Keywords Susceptibility to infections, primary immunodeficiencies (PID)
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- Gerhard Lenz
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1 Immundefekte Schattauer GmbH Definition der Infektanfälligkeit und Klassifikation angeborener Immundefekte Stand2007 Volker Wahn 1,Tim Niehues 2,Michael Weiß 3 1 CharitéUniversitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum,Klinik für Pädiatriem.S.Pneumologieund Immunologie (Direktor:Prof. Dr. med. U. Wahn) 2 Kinderklinik Krefeld (Chefarzt: PD Dr. med. T. Niehues) 3 Kinderkrankenhaus AmsterdamerStraßeKöln, Kinder- und Jugendmedizin (Leiter:Prof. Dr. med. M. Weiß) Schlüsselwörter Infektanfälligkeit, primäre Immundefekte Zusammenfassung Bei gesunden Kindern verlaufen Infektionen in der Regel akut und ohne Residuen und lassen sich, falls bakteriell verursacht, gut antibiotisch behandeln. Bei einzelnen Kindern weichen die Verläufe von Infektionen jedoch deutlich von diesen Kriterien ab, sodass ein primärerodererworbener Immundefekt vermutet werden muss. Wir versuchen mit diesembeitrag, AnfälligkeitgegenüberInfektionen zu definieren unddie aktuell gültige Klassifikation für primäre Immundefektezusammenzufassen. Keywords Susceptibility to infections, primary immunodeficiencies (PID) Summary In healthy children infections occur but are usually acute without sequelae and, if of bacterial origin, responsive to antibiotic treatment. In some children, however,the clinical corse does not meet these criteria, and a primary or acquired immunodeficiency must be suspected.we try todefine susceptibility to infections and summarize the current classification of PID. Definition of susceptibility toinfections and classification ofprimary immunodeficiencies Kinder-und Jugendmedizin 2008; 8: Einer der Arbeitsschwerpunkte der pädiatrischen Immunologen ist die Analyse des infektanfälligen Kindes mit der Frage, obder Infektanfälligkeit eine angeborene oder erworbene Störung des Immunsystems zugrunde liegt, bei der mehrunternommen werden mussalsnur die manifesten Infektionen zu behandeln. Bevor somit Immundefekte klassifiziert werden, ist es notwendig, bereitsaus klinischer Sicht diejenigen Kinder auszuwählen, bei denen ein Immundefekt denkbar ist. Viele Informationen finden sich zu dieser Thematik z.b. unter Bereits im Editorial wurde eine allgemeinedefinitionder Infektanfälligkeit gegeben. Siesoll hier nicht wiederholt werden. Sie kann physiologisch, aber auch pathologisch sein. Infektanfälligkeit per se ist also nichts Krankhaftes, sondern Ausdruck fehlender Immunität, die ja erst im Laufe des kindlichen Lebens erworben wird. An Art und Verlauf von Infektionen kann aber abgelesen werden, ob möglicherweise eine angeborene Störung vorliegenkönnte. Neben diesen Kriterien wurden von der Jeffrey Modell Foundation (JMF) vor vielen Jahren zehn Warnzeichen definiert, die auf angeborene Immundefekte hinweisen können.aufbauend auf dieser Mitteilung wurden vom Erstautor im Jahr 2000 folgende zwölf Warnzeichen definiert, die inzwischen von vielen Zentren verwendet werden: 1. positive Familienanamnese für angeborene Immundefekte 2. achtodermehreitrigeotitidenpro Jahr 3. zwei oder mehr schweresinusitiden pro Jahr 4. zwei oder mehr Pneumonien innerhalb einesjahres 5. indizierte antibiotische Therapie über zwei odermehrmonate ohne Effekt 6. Impfkomplikationen bei Lebendimpfungen(insbesondere Bacille Calmette- Guérin [BCG] und Polio nach Sabin) 7. Gedeihstörung im Säuglingsalter, mit oder ohne chronischedurchfälle 8. rezidivierende tiefe Haut- und Organabszesse 9. zwei oder mehr viszerale Infektionen (Meningitis, Osteomyelitis, septische Arthritis, Empyem, Sepsis) Tab. 1 Lokale Ursachen für rezidivierende, aber monotopeinfektionen Infektionsort Haut Atemwege Ohren Meningen Harnwege möglicheursache Ekzem, Verbrennungen cystischefibrose Ziliendyskinesie-Syndrom bronchopulmonale Dysplasie Asthma bronchiale ösophagotracheale Fistel Bronchialfehlbildungen Fremdkörperaspiration Adenoide Neuroporus, Liquorfistel Reflux, Fehlbildungen Eingegangen:13. Dezember2007; angenommen: 19. Dezember2007 Kinder- undjugendmedizin 3/2008
2 130 Wahn, Niehues,Weiß Tab. 2 Kombinierte Defekte (SCID=schwerer kombinierter Immundefekt, =X-chromosomal-rezessive, JAK=Janus-assoziierte Kinase, IL-7Rα=IL-7-Rezeptor α, =autosomal-rezessive,nk=natürlichekillerzellen,datp=desoxyadenosintriphosphat, dgtp=desoxyguanosindiphosphat, ZAP-70=Zeta-assoziiertesProtein mit 70 kd,tap=transporterassociatedwithantigenprocessing,tapbp=tap-bindendesprotein,dclre=dnacrosslinkrepairprotein,rmrp=rnaofmitochondrialrna-processingendoribonuclease,f=xrcc4-likefactor) Bezeichnung 1. SCID (T-B+)* (a) X-chromosomal(γc-Defekt) (b) autosomal-rezessiv Jak3-Defekt (c) IL-7Rα-Defekt (d) CD45-Defekt (e) CD3δ/CD3ε/CD3ζ-Defekt 2. SCID (T-B-)* (a) RAG-1/RAG-2-Defekt (b) DCLREIC(Artemis)-Defekt (c) Adenosindesaminase(A)-Mangel (d) retikuläredysgenesie 3. Omenn-Syndrom 4. DNA-Ligase IV Pathogenese/Gendefekt Mutationen inγ-kette der IL-2, 4, 7, 9, 15, 21-Rezeptoren Mutationen imjak3-gen Mutationen imil-7rα-gen Mutationen imcd45-gen Mutationen imcd3δ-, CD3ε-oder CD3ζ-Gen Mutationen im RAG1/2-Gen Mutationen imartemis-dna-rekombinase-reparatur-protein, defekte VDJ-Rekombination T- und B-Zell-Defekte aufgrund von toxischen Metaboliten (z. B. datp, S-adenosylhomocystein) infolge eines Enzymmangels defekte Reifung von T-und B-Zellen und myeloischen Zellen (Stammzell-Defekt) Missense-Mutationen imrag1/2-gen, beiil-7rα, Artemis oder RMRP Mutationen inder DNA-Ligase IV: defekte VDJ-Rekombination besonderemerkmale stark verminderte Anzahl an NK-Zellen stark verminderte Anzahl an NK-Zellen normale Anzahl an NK-Zellen normale Anzahl an γδ-t-zellen normale NK-Zellen radiosensitiv: erhöhte Sensitivität gegenüber ionisierenden Strahlen Granulozytopenie, Thrombozytopenie Erythrodermie, Eosinophilie, hohe IgE, Hepatosplenomegalie radiosensitiv, Mikrozephalie, faziale Dystrophie 5. Cernunnos/F-Mangel Mutation bei Cernunnos Mikrozephalie, intrauterine Wachstumsretardierung, Radiosensitivität 6. CD40-Ligand-Mangel (X-chromosomales Hyper-IgM-Syndrom) 7. CD40-Mangel 8. Purin-Nucleosid-Phosphorylase(PNP)- Mangel Mutationen imcd40-ligand-gen, gestörtesignalübertragung in B- und dendritischen Zellen Mutationen imcd40-gen, gestörte Signalübertragung in B- und dendritischen Zellen T-Zell-Defekt aufgrund von toxischen Metaboliten (z. B. dgtp) infolge eines Enzymmangels 9. CD3γ-Defekt Defekte beicd3γ 10. CD8-Mangel 11. ZAP-70-Defekt Mutationen imcd8α-gen Mutationen imzap-70-kinase-gen 12. Defekt des CRAC-Kanals (Ca-Kanals) Mutation beiorai-1, einer Komponentedes Ca-Kanals Neutropenie, Thrombozytopenie, hämolytische Anämie, Gastrointestinal- und Leberbeteiligung, opportunistischeinfektionen Neutropenie, Gastrointestinal- und Leberbeteiligung, opportunistische Infektionen autoimmunhämolytische Anämie, neurologische Symptome Autoimmunität, anhidrotische Ektodermaldysplasie, nicht progressive Myopathie 13. MHC-Klasse-I-Defekt Mutationen imtap-1-, TAP-2-oder TAPBP(Tapasin)-Gen CD4 normal, CD8 vermindert, Vaskulitis 14. MHC-Klasse-II-Defekt Mutationen intranskriptionsfaktorgenen für MHC-Klasse-II-Moleküle (CIITA oder RFX5, RFXAP, RFXANK) 15. Winged-Helix-Nude(WHN)-Defekt Mutationen imfoxn1-gen, das für den Forkhead-N1-Transkriptionsfaktor kodiert CD4 normal oder vermindert Alopezie, abnormes Thymusepithel(menschliche Nacktmaus) 16. CD25-Mangel Defekt der IL-2Rα-Kette CD4 normaloder leicht vermindert 17. STAT5b-Mangel Defekt imstat5b-gen, Störung der Entwicklung von γ/δ-zellen und regulatorischen T- und NK-Zellen, gestörte T-Zell-Proliferation *Atypische Fälle von SCID können bei sogenannten hypomorphen somatischen Mutationen oder bei einerangeborenen GvHD maternale T-Zellen haben. STH-refraktärer Minderwuchs, Dysmorphie, Ekzem, LIP 10. persistierende Candida-Infektionen an Haut oder Schleimhaut jenseits des 1. Lebensjahres 11. chronische Graft-versus-Host-Reaktion (z.b. unklare Erytheme bei kleinen Säuglingen) 12. rezidivierende systemische Infektionen mitatypischen Mykobakterien Warum werden nun nicht zehn ( sondern diese zwölf Warnzeichen vorgeschlagen?bei der JMF sind die Warnzeichen 3 und 8 sehr ähnlich und können zusammengefasst werden. Auch die Kriterien 6 und 9 sind sehr ähnlich.dagegen fehlen Hinweise aufdie chronische Graft-versus-Host- Reaktion sowie die Hinweise auf disseminierte Infektionen mit atypischen Mykobakterien. Kinder- undjugendmedizin 3/2008
3 131 Klassifikation angeborener Immundefekte Tab. 3 Immundefekte, bei denen der Antikörpermangel im Vordergrund steht ( =X-chromosomal-rezessiv, =autosomal-rezessiv, =autosomal-dominanter Erbgang, BLNK =B-Zell-Linker-Protein, ICOS =inducible costimulator, TACI=transmembrane activator, calcium modulator and cyclophilin ligand interactor, BAFF =B-cell activating factor, AID=Aktivierungs-induzierteCytidin-Desaminase,UNG =Uracil-DNA N-Glykosylase,Ig(κ)=Immunglobulinmit kappa-leichtkette, btk=bruton styrosinkinase) Bezeichnung Pathogenese/Gendefekt 1. starke Reduktion aller Immunglobulin-Isotypen (a) X-chromosomale Agammaglobulinämie (b) µ-schwerketten-mangel (c) λ5-mangel (d) Igα-Mangel (e) Igβ-Mangel (f) BLNK-Mangel (g) Good-Syndrom Mutationen imbtk-gen Mutationen bei der µ-schwerkette Mutationen bei λ5 Mutationen bei Igα Mutationen imigβ Mutationen bei BLNK (h) Myelodysplasie Einzelfälle mit Monosomie 7, Trisomie 8 oder Dyskeratosis congenita 2. starke Reduktion von mindestens zwei Ig-Isotypen (IgG und IgA), B-Zellzahl variabel CVID* Alterationen bei TACI, BAFFR, Msh5 fungieren als relevante Polymorphismen Konstellationen der Immunglobuline sporadisch besonderemerkmale, normale Anzahl von Pro-B-Zellen schwere bakterielle Infektionen Infektionen, verminderte Anzahl von Pro-B-Zellen variabel Infektionen, verminderte Anzahl von Pro-B-Zellen IgGund IgA erniedrigt, IgM kann normal sein variabel, 10 % mit positiver Familienanamnese Infektionen; autoimmune, granulomatöse und lymphoproliferative Komplikationen (a) ICOS-Mangel Mutationen bei ICOS IgGund IgA erniedrigt, IgM kann normal sein schwere bakterielle Infektionen (b) CD19-Mangel Mutationen bei CD19 IgG und IgA erniedrigt, IgM kann normal sein schwere bakterielle Infektionen (c) X-chromosomales lymphoproliferatives Syndrom 3. Verminderung von IgG und IgA bei normalemoder erhöhtem IgM Mutationen imsh2d1a-gen alle Isotypen können vermindert sein einige Patienten haben Antikörpermangel, die meisten eine fulminante EBV-Infektion oder ein Lymphom (a) CD40-Ligand-Mangel Mutationen imcd40l, =CD154 IgG und IgA erniedrigt, IgM normal oder erhöht, B-Zellen normal oder erhöht (b) CD40-Mangel Mutationen bei CD40 IgG und IgA erniedrigt, IgM normal oder erhöht, B-Zellen normaloder erhöht (c) AID-Mangel(activationinduced Cytidin deaminase) (d) UNG-Mangel(Uracil-N- Glykosylase) 4. Isotyp- oder Leichtkettenmangelmit normalen B-Zellen (a) Defekt der schweren Immunoglobulinkette (b) κ-ketten-defekt opportunistische Infektionen, Neutropenie, Autoimmunität opportunistische Infektionen, Neutropenie Mutationen imaid-gen IgG und IgA erniedrigt vergrößerte Lymphknoten und Keimzentren Mutationen imung-gen IgG und IgA erniedrigt vergrößerte Lymphknoten und Keimzentren chromosomaler Defekt bei 14q32 Punktmutationen bei Chromosom 2p11 beieinigen Patienten IgG1 oder IgG2 und IgG4 nicht vorhanden und in einigen Fällen IgE und IgA1 oder IgA2 nicht vorhanden Ig(κ) erniedrigt: Antikörper-Reaktion normal oder erniedrigt nicht immer symptomatisch teilweise asymptomatisch (c) IgG-Subklassen-Defekt Verminderung einer oder mehrerer Subklassen variabel rezidivierende Infektionen (d) IgA-plus IgG-Subklassen- Mangel Verminderung von IgA und einer oder mehrerer Subklassen variabel teilweiseasymptomatisch (e) selektiver IgA-Mangel sehr wenigemit TACI-Mutation IgAstark vermindert oder fehlend variabel meist asymptomatisch, teilweiseschlechteantwort auf Polysaccharid-Ag; einigeentwickeln sich zum CVID, andere sind damit familiär koexistent 5. Antikörpermangel mit normalen Immunglobulinen und B-Zellen 6. transitorische Hypogammaglobulinämiedes Säuglings *unterschiedliche klinische Phänotypen normal selektive Unfähigkeit zur Bildung von spezifischen Antikörpern, z.b.polysaccharid-antikörpern Differenzierungsdefekt: verspätete Reifung der Helferzell-Funktion IgG und IgA erniedrigt häufig infamilien mit anderen Immundefekten Kinder-und Jugendmedizin 3/2008
4 132 Wahn, Niehues,Weiß Tab. 4 Andere gut definierte Immundefekt-Syndrome (=X-chromosomal-rezessiv, =autosomal-rezessiv, =autosomal-dominant, WASP=Wiskott-Aldrich-Syndrom-Protein, MRE11=meiotische Rekombination 11, NK=natürliche Killerzellen, CTL=zytotoxische T-Zellen, EBV=Epstein-Barr-Virus, RMPR=RNA component of mitochondrial RNA-processing endoribonuclease, SMCALI=SWI/SNF-related, matrix-associated, actin-dependent regulator of chromatin, subfamily alpha-like 1, AP3B1=adaptor-related protein complex 3, β1-subunit) Bezeichnung genetischerdefekt 1. Wiskott-Aldrich-Syndrom Mutationen imwasp-gen, zytoskelettaler Defekt, der die Hämatopoesebetrifft 2. DNA-Reparatur-Defekte (a) Ataxia teleangiectatica (Louis-Bar-Syndrom) (b) Ataxia-ähnliches-Syndrom (c) Nijmegen breakage syndrome (d) Bloom-Syndrom Mutation im A-T-Gen (ATM), Störung des Zellzyklus, führt zuchromosomaler Instabilität Mutationen immre 11-Gen (kodiert für DNA- Reparaturenzym) Defekt innbs1 (Nibrin), Störung des Zellzyklus und DNA-Reparatur Mutation beihelikase 3. Thymusdefekte: DiGeorge-Anomalie Defekt, der zu90%diethymus-entwicklung betrifft, Mutation beim Transkriptionsfaktor TBX1 4. Immunoossäre Dysplasien De-novo-Defekt oder besondere Merkmale Thrombozytopenie, kleine defekte Plättchen, Ekzeme, Lymphome, Autoimmunerkrankungen, IgA-Nephropathie, bakterielle und viraleinfektionen, selten X-chromosomale Neutropenie Ataxie, Teleangiektasien, variablestörungen bei IgG-Subklassen, IgA und IgE, spezifischen Antikörpern, Vermehrung des monomeren IgM, erhöhtes alpha 1-Fetoprotein, lymphoretikuläre und andere Malignome, Radiosensitivität mäßig ausgeprägte Ataxie, stark radiosensitiv Mikrozephalie, Vogel-ähnliches Gesicht, Lymphome, radiosensitiv, chromosomale Instabilität chromosomale Instabilität, radiosensitiv, Knochenmarkinsuffizienz, Leukämie, Lymphome, Minderwuchs, Vogelkopfgesicht, Lichtempfindlichkeit, Teleangiektasien Hypoparathyroidismus: conotrunkalemissbildungen, auffälligefacies, partielle Monosomie von 22q11-pter oder 10p beieinigen Patienten (a) Knorpel-Haar-Hypoplasie Mutation bei RMRP kurzgliedriger Zwergenwuchs, Dysostosen, wenig Haare, Anämie, Neutropenie, erhöhteanfälligkeit für maligne Erkrankungen (b) Schimke-Syndrom Mutation beismcali Minderwuchs, spondyloepiphysäre Knochendysplasien, Nephropathie 5. Hyper-IgE-Syndrome (a) Hiob-Syndrom Mutationen bei STAT3 Candidiasis der Nägelu.a., kalte Staphylokokken-Abszesse, Ekzeme, Pneumatocelen, typischefacies, Osteoporose, Skoliose, Dentitionsanomalien, Hypermobilität (b) HIES Mutationen bei Tyk2 Anfälligkeit gegenüber intrazellulären Bakterien, keine skelettalen Auffälligkeiten (c) HIES mit Virusinfektion und ZNS-Vaskulitis/Blutung Anfälligkeit gegenüber Bakterien, Viren und Pilzen, Vaskulitis, ZNS-Blutung, keine skelettalen Auffälligkeiten 6. chronisch-mukokutane Candidiasis,, sporadisch chronisch-mukokutanecandidiasis, gestörte zelluläre Immunität gegenüber Candida, Autoimmunität, keine Ektodermaldysplasie 7. Immundefekt mit venookklusiver Erkrankung der Leber Mutation beisp110 venookklusive Erkrankung der Leber, Hepatosplenomegalie, PCP, Thrombopenie 8. Hoyerall-Hreidarsson-Syndrom Mutationen beim Dyskerin I. u. Minderwuchs, Mikrozephalie, Panzytopenie, Reduktion von NK-Zellen und -Funktion Man könnte diesewarnzeichen um weitere ergänzen, so z.b.invasive Infektionen mit Pneumokokken, Staphylokokken oder Salmonellen, oder aber auch die Herpesenzephalitis. Man befürchtet aber, dass dann die Griffigkeit verloren geht und damit die einfache Anwendung. Zum jetzigen Zeitpunkt sollen daher die zwölf Warnzeichen beibehalten werden, die Formulierungen werden aber immer wieder überdacht und präzisiert. Differenzialdiagnostisch ist, inbesonderebei monotopen Infektionen, immer an lokale Ursachen für Infektionen zu denken, wofür Tabelle1Beispiele liefert. Bereits in der Praxis können einfache Untersuchungen gemacht werden, die circa zwei Drittel aller primären Immundefekte erfassen: Blutbild mitdifferenzialblutbild quantitative Bestimmung der Immunglobuline IgG, IgA und IgM (nicht Eiweißelektrophorese) Die Untersuchungen sollten nicht bei aktuell vorliegender Infektion durchgeführt werden. Eine routinemäßige Untersuchung von IgG-Subklassen als Screening wird nicht empfohlen,zum einen wegen der Kosten, zum anderen wegen der notwendigen Erfahrung für die richtige Interpretation der Ergebnisse. Auf der Basis o. g. Untersuchungen können verschiedeneergebnisse auf Immundefekte hinweisen: Leukopenie Leukozytose Lymphopenie Neutropenie Neutrophilie Eosinophilie Thrombozytopenie niedrige Serum-Immunglobulin-Konzentrationen Kinder- undjugendmedizin 3/2008
5 133 Klassifikation angeborener Immundefekte Tab. 5 Erkrankungen bei Immundysregulation (NK=natürliche Killerzelle,CTL =zytotoxische T-Zelle, =X-chromosomal-rezessiv,=autosomal-rezessiv, =autosomal-dominant, LYST =lysosomal trafficking regulator, RAB27A =Rab-Protein 27A, PRF1 =Perforin 1, SH2D1A =SH2 domain protein 1A, APECED=autoimmune polyendocrinopathy-candidiasis-ectodermal dystrophy,aire =autoimmune regulator,ipex =immune dysregulation-polyendocrinopathy-enteropathy-x-linked,foxp3 =Forkhead box protein 3) Bezeichnung genetischerdefekt besondere Merkmale 1. Immundefekte mit Hypopigmentierung (a) Chediak-Higashi-Syndrom (b) Griscelli-Syndrom Typ 2 (c) Hermansky-Pudlak-Syndrom Typ 2 2. familiäre hämophagozytierende Lymphohistiozytosen (a) Perforinmangel Defekt imlyst-gen, gestörter lysosomaler Transport Defekt imrab27a-gen, kodiert für GTPase in sekretorischen Vesikeln Mutationen imap3b1-gen, kodiert für β-untereinheit im AP-3-Komplex Mutationen im PRF1(Perforin)-Gen partieller Albinismus, Akutphase-Reaktion, niedrige NK-und CTL-Aktivitäten, stark vergrößerte Lysosomen, enzephalopathischeakzeleriertephase partieller Albinismus, Akutphase-Reaktion, niedrige NK-und CTL-Aktivitäten, progressive Enzephalopathieinschweren Fällen partieller Albinismus, Neutropenie, erniedrigte NK-Zellen und CTL, Blutungsneigung schwereentzündungszustände, erniedrigte NK- und CTL-Aktivitäten (b) MUNC 13-D-Defekt Mutationen immunc 13-D-Gen schwere Entzündungszustände, erniedrigte NK- und CTL-Aktivitäten (c) Syntaxis 11-Defekt Mutation im STX11-Gen schwere Entzündungszustände, erniedrigte NK- und CTL-Aktivitäten 3. X-chromosomales lymphoproliferatives Syndrom (a) P1 Defekt bei SH2D1A, einem Adapterprotein zur Regulation intrazellulärer Signale klinische und immunologische Manifestationen, getriggert durch EBV-Infektion, Hepatitis, aplastische Anämie, Lymphome (b) P2 Defekt bei XIAP, einem Inhibitor der Apoptose klinische und immunologische Manifestationen, getriggert durch EBV-Infektion, Splenomegalie, Hepatitis, aplastische Anämie, Lymphome, Hämophagozytose 4. Syndrome mit Autoimmunität (a) autoimmune lymphoproliferative Syndrome (ALPS) (I) CD95-Mangel Mutationen im TNFRSF6, dem Apoptose-Rezeptor, selten schwere Fälle (II) CD95-Ligand-Mangel (III) Caspase 10-Defekt (IV) Caspase 8-Defekt (V) aktivierender N-Ras-Defekt (b) APECED =Autoimmunpolyenodrinopathiemit Candidiasis und ektodermaler Dystrophie (c) IPEX, Immundysregulation, Polyendokrinopathie, Enteropathie, X-chromosomal Mutationen imtnfsf6, demliganden für den Apoptose-Rezeptor CD95 Mutationen imcasp10 (beteiligt amapoptotischen Signalweg) Mutationen imcasp8 (beteiligt amapoptotischen und Aktivierungs-Signalweg) Defekt bei einem NRas kodierenden GTP-bindenden Protein mit Signalfunktion Defekt bei AIRE, einem Transkriptionsfaktor nötig für Ausbildung von Selbst -Toleranz im Thymus Defekt bei FOXp3, einem Transkriptionsfaktor für regulatorische T-Zellen nur teilweiseals Immundefekt anzusehen Adenopathie, Splenomegalie, Autoimmunzytopenien, gestörte Apoptose, gesteigertes Lymphomrisiko, doppelt-negative T-Zellen vermehrt Adenopathie, Splenomegalie, Autoimmunität, Lupus, gestörte Apoptose, doppelt-negative T-Zellen vermehrt Adenopathie, Splenomegalie, vermehrt dendritische Zellen, Autoimmunität, gestörte Apoptose Lymphadenopathie, Splenomegalie, gestörte Lymphozyten-Apoptose und Aktivierung, rezidivierende bakterielle und viraleinfekte Lymphadenopathie, Splenomgealie, Leukämie, Lymphom, gestörte Lymphozyten-Apoptose nach IL-2-Entzug Autoimmunerkrankungen von Nebenschilddrüsen, NEbennieren und anderen endokrinen Organen, plus Candidiasis, Zahn- und Schmelzhypoplasie Autoimmundiarrhö, früh Diabetes, Thyreoiditis, hämolytische Anämie, Thrombopenie, Ekzem, Mangel an FOXp3-pos. CD4+/CD25+-Zellen Sind darüber hinaus labordiagnostische Schritteindiziert, sokann man bei nachlesen, welche erweiterten Screening-Methoden aussagekräftig sind. Am besten wird die Labordiagnostik imeinem gut ausgestatteten pädiatrisch-immunologischen Labor durchgeführt. Ist danach das Ergebnis KeinHinweisauf Immundefekt, so kann man es beirelativ milderklinik zunächst dabei bewenden lassen. Bei schwerwiegender klinischer Symptomatik sollte aber immer ein Zentrum kontaktiert werden, da die Entwicklung der letzten Jahre eindeutig hat erkennen lassen, dass bestimmte Infektionen, die in dervergangenheit einfach hingenommen wurden, Hinweiseauf Immundefekte seinkönnen. Wird aufgrund der Screening-Verfahren dann ein Immundefekt nachgewiesen, wird man immerversuchen,die genetischebasiszuverstehen. Daran orientiert sich die folgende, zuletzt 2007 aktualisierte, Klassifikation deriuis(1): 1. T- und B-Zell-Immundefekte 2. Immundefekte, bei denen der AntikörpermangelimVordergrund steht 3. andere gut definierte Immundefekt- Syndrome 4. Störungender Immunregulation 5. Defekteder Phagozytenzahlund -funktion 6. Defekte der natürlichen Immunität (innate immunity) 7. Komplementdefekte Kinder-und Jugendmedizin 3/2008
6 134 Wahn, Niehues,Weiß Tab. 6 Defekte der Granulozyten und Makrophagen ( =X-chromosomal-rezessiv, =autosomal-rezessiv, =autosomal-dominant, NK =natürliche Killerzellen,WASP =Wiskott-Aldrich-Syndrom-Protein, IFN =Interferon, L =Leukozytenadhäsions-Mangel, FUCT1=Fucose-Transporter 1,GDP =Guanosindiphosphat, SBDS =Shwachman-Bodan-Diamond-Syndrom, STAT1=signal transducerand activator of transcription 1);die -Formdes IFN-R1- oder des STAT1-Mangelswirddurchdominant negativemutationen verursacht Krankheit Gendefekt schwereangeborene Neutropenien bei einigen Patienten ELA2-Defekt, Fehltransport der Elastase Mutation bei GFI1, gestörterepression der Elastase Mutation imgcsf-rezeptor 4. Kostmann-Syndrom HAX-1: Kontrolle der Apoptose 5. zyklische Neutropenie Elastase 2 6. X-chromosomale Neutropenie Mutation im WASP-Gen: Verlust der Autoinhibition 7. P14-Mangel Mutationen bei MAPBPIP, dem endosomalen Adapterprotein Leukozyten Adhäsions-Defekt 1 Mutation beiintg2: Beta-Kette (CD18) von LFA-1, Mac 1, p150,95 *Transkriptionsfaktor, derüberden IFN-γ-Rezeptor aktiviert wird Merkmale gestörtemyeloide Differenzierung, Subgruppe mit Myelodysplasie gestörte myeloide Differenzierung, B-/T-Lymphopenie gestörte myeloide Differenzierung, refraktär gegenüber G-CSF gestörte myeloide Differenzierung zyklische Schwankungen von Retikulozyten, Thrombozyten und Leukozyten Monozytopenie partieller Albinismus, Hypogammaglobulinämie, CD8-Zytotoxizität vermindert, Minderwuchs verspäteter Abfalldes Nabels, chronische Hautulzera, Peridontitis, Leukozytose, defektet-und NK-Zell-Zytotoxizität 9. Leukozyten Adhäsions-Defekt 2 GDP-Fucose-Transporter verzögertewundheilung, chronische Hautulzera, geistige Retardierung, Leukozytose, Bombay-Blutgruppe(hh) 10. Leukozyten Adhäsions-Defekt 3 Mutation im CalDAG-GEF1, gestörterap1-aktivierung der Integrine 11. RAC-2-Defekt Mutation der GTPase RAC-2, keine Regulation des Aktinskeletts wie L1 +Blutungsneigung verzögertewundheilung, Leukozytose 12. β-aktin-defekt Mutation von ACTB (kodiert zytoplasmatisches Aktin) mentaleretardierung, Minderwuchs 13. lokalisiertejuvenile Peridontitis Mutation bei FPR1 (Chemokin-Rezeptor) Peridontitis, gestörte Chemotaxis 14. Papillon-Lefèvre-Syndrome Störung im CTSC-Gen: Störung der Kathepsin-Aktivierung von Serinproteasen 15. spezifischer Granula-Mangel CCAAT/Enhancer-bindendes Protein ε, myeloider Transkriptionsfaktor Peridontitis, palmoplantare Hyperkeratose Neutrophilemit doppelt gelappten Kernen 16. Shwachman-Diamond-Syndrom Mutation beisbds Panzytopenie, Pankreasinsuffizienz, Chondrodysplasie 17. X-chromosomale septische Granulomatose autosomal-rezessive septische Granulomatosen 21. Neutrophilen-Glukose-6-Phosphat- Dehydrogenase-Defekt 22. Interleukin-12- und IL-23-Rezeptor- Defekt gp 91 phox(cybb), macht Elektronentransport keine O 2 -Bildung, Blutgruppe: McLeod Phänotyp möglich P22 phox(cyba-elektronentransportprotein), p47 phox (NCF1-Adapterprotein), p67 phox(ncf2-aktivierendes Protein) keine O 2 -Bildung, kein intrazelluläres Killing Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase hämolytische Anämie, gestörte O 2 -Bildung und Killing Störungen bei IL-12Rβ1 und IL-23Tβ1 erhöhte Anfälligkeit gegenüber Mykobakterien und Salmonellen 23. Interleukin-12p40 IL-12p40 erhöhteanfälligkeit gegenüber Mykobakterien und Salmonellen 24. IFN-γ Rezeptor 1-Defekt IFN-γ Rezeptor 1(Zytokin-bindendeKette) / erhöhte Anfälligkeit gegenüber Mykobakterien und Salmonellen, keine Bindung von IFN-γ 25. IFN-γ Rezeptor 2-Defekt IFN-γ Rezeptor 2(Signalkette) erhöhteanfälligkeit gegenüber Mykobakterien und Salmonellen, kein Signal durch IFN-γ 26. STAT-2-Defekte STAT-1* erhöhte Anfälligkeit gegenüber Viren, Mykobakterien und Salmonellen, gestörtes IFN-α/β/γ-Signalling STAT-1* erhöhteanfälligkeit gegenüber Mykobakterien und Salmonellen, gestörtes IFN-γ-Signalling Autoinflammatorische Syndrome präsentieren sich klinisch nicht unter dem Leitsymptom der vermehrten Infektanfälligkeit und sind daher an dieser Stelle nicht erwähnt. Die Komplementdefekte sind in einem eigenenbeitragtabellarisch dargestellt. Die inden Tabellen 2bis 7wiedergegebene Klassifikation ist sicher nicht perfekt. Siesollte aber verwendetwerden, um die internationale Kommunikation zu erleichtern. Weitere Updates sind zu erwarten. Kinder- undjugendmedizin 3/2008
7 135 Klassifikation angeborener Immundefekte Tab. 7 Defekte der angeborenen Immunität (XR =X-chromosomal-rezessiv, NEMO=NF-kB essenzieller Modulator, =autosomal-dominant, =autosomal-rezessiv, NFkB =nukleärer Faktor kb, IRAK4 =IL-1-Rezeptor-assoziierte Kinase 4, SDF-1 =von Stroma-Zellen gebildeter Faktor 1, EVER =Epidermodysplasia verruciformis,tir =Toll- und IL-1-Rezeptor, HPV =humanes Papillomavirus) Krankheit anhidrotische Ektodermaldysplasie mit Immundefekt (EDA-ID) anhidrotische Ektodermaldysplasiemit Immundefekt (EDA-ID) IL-1-Rezeptor-assoziierteKinase 4(IRAK4)-Mangel WHIM(Warzen, Hypogammaglobulinämie, Infektionen, Myelokathexis)-Syndrom Epidermodysplasia verruciformis Gendefekt NEMO IκBα, gain-of-function Mutation bewirkt Störung der NFκB-Aktivierung IRAK-4 CXCR4, Rezeptor für CXCL12 EVER1, EVER2 Herpes-simplex-Enzephalitis UNC93B1, beteiligt anbildung von IFN-α, -βund -γ Herpes-simplex-Enzephalitis TLR, beteiligt and Bildung von IFN-α, -βund -γ *Anmerkung der Autoren: NEMO-Defekte sind auch ohne ektodermale Dysplasie beschrieben worden. XR Merkmale reduzierteschweißproduktion, Ektodermaldysplasie*, Fehlen polysaccharidspezifischer Antikörper, gesteigerte Infektneigung, erhöhte Anfälligkeit gegenüber Mykobakterien und Salmonellen reduzierte Schweißproduktion, Ektodermaldysplasie*, T-Zell-Defekt, gesteigerteinfektneigung, erhöhte Anfälligkeit gegenüber Mykobakterien und Salmonellen bakterielleinfektionen, Störung des TLR-Signalweges Neutropenie, reduzierteb-zellen, Warzen/HPV-Infektionen, Rezeptor reagiert zu stark auf Triggerung HPV(Gruppe B1)-Infektionen und Hautkrebs HSV-Meningoenzephalitis HSV-Meningoenzephalitis Literatur 1. Geha RS, Notarangelo LD, Casanova JL, Chapel H, Conley ME, Fischer A, Hammarström L, Nonoyama S, Ochs HD,Puck JM, Roifman C, Seger R, Wedgwood J. International Union ofimmunological Societies Primary Immunodeficiency Diseases Classification Committee. Primary immunodeficiency diseases: an update from the International Union of Immunological Societies Primary Immunodeficiency Diseases Classification Committee. J Allergy Clin Immunol 2007; 120: Wahn V. Das infektanfällige Kind. HNO 2000; 48: Korrespondenzadresse: Prof. Dr. med. Volker Wahn Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie und Immunologie Virchow-Klinikum Augustenburger Platz Berlin Tel.: 030/ Fax: 030/ volker.wahn@charite.de Kinder-und Jugendmedizin 3/2008
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