Texte zur Dorfgeschichte von Untervaz
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- Julian Bruhn
- vor 6 Jahren
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1 Untervazer Burgenverein Untervaz Texte zur Dorfgeschichte von Untervaz 2016 Die verfluchten Weiber von Batänien Weitere Texte zur Dorfgeschichte sind im Internet unter erhältlich. Beilagen der Jahresberichte Anno Domini unter
2 Die verfluchten Weiber von Batänien Silvio Hosang aus: DU 871 November Seite Abdruck aus: Hosang Silvio: Sagenhaftes Grischun I, Seite
3 - 3 - Da lebte eine bildschöne junge Zigeunerin in Untervaz. Alle Mannsbilder, ob jung oder alt, machten dieser Frau den Hof. Gegen ein teures Geschenk wie ein Kleid, einen Schal, ein paar Schuhe, eine Brosche oder eine silberne Haarspange zeigte sie sich grosszügig und verstand es, sich zu bedanken. Den Frauen im Dorf stiess dies sauer auf, denn sie hielten ihre Männer an der kurzen Leine, da sie meistens nicht noch mehr Kinder wollten. Sie drohten diesem liederlichen Weibsbild mit Schlägen, wenn sie das Dorf nicht verliesse. Nachdem die Anna fast von jedem Mann einen Obolus erhalten hatte, zog sie weiter nach Zizers. Auch als die Frauen dort merkten, wofür ihre Männer das knappe Geld investierten, machten sie der Schönheit den Garaus. Ihre nächste Station war Trimmis, aber auch da wurde ihr von den Frauen die Hölle heiss gemacht. Sie zog als alte Frau verkleidet weiter nach Haldenstein, damit ihr überhaupt ein altes Häuschen vermietet würde. Die junge Zigeunerin beabsichtigte nicht, den Frauen ihre Männer abspenstig zu machen, denn sie hasste die Männer, die ihr im Kindesalter so viel Leid zugefügt hatten. Sie liebte ausschliesslich schöne Kleider und Schmuck. Ohne solche Geschenke fühlte sie sich minderwertig. Schöne Kleider und Schmuck erhöhten ihr angekratztes Selbstwertgefühl, das von ihrer Kindheit als Waisenkind her schwer gestört war. Sie beabsichtigte, Männer auszubeuten, wie sie als Kind von ihnen ausgebeutet worden war. Das letzte Hemd sollten die für sie hergeben, nur Geld nahm sie keines an, denn sie wollte keine Dirne sein und als solche angeklagt werden. Aber sonst war ihr nur das Teuerste gut genug, ansonsten gab es keine Liebesdienste. Sie trieb manchen Mann in den Ruin. Sie lebte vom Verkauf ihrer Kleider, dem Schmuck und anderem, was sie nicht mehr tragen wollte, auf verschiedenen Märkten und vom Handlesen. Wie überall fand sie in Haldenstein Akzeptanz nur bei den Männern, jedoch auf keinen Fall bei den Frauen, welche eifersüchtig über ihre Männer wachten. Das Gute daran war, dass die Frauen sie als Konkurrentin ansahen.
4 - 4 - So bemühten sie sich, ihren Männern etwas zu bieten. Auf die Länge war das jedoch für die Haldensteinerinnen zu anstrengend. So begannen sie, der Zigeunerin Kartoffeln nachzuwerfen, um ihr den Garaus zu machen. Die junge Zigeunerin spürte, dass sie schwanger war. Sie hatte geglaubt, dass sie keine Kinder bekommen könne, sonst wäre sie vorsichtiger gewesen. Nach dem Tode ihrer verunglückten Eltern wurde sie schon von Kindesbeinen an missbraucht. Alle Frauen wussten, was mit ihr fast täglich passierte, doch sie schauten immer weg, da sie ja nur eine kleine Zigeunerin war. Sie litt sehr unter diesem Missbrauch. Doch sie fand heraus, dass wenn einer Begehrlichkeit auf sie hatte, sie dann davon- rennen musste. Doch da sie als Kind etwas zum Essen und ein Dach über dem Kopf benötigte, musste sie immer wieder zurückkehren. Sie merkte, dass sie eine gewisse Macht über die Männer hatte. Sie, die man jeweils bloss in alten, verlöcherten Kleidern herumlaufen liess, forderte nun Kleider, Schuhe und Haarbänder - dasselbe, was andere Mädchen von ihren Eltern als Geschenk bekamen, damit sie schön aussahen. Die schönsten Sachen, die sie für den Missbrauch an ihr bekam, wurden ihr von den jeweiligen Pflegefamilien für Kost und Logis abgenommen. Von den Frauen hörte sie auch oft, wie diese zu ihren Männern sagten: «Geh doch zur Anna, mit der könnt ihr es machen, wie ihr es wollt und so oft, wie ihr Lust dazu habt. Die kleine Zigeunerin ist dazu geboren worden.» Dass so über sie gesprochen wurde, verletzte sie in tiefstem Herzen. Denn die anderen Mädchen mussten nicht dasselbe tun, was von ihr verlangt wurde. Von ihr hiess es: «Die landet ja so oder so in der Gosse.» Da sie trotz des jahrelangen Missbrauchs nie schwanger wurde, war sie sich sicher, nie Kinder zu bekommen. Jetzt, wo sie spürte, wie ein Kind in ihrem Leib heranwuchs, wollte sie eine Pause machen und ihre Ruhe haben. Eine uralte Frau, der sie des Öfteren behilflich war, anerbot ihr das Wohnrecht in einem geerbten Bauernhäuschen im kleinen Dorf Batänjen. Wenn sie sich von den Männern fernhalte, könne sie dort oben ein friedvolles Leben haben. Anna nahm dieses Angebot gerne an, denn sie wollte endlich Ruhe haben vor begehrlichen Männern und eifersüchtigen Frauen. Anna war so glücklich, ein neues Zuhause gefunden zu haben. Also machte sie sich auf den Weg in das oberhalb von Haldenstein gelegene Dörflein. Doch ihr schlechter Ruf eilte ihr voraus.
5 - 5 - Sobald die erste Batänjerin sie sah, alarmierte diese alle anderen Frauen im Dorf. Bald war sie umringt von Frauen, die alle einen Lederriemen in der Hand hatten. Diese wollten der Anna eine Abreibung verpassen, da mit sie sich erst gar nicht bei ihnen niederliess. Sie wurde nackt aus gezogen und mit vier Viehstricken an Hand- und Fussgelenken, auf dem Rücken liegend, über einen Findling geschnürt. Jede der Frauen sollte ihr wie vereinbart nur je einen Hieb verpassen. Dann sollte sie wieder freigelassen werden. Doch die Frauen kamen so in Rage, dass sie nicht mehr aufhören konnten. Die Gepeinigte schrie vor Schmerz, dass man dies auch unten in Haldenstein hören konnte. Vor dem letzten. todbringenden Hieb verfluchte die Zigeunerin alle Weiber von Batänjen, dass diese fortan unfruchtbar blieben. So war es dann auch, und das Dörfchen Batänjen starb aus. Weder die daran teilhaben den Furien noch andere Frauen sollten in Batänjen je wieder ein Kind gebären. Auswärtige Frauen mieden wegen des Fluchs dieses Dorf. Die Männer glaubten, dass wenn sie den Stein der Schandtat den Berg hinunterrollten, mit ihm der Fluch verschwinden würde. Doch dem war nicht so. Die Täterinnen hatten nach dem Verbrechen fürchterliche Albträume, die sie allesamt in den Wahnsinn trieben. Aus Frauenmangel starb das Dorf Batänjen schliesslich aus. Und kein einziger Batänjer fand eine Frau, die willens war, in dieses Dorf zu ziehen Wir danken dem Verfasser bestens für die freundliche Wiedergabebewilligung. Internet-Bearbeitung: K. J. Version 02/
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