Minderung des urbanen NO 2 -Problems: Lösungsansätze und ihre Wirkungen

Transkript

1 Minderung des urbanen NO 2 -Problems: Lösungsansätze und ihre Wirkungen S. Wurzler 1, H. Hebbinghaus 1, H.-G. Schlich 1, I. Steckelbach 1, L. Schmidt 1, T. Schöllnhammer 2, S. Nowag 2, T. Schulz 1, A. Brandt 1, K. Vogt 1, J. Friesel 1, J. Geiger 1, M. Memmesheimer 3, H. Jakobs 3 1 Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) 2 Ruhr Universität Bochum 3 Rheinisches Institut für Umweltforschung, EURAD-Projekt, Universität zu Köln

2 Das urbane NO 2 -Problem: Beispiel NRW 2014 wurde an 58 von 127 Messstationen in NRW der Grenzwert für den NO 2 -Jahresmittelwert überschritten. Spitzenreiter: Düren, Euskirchner Straße: 64 µg/m³ Köln, Clevischer Ring: 63 µg/m³ Düsseldorf, Bilk und Corneliusstraße: 60 µg/m³ Hauptverursacher ist der Straßenverkehr. Stickstoffdioxid ist ein giftiges, stechend riechendes Reizgas Arbeitstage Typische Verkehrsstation Sonntag Samstag Tagesgang NO 2 aufgeschlüsselt nach Wochentagen 2

3 Verursacheranalyse für NO x : Beitrag des Straßenverkehrs Bandbreite Kfz-Beitrag 37% - 85% Modellrechnungen mit EURAD, LASAT und Immis Luft 3

4 NO x -Emissionen und regionales NO 2 -Hintergrundniveau in NRW nach Quellgruppen in % Verursacheranalyse links: NOx-Emissionen in NRW, 100% rechts: NO 2 -Immissionen in NRW- Teilgebieten (regionaler Hintergrund) 80% 60% 40% 20% Landwirtschaft Schifffahrt Sonstiger Verkehr Straßenverkehr Kleinfeuerungsanlagen Industrie Ferntransport 0% NRW Emissionen NOx NRW West NO2 Ruhrgebiet NO2 NRW Mitte/Ost NO2 Regionaler Hintergrund ~ µg/m³ Das immissionsseitige Reduktionspotenzial ist im Verkehrssektor am höchsten Immissionen: Modellrechnungen mit EURAD 4

5 Wo stehen wir? Prognose der Grenzwerteinhaltung An den am stärksten belasteten Orten in NRW ist zur Grenzwerteinhaltung und damit zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung eine Reduktion der NO 2 - Konzentration von über 40 % notwendig. Nach den derzeitigen Trendberechnungen ist ohne wirksame zusätzliche Maßnahmen vor 2020 in NRW keine flächenhafte Einhaltung des NO 2 - Grenzwerts (Jahresmittelwert) zu erwarten. Die Europäische Kommission hat gegen Deutschland und weitere Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren wegen anhaltender und massiver Überschreitung der NO 2 -Grenzwerte (Jahresmittelwert, teils auch Stundenmittelwert) eröffnet. 5

6 Abschätzung der Wirkung von möglichen Maßnahmen, einige Beispiele Selbstheilung Wirkung bisher umgesetzter Maßnahmen Umweltzone in diversen Stufen Bessere Durchlüftung durch Abriss von Gebäuden Fahrverbote für diverse Flottenteilnehmer Elektromobilität Kombinationen der oben genannten Maßnahmen Auswertung von Messdaten aus NRW, Sensitivitätsstudien und Abschätzungen mit Modellen 6

7 Verwendete Modelle für die Abschätzungen Regionale Effekte: Chemie-Transport-Modell EURAD Effekte auf der städtischen Ebene: Lagrange Modell Lasat Lokale Effekte: Screeningmodell Immis Luft, Verdünnungsmodell, Lagrange Modell Lasat 7

8 Wo stehen wir? Gemessene Abnahme, Langzeittrends Entwicklung der Stickstoffdioxidbelastung (NO 2 ) in NRW 2004 bis 2012: Auswertung für 24 Hintergrundstationen, 4 Industriestationen und 7 Verkehrsstationen Fazit: ca. 2% Abnahme pro Jahr für alle Stationen, bei Hintergrundstationen ggf. etwas mehr bei unverändertem Trend Grenzwerteinhaltung in 20 Jahren! Bei NO x zeigt sich für alle Stationstypen eine stärkere Abnahme von knapp 10%. 8

9 Ergebnisse Umweltzonen (UZ) in NRW NO 2 Wirken die Umweltzonen nicht? Das ist hier die falsche Frage. Die richtige Frage lautet: Wie wäre die Situation ohne Umweltzone? Stationstyp Absolute Abnahme Abnahme ohne Trend des Hintergrunds Verkehr 2,1 µg/m³ -0,1 µg/m³ Industrie 3,3 µg/m³ 1,1 µg/m³ Hintergrund 2,2 µg/m³ - 35 Messorte für NO ohne UZ mit UZ Aber: Alle Verringerungen liegen unterhalb der Standardabweichung. 9

10 Reduktionspotenzial durch bessere Durchlüftung Modellergebnisse für mittelstark belastete Beispielstraße bei unveränderter Verkehrsstärke. Wirksam, aber Konflikt mit Lärmschutz (und natürlich den Bewohnern)? 10

11 Umweltzonen, Fahrverbote (Diesel, LKW) Änderung des NO 2 - Jahresmittelwertes Modellergebnisse für mittelstark belastete Beispielstraße bei unveränderter Verkehrsstärke. 11

12 Umweltzonen, Fahrverbote, Elektrobusse Ziel A) Otto: Pkw und lnfz 3,5t < EURO 3, Diesel: Pkw, lnfz 3,5t und snfz > 3,5t < EURO 6/VI B) Otto: Pkw und lnfz 3,5t < EURO 3, Diesel: Pkw und lnfz 3,5t EURO 6, snfz > 3,5t < EURO VI Modellergebnisse für eine stark belastete Beispielstraße, gleichbleibende Verkehrsstärke

13 Regionale Effekte von Elektrofahrzeugen: NO 2 Jahresmittelwert in µg/m³ in NRW Status Quo Maximale Reduktion 5 µg/m³ und mehr! 100% Elektrofahrzeuge EURAD Modell Simulationen Grün = Zunahme Blau = Abnahme 13

14 Gesamteffekt Elektrofahrzeuge (lokal und regional) Zwei mittelstark belastete Straßenschluchten im Ruhrgebiet Essen, Gladbecker Straße Mönchengladbach, Friedrich-Ebert-Straße Jahresmittelwert NO 2 µg/m³ für 2012 DTV Besonderheiten Essen keine Busse, 3,6 % snfz Mönchengladbach % Busse, 1 % snfz teils NO 2 -Grenzwertüberschreitung 14

15 Was bedeutet das Ziel der Regierung von 1 bzw. 6 Millionen Elektrofahrzeugen? Annahme: Gleichverteilung der Elektrofahrzeuge in Deutschland 15

16 16

17 Gesamteffekt (lokal und regional) auf den NO 2 Jahresmittelwert Bezugsjahr 2012 Annahmen: Gleichverteilung der Elektrofahrzeuge auf die ganze Flotte. Der zusätzliche Strom verursacht keine Emissionen. 17

18 Schlussbemerkungen Das urbane NO 2 -Problem ist nicht einfach zu lösen. Minderungen der NOx-Emissionen spiegeln sich nicht in der gleichen Größenordnung in der Abnahme der NO 2 -Belastung wieder. Neben der Quellstärke spielt auch die Quellhöhe eine wichtige Rolle. Nicht alle Probleme lassen sich lokal lösen (z. B. NO x -Emissionen vs. NO 2 -Immissionen, NEDC-Emissionen vs. RDE) Notwendig sind weitere Anstrengungen Lokal Regional Europaweit 18

19 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 19