Vertragsrecht II. Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard)

Transkript

1 Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 1

2 Exkurs Leistzungsstörungen im Werkvertragsrecht ( 631 ff. BGB) Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 2

3 Begriff 631 Vertragstypische Pflichten beim Werkvertrag (1) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein. gegenseitiger Vertrag Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes erfolgsbezogen, nicht tätigkeitsbezogen Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 3

4 Schuldner: Unternehmer (Begriff nicht identisch mit dem Unternehmerbegriff des 14 BGB) Gläubiger: Besteller Gegenstand des Werkvertrages, 631 Abs. 2 BGB Herstellung oder Veränderung einer Sache oder jeder andere durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführende Erfolg weiter sachlicher Anwendungsbereich Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 4

5 Abgrenzung zum Dienstvertrag isv. 611 BGB Dienstvertrag: lediglich Tätigkeit, nicht Erfolg ist geschuldet Werkvertrag: Erfolg, nicht Tätigkeit als solche ist geschuldet Aber: im Einzelfall kann es zweifelhaft sein, ob Erfolg oder lediglich Tätigkeit versprochen worden ist Auslegung gem. 133, 157 BGB Ungewissheit des Erfolgseintritts: spricht eher für Dienstvertrag maßgeblich ist die Bereitschaft zur Risikoübernahme für den vertraglich vereinbarten Erfolg konkrete Umstände des Einzelfalls entscheidend Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 5

6 Beispiel: Wird ein Musiker für eine einzige Vorstellung engagiert: in der Regel Werkvertrag. Würde er dagegen für mehrere Jahre oder eine bestimmte Spielzeit engagiert: in der Regel Dienstvertrag (dann auch Urlaubsregelung). Abgrenzung zum Kaufvertrag isv. 433 BGB Kaufvertrag: Übereignung einer bereits existierenden Sache Werkvertrag: Herstellung einer noch nicht existierenden Sache Werklieferungsvertrag isv. 651 BGB: Kaufrecht anwendbar 651 S. 1 BGB: Auf einen Vertrag, der die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen zum Gegenstand hat, finden die Vorschriften über den Kauf Anwendung. Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 6

7 Besteller stellt idr. zu liefernden Stoff zur Verfügung ( 651 S. 2 BGB) Begründung: originärer Eigentumserwerb an neu hergestellter Sache nach 950 BGB (Verarbeitung) Reparatur oder sonstige Veränderung der Sache: Werkvertrag nicht vertretbare Sachen: Anwendung einzelner Vorschriften des Werkvertragsrechts neben dem Kaufrecht ( 651 S. 3 BGB) Unternehmer kann auch Dritten mit der Herstellung der Sache beauftragen h.m.: Dritter ist Erfüllungsgehilfe des Unternehmers 278 BGB BGH: Dritter ist nicht Erfüllungsgehilfe des Unternehmers 278 BGB Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 7

8 Kauf mit Montageverpflichtung, 434 Abs. 2 S. 1 BGB: Kaufrecht 434 Sachmangel (1) (2) Ein Sachmangel ist auch dann gegeben, wenn die vereinbarte Montage durch den Verkäufer oder dessen Erfüllungsgehilfen unsachgemäß durchgeführt worden ist. Ein Sachmangel liegt bei einer zur Montage bestimmten Sache ferner vor, wenn die Montageanleitung mangelhaft ist, es sei denn, die Sache ist fehlerfrei montiert worden. entscheidend ist der Schwerpunkt der geschuldeten Tätigkeit Beispiel: Anschluss einer Waschmaschine = Kaufrecht. Bau eines Fertighauses = Werkvertragsrecht Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 8

9 Gesetzliche Sonderregelungen spezielle Werkverträge außerhalb des BGB Kommissionsvertrag, 383 ff. HGB Frachtvertrag 407 ff. HGB Speditionsvertrag 453 ff. HGB Architektenverträge: Verordnung über die Honorare für Leistungen der Architekten und Ingenieure (HOAI) Bauträgerverträge: Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 9

10 AGB-Problematik erhebliche Bedeutung von AGB im Werkvertragsrecht Bauverträge: Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) Teil B der VOB (VOB/B): enthält allgemeine Vertragsbedingungen für die Bauausführung Modellregelung: gilt nicht kraft Gesetzes, sondern muss von den Parteien als AGB nach den 305 f. BGB wirksam einbezogen werden Privilegierung der VOB bei der Inhaltskontrolle isv. 307 BGB? grds. (+), Ausgewogene Regelung, daher keine Inhaltskontrolle wenn als Ganzes übernommen Ausnahme: Verbraucherverträge, 310 Abs. 1 S. 3 BGB Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 10

11 Zustandekommen des Werkvertrages nach den allgemeinen Vorschriften, 145 ff. BGB kein Formzwang Ausnahme: wenn der Werkvertrag einen mittelbaren Zwang zum Erwerb oder zur Veräußerung eines Grundstücks begründet, dann 311 b Abs. 1 BGB Sonderproblem der Ohne-Rechnung-Abrede Verstoß gegen 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG und 370 Abs. 1 Nr. 2 AO Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 11

12 Nichtigkeit gem. 134 BGB? BGH früher: Unternehmer kann sich zur Abwehr von Gewährleistungsansprüchen gem. 242 BGB nicht auf Nichtigkeit berufen BGH heute: Nichtigkeit des Werkvertrages gem. 134 BGB aufgrund strengerer Wertungen des neuen SchwarzArbG Ausschluss des Wertersatzanspruchs des Unternehmers aus 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 818 Abs. 2 BGB gem. 817 S. 2 BGB Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 12

13 Pflichten des Werkunternehmers Hauptleistungspflicht: Herstellung des versprochenen Werkes, 631 Abs. 1 BGB keine höchstpersönliche Leistungserbringung erforderlich (anders als beim Dienstvertrag nach 611 Abs. 1 BGB) Leistungserbringung durch Dritte möglich ( 278 BGB) Ausnahme: wenn Werk durch besondere Fähigkeiten des Unternehmers geprägt ist, dann stillschweigende Vereinbarung einer persönlichen Leistungspflicht Beispiel: Engagement eines Künstlers Herstellung frei von Sach- und Rechtsmängeln, 633 Abs. 1 BGB Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 13

14 Nebenpflichten Schutzpflichten nach 241 Abs. 2 BGB Besondere Bedeutung im Werkvertragsrecht intensive Einwirkungsmöglichkeit auf Rechtsgüter und Interessen des Bestellers, besonderes Vertrauensverhältnis Folgen eine Pflichtverletzung Werk wird nicht oder verspätet hergestellt: Allgemeine Vorschriften, 280 ff., 320 ff. BGB Mangel im Zeitpunkt der Abnahme ( 640 Abs. 1 BGB) oder Vollendung (auf 646 BGB): Gewährleistungsrechte aus 634 BGB Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 14

15 634 BGB Rechte des Bestellers bei Mängeln Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist, 1. nach 635 Nacherfüllung verlangen, 2. nach 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, 3. nach den 636, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach 638 die Vergütung mindern und 4. nach den 636, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen. Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 15

16 Gewährleistungsrechte des Bestellers gem. 634 BGB Nacherfüllung ( 635 BGB) Aufwendungsersatz bei Selbstvornahme (637 BGB) Rücktritt ( 636, 323, 326 Abs. 5 BGB) Minderung (638 BGB) Schadensersatz ( 636, 280, 281, 283, 311a BGB) vor Abnahme: Schadensersatz und Rücktritt nach den 280 ff., 323 ff. BGB Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 16

17 Pflichten des Bestellers Vergütungspflicht, 631 Abs. 1 BGB bei fehlender Verwaltungsvereinbarung: Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, 632 Abs. 1 BGB bei fehlender Vereinbarung über die Höhe der Vergütung: Taxmäßige Vergütung (zum Beispiel HOAI) bzw. übliche Vergütung, 632 Abs. 2 BGB Kostenvoranschlag ist im Zweifel nicht zu vergüten, 632 Abs. 3 BGB und ist nicht verbindlich (anders: Fixpreisabrede) Vorarbeiten des Unternehmers sind im Zweifel nicht zu vergüten (Sphäre des unternehmerischen Risikos) Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 17

18 bei wesentlicher Überschreitung eines unverbindlichen Kostenvoranschlages: unverzügliche Anzeige des Unternehmers gegenüber dem Besteller gem. 650 Abs. 2 BGB wesentliche Überschreitung: mehr als 10 % Kündigungsrecht des Bestellers gem. 650 Abs. 1 BGB Verstoß gegen Anzeigepflicht: Schadenersatz nach 280 Abs. 1 BGB Fälligkeit der Vergütung: mit Abnahme, 641 Abs. 1 BGB zur Vermeidung erheblicher Vorleistungen: Vereinbarung über Teilabnahme möglich, 641 Abs. 1 S. 2 BGB Schutz vor unberechtigter Abnahmeverweigerung: Abnahmefiktion, 640 Abs. 1 S. 3 BGB Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 18

19 bei Mängeln: Leistungsverweigerungsrecht mit Blick auf einen angemessenen Teil der Vergütung nach 641 Abs. 3 BGB 641 BGB (1) (2) (3) Kann der Besteller die Beseitigung eines Mangels verlangen, so kann er nach der Fälligkeit die Zahlung eines angemessenen Teils der Vergütung verweigern; angemessen ist in der Regel das Doppelte der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten. angemessener Teil: in der Regel das Doppelte der Mangelbeseitigungskosten Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 19

20 Recht des Werkunternehmers auf Abschlagszahlungen für vertragsgemäß erbrachte Leistungen, 632 a Abs. 1 S. 1 BGB Begründung: Vorleistungspflicht ist erhebliche Belastung für Werkunternehmer, kann vor allem bei mittelständischen Unternehmen Liquiditätsprobleme verursachen Fälligkeit bei der Einbeziehung von VOB/B: Fälligkeitseintritt nach Abnahme und endgültiger Schlussrechnung gem. 16 Nr. 3 VOB/B Folgen der Verletzung der Vergütungspflicht Ersatz des Verzögerungsschadens, 280 Abs. 1, 2 ivm. 286 BGB Ersatz der Verzugszinsen, 288 BGB Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 20

21 Abnahmepflicht, 640 BGB 640 BGB Abnahme (1) Der Besteller ist verpflichtet, das vertragsmäßig hergestellte Werk abzunehmen, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen ist. Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme nicht verweigert werden. Der Abnahme steht es gleich, wenn der Besteller das Werk nicht innerhalb einer ihm vom Unternehmer bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist. (2) Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 21

22 Voraussetzungen der Abnahme, 640 Abs. 1 BGB körperliche Entgegennahme des Werkes Anerkennung als vertragsgemäße Leistung wenn körperliche Entgegennahme nicht möglich: ausdrückliche oder konkludente Anerkennung als vertragsgemäße Leistung ausreichend konkludente Anerkennung: z.b. durch vorbehaltlose Ingebrauchnahme des Werkes keine Abnahmeverweigerung bei unwesentlichen Mängeln, 640 Abs. 1 S. 2 BGB für den Schutz des Bestellers ist Leistungsverweigerungsrecht nach 641 Abs. 3 BGB ausreichend Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 22

23 Abnahmefiktion des 640 Abs. 1 S. 3 BGB 640 Abs. 1 S. 3 BGB: Der Abnahme steht es gleich, wenn der Besteller das Werk nicht innerhalb einer ihm vom Unternehmer bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist. Vollendung statt Abnahme gem. 646 BGB 646 BGB: Ist nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen, so tritt in den Fällen des 634a Abs. 2 und der 641, 644 und 645 an die Stelle der Abnahme die Vollendung des Werkes. v.a. wenn nach der Verkehrsanschauung eine Anerkennung des Werkes nicht zu erwarten ist Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 23

24 Bedeutung der Abnahme nach 640 BGB Fälligkeit des Vergütungsanspruchs nach 641 Abs. 1 S. 1 BGB Übergang der Vergütungsgefahr vom Unternehmer auf den Besteller nach 644 Abs. 1 S. 1 BGB Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen von Sachmängeln, 634 BGB Beginn werkvertraglicher Verjährungsfristen, 634 a Abs. 2 BGB bei vorbehaltloser Abnahme trotz Kenntnis des Mangels: Verlust der Mängelrechte, 640 Abs. 2 BGB Beginn der Verzinsung des Vergütungsanspruchs, 641 Abs. 4 BGB Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 24

25 Mitwirkungsobliegenheit des Bestellers, 642 BGB 642 BGB Mitwirkung des Bestellers (1) Ist bei der Herstellung des Werkes eine Handlung des Bestellers erforderlich, so kann der Unternehmer, wenn der Besteller durch das Unterlassen der Handlung in Verzug der Annahme kommt, eine angemessene Entschädigung verlangen. (2) Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich einerseits nach der Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten Vergütung, andererseits nach demjenigen, was der Unternehmer infolge des Verzugs an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerben kann. Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 25

26 Pflicht des Bestellers zur Mitwirkung bei der Herstellung des Werkes, soweit dies erforderlich ist bloße Obliegenheit, keine Rechtspflicht Beispiele: Persönliches Erscheinen bei Anprobe eines Maßanzuges Hereinlassen der Handwerker in die Wohnung bei Handwerkerarbeiten Zurverfügungstellung des Grundstücks bei Bauvertrag aber: vertragliche Vereinbarung einer echten Mitwirkungspflicht möglich Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 26

27 Folgen einer Verletzung der Mitwirkungsobliegenheit Annahmeverzug des Bestellers, 295 BGB Übergang der Preisgefahr auf den Besteller, 326 Abs. 2 S. 1, 644 Abs. 1 S. 2 BGB Ersatz der Mehraufwendungen, 304 BGB Angemessene Entschädigung, 642 Abs. 1 BGB Kündigung nach 643 BGB nach Kündigung Teilvergütung gem. 645 Abs. 1 S. 2 BGB Fürsorgepflicht des Bestellers gem. 618 BGB analog bei Tätigkeit in den Räumen des Bestellers bzw. Inanspruchnahme der Gerätschaften des Bestellers Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 27

28 Gefahrtragung Leistungsgefahr, Herstellungsrisiko trägt der Unternehmer Unmöglichkeit nach 275 Abs. 1 BGB Gegenleistungsgefahr/Preisgefahr, Herstellungsrisiko trägt der Unternehmer Grundregel des 326 Abs. 1 S. 1 BGB: bei Unmöglichkeit Entfallen des Gegenleistungsanspruchs Ausnahmen: Preisgefahr trägt Besteller alleinige oder weit überwiegende Verantwortlichkeit des Bestellers, 326 Abs. 2 2 Alt. 1 BGB Annahmeverzug des Bestellers, 326 Abs. 2 Alt. 2, 644 Abs. 1 2 BGB Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 28

29 ab Abnahme, 644 Abs. 1 BGB bei fingierter Abnahme, 640 Abs. 1 S. 3 BGB bei Vollendung, 646 BGB Teilvergütung, 645 Abs. 1 BGB Teilvergütung, wenn Leistungshindernis auf von Besteller geliefertem Stoff oder seiner Anweisung beruht aber: keine Anwendung der Sphärentheorie (Erstreckung des Rechtsgedankens des 645 Abs. 1 BGB auf alle Risiken, die in der Sphäre des Bestellers wurzeln) Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 29

30 Sicherung des Vergütungsanspruchs des Unternehmers Werkunternehmerpfandrecht, 647 BGB besteht an den vom Unternehmer hergestellten oder ausgebesserten beweglichen Sachen des Bestellers wenn Sie im Zusammenhang mit der Herstellung des Werkes in Besitz des Unternehmers gelangt sind müssen im Eigentum des Bestellers stehen, 647 BGB kein gutgläubiger Erwerb des Werkunternehmerpfandrechts nach den 1207, 932 ff. BGB Begründung: Wortlaut des 1257 ( kraft Gesetzes entstandenes Pfandrecht ), Verweisung auf die 1204 ff. BGB bezieht sich nur auf gesetzlich entstandene Pfandrechte, während das Werkunternehmerpfandrecht durch gutgläubigen Erwerb ja überhaupt erst entsteht Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 30

31 Werkunternehmerpfandrecht: gesetzliches Pfandrecht isd. 1257, 1204 ff. BGB erlaubt Befriedigung aus Pfandsache gem BGB Sicherungshypothek des Bauunternehmers, 648 BGB 648 BGB gewährt einen schuldrechtlichen Anspruch auf Bestellung einer Hypothek Bauhandwerkssicherung, 648a BGB 648a BGB gewährt einen schuldrechtlichen Anspruch auf Sicherheitsleistung für Vorleistungen bei Verweigerung: Recht zu Leistungsverweigerung und Kündigung, 648 Abs. 5 S. 1 BGB Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 31

32 Gewährleistung für Sach- und Rechtsmängel ähnliche Systematik wie im Kaufrecht spezielle Sonderregelungen in den BGB im Übrigen Verweis auf allgemeines Leistungsstörungsrecht Sachmangel, 633 BGB subjektiver Mangelbegriff: primär Vereinbarung der Parteien maßgeblich lediglich subsidiär: Heranziehung objektiver Kriterien Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 32

33 633 Sach- und Rechtsmangel (1) Der Unternehmer hat dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen. (2) Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln, 1. wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst 2. für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann. Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Unternehmer ein anderes als das bestellte Werk oder das Werk in zu geringer Menge herstellt. (3) Das Werk ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf das Werk keine oder nur die im Vertrag übernommenen Rechte gegen den Besteller geltend machen können. Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 33

34 Sachmangel, 633 BGB subjektiver Mangelbegriff: primär Vereinbarung der Parteien maßgeblich Grundsatz: Maßgeblichkeit der Beschaffenheitsvereinbarung, 633 Abs. 2 S. 1 BGB 633 Abs. 1 BGB: vereinbarte Beschaffenheit ( 133, 157 BGB) 633 Abs. 2 Nr. 1 BGB: Eignung für vertraglich vorausgesetzte Verwendung 633 Abs. 2 Nr. 2 BGB: Eignung für gewöhnliche Verwendung und übliche Beschaffenheit, die Besteller erwarten kann im Gegensatz zum Kaufrecht ( 434 Abs. 1 S. 3 BGB) keine Haftung für Werbeaussagen, dann liegt aber Annahme einer Beschaffenheitsvereinbarung nahe Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 34

35 Falsch- und Minderleistung, 633 Abs. 2 S. 3 BGB Falschlieferung (aliud) vor allem bei der Herstellung und Lieferung beweglicher Sachen relevant dann aber meist Werklieferungsvertrag, 651 BGB sonst bereits durch 633 Abs. 1 BGB erfasst Zuweniglieferung (minus) S. 3 BGB greift nur dann, wenn zu geringe Menge als vollständige Erfüllung angeboten wird (verdeckte Minderleistung) Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 35

36 Rechte des Bestellers Nacherfüllung, 635 BGB Selbstvorname und Aufwendungsersatz, 637 Abs. 1 BGB Rücktritt, 323, 326 Abs. 5 BGB Minderung, 638 Abs. 1 S. 1 BGB Schadensersatz, 280, 281, 283, 311 a BGB Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 36

37 Rechte des Bestellers 634 BGB Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist, 1. nach 635 Nacherfüllung verlangen, 2. nach 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, 3. nach den 636, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach 638 die Vergütung mindern und 4. nach den 636, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen. Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 37

38 Nacherfüllung Ausdruck des Rechts auf zweite Andienung (wie im Kaufrecht) zwei Arten der Nacherfüllung: Nachbesserung oder Neuherstellung Wahlrecht liegt beim Unternehmer (anders als im Kaufrecht) Unternehmer trägt Kosten der Nacherfüllung, 635 Abs. 2 BGB P: ob auch Schäden erfasst sind, die durch Beseitigung des Mangels entstehen, ist umstritten 635 Abs. 2 BGB ist eigene Anspruchsgrundlage Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 38

39 Nacherfüllung bei Neuherstellung: Rückgewähr des mangelhaften Werkes, 635 Abs. 5 BGB Ausschlusstatbestände für die Nacherfüllung (echte) Unmöglichkeit der Nacherfüllung Leistungsverweigerungsrecht bei unverhältnismäßigen Kosten, 635 Abs. 3 BGB 635 Abs. 3 BGB geht über 275 Abs. 2 BGB hinaus Interessenabwägung entscheidend Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 39

40 Selbstvornahme und Aufwendungsersatz 637 Selbstvornahme (1) Der Besteller kann wegen eines Mangels des Werkes nach erfolglosem Ablauf einer von ihm zur Nacherfüllung bestimmten angemessenen Frist den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn nicht der Unternehmer die Nacherfüllung zu Recht verweigert. (2) keine Parallele im Kaufrecht abschließende Regelung (kein Rückgriff auf GoA oder Bereicherungsrecht) Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 40

41 Selbstvornahme und Aufwendungsersatz Voraussetzungen kein Ausschluss des Nacherfüllungsanspruch nach 275, 635 Abs. 3 BGB Setzen einer angemessenen Nacherfüllungsfrist, 637 Abs. 1 Entbehrlichkeit der Nachfristsetzung, 637 Abs. 2 S. 1 BGB Verweis auf 323 Abs. 2 BGB 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB: unberechtigte Erfüllungsverweigerung 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB: relatives Fixgeschäft 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB: besondere Umstände Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 41

42 Selbstvornahme und Aufwendungsersatz Entbehrlichkeit der Nachfristsetzung, 637 Abs. 2 S. 2 BGB Rechtsfolgen Fehlschlagen der Nacherfüllung Unzumutbarkeit für den Besteller (keine Interessenabwägung erforderlich) Aufwendungsersatzanspruch, 637 Abs. 1 BGB Erforderlichkeit der Aufwendungen objektiver Maßstab eines vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Bestellers Anspruch auf Leistung eines Vorschusses, 637 Abs. 3 BGB Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 42

43 Rücktritt Verweis auf die 323, 326 Abs. 5 BGB behebbare Mängel (qualitative Verzögerung) Fristsetzung zur Nacherfüllung erforderlich, 323 Abs. 1 BGB Entbehrlichkeit der Fristsetzung 323 Abs. 1 BGB 636 BGB (Sondervorschrift für Rücktritt beim Werkvertrag) berechtigte Nacherfüllungsverweigerung, 635 Abs. 3 BGB Fehlschlagen der Nacherfüllung Unzumutbarkeit der Nacherfüllung Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 43

44 Rücktritt 636 Besondere Bestimmungen für Rücktritt und Schadensersatz Außer in den Fällen der 281 Abs. 2 und 323 Abs. 2 bedarf es der Fristsetzung auch dann nicht, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung gemäß 635 Abs. 3 verweigert oder wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen oder dem Besteller unzumutbar ist. unbehebbare Mängel (qualitative Unmöglichkeit) Fristsetzung entbehrlich, 326 Abs. 5 BGB Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 44

45 Minderung Voraussetzungen 638 Minderung (1) Statt zurückzutreten, kann der Besteller die Vergütung durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer mindern. Der Ausschlussgrund des 323 Abs. 5 Satz 2 findet keine Anwendung. Voraussetzung des Rücktritts gem. 323, 326 Abs. 5 BGB Aber: Minderung auch bei unerheblichen Mängeln (nach 638 Abs. 1 S. 2 BGB ist 323 Abs. 5 S. 2 BGB nicht anwendbar) als Gestaltungsrecht durch Erklärung auszuüben ( 638 Abs. 1 S. 1) Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 45

46 (3) Bei der Minderung ist die Vergütung in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert des Werkes in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln. (4) Hat der Besteller mehr als die geminderte Vergütung gezahlt, so ist der Mehrbetrag vom Unternehmer zu erstatten. 346 Abs. 1 und 347 Abs. 1 finden entsprechende Anwendung. Rechtsfolgen Herabsetzung der Vergütung gem. 638 Abs. 3 S. 1 BGB in Höhe des mangelbedingten Minderwertes Erstattungsanspruch bei bereits gezahlter volle Vergütung, 638 Abs. 4 S. 1 BGB Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 46

47 einfacher Schadensersatz, 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB Mangelfolgeschäden: Schäden an sonstigen Rechten, Rechtsgütern und Interessen Integritätsinteresse Schadensersatz Verzögerungsschaden, 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, 2, 286 BGB Werkunternehmer ist mit der Nacherfüllung in Verzug kein Ersatz des Nutzungsausfallschadens (nach h.m. ersatzfähig als einfacher Schaden nach 280 Abs. 1 BGB) Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 47

48 Schadensersatz statt der Leistung Erfüllungsinteresses (Minderwert der Leistung, Kosten der Ersatzvornahme, entgangener Gewinn) behebbare Mängel, 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, 2, 281 BGB Fristsetzung erforderlich, 281 Abs. 1 S. 1 BGB Entbehrlichkeit der Fristsetzung 281 Abs. 2 BGB 636 BGB unbehebbare Mängel nachträgliches Leistungshindernis, 634 Nr.4, 280 Abs. 1, 3, 283 BGB anfängliches Leistungshindernis, 634 Nr. 4, 311a Abs. 2 BGB Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 48

49 Schadensersatz statt der ganzen Leistung (großer Schadensersatz), nur bei erheblichen Mängeln, 281 Abs. 1 S. 3 BGB Unternehmer kann mangelhaftes Werk zurückfordern, 281 Abs. 5 ivm. 346 BGB Schadensersatz statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) bei unerheblichen Mängeln Besteller behält das Werk und macht lediglich mangelbedingte Schäden geltend (mangelbedingter Minderwert, Reparaturkosten) Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 49

50 Aufwendungsersatz, 284 BGB keine Besonderheiten im Werkvertragsrecht Vorliegen der Voraussetzungen des Schadensersatzes statt der Leistung ( Anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung ) Rechtsfolgen Ersatz der Aufwendungen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung getätigt hat Begriff der Aufwendungen: freiwillige Vermögensopfer Beispiele: Vertragskosten; Kosten für Zubehör, dass extra für das Werk erworben wurde Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 50

51 Ausschluss der Mängelrechte 639, 640 Abs. 2 BGB vertraglicher Gewährleistungsausschluss gem. 639 BGB Beschränkung bei arglistigem Verschweigen eines Mangels Beschaffenheitsgarantie des Unternehmers bei AGB: Klauselverbot des 309 Nr. 8b BGB Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 51

52 gesetzlicher Gewährleistungsausschluss: 640 Abs. 2 BGB (Abnahme in Kenntnis des Mangels) Ausnahme: Abnahme unter Vorbehalt der Mängelrechte Rechtsfolge Ausschluss der Gewährleistungsrechte nach 634 Nr. 1-3 BGB (Nacherfüllung, Kostenersatz bei Selbstvornahme, Rücktritt und Minderung) Aber: Schadensersatzansprüche bleiben bestehen! 634 Nr. 4 BGB nicht in 640 Abs. 2 BGB genannt P: Fristsetzung erforderlich? denn Nacherfüllung ist gem. 640 Abs. 2 ausgeschlossen wohl (+), da Unternehmer sonst Recht zur zweiten Andienung verliert Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 52

53 Kündigung, 649 f. BGB Kündigung durch Besteller Ordentliche Kündigung, 649 S. 1 BGB jederzeit möglich kein besonderer Grund erforderlich Aber: voller Vergütungsanspruch des Unternehmers, 649 S. 2 Anrechnung ersparter Aufwendungen und sonstiger Vorteile Vermutungsregel mit Blick auf Vergütung, 649 S. 3 BGB Kündigung aus wichtigem Grund Rechtsgrundlage: 313 BGB analog bzw. 649 S. 1 BGB analog Vergütung nur für erbrachte Leistung, 649 S. 1 nicht anwendbar Kündigung bei wesentl. Überschreitung des Kostenanschlags, 650 Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 53

54 Kündigung durch Unternehmer kein freies Kündigungsrecht allerdings Kündigungsrechte in 643 und 648a Abs. 5 S. 1 BGB Kündigungsrecht bei Verletzung der Mitwirkungsobliegenheit, 643 BGB Voraussetzungen Fristsetzung Androhung der Kündigung Rechtsfolgen Vertrag gilt als aufgehoben, 643 S. 2 BGB Anspruch auf Teilvergütung, 645 Abs. 1 S. 1 BGB Kündigungsrecht bei Verweigerung der Bauhandwerkersicherung, 648a Abs. 5 S. 1 BGB Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 54

55 Verjährung Ansprüche auf Nacherfüllung, Kostenersatz bei Selbstvornahme und Schadensersatz: 634a Abs. 1 BGB bei Bauwerken: fünf Jahre ab Abnahme ( 634a Abs. 1 Nr. 2) Ausnahme: Arglist des Unternehmers, dann 634a Abs. 3 BGB bei Herstellung, Wartung und Veräußerung anderer Sachen: zwei Jahre ab Abnahme ( 634a Abs. 1 Nr. 1) Ausnahme: Arglist des Unternehmers, dann 634a Abs. 3 BGB bei sonstigen Werken: Regelverjährung ( 634a Abs. 1 Nr. 3) Ansprüche auf Rücktritt und Minderung: 634a Abs. 4, 5 BGB, 218 BGB Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 55