Berufs- und Vergütungsrecht für die Anwaltschaft
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- Kristian Hartmann
- vor 8 Jahren
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1 Ergänzungsblatt zur Textausgabe Berufs- und Vergütungsrecht für die Anwaltschaft 1. Auflage, 2005 Rechtsstand:
2 Einführung in das anwaltliche Berufs- und Vergütungsrecht Die wichtigsten Rechtsänderungen seit im Überblick von Rechtsanwalt Dr. Mario Axmann, Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Stuttgart Nachfolgend werden die wichtigsten Neuerungen zum 1. Juli 2006 in RVG, BORA und FAO komprimiert dargestellt: Zu VI. Spezielle anwaltliche Berufspflichten (S. XI) 1. Verhältnis zum Mandanten a. Verschwiegenheitspflicht... b. Interessenkollision (S. XII) Zum 1. Juli 2006 gilt es folgende Neuregelung zu beachten: Nach 3 Abs. 2 S. 1 BORA gilt das Verbot des 3 Abs. 1 BORA auch für alle mit ihm in derselben Berufsausübungs- oder Bürogemeinschaft gleich welcher Rechtsoder Organisationsform verbundenen Rechtsanwälte. Damit findet eine umfassende Ausdehnung (sog. Sozietätserstreckung) des Verbots der Wahrnehmung widerstreitender Interessen auf alle Rechtsanwälte statt, die mit dem mandatsbearbeitenden Anwalt in derselben Berufsausübungs- oder Bürogemeinschaft verbunden sind. Neben der ausdrücklich genannten Bürogemeinschaft werden wegen des Begriffs der Berufsausübungsgemeinschaft alle anderen Rechts- oder Organisationsformen erfasst, in denen die betroffenen Anwälte assoziert sind. Erfasst werden Sozietäten in Form einer GbR, Partnerschaftsgesellschaften, Anwaltskapitalgesellschaften und alle Gesellschaften ausländischen Rechts (z. B. LLP), unabhängig davon, ob es sich um örtliche, intraurbane und überörtliche Zusammenschlüsse handelt. Auf den Status des vom Verbot betroffenen Anwalts kommt es nicht an, weshalb neben den sog. echten Partnern oder Sozien auch angestellte Anwälte erfasst sind. Bisher war man nahezu einhellig der Ansicht, dass das Einverständnis oder die Einwilligung der betroffenen Mandanten bezüglich einer Vertretung widerstreitender Interessen die Pflichtwidrigkeit unter keinen Umständen beseitigen konnte. Davon wird nun in zwei Fällen (und nur in diesen!) durch
3 den zum neu eingeführten 3 Abs. 2 S. 2 BORA eine partielle Ausnahme gemacht. Das Verbot des Absatzes 1 wird dann nicht auch auf die mit einem Anwalt in einer Berufsausübungsgemeinschaft verbundenen Anwälte erstreckt, wenn sich die betroffenen Mandanten (beide!) in den widerstreitenden Mandaten nach umfassender Information ausdrücklich mit einer Vertretung einverstanden erklärt haben. Die eben dargestellten Grundsätze gelten nicht für Fälle, bei denen trotz Einverständnis der betroffenen Mandanten Belange der Rechtspflege entgegenstehen. Wegen des Verweises in 3 Abs. 3 BORA gilt das eben Gesagte auch für den Fall des Kanzleiwechsels. Zu VII. Das anwaltliche Werberecht (S. XVI) Wichtige Neuerungen enthält der neu gefasste 7 BORA, der zum 1. März 2006 in Kraft getreten ist. Durch die Neufassung des 7 BORA ist die Unterscheidung in Interessen- und Tätigkeitsschwerpunkte weggefallen. Statt dessen ist es nun möglich, Teilbereiche der Berufstätigkeit zu benennen, die sich in die zwei Gruppen aufteilen lassen. Solche ohne qualifizierenden Zusatz ( 7 Abs. 1 Satz 1 BORA), wie z. B. RA Bernd Beispiel, Erbrecht und solche mit qualifizierendem Zusatz ( 7 Abs. 1 Satz 2 BORA), wie z. B. RA Bernd Beispiel, Experte für Sportrecht und Spezialist für Mietrecht. Nach 7 Abs. 1 Satz 1 BORA ist eine Benennung von Teilbereichen der Berufstätigkeit immer zulässig, wenn der Rechtsanwalt die entsprechenden Kenntnisse, die er in der Ausbildung, durch Berufstätigkeit, Veröffentlichungen oder in sonstiger Weise erworben hat, nachweisen kann. Bei der Angabe von Tätigkeitsgebieten mit qualifizierendem Zusatz muss der Rechtsanwalt zusätzlich über entsprechende theoretische Kenntnisse verfügen und auf dem benannten Gebiet in erheblichem Umfang tätig gewesen sein. Zu beachten ist jedoch zusätzlich, dass für alle Benennungen gilt, dass keine Verwechslungsgefahr mit einer Fachanwaltschaft bestehen darf ( 7 Abs. 2 BORA). Der Verfasser ist der Auffassung, dass bei einer bloßen Teilbereichsbenennung ohne qualifizierenden Zusatz in der Regel keine Verwechslungsgefahr besteht, selbst wenn der bezeichnete Teilbereich in seiner Gesamtheit Gegenstand einer Fachanwaltsbezeichnung ist. Bei einer Teilbereichsbenennung mit qualifizierendem Zusatz allerdings liegt eine Verwechslungsgefahr dann vor, wenn der qualifizierende Hinweis auf Kenntnisse den vollständigen Inhalt einer Fachanwaltschaft charakterisiert. Daher sind zum Beispiel die Zusätze Spezialist für Medizinrecht oder Experte für Erbrecht nicht zu-
4 lässig. Werden dagegen nur Teilgegenstände von Fachanwaltschaften wie zum Beispiel Spezialist für Mietrecht oder außerhalb von Fachanwaltschaften liegende Teilbereiche (z. B. Spezialist für Sportrecht ) benannt, besteht die in 7 Abs. 2 BORA angesprochene Verwechslungsgefahr nicht. Zu VIII. Die Fachanwaltsordnung (FAO) (S. XVI) In der FAO ( 2ff. FAO) sind vor allem die Voraussetzungen für die Verleihung der einzelnen Fachanwaltsbezeichnungen geregelt. Lange Jahre bestand nur die Möglichkeit, Fachanwalt für Verwaltungs-, Steuer-, Arbeits-, Sozial-, Familien-, Straf-, Insolvenz- und Versicherungsrecht zu werden. Die Satzungsversammlung hat mittlerweile darüber hinaus die folgenden neuen Fachanwaltschaften beschlossen: Bau- und Architektenrecht, Erbrecht, Medizinrecht, Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Transport- und Speditionsrecht und Verkehrsrecht. Zum 1. Juli 2006 kommen die neuen Fachanwaltschaften Gewerblicher Rechtsschutz und Handels- und Gesellschaftsrecht hinzu. Zu IX. Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) (S. XVI) Seit 1. Juli 2006 gilt Artikel 5 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes, der 34 RVG für den Bereich der außergerichtlichen Beratung und Vertretung ändert. Danach soll der Rechtsanwalt für die Beratung und die Tätigkeit als Mediator auf eine Gebührenvereinbarung hinwirken. Wenn keine Vereinbarung getroffen worden ist, erhält er Gebühren nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts. Ist der Auftraggeber Verbraucher, beträgt die Gebühr für die Beratung oder die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens höchstens 250,00. Vom 1. Juli 2006 an besteht die Notwendigkeit, das Honorar für Beratungstätigkeit nach 4 RVG zu vereinbaren. Ohne eine solche Vergütungsvereinbarung ist der Anwalt auf die Vorschriften des Bürgerlichen Rechts verwiesen, was Streitigkeiten Tür und Tor öffnet. Ab 1. Juli 2006 wird die Vergütung für Beratung und Gutachten nicht mehr in den Nrn VV, sondern nur noch in 34 RVG zu finden sein. Die Nrn VV werden dadurch neu besetzt, dass die bis dahinter folgenden Nummern des VV nach vorne geschoben werden.
5 Die wichtigsten Neuregelungen werden nachfolgend im seit geltenden Wortlaut abgedruckt: 3 BORA Widerstreitende Interessen, Versagung der Berufstätigkeit (1) Der Rechtsanwalt darf nicht tätig werden, wenn er eine andere Partei in derselben Rechtssache im widerstreitenden Interesse bereits beraten oder vertreten hat oder mit dieser Rechtssache in sonstiger Weise im Sinne der 45, 46 Bundesrechtsanwaltsordnung beruflich befasst war. (2) Das Verbot des Abs. 1 gilt auch für alle mit ihm in derselben Berufsausübungs- oder Bürogemeinschaft gleich welcher Rechts- oder Organisationsform verbundenen Rechtsanwälte. Satz 1 gilt nicht, wenn sich im Einzelfall die betroffenen Mandanten in den widerstreitenden Mandaten nach umfassender Information mit der Vertretung ausdrücklich einverstanden erklärt haben und Belange der Rechtspflege nicht entgegenstehen. Information und Einverständniserklärung sollen in Textform erfolgen. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für den Fall, dass der Rechtsanwalt von einer Berufsausübungs- oder Bürogemeinschaft zu einer anderen Berufsausübungs- oder Bürogemeinschaft wechselt. (4) Wer erkennt, dass er entgegen den Absätzen 1 bis 3 tätig ist, hat unverzüglich seinen Mandanten davon zu unterrichten und alle Mandate in derselben Rechtssache zu beenden. (5) Die vorstehenden Regelungen lassen die Verpflichtung zur Verschwiegenheit unberührt. 6 BORA Werbung (1) Der Rechtsanwalt darf über seine Dienstleistung und seine Person informieren, soweit die Angaben sachlich unterrichten und berufsbezogen sind. (2) 1 Die Angabe von Erfolgs- und Umsatzzahlen ist unzulässig. 2 Hinweise auf Mandate und Mandanten sind nur in Praxisbroschüren, Rundschreiben und anderen vergleichbaren Informationsmitteln oder auf Anfrage zulässig, soweit der Mandant ausdrücklich eingewilligt hat. (3) Der Rechtsanwalt darf nicht daran mitwirken, dass Dritte für ihn Werbung betreiben, die ihm selbst verboten ist.
6 7 BORA Bennenung von Teilbereichen der Berufstätigkeit (1) 1 Unabhängig von Fachanwaltsbezeichnungen darf Teilbereiche der Berufstätigkeit nur benennen, wer seinen Angaben entsprechende Kenntnisse nachweisen kann, die in der Ausbildung, durch Berufstätigkeit, Veröffentlichungen oder in sonstiger Weise erworben wurden. 2 Wer qualifizierende Zusätze verwendet, muss zusätzlich über entsprechende theoretische Kenntnisse verfügen und auf dem benannten Gebiet in erheblichem Umfang tätig gewesen sein. (2) Benennungen nach Absatz 1 sind unzulässig, soweit sie die Gefahr einer Verwechslung mit Fachanwaltschaften begründen oder sonst irreführend sind. (3) Die vorstehenden Regelungen gelten für Berufsausübungsgemeinschaften nach 9 entsprechend. 1 FAO Zugelassene Fachanwaltsbezeichnungen 1 Fachanwaltsbezeichnungen können gemäß 43 c Abs. 1 Satz 2 Bundesrechtsanwaltsordnung für das Verwaltungsrecht, das Steuerrecht, das Arbeitsrecht und das Sozialrecht verliehen werden. 2 Weitere Fachanwaltsbezeichnungen können für das Familienrecht, das Strafrecht, das Insolvenzrecht, das Versicherungsrecht, das Medizinrecht, das Miet- und Wohnungseigentumsrecht, das Verkehrsrecht, das Bau- und Architektenrecht, das Erbrecht, das Transport- und Speditionsrecht, den gewerblichen Rechtsschutz sowie das Handels- und Gesellschaftsrecht verliehen werden. 5 FAO Erwerb der besonderen praktischen Erfahrungen 1 Der Erwerb besonderer praktischer Erfahrungen setzt voraus dass der Antragsteller innerhalb der letzten drei Jahre vor der Antragstellung im Fachgebiet als Rechtsanwalt persönlich und weisungsfrei bearbeitet hat:...(a n) o) Gewerblicher Rechtsschutz: 80 Fälle aus mindestens drei verschiedenen Bereichen des 14 h Nr. 1 bis 5. Höchstens fünf Fälle dürfen Schutzrechtsanmeldungen sein, wobei eine Sammelanmeldung als eine Anmeldung zählt. Mindestens 30 Fälle müssen rechtsförmliche, davon mindestens 15 gerichtliche Verfahren sein. p) Handels- und Gesellschaftsrecht: 80 Fälle aus mindestens 3 verschiedenen Bereichen des 14 i Nr.1 und 2, davon mindestens 20 rechtsförmliche Ver-
7 fahren sowie mindestens 20 Fälle, die die Gestaltung von Gesellschaftsverträgen oder die Gründung oder Umwandlung von Gesellschaften zum Gegenstand haben. Von den rechtsförmlichen Verfahren müssen 5 Fälle einen wesentlichen handelsrechtlichen und 5 Fälle einen wesentlichen gesellschaftsrechtlichen Bezug aufweisen; höchstens 10 Fälle dürfen solche der freiwilligen Gerichtsbarkeit sein. 14 h FAO Nachzuweisende besondere Kenntnisse im gewerblichen Rechtsschutz Für das Fachgebiet gewerblicher Rechtsschutz sind besondere Kenntnisse nachzuweisen in den Bereichen: 1. Patent-, Gebrauchsmuster-, Geschmacksmuster- und Sortenschutzrecht, 2. Recht der Marken und sonstigen Kennzeichen, 3. Recht gegen den unlauteren Wettbewerb, 4. Recht der europäischen Patente, Marken und Geschmacksmuster sowie des europäischen Sortenschutzes, 5. Urheberrechtliche Bezüge des gewerblichen Rechtsschutzes, 6. Verfahrensrecht und Besonderheiten des Prozessrechts. 14 i FAO Nachzuweisende besondere Kenntnisse im Handels- und Gesellschaftsrecht Für das Fachgebiet Handels- und Gesellschaftsrecht sind besondere Kenntnisse nachzuweisen in den Bereichen: 1. Materielles Handelsrecht, insbesondere das Recht des Handelsstandes ( HGB) und der Handelsgeschäfte ( HGB) sowie internationales Kaufrecht, insbesondere UN-Kaufrecht. 2. Materielles Gesellschaftsrecht, insbesondere a) das Recht der Personengesellschaften, b) das Recht der Kapitalgesellschaften, c) internationales Gesellschaftsrecht, insbesondere Grundzüge des europäischen Gesellschaftsrechts sowie der europäischen Aktiengesellschaft,
8 d) Konzernrecht, insbesondere das Recht der verbundenen Unternehmen, e) Umwandlungsrecht, f) Grundzüge des Bilanz- und Steuerrechts, g) Grundzüge des Dienstvertrags- und Mitbestimmungsrechts. 3. Bezüge des Handels- und Gesellschaftsrechts zum Arbeitsrecht, Kartellrecht, Handwerks- und Gewerberecht, Erb- und Familienrecht sowie zum Insolvenz- und Strafrecht, 4. Besonderheiten der Verfahrens- und Prozessführung. 34 RVG Beratung, Gutachten und Mediation (1) 1 Für einen mündlichen oder schriftlichen Rat oder eine Auskunft (Beratung), die nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängen, für die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens und für die Tätigkeit als Mediator soll der Rechtsanwalt auf eine Gebührenvereinbarung hinwirken, soweit in Teil 2 Abschnitt 1 des Vergütungsverzeichnisses keine Gebühren bestimmt sind. 2 Wenn keine Vereinbarung getroffen worden ist, erhält der Rechtsanwalt Gebühren nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. 3 Ist im Fall des Satzes 2 der Auftraggeber Verbraucher, beträgt die Gebühr für die Beratung oder für die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens jeweils höchstens 250 Euro; 14 Abs. 1 gilt entsprechend; für ein erstes Beratungsgespräch beträgt die Gebühr jedoch höchstens 190 Euro. (2) Wenn nichts anderes vereinbart ist, ist die Gebühr für die Beratung auf eine Gebühr für eine sonstige Tätigkeit, die mit der Beratung zusammenhängt, anzurechnen.
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