Gewalteinstellungen und Gewalterfahrungen von männlichen Jugendlichen mit Migrationshintergrund
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- Busso Baumann
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1 Geisteswissenschaft Nicolai Neijhoft Gewalteinstellungen und Gewalterfahrungen von männlichen Jugendlichen mit Migrationshintergrund Eine Studie mit Jugendhausbesuchern in Weil am Rhein Diplomarbeit
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3 Berufsakademie Stuttgart Ausbildungsbereich Sozialwesen Studienjahrgang 2001 Diplomarbeit Gewalteinstellungen und Gewalterfahrungen von männlichen Jugendlichen mit Migrationshintergrund Eine Studie mit Jugendhausbesuchern in Weil am Rhein Nicolai Neijhoft
4 Susanne Kilian Gewaltakt Wer Gewalt mit aller Gewalt sei s sanfte Gewalt oder rohe Gewalt in seine Gewalt zu kriegen glaubt den wird höhere Gewalt lehren dass Gewalt Gewalt zeugt.
5 Inhaltsverzeichnis 1 EINLEITUNG AGGRESSION Definitionen Aggressionstheorien Frustrations-Aggressions-Hypothese Die Katharsis Soziale Lerntheorie SOZIALISATION UND IDENTITÄTSENTWICKLUNG: EINE GRUNDLAGE FÜR AGGRESSIVITÄT UND GEWALT? Allgemeine Grundüberlegungen zur Identitätsentwicklung und Sozialisation Sozialisation Identität Identitätsentwicklung und Sozialisation von jungen Migranten Definition Migration Lebensbedingungen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund Das Sozialisationstheoretische Modell Hemmende Faktoren in der Sozialisation und Identitätsentwicklung von Migranten JUGEND, GEWALT UND MIGRATION Entwicklung und Gründe von Jugendgewalt Familie Peer-group Medien Schule... 32
6 4.2 Auftreten von Jugendgewalt in Deutschland Hellfeldstudien Erkenntnisse aus Dunkelfeldstudien Ist Jugendgewalt männlich? Gewalt und Migration Auftreten von und Studien zur Gewaltdelinquenz von Jugendlichen mit Migrationshintergrund Erklärungstheorien Einstellungen von Migrantenjugendlichen zur Gewalt ENTWICKLUNG DER JUGENDGEWALT IN EUROPA JUGENDGEWALT IN WEIL AM RHEIN Strukturdaten Einrichtungen mit Unterstützungsangeboten für Jugendliche in Weil am Rhein Expertengespräch mit dem Jugendsachbearbeiter der Polizei Weil am Rhein ZUSAMMENFASSUNG DER HYPOTHESEN BEFRAGUNG VON MÄNNLICHEN JUGENDHAUSBESUCHERN MIT MIGRATIONSHINTERGRUND IN WEIL AM RHEIN Beschreibung der Untersuchungsgruppe Das Befragungsinstrument: Fragebogen Operationalisierung der Thesen und die Herstellung des Fragebogens Die einzelnen Fragen und die Operationalisierung der oben aufgestellten Hypothesen Beschreibung der Durchführung der Befragung... 66
7 8.5 Auswertung der Befragung FOLGERUNGEN Allgemeine sozialarbeiterische Möglichkeiten Folgerungen für die Jugendarbeit in Weil am Rhein ANHANG... I 10.1 Glossar... I 10.2 Fragebogen... II 10.3 Literaturverzeichnis... VIII
8 1 Einleitung In der vorliegenden Studie soll dem Phänomen der Gewaltanwendung im Jugendalter nachgegangen werden. Bei meiner Arbeit in einem Jugendhaus erlebe ich häufig verschiedene Formen der Gewalt unter den Jugendlichen von verbalen Drohungen über kleinere Rangeleien bis hin zu ernsthaften körperlichen Auseinandersetzungen. Sind diese Formen des persönlichen Umgangs Ausdruck und gleichzeitig Spiegel unserer Gesellschaft? Woher rührt die Aggressivität und Gewalt unter Jugendlichen. Nach meinen Beobachtungen wird häufig die Ansicht, dass ausländische Jugendliche aggressiver und gewalttätiger sind als deutsche Jugendliche, vertreten. Daher möchte ich speziell diese Bevölkerungsgruppe in den Mittelpunkt meiner Arbeit stellen und klären, woher diese Meinung kommt und wie sie sich wissenschaftlich be- bzw. widerlegen lässt. Im Titel habe ich bewusst nicht die Bezeichnung ausländische Jugendliche, sondern Jugendliche mit Migrationshintergrund gewählt. Häufig haben Jugendliche in der zweiten oder bereits dritten Migrantengeneration zwar einen deutschen Pass, bezeichnen sich aber selbst als Türke, Albaner oder Russe. Um diese Gruppe in der Untersuchung miteinbeziehen zu können, habe ich mich für die weitläufigere Bezeichnung entschieden. Nach dieser kurzen Einführung behandle ich das Thema Aggression und stelle Definitionsversuche sowie verschiedene Aggressionstheorien vor. Im dritten Kapitel geht es zunächst allgemein um Sozialisation und Identitätsentwicklung sowie um deren mögliche Zusammenhänge mit Gewalt und schließlich um spezifische Sozialisations- und Identitätsprobleme von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Das vierte Kapitel behandelt speziell das Thema Jugendgewalt: Auftreten, Entstehungsbedingungen, geschlechtsspezifische Fragen sowie die Gewalt von und an jungen Migranten stehen im Vordergrund. Das fünfte Kapitel beschreibt in knapper Form die Entwicklung von Jugendgewalt in anderen europäischen Ländern. Im sechsten Kapitel steht als konkretes Beispiel die Stadt Weil am Rhein im Zentrum. Thematisiert werden Strukturdaten der Stadt, Angebote und Möglichkeiten für Jugendliche in Weil am Rhein sowie eine Experteneinschätzung durch den Jugendsachbearbeiter der Polizei Weil 6
9 am Rhein zum Auftreten von jugendlicher Gewalt in Weil am Rhein. Im siebten Kapitel werden die in den vorangegangenen Abschnitten aufgestellten Hypothesen zu familiären Opfererfahrungen, der Rolle der peergroup, sozioökonomischen Verhältnissen, Bildung, Zukunftsperspektiven, Akzeptanz von Männlichkeitsnormen, befürwortenden Gewalteinstellungen und Aufenthaltsdauer zusammenfassend dargelegt. Im achten Kapitel erfolgt eine Befragung von männlichen Jugendhausbesuchern in Weil am Rhein. Im neunten Kapitel beschäftige ich mich mit Folgerungen und Möglichkeiten, den beschriebenen Gewaltproblemen zu begegnen. Dies geschieht zunächst allgemein, in einem zweiten Schritt direkt bezogen auf Weil am Rhein. 2 Aggression 2.1 Definitionen Von dem lateinischen Verb aggredere sich herleitend hat der Begriff Aggression drei Bedeutungen: 1. herangehen (zu gewinnen suchen, zu bestechen suchen), 2. angreifen und 3. unternehmen (etwas angehen, beginnen). Daraus lassen sich zwei Aspekte der Aggression herausfiltern, nämlich der des Auf-Jemanden-Zugehens, des Zupackens und Gewinnen-Wollens 1, aber auch der Aspekt eines direkten, unmittelbaren Angriffs. 2 Daher ist, obwohl der Terminus Aggression in Deutschland negativ-angreifend, in Zusammenhang mit Gewalt stehend besetzt ist 3, auch eine positive Auslegung der Aggression bzw. der Aggressivität verbreitet: Beispielsweise wird in vielen Sportarten ein aggressives Zweikampfverhalten positiv bewertet und gefördert. Es ist daher möglich, Aggression sowohl positiv als auch negativ zu sehen. Allerdings kann gerade diese positive Reaktion auf 1 Schulte-Markwort, 1994, S Vgl. ebd. 3 Vgl. ebd. 7
10 aggressives Verhalten im Sport eine Förderung des Aggressionspotentials in anderen gesellschaftlichen Bereichen darstellen. Aggression wird in der heutigen Diskussion meist in einem Atemzug mit Gewalt genannt und die beiden Begriffe werden miteinander verbunden. 4 Daher ist es zunächst nötig, Aggression und aggressive Verhaltensweisen, die schließlich mögliche Gewalthandlungen hervorrufen, zu beschreiben und zu definieren. Eine sehr einfache, rein verhaltenstheoretische Definition von Aggression stammt von Buss (1961), der unter Aggression a response that delivers noxious stimuli to another organism 5 versteht. In dieser Aggressionsdefinition wird nur die rein physische Aggression beschrieben, ein weiterer Nachteil dieser knappen Definition ergibt sich daraus, dass eine helfende Schmerzzufügung, beispielsweise durch einen Zahnarzt, ebenfalls unter einer Aggressionshandlung zu führen wäre. 6 Nach Bandura (1979) wird Aggression (...) als schädigendes und destruktives Verhalten charakterisiert, das im sozialen Bereich auf der Grundlage einer Reihe von Faktoren als aggressiv definiert wird, von denen einige eher beim Beurteiler als beim Handelnden liegen. 7 Demnach wird also ein aggressives Verhalten häufig erst in der Interpretation des Gegenübers als solches definiert, während der Aggressor unter Umständen nicht als solcher auftreten wollte, es existiert also kein eindeutiges Klassifikationssystem für Aggression. 8 Durch diese Definition wird deutlich, dass zum Beispiel ein türkischstämmiger Jugendlicher, der sein Verhalten lediglich als selbstbehauptend beschreiben würde, von anderen als aggressiv gesehen werden kann. In diesem Fall wäre das Verständnis einer Handlung als aggressiv zu werten, wie eine misslingende Kommunikation, da die Reaktion des Empfängers auf die Nachricht [...] zu einem guten Teil sein eigenes Werk [ist]. 9 4 Vgl. Toprak, 2001, S Buss, entnommen aus: Bierhoff/Wagner (Hrsg.), 1998, S. 5 6 Vgl. ebd. 7 Bandura, entnommen aus: Bierhoff/Wagner (Hrsg.), 1998, S. 5 8 Vgl. ebd., S. 5f 9 Schulz von Thun, 2002, S. 79 8
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