Vortrag Wismar: Trauma im Kindesalter. Dr. Regina Hiller Handy:
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- Gerhardt Busch
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1 Vortrag Wismar: Trauma im Kindesalter Dr. Regina Hiller Handy:
2 Gliederung 1. Formen der Gewalt 2. Was bedeutet ein Trauma? 3. Folgen eines Traumas 4. Welche Rolle spielt das Alter? Transaktionales Stressbewältigungsmodell 5. Risiko- und Schutzfaktoren 6. Symptome traumatisierter Kinder 7. Verstehensmodelle, Handlungsmöglichkeiten, Umgang 8. Rahmenbedingungen 9. Bindung und Trauma
3
4 Erfahrung aktiver Gewalt 1. Körperliche und sexuelle Gewalt 2. Emotionale Gewalt - Verbale Aggression (demütigende, beschuldigende oder extrem angsteinflößende Kommunikation) - Emotionale Manipulation (das Kind in eine Situation zu bringen, die in ihm Scham hervorruft, in der es sich schuldig fühlt oder die ihm Angst macht mit der Absicht, die emotionalen Wünsche des Täters zu befriedigen oder das Kind dazu zu bringen, Dinge gegen seinen Willen zu tun oder Dinge, die dem Kind viel bedeuten, wegzunehmen oder zu zerstören) - Zeuge häusliche Gewalt sein (anwesende Erwachsene, die absichtsvoll demütigen, erniedrigen oder damit drohen, sich gegenseitig oder andere Familienmitglieder zu verletzen oder Familienmitglieder körperlich verletzen indem sie schubsen, schlagen, treten oder Gegenstände werfen
5 Passive Gewalt Emotionale Vernachlässigung Nichterfüllen der emotionalen Grundbedürfnisse des Kindes, fehlende emotionale Unterstützung bei kindlichem Stresserleben, Desinteresse an der sozialen und emotionalen Entwicklung des Kindes oder an den schulischen Leistungen, Hausaufgaben usw. oder vom Kind erwarten, dass es Situationen, denen es nicht gewachsen ist oder in denen es nicht sicher ist, selbst zu bewältigen)
6 Passive Gewalt Körperliche Vernachlässigung (Nichterfüllung der Grundbedürfnisse des Kindes wie Essen, Bekleidung, körperliche Sicherheit, angemessene Betreuung, Zahnpflege und Gesundheit)
7 Was bedeutet ein Trauma? ICD 10 (F43.1): - Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation mit außergewöhnlicher Bedrohung, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde.
8 Folgen des Traumas Kinder werden in ihrem Grundvertrauen an die schützende Fürsorge wichtiger Bezugspersonen erschüttert und tiefgreifenden Ängsten, Gefühlen von Hilflosigkeit, Ohnmacht und Verzweiflung ausgesetzt. Naturkatastrophen und Unfälle werden in der Regel psychisch besser verarbeitet, als sog. man-made disaster.
9 Folgen des Traumas - Je früher die Traumatisierung einsetzt, - je häufiger Trauma-Ereignisse auftreten, - je unerwarteter das (Erst)Trauma eintritt und - je intensiver die Trauma-Ereignisse in den Identifikationsprozess des Opfers eingreifen, - desto gravierender, tiefgreifender und chronifizierter sind die psychosozialen Folgewirkungen für das Kind (Weinberg, 2006).
10 Häufigkeiten Thyen et al. (2000) Erfassung von 263 Kinder aus 251 Familien erfasst. - Die Mehrzahl der betroffenen Kinder war unter zehn Jahren alt, davon waren 63% Mädchen und 37% Jungen: - Von den 263 Kindern waren 134 sexueller Misshandlung mit Körperkontakt ausgesetzt, 20 sexueller Misshandlung ohne Kontakt, 77 körperlicher Misshandlung, 62 emotionaler Misshandlung und 99 Vernachlässigung, wobei Mehrfachnennungen möglich waren. - Über 1/10 gab Mehrfachbenennungen an.
11 Folgen des Traumas - Frühe Traumatisierungen: diffuse körpernahe Spannung; Teil des Selbst und der Identität. - Mangel an Urvertrauen: innere Welt des Kindes sind Gefahr, Bedrohung und Vernichtung. - Schwierigkeiten in der Affektregulation, Selbstwertstörung, archaische Ängste.
12 Folgen des Traumas Die überwiegende Zahl der Kinder und Jugendlichen litten unter emotionalen Störungen oder posttraumatischen Stresssymptomen. Insgesamt wurden bei 55% der Kinder und Jugendlichen eine Störung der sozialen und emotionalen Entwicklung festgestellt sowie bei über 1/4 eine Entwicklungsretardierung.
13 Unterscheidung: Typ 1 & Typ 2 Traumata Typ 1: Monotraumen: Einmalig, abgeschlossen (Unfälle, Naturkatastrophen) Typ 2: Multiple Traumata: Sequentiell, über einen langandauernden Zeitraum (sexuelle und körperliche Gewalt, Folter, KZ-Haft). Faustregel: je früher, je häufiger, je unerwarteter, je intensiver in den Identifikationsprozess eingegriffen wird, desto gravierender die psychosozialen Folgen.
14 Schlimmstes Ereignis (N) Gesamtstichprobe Gewalt/Fa Unfall Vernach. Krankheit Tod Sex. Miss/Fa 4 1 3
15 Prof. G. Hüther, Lutz Besser, 2010
16 Häufigkeiten - Der Weltbericht Gewalt und Gesundheit der Weltgesundheitsorganisation von 2003 geht aufgrund von Schätzungen davon aus, dass im Jahr 2000 weltweit Kinder unter 15 Jahren umgebracht wurden. - Kinder in der Altersgruppe 0 4 Jahre waren doppelt so häufig Opfer von Tötungsdelikten (5,2 pro ) wie Kinder zwischen 5 und 14 Jahren. Im Allgemeinen leiden kleinere Kinder am meisten unter körperlichen Misshandlungen, während bei Kinder in der Pubertät oder unter Jugendlichen die höchsten Raten des sexuellen Missbrauchs zu finden sind.
17 Spektrum möglicher psychopathologischer nach einem Trauma Entwicklungswege Ess störun gen Suchte rk ran kun gen D epress ionen Pe rsönli ch kei tsstöru ngen Trauma Posttraum ati sch e Belastun gsstö ru ng A n gststör un gen S omatoform e S töru ngen D iss oziative Stör ungen Keine psychiatrische Mor bidität
18 Sexuelle Gewalt Symptomatik: Psychische Krankheitsbilder: depressive, ängstliche Entwicklung - Gestörte Nähe-Distanzregulierung - Selbstwertstörung - Vorherrschende Emotionen: Schuld und Scham - Familiengeheimnis In der späteren Entwicklung: - Unfähigkeit, Beziehungen einzugehen - Persönlichkeitsstörung (Borderline, Sucht)
19 Therapeutische Implikationen - Initiierung eines schrittweisen Verarbeitungsprozesses traumatischer Erfahrungen, indem Kognitionen, Emotionen, Sinneseindrücke und Körpererfahrungen zu einer Erinnerungsgeschichte mit einem Anfang und einem Ende kontextualisiert zusammen gefügt und versprachlicht werden.
20 Folgen: Geschichte der Psychotraumatologie Ungarischer Psychoanalytiker Sandor Ferenczi (1972) Im Artikel Sprachverwirrung zwischen dem Erwachsenen und dem Kind (1933): - Zusammenwirken realer Traumatisierungen und die intrapsychische Verarbeitung (kritisierte Freud, der die Bedeutung der Realtraumatisierung relativierte). - Als emotionale Antwort auf das Trauma: Internalisierungsprozesse. -Spaltung des ICH s, die Lähmung der Affekte. - Immense Angst, macht Kind wehrlos: Identifikationsprozess mit dem Aggressor, Unterwerfung unter seinem Willen.
21 Geschichte der Psychotraumatologie - Introjektives Hineinnehmen des Täters und zur Introjektion des Schuldgefühls. - Durch die Identifikation mit dem Täter (Introjektion des Angreifers): äußere Realität wird intrapsychisch aufgenommen und existiere als innere Realität weiter. - Verleugnung der Tat durch den Täter: traumatisch wirkt nicht nur das Gewaltgeschehen selbst, sondern verunmöglichte Klärung, Auseinandersetzung und Realitätsanerkennung.
Das Symbiosetrauma. Systemische Therapie im Kontext von Trauma und Bindung. Steyerberg, 11. September 2011. www.franz-ruppert.de
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