Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie. Teil 2: Spiele in Normalform
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- Benjamin Hausler
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1 Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie Teil 2: Spiele in Normalform Dr. Thomas Krieger Wintertrimester 2009 Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 1
2 Inhaltliche Motivation Es gibt Konfliktsituationen, in denen die Spieler ihre Strategien unabhängig voneinander ( simultan ) wählen, z.b. bei der Frage, wieviel eine Firma produzieren soll, oder welche Fahrtroute auszuwählen ist. Die Spieler können ihre Strategienwahl zu verschiedenen Zeitpunkten vornehmen. Wichtig ist, dass sie zum Zeitpunkt ihrer eigenen Wahl die Strategienwahl der übrigen Spieler nicht kennen (anderfalls muss die Konfliktsituation mittels extensiven Spielen modelliert werden). Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 2
3 Definition Normalformspiel Definition 9 Ein Spiel in Normalform G = (N, (S 1,..., S n ), (u 1,..., u n )) besteht aus einer nichtleeren Menge N = { 1, 2,..., n } von Spielern, einer nichtleeren Menge S i von Strategien für jeden Spieler i N einer Auszahlungsfunktion u i : i N S i R für jeden Spieler i N. Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 3
4 Bemerkungen zur Definition S = S 1 S 2... S n ist die Menge der (zulässigen) Strategienkombinationen (s 1,..., s n ). s i S i heisst auch reine Strategie für Spieler i (im Gegensatz zu gemischten Strategien, siehe später). u i (s) gibt die Auszahlung an Spieler i bei der Wahl der Strategienkombination s = (s 1,..., s n ) an. s = (s 1,..., s n ) wird im Folgenden oft zerlegt in s i - Strategie von Spieler i, s i := (s 1,..., s i 1, s i+1,..., s n ) - Strategien aller übrigen Spieler ausser i. Bearbeiten Sie Aufgabe 1-4 des Übungsblattes 2. Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 4
5 Das Nash-Gleichgewicht Definition 10 Es sei G = (N, (S 1,..., S n ), (u 1,..., u n )) ein Spiel in Normalform. Eine Strategienkombination (s 1,..., s n) S heisst Nash-Gleichgewicht von G, wenn für alle i N alle s i S i gilt: u i (s i, s i) u i (s i, s i). In Worten: kein Spieler i kann durch einseitiges Abweichen von si seine Auszahlung verbessern. Die Komponente si eines Gleichgewichtspunktes (s1,..., s n) heisst Gleichgewichtsstrategie des Spielers i. Bemerkung: Die obige Ungleichung muss entsprechend angepasst werden, wenn Spieler ihre Auszahlung minimieren wollen. Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 5
6 Axiomatische Charakterisierung von Nash-Gleichgewichten (1) Axiome Optimalität (O): Auf seine Erwartung s i e S i über das Verhalten seiner Mitspieler reagiert Spieler i (i = 1,..., n) optimal, d.h., er wählt ein si S i mit u i (s i, s e i) u i (s i, s e i) für alle s i S i. Rationale Erwartung (RE): Für alle Spieler i (i = 1,..., n) seien die Erwartungen rational, d.h., wenn s = (s 1,..., s n) S gespielt wird, erwartet jeder Spieler i die Konstellation s e i = s i. Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 6
7 Axiomatische Charakterisierung von Nash-Gleichgewichten (2) Es sei G ein Normalformspiel. Ein Lösungskonzept L wählt aus dem Strategienraum S eine Teilmenge von Strategienkombinationen aus: L(G) S. Lemma 11 Ist s ein Nash-Gleichgewicht eines Normalformspiels G gilt Eigenschaften (RE), dann gilt auch (O). Jedes Element einer Lösungsmenge L(G), das die Bedingungen (O) (RE) erfüllt, ist ein Nash-Gleichgewicht. = Beweis siehe Tafel. Bearbeiten Sie Aufgabe 1 2 des Übungsblattes 3. Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 7
8 Der Satz von Nikaido-Isoda (1955) Theorem 12 (Nikaido-Isoda, 1955) Es sei G = (N, (S 1,..., S n ), (u 1,..., u n )) ein Spiel in Normalform, welches die folgenden Bedingungen erfüllt: S i ist eine kompakte konvexe Teilmenge eines R n i, 1 i n. u i : S 1 S 2... S n R 1 ist stetig, 1 i n. Für jedes i {1,..., n} fest gewählte Strategien s j S j, j {1,..., n} \ {i}, ist u i (s 1,..., s i 1,., s i+1,..., s n ) : S i R 1 konkav. Dann besitzt G mindestens ein Nash-Gleichgewicht. = Beweis siehe extra Foliensatz. Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 8
9 Folgerungen Bezeichnungen Wir haben anhand der Beispiele gesehen: Normalformspiele mit überabzählbar vielen reinen Strategien können Nash-Gleichgewichte besitzen (Cournot-Duopol- Oligopol, Satz von Nikaido-Isoda). Normalformspiele mit endlich vielen reinen Strategien, also S i < für alle i N, können aber müssen keine Nash-Gleichgewichte in reinen Strategien besitzten. Wir betrachten von nun an nur noch Normalformspiele mit endlichen vielen reinen Strategien. Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 9
10 Gemischte Strategien (1) Definition 13 Es sei G = (N, (S 1,..., S n ), (u 1,..., u n )) ein endliches Normalformspiel. Eine gemischte Strategie q i des Spielers i N ist eine Wahrscheinlichkeitsverteilung über der Menge der reinen Strategien S i des Spielers i. q i ordnet jedem s i S i eine Wahrscheinlichkeit q i (s i ) zu: q i : S i [0, 1] s i q i (s i ) mit s i S i q i (s i ) = 1. Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 10
11 Gemischte Strategien (2) Q i sei die Menge der gemischten Strategien von Spieler i Q = Q 1... Q n die Menge aller gemischten Strategienkombinationen. = Graphische Darstellung für S i = 2, 3. Die reine Strategienkombination s = (s 1,..., s n ) wird mit der Wahrscheinlichkeit (wegen der unabhängigen Wahl der einzelnen gemischten Strategien) q(s) = n q i (s i ). i=1 Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 11
12 Erwartete Auszahlung Definition 14 Es sei G = (N, (S 1,..., S n ), (u 1,..., u n )) ein endliches Normalformspiel. Die erwartete Auszahlung an Spieler i N wenn q = (q 1,..., q n ) Q gespielt wird ist definiert durch U i (q) := s S q(s) u i (s) = s S n q i (s i ) u i (s). i=1 G = (N, (Q 1,..., Q n ), (U 1,..., U n )) heisst die gemischte Erweiterung von G. Bemerkung: G ist nun ein Normalformspiel mit überabzählbaren Strategienmengen. Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 12
13 Beispiel Spiele in Normalform Gegeben sei folgendes Normalformspiel (linke (Bi-)Matrix): T B L M R L M R T B status quo rüsten Wird q = (q 1, q 2 ) mit q 1 = (1/3, 2/3) q 2 = (1/6, 0, 5/6) gespielt, so ist die erwartete Auszahlung an Spieler i: status quo rüsten status quo rüsten U 1 (q) 0= 1 b 2 a = = b 0 b 2 a 2 status quo U 2 (q) = 1 b 2 a 1 0 b = = b 1 a 1 a 2 b 2 a 1 rüsten Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative b 1 a 1 Spieltheorie a 2 13
14 Der Satz von Nash Wiederholung Nash-Gleichgewicht: Eine Kombination gemischter Strategien q = (q 1,..., q n) Q ist ein Nash-Gleichgewicht von G genau dann, wenn für alle i N gilt: U i (q i, q i) U i (q i, q i) für alle q i Q i. Theorem 15 (Nash, 1951) Es sei G = (N, (S 1,..., S n ), (u 1,..., u n )) ein endliches Normalformspiel G = (N, (Q 1,..., Q n ), (U 1,..., U n )) seine gemischte Erweiterung. Dann besitzt G mindestens ein Nash-Gleichgewicht. = Beweis mittels des Satzes von Nikaido-Isoda. Ein weiterer Existenzsatz zu sogenannten teilspielperfekten Gleichgewichten wird später behandelt. Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 14
15 Mexikanisches Gaunerspiel - Gegenbeispiel (1) Lemma 16 Es gibt Normalformspiele G mit abzählbar-unendlichen Strategienmengen, die kein Nash-Gleichgewicht in G besitzen. Beispiel (Mexikanisches Gaunerspiel): Es sei n = 2 S 1 = S 2 = N. Die Auszahlungen seien wiefolgt definiert: 1 for i > j u 1 (i, j) = u 2 (i, j) = 0 for i = j. 1 for i < j Behauptung: Die gemischte Erweiterung G von G = ({1, 2}, (S 1, S 2 ), (u 1, u 2 )) besitzt weder ein Nash-Gleichgewicht in reinen noch in gemischten Strategien. Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 15
16 Mexikanisches Gaunerspiel - Gegenbeispiel (2) G besitzt kein Nash-Gleichgewicht in reinen Strategien, da sich immer ein Spieler durch abweichen verbessern kann. Es sei Q 1 = { q 1 = (x 1, x 2,...) [0, 1] : x i = 1 } Q 2 = { q 2 = (y 1, y 2,...) [0, 1] : i=1 y i = 1 }. j=1 Die erwartete Auszahlung ist definiert durch U 1 (q 1, q 2 ) = a i,j x i y j = i=1 j=1 = U 2 (q 1, q 2 ). j=1 a i,j x i y j i=1 Die Vertauschbarkeit der Reihen damit überhaupt erst die sinnvolle Definition von e G ist durch den Cauchy schen Doppelreihensatz gewährleistet. Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 16
17 Mexikanisches Gaunerspiel - Gegenbeispiel (3) Angenommen (q1, q 2 ) Q sei ein Nash-Gleichgewicht von G. Dann exitsiert nach dem Cauchy-Kriterium zu jedem ɛ > 0 ein n 0 = n 0 (ɛ) mit Damit folgt X i=n x i n 0 1 U 2 (q1, n X 0) = xi i=1 X = i=n X i=n 0 +1 x i < ɛ 2 x i = 1 für alle n n 0. X xi i=n 0 X i=n 0 +1 Analog folgt mit einem m 0 = m 0 (ɛ): U 1 (m 0, q 2 ) > 1 ɛ. Da U 1 (q 1, q 2 ) = U 2 (q 1, q 2 ) für alle (q 1, q 2 ) Q gilt, folgt x i > 1 ɛ. U 1 (q1, q 2 ) = U 2(q1, q 2 ) U 2(q1, n 0) > 1 ɛ, also U 1 (q1, q 2 ) < (1 ɛ), andererseits U 1 (q1, q 2 ) U 1(m 0, q2 ) > 1 ɛ. Zusammen folgt also 1 ɛ < U 1 (q1, q 2 ) < (1 ɛ) Widerspruch! Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 17
18 Bemerkungen: Spiele in Normalform Der Satz von Nash ist ein Existenzsatz liefert kein Verfahren zur Berechnung von Nash-Gleichgewichten. Nashs (informelle) Bemerkung zur Berechnung von Nash-Gleichgewichten: The complexity of the mathematical work needed for a complete investigation increases rather rapidly, however, with increasing complexity of the game; so that analysis of a game much more complex than the examples given here might only be feasible using approximate computational methods. (Nash, 1951) Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 18
19 Test auf Nash-Gleichgewicht Lemma 17 Es sei G = (N, (S 1,..., S n ), (u 1,..., u n )) ein endliches Normalformspiel G = (N, (Q 1,..., Q n ), (U 1,..., U n )) seine gemischte Erweiterung. (q 1,..., q n) Q ist ein Nash-Gleichgewicht von G genau dann, wenn U i (s i, q i ) U i(q i, q i ) für alle s i S i. Beweis: = : ist klar, da jede reine Strategie s i S i mit jener gemischten Strategie q i Q i identifiziert werden kann, für die gilt: q i (s i ) = 1. = : Es sei i N q i Q i beliebig. Dann folgt nach Multiplikation der obigen Ungleichung mit q i (s i )( 0) Summation U i (q i, q i ) Def. = X s i S i q i (s i ) U i (s i, q i ) X q i (s i ) U i (qi, q i ) = U i (qi, q i ), s i S i also ist (q 1,..., q n ) ein Nash-Gleichgewicht von e G. Bearbeiten Sie Aufgabe 1 des Übungsblattes 4. Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 19
20 Beste Antworten Spiele in Normalform Es sei q i eine Kombination gemischter Strategien ausser für Spieler i. Eine Strategie q i Q i heißt eine beste Antwort auf q i für Spieler i, falls gilt U i (q i, q i ) = max eq i Q i U i ( q i, q i ). Diese Größe existiert stets, da Q i eine kompakte Menge U i ( q i, q i ) eine stetige Funktion (insbesondere) auf Q i ist. Eine reine Strategie s i S i heißt eine beste Antwort auf q i in reinen Strategien für Spieler i, falls gilt U i (s i, q i ) = max es i S i U i ( s i, q i ). (q1,..., q n) Q ist ein Nash-Gleichgewicht in G genau dann, wenn qi beste Antwort auf q i für alle i N ist (wechselseitig beste Antworten). Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 20
21 Antwortsatz Spiele in Normalform Lemma 18 Es sei G = (N, (S 1,..., S n ), (u 1,..., u n )) ein endliches Normalformspiel G = (N, (Q 1,..., Q n ), (U 1,..., U n )) seine gemischte Erweiterung. Ferner sei q i eine Kombination gemischter Strategien außer für Spieler i, 1 i n, q i Q i. Dann gilt (a) U i := max qi Q i U i (q i, q i ) = max si S i U i (s i, q i ) die folgenden Aussagen sind äquivalent: (b) q i ist unter den gemischten Strategien beste Antwort auf q i mit Auszahlung U i = U i (q i, q i ); (c) Für alle s i S i mit q i (s i ) > 0 ist s i unter den reinen Strategien beste Antwort auf q i, mit U i (s i, q i ) = U i. Der Antwortsatz hat eine große Bedeutung bei der Bestimmung von Nash-Gleichgewichten. Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 21
22 Antwortsatz - Beweis (1) Wegen der Endlichkeit von S i existiert ein s i S i mit Dann gilt zunächst U i (s i, q i ) = max s i S i U i (s i, q i ). U i (s i, q i ) max q i Q i U i (q i, q i ) Def. = U i weiter ist U i Def. = max q i Q i U i (q i, q i ) 8 9 < Def. X = = max q i (s i ) U i (s i, q i ) q i Q i : ; s i S i 8 9 < X = max q i (s i ) U i (si, q i ) q i Q i : ; s i S i = U i (s i, q i ), womit (a) gezeigt ist. Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 22
23 Antwortsatz - Beweis (2) Wir zeigen (b) (c): Sei q i eine beliebige gemischte Strategie von Spieler i S i := { s i S i : U i (s i, q i ) = U i } ( ). Für alle s i S i \ S i gilt daher: U i (s i, q i ) < U i, also U i (s i, q i ) U i ε für ein ɛ > 0. Man wähle beispielsweise ɛ := U i max si S i \Si 2 (Das ist möglich, da S i endlich ist). Es gilt zunächst für alle q i Q i U i (q i, q i ) = X q i (s i ) U i (s i, q i ) s i S i U i (s i, q i ). = X q i (s i ) U i (s i, q i ) + X q i (s i ) U i (s i, q i ) s i Si {z } {z } = Ui s i S i \Si Ui ɛ Ui X X q i (s i ) + (Ui ɛ) q i (s i ) = Ui α ɛ. s i S i {z } = 1 α (0,1] s i S i \S i {z } :=α [0,1) Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 23
24 Antwortsatz - Beweis (3) (b) = (c): Es sei q i beste Antwort auf q i. Dann folgt U i = U i (q i, q i ) U i α ɛ, also α = 0. Dies ist gleichbedeutend mit q i (s i ) = 0 für alle s i S i \ Si. Damit muss ein s i mit q i (s i ) > 0 aus der Menge Si sein, womit also per Definition Ui = U i (s i, q i ) damit (c) gilt. (Bemerkung: es kann durchaus s i Si geben, mit q i (s i ) = 0.) (c) = (b): Sei q i Q i nach (c) gelte für alle s i S i mit q i (s i ) > 0, dass Ui = U i (s i, q i ). Dann folgt q i (s i ) = 0 für alle s i S i \ S i. Also gilt U i (q i, q i ) = X q i (s i ) U i (s i, q i ) s i S i = X q i (s i ) U i (s i, q i ) + X s i Si {z } = Ui s i S i \S i q i (s i ) U i (s i, q i ) = Ui, {z } = 0 d.h. q i ist beste Antwort auf q i. Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 24
25 Beispiel (1) Spiele in Normalform Wir betrachten das 2-Personen-Normalformspiel von Folie 13 mit folgenden Bezeichnungen: Versuch 1: Besitzt dieses Spiel Nash-Gleichgewichte in reinen Strategien? Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 25
26 Beispiel (2) Spiele in Normalform Versuch 2: Gibt es ein Nash-Gleichgewicht q = (q 1, q 2 ) Q mit Zunächst gilt q 1 (T ) > 0, q 1 (B) > 0 q 2 (L) = 1? U 1 (T, q 2 ) = 7 U 1(B, q 2 ) = 2. Angenommen es gäbe ein Nash-Gleichgewicht der obigen Art, dann ist q1 beste Antwort auf q 2 nach Teil (c) des Antwortsatzes müsste gelten U 1 (T, q2 ) = U 1(B, q2 ). Widerspruch! Versuch 3: Analog zeigt man, dass in einem Nash-Gleichgewicht jeder Spieler mindestens zwei reine Strategien mischen muss. Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 26
27 Beispiel (3) Spiele in Normalform Versuch 4: Gibt es ein vollständig-gemischtes Nash-Gleichgewicht q = (q1, q 2 ) Q, d.h., q 1 (T ) > 0, q 1 (B) > 0 q 2 (L) > 0, q 2 (M) > 0, q 2 (R) > 0? Angenommen es gäbe ein Nash-Gleichgewicht der obigen Art, dann müsste nach Teil (c) des Antwortsatzes gelten also U 2 = U 2(q 1, L) = U 2(q 1, M) = U 2(q 1, R), U 2 = 2 q 1 (T ) + 7 q 1 (B) = 7 q 1 (T ) + 2 q 1 (B) Damit folgt = 6 q 1 (T ) + 5 q 1 (B). q 1 (T ) = q 1 (B) = 1 2 q 1 (T ) = 3 q 1 (B). Widerspruch! (nicht beides erfüllbar) Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 27
28 Beispiel (4) Spiele in Normalform Versuch 5: Gibt es ein Nash-Gleichgewicht q = (q 1, q 2 ) Q mit q 1 (T ) > 0, q 1 (B) > 0 q 2 (L) = 0, q 2 (M) > 0, q 2 (R) > 0? Angenommen es gäbe ein Nash-Gleichgewicht der obigen Art, dann müsste nach Teil (c) des Antwortsatzes gelten also U 1 = U 1(T, q 2 ) = U 1(B, q 2 ), U 1 = 2 q 2 (M) + 3 q 2 (R) = 7 q 2 (M) + 4 q 2 (R). Damit folgt wegen q 2 (M) + q 2 (R) = 1 q 2 (M) = 1 4 q 2 (R) = 5 4. Widerspruch! (Wahrscheinlichkeiten müssen 0 sein) Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 28
29 Beispiel (5) Spiele in Normalform Versuch 6: Gibt es ein Nash-Gleichgewicht q = (q 1, q 2 ) Q mit q 1 (T ) > 0, q 1 (B) > 0 q 2 (L) > 0, q 2 (M) > 0, q 2 (R) = 0? Angenommen es gäbe ein Nash-Gleichgewicht der obigen Art, dann müsste nach Teil (c) des Antwortsatzes gelten U 1 = U 1(T, q 2 ) = U 1(B, q 2 ) U 2 = U 2(q 1, L) = U 2(q 1, M) also U1 = 7 q2 (L) + 2 q 2 (M) = 2 q 2 (L) + 7 q 2 (M) U2 = 7 q1 (T ) + 2 q 2 (B) = 2 q 2 (T ) + 7 q 2 (B). Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 29
30 Beispiel (6) - Versuch 6 Fortsetzung Die Lösung dieses Gleichungssystems (unter Berücksichtigung von qi Q i ) ist mit q 1 (T ) = q 1 (B) = 1 2 Es gilt aber q 2 (L) = q 2 (M) = 1 2 U 1 = U 2 = 9 2 = 4.5. U 2 = 4.5 < 5.5 = U 2(q 1, R). Widerspruch! (Strategie R ausserhalb des Trägers liefert höhere Auszahlung) Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 30
31 Beispiel (7) Spiele in Normalform Versuch 7:... dieser muss wegen des Satzes von Nash erfolgreich sein, also ein Nash-Gleichgewicht liefern. Wir suchen also das Nash-Gleichgewicht q = (q 1, q 2 ) Q mit q 1 (T ) > 0, q 1 (B) > 0 q 2 (L) > 0, q 2 (M) = 0, q 2 (R) > 0. Mit Teil (c) des Antwortsatzes gilt U 1 = U 1(T, q 2 ) = U 1(B, q 2 ) U 2 = U 2(q 1, L) = U 2(q 1, R) also U1 = 7 q2 (L) + 3 q 2 (R) = 2 q 2 (L) + 4 q 2 (R) U2 = 2 q1 (T ) + 7 q 2 (B) = 6 q 2 (T ) + 5 q 2 (B). Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 31
32 Beispiel (8) - Versuch 7 Fortsetzung Die Lösung dieses Gleichungssystems (unter Berücksichtigung von qi Q i ) ist q 1 (T ) = 1 3, q 1 (B) = 2 3 q 2 (L) = 1 6, q 2 (R) = 5 6 mit Diesmal gilt U 1 = 22 6 = 32 3 U 2 = 16 3 = U 2 > U 2(q 1, M) = Nach dem Antwortsatz mit dem Test-Lemma ist damit obiges (q1, q 2 ) das einzige Nash-Gleichgewicht des Spiels. Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 32
33 Algorithmus zur Bestimmung von Nash-Gleichgewichten 1 Wähle für jeden Spieler i {1, 2} eine beliebige Teilmenge D i S i. 2 Bestimme (q1, q 2 ) aus dem linearen (!) Gleichungssystem w 1 = U 1 (s 1, q2 ) für alle s 1 D 1 mit q2 (s 2) = 1, s 2 D 2 w 2 = U 2 (q 1, s 2) für alle s 2 D 2 mit 3 Gilt überdies s 1 D 1 q 1 (s 1) = 1. q i (s i ) 0 für alle s i D i, i = 1, 2, sowie U 1 (s 1, q 2 ) w 1 für alle s 1 S 1 \ D 1 U 2 (q 1, s 2) w 2 für alle s 2 S 2 \ D 2, dann ist (q1, q 2 ) Q ein Nash-Gleichgewicht mit U 1 (q1, q 2 ) = w 1 U 2 (q1, q 2 ) = w 2. Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 33
34 Bemerkungen (1) Bearbeiten Sie Aufgabe 2 3 des Übungsblattes 4. Um alle Nash-Gleichgewichte zu bestimmen, müssen D 1 D 2 = (2 S 1 1) (2 S 2 1) Kombinationen durchprobiert werden! Nach dem Satz von Nash existiert mindestens eine Kombination gemischter Strategien, die alle Bedingungen der letzten Folie erfüllt. Der obige Algorithmus kann direkt für die Bestimmung von Nash-Gleichgewichten in n-personen-normalformspielen verwendet werden. Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 34
35 Bemerkungen (2) Es gibt weitere Algorithmen zur Bestimmung von Nash-Gleichgewichten, namentlich werden hier nur zwei erwähnt: Für n = 2: Algorithmus von Lemke-Howson Für n beliebig: Algorithmus von Scarf-Hansen Große Bedeutung haben nicht-entartete 2-Personen-Normalformspiele: Definition 19 Ein 2-Personen-Normalformspiel heisst entartet, falls für einen Spieler i eine gemischte Strategie q i Q i existiert, auf die der Gegner mehr als C(q i ) reine beste Antworten hat. Dabei ist C(q i ) := { s i S i : q i (s i ) > 0 } der Träger der Strategie q i Q i. Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 35
36 Bemerkungen (3) Für nicht-entartete 2-Personen-Normalformspiele gilt nun: Die Anzahl der Nash-Gleichgewichte ist ungerade ( damit insbesondere endlich). Interessant am Rande: Die Lösung eines n-personen-normalformspiels mit n 4 kann auf die Lösung eines geeigneten 3-Personen-Normalformspiels zurückgeführt werden (Bubelis, 1978) Für n 3 müssen zur Bestimmung von Nash-Gleichgewichten in gemischten Strategien i.a. nicht-lineare (!) Gleichungssysteme gelöst werden. Es gilt daher i.a. nicht mehr: wenn u i (s) Q für alle s S, dann auch q i Q S i für alle s i S i. Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 36
37 Bemerkungen (4) Oft gibt es mehrer Nash-Gleichgewichte (in reinen in gemischten Strategien) in einem Normalformspiel: Welches Nash-Gleichgewicht wird dann gespielt (-> Koordinierung, Auswahltheorie)? Sind (q1, q 2 ) ( q 1, q 2 ) jeweils ein Nash-Gleichgewicht, so gilt: I.A. sind weder (q 1, q 2 ) noch ( q 1, q 2 ) Nash-Gleichgewichte. I.A. sind die Auszahlungen U i (q1, q 2 ) U i( q 1, q 2 ), i = 1, 2, verschieden. = Finden Sie Beispiele, die das zeigen!! Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 37
38 Bemerkungen (5) Gemeinsames Abweichen der Spieler von den Gleichgewichtsstrategien kann für beide gewinnbringend sein (vgl. auch Gefangenen-Dilemma) Einziges Nash-Gleichgewicht ist (1, 1). Die Auszahlung bei (2, 2) ist echt besser für beide bei (3, 1) (3, 2) zumindest besser für Spieler 2. Dies zeigt, Nash-Gleichgewichte müssen nicht Paretooptimal sein. Das Konzept des Nash-Gleichgewichts versagt, wenn die 1 2 Spieler bindende Vereinbarungen treffen könnten: wähle (3, 2) teile entsprechend die 8 Einheiten auf Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 38
39 Bemerkungen (6) Aufgr psychologischer Gründe können manche Nash-Gleichgewichte als plausibler erscheinen als andere: Im linken Spiel Lsind (1, M1) (2, R 2) die (einzigen) Nash-Gleichgewichte. In (1, 1) könnte Spieler 1 Angst vor einem Abweichen des Spielers 2 haben. Daher wird Spieler 1 vielleicht eher das Nash-Gleichgewicht 1 (2, 2) 2 bevorzugen, indem Spieler T 2 dann sogar mehr gewinnt. Im rechten Spiel 7 sind (2, 2 1) 3 (1, 2) Nash-Gleichgewichte 0 ( es0 gibt noch 1 eines in gemischten Strategien). Das Nash-Gleichgewicht (2, 1) ist sogar Auszahlungsdominant! B In (1, 2) hat aber kein Spieler mehr Angst Dr. Thomas Krieger Vorlesung: 2 Nicht-kooperative Spieltheorie 39
40 Literatur (1) Spiele in Normalform S. K. Berninghaus, K.-M. Ehrhart, W. Güth: Strategische Spiele. Springer-Verlag, Berlin u.a., 2. Auflage, V. Bubelis: On Equilibria in Finite Games. International Journal of Game Theory, Vol 8, Issue 2, pages 65-79, B. Rauhut, N. Schmitz, E.-W. Zachow: Spieltheorie: Einführung in die mathematische Theorie strategischer Spiele. Teubner-Verlag, Stuttgart, M. J. Canty: Konfliktlösungen mit Mathematica R. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg, R. B. Myerson: Game Theory - Analysis of Conflict. Havard University Press, Cambridge, Massachusetts, London, England, J. F. Nash: Non-cooperative Games. Annals of Mathematics, Vol 54, pages , H. Nikoida, K. Isoda: Note on noncooperative convex games. Pacific Journal of Mathematics, Vol 5, pages , Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 40
41 Literatur (2) Spiele in Normalform M. Dresher: Strategische Spiele - Theorie Praxis. Verlag Industrielle Organisation. Zürich, W. Güth: Markt- Preistheorie. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg u.a., R. Avenhaus, Th. Krieger: Unannounced Interim Inspections. ITIS-study for the Joint Research Centre of the European Commission, Institute for the Protection and the Security of the Citizen, Ispra, Final Report March H. E. Scarf: The Computation of Economic Equilibria. Yale University Press, New Haven, Connecticut, C. E. Lemke, J. T. Howson: Equilibrium points of bimatrix games. SIAM Journal on Applied Mathematics, Vol 12, pages , K. H. Borgwardt: Optimierung, Operations Research, Spieltheorie. Birkhäuser Verlag, Basel Boston Berlin, Dr. Thomas Krieger Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie 41
Vorlesung: Nicht-kooperative Spieltheorie. Teil 2: Spiele in Normalform
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