 2 (15.16) m 2 ω2 (x x 0 ) 2 + m 2 ω c 2 X 2 0 m 2 ω c 2 2xX 0 m 2 ω2 x mω2 2 2xx 0 (15.17) Dann packen wir die restlichen X 0 in den Biomüll: s m 2 ω2 (x x 0 ) 2 + m 2 ω c 2 x 2 ω 2 ω 2 0 m ωc 2 ωc 2 2 ω c 2 ω 2 2xx 0 m ωc 2 2 ω2 x m 2 ω2 2xx 0 (15.18) Wenn man genau schaut, fällt da so Einiges weg und man bekommt folgenden Ausdruck: m 2 ω2 (x x 0 ) 2 + m 2 x2 0ω 2ω2 m ωc 2 2 ω2 x 2 0 (15.19)

362 346 KAPITEL 15. EINDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE Jetzt werden die diversen ω-terme ein wenig umverteilt: m 2 ω2 (x x 0 ) 2 + m ( ) ω 2 2 x2 0 ω2 1 ωc 2 (15.20) Der ω-term in der Klammer lässt sich auch noch etwas sparsamer anschreiben: ( ω0 2 +ω 2 c ω 2 c ) ( 2 ω0 +ωc 2 1 = ωc 2 ) ω2 c = ω 0 2 ωc 2 ωc 2 (15.21) Herauskommen tut schließlich: ( ) m ω 2 x2 0ω = m2 ω x20ω 2ω 0 2 c 2 ωc 2 = m 2 X ωc 2 0 ω 2X 0 ω 2 c ω 2ω2ω 0 ω 2 c 2 = m 2 X2 0 ω2 c ω 0 2 ω 2 (15.22) Und damit bekommt man nach dem rückwärts Einsetzen von X0 2 Ausdruck in Gleichung 15.11, nämlich: am Ende genau den 1 2 m ω 2 (x x 0 ) ω0 2 2m k2 y ω 2 (15.23) Dieser verschobene harmonische Oszillator für des Potential der Quantendrähte im Magnetfeld hat folgende Lösungen aus hermiteschen Polynomen (bitte in irgend einem Quantenmechanik-Buch nachlesen): ( ) 1/2 π mω Ψ(x) = 2 n n! e x2 /2 H n (x) (15.24) und die von k k abhängigen Energiewerte (siehe Abbildung 15.8 (a)): E n (k y ) = (n+1/2) ω+ 2 k 2 y 2m eff (B) n = 0,1,2,...m eff (B) = m ω2 ω 2 0 (15.25) wobei die Masse m eff (B) aber vom Magnetfeld B abhängig ist und diese Formel damit viel wichtiger ist, als man zunächst glaubt. Als Beispiel sei nur erwähnt, dass man daraus die Zustandsdichte im Magnetfeld berechnen kann und genau das werden wir noch dringend brauchen.

363 15.3. QUANTENMECHANISCHE 1D-EFFEKTE 347 dr/dvg n osc /B (1/T) dr/dv g B (T) a=450 nm V g = -100 mv 1 Landau Index N g166/8 1 T = 2 K \ n 1D =1.9 x 10 8 m /B (T -1 ) E 0 =1.1 ± 0.2 mev Abbildung 15.7: Messdaten zweier typischer magnetischer Entvölkerungsexperimente ( magnetic depopulation experiment ). Links die Messdaten der ersten Probe mit den Nummern der Peakpositionen (Landau Index). Der Inset zeigt die Peakpositionen als Funktion von 1/B (Landau Plot). Die Peakposition 0 für das nullte Landauniveau liegt bei ca. 13T und konnte mit dem kleinen Magneten in unserem Experiment nicht erreicht werden. (Hausaufgabe: Wie kann man zeigen, dass das mit den 13T stimmt? Hinweis: Schauen Sie mal beim SdH-Effekt nach.) Verwendet wurde hier ein Gitter aus Quantendrähten mit einer Periode von a=450 nm und eine Gatespannung von 100mV. Rechts: Ein Landau Plot einer weiteren Probe mit deutlich weniger Oszillationen. Die Bestimmung der 1D-Quantisierungsenergien hat daher hier einen Fehler von mehr als 20 Prozent. (Bildquelle: Die Daten sind selbst gemessen). Unser eigentliches Ziel ist ja die Bestimmung der 1D Elektronendichte und die Bestimmung der 1D Quantisierungsenergien aus einem Experiment. Das Experiment der Wahl ist ein sogenanntes magnetic depopulation Experiment, welches folgendermaßen funktioniert: Eine Quantendrahtprobe wird mit einem Gate versehen, mit welchem man die Elektronendichte und auch die Quantisierungsenergien einstellen kann. Auf dieser Probe wird dann bei tiefer Temperatur (T=4 K) der Widerstand als Funktion des Magnetfeldes gemessen. Da die Signale klein sind, wird zusätzlich an das Gate eine kleine Modulationsspannung angelegt und anstatt des Widerstandes R(B) die Änderung des Widerstandes dr/dv G gemessen. Typische Daten sieht man in Bild Auf den ersten Blick sieht das aus wie die SDH Messung am 2D-Elektronengas. Wenn man genau hinsieht, erkennt man aber, dass der Landau Plot, also die Peakpositionen im Magnetowiderstand als Funktion von 1/B, im Gegensatz zum 2DEG vom linearen Verhalten abweicht. Um aus diesen Daten die 1D-Elektronendichte bestimmen zu können, müssen

364 348 KAPITEL 15. EINDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE (a) E (mev) E (mev) E (mev) E F 5 B=0T k y (k 1D F ) E F 5 B=2T k y (k 1D F ) E F 10 5 B=6T k y (k F 1D ) (b) g 1D (10 8 /mev cm) B=0T B=2T B=6T E F E F E F E (mev) Abbildung 15.8: Links: E(k) Beziehungen im Quantendraht bei B=0T, 2T und 6T. Die Kurven werden mit steigendem Magnetfeld flacher und damit immer ähnlicher den Landau-Niveaus, welche im k-raum komplett entartet sind. Rechts: Die zugehörige 1D-Zustandsdichte (Bildquelle: Diplomarbeit Franz Hirler, WSI, TU-München, 1991) wir uns zuerst der Zustandsdichte zuwenden, die uns dann am Ende n 1D liefert. Wir verwenden zunächst die verallgemeinerte Formel für die Zustandsdichte von früher und setzen ein (Θ(E E n ) ist eine Stufenfunktion): gn 1D (E) = 1 ( ) 1 de π (15.26) dk y gn 1D (E) = 2meff (B) π N (E E n ) 1/2 Θ(E E n ) (15.27) n=0 Einen Plot dieser Zustandsdichte sieht man in Abbildung 15.8 (b). Die Anzahl der Elektronen im Quantendraht gewinnt man dann durch Integrieren von Null bis E F. n 1D = E F 0 g 1D (E,B) de (15.28) Mit E F E N (E N ist die Energie des höchsten besetzten 1D-Subbandes) und m eff (B) = m ω2 ω 2 0 (siehe weiter oben) bekommt man: n 1D = E N 0 2m ω 2 ω 2 0 π N (E E n ) 1/2 Θ(E E n ) de (15.29) n=0

365 15.3. QUANTENMECHANISCHE 1D-EFFEKTE 349 Dann nehmen wir noch die Beziehung E n = n ω und erhalten nach dem Integrieren: n 1D = 2 2m π ω ω 0 N (N ω n ω) +1/2 Θ(E E n ) (15.30) n=0 n 1D = 2 2m / ω 3/2 π ω 0 N (N n) +1/2 Θ(E E n ) (15.31) n=0 Weil es egal ist, ob man eine Zahlenreihe von vorne nach hinten oder umgekehrt summiert (Hausaufgabe: N = 5 nehmen und auf das Ganze einem Zettel Papier ausprobieren) erhalten wir schließlich: N (N n) = n=0 n 1D = 2 π 2m ω 3/2 ω 0 N n (15.32) n=0 N n 1/2 (15.33) Jetzt brauchen wir noch N und ω 0. N bekommt man aus den experimentellen Daten, denn das ist genau die Anzahl der Oszillationen in der Magnetowiderstandskurve. Wir erinnern uns: Jedes Mal, wenn eine Subbandkante über E f hinausgeschoben wird (Es gibt damit ein Subband weniger im Spiel und die sind dann alle randvoll.), gibt es ein Widerstandsmaximum. Das letzte Subband ist damit eindeutig identifizierbar mit der letzten beobachteten Oszillation (natürlich aber nur, wenn der Magnet wirklich ein genügend hohes Feld liefert). Man braucht die Oszillationen also nur abzählen. Nicht bekannt ist aber ω 0, es bleibt einem also nichts anderes übrig als ein 2-Parameter Fit der gemessenen Oszillationspositionen an die berechneten Positionen B N, wobei n 1D und ω 0 die Fitparameter sind. Wenn man ω 2 = ω0 2 +ωc 2 mit ω c = eb N in obige Formel m einsetzt und nach B N auflöst, sind die berechneten Positionen gegeben durch: 4/3 B N = m e π n 1D ω 0 8m N ( ω 0 ) 2 (15.34) Dieser Fit macht aber erhebliche Fehler bei kleinem ω 0 ( ω 0 1meV), 20% sind kein Problem. Bild 15.7 zeigt typische Daten. Bei kleinen Feldern ist der Landau Plot nicht linear und die Abweichung vom linearen Verhalten bestimmt die 1D-Subbandenergien. Je nicht-linearer der Plot, desto höher ist ω 0. Sowohl ω 0 als auch n 1D lassen sich aus diesem Plot gewinnen. 0 n 1/2 n=0

366 350 KAPITEL 15. EINDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE (a) T = 100 K (b) E 0 = 1.6 ± 0.3 mev R (10 5 Ω) Å GaAs undoped 300 Å AlGaAs n =2x10 18 cm -3, x=0.4 D 600 Å AlGaAs spacer GaAs buffer B (T ) B 2 (T 2 ) 40 N=3 30 N=6 20 N=4 10 N= /N 2 Abbildung 15.9: (a) Typische 1D Magnetophonon Daten und der zugehörige Auswertungsplot zur Bestimmung der 1D Subbandenergien und der effektiven Masse (b). (Bildquelle: J. Smoliner and G. Ploner in Handbook of Nanostructured Materials and Nanotechnology, Vol.3, p1-91, ed. H. Nalwa, Academic Press (2000)) Magnetophononstreuung im 1D Da die magnetic depopulation nicht sehr genaue Werte für die 1D Subbandenergien liefert, sind alternative Methoden zur Bestimmung der 1D Quantisierungsenergien gefragt. Eine simple Möglichkeit besteht mit Hilfe von freundlichen Phononen über die Magnetophononstreuung. Magnetophononstreuung funktioniert in allen Dimensionen und folgt in 1D-Systemen der primitiven Idee, dass für eine besonders hohe Streurate ein Vielfaches des 1D Subbandabstandes gleich der Phononenenergie im GaAs sein soll ( ω LO = 36meV ), weil dann ein LO-Phonon besonders effizient absorbiert (!!) werden kann. Das Experiment findet daher auch eher bei mittleren Temperaturen von T = 120K und nicht im flüssigen Helium statt. n ω eff = ω LO (15.35) Mit den Energien für den Quantendraht unter der Annahme eines parabolischen Potentials: E(B) = (n+1/2) ω eff ; ω eff = ( ω c ) 2 +( ω 0 ) 2 }{{} Quantendraht (15.36)

367 15.3. QUANTENMECHANISCHE 1D-EFFEKTE 351 kann die Resonanzbedingung umgeschrieben werden in: ( ) m B 2 2 = ( ω L0) 2 e N 2 ( ) m 2 ( ω 0 ) 2 (15.37) e Die Werte von B 2 sind die Magnetfelder, bei denen man Strukturen im Magnetowiderstand beobachtet. Typische Messdaten können in Abbildung 15.9 besichtigt werden. Vorsicht, bei genauer Analyse dieses Effekts (siehe die Arbeiten von N. Mori, H. Momose, and C. Hamaguchi, Phys. Rev. B 45, 4536(R) (1992) ) kommt man darauf, dass es im 1D-Fall nicht von vornherein klar ist, ob Widerstandsminima oder Maxima zu beachten sind! Macht man dann einen Plot der Positionen der Maxima in der Form von B 2 über 1/N 2 (siehe Abbildung 15.9) bekommt man: aus dem Achsenabschnitt der Gerade mit der B 2 - Achse der Wert für ω 0 und aus der Steigung die effektive Masse. Wie früher gilt auch hier, dass für das Experiment ω c τ > 1 gewährleistet sein muss, aber auch, dass die phonon occupation number genügend hoch ist. Die Temperatur sollte also T K betragen. Will man schöne Daten, muss B groß genug sein, am besten B > 10T, und das braucht einen wirklich großen Magneten. Zum Schluss nochmal ein Blick auf die experimentellen Daten: Wie sich herausstellt, sind die 1D-Quantisierungsenergien aus den Magnetophonon-Experimenten systematisch höher als die Werte aus den magnetic depopulation Daten und noch dazu in reproduzierbarer Weise auf mehreren Proben. Das war natürlich verdächtig und so haben wir versucht, die Ursache dafür zu finden. Eine einfache, dafür aber einleuchtende eindimensionale Erklärung für die Sache findet sich in Abbildung In Abbildung (a) und (b) sieht man schematisch die Form des Quantendrahtpotentials bei B = 0T und bei niedrigen Magnetfeldern. Das Potential ist kosinusförmig und der Abstand der Energieniveaus nahe der Fermikante ist gering. Erhöht man das Magnetfeld, werden die Energieniveaus am oberen Rand des Potentials durch das Ferminiveau geschoben und man erhält die oben erwähnten Oszillationen im Magnetowiderstand und als Resultat einen relativ geringen Abstand der 1D-Energieniveaus. Abbildung (c) zeigt die Situation für eine Magnetophononen-Resonanz mit der Bedingung ω LO = 2 ω c. Diese wird nur bei hohen Magnetfeldern beobachtet, bei denen wegen der hohen Zustandsdichte im Magnetfeld oft nur noch die untersten Energieniveaus am Boden des Potentials im Quantendraht besetzt sind. Von dort aus werden die Elektronen per LO-Phononen Absorption in höhere Energieniveaus befördert. Das Magnetophononen-Experiment sieht

368 352 KAPITEL 15. EINDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE E (a) (b) (c) B>>0T B=0T B>0T LO Ef magnetic depopulation Magnetophononen- Resonanz x Abbildung 15.10: Schematischer Vergleich der Potentialformen bei magnetic depopulation Experimenten (a), (b) und beim Auftreten von 1D-Magnetophononen-Resonanzen (c). (Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet). also nur die Energieniveaus am Boden des Quantendrahtpotentials, die natürlich einen größeren Abstand haben als die Niveaus an der Fermikante. Wer mehr Details über diese Story wissen möchte, lese bitte nach bei: J. Smoliner, G. Ploner, Electron transport and confining potentials in nanostructures, Handbook of Nanostructured Materials and Nanotechnology, Vol.3, p1-91, ed. H. Nalwa, Academic Press (2000) Ballistischer 1D-Transport Bisher galt immer, dass die mittlere freie Weglänge im Quantendraht (auf Englisch mean ree path ) l mfp z und aber auch gleichzeitig l mfp x sein sollte, wobei z die geometrische Dicke in Wachstumsrichtung (z) und x die geometrische Breite des Quantendrahts war. Jetzt kann man aber noch zwei zusätzliche Fälle unterscheiden und zwar: mittlere freie Weglänge < L (L ist die Länge der Probe): diffusiver Transportbereich mittlere freie Weglänge > L: ballistischer Transportbereich

369 15.3. QUANTENMECHANISCHE 1D-EFFEKTE V g T = 60 mk G (in Einheiten von e 2 /h) S L W D V g V g (V) G (2e 2 /h) T = 1.5 K V g (V) 3 Abbildung 15.11: Ballistischer 1D-Transport in einer Split-Gate FET-Struktur. Man beobachtet eine Quantisierung der Leitfähigkeit (Bildquelle: K. F. Berggren, M. Pepper, Phil. Trans. R. Soc. A, 368, , (2010)). Bild zeigt das klassische Experiment zum ballistischen Transport in Halbleitern. Gemessen wird der Widerstand eines kurzen Quantendrahtes, hier realisiert als Split Gate Struktur. Wird eine Spannung an das Split Gate angelegt, so reduziert sich in erster Näherung die Elektronendichte im Draht, d.h. die 1D-Subbänder werden sukzessive entvölkert. Im Experiment beobachtet man dann Stufen im Widerstand. Noch viel schöner sieht man die Stufen in der Leitfähigkeit und es gilt: G = 2e2 h N (15.38) N ist die Zahl der besetzten Subbänder im 1D-System. Das ist sehr ähnlich der Formel aus dem Quanten Hall Effekt: σ xy = en B = ie(eb/h) = e2 i (15.39) B h was einen guten Grund hat, wie wir gleich nachher sehen werden. Für ein 1D Elektronengas gilt ganz allgemein: Energie E = E n + 2 k 2 (15.40) 2m Geschwindigkeit v n = de n dk 1 (15.41) ( ) 1 2πdEn Zustandsdichte (mit Spin Entartung!) ρ n = 2 (15.42) dk

370 354 KAPITEL 15. EINDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE Jetzt ersetzen wir in der Formel für die Stromdichte im Energieintervall de jde = nevde (15.43) die Elektronenkonzentration n ρ n de mit Hilfe der Zustandsdichte und erhalten: jde = ev n ρ n de n = e de n dk 1 2 ( 2πdEn dk ) 1 de n = 2e h de n (15.44) Da sich die Zustandsdichte und Geschwindigkeit von oben herausgekürzt haben, bleibt inklusive Spinentartung folgendes übrig: ( ) 2e jde = N de N...Anzahl der beteiligten Subbänder (15.45) h Die Leitfähigkeit des Quantendrahtes ist G = di dv und mit de = edv folgt dann sofort: G = 2e2 h N (15.46) Wieso steht hier jetzt plötzlich I in der Formel für die Leitfähigkeit und was ist mit dem j passiert? Ganz einfach: In einer eindimensionalen Struktur sind der Strom und die Stromdichte formal das gleiche. Verblüffend, nicht wahr? Ok, hier ist des Rätsels Lösung: Die Einheit der Stromdichte ist in 3D: A/m 2, in 2D:A/m und in 1D daher A/1 ganz ohne Flächeneinheit D-Effekte in 2D-Elektronensystemen Der Quanten Hall Effekt als 1D-Phänomen Einem Elektrotechniker sind die Details über die Feinheiten des Quanten Hall Effekts ohnehin egal, daher beschränken wir uns hier mal wieder auf das minimal Nötigste auf Biertischniveau. Weiters verwenden wir zur Erklärung wieder einmal biblische Bilder und Gleichnisse, die zwar im Detail wie immer falsch, dafür aber erleuchtend und besonders einprägsam sind. Glauben wir also in der Ausgangssituation den Physikern und im Detail an die Abbildung Abbildung stellt die Potentiallandschaft in einer Hallprobe dar, in der sich das Ferminiveau zwischen zwei Landauniveaus, genauer gesagt knapp unterhalb eines leeren Landauniveaus befindet. Das nächste tiefere Landauniveau sei komplett voll, das leere Landauniveau darüber werde nur gerade mal so eben von unten angekrazt. Zum besseren Verständnis stellen Sie sich am besten

371 D(E) D-EFFEKTE IN 2D-ELEKTRONENSYSTEMEN 355 (c) Einschlusspotential Skipping Orbits Störstelle (b) B E F E y x (a) E (c) (a) Ausgedehnte Zustände E F (b) Lokalisierte Zustände E F (a) E f Landauniveau n Landauniveau n+1 E µ E F x Abbildung 15.12: Ein Quanten Hall Effekt Poster für die Pinwand im Büro. Links oben: Räumliche Verteilung der Elektroneninseln in der Probe für unterschiedliche Lagen des Ferminiveaus innerhalb eines Landauniveaus. Mitte: Situation (c) in 3D-Darstellung. Links unten: Die Zustandsdichte und die Ferminiveaus für die Situationen (a) und (c). Mitte unten: Schnitt durch den Potentialverlauf für die Situationen (a), (b) und (c). Rechts unten: Die Lage des Ferminiveaus für die Situationen (a), (b) und (c), eingezeichnet in die experimentellen Daten. (Bildquelle: Adaptiert nach Rudolf Gross, Achim Marx, Festkörperphysik, De Gruyter (2014), Rolf Sauer, Halbleiterphysik, Oldenburg Verlag (2009) und H. Obloh, M. Dobers, R. J. Haug, K. v. Klitzing, D. Weiss, Metrologia 22, (1986))

372 356 KAPITEL 15. EINDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE einen Stausee in den Alpen vor, aus dem das ganze Wasser abgelassen wurde. Das tiefer liegende, komplett volle Landauniveau sei so etwas wie das zu hoch stehende Grundwasser, das wir aber vorerst ignorieren, der interessierende energetische Bereich darüber ist der leere Stausee. Die Wände des Tals sind steil, der Talboden ist einigermaßen, aber nicht völlig flach. Irgendwo mitten im Tal gebe es ein paar größere grüne Hügel und ein paar blaue Wassertümpel mit Fischen (=Elektronen). Beginnen wir mit Situation (a). Hier ist der Wasserstand (=Ferminiveau) sehr niedrig, es gibt nur isolierte Tümpel mit Wasser im Stausee (= isolierte Elektronentümpel, im Jargon lokalisierte Zustände genannt). Die zu diesem System, also die zu diesem Landauniveau gehörende Leitfähigkeit ist Null, die Wassertümpel im Stausee sind voneinander getrennt und die Fische (=Elektronen) kommen nicht von Tümpel zu Tümpel. Um zum Quanten Hall Effekt zu kommen, muss man etwas Zusätzliches fordern, nämlich, dass die Elektronen zwar im Inneren der Elektronentümpel festsitzen, aber am Rand der Elektronentümpel gebe es durch das Magnetgeld erzeugte skipping orbits, auf denen die Elektronen den Tümpel umkreisen können. Vereinzelte Potentialhügel innerhalb eines Elektronentümpels werden ebenfalls umkreist. Details zum warum und wieso kommen etwas später. Stellen Sie sich einfach Fische vor, die an den Ufern der Tümpel nach Nahrung suchen und dazu rund um den Tümpel schwimmen, da es im tiefen Wasser nichts gibt. Die Fische in der Mitte der Tümpel sind satt, machen ein Verdauungsschläfchen oder schwimmen im Kreis auf ihren Landau-Orbits, nur raus aus dem Tümpel kommen sie nicht, mit anderen Worten, sie sind in lokalisierten Zuständen. Füllen wir nun langsam den Stausee, bzw. erhöhen wir das Ferminiveau in der Probe entweder durch ein sinkendes(!) Magnetfeld oder mit einer passenden steigenden Gatespannung. Die Tümpel werden größer und einige werden sich vereinigen. Die Elektronen (Fische) können in den größeren Tümpeln nun entlang des Randes größere Runden drehen, aber die Leitfähigkeit ist noch immer Null. Dies entspricht Situation (b). In Situation (c) ist der See soweit gefüllt, dass die Tümpel geschlossen sind und das Wasser zum ersten Mal überall die steilen Felswände erreicht. Es besteht nun eine geschlossene Uferlinie im ganzen Stausee und damit erheblich mehr Freiheit für die Fische wegen der delokalisierten Zustände, durch die sich die Fische entlang der Ränder durch die ganze Probe bewegen können. Die Fische in der Mitte des Stausees machen weiterhin ihr Verdauungsschläfchen und nehmen am Stromtransport nicht teil. Etwas wissenschaftlicher: Wir haben damit die Unterkante des nächsten Landauniveaus überschritten und es gibt nun delokalisierte Zustände in Form der skipping orbits, welche nun die ganze Probe umschließen. Das Ferminiveau befindet sich im Zentrum

373 D-EFFEKTE IN 2D-ELEKTRONENSYSTEMEN 357 des Landauniveaus. Das Probeninnere bleibt in diesem Modell weiterhin nichtleitend. Für die Elektronen am Rand der Probe nehmen wir jetzt noch zusätzlich an, dass wir durch den Probenrand (steiles elektrostatisches Potential) auf der einen Seite und den Einfluss der Lorentzkraft auf der anderen Seite, einen echten eindimensionalen Elektronenkanal haben, in dem sich die Elektronen auf ihren skipping orbits, oft auch edge states genannt, bewegen. Wenn diese Randkanäle nun echte 1D-Zustände sind, ist die Leitfähigkeit für diesen Randkanal (inklusive Spinentartung) sofort gegeben durch (siehe oben) G = 2e2. In anderen Worten: Besetze ich durch eine passende Gatespannung oder ein passendes Magnetfeld ein zusätzliches Landauniveau, so steigt h die Gesamtleitfähigkeit der Probe um G = 2e2. Da sich in der aller primitivsten Vorstellung h diese Randkanäle kreisförmig rund um die ganze Probe ziehen, sinkt damit natürlich auch der Hallwiderstand zwischen den gegenüberliegenden Hallkontakten um den Kehrwert der Leitfähigkeit, womit wir die Stufen in Hallwiderstand tadellos erklärt hätten. Die Breite der Stufen ist gegeben durch die Zustandsdichte der delokalisierten Zustände (siehe Abbildung und damit durch den Spannungs- oder Magnetfeldbereich, den es braucht um das nächste Landauniveau komplett zu füllen. Will man das (Ferminiveau weiter erhöhen, muss man das nächste höhere Landauniveau (den nächsten höher gelegenen Stausee) verwenden und das Spiel beginnt von vorne. Die Leitfähigkeit der Probe bleibt dabei konstant, da sich die Anzahl der besetzten Randkanäle erst ändert, wenn man das Zentrum des nächsten Landauniveaus erreicht hat. Hinweis: Ein echter Quanten-Hall Freak hat immer einen dicken, supraleitenden Magneten in einem Cryostaten bei sich herumstehen. Der Cryostatendurchmesser liegt bei ca. 70 cm, die Cryostatenhöhe ca. 2m, und kalt ist es darinnen auch, nämlich gerne T < 100mK. Hausaufgabe: Im Internet die Herstellerseiten besuchen und sich die beeindruckenden Details ansehen. Bei hohen Magnetfeldern, wo der Quanten Hall Effekt gerne gemessen wird, sind die Landauniveaus durch den Spin aufgespalten und es gibt keine Spinentartung mehr. Bei niedrigen Magnetfeldern existiert die Spinaufspaltung nicht und man sieht in der Messung daher nur geradzahlige Vielfache von e2 h, also scheinbar G = i 2e2 h mit i integer, bei hohen Magnetfeldern ist das nicht mehr so. Bei wirklich ganz hohen Magnetfeldern gibt es dann den nächsten Nobelpreis für den fraktionierten Quanten Hall Effekt, aber das ist eine andere Geschichte. Gut, das war jetzt alles vielleicht nicht besonders wissenschaftlich, aber das Prinzip sollte zumindest irgendwie anschaulich klar geworden sein. Wenn man jetzt aber etwas genauer hinsieht, erkennt man, dass das alles eigentlich ganz und gar nicht so klar ist, wie man meint, und dass man verständnismäßig die Tore zur Hölle aufge-

374 358 KAPITEL 15. EINDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE B V 6 V 5 V 4 =0 I V 1 V 2 V 3 Abbildung 15.13: Randkanäle beim Quanten Hall Effekt. V n ist die Spannung am jeweiligen Kontakt, I der Strom durch die Probe und B ist das Magnetfeld senkrecht zur Probenebene. (Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet.) stoßen hat. Um Ihnen einen Eindruck zu vermitteln, in welche Schwierigkeiten man da hineinläuft, wollen wir noch drei Dinge diskutieren: Die Stromkontakte, die dafür sorgen, dass sich die Randkanäle eben NICHT im Kreis durch die Probe ziehen, den Mechanismus, der dafür sorgt, dass wir wirklich 1D Kanäle am Probenrand haben und nicht nur eine höhere Elektronenkonzentration und schließlich, die mittlere freie Weglänge, die bei weitem nicht so groß ist, wie sie sein sollte. Die Stromkontakte machen noch die geringsten Schwierigkeiten, wir folgen dazu der Argumentation vom Kollegen Gross, siehe dazu Abbildung Weil man das hier nicht unbedingt braucht, kehrt auch der Kollege Gross jedweden Landauer-Büttiker Formalismus unter den Teppich und argumentiert folgendermaßen: Der Strom fließt vom Kontakt 1 zum Kontakt 4 und verschwindet dort. Die Elektronen drehen also sicher keine komplette Runde durch die Probe, weil sie ja eben vom Kontakt 4 abgesaugt werden. Kontakt 4 kann problemlos auf Masse liegen. Wegen des Magnetfeldes und der Lorentzkraft fließt der Strom aber nur am oberen Rand der Probe, wo sich wegen der Hallspannung eine Überschusskonzentration von Elektronen in den Randkanälen gebildet hat. Da Kontakt 5 und Kontakt 6 keinen Strom aufnehmen (hochohmige Spannungsmessung) und der Stromtransport noch dazu ballistisch ist, haben im hohen Magnetfeld beide Kontakte das gleiche Potential wie Kontakt 1, nämlich die V 6. Der Spannungsabfall V 1 V 4 wird also erst im Kontakt 4 vernichtet aber nicht auf dem Weg dorthin. Am unteren Rand der Probe gibt es einen Elektronenmangel ( Löcher sozusagen). Daher fließt der Strom in die entgegengesetzte Richtung und die Kontakte 2 und 3 liegen auf dem gleichen Potential wie Kontakt 4, nämlich auf null. Der

375 D-EFFEKTE IN 2D-ELEKTRONENSYSTEMEN 359 Widerstand zwischen den Kontakten 2 und 6 (oder 3 und 5) ist damit bei Spinentartung: und fertig. R 6,2 = V 6 V 2 I = h 2e 2 1 n (15.47) Was ist jetzt der Grund dafür, dass sich die Elektronen am Probenrand sammeln und wir so schöne quantisierte 1D-Randkanäle haben? Das elektrische Feld, welches durch die Hallspannung entsteht, kann es alleine nicht so recht sein, denn das ist ziemlich klein. Auf üblichen Proben ist die Hallspannung bei einer Probenbreite von, sagen wir, 10µm in der Größenordnung von 1mV und das reicht nicht für einen schönen Potentialtopf mit vernünftigen Quantisierungsenergien am Probenrand. (Hausaufgabe: Hallspannung und Hallfeld für typische Proben berechnen mit: I = 1µA, B = 1T, Elektronenkonzentration cm 2, Probenbreite10µm. Bitte die Tiefe des Potentialtopfes ebenfalls ausrechnen.) Ein möglicher Grund für die schöne 1D-Quantisierung und bitte, das ist nur so eine spontane Idee von mir, welche ich NICHT aus dem Internet kopiert habe, wäre der folgende: Irgendwo im Kapitel über den klassischen Halleffekt findet man folgende Formel für das Feld in y-richtung: E y = eτ m BE x (15.48) E x ist in einer normalen Hallmessung sehr klein und damit ist die Driftgeschwindigkeit v x = µe x auch sehr klein und das hilft zunächst einmal gar nichts. Aber, es gibt ja noch die Elektronen an der Fermikante bei E F, denen man ja eine Fermigeschwindigkeit v F,x = 2E F /m zuordnen könnte. Bei typischen Fermienergien in einem HEMT von 20meV ist das nicht mehr ganz so langsam. Jetzt könnte man rückwärts dieser Geschwindigkeit ein virtuelles E x = v x /µ zuordnen und daraus ein virtuelles E y ausrechnen, mit dem die Elektronen an der Fermikante an den Probenrand gedrückt werden. Wenn mein Taschenrechner nicht lügt und ich mich nicht vertippt habe, bekommt man so Werte von E y 3kV/cm bei einem Magnetfeld von B = 1T und das reicht durchaus für eine halbwegs anständige Quantisierung in den Randkanälen. Aber wie gesagt, das ist nur so eine Idee von mir. Hausaufgabe: vielleicht finden Sie ja etwas zu dem Thema im Internet. Werfen wir zum Schluss noch einen Blick auf die mittlere freie Weglänge. Die mittlere freie Weglänge im Randkanalmodell ist ein echtes Problem, denn die ist sicher viel kleiner als die Distanz zwischen den Hallkontakten und natürlich sehr viel kleiner als

376 360 KAPITEL 15. EINDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE der Probenumfang. Zwar gibt es irgendwelche Argumente mit reduzierter Rückwärtsstreuung im Randkanal, aber das geht sich trotzdem alles nicht aus und zwar um Größenordnungen nicht. In den Büchern findet man nichts zu diesem Thema, das Internet hat erstaunlicherweise auch keine Ahnung und zwar so richtig überhaupt keine Ahnung. Was tun, war nun die Frage. Social engineering ist die Antwort, aber das braucht einen gewissen Mut, weil man will sich ja nicht blamieren. Nach einigen Tagen des Meditierens darüber, ob ich mich das wirklich trauen soll, habe ich dann wortwörtlich folgende an den großen Meister selbst geschrieben:......sehr geehrter Herr von Klitzing,...ich schreibe gerade an einem Halbleiterelektronik-Skriptum optimiert für die Studenten der TU-Wien...und dabei entdeckt man Fragen, die man seit mehr als 25 Jahren komplett übersehen hat. Eine davon ist folgende: Für den Quanten Hall Effekt ist das Randkanalmodell ja wirklich eine elegante Erklärung. Nur: wie schaut es da aus mit den mittleren freien Weglängen? In der Praxis sind die Probenabmessungen immer viel größer als der mfp in selbst den besten Proben und das scheint mir ein Widerspruch zu sein, oder ich bin einfach zu geradeaus zu dumm...für ein wenig Nachhilfe wäre ich also sehr, sehr dankbar,... Drei Tage später kam zurück, ich konnte es kaum glauben: Lieber Herr Smoliner, vielen Dank für Ihre ...wir kämpfen schon seit Jahren gegen ein falsches Randkanalbild. Der dissipationslose Hallstrom fließt NICHT in den kompressiblen Randstreifen (entspricht den Kreuzungspunkten der Landauniveaus mit der Fermienergie) sondern in den INKOMPRESSIBLEN Bereichen. Ich verwende gerne das Bild wie in beiliegender Figur Ich hoffe, dass Sie die Grundidee verstanden haben. Viele Grüße, Klaus v. Klitzing Äääääh, ja, aha, interessant, genau so wird es wohl sein, aber eine Spontanerleuchtung ließ wegen meines offenbar doch gröberen Mangels an Hintergrundwissens leider, leider auf sich warten. Vielleicht sollte ich aber im nächsten Urlaub doch mal etwas sorgfältiger hier nachlesen: In der sehr informativen Dissertation von Erik Ahlswede, Potential- und Stromverteilung beim Quanten-Hall-Effekt bestimmt mittels Rasterkraftmikroskopie, Fakultät Physik der Universität Stuttgart (2002) und betreut vom großen Meister Klitzing himself. Bei Klaus von Klitzing, Rolf Gerhardts und Jürgen Weis, Physik Journal, 38, 4

377 D-EFFEKTE IN 2D-ELEKTRONENSYSTEMEN 361 Nr. 6 (2005) Bei J. Weis, K. v. Klitzing, Phil. Trans. R. Soc. A (2011) 369, , doi: /rsta Bei K. Panos, R. R. Gerhardts, J. Weis, K. von Klitzing, New Journal of Physics 16 (2014) Wenn Sie hier klicken, finden Sie weitere Literatur. Hausaufgabe: Bitte selber nachlesen und mir die Sache erklären (Erspart mindestens zwei Prüfungsfragen!). Zusammenfassung: Das simple Randkanalmodell ist einfach, schön und es erklärt auch alles, aber es hat offenbar doch seine Grenzen. Das macht aber nichts, denn wie ganz am Anfang erwähnt: Dieses Skriptum soll nur einen Einstieg in die Materie bieten und nicht die Welt erklären. Zum Schluss ergeht natürlich mein aufrichtiger Dank und beste Grüße an Herrn Klaus v.klitzing und Jürgen Weis für die prompte Unterstützung! Graphen: ein zweidimensionales 1D-Material Hier kommt gleich der nächste Nobelpreis auf dem Gebiet der 2D Elektronen und das ist Graphen (englisch: graphene). Graphen ist eine monoatomare Schicht aus kristallinem Graphit. Gewinnen kann man das Material dadurch, dass man von einem HOPG - Kristall, das ist hochorientiertes, pyrolytisches Graphit (also Kohlenstoff) welches man billig kaufen kann, mittels Klebeband eine dünne Lage von Schichten herunterreißt und die dann typischerweise auf ein SiO 2 Substrat aufrubbelt (kein Scherz). Nach längerem Suchen findet man tatsächlich Flocken in der Größe von ca. 10µm x 10µm, die nur aus einer Monolage Graphen bestehen. Hinweis: Das Suchen und Finden von monolagigen Graphen-Flocken ist eine Geschichte für sich. Das Gitter von Graphen lässt sich in Bild bewundern. Graphen hat eine witzige Bandstruktur, die im Bild zu sehen ist. Wichtig sind die Bereiche, in der sich die obere Fläche (Leitungsband) und die untere Fläche (Valenzband) berühren. Hier wird es interessant, denn es gibt hier zwei Dinge, die man eher nicht gewohnt ist, nämlich: Graphen hat keine Bandlücke.

378 362 KAPITEL 15. EINDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE Abbildung 15.14: Das Gitter von Graphen. Man sieht die zweidimensionale Anordnung der organischen Kohlenstoffringe aus jeweils sechs Atomen. (Bildquelle: Jannik Meyer, Max-Planck Institut für Festkörperforschung, Abbildung 15.15: Die Bandstruktur von Graphen (Bildquelle: A.H.C. Neto et al. Rev. Mod. Phys., Vol. 81, No. 1, p.109, (2009))

379 D-EFFEKTE IN 2D-ELEKTRONENSYSTEMEN 363 Graphen hat eine lineare Bandstruktur. Das mit der linearen Bandstuktur hat zur Folge, dass die Elektronenmasse unendlich groß wäre. Da das aber beim Rechnen nichts wie Ärger macht, ist es viel vernünftiger zu sagen: Die E(k) Beziehung von Elektronen im Graphen sieht aus wie bei einem Photon, d.h. die Elektronen verhalten sich wie Photonen und haben die Ruhemasse Null und das ist cool. Noch etwas anders ist cool, nämlich die enorme Elektronenbeweglichkeit in diesem Material. Für Graphen auf SiO 2 bekommt man bei Raumtemperatur(!) Werte bis zu 40000cm 2 /Vs und das ist einen Faktor 10 höher als in Silizium. Freistehende Filme hätten eine noch viel höhere Beweglichkeit. Leider kann man auf Graphen nicht auf einfache Weise einen FET realisieren. Der Grund hierfür ist die nicht vorhandene Bandlücke, die dazu führt, dass man keine depletion bekommt. Dennoch ist Graphen für die Elektronik interessant, weil es transparent ist und gut leitet. Graphen ist also eine ideale obere Elektrode für Bildschirme. Samsung hat ein Wachstumsverfahren für großflächige Graphenschichten (aber keine Monolagen) auf Kupfersubstraten entwickelt. Die Hoffnung ist, dadurch die jetzigen Indium-Zinnoxid (ITO) Elektroden zu ersetzen. Die sind bekanntlich teuer und das Problem mit den Exportbeschränkungen für seltene Erden in China hätte man auch noch sozusagen gratis vom Hals. Die Zustandsdichte von Graphen Wegen der ungewöhnlichen Bandstruktur in Graphen lässt sich die Elektronendichte und die Leitfähigkeit ganz fundamental berechnen. Wie man das macht, kann man aus den Lecture Notes on Low Bias Transport in Graphene: An Introduction by Dionisis Berdebes, Tony Low, and Mark Lundstrom entnehmen ( (2009 NCN@Purdue Summer School: Electronics from the Bottom Up). Folgen wir also für eine Weile den Ausführungen der obigen Kollegen und kümmern wir uns zuerst um die Zustandsdichte in Graphen. Wir beginnen wie früher bei der Dispersionsrelation: E( k) = v F k (15.49) wobei v F ist die Fermigeschwindigkeit und k = (kx k x0 ) x+(k y k y0 ) y (15.50) der k-vektor ist. x und y sind Einheitsvektoren in die x- und y-richtung. Diese Dispersionsrelation ist linear, ganz wie bei Licht. Wundern Sie sich als nicht, wenn Im Zusammenhang mit Elektronen und Graphen hin und wieder das Wort Moden fällt,

380 364 KAPITEL 15. EINDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE das ist dann einfach der Jargon aus der Optik. Der Punkt (k x0,k y0 ) ist das Zentrum in einem der sechs Täler der Graphen Bandstruktur, siehe Abbildung Die Zustandsdichte D(E) pro Flächeneinheit im Graphen bekommen wir auch wie früher: D(E) = k D(k)δ(E E( k)) (15.51) In einem zweidimensionalen Material ist die Zustandsdichte D(k), siehe ganz weit vorne, D(k) = L2 (2π) 2. Wie immer wählt man L = 1, bzw. man berechnet die Zustandsdichte pro Flächeneinheit. Wenn man von der Summe auf ein Integral in Polarkoordinaten übergeht, bekommt man daraus: D(E) = 1 4π 2 +π Die Dispersionsrelation von oben liefert die Formel: und damit hat man die Beziehung: D(E) = 2π 4π 2 π dθ kdkδ(e E( k)) (15.52) 0 kdk = EdE ( v F ) 2 (15.53) 0 EdE ( v F ) 2δ(E E( k)) (15.54) Nach Auswerten der δ -Funktion und dem nachträglichen Hineinwursteln der Spin- und Valleyentartung (g s = 2 und g v = 2) bleibt übrig: 1 E D(E) = g s g v (15.55) 2π( v F ) 2 Das mit dem Valleyentartungsfaktor g v = 2 schaut auf den erstaunlich seltsam aus, dann die Bandstruktur vermittelt den Eindruck, als gäbe es 6 Täler. Wie sich zeigt sind aber nur 2 davon sind im Impulsraum unabhängig und alle anderen Täler bekommt man durch Translationen entlang von Gittervektoren des reziproken Gitters. Um das zu verstehen, schauen wir doch mal in die Abbildung und ganz besonders auf das reziproke Gitter mit den Höhenlinien der Bandstruktur in Abbildung (b). a 1 und a 2 sind die reziproken Gittervektoren. Der Γ-Punkt liegt im Zentrum des Bildes, die sogenannten K- und K -Punkte sind ebenfalls eingezeichnet. Wenn man den gezeigten Ausschnitt des reziproken Gitters nun um den Vektor a 2 + a 1 nach oben verschiebt (in andere Richtungen mit anderen Linearkombinationen von a 1 und a 2 ), sieht man, dass sich in dieser Weise das Ganze reziproke Gitter lückenlos aufbauen

381 D-EFFEKTE IN 2D-ELEKTRONENSYSTEMEN 365 Energie Energie unbesetzt besetzt mit Elektronen (a) (b) (c) Abbildung 15.16: (a): Das Gitter von Graphen im Ortsraum. (b): Das reziproke Gitter von Graphen. (c): Die Bandstruktur von Graphen (Bildquelle: Die Habilitation von Jean-Noel Fuchs, und J.N. Fuchs, M.O. Goerbig and M. Potemski, Des electrons sans masse dans une feuille de carbone, Images de la Physique (CNRS), pages (2007)). lässt. Am Ende bekommt man das übliche Bandstrukturbild, wie es in Abbildung (c) nochmals dargestellt ist. Mit Hilfe der Zustandsdichte kann man sofort die Ladungsdichte im Graphen ausrechnen. Wir vermeiden alle Probleme, bleiben bei T=0K und nehmen an, dass es nur Elektronen gibt. Die Ladungsträgerdichte ist dann: n = EF 0 D(E)dE = EF 0 1 E g s g v 2π( v F ) 2dE (15.56) Mit g s g v = 4 (2 für den Spin und 2 für die Valleys, siehe oben) bekommen wir: n = E2 F π( v F ) 2 (15.57) Für Löcher bekommt man exakt das gleiche Ergebnis. Bei endlichen Temperaturen wird die Berechnung wegen der vielen Fermiintegrale ziemlich zäh, was wir zum Anlass nehmen, uns jetzt von weiteren Details zu verabschieden. Die Leitfähigkeit von Graphen im ballistischen Limit Mit den Betrachtungen über die Zustandsdichte kann man daran gehen, ganz fundamental die Leitfähigkeit von Graphen zu berechnen. In den oben zitierten Ausführungen

382 366 KAPITEL 15. EINDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE in den Lecture Notes on Low Bias Transport in Graphene: An Introduction by Dionisis Berdebes, Tony Low, and Mark Lundstrom (2009 Summer School: Electronics from the Bottom Up) verwenden die lieben Kollegen (offenbar Leute aus der Optik-Ecke) wegen der linearen Bandstruktur dann eine Analogie zu Licht, reden von irgendeiner undurchsichtigen Anzahl der Moden, rechnen kompliziert und zweidimensional in der Gegend herum und ordnen jeder Mode die Leitfähigkeit eines 1D-Kanals (1D!) zu. In Summe ist das trotz aller genialer optischer Ideen aber derartig undurchsichtig, dass ich vorschlage, die ganze Geschichte in der dunklen Welt der Elektroklempner zu erklären, dafür aber auf hoffentlich nachvollziehbare Weise: Einigen wir uns darauf, dass der Strom, der zu einem einzelnen Elektrons in einer Graphenprobe gehört, zwischen zwei parallelen Kontakten in x-richtung fließt. Allfällige Geschwindigkeitskomponenten v y parallel zu den Kontakten sind für den Strom in x-richtung egal, die Stromdichte ist gegeben durch j = env x. n ist die Dichte der Elektronen, e die Elementarladung. Der ballistische Stromfluss ist damit per Definition ein eindimensionales Problem. Jetzt kommt der Knackpunkt dieses Modells: Wir betrachten nun eine Stromlinie zwischen den Kontakten. Auf dieser Stromlinie gibt es Elektronen mit Energien zwischen E x = 0 und der Fermienergie E x = E F. Diese Stromlinie ist aber nichts Anderes als eindimensionales Subband mit quantisierter Leitfähigkeit (siehe weiter Vorne). Die Frage ist nun: wie viele dieser eindimensionalen Stromlinien (= Anzahl der Moden ) gibt es nun zwischen den Kontakten? Wenn ich die Ideen der Kollegen aus Purdue richtig verstehe, kommt jetzt v y ins Spiel und die Anzahl der existierenden eindimensionalen Kanäle in x-richtung wird durch die y-komponente des Impulses (der Energie) bestimmt. Auch hier gehen wir eindimensional vor: Die Dichte der eindimensionalen Kanäle in x-richtung (=Anzahl der Zustände = Anzahl der Moden) bekommt man folglich über die Zustandsdichte in y-richtung mit Hilfe von: dn (k) = W dk (15.58) 2π

383 15.5. SELBSTORGANISIERTE QUANTEN- UND NANODRÄHTE 367 W ist die Probenbreite. Jetzt rechnen wir um auf die Energie: und schließlich erhalten wir: Einmal kurz integrieren bis E F liefert: E = v f k de dk = v f dk = de v f (15.59) dn(k) = W 2π d(k) = W 2π N(E) = W 2π de v f (15.60) E F v f (15.61) Da außerdem die Valley Entartung einen Faktor 2 und auch die Spinentartung in y- Richtung (y!) nochmal einen Faktor 2 liefert, bekommen wir schließlich für die Anzahl der 1D-Stromlinien (Moden): N(E) = 4 W 2π E F v f = 2W π E F v f (15.62) Mit der Anzahl dieser eindimensionalen Moden, kann man nun ganz einfach die Leitfähigkeit der Probe aus dem Produkt von N(E) und der quantisierten Leitfähigkeit 2e2 h pro 1D-Subband inklusive Spinentartung und Valleyentartung berechnen: G = N(E) 2e2 h = 2e2 2W E F (15.63) h π v f Das ist wirklich ein schönes und einfaches Resultat und noch dazu ganz genau das Gleiche wie in den Lecture Notes aus Purdue. Worauf ich dabei besonders stolz bin: Diese Herleitung ist auch noch deutlich einfacher als die in den Lecture Notes aus Purdue Selbstorganisierte Quanten- und Nanodrähte Im letzten Kapitel haben wir gesehen, dass 1D-Systeme schwierig herzustellen sind und noch dazu ärgerlich kleine Quantisierungsenergien besitzen. Freundlicherweise stellt uns die Natur aber auch 1D-Systeme oder zumindest Nanodrähte zur Verfügung, die ganz von alleine entstehen, ohne dass man etwas Spezielles dazu beitragen muss. Etwas Vorsicht ist aber schon geboten: Es gibt Nanodrähte, die echte Quantendrähte sind,

384 368 KAPITEL 15. EINDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE aber es gibt noch viel mehr Nanodrähte, die ganz und gar keine Quantendrähte sind, aber trotzdem interessante Eigenschaften haben können. Fassen wir also noch einmal zusammen. Bei echten (zylindrischen) Quantendrähten gilt: Der Durchmesser des Drahts muss in der Größenordnung der De-Broglie Wellenlänge sein. Die Länge des Drahts im Vergleich zur De-Broglie Wellenlänge ist egal. Die mittlere freie Weglänge muss größer als der Durchmesser des Drahts sein. Ist die mittlere freie Weglänge ist größer als die Länge des Drahts, hat man ballistischen Transport. Ist die mittlere freie Weglänge ist kleiner als die Länge des Drahts, hat man diffusiven Transport. Bei echten (zylindrischen) Nanodrähten gilt: Der Durchmesser des Drahts sollte im niedrigen nm-bereich liegen. Der Durchmesser des Drahts ist vermutlich in der Größenordnung der De-Broglie Wellenlänge, ob, oder ob nicht, ist egal. Die restlichen Dimensionen sind egal. Durch den geringen Durchmesser und eventuelle Verspannungen bedingt, hat der Draht hoffentlich ein paar seltsame, aber nützliche Eigenschaften. Beispiele für beide Fälle gibt es sicher mehrere, wir diskutieren aber nur die zwei Wichtigsten Kohlenstoff Nanoröhrchen oder Carbon Nanotubes Um es gleich vorweg zu nehmen: Kohlenstoff Nanoröhrchen haben Eigenschaften, die selbst Science Fiction Autoren nicht erwartet hätten und sie sind sogar leicht herzustellen. Das Problem ist aber, dass man diese Eigenschaften als Endbenutzer nur schwer auf makroskopischer Ebene nutzen kann und zu allem Überfluss gibt es auch noch potentielle Umweltprobleme, man erinnere sich an die Asbest-Problematik. Die Herstellung ist wirklich einfach: Man nehme eine Kohlebogen-Entladungslampe aus dem

385 15.5. SELBSTORGANISIERTE QUANTEN- UND NANODRÄHTE 369 (a) (b) (c) (d) (e) (f) armchair zigzag chiral Abbildung 15.17: (a): Historische Kohlebogen-Entladungslampe. (Bildquelle: William H.Miller, Electric arc lamp, US Patent (1888)). (b): Reaktor zur Herstellung von Kohlenstoff Nanoröhrchen (carbon nanotubes) nach dem Prinzip der Kohlebogen-Entladungslampe. (Bildquelle: Jay P. Gore and Anup Sane (Purdue University USA), Carbon Nanotubes - Synthesis, Characterization, Applications (Chapter Flame Synthesis of Carbon Nanotubes), published by intechopen in (c): Gras aus Kohlenstoff Nanoröhrchen, auch Nanogras genannt. (Bildquelle: Roland Weil, Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme, (d): Kohlenstoff Nanospaghetti. (Bildquelle: C. Journet, W. K. Maser, P. Bernier, A. Loiseau, M. Lamy de la Chapelle, S. Lefrant, P. Deniard, R. Lee and J. E. Fischer, Nature 388, (1997)). (e): Kohlenstoff Nanoröhrchen mit unterschiedlichem chiralem Vektor. (Bildquelle. Stephen A. Hodge, Mustafa K. Bayazit Karl S. Colemana nd Milo S. P. Shaffer, Chem. Soc. Rev. 41, (2012). (f): Multiwall Nanotube, zu deutsch Teleskop-Nanoröhrchen. (Bildquelle: T. Pichler, Molecular nanostructures: carbon ahead. Nature Mater, 6, 332 (2007).

386 370 KAPITEL 15. EINDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE Physical Properties of Carbon Nanotubes Average Diameter of SWNT's Distance from opposite Carbon Atoms (Line 1) Analogous Carbon Atom Separation (Line 2) Parallel Carbon Bond Separation (Line 3) Carbon Bond Length (Line 4) C - C Tight Bonding Overlap Energy Group Symmetry (10, 10) nm 2.83 Å Å 2.45 Å 1.42 Å ~ 2.5 ev Lattice: Bundles of Ropes of Nanotubes Triangular Lattice (2D) Lattice Constant 17 Å Lattice Parameter: (10, 10) Armchair Å (17, 0) Zigzag Å (12, 6) Chiral Å Density: (10, 10) Armchair 1.33 g/cm 3 (17, 0) Zigzag 1.34 g/cm 3 (12, 6) Chiral 1.40 g/cm 3 Interlayer Spacing: (n, n) Armchair 3.38 Å (n, 0) Zigzag 3.41 Å (2n, n) Chiral 3.39 Å. Optical Properties Fundamental Gap: For (n, m); n-m is divisible by 3 [Metallic] 0 ev For (n, m); n-m is not divisible by 3 [Semi-Conducting] ~ 0.5 ev Electrical Transport Conductance Quantization (12.9 k Ω )-1 Resistivity 10-4 Ω-cm Maximum Current Density A/m 2. Thermal Transport Thermal Conductivity ~ 2000 W/m/K Phonon Mean Free Path ~ 100 nm Relaxation Time. Elastic Behavior Young's Modulus (SWNT) Young's Modulus (MWNT) Maximum Tensile Strength C 5V ~ s ~ 1 TPa 1.28 TPa ~ 100 GPa Abbildung 15.18: Physikalische Eigenschaften von Kohlenstoff Nanoröhrchen. (Bildquelle: Thomas A. Adams II, Auf dieser Website befindet sich eine aktuelle Zusammenstellung der physikalischen Eigenschaften von Kohlenstoff Nanoröhrchen inklusive der Originalzitate.)

387 15.5. SELBSTORGANISIERTE QUANTEN- UND NANODRÄHTE 371 (a) (b) Abbildung 15.19: Transistoren mit Kohlenstoff Nanoröhrchen. (a) und (c): Schema und SEM Bild eines Nanotube Transistors mit klassischem Topgate. (Bildquelle: S. J. Wind, J. Appenzeller, R. Martel, V. Derycke, and P. Avouris, Journal of Vacuum Science & Technology B20, 2798 (2002); doi: 18-ten Jahrhundert (siehe Bild (a)), lasse sie brennen und sammle den Ruß auf. Darin befinden sich massenhaft Carbon Nanotubes, man muss sie nur finden. Alternativ dazu kann man auch den Katalysator seines Dieselmotors putzen, darin finden sich sogar noch mehr davon. Besser geht es natürlich mit einem passenden Reaktor wie er in Bild (b) dargestellt ist. Die Nanotubes wachsen auf der kalten Wand des Reaktors und sehen aus wie Gras oder Haare (siehe Bild (c)+(d)). Je nach Länge und Wachstumsbedingungen sind diese dann mehr oder weniger geordnet. Wenn man Pech hat, bekommt man einen Teller Spaghetti (siehe Bild (e)). TEM (Transmissions-Elektronen-Mikroskop) Untersuchungen zeigen, dass diese Nanotubes eigentlich nichts anderes sind als aufgerolltes Graphen, siehe Bild (e+f). Eigentlich ist es aber umgekehrt, Graphen ist eine ausgerollte Nanotube, denn die Nanotubes gab es früher als Graphen. Das Einrollen kann aber unter unterschiedlichen Winkeln erfolgen, man redet dann von Chiralität und definiert sogar einen Chiralitätsvektor, oder rolling vector. Chiralität bedeutet, dass sich einige Gegenstände wie menschliche Hände und auch einige Moleküle nicht mit ihrem Spiegelbild zur Deckung bringen lassen, Details bitte bei Wikipedia nachlesen. Multiwall Nanotubes, also Kohlenstoff Nanoröhrchen mit mehrlagigen Wänden gibt es natürlich auch und die sind eher die Normalität (siehe Bild (h)). Die elektronischen Eigenschaften von Nanotubes zu diskutieren braucht eine eigene Vorlesung. Hier nur so viel: Nanotubes, vor allem im

388 372 KAPITEL 15. EINDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE Vakuum und am besten noch freistehend, oder freitragend, sind die perfekten Quantendrähte mit riesigen Quantisierungsenergien. Jede nur denkbare 1D-Elektronenphysik wurde an Nanotubes untersucht und die 1D-Elektronenphysik zeigt sich dort in einer Klarheit, die in normalen Halbleitern bei weitem nicht zu erreichen ist. Werfen wir nun kurz einen Blick auf die Tabelle in Bild 15.18, in der die physikalischen Eigenschaften von Nanotubes aufgelistet sind. Besonders beachten sollte man die Parameter: maximale Stromdichte, Wärmeleitfähigkeit und die Zerreißfestigkeit ( tensile strength ). Nanotubes ertragen problemlos Stromdichten, bei denen Kupferkabel nur noch in flüssiger Form vorliegen, die Wärmeleitfähigkeit ist jenseits jeder Vorstellungskraft und beim Vergleich der mechanischen Eigenschaften ist ein Rohr aus Panzerstahl im Vergleich zu einer Carbon Nanotube bestenfalls so stabil wie ein billiger Strohhalm. Kein Wunder also, dass große Mühen investiert werden, um makroskopische Werkstoffe aus Nanotubes herzustellen. Typische Anwendungen sind kohlefaserverstärkte Kunststoffe, Kunststoffe mit hoher Wärmeleitfähigkeit, Kunststoffe mit elektrischer Leitfähigkeit für Kühlzwecke und auch elektrische Leitungen im Leichtbau. Das schien bereits anno 2012 ganz gut zu funktionieren, denn damals ich hörte folgendes, urbanes Märchen: Chef zum Mitarbeiter der Nachbarabteilung in einer Fertigung für Verbundwerkstoffe, der ein begeisterter Kraftsportler war: Hier, schau das ist unsere neueste Errungenschaft. Mitarbeiter: Das ist doch nur ein fades, dünnes, schwarzes Plastikrohr mit Durchmesser 2 cm, was soll ich damit? Chef: Mach es ohne Werkzeug kaputt, wenn es Dir gelingt, bekommst Du 1000 Euro Bonuszahlung. Mitarbeiter: Ihr habt wohl zu viel Geld, was soll der Unsinn? Ich bin gut trainiert, kein Problem, her mit dem Rohr und mach schon mal die Geldbörse auf! Wie sich anschließend herausgestellt hat, hatte der Mitarbeiter wohl doch nicht gründlich genug trainiert. Natürlich wurde auch versucht, Feldeffekttransistoren aus Carbon Nanotubes herzustellen. Abbildung zeigt zwei typische Versionen von Nanotube Transistoren mit Backgate und Frontgate. Die Transistoren sind gut, ein industrieller Einsatz ist aber schwierig. Der Grund dafür liegt in der Herstellung. Zur Herstellung eines Carbon Nanotube Transistors wird zunächst das hergestellte Nanogras in einer Flüssigkeit (Wasser, Alkohol) mit Ultraschall abgemäht. Die in der Flüssigkeit schwimmenden Nanotubes werden dann auf ein Substrat aufgetropft. Nach dem Trocknen des Lösungsmittels muss man sich dann im Elektronenmikroskop eine passende Nanotube suchen, markieren und in mitten einer Müllhalde zu einem Transistor prozessieren. Für die Forschung ist das ok, für eine industrielle Fertigung eines, sagen wir eines 64 bit Nanotube-Prozessors, ganz sicher nicht. Inzwischen kann man mit katalytischen Tricks (Nickel) und Lithogra-

389 15.5. SELBSTORGANISIERTE QUANTEN- UND NANODRÄHTE 373 phie die Carbon Nanotubes dazu überreden, nur dort zu wachsen, wo sich das Nickel befindet. Das macht die Lage etwas besser, die Wende bringt das aber auch noch nicht. Dennoch es bringt uns zumindest zum nächsten Thema, dem katalytischem Wachstum von Halbleiter Nanodrähten Halbleiter Nanodrähte Der Trick zum katalytischem Wachstum von Halbleiter Nanodrähten ist praktisch immer der gleiche und er funktioniert auf den verschiedensten Materialsystemen. Das Schema ist in Abbildung dargestellt. Man nehme ein Halbleitersubstrat, kleine Goldkügelchen auf der Oberfläche, z. B. hergestellt durch Aufdampfen oder Sputtern mit nachträglicher Wärmebehandlung, das passende Prozessgas, bei Silizium ist das Silan, also nichts Kompliziertes, und bei der passenden Temperatur wachsen die Nanowälder wie wild vor sich hin. Wer Nanodrähte an speziellen Stellen haben will, muss nur vorher das Gold per Lithographie passend positionieren. Wie man in Abbildung sieht, sind die Resultate durchaus ansprechend. Abbildung zeigt, was noch so alles möglich ist. Durch nochmaliges bestäuben mit Gold kann man in einem zweiten Wachstumsschritt richtige Christbäume erzeugen. Ob das sinnvoll ist, ist unklar, man hofft aber zumindest, dass es den Santa Claus freut. Soweit, so gut, aber dennoch gibt es im wesentlichen drei übrig bleibende Probleme: Zunächst einmal sind die Nanodrähte gerne goldverseucht und damit industriell unbrauchbar und auch eine gezielte homogene Dotierung ist schwierig. Die Goldverseuchung kann man mit ein paar Tricks loswerden, das Dotierungsproblem nicht. Um dieses zu verstehen, berechne man als Hausaufgabe einfach nur die Anzahl der Dotieratome in einem Nanodraht der Länge 1µm und mit einem Durchmesser von 30nm bei einer Dotierstoffkonzentration von cm 3. Wie viele Dotierstoffatome sind jetzt drin in diesem Nanodraht? Antwort: Nicht sehr viele, bitte wirklich nachrechnen, das ist echt lehrreich und vor allem die Ursache für diverse unerwartet große Überraschungen beim elektronischen Transport in FINFETs und ähnlichen Bauelementen. Hausaufgabe: Was ist ein FINFET? Das dritte echte Problem bei den Nanodrähten sind die praktischen Anwendungsmöglichkeiten, weil die sind derzeit eher begrenzt. Eine halbwegs populäre Anwendung, die es sogar bis in die Lehrbücher geschafft hat, gibt es aber doch und das sind UV- Lichtquellen und UV-Laser auf der Basis von ZnO Nanodrähten. UV-Laser haben breite Anwendungen, wie Biodetektion, optische Speichermedien hoher Kapazität und ganz allgemein, UV-Photonik. ZnO hat eine extrem hohe Bindungsenergie der Exzito-

390 374 KAPITEL 15. EINDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE (a) nach der Goldabscheidung flüssiger Goldtropfen Nanosdraht Prozessgas löst sich im flüssigen Katalysator Wachstumszone Nanosdraht Si-Substrat Si-Substrat Si-Substrat (b) (c) (d) Abbildung 15.20: (a) Katalytisches Wachstum von Halbleiter Nanodrähten (Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet). (b): Chaotisch gewachsene Nanodrähte (Bildquelle: Jeung Hun Park et al. Nanoscale Research Letters 11,208 (2016) DOI: /s ) (c): Nanodrähte hergestellt mit kontrolliertem seeded growth (Bildquelle: C. Thelande et al. Materials Today 9, Issue 10, Pages (2006) (d): TEM-Bild eines Nanodrahts. Die Goldkugel an der Spitze ist gut zu erkennen. (Bildquelle: Ann I. Persson, et al. Nature Materials 3, (2004) doi: /nmat1220 )

391 15.5. SELBSTORGANISIERTE QUANTEN- UND NANODRÄHTE 375 Abbildung 15.21: Ein Nanodraht, aus dem nach nochmaligem Bestäuben mit Gold ein Tannenbaum erzeugt wurde. (Bildquelle: MBE Gruppe, Prof. G. Strasser, Institut für Festkörperelektronik, TU-Wien) nen von 60meV, die sogar bei Raumtemperatur (kt = 26meV ) für scharfe (=schmalbandige) optische Übergänge genutzt werden kann. ZnO Nanodraht UV-Laser Arrays wären nützlich für miniaturisierte Lichtquellen in der optischen Kommunikation, in der biochemischer Analyse, in Umweltanwendungen und angeblich sogar in Quantencomputern. Derzeit sind aber nur optisch gepumpte ZnO UV-Nanodraht Laser realisiert, die eine Emission bei einer Wellenlänge von 385 nm zeigten und das mit einer Linienbreite von weniger als 0.3 nm, welche deutlich unter der Linienbreite der spontanen Emission eines HeCd Lasers liegt. Laseremission eines einzelner Nanodrähte wurde sogar mittels SNOM (Scanning Nearfield Optical Microscope) demonstriert. Die Emissionsintensität ist allerdings zum Vergessen und noch dazu ist der laborfüllende NdYg Pumplaser auch nicht gerade praktisch beim Betrieb einer miniaturisierten Lichtquelle on micro-chip Ein piezoelektrisches Nanodraht Array Jetzt aber etwas ganz Modernes, das zeigt, wohin die Entwicklungen langfristig gehen könnten. Dazu braucht es einen Blick in die Zeitung Nature Photonics, 7, p. 752 (2013). Dort wurde ein druckempfindliches Array aus Nanodraht - Leuchtdioden vorgestellt, das sich als extrem schneller Touch-Screen verwenden lässt. Bild (a) zeigt die Schemazeichnung, Bild (b) das leuchtende Muster, das sich beim Aufpressen eines Stempels mit dem Wort PIEZO ergibt. Der Pixeldurchmesser ist ca. 500nm und je fester man aufdrückt, desto heller leuchten die LEDs. Ausgelesen wird das Ganze mit einer CCD-Kamera. Der Trick besteht darin, dass sich bei angelegtem Druck an der

392 376 KAPITEL 15. EINDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE (a) (c) n-zno Nanodraht p-gan Film c-achse 3.4eV 3.3eV Grenzflächenemission ~ ev (b) e hv h + Abbildung 15.22: (a): Schemazeichnung des Sensorfeldes aus druckabhängigen Mikro- LEDs. (b): Ein Stempel mit dem Wort PIEZO bringt die darunterliegenden LEDs zum Leuchten. (c): Banddiagramm der Nanodrähte unter Verspannung. (Bildquelle: C.Pan et al. Nature Photonics 7, (2013), DOI: /NPHOTON ) GaN-ZnO Genzfläche eine Art Quantentrog ( quantum well ) ausbildet, der die Effizienz der Emission signifikant steigert, siehe Bild (c) Thermoelektrische Effekte Ein weiteres Beispiel für eine interessante 1D-Nanodraht-Anwendung sind thermoelektrische Effekte. Zunächst betrachten wir auf Dummy-Niveau ein typisches Thermoelement auf Wikipedia, siehe Bild Die p- und n-halbleiter, welche hierfür gerne verwendet werden sind p- und n-typ Wismut-Tellurid (in Englisch bismuth ), da hier der Seebeck-Effekt Effekt besonders groß ist. Wie funktioniert das Ganze? Auf der heißen Seite werden thermisch zusätzliche Majoritätsladungsträger, also Elektronen im n-gebiet und und Löcher im p-gebiet generiert. Diese Überschussladungsträger diffundieren nun zur kalten Seite und erzeugen dort eine Thermospannung. Gleichzeitig bewegen sich die in den heißen Gebieten erzeugten Minoritätsladungsträger in den heißen Kontakt hinein und schließen somit den Stromkreis. Hinweis: Natürlich diffundieren auch ein paar thermisch erzeugte Löcher im n-gebiet in Richtung der kalten Zone. Ankommen werden die Löcher dort aber nicht, da sie als Minoritätsladungsträger sehr schnell wieder rekombinieren. Analoges gilt für die Elektronen im p-gebiet. Auf obigem Niveau werden wir aber niemals verstehen können, warum 1D-

393 15.5. SELBSTORGANISIERTE QUANTEN- UND NANODRÄHTE 377 T 1 Material A Material B + - Thermospannung - V + T 2 Abbildung 15.23: Typisches Thermoelement aus p- und n-typ Bi 2 Te 3. Vorsicht mit der Stromrichtung! (Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet.) Nanodrähte für ein Thermoelement irgend einen Vorteil bringen könnten. Zu diesem Zweck müssen wir leider zurück in den Boltzmann Formalismus und in das Buch Festkörperphysik von den Kollegen Gross und Marx, wo der Seebeck- und Peltier-Effekt auf allgemeinere Weise und auch für Metalle erklärt werden. Wir bleiben dabei aber absichtlich in möglichst seichten Gewässern und kümmern uns nur und ohne Herleitungen um die wesentlichen Formeln, die man braucht, um die Idee hinter den 1D-Thermoelementen zu verstehen. Im Buch von Gross und Marx findet man jedenfalls nach wüsten Formelorgien die Aussage, dass die elektrische Stromdichte in komplizierter Weise sowohl vom Gradienten des Ferminiveaus ε F als auch vom Temperaturgradienten T abhängt. Ich wähle der Einfachheit halber, weil uns an dieser Stelle ein Biertischniveau mal wieder völlig ausreicht, eine flapsige Formulierung: f a kompliziert und f b kompliziert seien irgendwelche komplizierten Funktionen, deren Details uns hier egal sind. Die elektrische Stromdichte berechnet sich mit Hilfe dieser Funktionen so: j elektrisch = f a kompliziert( ε F, T) (15.64) Gleiches gilt für die Wärmestromdichte: j heat = f b kompliziert( ε F, T) (15.65) Details müssen Ihnen hier wurscht sein, oder Buch vom Kollegen Gross nachgelesen werden. Das elektrische Feld ist dann mit dem spezifischen Widerstand ρ gegeben durch: E = ρj elektrisch +S T (15.66)

394 378 KAPITEL 15. EINDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE S ist die sogenannte Thermokraft ( Seebeck-Koeffizient ), die aber zusätzlich gerne auch noch temperaturabhängig ist. Für die Wärmestromdichte bekommt man nach diversen Vereinfachungen: j heat = Πj elektrisch κ T (15.67) κ = π2 kb 2T 3 e σ(ε F) (15.68) 2 Π ist der Peltier-Koeffizient, κ die Wärmeleitfähigkeit und σ die elektrische Leitfähigkeit. Die Beziehung für κ ist das auch rein experimentell bekannte Wiedemann- Franz-Gesetz. Die Thermokraft, also der Proportionalitätsfaktor zwischen E und T (E = S T) lässt sich mit ziemlich heftigem Boltzmann Gewürge ausrechnen zu: S = π2 kb 2T [ ] ln(σ) (15.69) 3 e E E=ε F und mit noch mehr Boltzmann Gewürge etwas detailreicher hinschreiben als: S = π2 kb 2T [ D(E) + ln(µ) ] (15.70) 3 e n E E=ε F Mit diesem Formelwerk lassen sich die beiden wichtigsten Effekte der Thermoelektrik verstehen, das sind der Seebeck-Effekt und der Peltier Effekt (siehe Bild 15.24). Zur Erinnerung in maximaler Kürze: Beim Seebeck-Effekt heizt man die Probe und bekommt eine Spannung, beim Peltier-Effekt schickt man einen Strom durch die Probe und die eine Probenseite wird warm, die andere wird heiß. Die beim Seebeck Effekt erhaltene Spannung ist: V = T2 T1 S A (T) S B (T)dT (15.71) Bei einem temperaturunabhängigen Seebeck Koeffizienten vereinfacht sich das zu: V = (S A S B ) (T 2 T 1 ) (15.72) Beim Peltier Effekt berechnet sich die Wärmestromdichte so (Π ist der Peltierkoeffizient): j heat = Πj elektrisch (15.73) Dann gibt es noch die sogenannten Thomson-Beziehungen, die manchmal auch Kelvin - Beziehungen genannt werden (hirnlos kopiert und ohne Beweis): Π = TS (15.74)

395 15.5. SELBSTORGANISIERTE QUANTEN- UND NANODRÄHTE 379 T 1 Material A Material B - + Stromquelle + I - T 2 Abbildung 15.24: Schematische Darstellung eines Peltier Elements. (Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet.) und κ = dπ (15.75) dt Hausaufgabe: Details in Wikipedia nachlesen und vor allem die Seebeck- und Peltier- Koeffizienten heraussuchen und mit anderen Materialien vergleichen. So, das waren die nötigsten Grundlagen in aller Kürze, aber jetzt wird es interessant, denn jetzt geht es Richtung der Nanodrähte. Zuerst betrachten wir aber noch den Wirkungsgrad einer thermoelektrischen Maschine und der ist üblicherweise: η = P elektrisch P thermisch (15.76) Ohne Thermodynamik Vorlesung kann man das zwar nicht verstehen, aber wir glauben einfach, dass für den maximalen Wirkungsgrad gilt: η max = T H T C T H 1+ZT 1 1+ZT + T C T H (15.77) mit der berühmten thermoelectrical figure of merit (thermoelektischer Gütefaktor): Z = σs2 κ (15.78) Ist ZT gleich Null, ist auch der Wirkungsgrad Null. Kein Wunder also, dass in der einschlägigen Literatur alle scharf darauf sind, auch tunlichst bei Raumtemperatur ZT 1 zu erreichen, was aber offenbar etwas schwierig ist. Um herauszufinden, warum diese

396 380 KAPITEL 15. EINDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE heisser Kontakt T 1 n-bi 2 Te 3 Nanodrähte Nanodrähte p-bi 2 Te kalter Kontakt kalter Kontakt T 2 Thermospannung - V Abbildung 15.25: Schematische Darstellung eines Seebeckelements mit Nanodrähten. (Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet.) + Thematik besonders interessant auf Nanodrähten ist, lohnt es sich, einen Blick auf den wirklich grenzgenialen Übersichtsvortrag Low-Dimensional Thermoelectricity von J.P. Heremans (Department of Mechanical Engineering and Department of Physics The Ohio State University, Columbus, Ohio 43202, USA) zu werfen, der auf der XXXIV International School of Semiconducting Compounds, Jaszowiec 2005, gehalten wurde und den man in den Acta Physica Polonica, A, No. 4, Vol. 108, p609, (2005) nachlesen kann. Ausgangspunkt für alle Argumente sind die Gleichungen und Besonders in Gleichung 15.70: S = π2 3 k 2 B T e [ D(E) n + ln(µ) ] (15.79) E E=ε F sieht man sofort, dass es für ein großes S am besten eine große Zustandsdichte und ein großes (µ) braucht. Hohe Zustandsdichten an der Fermikante kann man in niedrigdimensionalen Systemen haben, wo im 1D und 0D Fall sogar Singularitäten E auftauchen. Zur Erinnerung noch einmal das Bild aus dem früheren Kapitel: Die Abhängigkeit der Beweglichkeit als Funktion der Energie (µ) kann maximiert werden, indem E man sich Materialien mit einer passenden Energieabhängigkeit der Streuprozesse sucht. Nanodrähte aus Wismut (Bi) oder Wismut-Verbindungen wären so ein System. Ein schematischer Aufbau eines Nanodraht-Seebeck Elements ist in Bild zu sehen. Da aber noch mehr Details zu dieser Problematik für diese Vorlesung viel zu weit führen würden, wechseln wir lieber wieder einmal das Thema.

397 D(E) D(E) SELBSTORGANISIERTE QUANTEN- UND NANODRÄHTE 381 (a) 3D System (b) 2D System (c) 1D System E 1/2 D(E) konstant E 1/2 E 0 E E0 E E0 E Abbildung 15.26: Schematische Darstellung der Zustandsdichte in 3, 2, 1 und 0 Dimensionen. (Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet.)

398 Kapitel 16 Nulldimensionale Elektronengase Nulldimensionale Elektronengase sind Elektroneninseln, in denen sich die Elektronen nicht weiter bewegen können. Manche Leute reden von künstlichen Atomen. Die wichtigsten Vertreter sind selbstorganisierte Nanokristalle, selbstorganisierte InAs Quantenpunkte und durch Gateelektroden auf HEMT-Basis hergestellte Elektroneninseln. Dann gäbe es noch metallische Elektroneninseln, kolloide quantum dots etc., etc Selbstorganisierte Nanokristalle und InAs Quantenpunkte Selbstorganisierte Nanokristalle Bei selbstorganisierten Nanokristallen schaut es bei der praktischen Verwendbarkeit eigentlich recht gut aus. Farbstoffe und unsichtbare Tinten zur Produktsicherung gegen Fälschung sind hier ein wirklich großes Thema. Die österreichische Firma Tiger Lacke z.b. ist hier scheinbar recht erfolgreich bei der Herstellung magnetischer Tinten für unsichtbare Marker oder Barcodes auf Parfümflaschen mit teurem Inhalt, die offenbar besonders gerne gefälscht werden. Nanokristalle für diesem Zweck bestehen gerne aus Cadmium-Selenid, Cadmium-Sulfid und Indium-Phosphid um nur die wichtigsten zu nennen. Nanokristalle werden gerne chemisch zusammengekocht und haben daher meistens eine core-shell Struktur, wie sie in Abbildung 16.1 (a) und (b) dargestellt ist. Abbildung 16.1 (c) zeigt Nanokristalle in einer Farbstoffanwendung, bei denen die Farbe über die Größe der Nanokristalle eingestellt wird und das ist wirklich praktisch. Nicht praktisch hingegen ist die Tatsache, dass diese Nanokristalle und die Lösungsmittel 382

399 16.1. SELBSTORGANISIERTE NANOKRISTALLE UND INAS QUANTENPUNKTE383 (a) (b) (c) Cadmium Selen Zink Schwefel Abbildung 16.1: (a) Nanokristall aus Cadmiumselenid. (b) Nanokristall mit core-shell Struktur. Der Kern ist aus CdSe, die Hülle aus ZnS. (c) CdSe-Nanokristalle verschiedener Größe in Toluol. Links: Durchmesser 2.3 nm (Emissionswellenlänge 525 nm), Durchmesser 2.7 nm (Emissionswellenlänge 557 nm) und Rechts: Durchmesser 4.4 nm (Emissionswellenlänge 615 nm). (Bildquellen: Andreas Labahn, Uni Freiburg ( und die Dissertation von Christof Arens, Universität Paderborn, Department Physik, 2007) (Toluol, Benzol, etc.) in denen sie hergestellt werden, alle ziemlich giftig sind. Die Vorstellung, Farbstoffe aus den derzeitigen Nanokristallen überall im täglichen Gebrauch zu haben, empfinde ich daher als nicht wirklich attraktiv Selbstorganisierte InAs Quantenpunkte InAs Quantenpunkte sind im Wesentlichen aus zwei Gründen interessant: Die Herstellung ist einfach und die Quantisierungsenergien sind relativ groß. Anwendungen finden InAs Quantenpunkte hauptsächlich in der Optik. Größter Nachteil der InAs Quantenpunkte: Die elektrische Kontaktierung einzelner Quantenpunkte ist einfach ein technologischer Wahnsinn. Da sich dieses Skriptum ganz offiziell um optoelektronische Bauteile nicht zu kümmern braucht, diskutieren wir die InAs Quantenpunkte nur in aller Kürze und der Vollständigkeit halber. Kümmern wir uns zuerst um die Herstellung und die ist, wie schon gesagt simpel. Die Zutaten sind einfach ein Wafer GaAs und die Metalle Indium und Arsen, die aus zwei Tiegeln in einer Vakuumanlage im passenden Verhältnis und bei passender Temperatur verkocht werden. Der Dampf schlägt sich auf dem GaAs Wafer nieder und bildet dort die erste Schicht InAs auf GaAs. Das ganze Verfahren nennt sich

400 384 KAPITEL 16. NULLDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE (a) (b) (c) Abbildung 16.2: oben: Verschiedene Wachstumsarten in der Kristallzucht zur Herstellung von Quantenpunkten. (a) Frank de Merwe Wachstum auf unverspannten Schichten, (b) Volmer-Weber Wachstum bei moderater Verspannung, (c) Stranski-Krastanov Wachstum bei noch höherer Verspannung. Unten: Typische Bilder von Quantenpunkten in chaotischer Anordnung und ein Array von Quantenpunkten hergestellt durch gezielt induziertes Wachstum ( seeded growth ). (Bildquelle: Todd Steiner, Semiconductor Nanostructures for Optoelectronic Applications, ISBN-13: ) MBE was Molecular Beam Epitaxy bedeutet. Hausaufgabe: Die Details bei Wikipedia nachlesen. Da die Gitterkonstanten von InAs und GaAs unterschiedlich sind, ist diese Schicht erheblich verspannt. Dampft man weiteres Arsen und Indium auf, wird die Schicht dicker und zerreißt in einzelne kleine Inseln. Aus energetischen Gründen mögen diese Inseln auf dem GaAs-Wafer aber keine chaotischen Geometrieen und als Folge davon bekommen die Inseln die Form kleiner, aber ziemlich regelmäßiger Pyramiden (ein sogenanntes Stranski-Krastanov Wachstum). Die Anordnung dieser Pyramiden auf der Oberfläche ist aber chaotisch, siehe Abbildung 16.2 (b). Mit einiger Mühe kann man aber auch ein gezieltes Wachstum erreichen, siehe Abbildung 16.2 (c). Ganz oben auf einer GaAs Probe sind InAs Quantenpunkte aber zu gar nichts nutze, da diese in kurzer Zeit wegrosten oder sonst wie degradieren. Um dieses zu verhindern, muss man die Quantenpunkte einpacken und als Motivation dafür hat man zwei nutzbringende Anwendungen: Man kann die Quantenpunkte als Fallen für Elektronen und Löcher und damit als Lichtquelle verwenden, oder als energetisches Resonanzniveau für resonante Tunnelprozesse in irgendwelchen Tunneldioden. Die erste Variante ist ein typischer Halbleiterlaser, wie er in Abbildung 16.3 dargestellt ist. Der Vorteil der Quan-

401 16.1. SELBSTORGANISIERTE NANOKRISTALLE UND INAS QUANTENPUNKTE385 (a) (c) QD Fluktuationen der QD-Größen layer Cladding y x z QD QD a Optical confinement layer layer Cladding QD QD QD a 1 a 2 a 3 Fluktuationen in den Energieniveaus der QDs E 1 E 2 E 3 (b) Inhomogene Linienverbreiterung E c1 ε n E g = E = E + ε + ε 0 g n p g max g ( E ) E inhom g max /2 E v1 ε p E 3 E 1 E 2 Abbildung 16.3: (a) Quantenpunkte eingebaut die die aktive Zone eines Halbleiterlasers. Der Cladding layer ist eine Deckschicht. (b) Zugehöriges Banddiagramm. (c) Linienverbreiterung induziert durch die Größenvariationen der Quantenpunkte beim Wachstumsprozess. (Bildquelle: Todd Steiner, Semiconductor Nanostructures for Optoelectronic Applications, ISBN-13: ) tenpunkte liegt darin, dass wegen der höheren Ortseinschränkung ( confinement ) im Quantenpunktlaser der Schwellstrom im Vergleich zum Quantentroglaser (Trog (dt.) = well (engl.)) sinkt und damit die Lebensdauer der Batterien im Laserpointer steigt. Noch dazu kann über die kontrollierbare Größe der Quantenpunkte die Wellenlänge des Lasers in gewissen Bereichen eingestellt werden. Wegen der natürlichen Größenverteilung der Quantenpunkte muss man aber auch mit größeren Linienbreiten in der Wellenlänge rechnen. Die Verwendung von InAs Quantenpunkten in Lasern ist eine Möglichkeit hohe Lichtintensitäten zu erreichen, man kann aber auch andere Ziele verfolgen und das ist die kontrollierte Emission einzelner Photonen für die Quantenkommunikation. Die verwendete Struktur ist einer Laserstruktur nicht unähnlich, nur will man dieses Mal nicht viele, sondern nur einen einzigen Quantenpunkt im Resonator haben (siehe Abbildung 16.4). Einzelphotonenquellen, das Stichwort ist single photons on demand,

402 386 KAPITEL 16. NULLDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE (a) (b) Metallkontakt Braggspiegel p n Löcher InAs Quantenpunkt p-typ GaAs GaAs Elektronen n-typ GaAs 2000Å 112Å 40Å 190Å 4000Å GaAs InAs GaAs Braggspiegel Photonen Abbildung 16.4: (a) Bandprofil einer GaAs/InGaAs/GaAs Probe für die Einzelphotonenemission. InAs Quantenpunkte, eingebaut in eine pin-diode. (b) Schemazeichnung der konkreten Probenstruktur mit allen Details. (Bildquelle: Oliver Benson, Charles Santori, Matthew Pelton, and Yoshihisa Yamamoto, Phys. Rev. B84, 11, 2513 (2000)) sind in der Quantenkryptographie sehr beliebt. Die Idee ist auch wieder einfach: Wenn ich dem Empfänger erst die Information schicke, in wie vielen Photonen die eigentliche geheime Nachricht daherkommt, kann niemand mehr mithören, denn jedes Photon ist genau ein Bit. Hört jemand mit, fehlen Photonen. Das fällt natürlich auf und noch dazu ist die Nachricht zerstört. Eine man in the middle Attacke ist natürlich noch immer möglich, aber dazu muss man wissen, wer wann an wen irgendetwas schickt und das ist dann doch nicht ganz so leicht Strukturierte Quantenpunkte Die nächste weitverbreitete Klasse von Quantenpunkten sind lithographisch hergestellte Quantenpunkte. Hier wird dann gerne zwischen Systemen unterschieden, in denen der Strom senkrecht zu den Schichten der Probe fließt (vertikale Quantenpunkte) und lateralen Quantenpunkten, in denen der Strom parallel zur Probenoberfläche fließt. Die ersteren sind meistens strukturierte resonante Tunneldioden, die lateralen Quantenpunkte werden fast immer auf HEMT Basis realisiert. Quanteneffekte in lateralen Quantenpunkten gibt es selbstverständlich haufenweise. Allerdings handelt es sich hier meistens um eher kleine Effekte zweiter Ordnung, die nur bei Millikelvin Temperaturen und Magnetfeldern im Megateslabereich ablaufen. Da das für den Elektrotechnikstudenten im Masterstudium nicht sehr relevant sein dürfte, gehört das mal wieder zu den Gebieten, auf die wir hier verzichten.

403 16.2. STRUKTURIERTE QUANTENPUNKTE nm 10 nm 6,7,8,9 nm V GaAs:Si AlGaAs GaAs AlGaAs GaAs:Si I(nA) (a) µ(2) µ(1) V (mv) nm I I(nA) (b) µ(2) µ(1) V (mv) Abbildung 16.5: IV Kennlinien gemessen auf nanostrukturierten asymmetrischen Tunneldioden. (Bildquelle: R. H. Blick, T. Schmidt, R. Haug, K. von Klitzing, Semicond. Sci. Technol. 11, 1506 (1996)) Quanteneffekte in Quantenpunkten sind im vertikalen elektronischen Transport (Stromfluss also senkrecht zu den Schichten der Probe) ebenfalls eine relativ fade Sache, da es wegen der technischen Probleme mit der Kontaktierung der Quantenpunkte sehr schwer ist, diese zu untersuchen. Hinzu kommt, dass die Quantisierungsenergien im Vergleich mit den InAs Quantenpunkte sehr klein sind und damit alle Quanteneffekte eher ziemlich verwaschen aussehen. Ein wirklich schönes Experiment an vertikalen Quantenpunkten gibt es aber doch und zwar an Quantenpunkten, die als dünne Säulen mit eingebetteter resonanter Tunneldiode realisiert wurden. Auch hier formen sich nulldimensionale Zustände mit Quantisierungsenergien in der Größenordnung von < 5meV (siehe Abbildung 16.5). Wie man in den experimentellen Daten sieht, gibt es hier eine ausgesprochen asymmetrische IV-Kennlinie. In positiver Spannungsrichtung sind die Strukturen in der Kennlinie von den Energieniveaus im Quantenpunkt dominiert. Wir haben also hauptsächlich resonante Tunnelprozesse, da die Tunnelrate aus dem Quantenpunkt heraus größer ist als die Tunnelrate in den Quantenpunkt hinein. In negativer Spannungsrichtung ist die Tunnelrate in den Quantenpunkt hinein größer als die Tunnelrate aus dem Quantenpunkt hinaus. Hier gibt es eine typische stufenförmige Kennlinie, weil die Transmission von Aufladungen und den sogenannten Coulomb Blockade Effekten dominiert

404 388 KAPITEL 16. NULLDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE Plunger Gate, isoliert gegenüber der Al-Insel Al -Insel Tunnelkontakte Abbildung 16.6: Eine relativ einfache Realisierung eines metallischen (Aluminium) Quantenpunkts (QP) der über Aluminiumoxid - Tunnelbarrieren mit Source und Drain verbunden ist. Das Plunger - Gate dient zur Steuerung der Elektronenanzahl auf dem Quantenpunkt. (Bildquelle: KTH Royal Institute of Technology, Sweden, wird. Womit wir auch schon beim nächsten Thema wären Coulomb Blockade Der wichtigste Effekt auf Quantenpunkten ist gar nicht quantenmechanisch sondern rein klassisch. Dazu betrachten wir zunächst einen einfachen Quantenpunkt, welcher aus einer kleinen Aluminiuminsel besteht, die über zwei Aluminiumoxid - Tunnelbarrieren an den Drain- und Sourcekontakt angebunden ist. Eine rasterelektronenmikroskopische Abbildung dieses Quantenpunkts sieht man in Abbildung Da Quantenpunkte sehr klein sind, sind alle relevanten Kapazitäten auch sehr klein (af). Die einzig relevante Kapazität in diesem System ist die Kapazität des Plunger Gates (plunger = Kolben in Analogie zu einem Kolben, der Gas in einem Zylinder komprimiert). Jetzt beschließen wir, dass wir uns für Quantenmechanik trotz des Namens Quantenpunkt vorerst NICHT interessieren. Was uns aber interessiert, ist die Gesamtenergie eines mit N Elektronen geladenen Quantenpunkts. Dazu schauen wir zunächst auf die Abbildung 16.7 und stellen fest, dass der Quantenpunkt aus zwei Komponenten besteht, nämlich der Aluminiuminsel und dem Plunger Gate. Berechnen wir zunächst die Ladeenergie der Aluminiumin-

405 16.2. STRUKTURIERTE QUANTENPUNKTE 389 sel mit der Kapazität C. Dazu graben wir im Keller hinten links das Skriptum über Elektrodynamik aus und finden (auch bei Wikipedia) die Formel für die Energie eines geladenen Kondensators mit N Elektronen: E N = (Ne)2 2C NeV p (16.1) Die Ableitung der Formel findet sich, weil zu einfach, vermutlich nicht im Skriptum über Elektrodynamik, daher findet die sich sicherheitshalber hier. Die Energie ist bekanntlich ein Integral des Produktes aus Kraft (F) mal Weg (d). Die Kraft auf eine differentielle Ladung ist df = Edq, wobei E das elektrische Feld und dq die differentielle Ladung ist. Die Gesamtkraft auf die gesamte Ladung ist dann: F = Q 0 Edq (16.2) Die Energie W bekommt man mit der Beziehung Ed = V, wobei V die Spannung oder der Potentialunterschied ist: W = Fd = Q Eddq = Q V dq (16.3) 0 0 Wenn wir uns jetzt noch an die Kapazitätsformel V = Q erinnern und für Q den C Ausdruck Ne einsetzen, bekommen wir für die gesamte elektrostatische Energie auf der Insel mit N Elektronen: und das ist die Formel von oben. E Insel (N) = e2 N 2 2C (16.4) Das ist aber nur die halbe Geschichte, denn es gibt ja noch das Plunger Gate, das ja kapazitiv an der Insel hängt und an dem durch das Aufladen der Insel jetzt eine positive Spannung V p anliegt. Diese Spannung entspricht einer negativen potentiellen Energie von ev p. Über das Vorzeichen kann man streiten. In Summe bekommt man also für die Ladeenergie des Quantenpunkts mit N Elektronen: E N = (Ne)2 2C NeV p (16.5) Wenn die Kapazität C der Insel sehr klein ist, dann ist E N E N+1 groß gegenüber kt und damit vernünftig messbar. Vernünftig heißt in diesem Fall unter Laborbedingungen, da die sinnvolle Temperatur T für solche Versuche trotz der kleinen Kapazitäten

406 390 KAPITEL 16. NULLDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE Source V S R S QP R D Drain VD C S C D C p Tunnelbarriere V Tunnelbarriere p Plunger - Gate Abbildung 16.7: Ein einfaches Modell eines Quantenpunkts (QP), der über Tunnelbarrieren mit Source und Drain verbunden ist. Das Plunger Gate dient zur Steuerung der Elektronenanzahl auf der Metallinsel. (Bildquelle: Dissertation Karl Martin Darius Weis, RTWH Aachen, (2013), noch immer im mk Bereich liegt. Da zum Laden des Quantenpunktes mit einem weiteren Elektron eine zusätzliche Energie E N+1 E N notwendig ist, kann der Quantenpunkt nicht einfach so mit einem weiteren Elektron befüllt werden. Ein zusätzliches Elektron kann aber dann hinein, wenn V p so eingestellt ist, dass die Bedingung E N = E N+1 erfüllt ist und man somit eben keine zusätzliche Energie aufbringen muss. Das klingt seltsam, ist aber tatsächlich möglich bei: V p = e (N +1/2) C (16.6) Sie glauben es nicht? Gut, rechnen wir nach: E N hatten wir schon oben, für E N+1 gilt: E N+1 = ((N +1)e)2 2C ev p (N +1) (16.7) Also: (Ne) 2 2C ev ((N +1)e)2 pn = ev p (N +1) (16.8) 2C Jetzt etwas ausmultiplizieren und wir bekommen: Nun durchkürzen: (Ne) 2 ev p N = (Ne)2 +e 2 +2Ne 2 ev p (N +1) (16.9) 2C p 2C 0 = e2 +2Ne 2 2C ev p (16.10)

407 Conductance (10-6 Ω -1 ) STRUKTURIERTE QUANTENPUNKTE 391 (a) (b) G1 GP G2 G0 E f e 2 /C (c) 2DEG (d) (e) Conductance, G (e2/h) V P (V) Conductance Ladung am QP (N+2)e (N+1)e (N)e (N-1)e (N-2)e V p (V) (a) (b) V DS (mv) Abbildung 16.8: Coulomb Blockade Effekte auf lateralen Quantenpunkten. (a) Schematischer Aufbau eines lateralen Quantenpunktes auf HEMT - Basis mit mehreren Gate Elektroden. (b) zeigt das zugehörige Bandprofil. (d) Typische experimentelle Daten, für die Leitfähigkeit eines lateralen Quantenpunktes als Funktion der Gatespannung. (e) Das sogenannte excitation spectrum als Funktion der Drain-Source Spannung. (Bildquelle: U. Meirav and E. B. Foxman, Semicond. Sci. Technol. 10, 255 (1996))

408 392 KAPITEL 16. NULLDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE Und wir sind fertig: V p = e+2ne 2C = e 1+2N 2C = e(1/2+n) C (16.11) Ist V p auf diese Weise richtig eingestellt, führt dies zu Spitzen in der Leitfähigkeit (siehe Abbildung 16.8). Die Höhe der Spitzen ist idealer Weise konstant. In realen Quantenpunkten ist das aber selten der Fall, weil quantenmechanische 0D- Energieniveaus und Zustandsdichteeffekte dann doch noch eine lästige Rolle spielen. Das Experiment geht also nur dann gut, wenn die quantenmechanischen Energieniveaus im Quantenpunkt sehr nahe zusammen liegen und vielleicht auch noch zusätzlich durch Streuung verschmiert werden. Es gibt also überhaupt keinen Grund, für dieses Experiment hohe Quantisierungsenergien anzustreben, wie es das Schema in Abbildung 16.8 suggeriert. Im Gegenteil, diese Quantenniveaus sind nur extrem ärgerlich und man will sie tunlichst loswerden, z.b. durch die Verwendung eines rein metallischen Quantenpunkts, wie er in Abbildung 16.6 dargestellt ist. Wichtiger Hinweis zum Schluss: Die Geschichte mit der Coulomb Blockade funktioniert nur dann, wenn folgendes gilt: Die thermische Energie muss viel kleiner sein als die Ladeenergie E C : kt << E C. Die Energie, welche die Elektronen durch das elektrische Feld zwischen Source und Drain aufnehmen, muss viel kleiner sein als die Ladeenergie E C, also muss gelten: ev SD << E C. Der elektrische Widerstand R zwischen Source und Drain muss ausreichend hoch sein: R > h/e 2. Diese letzte Forderung folgt aus der Unschärferelation E t > h unter Benutzung der Abschätzungen E = E C und t = RC Der Single Electron Transistor (SET) Zur Erinnerung: Bisher wurde die Drain Source Spannung V DS = 0 konstant gehalten und die Leitfähigkeit mit einer kleinen Wechselspannung gemessen. Macht man das nicht, hat man sofort das sogenannte excitation spectrum mit all seinen quantenmechanischen Einflüssen am Hals. Dazu misst man bei konstantem V p die Leitfähigkeit ( conductance ) als Funktion von V DS und stellt fest, dass die experimentelle Situation schnell beliebig kompliziert wird. Coulomb Blockade Effekte mischen sich mit resonanten 0D-Tunnelprozessen und führen zu komplexen Kennlinien (siehe 16.8). Die Moral aus

409 16.2. STRUKTURIERTE QUANTENPUNKTE 393 der Geschichte ist also: Für Coulomb Blockade Experimente besser die Quantenpunkte aus Aluminium verwenden, denn in denen gibt es wegen der extrem kleinen mittleren freien Weglänge in Metallen eben KEINE Quanteneffekte. Excitation spectra, gibt es trotzdem, aber die kann man verstehen und die sind auch ganz besonders interessant, weil wir dann den Quantenpunkt in dieser Konfiguration als Single Electron Transistor benutzen können. Jetzt noch schnell die Copyright Beichte: Der nächste Abschnitt wurde zu großen Teilen gnadenlos aus der Dissertation von Karl Martin Darius Weis (RWTH Aachen, 2013) plagiiert, weil schöner kann ich es auch nicht erklären. Die Idee des Single Electron Transistors ist einfach, denn mit Hilfe der Coulomb Blockade kann man einzelne Elektronen zählen. Der Strom ist definiert als I = Q, also als Anzahl der fließenden Elektronen pro Sekunde. Damit ist sofort klar, dass man daraus ein Stromnormal basteln können sollte. Ehe wir das tun, braucht es noch ein wenig Theorie, denn so einfach ist das leider auch wieder nicht. Im Detail muss man die Bedingungen und ganz besonders die Gatespannung und die Drain-Source Spannung genau kennen, bei denen in kontrollierter Weise genau ein Elektron nach dem anderen durch den Dot läuft. Beachten Sie den Unterschied zum letzten Kapitel: Dort war die Spannung zwischen Source und Drain immer Null, es wurde nur die Leitfähigkeit in Abhängigkeit vonv p mit einer kleinen Wechselspannung gemessen. Wie viele Elektronen wann durch den Quantenpunkt liefen, war egal. Wie sich gleich zeigen wird, ist ein geregelter Elektronentransport für beliebige Kombinationen von V DS und V p nur dann möglich, wenn man das sogenannte Stabilitätsdiagramm (siehe Abbildung weiter hinten im Text) beachtet. Starten wir mit einem doppelten Al Al 2 O 3 /Al Tunnelkontakt, wie er in Abbildung 16.7 dargestellt ist. R S und R D sind die Tunnelwiderstände zu Source und Drain, C S und C D sind die zugehörigen Kapazitäten und C p ist die Kapazität des Plunger Gates. Nochmals muss man betonen, dass durch die Verwendung von hinreichend großen Al/Al-Oxid/Al Tunnelkontakten garantiert keine Quanteneffekte zu finden sind und ausschließlich die klassische Coulomb Blockade zu berücksichtigen ist. Schauen wir uns jetzt die Geschichte mit der Aufladung des Quantenpunktes und den zugehörigen Energien nochmals etwas genauer an. Die Einteilchenenergien werden mit ε n i bezeichnet, wobei i die Anzahl der Elektronen auf dem Quantenpunkt indiziert und n die Zustände für festes i. Dabei entspricht n = 0 dem quantenmechanischen Grundzustand. In der Dissertation vom Kollegen Weis wird angenommen, dass nur dieser Grundzustand besetzt ist und dass auch sonst keine weiteren Komplikationen eintreten. Am besten nehmen wir aber gleich an, dass wir im klassischen Bereich sind,

410 394 KAPITEL 16. NULLDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE dass also immer und überall und vor allem für alle i gilt: ε 0 i = 0. Um den Vergleich mit anderer Literatur zu vereinfachen, ziehe ich aber diesen Term dennoch durch die ganze Rechnung. Wenn alle Elektroden (Drain, Source, Gate) geerdet sind, befinde sich auf der Insel damit nur noch die evtl. vorhandene Hintergrundladung Q p auf dem Gate (Das sind z. B. Oxidladungen und sonstiger Dreck ). Um N Elektronen auf die Insel zu bringen, wird folgende Energie benötigt: E(N) 0 = N i=1 ε 0 i + e2 N 2 2C en ( Q p C + 3 j=1 C 0 j C V j ) (16.12) Die elektrostatische Energie, repräsentiert durch die letzten beiden Terme (ganz analog zu Gleichung 16.5), enthält zwei Komponenten, den von der Hintergrundladung generierten Beitrag Qp C und die von den Ladungen C0 j V j durch die Spannungen V j an den Elektroden j induzierte Komponente. Vorsicht: in diesem Skriptum steht ein - vor diesen Termen, ganz analog zu den früheren Betrachtungen. In der Dissertation vom Herrn Weis findet sich ein +, warum auch immer. Die Indizes j = 1, 2, 3 sind in dieser Reihenfolge Source, Drain und Gate zugeordnet und C 0 j ist das Element der Kapazitätsmatrix, das die kapazitive Kopplung zwischen der Insel und der Elektrode j beschreibt. Hinweis: das mit der Kapazitätsmatrix ist wieder eine eigene Geschichte, die hier den Rahmen der Diskussion sprengen würde. Für uns sind diecj 0 einfach irgendeine Konstanten, deren exakter Wert uns hier und jetzt komplett egal sein kann. Als nächster Schritt auf dem Weg zum Stabilitätsdiagramm wird in der Dissertation von Karl Martin Darius Weis das chemische Potential µ N des Quantenpunkts aus dem Hut gezaubert und das, meiner Meinung nach, auch noch möglicherweise falsch oder zumindest in völlig unnötiger Weise. Wikipedia sagt jedenfalls: Im Halbleiter brauchen wir das chemische Potential nicht, denn das entspricht zumindest bei T = 0K dem Ferminiveau. Da alle ordentlichen Coulomb Blockade Experimente im mk Bereich ablaufen, würde ich sagen, das ist erfüllt. Jetzt brauchen wir also die Fermienergie im Quantenpunkt und zur Vermeidung unnötiger Verwirrung würde ich jetzt vorschlagen, dass wir diese, abweichend zu dem, was in der Dissertation vom Herrn Weis steht, mit der Ladeenergie des Quantenpunktes mit N Elektronen gleichsetzen (Am Ende kommt das selbe Ergebnis heraus). Wir haben also: E(N) = E F (N) (16.13) Wird N um 1 erhöht, so macht E F (N) einen Sprung um e 2 /C. Wichtig: Die Transporteigenschaften des Quantenpunkts hängen von der Lage der Ferminiveaus E S F und ED F

411 16.2. STRUKTURIERTE QUANTENPUNKTE 395 besteht der Zusam- in Source und Drain relativ zu E F (N) ab. Zwischen EF S und ED F menhang: E S F E D F = ev SD (16.14) Zur Berechnung der Coulomb-Peaks im Leitfähigkeitsspektrum des Single Electron Transistors wird zunächst eine Situation mit tiefer Temperatur und betragsmäßig kleiner Source-Drain Spannung betrachtet, es gelte also ev SD und kt << E N, denn nur dann lässt sich E F (N) über die Gate-Spannung V p passend einstellen. Falls E F (N) zwischen EF S und ED F liegt, kann ein Strom durch den Quantenpunkt fließen und die Anzahl der Elektronen auf dem Quantenpunkt wird zwischen N und N +1 fluktuieren (Siehe Abbildung 16.9). Der differentielle Leitwert G diff = di/dv SD zeigt ein scharfes Maximum. Durch EF S und ED F wird also ein Transportfenster ( bias window ) festgelegt, innerhalb dessen sich der Quantenpunkt im Zustand E F (N) = E F (N +1) befinden muss, um den Stromfluss zu ermöglichen. Zu beachten ist, dass Elektronen nur nacheinander und nicht gleichzeitig durch den Quantenpunkt tunneln können. Dies wird als sequentielles Einzelelektronentunneln (sequential single-electron tunneling, sequential SET) bezeichnet. Befindet sich die Energie E F (N) nicht im Transportfenster zwischen EF S und ED F, ist der Stromfluss blockiert und wir sind im Bereich der Coulomb Blockade. Die Gate-Spannungen V p (N), bei denen Coulomb-Peaks auftreten, ergeben sich wie früher aus der Bedingung E F (N) = E F (N +1), nur dass jetzt noch die angelegte Spannung zwischen Drain und Source berücksichtigt werden muss. Die Beziehung für die Peaks in der Leitfähigkeit im Single Electron Transistor lautet also jetzt: i=1 E F (N) 0 +ev DS = E F (N +1) 0 (16.15) Setzen wir also in Gleichung ein und rechnen ein wenig herum: ( ) N ε 0 i+ e2 N 2 2C en Q p 3 C + Cj 0 N C V j +ev DS = ε 0 i+ e2 N 2 e(n +1) 2C j=1 i=1 ( Q p C + 3 j=1 C 0 j C V j (16.16) Nicht vergessen: Die ε 0 i sind alle null und wurden nur zum besseren Vergleich mit anderen Literaturquellen mitgeschleppt. Weil sie uns aber jetzt endgültig auf den Wecker gehen, vernachlässigen wir diese quantenmechanischen Beiträge von ε 0 i ab sofort und erhalten: e 2 N 2 2C en ( Q p C + 3 j=1 C 0 j C V j ) +ev DS = e2 (N +1) 2 e(n +1) 2C ( Q p C + 3 j=1 C 0 j C V j ) (16.17) )

412 396 KAPITEL 16. NULLDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE Nun ein wenig durchkürzen: e 2 N 2 2C +ev DS = e2 (N +1) 2 e 2C ( Q p C + 3 j=1 C 0 j C V j ) (16.18) Ausmultiplizieren und nochmal kürzen: e 2 N 2 2C +ev DS = e2 (N N) e 2C 0 = e2 (1+2N) 2C e ( Q p C + 3 j=1 ( Q p C + 3 C 0 j C V j Nun die Spannung am Plunger-Gate herausheben: ( ) 0 = e2 (1+2N) Q p 2 e 2C C + Cj 0 C V j + C0 p C V p und wir erhalten: e C0 p C V p = e2 (1+2N) e 2C j=1 ( Q p C + 2 j=1 ) C 0 j C V j j=1 C 0 j C V j ) (16.19) ev DS (16.20) ) ev DS (16.21) ev DS (16.22) Bis auf ein Vorzeichen ist das genau das Selbe, was sich in der Dissertation vom Herrn Weis findet (Hausaufgabe: Herausfinden, ob ich richtig gerechnet habe und ob sich sich Herr Weis vertippt hat.) und noch dazu ganz ohne irgend ein Verwirrung stiftendes chemisches Potential : V p = C ec 0 p ( ( ) e 2 (1+2N) Q p 2 e 2C C + Cj 0 C V j ) ev DS j=1 (16.23) Diese Gleichung ist übrigens identisch mit Gleichung 16.5, nur erweitert mit den allfälligen quantenmechanischen Zuständen sowie den kapazitiven Beiträgen der anderen Elektroden. In Abbildung 16.9 erkennt man schematisch die Entstehung von Coulomb-Peaks. In der hier betrachteten Situation istef S nur wenig größer alsed F. Die Lage der Zustände des Quantenpunkts relativ zum Transportfenster wird durch V p bestimmt. Wenn sich ein Zustand (hier der mit der Energie E N+1 = E N+1 F ) im Fenster befindet, kann Strom durch den Quantenpunkt fließen und der differentielle Leitwert G diff = di D dv SD zeigt ein scharfes Maximum. Zwischen den Peaks herrscht die Coulomb Blockade vor und die

413 16.2. STRUKTURIERTE QUANTENPUNKTE 397 (a) E F S V E F N+2 N+1 E F E F N-1 E F D E F N (b) E F S E F N+2 E F N-2 N+1 N E F =E F D E F N-1 E F (c) di D /dv SD V p V p V p V p Abbildung 16.9: Schematische Darstellung der Entstehung von Coulomb Peaks in der Leitfähigkeit. (a): Das Ferminiveau im Dot (E N+1 F ) liegt außerhalb des Transportfensters zwischen EF S und ED F. (b): Das Ferminiveau im Dot (EN+1 F ) liegt innerhalb des Transportfensters zwischen EF S und ED F und man beobachtet einen Peak in der Leitfähigkeit. Γ S und Γ D sind die Tunnelraten zwischen der Source und dem Quantenpunkt, bzw. zwischen dem Quantenpunkt und dem Drain. (Bildquelle: Adaptiert von Karl Martin Darius Weis, Dissertation, RWTH Aachen, 2013) Elektronenanzahl auf dem Quantenpunkt ist festgelegt, wie z. B. zwischen dem linken und dem mittleren Peak beispielsweise auf N. Betrachtet man auch größere Werte von V SD und zeichnet eine di D dv SD vs. (V p,v SD ) 3D-Karte oder einen Farbkarte (siehe Abbildung 16.10), so zeigen sich in der Farbkarte ausgedehnte Bereiche, in denen kein Strom fließt. Die Karte wird als Stabilitätsdiagramm bezeichnet; die stromlosen Bereiche heißen Coulomb-Rauten. Innerhalb der N-ten Raute ist die Anzahl der Elektronen auf dem Quantenpunkt konstant N. Außerhalb der Rauten kann mindestens ein Elektron tunneln. Innerhalb der weißen Coulomb-Rauten ist die Elektronenanzahl auf dem Quantenpunkt festgelegt (in der linken Raute beispielsweise auf N+1) und es gilt D di dv SD = 0. In den grauen und blauen Bereichen ist das Tunneln eines Elektrons bzw. zweier Elektronen gleichzeitig möglich und di D dv SD nimmt von Null verschiedene Werte an. Die hellen Gebiete im Stabilitätsdiagramm entsprechen den stabilen Regionen, in denen sich ein ganzzahliges Vielfaches der Elektronenladung im Quantenpunkt befindet. Die Hintergundladung spielt dabei keine Rolle. Erhöht man die Gatespannung V p und bleibt gleichzeitig mit V DS im Bereich der Coulomb Blockade (V SD < e/c), also auf einer Linie parallel zur x-achse, dann

414 398 KAPITEL 16. NULLDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE VSD -10 VP V SD (mv) VP (V) -1.0 Abbildung 16.10: Links: Das sogenannte Stabilitätsdiagramm. (Bildquelle: Dissertation Weis, RTWH Aachen Rechts: Experimentelle Daten, die sogenannten coulomb diamonds. (Bildquelle: L. P. Kouwenhoven, T. H. Oosterkamp, M. W. S. Danoesastro, M. Eto, D. G. Austing, T. Honda, S. Tarucha, Science Vol. 278, Issue 5344, 1788 (1997) DOI: /science ) oszilliert der Strom mit einer Periode von e/c. Höhere Werte von V SD erhöhen nur die Linienbreiten der Oszillationen. Höhere Temperaturen oder gar quantisierte Zustände im Dot beeinflussen das Leitfähigkeitsspektrum ebenfalls erheblich. Die Grenzen der Rauten bekommt man aus Gleichung (16.23). Lassen wir dazu in Gleichung die Quantisierungsenergien und auch die restlichen Kapazitäten weg, sodass nur die Kapazität C 3 = C p des Plunger Gates beiträgt. Die Gleichung (16.23) lautet dann aufgelöst nach V SD : ev SD = e2 C ( N 1 ) +e C p 2 C V p (16.24) Das ist eindeutig eine tadellose Geradengleichung. Erhöht man N, erzeugt man eine Schar paralleler Geraden. In Gleichung kann man natürlich statt +V DS auch V DS einsetzen. Damit dreht sich die Steigung der Geraden um und in Summe bekommt man das schöne Rautenmuster. Zum Schluss noch der Vergleich der Theorie mit den experimentellen Daten. Abbildung zeigt die wohl schönsten coulomb diamonds, die man in der Literatur finden kann Elektronenpumpen als Stromnormal Elektronenpumpen als Stromnormal sind keine esoterische Anwendung, sondern wichtiger als man denkt, denn 2018 wird das SI-System zur Gänze auf Naturkonstanten

415 16.2. STRUKTURIERTE QUANTENPUNKTE 399 umgestellt. Um das zu verstehen, genießen wir zuerst ein paar amüsante Zeilen aus dem Vorwort der PTB Mitteilungen, 126. Jahrgang, Heft 2, Juni 2016 von Jens Simon:... Wenn die Naturkonstanten wirklich konstant sind, hat unser Einheitensystem dann die festeste und zuverlässigste Basis, die sich denken lässt. Diese Einheiten sind dann in einem ganz wörtlichen Sinne universell: Sie sind prinzipiell im gesamten Universum anwendbar. Lax gesagt: Auch ein Marsianer könnte dann verstehen, was ein Kilogramm ist. (Was heute nicht möglich ist, es sei denn wir schickten ihm das Ur-Kilogramm, also jenes metrologisch heilige Stück Metall aus dem Tresor des Internationalen Büros für Maß und Gewicht in Sevres, Frankreich.)... Die Basiseinheiten im neuen SI-System werden dann mit Hilfe des Planckschen Wirkungsquantums so definiert: hc Planck-Masse m = = G kg hg Planck-Länge l = = m Gc 3 Planck-Zeit t = l c = s Planck-Temperatur T = mc2 k = K Meine Meinung dazu: ja, universell ist das sicher, aber wenn man sich die Einheiten von Länge, Zeit und Temperatur anschaut, dann habe ich schon ein paar Zweifel, ob das auch wirklich praktisch ist. Und nicht vergessen: Bitte beten, dass die Naturkonstanten wirklich überall im Universum gleich und auf Dauer konstant sind. Wenn man nun die Definition der Basiseinheiten und besonders des Stromes seriös durchziehen will, ist die Definition von Strom über irgendeine Kraft auf zwei stromdurchflossene Wäscheleinen im Abstand von 1m natürlich nicht mehr angebracht und man muss auf die sogenannte Einzel-Elektronenpumpe zurückgreifen. Die Idee ist wie immer einfach: Mit einem SET kann man einzelne Elektronen zählen. Wenn es nun gelingt, einzelne Elektronen kontrolliert der Reihe nach mit einer gewissen Frequenz (die Zeiteinheit ist durch Naturkonstanten gegeben) durch eine Kette von SETs zu schicken, ist der Strom ganz einfach I = ef. Einfacher und universeller geht es nicht. Zur Erläuterung der Details plagiieren wir am besten die PTB Mitteilungen, 126. Jahrgang, Heft 2, Juni 2016 und hier ganz besonders den Beitrag Elektronen zählen, um Strom zu messen von Hansjörg Scherer und Uwe Siegner. (Danke, liebe Kollegen, das ist dort wirklich gut erklärt!) Einzel-Elektronenpumpen lassen sich auf zwei verschiedene Arten realisieren: Mit metallischen SETs (Single Electron Transistors), wie

416 400 KAPITEL 16. NULLDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE (a) (b) Energie Spannung V G1 V G2 V G3 V G1 V G2 V G3 Zeit Abbildung 16.11: a: Funktionsweise einer SET- Pumpe mit vier Tunnelkontakten (drei Ladungsinseln zwischen jeweils zwei Tunnelkontakten) in schematischer Darstellung. Gezeigt ist der Transportzyklus eines Elektrons durch die Schaltung. b: Elektronenmikroskopische Aufnahme einer solchen SET-Pumpe mit vier in Reihe geschalteten Tunnelkontakten (durch gelbe Kreise markiert) und drei Gateelektroden G1-G3, welche die Potentiale der Inseln ansteuern. (Bildquelle: Hans Werner Schuhmacher, Physikalisch- Technische Bundesanstalt, Bundesallee 100, Braunschweig, Deutschland) oben beschrieben, aber auch mit SETs auf Halbleiterbasis. SETs auf Halbleiterbasis haben den Vorteil, dass die Höhen der Tunnelbarrieren steuerbar sind und das erlaubt höhere Ströme. Umgekehrt ist aber die Fehlerrate beim Elektronenzählen mit Halbleiter SETs größer Elektronenpumpen mit konstanten Barrieren Aufbau und Funktionsweise einer SET-Pumpe mit Al 2 O 3 Tunnelkontakten (statische Potentialbarrieren) sind in Abbildung dargestellt. Diese SET-Pumpe wird aus einer Reihenschaltung von mindestens drei Tunnelkontakten gebildet, wobei die Inseln zwischen je zwei benachbarten Tunnelkontakten mit je einer Gateelektrode versehen sind. Damit können die Potentiale der Inseln elektrostatisch gesteuert werden. Wenn alle Gatespannungen Null sind, ist aufgrund der Coulomb Blockade kein Elektronenfluss durch diese Schaltung möglich. Sendet man nun einen Zug von Spannungspulsen über die Gateelektroden, so wird die Coulomb Blockade der hintereinander liegenden Inseln nacheinander aufgehoben und ein Elektron folgt der elektrischen Polarisationswelle der Gatespannungen von Insel zu Insel durch die Schaltung. Die Coulomb Blockade verhindert, dass eine Insel dabei mit zwei (oder noch mehr) Elektronen besetzt wird. Wird dieser Transportzyklus mit der Frequenz f wiederholt, so liefert diese SET-Pumpe einen

417 16.2. STRUKTURIERTE QUANTENPUNKTE V G1 V G2 Abbildung 16.12: Links: Transportzyklus durch den dynamischen Quantenpunkt in einer SET-Pumpe mit steuerbaren Potentialbarrieren, bei dem ein Elektron von links kommend zunächst eingefangen (1) und im Quantenpunkt isoliert wird (2), bevor es zur rechten Seite hin wieder ausgeworfen wird (3). Moduliert wird dabei nur die Höhe der linken Barriere. Rechts: Elektronenmikroskopische Aufnahme einer SET-Pumpe mit einem Quantenpunkt ( quantum dot, QD) zwischen den Gateelektroden G1 und G2. (Bildquelle: Hans Werner Schuhmacher, Physikalisch-Technische Bundesanstalt, Bundesallee 100, Braunschweig, Deutschland) Strom I = e f. Wie bereits erwähnt, unterliegt der Transport durch die Tunnelbarrieren jedoch den Gesetzen der Statistik. Dies hat zur Folge, dass bei Frequenzen oberhalb von etwa 100 MHz in stark zunehmendem Maße Fehler durch verpasste Tunnelereignisse auftreten. In der Praxis bedeutet das eine Limitierung der erzielbaren maximalen Stromstärken auf etwa 10pA bis 20pA Elektronenpumpen mit steuerbaren Barrieren SETs auf Halbleiterbasis bestehen im Wesentlichen aus einem Quantendraht auf HEMT-Basis, der mit zusätzlichen Gate-Elektroden versehen wurde (siehe Abbildung 16.12). Die Potentialbarrieren, welche die Elektroneninsel definieren, werden bei diesem SET-Typ elektrostatisch durch zwei negativ geladene Gatelektroden erzeugt, die den Quantendraht kreuzen. Die Barrierenhöhen sind hier durch die Änderung der Gatespannungen variierbar. Die Elektroneninsel, die sich als Mulde in der Potentiallandschaft zwischen den beiden Barrieren ausbildet, bildet dann den Quantenpunkt.

418 402 KAPITEL 16. NULLDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE offizieller Weg co-tunneling QP1 QP2 QP3 Schleichweg Abbildung 16.13: Prinzip des co-tunneling QP1, QP2 und QP3 sind die einzelnen Quantenpunkte. (Bildquelle: Die Abbildung ist selbst gezeichnet.) Die Funktionsweise dieser SET-Pumpe ist in Abbildung gezeigt. Dabei wird die Höhe der linken Barriere mittels einer an die Gateelektrode angelegte Wechselspannung V G1 periodisch so moduliert, dass abwechselnd einzelne Elektronen von der linken Leiterseite kommend in dem dynamischen Quantenpunkt zwischen den Barrieren eingefangen und zur anderen Seite wieder ausgeworfen werden. Dieser Transportmechanismus involviert keine Tunnelprozesse durch hohe Potentialbarrieren, welche die Betriebsfrequenz f durch hohe parasitäre RC-Konstanten begrenzen würden. Daher kann eine SET-Pumpe mit steuerbaren Potentialbarrieren wesentlich höhere Stromstärken liefern als die zuvor beschriebene Pumpe auf Al Al 2 O 3 Basis. Frequenzen bis in den Gigahertz-Bereich sind möglich, was gemäß I = e f maximalen Stromstärken von mehr als 160pA entspricht. Ein weiter Vorteil dieses Pumpentyps ist, dass man nur eine Gateelektrode mit einer Wechselspannung betreiben muss. Dies erleichtert sowohl das Layout der Schaltung als auch den Pumpbetrieb. Wo Licht ist, ist meistens aber auch ein wenig Schatten: Die Elektronenpumpe auf Halbleiterbasis ist wegen der niedrigen Barrieren leider etwas anfällig für ein Problem namens co-tunneling, welches ebenfalls die Genauigkeit beschränkt. Abbildung zeigt das Problem. Eigentlich sollten die Elektronen geordnet durch eine Kette von Quantenpunkten laufen, statt dessen tunneln sie aber ungebeten geradeaus durch die ganze Kette von Punkten, oder sie schleichen sich per Leckstrom einfach vorbei. Um das co-tunneling klein zu halten wird dann eine möglichst lange Kette von SETs verwendet SET-Präzisionspumpen Zum täglichen, metrologischen Einsatz von SET-Pumpen als Stromnormal braucht es noch verlässliche Lösungen für zwei lästige Probleme: Die Stärke des erzeugten Stromes ist unfreundlich klein. Bislang verfügbare SET-

419 16.2. STRUKTURIERTE QUANTENPUNKTE 403 Pumpen liefern nur typische Stromstärken im niedrigen pa-bereich. Hier helfen Pumpen mit dynamischen Quantenpunkten auf Halbleiterbasis, die etwa zehnmal größere Stromstärken liefern als Pumpen auf der Basis von Al Al 2 O 3 Tunnelkontakten. Mit Pumpfrequenzen im GHz-Bereich lassen sich dann gemäß der Beziehung I = e f Ströme im Bereich von 100 pa erreichen. Das zweite Problem ist die Genauigkeit des erzeugten Stromes, welche für metrologische Zwecke noch ziemlich zu wünschen übrig lässt. Dieses Problem ist besonders lästig, denn beim Einzelelektronentransport in SET-Pumpen kommt es ganz generell immer zu statistischen Fehlerereignissen, welche irgendwie ausgetrickst werden müssen. Schauen wir erst einmal, welche Genauigkeit wir überhaupt brauchen. Die klassische Definition des Ampere war ja gegeben durch zwei im Abstand von 1m gespannte Wäscheleinen aus Draht, die sich bei einem Stromfluss von 1 Ampere mit einer Kraft von N/m gegenseitig anziehen. Mit diversen Tricks (Spulen statt Wäscheleinen, Stromwaagen, etc.. Hausaufgabe: Nachschauen, wie das funktioniert.), sagt die PTB, schafft man eine Genauigkeit von 10 7 und das sollte die Elektronenpumpe gefälligst auch erreichen. Genau das scheint so einfach aber nicht zu sein. Der Grund dafür ist, dass es bei den auf dynamischen Quantenpunkten basierenden SET-Pumpen während der Ladephase von Elektronen in den Quantenpunkt (Phase 1 in Abbildung 16.12) gerne zu Fehlern kommt, weil beispielsweise ein Elektron wieder auf die Ausgangsseite zurückfällt, bevor es stabil im Quantenpunkt isoliert werden kann (Phase 2 in Abbildung 16.12). Diese Fehlerereignisse treten völlig statistisch auf und müssen, um Aussagen über die erreichte Genauigkeit zuzulassen, bei der Stromerzeugung quantitativ berücksichtigt werden. Dies wiederum erfordert es, einzelne Fehlerereignisse in den SET-Schaltungen zu zählen. Dafür setzt man zusätzliche SET-Detektoren ein, welche die Ladung in den Quantenpunkten der Pumpe mit einer Auflösung unterhalb der Elementarladung messen und damit einzelne, falsch transportierte Elektronen nachweisen können. Die Fehlerdetektion für SET-Pumpenschaltungen wurde in jüngster Zeit an der PTB erheblich weiterentwickelt. Der spezielle Trick dabei ist es, nicht jedes von den SET-Pumpen transferierte Elektron zu zählen, denn das würde bei hohen Pumpfrequenzen die limitierte Bandbreite der Detektoren ohnehin nicht erlauben. Vielmehr basiert die Methode darauf, nur die sehr viel seltener auftretenden Fehlerereignisse zu zählen. Dabei kommt eine Anordnung von mehreren SET-Pumpen in Reihenschaltung mit

420 404 KAPITEL 16. NULLDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE (a) (b) Abbildung 16.14: (a): Reihenschaltung aus drei SET-Pumpen mit Möglichkeit zum Nachweis von SET-Pumpfehlern über SET-Detektoren, welche die Ladungszustände der Inseln zwischen jeweils zwei Pumpen detektieren. (b): Rasterelektronenmikroskopisches Bild einer selbstreferenzierten Einzelelektronen-Stromquelle mit vier in Reihe geschalteten SET-Pumpen (Halbleiterstrukturen mit steuerbaren Potentialbarrieren) und SET- Detektoren, welche die Ladungszustände der Inseln zwischen den SET-Pumpen überwachen. (Bildquelle: Hans Werner Schuhmacher, Physikalisch-Technische Bundesanstalt, Bundesallee 100, Braunschweig, Deutschland, Plenarvortrag auf der 18. GMAITG Fachtagung Sensoren und Messsyteme 2016 )

421 16.2. STRUKTURIERTE QUANTENPUNKTE 405 Abbildung 16.15: Das sogenannte Metrology Triangle zeigt den Zusammenhang zwischen Strom und Spannung (Quanten Hall Effekt), zwischen Spannung und Frequenz (Josephson Effekt) und zwischen Frequenz und Strom (Elektronenpumpen). (Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet). SET-Detektoren zum Einsatz, welche die Ladungszustände der Inseln zwischen jeweils zwei Pumpen detektieren. Ein Schema dieser Anordnung ist in Abbildung (a) gezeigt. Beim kontinuierlichen Pumpbetrieb trete zum Zeitpunkt t F ein durch Pumpe B verursachter Fehler auf. Dabei wird ein Elektron auf der Insel zwischen den Pumpen A und B zurückgelassen. Dies zeigt sich in den Signaturen der beiden SET-Detektoren a und b : Das Signal von Detektor a (oben links) zeigt nach dem Fehlerereignis ein überschüssiges Elektron (roter Punkt) auf der ersten Insel an. Gleichzeitig registriert Detektor b, dass auf der nachfolgenden Insel nun ein Elektron fehlt (roter Kreis), da die korrekt funktionierende Pumpe C ein Elektron abtransportiert hat. Mit diesem Verfahren können Pumpfehler gewissermaßen in situ während der Stromerzeugung erfasst und für eine Korrektur der gelieferten Stromstärke berücksichtigt werden. Laut L. Fricke von der PTB (Physical Review Letters , (2014)) kann man bei hohen Frequenzen im GHz Bereich mit so einer Pumpe (siehe Abbildung b) im Prinzip relative Genauigkeiten von 10 8 erreichen und das ist sehr vielversprechend. Eine Bestätigung dieser Abschätzung steht derzeit (2017) aber noch aus Das Metrology Triangle Zum Schluss des Kapitels noch eine nette kurze Geschichte zum Thema Quantenpunkte, nämlich das Metrology Triangle. Das Metrology Triangle beschreibt den Zusammenhang der Größen Strom, Spannung und Frequenz. Spannung und Frequenz hängen über den

422 406 KAPITEL 16. NULLDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE Josephson Effekt zusammen, Spannung und Strom über den Quanten Hall Effekt und Strom und Frequenz über die Elektronenpumpe, die auch als Kapazitätsnormal genutzt werden kann. Der Josephson Effekt und der Quanten Hall Effekt haben einen Nobelpreis bekommen, das Stromnormal hat noch keinen Nobelpreis, aber vielleicht kommt der ja noch Der Aharonov Bohm Effekt Der Aharonov Bohm Effekt ist ein Interferenzeffekt mit Elektronen, dessen Schema in Abbildung (a) dargestellt ist. Wie man sieht, ist das eine Erweiterung des Doppelspaltexperiments, bei dem eine Spule hinter den Spalten angeordnet wird. Schaltet man die Spule ein, so ändert sich das Interferenzmuster der Elektronen. Der Gag dabei ist, dass das auch noch funktioniert, wenn das Magnetfeld in der Spule perfekt abgeschirmt ist, die Elektronen das Magnetfeld also gar nicht sehen können. Die Interpretation war dann die, dass die Elektronen nicht das Magnetfeld sehen, sondern das Vektorpotential A des Magnetfeldes. Das ist ziemlich erstaunlich, denn das Vektorpotential A war bis dahin eigentlich nur ein mathematisches Konstrukt ohne physikalische Bedeutung. Später wurde dann die Aussage populär, dass die Elektronen den magnetischen Fluss sehen. Das ändert aber nichts am Problem, denn auch der ist abgeschirmt. Den Aharonov Bohm Effekt bekommt man auch in nanostrukturierten Quantenringen und noch dazu in Kombination mit Coulomb Blockade Effekten, wenn man unbedingt welche sehen will (J.Bird et al. Phys. Rev. B50, (1994)). Wie immer kümmern wir uns nur um das allernötigste Minimalwissen zu diesem Thema. Zunächst einmal klären wir die Frage mit der Interferenz: Betrachtet man den Quantenring in Abbildung 16.16, (b) so hat das Elektron die Möglichkeit, entweder den Weg über die obere oder die untere Ringhälfte zu nehmen. Was zählt, ist jetzt die Phase des Elektrons, denn jede Wellenfunktion Ψ kann immer geschrieben werden als Ψ = Ψ 0 e jφ. e jφ ist ein Phasenfaktor der aber nichts ändert und sich normalerweise wegkürzt. Unterscheidet sich jetzt die Phase im oberen und unteren Halbkreis, kommt es zu Interferenzen, den sogenannten Aharonov Bohm Oszillationen im Magnetowiderstand. Nach ein paar länglichen quantenmechanischen Herleitungen bekommt man die Phase zu (A ist das Vektorpotential mit B = rot(a) für alle, die es evtl. vergessen haben sollten): Φ = e Adr (16.25)

423 R (Ω) Leuchtschirm DER AHARONOV BOHM EFFEKT 407 (a) e - Pfad 1 B (b) 3 pg1 5 Pfad pg2 2 µm (c) B (T) Abbildung 16.16: (a): Prinzipieller Aufbau eines Aharanov Bohm Experiments. (Bildquelle: das Bild ist selbst gezeichnet.) (b): Realisierung einers Aharanov Bohm Ringes auf einer HEMT Struktur. pg1 und pg2 sind die plunger pates zur Steuerung der Elektronenkonzentration, die anderen Gateelektroden definieren die halbringförmigen Elektronenpfade. Was der komische Pfeil im Zentrum des Ringes sein soll, ist in der Originalliteratur leider nicht erwähnt. (c): Typische Daten zum Aharanov Bohm Effekt in einem nanostrukturierten Quantenring. (Bildquelle: Boris Grbic, Renaud Leturcq, Thomas Ihn, Klaus Ensslin, Dirk Reuter, Andreas D. Wieck, Phys. Rev. Lett. 99, (2007))

424 408 KAPITEL 16. NULLDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE wobei das Integral entlang des Rings ausgeführt wird. Man bekommt für die beiden Pfade: Φ upper = ebs 2,Φ lower = ebs 2 (16.26) Die Phasendifferenz ist also ebs, wobei S die Ringfläche ist. Verwendet wurde dabei der Satz von Stokes ( n ist der Normalenvektor auf d 2 a): Adr = rota r d 2 a (16.27) Die Transmission durch den Ring kann man hinschreiben als ( Landau-Büttiker Formalismus ): t = t 0 e jφ (16.28) t 0 ist die Transmission bei B = 0. Der Absolutbetrag der Transmission ist dann: T = (t upper +t lower ) (t upper +t lower ) = 2t 0 (1+cos( ebs +Φ 0)) (16.29) Wien man in Abbildung (b) sieht, oszilliert die Transmission mit dem Magnetfeld B und mehr braucht der Elektotechnik-Student hier nicht zu wissen Zelluläre Quantenautomaten Quantencomputer sind dieser Tage natürlich auch immer sehr beliebt, allerdings sollte man sich dringend fragen warum eigentlich. Klassische Computer und klassische binäre Logik haben einen großen Vorteil: kommt ein Eingangssignal daher, beschließt zuerst einmal eine Schmitt-Trigger Schaltung, ob dieses Signal Null oder Eins ist. Am Ausgang der Schaltung wird das resultierende Signal per Definition auf Null oder Eins gesetzt. Eine millionenfache Weiterverarbeitung des Signals ist also kein Problem. Ein Quantencomputer ist hingegen ein Analogrechner. Ein idealerweise wenig verrauschtes Signal wird mit anderen verrauschten Signalen weiterverarbeitet und das Rauschen wird dabei bestimmt nicht kleiner. Spätestens nach 100 Rechenoperationen hat man also Quantenrauschen mit Quantenrauschen zu noch größerem Quantenrauschen verarbeitet und das ist schon ein ziemlicher Vollrausch, sozusagen. Sie sehen schon, ich mag keine analogen Quantencomputer. Mit digitalen Quantencomputern sieht alles etwas besser aus, weil hier gibt es zumindest ein nettes Konzept und das sind die quantum cellular automata. Die Ideen hierfür, und auch die folgenden Bilder, stammen von folgenden Leuten: Craig S Lent, P Douglas Tougaw, Wolfgang Porod, Gary H Bernstein und natürlich auch von

425 16.4. ZELLULÄRE QUANTENAUTOMATEN 409 Zelle mit 4 Quantenpunkten Elektron leer -V Zelle mit 5 Quantenpunkten binary 0 binary 1 +V binary 0 binary 1 binary 0 binary 1 binary 1 binary 0 Abbildung 16.17: Links: Schemazeichnung von 4-Dot und 5-Dot Qubits auf der Basis von Quantenpunkten. Rechts: Schematische Darstellung der Umschaltvorgänge in einem Qubit mit fünf Quantenpunkten, welche durch eine externe Spannung induziert werden. (Bildquelle: Das Bild ist selbst.gezeichnet.) dem mir besonders hochgeschätzten Gregory Snider, alle vom Department of Electrical Engineering, University of Notre Dame, Notre Dame, IN46556, USA. Zelluläre Automaten sind an sich ein alter Hut, das klassische Beispiel dafür ist das game of life, nachzulesen auf Wikipedia, sogar mit animierten Bildern. Relativ neu (1993) hingegen ist die Kombination dieses Prinzips mit den Prinzipien der Quantenmechanik, im Besonderen mit Quantenpunkten. Wir beschränken uns hier auf schematische geometrische Betrachtungen, die quantenmechanische Behandlung ist eher sehr komplex. Wie im Abbildung ersichtlich, erinnert das Grundelement eines zellulären Quantenautomaten an einen Dominostein. Man sperrt zwei Elektronen in eine quadratische Box bestehend aus vier Quantenpunkten. Da sich die Elektronen voneinander abstoßen, hat man zwei Möglichkeiten die Box zu besetzen, die eine nennen wir binary 0 und die andere binary 1. Wie sich gezeigt hat, ist es von Vorteil, noch einen Quantenpunkt in der Mitte zu haben, da die Elektronen über diesen leichter die Plätze tauschen können. Das Umschalten von binary 0 in binary 1 wird mit einer externen Gatespannung erledigt, wie es im Abbildung schematisch eingezeichnet ist. Die Eleganz der quantum cellular automata liegt jetzt darin, dass man komplexe Logikfunktionen durch eine rein geometrische Anordnung der einzelnen Qubits erreichen kann. Das einfachste Beispiel dafür ist ein Inverter, wie er in Abbildung dargestellt ist. Die nächste etwas komplexere Struktur stellt ein majority-gate dar (siehe Abbildung 16.20), welche den Vorteil hat, dass sie programmierbar ist und von einem majority-gate in ein ORgate umgeschalten werden kann.

426 410 KAPITEL 16. NULLDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE 1 0 Abbildung 16.18: Geometrische Anordnung von Qubits für einen zuverlässigen Inverter, daher auch die scheinbar unnötigen zusätzlichen Qubits in dieser Struktur. (Bildquelle: G. L. Snider, A. O. Orlov, I. Amlani, X. Zuo, G. H. Bernstein, C. S. Lent, J. L. Merz, and W. Porod. J. Appl. Phys. 85, 4283 (1999)) majority gate in in out in Abbildung 16.19: Geometrische Anordnung von Qubits für ein majority gate. (Bildquelle: G. L. Snider, A. O. Orlov, I. Amlani, X. Zuo, G. H. Bernstein, C. S. Lent, J. L. Merz, and W. Porod. J. Appl. Phys. 85, 4283 (1999))

427 16.4. ZELLULÄRE QUANTENAUTOMATEN 411 Program Line Durch Umschalten der program line auf den Wert 1 ändert sich die Struktur zu einem OR Gate. AND Gate (Program Line = 0) input A = 0 input B=1 output A B OUT Abbildung 16.20: Wahrheitstabelle für ein programmierbares majority gate (Bildquelle: G. L. Snider, A. O. Orlov, I. Amlani, X. Zuo, G. H. Bernstein, C. S. Lent, J. L. Merz, and W. Porod, J. Appl. Phys. 85, 4283 (1999)). AND, OR, NAND und andere Gates können aus NOT und MAJORITY Gates aufgebaut werden A NAND B A A AND B A A OR B A B B B Abbildung 16.21: Geometrische Anordnung von Qubits für ein AND, OR und NAND Gatter. (Bildquelle: Das Bild ist selbst gezeichnet.) Nachdem das Prinzip nun begriffen ist, kann man munter weiter machen und alles mögliche realisieren, wie z.b. gleich ganze Addierer. Da das alles so super und einfach aussieht, stellen wir uns jetzt die Frage, warum wir nicht schon lange einen Laptop mit, wollen wir nicht übertreiben und sagen wir, mit einem 16-Qubit Parallel-Quantenprozessor, kaufen können. Technisch sollte das ja kein Problem sein. Zwar läuft hier auch vieles über Coulomb Blockade Effekte und man braucht daher kleine Strukturen, aber Prototypen von Transistoren mit Gatelängen von 8 nm habe ich schon vor Jahren bei Infineon gesehen. Wo ist also das Problem? Im der REM (Raster - Elektronenmikroskop) Abbildung einer Zelle mit 4 Quantenpunkten wie in Abbildung sieht man es noch nicht, aber im zugehörigen Schaltbild schon: Wir zählen ab und stellen mit Erstaunen fest, dass 4 Quantenpunkte von 10, noch dazu

428 412 KAPITEL 16. NULLDIMENSIONALE ELEKTRONENGASE C out Sum A B C in Abbildung 16.22: Geometrische Anordnung von Qubits für einen 1-bit Addierer. (Bildquelle: Mostafa Rahimi Azghadi, Omid Kavehei and Keivan Navi, Journal of Applied Sciences 7, 22, 3460, (2007)) bitteschön hochgenauen, Spannungsquellen versorgt werden wollen. Hochgerechnet auf den (1bit!) Addierer im Abbildung und dann noch multipliziert mal 16 für eine 16-Qubit Logik sind das dann ziemlich viele Spannungsquellen. Weiter hochskaliert auf eine Schaltung der Komplexität eines modernen 64 bit Prozessors kommt man dann in Dimensionen, wo zwar der zelluläre Quantenprozessor noch auf einem üblichem Chip Platz findet, die zugehörige Spannungsversorgung aber die Größe eines Fußballfeldes benötigt. Und noch dazu hat man die Schwierigkeit, wie man die vielen Versorgungsleitungen auf den Chip des zellulären Quantenprozessors bekommt. Sie sehen, die paar Zusatzprobleme mit der Kühlung, welche sich mit ein paar Litern flüssigen Heliums lösen lassen würden, sind für die Realisierung eines zellulären Quantenprozessors dieses mal nicht wirklich der limitierende Faktor Quantencomputer, braucht man die überhaupt? Die zellulären Quantenautomaten mit Quantenpunkten sind ja ganz nett und deren Prinzipien lassen sich sogar auf anderen Systemen anwenden, das Stichwort ist Magnetologic (Hausaufgabe: selber recherchieren). Was ist jetzt aber mit den richtigen Quan-

429 16.5. QUANTENCOMPUTER, BRAUCHT MAN DIE ÜBERHAUPT? 413 Abbildung 16.23: Links: Rasterelektronenmikroskopische Abbildung und Schema einer Zelle bestehend aus vier Quantenpunkten (Bildquelle: Islamshah Amlani, Alexei O. Orlov, Ravi K. Kummamuru, Gary H. Bernstein, Craig S. Lent, and Gregory L. Snider, Appl. Phys. Lett. 77, 5, 738 (2000)). Rechts: Zugehöriges Schaltbild. Wie man sieht, werden zum Betrieb der Struktur 10 hochgenaue Spannungsquellen benötigt. (Bildquelle: G. L. Snider, A. O. Orlov, I. Amlani, X. Zuo, G. H. Bernstein, C. S. Lent, J. L. Merz, and W. Porod. J. Appl. Phys. 85, 4283 (1999)). tencomputern und ihren legendären Eigenschaften? Wo kann man die einsetzen und wozu sind die gut? Die ehrlichste Antwort ist wohl: Zum herumspielen also für irgendein Counter-Quantumstrike und ähnliche Lustbarkeiten. So sehr ich den lieben Kollegen den Spaß gönne, extra viel Geld wird das Ministerium dafür wohl nicht herausrücken. Um dennoch Forschungsgelder zu bekommen, ist das Marketing der Quantencomputer- Szene etwas anders und es wird allgemein behauptet, man brauche die Quantencomputer, um die RSA verschlüsselten Nachrichten des üblichen Schurkenpacks (vermutlich also unsere) zu knacken und hier wird die Argumentation etwas unehrlich. Es ist zwar richtig, dass weltweit fast alles mit dem RSA-Verfahren verschlüsselt wird und es ist auch richtig, dass man diese Verschlüsselung mit einem Quantencomputer in ferner Zukunft vermutlich effizient knacken kann. Allerdings hilft das nichts, denn es gibt inzwischen weit verbreitete Verschlüsselungsverfahren, die auch mit freundlicher Hilfe von klingonischen Quantencomputern aus dem Startreck-Universum nicht zu brechen sind. Bereits AES (Advanced Encryption System), zu finden bei Ihren WIFI-Verschlüsselungen am Laptop, ist mit Quantencomputern nicht zu beeindrucken, besonders, wenn man die Schlüssellänge noch etwas erhöht. Na gut, dann nimmt man eben einen größeren und teureren Quantencomputer, dann wieder einen längeren Schlüssel etc., das wäre für Physiker und Elektrotechniker ja wohl ein recht sportlicher Wettkampf. Leider, leider halten andere Leute solche Spielchen gar nicht für sportlich sondern

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