Prüfung durch den MDK Grundlagen und Grenzen der Prüfungstätigkeit
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- Elke Steinmann
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1 Prüfung durch den MDK Grundlagen und Grenzen der Prüfungstätigkeit 6. Gefäßspezifisches DRG-Seminar & Ökonomie in der Gefäßtherapie am 19./ in Offenbach Rechtsanwalt Friedrich W. Mohr Fachanwalt für Medizinrecht, Mainz 1
2 Rechtliche Zulässigkeit von Prüfungen durch den MDK 2
3 Arten der MDK-Prüfungen 1. Einzelfallprüfungen 2. Stichprobenprüfungen 3. Strukturprüfungen 3
4 1. Einzelfallprüfungen Rechtsgrundlage ist 275 Abs. 1 i.v.m. 275 Abs. 1c SGB V. Die Krankenkassen beauftragen den MDK zur Durchführung einer Prüfung (verdachtsabhängige Einzelfallprüfung). Inhalt und Umfang der Einzelfallprüfung ergibt sich aus dem Auftrag. Danach kann auch die Abrechnung im Hinblick auf strukturelle Voraussetzungen geprüft werden. Diese Prüfung bezieht sich immer nur auf die konkrete Abrechnung, z. B. die Mindestmerkmale eines OPS-Kodes für die konkrete Abrechnungskonstellation. Dies ist im eigentlichen Sinne keine Strukturprüfung, wie sie der MDK in seinen Checklisten zugrunde legt. 4
5 2. Stichprobenprüfungen Rechtgrundlage ist 17c KHG. Die Stichprobenprüfung bezieht sich auf - Fehlbelegungsprüfung (primär und sekundär) - Vorzeitige Verlegung/Entlassung aus wirtschaftlichen Gründen - Ordnungsgemäßheit der Abrechnung im DRG-System Hierzu gibt es eine Gemeinsame Empfehlung zu 17c KHG zwischen DKG und Spitzenverbänden der Krankenkassen nebst Anlagen und Anhänge. Der Prüfablauf ist formal bis ins Einzelne vorgegeben. 5
6 2. Stichprobenprüfungen Da sich die Stichprobenprüfung auch auf die ordnungsgemäße Abrechnung bezieht, können Gegenstand auch die Abrechnungsvoraussetzungen (z. B. Mindestmerkmale von Komplexbehandlungen) einer Organisationseinheit sein. Ausdrücklich sind als Prüfgegenstand in der Gemeinsamen Empfehlung Diagnosen, Prozeduren und Entgelte genannt. Der Geltungsbereich der Stichprobenprüfung ist eingeschränkt auf Behandlungen, die nicht länger als 180 Kalendertage vor der Unterrichtung über den Prüfauftrag zurückliegen. Maßgeblich ist der Entlassungstag. 6
7 2. Stichprobenprüfungen Der MDK fertigt einen abschließenden Prüfbericht und übermittelt diesen innerhalb von acht Wochen nach Abschluss der Prüfung den auftraggebenden Krankenkassen und dem Krankenhaus. Der Prüfbericht enthält zwingend auch ein Protokoll über die Dissenzfälle. Dies sind die sog. streitig protokollierten Fälle. 7
8 2. Stichprobenprüfungen Folgen der Stichprobenprüfung: Die Krankenkassen stellen nach 17c Abs. 3 KHG Ursachen und Umfang der Fehlabrechnung fest. Die Prüfung bezieht sich sowohl auf zu hohe als auch zu niedrige Abrechnungen. Ziel ist die Durchführung eines pauschalierten Ausgleichsverfahrens. Damit soll eine Erstattung oder Nachzahlung in jedem Einzelfall vermieden werden. 8
9 2. Stichprobenprüfungen Folgen der Stichprobenprüfung: Einigen sich die Vertragsparteien nicht über ein pauschaliertes Ausgleichsverfahren, kann die jeweilige Krankenkasse je Einzelfall eine Berichtigung verlangen. Wurden DRG-Fallpauschalen grob fahrlässig zu hoch abgerechnet, ist der Differenzbetrag und zusätzlich ein Betrag in der selben Höhe zu zahlen. Auch dies kann in das pauschalierte Ausgleichsverfahren eingebunden werden. 9
10 2. Stichprobenprüfungen Rechtsschutz Soweit im Land eine Schlichtungsstelle nach 17c KHG besteht, kann diese eine Schlichtung zwischen den Vertragsparteien durchführen. Die Schlichtung bezieht sich auf die sog. Dissenzfälle und die wirtschaftlichen Folgen. Der Schlichtungsspruch ist für die Parteien nicht verbindlich, sie können ihn also ablehnen oder akzeptieren. Bei Ablehnung des Schlichtungsspruches können die damit verbundenen Folgen Gegenstand sein. - eines Schiedsstellenverfahrens nach 18a KHG oder - von Sozialgerichtsverfahren 10
11 3. Strukturprüfungen Eine allgemeine Strukturprüfung des MDK zur Erfüllung von Mindestvoraussetzungen von OPS-Kodes ist gesetzlich nicht vorgesehen. Die vom MDK eingeführten Checklisten der SEG 4 sind einseitig und müssen nicht ausgefüllt werden. 11
12 3. Strukturprüfungen Für einzelne Bereiche sieht der Gemeinsame Bundesausschuss Prüfungen des MDK zur Einhaltung von Qualitätssicherungsvereinbarungen vor: - Prüfung der Konformitätserklärung durch den MDK gem. 6 Abs. 2 Qualitätssicherungsvereinbarung zum Bauchaortenaneurysma; die Konformitätserklärung ist Gegenstand der Pflegesatzverhandlung. - Prüfung der Anforderungen der Qualitätssicherungsmaßnahme bei der Durchführung der Positronenemissionstomographie (PET) durch den MDK gem. 7 Abs. 1 der Vereinbarung. - Prüfung der Checkliste gemäß 7 Abs. 2 der Qualitätssicherungsvereinbarung über Maßnahmen zur Qualitätssicherung für die stationäre Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit hämato-onkologischen Krankheiten (Kinder- Onkologie) durch den MDK; dies ist Gegenstand der Pflegesatzverhandlung. 12
13 3. Strukturprüfungen - Prüfung der Checkliste gemäß 5 der Qualitätssicherungsvereinbarung bei der Durchführung der Protonentherapie (Indikation Rektumkarzinom) durch den MDK. Die Checkliste ist Gegenstand der Pflegesatzverhandlung. - Prüfung der Checkliste gemäß 5 Abs. 3 der Qualitätssicherungsvereinbarung bei der Versorgung von Früh- und Neugeborenen durch den MDK; die Checkliste ist Gegenstand der Pflegesatzverhandlung. Für diese Zwecke kann der MDK eine Begehung durchführen. Soweit sich der MDK nicht auf Beschlüsse des G-BA oder auf spezielle Rechtsgrundlagen beziehen kann, ist eine Strukturprüfung unzulässig. 13
14 3. Strukturprüfungen Fazit In den Fällen, in denen der MDK einseitig Checklisten vorgibt, ist sorgfältig zu prüfen, ob das Krankenhaus sich darauf einlässt. Gleichfalls ist sorgfältig zu überlegen, ob das Krankenhaus einer Prüfung vor Ort zustimmt. Erfahrungsgemäß holt das Krankenhaus die Checkliste im Rahmen von Entgeltverhandlungen, Schiedsstellenverfahren und Sozialgerichtsverfahren wieder ein. Häufig interpretieren die Krankenkassen/MDK die sog. Mindestmerkmale anders als das Krankenhaus. Insoweit ist selbst bei gutem Willen zur Zusammenarbeit eine realistische Abwägung und Vorsicht geboten. 14
15 Rolle des MDK 15
16 BSG-Urteil vom B 3 KR 22/05 R Rolle des MDK Leitsätze: 1. Verstöße des MDK gegen KÜV muss sich Krankenkasse nicht zurechnen lassen. 2. MDK ist weder Vertreter noch Erfüllungsgehilfe der Krankenkasse. 3. MDK wird im eigenen Pflichtenkreis tätig. 4. MDK ist (wohl) nicht an die Regelungen des KÜV gebunden. 16
17 BSG-Urteil vom B 3 KR 22/05 R Rolle des MDK Anmerkung: Es ist zweifelhaft, ob das BSG noch heute diese Auffassung vertritt. Der MDK ist richtiger Auffassung nach Erfüllungsgehilfe der Krankenkassen. Verstöße des MDK sind m. E. der Krankenkasse, die den Auftrag erteilt, zuzurechnen. Um sicher zu gehen, sind Beanstandungen des Prüfungsverfahrens auch der Krankenkasse schriftlich mitzuteilen, damit diese die Möglichkeit hat, auf das Prüfungsverfahren einzuwirken. 17
18 Prüfungsverfahren Einleitung und Abschluss 18
19 Prüfungseinleitung 275 Abs. 1c SGB V: Grundsatz: Zeitnahe Durchführung der Prüfung Einleitung des Prüfverfahrens spätestens 6 Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse Anzeigepflicht durch den MDK gegenüber dem Krankenhaus 19
20 Prüfungseinleitung Versäumen der 6-Wochen-Frist / Keine Anzeige durch MDK Die überwiegende Rechtsprechung geht von einem Einwendungsausschluss der Krankenkassen aus. Konsequenz davon ist: Das SG klärt den Sachverhalt nicht weiter auf und verurteilt die Krankenkasse zur Zahlung. Die versäumte MDK-Prüfung kann durch das SG nicht mehr nachgeholt werden. Die Krankenkassen sind somit auch im Gerichtsverfahren mit Einwendungen medizinischer Art ausgeschlossen. (SG Hannover, Urteil vom , Az.: S 10 KR 885/09 SG Darmstadt, Urteil vom , Az.: S 18 KR 344/08 SG Augsburg, Urteil vom , Az.: S 12 KR 35/09 SG Schwerin, Urteil vom , Az.: S 8 KR 125/08, SG Stuttgart vom , Az.: S 9 KR 3838/09). 20
21 Prüfungseinleitung Die Prüfungspflicht ergibt sich aus 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V Im Grundsatz sind die Krankenkassen verpflichtet, den MDK bei allen medizinischen Fragestellungen zur Prüfung zu beauftragen. Der MDK hat ein exklusives Prüfungsrecht für medizinische Fragestellungen. 21
22 Prüfungseinleitung Die Verpflichtung der Krankenkasse bezieht sich auf Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung Krankheitsverlauf Prüfung von Voraussetzungen der Leistung Art und Umfang der Leistung ordnungsgemäße Abrechnung (Auffälligkeiten) 22
23 Prüfungseinleitung Lediglich zur Klärung von reinen Rechtsfragen bedarf es nicht der Beauftragung des MDK also im Grunde nur für den Restbereich, bei dem es keiner Einsicht in die Krankenunterlagen bedarf, z. B.: Einwand der Krankenkasse, dass die erbrachte Leistung nicht zum Versorgungsauftrag des Krankenhauses gehört; Einwand der Krankenkasse, die Deutsche Kodierrichtlinie (DKR) sei anders auszulegen Einwand der Krankenkasse, der Patient sei bei ihr nicht versichert. 23
24 Prüfungsabschluss 275 Abs. 1c Satz 1 SGB V stellt den Grundsatz der zeitnahen Prüfung in den Vordergrund. Die Prüfung zeitnah durchzuführen umfasst auch den zeitnahen Abschluss des Prüfungsverfahrens. GKV-WSG-Gesetzesbegründung: Nach Satz 1 der Neuregelung ist eine Einzelfallprüfung zeitnah durchzuführen. Dies gilt für sämtliche Schritte der Einleitung durch die Krankenkasse und der Durchführung der Prüfung durch den Medizinischen Dienst... Exakte Fristen werden vom Gesetzgeber jedoch nicht vorgegeben. 24
25 Prüfungsabschluss Gerichtsbescheid SG für das Saarland vom , Az.: S 23 KR 78/11 nicht rechtskräftig Das SG Saarland geht davon aus, dass der Abschluss eines Prüfungsverfahrens 7 Monate nach Übersendung der Rechnung gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt. Das Krankenhaus konnte aufgrund des Zeitablaufs darauf vertrauen, dass die Krankenkasse keine Einwendungen mehr erheben wird, zumal das Haushaltsjahr des Krankenhauses beendet war. Der Gesetzgeber habe durch 275 Abs. 1c SGB V (6-Wochen-Frist) deutlich gemacht, dass die Einzelfallprüfungen zielorientiert und zügig zu erfolgen haben. Dafür habe die Krankenkasse Sorge zu tragen. 25
26 Prüfungsabschluss Rechtsgedanke aus der Gemeinsamen Empfehlung zu 17c KHG zwischen der DKG und den Spitzenverbänden der Krankenkassen: Nach 2 Abs. 10 der Gemeinsamen Empfehlung zu 17c KHG hat der MDK die Prüfung innerhalb einer Frist von 8 Wochen mit einem Prüfbericht abzuschließen. Übertragen auf die Einzelfallprüfung bedeutet dies: Nach Ablauf der 6-Wochen-Frist verbleiben dem MDK noch 8 Wochen zur Erstellung des Prüfungsberichts. 26
27 Prüfungsabschluss Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom Az.: L 5 KR 14/11 nichts rechtskräftig - Leitsatz: Wenn Abrechnungen der Krankenhäuser durch den MDK überprüft werden sollen, muss dies nach 275 Abs. 1c SGB V zeitnah erfolgen. Diesen unbestimmten Rechtsbegriff hat das Bayerische Landessozialgericht nunmehr konkretisiert. Vergeht ein Zeitraum von 8 Monaten ungenutzt, sind die Krankenhäuser auf Dauer berechtigt, die Herausgabe der Behandlungsakten zu verweigern. Das LSG geht davon aus, dass nach weit über 7 Monaten das Kriterium der Zeitnähe nicht mehr erfüllt ist. Nach Ablauf dieses Zeitraumes ist ein Krankenhaus auf Dauer berechtigt, die Überprüfung durch den MDK zu verweigern. Dies ergibt sich aus dem Verstoß gegen das Gebot der Zeitnähe. 27
28 Prüfungsabschluss Das Krankenhaus sollte der Krankenkasse eine 8-Wochen-Frist zum Abschluss des MDK-Prüfungsverfahrens setzen. Auch die Krankenkassen setzen neuerdings Fristen: Die AOK Hessen verlangt vom Krankenhaus, dass es spätestens am letzten Kalendertag des Monats Februar des Folgejahres erklärt, dass es mit einer Rechnungskürzung nicht einverstanden ist. Nach Auffassung der AOK entspreche dies dem Grundsatz von Treu und Glauben, andernfalls geht die AOK davon aus, dass die Rechnungskürzung akzeptiert wird! 28
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