Vorwort zur 6. Auflage

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1 Vorwort zur 6. Auflage V Vorwort zur 6. Auflage Mitten in den Vorbereitungen zu dieser Auflage unseres Lehrbuchs ist Prof. Dr. Rainer Klinke verstorben. Seit der ersten, 1994 erschienenen Auflage war er Mitautor und Mitherausgeber dieses Werks. Seine jahrzehntelange Lehrerfahrung, seine herausragenden didaktischen Fähigkeiten und sein großer Enthusiasmus haben es entscheidend mitgeprägt. Wir haben mit ihm einen von uns menschlich wie fachlich äußerst geschätzten Kollegen verloren. Dies gilt ebenso für den 2007 verstorbenen Prof. Dr. Rainer Greger, der über mehrere Auflagen der anfangs noch jungen Zellphysiologie ihren herausragenden Platz in diesem Buch verschaffte. Beiden Kollegen werden wir ein ehrendes Andenken bewahren. Ein Teil unserer bisherigen Autoren hat sich vor allem aus Altersgründen aus der Mitarbeit zurückgezogen. An ihrer statt konnten jüngere profilierte Kolleg(inn)en zur Mitarbeit gewonnen werden. Unseren ausgeschiedenen Koautoren, Christian Bauer, Gerrit ten Bruggencate, Norbert Dieringer, Peter Gaehtgens, Hans-Christian Gunga, Claus Jessen, Andreas Karschin, Karl Kirsch, Peter Scheid, Hobe Schröder und Horst Seller, danken wir nochmals ganz herzlich für ihre langjährige Kooperation. Das neue Erscheinungsbild dieser Auflage spiegelt eine neue Kapitelgliederung und eine neue Abbildungsgestaltung wider. Zur Einstimmung beginnt jetzt jedes Kapitel mit einer anschaulichen Einleitung aus der Klinik oder dem Alltag. Die schon bisher von uns gepflegte Orientierung des Stoffangebotes auf seine klinische Anwendbarkeit wurde in dieser Auflage weiter verstärkt. Dezente blaue Markierungen im Text weisen auf klinische Relevanz hin, ohne den Lesefluss zu stören oder den Leser abzulenken. Prägnante Zusammenfassungen am Ende größerer Abschnitte ermöglichen die Wiederholung der wichtigsten Inhalte. Die Texte berücksichtigen in allen Kapiteln die aktuellen Erkenntnisse und bieten so dem Leser die Grundlagen für funktionelles Denken und ärztliches Handeln. Bei alldem haben wir uns wieder um eine klare Darstellung bemüht, gepaart mit informativen, systematisch aufgebauten und damit besonders gut verständlichen Abbildungen. Hierfür danken wir insbesondere unseren Grafikern, Frau Astried Rothenburger und Herrn Rüdiger Gay, die unsere didaktischen Ziele kenntnisreich umgesetzt haben. Der Verlag hat das Buch wiederum mit Entgegenkommen und Tatkraft gefördert. Hier gilt unser Dank vor allem Frau Marianne Mauch, Frau Simone Claß und Herrn Manfred Lehnert. Für die sorgfältige Erstellung des Registers danken wir Frau Katharina Völker. Damit übergeben wir das Werk unseren Leserinnen und Lesern und wünschen ihnen Freude und Erfolg in Studium und Beruf. Hans-Christian Pape, Armin Kurtz, Stefan Silbernagl Münster, Regensburg und Würzburg im Oktober 2009

2 VI Anschriften Anschriften Prof. Dr. Rosemarie Baumann Institut für Physiologie, NWF III, Universität Regensburg Universitätsstraße Regensburg Prof. Dr. Bernhard Brenner Abt. Molekular- u. Zellphysiologie, Medizinische Hochschule Carl-Neuberg-Str Hannover Prof. Dr. Gerhard Burckhardt Zentrum Physiologie und Pathophysiologie, Universitätsmedizin Göttingen Humboldtallee Göttingen Prof. Dr. med. Andreas Draguhn Institut für Physiologie und Pathophysiologie, Ruprecht-Karls- Universität Heidelberg Im Neuenheimer Feld Heidelberg Prof. Dr. Heimo Ehmke Inst. für Vegetative Physiologie u. Pathophysiologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf Martinistr Hamburg Prof. Dr. Ulf Eysel Institut für Physiologie der Ruhr-Universität Bochum Universitätsstr Bochum Prof. Dr. med. Joachim Fandrey Universität Duisburg-Essen, Institut für Physiologie Hufelandstraße Essen Prof. Dr. Michael Gekle Universität Halle-Wittenberg, Institut für Physiologie Magdeburger Str Halle (Saale) Prof. Dr. Axel Gödecke Institut für Herz- und Kreislaufphysiologie der Universität Düsseldorf Universitätsstr Düsseldorf PD Dr. Ulrike Kämmerer Frauenklinik der Universität Würzburg Josef-Schneider-Str Würzburg Prof. Dr. Malte Kelm Klinik f. Kardiologie, Uni-Klinikum Düsseldorf, Gebäude Moorenstr Düsseldorf Prof. Dr. Rainer Klinke Prof. Klinke ist im September 2008 verstorben Prof. Dr. Christoph Korbmacher Inst. für Zelluläre und Molekulare Physiologie der Universität Erlangen-Nürnberg Waldstr Erlangen Prof. Dr. Michael Kühl Institut für Biochemie und Molekulare Biologie, Universität Ulm Albert-Einstein-Allee Ulm Prof. Dr. Armin Kurtz Institut für Physiologie, NWF III, Universität Regensburg Universitätsstraße Regensburg Prof. Dr. Wolfgang Kuschinsky Institut für Physiologie & Pathophysiologie, Ruprecht-Karls- Universität Heidelberg Im Neuenheimer Feld Heidelberg Prof. Dr. Heiko J. Luhmann Institut für Physiologie und Pathophysiologie, Universitätsmedizin, Universität Mainz Duesbergweg Mainz Prof. Dr. Heimo Mairbäurl Universitätsklinikum Heidelberg, Innere Medizin VII (Sportmedizin) Im Neuenheimer Feld Heidelberg Prof. Dr. Karl Meßlinger Inst. für Physiologie u. Pathophysiologie, Univ. Erlangen-Nürnberg Universitätsstr Erlangen Prof. Dr. Hans Oberleithner Institut für Physiologie II, Westfälische Wilhelms-Universität Münster Robert-Koch-Str. 27a, Innenhof Münster Prof. Dr. Hans Christian Pape Institut für Physiologie I, Westfälische Wilhelms-Universität Münster Robert-Koch-Str. 27a Münster Prof. Dr. Ralf Paschke Medizinische Klinik u. Poliklink III, Universität Leipzig Liebigstr Leipzig Prof. Dr. Pontus B. Persson Institut für Vegetative Physiologie der Charité Tucholskystr Berlin PD Dr. Lorenz Rieger Frauenklinik der Universität Würzburg Josef-Schneider-Str Würzburg Prof. Dr. Jürgen Schrader Institut für Herz- und Kreislaufphysiologie der Universität Düsseldorf Universitätsstr Düsseldorf Prof. Dr. Stefan Silbernagl Physiologisches Institut der Universität Würzburg Röntgenring Würzburg Prof. Dr. Dominique Singer Universitätsklinikum Hamburg- Eppendorf, Sektion Neonatologie u. Pädiatrische Intensivmedizin Martinistr Hamburg Prof. Dr. Karlheinz Voigt per Adresse Prof. Paschke Prof. Dr. Barbara Walzog Inst. f. Kardiovaskuläre Physiologie im Walter-Brendel-Zentrum f. Experimentelle Medizin, LMU München Schillerstr München

3 Die Herausgeber VII Die Herausgeber Rainer Klinke ( ) Hans-Christian Pape 1936 in Schlesien geboren, nach dem Krieg in Franken aufgewachsen, verheiratet, zwei Kinder. Studium der Medizin in Erlangen, Wien und Heidelberg. Nach der Medizinalassistentenzeit, dem späteren AiP, wissenschaftliche Tätigkeit an den Physiologischen Instituten in Erlangen und an der FU Berlin; dort Habilitation und 1971 Ernennung zum Professor. Forschungsaufenthalt in England, 1977 Berufung nach Frankfurt/M. Leiter des Physiologischen Institutes II, langjähriger Geschäftsführender Direktor des Zentrums der Physiologie, Gründungsmitglied und Sprecher der abgeschlossenen Sonderforschungsbereiche 45 Vergleichende Neurobiologie des Verhaltens und 269 Molekulare und zelluläre Grundlagen neuronaler Organisationsprozesse. Mitherausgeber mehrerer Fachzeitschriften, seit 1972 Mitarbeiter an den wichtigsten deutschsprachigen Lehrbüchern der Physiologie. Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Fachgesellschaften, Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, ausgezeichnet mit der Purkyně-Medaille der Tschechischen Akademie der Wissenschaften. Seit Sommersemester 2004 emeritiert. Bei Studienantritt war ich mir über mein Berufsziel keineswegs im Klaren. Die Medizin bietet vieles, so in der Physiologie ein Betätigungsfeld für biologisch Interessierte. Die Erforschung von Körperfunktionen bringt Erkenntnisse über viele Grundeigenschaften des Lebens. Mich hat über Jahre insbesondere die Funktion des Ohres und die zentralnervöse Verarbeitung von Schallsignalen gefesselt, beruht doch auf Sprache und Gehör die zwischenmenschliche Kommunikation und damit unsere Kultur. So war es mir auch ein Anliegen, ein kultiviertes und ästhetisch ansprechendes Lehrbuch zu schaffen, das meine Erfahrungen als Hochschullehrer und Lehrbuchautor zusammenfasst, das sich einer klaren Sprache bedient und das der Leserin und dem Leser die Überzeugung vermittelt, dass man die Physiologie packen kann und dass deren Verständnis die Grundlage ärztlichen Handelns ist. In Bad Oeynhausen geboren (1956) und aufgewachsen. Nach Studium der Biologie an der Ruhr-Universität Bochum Wechsel an die Medizinische Fakultät der Universität Essen und Promotion in der Abteilung für Neurophysiologie (Prof. U. T. Eysel). Anschließende Forschungstätigkeit an der State University of New York (Stony Brook), der Stanford University und der Yale University Rückkehr an die Ruhr- Universität Bochum, dort Habilitation im Fach Physiologie. Berufung (1994) zum Direktor des Physiologischen Instituts der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, dort Sprecher des Sonderforschungsbereichs 426 Limbische Strukturen und Funktionen und Mitbegründer des Hauptstudiengangs Neurobiologie/Neurowissenschaften der Medizinischen und der Naturwissenschaftlichen Fakultät. Seit Dezember 2004 Direktor des Instituts für Physiologie I (Neurophysiologie) der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Lokaler Koordinator des transregionalen SFB Mesiale Temporallappen-Epilepsie. Sprecher des SFB Furcht, Angst, Angsterkrankungen.1990 Bennigsen- Foerder-Preis des Landes Nordrhein-Westfalen, 1993 Heisenberg-Stipendium und 1999 Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Förderpreis der DFG. Senator und Mitglied des Hauptausschusses der DFG ( ) Max-Planck-Forschungspreis. Sehr gut erinnere ich mich, dass ich als Schüler ein unbändiges Interesse an den Naturwissenschaften insbesondere an den Grundlagen des Lebendigen entwickelte, und dass diese Begeisterung weil zu oft mit der Vernachlässigung anderer Fächer verbunden nicht immer auch auf eine Begeisterung seitens der Lehrerschaft in einem neusprachlichen Gymnasium stieß. Im Studium zogen mich die Neurowissenschaften, und hier vor allem die Fragen nach den Mechanismen der höheren Hirnfunktionen, in ihren Bann. Wo besser ließ sich dieses Interesse umsetzen als in der Physiologie, in der die naturwissenschaftliche Analyse in medizinischen Fragestellungen zur Anwendung kommt und damit die traditionellen Grenzen der Fachgebiete und Teildisziplinen aufgebrochen werden. Ich denke, nur durch dieses Miteinander der Disziplinen ist der menschliche Organismus in Funktion und Dysfunktion zu begreifen, sind neue Formen der Diagnose und Therapie zu entwickeln, und die Diskussion von Gehirn und Geist sinnvoll zu führen. Ich denke auch, ein erstes Verständnis für diese moderne, ebenenübergreifende Physiologie muss in klarer Sprache und mit Hilfe übersichtlicher Illustrationen vermittelt werden und genau das ist der Inhalt dieses Buchs.

4 VIII Die Herausgeber Stefan Silbernagl Armin Kurtz 1939 in Berlin geboren, aufgewachsen im Allgäu. Studium der Elektrotechnik und dann der Medizin in München. Staatsexamen, Promotion, Heirat, Medizinalassistentenzeit, dann Haus- und Notarzt in München. Seit 1968 Physiologieausbildung in München, danach in Innsbruck, dort 1974 Habilitation und 1979 a.o. Professor Geburt eines Sohnes (radfahrend auf S. 9 zu sehen). Berufung nach Würzburg, dort Vorstand am Physiologischen Institut ( ), Dekan ( , ) und Studiendekan ( ) der Medizinischen Fakultät. Mitglied der Gründungskommission der Medizinischen Fakultät der Technischen Universität Dresden ( ) und Sprecher des DFG-Sonderforschungsbereiches 176 Molekulare Grundlagen der Signalübertragung und des Stofftransportes in Membranen ( ) in Würzburg; Ehrenmitglied der Deutschen Physiologischen Gesellschaft. Beides, mein naturwissenschaftlich-technisches Interesse und meine Neigung zur Medizin, ließ sich in der Physiologie vereinen. Themen meiner wissenschaftlichen Arbeit in Würzburg und bei regelmäßigen Forschungsaufenthalten in den USA sind vor allem die Nierenfunktion, insbesondere der tubuläre Transport, der renale Stoffwechsel und die Pathomechanismen der Nephrotoxizität sowie die Epithel- und Zellphysiologie. Meine langjährigen Erfahrungen aus dem studentischen Unterricht sind in die Lehrbücher eingeflossen, in denen ich (mithilfe kompetenter Zeichner) versuche, die Körperfunktionen nicht nur möglichst klar zu beschreiben, sondern sie auch bildlich darzustellen. Ich möchte physiologische Vorgänge trotz all ihrer Komplexität eindeutiger und vor allem einprägsamer und damit merkbarer machen. Als einer, dem erschaubare Kunst wie Malerei und Architektur sehr nahe liegt und der gerne selbst künstlerisch fotografiert, schließe ich dabei ein wenig von mir auf andere. In Straubing geboren (1955) und in Bayern aufgewachsen. Nach dem Studium der Medizin an den Universitäten Regensburg und München ab 1981 Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent im Physiologischen Institut der Universität Regensburg. Dort 1982 Promotion zum Dr. med bis 1991 Wechsel an das Physiologische Institut der Universität Zürich, unterbrochen von einem Forschungsaufenthalt (1987) am Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie in Göttingen Habilitation für das Fach Physiologie an der Universität Zürich Berufung auf einen Lehrstuhl für Physiologie an der Universität Regensburg, seit 2001 Direktor des Institutes. An der Universität Regensburg Dekan ( ), Prorektor ( ) und seit 2006 Sprecher des Sonderforschungsbereiches 699 Strukturelle, physiologische und molekulare Grundlagen der Nierenfunktion. Seit 2007 Fachkollegiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Mitglied im Editorial Board verschiedener wissenschaftlicher Fachzeitschriften. Zum Ende meiner Schulzeit kristallisierten sich mit Physik und Medizin zwei Hauptinteressensgebiete heraus. Bei beiden Gebieten faszinierten mich die dem Alltäglichen zu Grunde liegenden Fundamentalfragen, z.b. wie wir durch die Gravitationskraft auf den Boden gezogen werden oder wie das Gehirn funktioniert. Ich entschied mich dann für ein Studium der Humanmedizin, durchaus mit der ernsten Absicht später als Arzt tätig zu sein. Jedoch führte mein Weg auch durch Zufälligkeiten nach dem Staatsexamen in die Physiologie als ideales Querschnittsfach der Naturwissenschaften innerhalb der Medizin. Es wurde mir schnell klar, dass hinter dem in Lehrbüchern niedergeschriebenen aktuellen Kenntnisstand der Funktionsabläufe des menschlichen Körpers noch ein Universum spannender und unbeantworteter Fragen schlummert. Eine zunächst frustrierende aber mit zunehmender Erfahrung faszinierende Erkenntnis war, dass Schlüsselexperimente, die für Detailfragen die definitiven Antworten erbringen sollen, immer wieder einen Strauß neuer Fragen eröffnen. Aus diesem Blickwinkel heraus sehe ich das Lehrbuch für Physiologie auch nicht als Bibel, die es gilt auswendig zu lernen, sondern als erfahrenen Führer in das Verständnis der Funktion des menschlichen Körpers und als anregende Quelle für weitergehende bislang unbeantwortete Fragen.

5 Die Funktion der Nieren Stefan Silbernagl 10.1 Überblick Ein kurzer Blick auf die Anatomie Wie entsteht der Harn? Woher weiß man, was in der Niere vorgeht? Renale Clearance Die Nierendurchblutung Das Gefäßsystem der Niere Renale Durchblutung Zusammenfassung Kap und Die Filtration des Primärharns Bau des Filters Ohne Druck kein Filtrat Durchlässigkeit des Filters Aktive Na + -Resorption und die Folgen Massentransport im proximalen Tubulus Die erste Phase der proximalen Resorption: Na + -Symport und Na + -Antiport Die zweite Phase der proximalen Resorption: Chlorid, Natrium und andere Kationen Konzentrierung schafft Triebkräfte für passive Resorption Die Kapillarwand als letzte Hürde der Resorption Resorption in der Henle-Schleife Regulation der Na + -Ausscheidung Kaliumausscheidung Zusammenfassung Kap und Harnkonzentrierung und Diurese Der Gegenstromtrick Na + -K + -ATPase als Motor im dicken Schleifenende Recycling von Harnstoff spart Kochsalz Konzentriert wird im Sammelrohr Diurese und Diuretika Funktion der epithelialen Zilien Tubulärer Transport organischer Stoffe Glucose und Aminosäuren Peptide Proteine Proximale Sekretion als Ausscheidungsmechanismus Harnsäure Zusammenfassung Kap u Phosphat-, Calcium- und Magnesium-Ausscheidung Phosphat-Resorption Calcium und Magnesium Kristalle und Steine im Harn Zusammenfassung Kap Die Niere im Dienst des Säure-Basen-Haushalts H + -Sekretion, proximal und distal HCO 3 -Resorption Phosphat als Harnpuffer: titrierbare Säure Die Rolle des Ammoniaks Zusammenfassung Kap Renin und Nierenhormone Nierenstoffwechsel Zusammenfassung Kap u. Kap Nierenversagen und künstliche Niere Nierenversagen Die künstliche Niere Zusammenfassung Kap

6 Die Funktion der Nieren 10 Die Funktion der Nieren Stefan Silbernagl Was passiert, wenn die Nieren versagen? Wenn etwas an die Nieren geht, wird es ernst, ja bedrohlich. Noch vor einigen Jahrzehnten war ein völliges Versagen der Nieren gleichbedeutend mit einem Todesurteil. Glücklicherweise können heute maschinelle Dialyse ( künstliche Niere ), Peritonealdialyse oder die Transplantation einer Niere das Schicksal solcher Patienten fast immer zum Besseren wenden. Festzuhalten ist jedoch: Unsere Nieren haben offenbar lebensnotwendige Aufgaben. Welche sind das? Die meisten Aufgaben der Nieren (Tab. 10.1) lassen sich an den Folgen einer Niereninsuffizienz (s. Kap ) ablesen. Bei solchen Patienten kommt es zur Ansammlung (Retention) von Harnstoff, Kreatinin, Harnsäure, Ammoniumionen, Polyaminen und anderen Stoffwechsel-Endprodukten im Organismus. Ohne Urinausscheidung können solche Substanzen den Körper offenbar nicht verlassen; man spricht daher von harnpflichtigen Substanzen, für die die Nieren also die entscheidende Entsorgungsfunktion haben Ein Nierenversagen ist weiterhin von einer Entgleisung des Elektrolyt- und Wasserhaushalts begleitet, insbesondere wenn die Zufuhr von Wasser und Salzen nicht strikt reglementiert wird. Bei hoher Kochsalzzufuhr etwa vergrößert sich der Extrazellulärraum durch die Einlagerung großer Wassermengen, d.h., es kommt zu Ödemen (vor allem in der Lunge). Bei starker Kaliumbelastung entwickelt sich rasch eine bedrohliche Hyperkaliämie, und Ähnliches gilt für Magnesium und Phosphat. Je nach Bedarf des Körpers regulieren die Nieren also den Wasserund Elektrolythaushalt. In dieser, großteils hormongesteuerten Bilanzierungsfunktion sind sie z. B. für die Größe des Extrazellulärvolumens, für die Sicherung des Säure-Basen-Gleichgewichts, für die Konstanz der Osmolalität im Plasma und für die Homöostase des extrazellulären Ionenmilieus verantwortlich (s. Kap. 1, S. 6f., Kap. 9, S. 316ff. und Kap. 11, S. 384ff.). Nierenpatienten leiden oft an einer Erhöhung des arteriellen Blutdrucks (Hypertonie), d. h., die Nierenfunktion hat auch etwas mit der Einstellung des arteriellen Blutdrucks zu tun. Daran beteiligt ist das Renin, das die Bildung des vasoaktiven Angiotensins II und in der Folge auch die Ausschüttung von Aldosteron auslöst (s. Kap und Kap. 11.3, S. 388ff.). Eine Niereninsuffizienz geht weiterhin mit einem Mangel an bestimmten Hormonen einher, so etwa von Erythropoietin, was schließlich zu einer Anämie führt (s. Kap , S. 228ff.), oder von Calcitriol, so dass solche Patienten von einer Hypokalzämie und, als Reaktion darauf, von einem sekundären Hyperparathyreoidismus bedroht sind (s. Kap u. Abb , S. 410). Die Nieren sind also ein wichtiger Produktionsort für Hormone. Andererseits erhöht sich bei Niereninsuffizienz die Konzentration extrarenal gebildeter Hormone, was z. T. darauf beruht, dass die Niere Abbauort von Peptidhormonen ist (s. Kap ). Schließlich haben die Nieren weitere wichtige Aufgaben im Zwischenstoffwechsel des Gesamtorganismus. Gluconeogenese (aus Glutamin u. a.) und Argininsynthese (aus Citrullin) sind zwei Beispiele dafür (s. Kap ) Überblick Ein kurzer Blick auf die Anatomie Um zu beantworten, wie die Nieren ihre Aufgaben bewältigen, müssen wir uns kurz mit dem Bau dieses paarigen Organs beschäftigen (Abb u. Abb. 10.2). Jede Niere hat einen arteriellen Zufluss (A. renalis), einen venösen Abfluss (V. renalis), Lymphgefäße und einen Harnleiter (Ureter), in dem der in der Niere gebildete Urin kontinuierlich abfließt. Über den linken und rechten Ureter gelangt der Urin in die Harnblase, sammelt sich dort an, um schließlich von Zeit zu Zeit über die Harnröhre (Urethra) ausgeschieden zu werden (Miktion; Steuerung s. Kap , S. 809 f.). Tab Aufgaben der Niere Ausscheidung harnpflichtiger Substanzen, z. B. Harnstoff, Harnsäure, Kreatinin Homöostase: Na + [EZV], K +,Ca 2+,Mg 2+, Phosphat, H +,HCO 3 u. a. Langfristige Blutdruckregulation Metabolismus: Proteine, Peptidhormone, Gluconeogenese, Toxine u. a. Hormonbildung: Calcitriol, Erythropoietin; Renin (Enzym) Angiotensin Hormonwirkungen: Antidiuretisches Hormon (ADH), Aldosteron, Adrenalin, Atriopeptin (ANP), Calcitriol, Parathyrin (PTH), Prostaglandine u. a.

7 10.1 Überblick 331 zung weitgehend dem Plasmawasser. Der endgültige Urin ist allerdings ganz anders zusammengesetzt. Das erklärte Ludwig damit, dass die Stoffe, die im Endurin fehlen, entlang des Tubulusrohres resorbiert werden, d. h. vom Tubuluslumen in die peritubularen Kapillaren und damit wieder zurück ins Blut gelangen. Er machte dafür Diffusionsvorgänge verantwortlich, doch wissen wir heute, dass dies nur teilweise richtig ist und eine Reihe von Stoffen mittels aktiver Transportmechanismen (s. Kap. 2.3 f., S. 31 ff.) aus dem Tubuluslumen entfernt wird. Bleibt noch zu erklären, warum die Menge einiger Stoffe im Endurin größer ist als die im glomerulären Filtrat: Tubuluszellen resorbieren nicht nur, sondern sie können zusätzlich bestimmte Stoffe in der Gegenrichtung aktiv sezernieren, d. h. aus dem peritubulären Blut ins Tubuluslumen schaffen. Damit ergibt sich folgendes Bild: Sieht man von Makromolekülen ab, enthält das Glomerulusfiltrat alle im Plasma gelösten Stoffe, und zwar in praktisch der gleichen Konzentration. 1 Da die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) beider Nieren rund 180 l pro Tag beträgt (Tab. 10.2), filtrieren unsere Nieren die im Filtrat gelösten Stoffe in riesigen Men- Niere Kelche Nierenbecken Ureter Nierenrinde Nierenmark A. renalis Kelch V. renalis Nierenbecken Ureter Abb Bau der Niere. Die Rückseite der rechten Niere ist hier abgetragen, um die Schichten des Nierenparenchyms (Nierenrinde und -mark) sowie das Kelchsystem und das Nierenbecken sichtbar zu machen. Die gesamte Niere ist von einer widerstandsfähigen Kapsel umgeben. Harnblase Abb Harnwege. Sie werden in einem Urogramm dadurch sichtbar gemacht, dass dem Patienten eine röntgendichte (meist jodhaltige) Substanz injiziert wird, die die Nieren durch tubuläre Sekretion (s. Kap ) rasch ausscheiden. Der Harn wird von den Nierenkelchen aufgefangen und gelangt über Nierenbecken und Ureter zur Harnblase. Der Harnabfluss wird durch die Peristaltik des Ureters gefördert; sie ist beim linken Ureter (rechts im Bild) als Konturunterbrechung erkennbar (Röntgenbild: G. Schindler). Im histologischen Schnitt unter dem Mikroskop (Abb. 10.3) sieht man in der oberflächennahen Nierenrinde (Kortex) ein Gewirr von Kanälchen, die Tubuli, und dazwischen ab und zu ein rundes Nierenkörperchen, in das ein Knäuel von Blutkapillaren, der Glomerulus, eingestülpt ist. Der Glomerulus samt dort entspringendem Tubulus wird Nephron genannt. Jede Niere besitzt mehr als eine Million solcher Nephrone Wie entsteht der Harn? Diese Frage hat der deutsche Physiologe Carl Ludwig (Abb. 10.4, S. 332) in der Mitte des vorigen Jahrhunderts erstmals richtig beantwortet (40). Er postulierte, dass der Harn primär durch Filtration in den Glomeruli entsteht, wobei es der Blutdruck in den glomerulären Kapillaren sei, der den Primärharn aus diesen abpresst. Danach entspräche der dabei gebildete Primärharn (Ultrafiltrat) in seiner Zusammenset- 1 Wegen des Gibbs-Donnan-Potenzials von ca. 1,5 mv (Blutseite negativ), das durch die ungleiche Verteilung der zumeist anionischen Proteine am glomerulären Filter entsteht, enthält das Filtrat im Vergleich zum Plasma eine um ca. 5 % höhere Konzentration an filtrierbaren Anionen (z. B. Cl, HCO 3 ) und eine um ca. 5 % niedrigere Konzentration an filtrierbaren Kationen (z. B. Na +,K + ). Nieren 10

8 Die Funktion der Nieren peritubuläre Kapillaren Bowman- Kapsel-Raum größeres Blutgefäß proximaler Tubulus (Pars convoluta) Glomeruli gen. (Die filtrierte Menge/Zeit errechnet sich aus der jeweiligen Plasma(-Wasser)-Konzentration mal GFR; s. Kap. 10.2) Für Na + z. B. sind das täglich etwa mmol, für Glucose und Harnstoff rund 800 bzw mmol! Davon erscheinen allerdings ganz unterschiedliche Anteile im Endurin (fraktionelle Ausscheidung = fraktionelle Exkretion, FE, Abb. 10.4). Mit dieser Kombination von immens hoher Filtrationsrate und mehr oder minder stark ausgeprägter Resorption sind die meisten Anforderungen an die Niere erfüllt: Harnpflichtige Stoffwechsel-Endprodukte wie Kreatinin, Sulfat und Harnstoff können den Körper in großen Mengen verlassen, während die Ausscheidung von Wasser und Elektrolyten je nach Bedarf in einem weiten Ausmaß variiert werden kann. Für Stoffe, die entlang des Tubulus zusätzlich sezerniert werden (z. B. Hippurat), bietet das hohe Filtrat zudem ein großes Lösungsvolumen, was ihrer raschen Ausscheidung im Urin zugute kommt (Abb. 10.4). Abb Feinbau der Niere. In diesem Schnitt durch die Nierenrinde sind drei Glomeruli (Durchmesser ca. 0,2 mm) sichtbar, um die sich die Konvolute proximaler und distaler Tubuli knäueln (s. auch Abb. 10.9). Dazwischen verlaufen die peritubulären Kapillaren. Ein Teil dieser Strukturen ist zur Verdeutlichung dunkelgrau hervorgehoben; histologischer Schnitt: U. Pfeifer Woher weiß man, was in der Niere vorgeht? Unzugänglich, wie das Innere der Niere ist, war man bei ihrer Erforschung bis ins 17. Jahrhundert auf die Untersuchung des Urins angewiesen. Ihr Ergebnis bildete dann zusammen mit histologischen Erkenntnissen in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Grundlage, eine Filtration Glomerulus 1,0» 800 mmol/d 180 l/d mmol/d 800 mmol/d 1000 mmol/d 20 mmol/d Tubulus 5,0 Resorption Sekretion ausgeschiedene Menge/Zeit glomerulär filtrierte Menge/Zeit geregelte Sekretion geregelte Resorption Sammelrohr Ausscheidung Carl F. Ludwig = fraktionelle Ausscheidung (FE) fraktionelle Ausscheidung (FE) 4,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0 keine Ausscheidung Glucose» 0 geregelte Ausscheidung Wasser 0,003 0,1 Na + 0,002 0,07 K + 0,03 1,5 hohe Ausscheidung Harnstoff 0,4 extrem hohe Ausscheidung Kreatinin 1,0 p-aminohippurat 5,0 Abb Filtriert wird (fast) alles; über die Ausscheidung entscheiden Tubulus und Sammelrohr. Carl F. Ludwig ( ; Physiologe in Marburg, Zürich, Wien und Leipzig) stellte 1842 erstmals die Hypothese auf (40), dass der Harn durch Ultrafiltration am Glomerulus entsteht und anschließend durch tubuläre Resorption modifiziert wird. Wird weder resorbiert noch sezerniert, was z. B. (mit kleinen Einschränkungen) für Kreatinin zutrifft, so gilt: filtrierte Menge/Zeit = ausgeschiedene Menge/Zeit, d. h., die fraktionelle Ausscheidung (FE) beträgt 1,0 oder 100 %. Harnstoff wird teilweise resorbiert (FE = ca. 0,4; s. auch Legende zu Abb ), Glucose praktisch vollständig (FE = 0,0005) und Wasser, Na +,K + und andere nach Bedarf (Regelung u. a. durch Hormone). Durch tubuläre Sekretion kann die FE auf über 1 steigen, im Extremfall (Hippurat, p-aminohippurat) sogar auf etwa 5.

9 10.2 Renale Clearance 333 Glomerulus Nierenoberfläche Öl 1 Glaskapillare 2 Tubulus von einigen Nanolitern (10 9 l!) Stoffe wie Na +, Glucose, Inulin usw. quantitativ messen konnte. Mikropunktion, Mikroinfusion und Mikroperfusion (68) einzelner Nierentubuli der Ratte in vivo (Abb. 10.5) brachten dann eine Fülle neuer Erkenntnisse über die Niere und zeigten andererseits, wie heterogen die Tubulusabschnitte arbeiten. Später wurden isolierte Tubuli in vitro perfundiert, die Bürstensaum- und Basolateralmembranen in Form von Vesikeln isoliert (Abb. 2.11, S. 31) und getrennt untersucht sowie Nierenzellen in Kultur gezüchtet. Es gelang auch, die durch einzelne Membrankanäle fließenden Ionenströme mit der Patchclamp-Methode zu messen (s. Abb. 2.8 u. 2.9, S. 28 f.), für deren Entwicklung 1991 der Nobelpreis für Physiologie oder Medizin an E. Neher und B. Sakmann verliehen wurde. Schließlich konnten kürzlich Kanal- und Carriermoleküle isoliert und deren molekulare Struktur bestimmt werden. Das Wissen über tubuläre, zelluläre, subzelluläre und molekulare Mechanismen der Nierenfunktion wuchs dadurch in den letzten Jahrzehnten immens, doch sind integrative Leistungen der Niere wie z. B. die Blutdruckregulation nach wie vor nur am intakten Organ im lebenden Tier zu untersuchen. Moderne, empfindliche und gleichzeitig schonende Messmethoden haben auch hier große Fortschritte gebracht (z. B. 19, 20, 34). Leider ist in einem solchen Lehrbuch kein Platz, die Geschichte und die Methoden der Nierenforschung ausführlicher zu schildern, so dass dem interessierten Leser dafür die spannende Schilderung der Historie (6) und die methodischen Kapitel in ausführlicheren Werken ( 1) empfohlen werden. Nierenrinde 4 peritubuläres Kapillarnetz Abb Die Mikropunktion einzelner Nierentubuli (beim narkotisierten Versuchstier, meist bei der Ratte; s. Foto) erlaubt es, die Funktion des einzelnen Tubulus in vivo in der intakten Niere zu untersuchen. Unter dem Mikroskop wird mit feinen Glaskapillaren (Kapillare Nr. 1 4 im Bild, Spitzendurchmesser ca. 10 µm) in oberflächliche Tubuli eingestochen. (Das Foto zeigt die Aufsicht auf die Nierenoberfläche.) Eine in Kapillare 1 gesammelte Probe z. B. gibt, verglichen mit dem Plasma, Aufschluss darüber, wie sich die Zusammensetzung des Primärharns zwischen Glomerulus und Punktionsstelle geändert hat (z. B. Abb , Abb , Abb , Abb , Abb und Abb ). Kapillare 2 ist mit einer Mikroperfusionspumpe verbunden (68). Damit kann dem Tubulus eine Flüssigkeit angeboten werden, die eine vorgewählte Zusammensetzung hat und deren Veränderung nach der Tubuluspassage (Probe wird in Kapillare 3 gesammelt) analysiert wird (z. B. Konzentrationsabfall eines Stoffes im Vergleich zu mitperfundiertem Inulin = Resorption dieses Stoffes). Ein stromaufwärts der Kapillare 2 injizierter Ölblock (im Foto schwarz) verhindert dabei die Vermischung mit dem natürlichen Tubulusharn. Mit Kapillare 4 kann schließlich auch das peritubuläre Kapillarnetz durchströmt werden, so dass z. B. die Sekretion eines Stoffes vom Blut ins Tubuluslumen verfolgt werden kann. fundierte Hypothese über die intrarenale Urinbildung aufzustellen (40). Erst im 20. Jahrhundert wurden moderne Untersuchungstechniken entwickelt, die ein besseres Verständnis der Nierenfunktion ermöglichten. So wurde um 1930 mit der Clearancemessung eine noch heute benützte Methode zur quantitativen Erfassung dessen entwickelt, was die ganze Niere leistet. Die ersten Versuche zu erfahren, was in dieser Black Box vor sich geht, wurden bereits in den 20er Jahren gemacht, als am Frosch das erste Mal einzelne Nierentubuli punktiert wurden (47). Dass diese Methode erst 40 Jahre später wirkliche Früchte brachte, lag daran, dass dazu Ultramikromethoden entwickelt werden mussten, mit denen man in den winzigen Harnproben Renale Clearance Nach dem im vorigen Abschnitt Gesagten ist eine ausreichend hohe glomeruläre Filtrationsrate (GFR) für eine normale Nierenfunktion entscheidend. Normalerweise beträgt die GFR ml / min pro 1,73 m 2 Körperoberfläche. Viele Nierenerkrankungen werden vor allem deshalb gefährlich, weil in ihrem Verlauf die GFR auf zu geringe Werte abzusinken droht (s. Kap ). Die GFR-Bestimmung steht daher im Zentrum, wenn die Nierenfunktion beurteilt werden soll. Wie aber lässt sich die intrarenal ablaufende Filtration beim Patienten von außen messen? Nach einem von Adolf Fick eingeführten Prinzip kann aus der Mengenbilanz eines Indikators, dessen Konzentrationen an den Ein- und Ausgängen des jeweiligen Organs gemessen werden, auf die Flussraten der Medien geschlossen werden, in denen der Indikator gelöst ist (Abb. 10.6). Was heißt das im Fall der Niere? Prinzipiell sind es drei Arten, auf die sich die Menge einer Substanz im Tubuluslumen erhöhen kann, nämlich durch Filtration, Sekretion und metabolische Bildung, sowie drei Wege, auf denen die Menge im Lumen verringert werden kann, nämlich Resorption, Ausscheidung (Exkretion) und metabolischer Abbau. Kreist nun im Blut ein Stoff, z. B. das Polysaccharid Inulin, der frei filtriert, nicht resorbiert, nicht sezerniert und weder im Tubuluslumen gebildet noch abgebaut wird, so kann er nur durch Filtration ins Tubuluslumen gelangen und aus diesem nur durch Ausscheidung mit dem Urin wieder verschwinden. Es muss also gelten: Nieren 10

10 Die Funktion der Nieren filtrierte Inulin-Menge/Zeit = ausgeschiedene Inulin-Menge/ Zeit (10.1) Da Menge/Zeit = (Volumen/Zeit) mal Konzentration und außerdem die Konzentrationen eines frei filtrierbaren Stoffes wie Inulin in Plasma (P In [g/l]) und Filtrat praktisch gleich groß sind, lautet Gleichung 10.1 nun: GFR P In =V U U In (10.2) wobei GFR in ml/min, V U = Urinzeitvolumen (ml/min) und U In = Inulinkonzentration im Endurin (g/l) ist. Praktisch infundiert man dazu Inulin und misst anschließend (z. B. photometrisch) seine Konzentrationen in Plasma und Urin. Für die Bestimmung von V u wird initial die Harnblase geleert (und dieser Harn verworfen: Volumen = 0, Zeit = 0) und anschließend möglichst lange (12 24 Stunden) der Urin gesammelt. Aus dem gesammelten Urinvolumen geteilt durch den Zeitabstand zur initialen Blasenentleerung ergibt sich V U. Mit dieser Anwendung des Fick-Prinzips lässt sich so erstaunlicherweise die auf direktem Wege praktisch unbestimmbare Größe GFR aus der umgeformten Gleichung 10.2 berechnen: GFR = V U U In (10.3) P In Man nennt die rechte Seite der Gleichung 10.3 auch Clearance, so dass festzustellen ist: Inulin-Clearance = GFR. Da die Infusion von Inulin ein relativ aufwendiges Verfahren ist, wird die Inulin-Clearance nur ausnahmsweise bestimmt. Einfacher ist die GFR-Messung mit einem Indikator, der schon normalerweise im Plasma vorhanden ist, dem Kreatinin; es entsteht im Muskelstoffwechsel aus Phosphokreatin. Endogenes Kreatinin erfüllt die oben genannten Kriterien (vor allem die der Nichtsekretion) nicht so streng wie Inulin, doch ist die endogene Kreatinin-Clearance für die Routineüberprüfung der renalen Filtrationsleistung völlig ausreichend. Angenommen, die Kreatininproduktion im Körper ist konstant (was außer nach starker Muskeltätigkeit meist der Fall ist), so steigt die Kreatininkonzentration im Plasma (P Kr ) bei einer abfallenden GFR so lange an, bis die filtrierte Menge/Zeit (GFR P Kr ) wieder der produzierten Menge/Zeit gleicht. Je niedriger die GFR, desto höher steigt also P Kr. Kann man sich also die Clearancebestimmung sparen und schon allein aus der P Kr eines Patienten auf die Höhe seiner GFR schließen? Wie Abb zeigt, geht dies leider nur ungenau, es sei denn, die GFR ist schon auf etwa ein Viertel ihrer normalen Größe abgesunken. Einen größeren Aussagewert hat die (einfach zu messende) P Kr allerdings dann, wenn bei ein und demselben Patienten der Verlauf Inulin Inulinkonzentration steigt wegen H 2 O-Resorption H 2 O H 2 O keine Sekretion, keine Resorption Endurin filtrierte Inulinmenge Zeit = ausgeschiedene Inulinmenge Zeit Adolf Fick Inulinkonzentration im Plasma GFR P in = V U U in GFR = V U U in P in Inulinkonzentration im Endurin Urinzeitvolumen Abb Inulin-Clearance = glomeruläre Filtrationsrate (GFR), da Inulin frei filtriert, aber weder resorbiert noch sezerniert wird. Die GFR errechnet sich aus einer Mengenbilanz, wie sie Adolf Fick ( , Physiologe in Marburg, Zürich und Würzburg) 1872 erstmalig für die unblutige Bestimmung des Herzzeitvolumens angewandt hat (Fick-Prinzip). Die normale GFR beträgt ca , durchschnittlich rund 125 ml/min pro 1,73 m 2 Körperoberfläche (nach 59). Kreatininkonzentration im Plasma (mg/dl) blinder Bereich untere Normgrenze für die GFR obere Normgrenze für Kreatininkonzentration Inulin-Clearance = GFR (ml/min pro 1,73 m 2 ) Abb Die Kreatininkonzentration im Plasma (P Kr ) ist ein einfacher, aber nur relativ ungenauer Indikator für die GFR. Bei konstanter Kreatininbildung (in den Muskeln) ist P Kr theoretisch umgekehrt proportional der GFR. Allerdings streuen die Einzelwerte um diese hyperbolische Funktion so stark, dass die obere Normgrenze von P Kr (waagrechte, gestrichelte Linie) im Durchschnitt erst bei einer GFR-Einschränkung auf 40 50% und im Einzelfall sogar erst bei 20% überschritten wird. Ein Absinken der GFR unter ihre untere Normgrenze (senkrechte gestrichelte Linie) wird also bei allen Patienten nicht erkannt, deren P Kr -Werte im linken unteren Quadranten liegen: blinder Bereich (nach 39) Kreatininkonzentration im Plasma (µmol/l)

11 10.3 Die Nierendurchblutung 335 Clearance (ml/min) 700 ungesättigt Sekretion zunehmend gesättigt p-aminohippurat-konzentration im Plasma (mmol/l) p-aminohippurat (PAH) Inulin Glucose Glucosekonzentration im Plasma (mmol/l) ungesättigt Resorption zunehmend gesättigt fraktionelle Ausscheidung heißt fraktionelle Resorption; sie errechnet sich aus 1 FE (Abb. 10.4). Für bestimmte Substanzen wird eine FE > 1 gefunden. Wenn ein solcher Stoff nicht im Tubuluslumen gebildet wird, muss daraus geschlossen werden, dass er durch Sekretion ins Lumen gelangt ist (Abb. 10.4). Das ist typisch für Substanzen, die besonders rasch aus dem Organismus entfernt werden sollen. Bestimmte Abfall-, Gift- und Fremdstoffe, z. B. Hippurat oder Penicillin, gehören dazu. Aber auch schon bei einer FE von 0,2 0,7, wie sie für Harnstoff gemessen wird (Abb. 10.4), ist die absolute Ausscheidung bereits sehr hoch, da ja die Bezugsgröße (filtrierte Menge/Zeit = GFR Harnstoffplasmakonzentration = 180 l/d 5 mmol/l = 900 mmol/ d) so gewaltig ist. Die FE von p-aminohippurat (PAH) beträgt, als Extremfall, sogar rund 5 oder 500 %, d.h., die sezernierte PAH-Menge/Zeit ist rund viermal so groß wie die filtrierte Menge/ Zeit. 100 % Filtration+ 400 % Sekretion ermöglichen eine so schnelle Ausscheidung, dass in der Nierenvene kaum mehr PAH zu finden ist (s. u.). Da die Sekretion von PAH und anderen organischen Säuren und Basen durch sättigbare Carrier vermittelt wird (Abb ), sinkt die FE dieser Stoffe allerdings, wenn ihre Plasmakonzentration ansteigt (Abb. 10.8, obere Kurve) Die Nierendurchblutung Abb Hohe Plasmakonzentrationen sättigen die tubulären Carrier. Im Falle der Glucose (Resorptionscarrier) steigt dadurch die fraktionelle Ausscheidung (FE) von praktisch 0 bei normalen Plasmawerten gegen 1 an. Beim p-aminohippurat (PAH; Sekretionscarrier) hingegen, das zur Bestimmung des renalen Plasmaflusses infundiert wird, fällt die FE von ca. 5 (bei niedriger Plasmakonzentration) in Richtung 1 ab. Die PAH-Clearance ist daher nur bei ungesättigter Sekretion als Maß für den renalen Plasmafluss gültig. seiner Nierenfunktion in engen Zeitabständen verfolgt werden soll. Auch für einen x-beliebigen Stoff im Filtrat lässt sich eine Clearance (C x ) bestimmen, wobei jede renale Clearance formal das bei der Nierenpassage vom Stoff X völlig befreite oder geklärte Plasmavolumen/Zeit ist (daher der Name Clearance). Anschaulicher ist wohl der Clearancequotient (C X /C In ). Er ist identisch mit der Fraktion der filtrierten Stoffmenge/Zeit, die ausgeschieden wird. Man nennt ihn daher auch fraktionelle Ausscheidung oder fraktionelle Exkretion, kurz FE. Bei Inulin und Kreatinin wird die gesamte filtrierte Menge ausgeschieden: FE = 1. Ist FE < 1, wird der betreffende Stoff entlang des Tubulus und des Sammelrohrs nettoresorbiert. (Eine solche Netto- oder Per-saldo-Resorption kann u. U. auch das Ergebnis einer Resorption in einem Tubulusabschnitt und einer im Vergleich dazu geringeren Sekretion in einem anderen Tubulusabschnitt sein.) Der Teil der filtrierten Menge/Zeit, der wieder resorbiert wird, Das Gefäßsystem der Niere Jede der beiden Nieren bekommt ihr arterielles Blut durch die Aa. renales, das über die Aa. interlobares in die Aa. arcuatae gelangt. Aus ihnen zweigen senkrecht in Richtung Nierenoberfläche die Aa. interlobulares ab, von denen während des ganzen Verlaufs durch die Rinde allseits afferente Arteriolen abgehen, an denen die Glomeruli wie Äpfel am Stiel hängen (Abb. 10.9). Die afferente Arteriole (Vas afferens) verzweigt sich im Glomerulus in die glomerulären Kapillaren. Im Unterschied zu anderen Organkreisläufen schließen sich jetzt keine Venolen an, sondern die Glomeruluskapillaren treten wieder zu einer efferenten Arteriole (Vas efferens) zusammen, die sich in den oberflächlichen und mittelkortikalen Glomeruli anschließend erneut zu den peritubulären Kapillaren verzweigt (daher die alte Bezeichnung Wundernetz ). Sie versorgen vor allem die Tubuluszellen der Nierenrinde. Das Nierenmark wird nicht durch Arterien, sondern durch die efferenten Arteriolen der marknahen, sog. juxtamedullären Glomeruli versorgt. Diese Arteriolen verzweigen sich im Mark in die absteigenden Vasa recta (Abb. 10.9). Von den peritubulären Kapillaren der Nierenrinde sowie von den aufsteigenden Vasa recta des Nierenmarks gelangt das venöse Blut nacheinander in die Vv. arcuatae, die Vv. interlobares und die Vv. renales und erreicht schließlich die V. cava. Nieren 10

12 Die Funktion der Nieren Rinde B Vas afferens peritubuläres Kapillarnetz Bürstensaum A. interlobularis Glomerulus A. arcuata äußeres Mark Vasa recta inneres Mark Mark Rinde Papille kortikales Nephron proximaler Tubulus (Pars recta) F E Verbindungsstück distaler Tubulus (Konvolut) proximaler Tubulus (Konvolut) D juxtamedulläres Nephron distaler Tubulus (dicker, aufsteigender Teil der Henle-Schleife) Henle-Schleife D proximaler Tubulus (Konvolut) E dünner Teil der Henle-Schleife A dünner Teil der Henle-Schleife Schaltzelle Hauptzelle A. renalis C Sammelrohr F kortikales Sammelrohr Abb Feinstruktur der Niere. Die Nierenrinde enthält pro Niere ca. eine Million Glomeruli, die großteils kortikal (C links) und zu rund 20% marknah (juxtamedullär, C rechts) angeordnet sind. Zu jedem Glomerulus gehört ein Tubulus (zusammen Nephron genannt), dessen Henle-Schleife bei juxtamedullären Nephronen bis ins innere Nierenmark hinabreicht. Der distale Tubulus mündet über ein Verbindungsstück in ein Sammelrohr. Das Kapillarnetz der Rinde wird von den Vasa efferentia der kortikalen Glomeruli, die Vasa recta des Marks von den Vasa efferentia juxtamedullärer Glomeruli gespeist (B) (elektronenmikroskopische Aufnahmen: W. Kriz) Renale Durchblutung Zu den Nieren fließen etwa 15 25% des Herzzeitvolumens (im Mittel rund 1,2 l/min, s. Tab. 10.2), eine enorm starke Durchblutung (renaler Blutfluss, RBF) also, wenn man bedenkt, dass die Nieren am Körpergewicht nur mit ca. 0,4 % beteiligt sind. Ihre auf das Organgewicht bezogene Durchblutung von 3 5 ml/min pro g Gewebe wird z. B. vom Myokard nur bei maximaler Koronardilatation erreicht. Während es beim Herzmuskel aber der Sauerstoffbedarf ist, der die hohe Durchblutung erfordert, steht die hohe renale Durchblutung ganz im Dienste der Filtratbildung und damit letztendlich in dem der Regulations- und Ausscheidungsaufgaben der Nieren. Da die Filtratbildung eine Aufgabe der Rinde ist, verwundert es nicht, dass diese rund 90 % des RBF erhält, während das äußere Mark ca. 10 % und das innere Mark gar nur 1 2 % bekommt. Die renale arteriovenöse O 2 -Differenz beträgt wegen der vergleichsweise extrem hohen Durchblutung nur etwa 14 ml/l Blut, d. h., dem arteriell herangeführten Blut (mit ca. 200 ml O 2 /l Blut) werden nur 7 % seines O 2 entnommen (s. a. Tab. 8.2, S. 271). Benötigt wird der Sauerstoff hauptsächlich für die primär-aktive, d. h. ATP-verbrauchende Resorption des filtrierten Na +. In einer nicht filtrierenden und daher nicht resorbierenden Niere sinkt der O 2 -Verbrauch auf einen basalen Wert von etwa 10% des normalen Wertes. Das heißt, wenn RBF und GFR kleiner werden, sinkt die Na + -Resorption und folglich auch der O 2 -Bedarf. Hier bestimmt also die Durchblutung den O 2 -Verbrauch und nicht umgekehrt wie etwa beim Myokard der O 2 -Bedarf die Durchblutung. Damit wird auch klar, dass die renale Durchblutung nicht (wie etwa die von Herz und Gehirn) metabolisch geregelt sein kann, sondern im Dienste der spezifischen Nierenfunktionen, nämlich Filtration, Resorption und Ausscheidung, steht. Durchblutungsmessung mit PAH Wie bereits oben erwähnt, wird p-aminohippurat (PAH) nicht nur filtriert, sondern auch sehr stark sezerniert, so dass fast die gesamte (90 %) arteriell ankommende PAH- Menge mit dem Urin ausgeschieden wird. Setzt man also

13 10.3 Die Nierendurchblutung 337 Tab Funktionswert die arteriell ankommende mit der ausgeschiedenen PAH- Menge/Zeit (ungefähr) gleich, so ergibt sich: RPF P PAH V U U PAH (10.4) oder Globale Funktionswerte der Nieren. Renaler Plasmafluss (RPF, autoreguliert) Renale Durchblutung (RBF) = RPF/(1 Hkt**) = Glomeruläre Filtrationsrate (GFR, autoreguliert) Filtrationsfraktion (FF = GFR/RPF) Normbereich ml/min pro 1,73m 2 KO* ml/min pro 1,73m 2 KO* ca. 120 ml/min pro 1,73m 2 KO* ca. 0,19 (u. a. Atriopeptinabhängig) 0,7 1,8 l/d ca mosm/kgh 2 O Urinzeitvolumen (V U) Harnosmolalität Harn-pH-Wert 4,5 8,2 Fraktionelle Ausscheidung s. Tab und Abb im Harn (FE): * Körperoberfläche ** Hämatokrit, hier 0,45 eingesetzt RPF V. U U PAH P PAH (10.5) Mit anderen Worten: Der renale Plasmafluss (RPF) entspricht in etwa der PAH-Clearance. Das heißt, nach Messung der drei Größen auf der rechten Seite der Gleichung 10.5 kann der RPF errechnet werden. Wird auch noch berücksichtigt, dass im Urin nicht 100 %, sondern nur 90 % des arteriell herangeführten PAH erscheinen, so muss die PAH- Clearance noch durch 0,9 geteilt werden, um den RPF zu erhalten. Und nun der letzte Schritt, die Umrechnung von renalem Plasmafluss (RPF) in renale Durchblutung (renaler Blutfluss, RBF) mit Hilfe des Hämatokrits (Hkt; s. Kap , S. 225): RPF RBF = (10.6) 1 Hkt Voraussetzung für die Bestimmung des RBF mit der PAH- Clearance ist, dass die Nieren auch wirklich die oben genannten 90 % des arteriellen PAH extrahieren. Das tun sie allerdings nur bei relativ niedriger PAH-Plasmakonzentration (K M 10 μmol/l), bei der die PAH-Sekretion noch nicht gesättigt ist (Abb. 10.8, obere Kurve). Wird der Urin nicht durch Miktion aus der Harnblase, sondern mittels eines Katheters jeweils aus einem der beiden Ureteren gesammelt, kann die Nierendurchblutung mit der PAH-Clearance auch seitengetrennt bestimmt werden. Mit Radioisotopen oder Röntgenkontrastmitteln, die sich in der Niere ähnlich wie PAH verhalten, ist es möglich, die Nierendurchblutung auch mit Scannern bzw. am Röntgenschirm abzuschätzen und vor allem einen Vergleich zwischen den beiden Nieren anzustellen. Blutdruckabfall entlang der Nierengefäße Der Druck am Ende der Aa. arcuatae beträgt rund 96 mmhg. Wie groß der Druckabfall in den anschließenden Aa. interlobulares ist, hängt nun von deren einbezogener Länge ab, d. h., wie früh die betrachtete afferente Arteriole abzweigt: 90 mmhg marknah und 67 mmhg unter der Nierenoberfläche sind Werte, die bei der Ratte gemessen wurden. Ändern sich diese unterschiedlichen Werte entlang dieses Gefäßes absolut und/oder relativ zueinander, sei es durch Widerstandsänderung entlang der A. interlobularis selbst oder im Verlauf der nachgeschalteten Gefäße, so wird sich der Druck in den marknahen und markfernen Glomeruli unterschiedlich ändern. Dies ist eine der Möglichkeiten, wie sich der Anteil der Markdurchblutung an der gesamten Nierendurchblutung sowie der jeweilige Beitrag der kortikalen und der juxtamedullären Glomeruli zur gesamten glomerulären Filtrationsrate (GFR) verändern kann. In den glomerulären Kapillaren herrscht ein Druck von ca. 48 mmhg. (Dieser Druck wurde an der Ratte direkt gemessen und dürfte beim Menschen sehr ähnlich sein.) Dieser Kapillardruck ist die treibende Kraft für die glomeruläre Filtration (s. Kap. 10.4). Der Druckabfall entlang der Glomeruluskapillaren ist sehr gering (ca. 1 2 mmhg). Ändert sich der präglomeruläre Widerstand (A. interlobularis und Vas afferens) alleine, so variieren Durchblutung und GFR gleichsinnig, während eine gleichzeitige Änderung des postglomerulären Widerstands (v. a. Vas efferens) eine weitgehend unabhängige Regulation der beiden Größen ermöglicht (s. Kap. 10.4). Zum postglomerulären Widerstand tragen auch die intrarenalen Venen bei. Während die Gefäßweite der A. interlobularis und der Arteriolen vorwiegend durch deren glatte Muskulatur eingestellt wird, ist die Weite der intrarenalen Venen sehr stark vom interstitiellen Druck in der Niere abhängig. Eine Abflussbehinderung z. B. in den ableitenden Harnwegen (s. Kap ) oder eine osmotische Diurese (s. Kap ), bei der die Lumina der Tubuli vergrößert sind, erhöhen diesen Druck in der gesamten Niere, weil diese von einer widerstandsfähigen Kapsel umgeben ist. Renale Autoregulation Die Nierendurchblutung (RBF) steigt zwar mit dem mittleren Blutdruck bis etwa 80 mmhg linear an, bleibt dann aber trotz weiterer Steigerung des Mitteldrucks bis ca. 170 mmhg weitgehend konstant. Ähnliches gilt für die GFR, doch steigt diese, im Gegensatz zum RBF, auch bei sehr hohem Blutdruck kaum weiter an (Abb ), weil es entlang der Glomeruluskapillaren dann frühzeitig zum Filtrationsgleichgewicht kommt (Abb ). Die zunehmende Drucksteigerung zwischen 80 und 170 mmhg wird also offenbar mit einer zunehmenden Erhöhung des renalen Strömungswiderstands beantwortet. Da diese Regulation auch ohne Innervation und ohne extrarenale Hormone funktioniert, ist sie ein intrarenaler Prozess: Autoregulation der Nierendurchblutung. Nieren 10

14 Die Funktion der Nieren RBF (ml/min pro g Gewebe) RBF 1 2 GFR Autoregulationsbereich mittlerer arterieller Blutdruck (mmhg) Blutdruck (mmhg) Kapillardruck konstant 7 0,6 0,4 0,2 0 GFR (ml/min pro g Gewebe) Harnzeitvolumen in % der GFR Anurie Druckdiurese mittlerer arterieller Blutdruck (mmhg) Abb Druckdiurese. Trotz Autoregulation von RBF und GFR (Abb ) steigt bei einer Blutdruckerhöhung die fraktionelle Wasserausscheidung (Harnzeitvolumen/GFR) an. Verantwortlich dafür ist eine druckabhängige Änderung der Nierenmarkdurchblutung. Obwohl die Mechanismen der Druckdiurese nicht ganz geklärt sind (u. a. Beteiligung vasodilatatorischer Prostaglandine), spielt sie eine entscheidende Rolle bei der langfristigen Blutdruckregulation (19, 27). Zu beachten ist auch, dass die Urinproduktion versiegt (Anurie), wenn der arterielle Mitteldruck auf ca. 50 mmhg abgesunken ist A. arcuata A. interlobularis Vas afferens Abb Autoregulation der Niere. Die Nieren(rinden)durchblutung (RBF) bleibt bei Schwankungen des systemischen mittleren Blutdrucks im Bereich von ca mmhg weitgehend konstant. Die Folge davon ist eine ebenfalls konstante glomeruläre Filtrationsrate (GFR). Diese autoregulatorische Änderung der intrarenalen Strömungswiderstände scheint bei kleinen Abweichungen (3 und 5) vom Normaldruck (4) in den Aa. interlobulares und bei stärkeren Änderungen (2 und 6) zusätzlich in den Vasa afferentia zu geschehen. Bei noch größeren Druckabweichungen fällt bzw. steigt RBF (1 und 7). (Der hier im Tierversuch gefundene Ausgangsdruck bei 4 von 120 mmhg beträgt beim Menschen normalerweise ca. 100 mmhg). Dass trotz der im Autoregulationsbereich konstanten GFR die renale Ausscheidung von Salz und Wasser mit dem Blutdruck etwas ansteigt (Druckdiurese, Abb ), wird damit erklärt, dass die juxtamedullären Glomeruli und damit deren GFR sowie die von ihnen ausgehende Markdurchblutung nicht oder nicht im gleichen Umfang wie die kortikalen Glomeruli autoreguliert sind (s. o.). Eine Verminderung der renalen Konzentrierungsfähigkeit (unter eventueller Mitwirkung von Angiotensin II und Prostaglandinen) ist daran beteiligt. Die Druckdiurese spielt wahrscheinlich eine entscheidende Rolle bei der Langzeitregulation des Blutdrucks. Steigt er volumenbedingt an, wird der Extrazellulärraum via Druckdiurese verkleinert, was den Blutdruck wieder senkt usw. (s. Kap , S. 391). Glomerulus Die Mechanismen der renalen Autoregulation sind noch nicht völlig geklärt. Sicher daran beteiligt sind zwei Prozesse: 1. Die myogene Reaktion (Bayliss-Effekt) der präglomerulären Nierengefäße. Die Aa. interlobulares und die afferenten Arteriolen beantworten eine Blutdruckerhöhung mit einer Konstriktion. Bei nur geringer Druckerhöhung reagieren von diesen in Serie geschalteten Gefäßabschnitten die am weitesten stromaufwärts liegenden, so dass die Druckerhöhung gar nicht bis zu den afferenten Arteriolen durchdringt. Steigt der Blutdruck stärker an, werden zunehmend auch die weiter stromabwärts liegenden Gefäßabschnitte in die Reaktion mit einbezogen. Erst bei Drücken jenseits der Autoregulationsgrenze von ca. 170 mmhg schlägt die Druckerhöhung auf Glomerulus und postglomeruläre Gefäße durch (Abb ). 2. Der tubuloglomeruläre Rückkopplungs-(Feedback-)Mechanismus (TGF; s. Kap ). Voraussetzung für ihn ist die anatomische Tatsache, dass die in der Wand des distalen Tubulus gelegene Macula densa innerhalb des juxtaglomerulären Apparats mit dem eigenen Glomerulus in direktem Kontakt steht (Abb ). Informationen über die Zusammensetzung des distalen Tubulusharns könnten somit, so besagt eine 60 Jahre alte Idee, über Macula-densa- und Mesangiumzellen v. a. die afferente Arteriole erreichen und dort den Strömungswiderstand verändern. Tatsächlich konnte dann (viel später) gezeigt werden, dass eine Erhöhung der luminalen NaCl-Konzentration an der Macula densa die Filtrationsrate am zugehörigen Glomerulus senkt. Da die distale NaCl-Konzentration (unter anderem) von der filtrierten NaCl-Menge/ Zeit (= GFR Plasma-Na + -Konzentration) und somit von der Filtrationsrate des eigenen Glomerulus abhängt,

15 10.4 Die Filtration des Primärharns 339 kann diese Rückkopplungsschleife der Autoregulation von RBF und GFR dienen. Trotz einiger noch offener Fragen lässt sich über die physiologische Bedeutung der beiden Mechanismen vereinfachend Folgendes sagen: Der myogene Mechanismus hält über eine Widerstandsänderung präglomerulärer Gefäße den RBF und (davon abhängig) die GFR trotz stark wechselndem (vor allem erhöhtem) systemischen Blutdruck konstant (Reaktionszeit ca. 1 s). Der TGF-Mechanismus hingegen passt im normalen Blutdruckbereich die GFR den Salz-Wasser-Ausscheidungsbedürfnissen an, wobei die Gefäßweite v. a. der afferenten Arteriole verstellt wird (Reaktionszeit ca. 10 s). Sind diese Bedürfnisse konstant, werden GFR und RBF durch den TGF-Mechanismus stabilisiert. Zu den beiden genannten Mechanismen kommt ein weiterer Regelkreis hinzu: der Renin-Angiotensin-Mechanismus (s. Kap und Kap S. 388 ff.). Zusammen mit den beiden obigen Mechanismen verhindert er am unteren Ende des Autoregulationsbereichs (80 90 mmhg) wahrscheinlich dadurch ein Absinken der GFR, dass er den Widerstand in der efferenten Arteriole erhöht, wobei die Filtrationsfraktion (s. u.) ansteigt. Zusammenfassung Kap und 10.3 Renale Clearance und Nierendurchblutung Die Clearance (C) kann für jeden frei filtrierten Stoff (X) bestimmt werden. Ist C X /GFR < 1, wird der Stoff nettoresorbiert (z. B. Na +, Glucose), gilt C X /GFR > 1, wird er nettosezerniert (z. B. PAH). Der Quotient C X /GFR ist identisch mit der fraktionellen Ausscheidung (FE). Die fraktionelle Resorption ist = 1 FE. Für die inerte Substanz Inulin ist die Tubuluswand dicht, so dass die filtrierte Inulinmenge gleich der ausgeschiedenen Menge ist. Aus dieser Bilanz folgt: GFR = Inulin-Clearance = V U/P (ml/min). Kreatinin kommt physiologischerweise im Plasma vor, wird vollständig filtriert und praktisch nicht resorbiert. Da die endogene Kreatinin-Clearance GFR, ist die Kreatininplasmakonzentration theoretisch ein reziprokes Maß für die GFR, hat aber praktisch nur eine beschränkte Aussagekraft. Die hohe renale Durchblutung (RBF 1,2 l/min) kommt zu 90% der Rinde zugute, wo O 2 größtenteils für aktive Resorptionsprozesse verbraucht wird. Da PAH von der Niere fast vollständig extrahiert wird, ist die PAH-Clearance ein Maß für den renalen Plasmafluss (RPF), aus dem sich mit dem Hämatokrit (Hkt) der renale Blutfluss (RBF) errechnet. RBF und GFR sind autoreguliert, so dass die GFR der meisten Glomeruli weitgehend unabhängig von Blutdruckschwankungen ist und ganz den Anforderungen des Salz-Wasser-Haushalts angepasst werden kann. Als Mechanismen liegen der Autoregulation die myogene Reaktion der präglomerulären Gefäße und ein tubuloglomeruläres Rückkopplungssignal im juxtamedullären Apparat sowie der Renin-Angiotensin-Mechanismus zugrunde. Eine Blutdruckabhängigkeit der Nierenmarkdurchblutung ist Ursache der Druckdiurese, die für die Langzeitregulation des Blutdrucks wichtig ist. Nieren 10.4 Die Filtration des Primärharns Von den Glomeruli beider Nieren werden pro Minute im Mittel 125 ml Primärharn abfiltriert (GFR, Tab. 10.2). Bei einem durchschnittlichen renalen Plasmafluss (RPF; s. Kap ) von 620 ml/min heißt das, dass die Filtrationsfraktion (GFR/RPF, hier 125/620) 0,2 beträgt; im Glomerulus wird dem Blut also ein Fünftel seines Plasmawassers entzogen. Diese Filtrationsfraktion ist ca. 70-mal größer als die in den Kapillaren anderer Organe (0,003; s. Kap , S. 194). Es sind drei Faktoren, die die GFR bestimmen: die (vergleichsweise hohe) Wasserdurchlässigkeit oder hydraulische Leitfähigkeit (k), die Filterfläche (F) und, als treibende Kraft, der mittlere effektive Filtrationsdruck (P eff ), d.h. der nutzbare Druckunterschied zwischen dem Kapillarlumen und der Harnseite des Filters. Aus dem Produkt dieser drei Größen errechnet sich die Einzelnephron-GFR, wobei k F gewöhnlich als Ultrafiltrationskoeffizient K f zusammengefasst wird: Einzelnephron-GFR = K f P eff 50 nl/min (10.7) Bei Betrachtung der GFR der ganzen Niere ist diese Größe natürlich mit der Anzahl intakter Glomeruli zu multiplizieren. Musste z. B. einem Patienten eine Niere entfernt werden (Nephrektomie), so sinkt die GFR zwar akut auf die Hälfte, doch kann er trotzdem mit nur einer Niere leben, da Kompensationsmechanismen in der verbliebenen Niere diesen Ausfall funktionell weitgehend wettmachen. Sinkt die GFR allerdings auf weniger als 10% ab, entsteht in kurzer Zeit eine lebensbedrohliche Urämie (s. Kap ). Mit dem Wasser werden die darin gelösten Stoffe filtriert. Welche von ihnen ins Filtrat gelangen, hängt von ihrer Molekülgröße und, bei bestimmten Molekülen, von ihrer Ladung ab (s.u.). 10

16 Funktion des Magen-Darm-Trakts, Energiehaushalt und Ernährung Michael Gekle 12.1 Allgemeingültiges zum Magen-Darm-Trakt Aufbau Epithelialer Transport, Absorption, Sekretion Die Funktion von Speicheldrüsen Motilität des Magen-Darm-Trakts Regulationsmechanismen im Magen-Darm-Trakt Abwehrfunktion des Magen-Darm-Trakts Zusammenfassung Kap Mundhöhle und Mundspeicheldrüsen Ösophagus und Schlucken Magen Funktionelle Anatomie Säuresekretion Pepsinogen-Sekretion Schutz der Magenschleimhaut Schutz der Duodenalschleimhaut Magenmotorik Zusammenfassung Kap Pankreas Exokrine Funktion des Pankreas Funktion der Pankreasazini Funktion der Ausführungsgänge des Pankreas Zusammenfassung Kap Dünn- und Dickdarm: Flüssigkeits- und Elektrolyttransport Aufbau und Vergleich von Dünn- und Dickdarm Intestinaler Wasser- und Elektrolyttransport Zelluläre Mechanismen der Na + -Absorption Zelluläre Mechanismen der Cl -Absorption Zelluläre Mechanismen der Cl -Sekretion Zelluläre Mechanismen der K + -Absorption Zelluläre Mechanismen der K + -Sekretion Regulation des intestinalen Wasser- und Elektrolyttransports Zusammenfassung Kap Dünn- und Dickdarm: Nährstoffverdauung und -absorption Übersicht Kohlenhydratverdauung Kohlenhydratabsorption Proteinverdauung Absorption von Proteinen, Peptiden und Aminosäuren Lipidverdauung Lipidabsorption Nukleinsäureverdauung und -absorption Vitaminabsorption Ca 2+ -Absorption Magnesiumabsorption Eisenabsorption Phosphatabsorption Zusammenfassung Kap Motorik von Dünn- und Dickdarm Zusammenfassung Kap Physiologie der Leber Allgemeines zur Leber Funktionelle Anatomie Transport und Stoffwechsel in Hepatozyten Gallenbildung Enterohepatischer Kreislauf Die Leber als metabolisches Organ Zusammenfassung Kap Die Anforderungen des Organismus an die Ernährung Zusammenfassung Kap Energiehaushalt und Kontrolle des Körpergewichts Energiebilanz Energiespeicher Energiefreisetzung Energieumsatz Energiegehalt der Nahrung Messung des Energiebedarfs Zusammenfassung Kap Regulation der Nahrungsaufnahme Zusammenfassung Kap

17 Funktion des Magen-Darm-Trakts, Energiehaushalt und Ernährung 12 Funktion des Magen-Darm-Trakts, Energiehaushalt und Ernährung Michael Gekle Der Magen-Darm-Trakt: Ein komplexes Organsystem und häufige Arztbesuche Störungen im Bereich des Magen-Darm-Traktes (Abb. 12.1) gehören zu den häufigsten Ursachen, die einen Patienten zum Arzt führen. So klagen ca. 10% der Bevölkerung über gelegentlich auftretendes Sodbrennen, aus dem sich im schlimmsten Fall ein Ösophaguskarzinom entwickeln kann. Praktisch jeder von uns hatte schon einmal eine akute Gastritis mit Erbrechen. Bei älteren Menschen findet sich in ca. 50% der Fälle eine chronische Gastritis unterschiedlicher Ausprägung. Pro Jahr erkranken ca. 50 von Menschen an einem Magengeschwür und ca. 150 von an einem Zwölffingerdarmgeschwür. Durchfall ist ein allen bekanntes Leitsymptom, das vielfältige Ursachen haben kann: Infektionen (z. B. Reisediarrhö, Cholera), Lebensmittelvergiftungen (z. B. Staphylococcus aureus), Nahrungsmittelunverträglichkeit (Laktoseintoleranz, Zöliakie), Maldigestion (z. B. Pankreasinsuffizienz), Malabsorption (z. B. Gallensäuremangel), chronische Darmentzündungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), Tumoren des Kolons, Motilitätsstörungen, Hyperthyreose oder auch funktionelle Störungen ohne bekannt Ursache (Reizdarmsyndrom). Im Alter nimmt die Häufigkeit von Verstopfung zu (ca % aller Menschen > 60 Jahre). Gallenwegserkrankungen, Alkoholmissbrauch und Mukoviszidose können zu chronischer Pankreatitis mit massiven Verdauungsstörungen führen. Alkoholmissbrauch, virale Infektionen (Hepatitis) und Gallenwegsentzündungen haben eine chronische Schädigung der Leber zur Folge, die in einer Leberzirrhose (ca. 250 Neuerkrankungen pro Menschen und Jahr) enden kann. Schließlich nimmt in den entwickelten Ländern die Zahl der Menschen mit starkem Übergewicht (Fettsucht) stetig zu (ca. 20% der Erwachsenen), wodurch das Risiko z. B. für einen Schlaganfall oder einen Myokardinfarkt steigt. Im Gegensatz dazu leiden in unterentwickelten Ländern immer noch viele Menschen an Unterernährung. Schließlich können auch Störungen des Essverhaltens trotz ausreichenden Nahrungsangebots zu Unterernährung führen (Anorexia nervosa, Bulimie). Dieses Kapitel beschreibt die Funktionen einer Vielzahl von Organen, die zusammen den Magen-Darm-Trakt darstellen. Diese Vielzahl erschwert die Übersichtlichkeit des Themas. Die behandelten Organe haben spezifische, eigene Funktionen, sind jedoch gleichzeitig in ihrer Gesamtfunktion durch das enterische Nervensystem und Hormone eng gekoppelt. Ohne diese Integration der Einzelfunktionen würde das komplexe Zusammenspiel des Magen-Darm-Trakts nicht funktionieren (Abb. 12.1). Im Kapitel 12.1 werden generelle Prinzipien dargestellt, die für mehrere Abschnitte des Magen-Darm-Traktes gelten, wie zum Beispiel Motorik, Transport oder Regulation. Anschließend werden die einzelnen Komponenten des Magen-Darm-Trakts in der Reihenfolge, in der sie es mit aufgenommener Nahrung zu tun bekommen, behandelt. Wir verfolgen sozusagen den Weg einer Portion Schnitzel mit Pommes frites und Salat. Schließlich wird das Hauptziel der Tätigkeit des Magen-Darm-Traktes, Ernährung und Energiehaushalt, behandelt. Hierbei sind Ernährungsbedarf, Aufrechterhaltung des Energiehaushaltes sowie Regulation der Nahrungsaufnahme als auch deren pathophysiologische Konsequenzen dargestellt Allgemeingültiges zum Magen-Darm-Trakt Aufbau Der Magen-Darm-Trakt (MDT) kann vereinfacht als Schlauch mit Ventilen beschrieben werden. Obwohl der Aufbau der Wände dieses Schlauches an verschiedenen Stellen Unterschiede aufweist, gibt es doch ein strukturelles Grundkonzept, das im Prinzip überall gültig ist (Abb. 12.2). Der Hohlraum (Lumen) wird durch eine Epithelschicht (Lamina epithelialis mucosae) begrenzt. Die Oberfläche dieser Epithelschicht wird durch verschiedene Mechanismen stark vergrößert: viele Zellen haben apikale Mikrovilli, das Epithel kann zu Drüsen (bzw. Krypten) eingestülpt oder zu Zotten ausgestülpt sein und makroskopische Falten (Kerckringfalten oder Halbmondfalten) können sich ins Darmlumen vorwölben. Aufgaben der Epithelschicht sind Absorption und Sekretion von Nährstoffen, Elektrolyten, Wasser etc. Unter der Epi-

18 12.1 Allgemeingültiges zum Magen-Darm-Trakt 417 Beispiele für den klinischen Bezug Sjögren-Syndrom, gestörte Koordination, Dysphagie, Entzündungen Dysphagie, Sodbrennen, Motilitätsstörungen, Entzündungen, Sklerodermie Funktionen Zerkleinern der Nahrung, Abwehrfunktion, Gleitmittel, Geschmack Schlucken Mundspeicheldrüsen Speiseröhre (Ösophagus) Entleerungszeiten ab Nahrungsaufnahme Speiseröhre 10 s Gastritis, Magengeschwür, Erbrechen, Motilitätsstörungen, Zollinger-Ellison- Syndrom, perniziöse Anämie Mischen, Mahlen und Emulgieren der Nahrung, Proteinverdauung, Fettverdauung, Intrinsic Factor, Abwehrfunktion Magen Magen 1 3h Ikterus, Cholestase, Gallensteine, Fettabsorption, Morbus Wilson, Hypercholesterinämie Pankreatitis, Pankreasinsuffizienz, Mukoviszidose Duodenalgeschwür, Durchfall, Lactoseintoleranz, Zöliakie, Malabsorption, Infektionen Ausscheiden von Abfallstoffen, Galleproduktion, Stoffwechsel, Glucosehaushalt Speichern und Eindicken von Galle Bildung und Sekretion von Verdauungsenzymen, Sekretion von HCO 3, Hormonproduktion Transport des Nahrungsbreis, Resorption von Nährstoffen, Abwehrfunktion Leber Gallenblase Dünndarm (Duodenum) Pankreas Dickdarm (Kolon) Dünndarm Dünndarm (Jejunum) Dickdarm (Sigmoid) Mastdarm 7 9h 25 30h Durchfall, Mukoviszidose, Cholera Salz- und Wasserresorption, Salz- und Wassersekretion, Reservoir, kontrollierte Entleerung, Abwehrfunktion Dickdarm h Abb Übersicht über den Magen-Darm-Trakt. Funktion, klinischer Bezug und Passagezeiten. Die Entleerungszeiten sind individuell unterschiedlich und hängen vor allem von der Nahrungszusammensetzung ab. thelschicht befindet sich lockeres Bindegewebe (Lamina propria mucosae), das Kapillaren, enterische Neurone, Immunzellen und eine dünne Muskelschicht (Lamina muscularis mucosae) enthält. Diese Schicht ist wichtig für die Regulation der Funktionen des MDT sowie für dessen Immunfunktion. Eine weitere Schicht lockeren Bindegewebes mit größeren Gefäßen und kleineren Drüsen stellt die Submukosa dar. Zwei Muskelschichten, eine innere Ring- und eine äußere Längsmuskelschicht, bilden die Muscularis. Diese Schicht ermöglicht die Beweglichkeit (Motilität, Peristaltik). Nach außen wird die Wand durch eine Schicht Bindegewebe (Serosa) begrenzt. Abweichungen von diesem Aufbau werden, soweit notwendig, in den jeweiligen Abschnitten beschrieben Epithelialer Transport, Absorption, Sekretion Die allgemeinen Prinzipien der Transportphysiologie sind in Kap. 2 im Detail beschrieben. An dieser Stelle erfolgt nur ein kurzer Überblick in Bezug auf den Magen-Darm-Trakt. Epitheliale Transportprozesse können transzellulär (durch die Mukosazelle hindurch) oder parazellulär (durch den Spalt zwischen den Zellen) verlaufen. Wird eine Substanz gegen ihren elektrochemischen Gradienten transportiert, so ist der Transport aktiv. Solch ein Transport ist nur transzellulär möglich, da an mindestens einer Zellmembran (apikal oder basolateral) ein aktiver Transportschritt vorhanden sein muss (z. B. die basolateral Na + /K + -ATPase für die transzelluläre Na + -Resorption). Dieser Schritt bestimmt die Transportrichtung. Wird eine Substanz entlang ihres elektrochemischen Gradienten transportiert, so ist der Transport passiv und kann entweder trans- oder parazellulär verlaufen. Wassertransport ist an aktiven Substanztransport gekoppelt ( osmotische Kopplung ) und verläuft entweder trans- oder parazellulär. Umgekehrt kann Substanztransport auch an Wassertransport gekoppelt sein. In diesem Fall reißt Wasser, wie ein Fluss, gelöste Teilchen mit ( Solvent Drag, z.b.na + und Harnstoff im Jejunum). Solvent Drag ist immer parazellulär und hängt von der Dichte der Schlussleisten ab (s. Kap , S. 46ff.). In lecken Epithelien kann ein größerer Solvent Drag stattfinden Die Funktion von Speicheldrüsen Die Speicheldrüsen der Mundhöhle (Mundspeicheldrüsen) und die Bauchspeicheldrüse weisen prinzipielle Gemeinsamkeiten auf, die hier kurz dargestellt werden. Bei den Speicheldrüsen handelt es sich um in Läppchen organisierte, zusammengesetzte Drüsen, die aus Endstücken (Azini) und Ausführungsgängen bestehen. Mit ihrer regulierten Sekretion unterstützen sie die Verdauung, dienen der Abwehr potenzieller Krankheitserreger und machen die Nahrung gleitfähiger. Die kleinste funktionelle sekretorische Einheit besteht aus einem Azinus sowie dem zugehörigen Sekretgang (= Schaltstück) und produziert eine proteinreiche, Magen-Darm-Trakt 12

19 Funktion des Magen-Darm-Trakts, Energiehaushalt und Ernährung A Bau des Dünndarms Blutgefäße Mesenterium Nerven Serosa Längsmuskelschicht Plexus myentericus Ringmuskelschicht Plexus submucosa B Dünndarmzotte Blutkapillare Vene Zellabstoßung Zellwanderung Arterie Lymphbahn siehe B Muskel Kerckring- Falten Becherzelle Schleim Krypte Lieberkühn-Krypte endokrine Zelle Paneth-Zelle siehe C Becherzelle Lamina muscularis mucosae Submukosa Mitose C apikale Zellmembran mit Mikrovilli D Bürstensaum im Querschnitt E Mikrovilli aus Gefrierbruch Abb Allgemeiner Aufbau des Magen-Darm-Traktes am Beispiel des Dünndarms. (A) Die äußere Längsmuskulatur verkürzt den Darm, die Ringmuskulatur verengt das Darmlumen und die Lamina muscularis mucosae dient der Zottenbewegung. Die beiden Plexus bilden das darmeigene (enterische) Nervensystem, zu dem von außen sympathische und parasympathische Nervenfasern ziehen und das viszerale Afferenzen nach außen entlässt. (B) Zur Förderung der Absorption ist die lumenseitige Oberfläche der Dünndarmschleimhaut (Mukosa) durch Falten und Zotten sowie durch den Bürstensaum ihres Epithels stark vergrößert. Die Zotten und die benachbarten Krypten sind mit Epithel überzogen. Es besteht größtenteils aus den absorbierenden Zellen, die luminal einen Bürstensaum besitzen. Dazwischen eingestreut sind Becherzellen, die Schleim bilden, sowie Paneth-Zellen und verschiedene endokrine Zellen. Die Epithelzellen entstehen durch Teilung im Kryptenepithel, von wo sie innerhalb von 1 2 Tagen in Richtung Zottenspitze wandern und dort abgestoßen werden. (C) Die transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme zeigt die apikale (luminale) Zellmembran mit ihren fingerartigen Ausstülpungen, den Mikrovilli. Im Innern der Mikrovilli liegt ein Bündel von Aktinmikrofilamenten, die im Zytoskelett des Zellleibs verankert sind. (D) Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme des Bürstensaums im Querschnitt. (E) Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme eines Gefrierbruchs, auf der die Mikrovilli von der Seite her zu sehen sind (aus J. A. Young, D. I. Cook, A. D. Conigrave, C. R. Murphy: Gastrointestinal Physiology, Rainforest Publication 1991). plasmaähnliche Flüssigkeit, die in die intralobulären und dann in die interlobulären Ausführungsgänge abgegeben wird. Im Bereich der Azini und azinusnahen Gangabschnitte befinden sich myoepitheliale Zellen, die glatten Muskelzellen ähneln und kontraktil sind. Ihre Aufgaben bestehen wahrscheinlich in der Regulation des Flusswiderstandes im Gangsystem sowie einem Auspressen des Drüseninhaltes. Die Zusammensetzung des Speichels wird sowohl durch die Funktion der Azini als auch die der Ausführungsgänge bestimmt. Weiterhin finden sich in den Speicheldrüsen Blutgefäße und Nervenfasern. Ihre Tätigkeit wird durch das vegetative Nervensystem und durch Hormone reguliert. Hierbei spielen Reflexbögen eine wichtige Rolle. So kann der Anblick von Speisen die Sekretion der Speicheldrüsen anregen (kephalische Verdauungsphase, Kap ).

20 12.1 Allgemeingültiges zum Magen-Darm-Trakt 419 Funktion der Azinuszellen In den Azinuszellen wird der Hauptteil der Speichelproteine synthetisiert (z. B. α-amylase, Mucin). Dies geschieht am rauen endoplasmatischen Retikulum (Abb. 12.3), von wo aus die Proteine in Transportvesikeln zum Golgi-Apparat gelangen. Dort werden sie bei Bedarf noch modifiziert (z. B. glykosyliert) und anschließend in sekretorische Vesikel verpackt, deren Inhalt, wie bei den meisten Vesikeln, einen sauren ph-wert hat. Im Golgi-Apparat müssen die Proteine sortiert werden, da nur ein Teil in den Speichel gelangen soll, andere dagegen z. B. in die Lysosomen. Dieses Sortieren geschieht durch die Bindung an Rezeptoren, die dafür sorgen, dass die Proteine in die richtigen Vesikel gelangen. Lysosomale Proteine sind durch einen Mannose-6-Phosphat-Rest adressiert, der an den sog. Mannose-6-Phosphat-Rezeptor bindet und die Proteine in die Lysosomen leitet. Die sekretorischen Vesikel kondensieren anschließend zu den so genannten Zymogengranula, wobei das Volumen auf 30% schrumpft. Diese wandern dann zur apikalen Membran. Erreicht nun ein sekretorischer Stimulus (hormonell oder nerval) die Zellen, so kommt es zu einer Zunahme der zytosolischen Ca 2+ -Konzentration, die den Schalter dafür darstellt, dass Zymogengranula mit der Zellmembran fusionieren und ihren Inhalt nach außen entleeren: Exozytose. Bei der Exozytose (Abb. 12.3) spielt, ähnlich wie an Synapsen, der SNAP-SNARE-Mechanismus eine wichtige Rolle. Die Vesikelmembran wird anschließend durch Endozytose wieder in die Zelle aufgenommen und steht der Bildung neuer Vesikel zur Verfügung (Membranrezirkulation; s. a. Kap , S. 21). Der gesamte Vorgang hängt von der Integrität des Zytoskeletts ab, das sowohl die Wanderung zur apikalen Membran unterstützt (v. a. Mikrotubuli) als auch die regulierte Exozytose ermöglicht (v. a. apikales Aktinnetz). B Proteinexozytose C Proteinbiosynthese Lumen Exozytose ribosomale Proteine 3 mrna 5 trna Zytosol Vesikel 1 Polypeptid entsteht A-Seite Signalpeptid Signalerkennungspartikel (SRP) A proteinsezernierende Zelle 2 signalpeptidabhängige Bindung von SRP hält die Translation an 4 SRP wird abgespalten und recycelt apikal Sekretionsgranula kondensierende Vakuole Golgi-Komplex Vesikel Zellinneres 3 SRP-gebundenes Ribosom bindet selektiv an SRP-Rezeptor SRP-Rezeptor Membran des RER 5 die Translation geht weiter, und die Translokation beginnt Magen-Darm-Trakt basal raues endoplasmatisches Retikulum Abb Allgemeine Mechanismen der Proteinsynthese und -sekretion. A Eine typische exokrine proteinsezernierende Zelle enthält auf ihrer Basalseite dicht gepackte Schichten von rauem endoplasmatischem Retikulum (RER), in dessen Ribosomen die zu exportierenden Proteine synthetisiert werden. An den glatten Enden des RER lösen sich proteinhaltige Vesikel ab, die zur cis-region des Golgi-Apparats (posttranslationale Modifikation) gelangen, von dessen trans- Region sich kondensierende Vakuolen lösen. An der apikalen Zellseite liegen schließlich zahlreiche reife Sekretionsgranula zum exozytotischen Export bereit. B Protein-Exozytose: Die drei unteren, membranumschlossenen Vesikel liegen noch frei im Zytosol, während sich das Vesikel links oben bereits an die Innenseite der Plasmamembran angelagert hat. Die Membran des Vesikels rechts oben ist schon mit der Plasmamembran verschmolzen, und der Vesikelinhalt entleert sich ins Zisterne des rauen endoplasmatischen Retikulums (RER) Lumen. C Proteinbiosynthese: (C1) Ein Ribosom hat sich an einer mrna-kette konstituiert, und die synthetisierte Peptidkette beginnt, aus dem Ribosom herauszuwachsen. Handelt es sich bei dem Peptidanfang um das Signalpeptid für den Protein- Export, bindet sich an dieses das Signalerkennungspartikel (SRP, signal recognition particle), so dass die Aminoacyl-tRNA-Bindungsstelle (A-Seite) im Ribosom blockiert wird. (C2) Dadurch wird die Translation angehalten, und (C3) das SRP mit dem daran hängenden Ribosom bindet so an den SRP-Rezeptor auf der Membran des rauen endoplasmatischen Retikulums (RER), dass das Peptidende über einer (hypothetischen) Pore der RER-Membran zu liegen kommt. (C4) Jetzt wird das SRP abgespalten, (C5) die Translation kann weitergehen, und die Peptidkette des Proteins wächst nun in die Zisterne des RER: Translokation (nach 1). 12

21 Funktion des Magen-Darm-Trakts, Energiehaushalt und Ernährung Funktion der Gangzellen Die Gangzellen der Speicheldrüsen sind polarisierte Epithelzellen, die hauptsächlich am Transport von Wasser und Elektrolyten beteiligt sind. Zu diesem Zweck sind sie an der apikalen und basolateralen Membran mit speziellen Transportproteinen ausgestattet (z. B. Na + /H + -Austauscher, Cl -Kanäle; s. Kap. 2.3, S. 23 ff.). Reguliert wird ihre Funktion durch neurohumorale Stimuli über basolaterale Rezeptoren. Die Zellen zeigen eine gewisse Heterogenität entlang der Drüsengänge. Am Übergang vom Azinus zum Sekretgang finden sich Zellen mit hoher Carboanhydr(at) ase-aktivität, die wahrscheinlich eine Rolle bei der HCO 3 -Sekretion spielt. In den nachfolgenden Gangabschnitten zeigen sich vermehrt zytosolische Vesikel, die darauf hindeuten, dass hier nochmals Proteinsekretion stattfinden kann. Funktion der Goblet -Zellen Neben Azinus- und Gangzellen gibt es in Speicheldrüsen auch Goblet -Zellen in den größeren Ausführungsgängen. Sie sezernieren Schleim (Muzin), der als Gleitmittel dient, die Epithelzellen schützt und Pathogene bindet Motilität des Magen-Darm-Trakts Die zwei Phasen der Motilität Bezüglich der Motilität müssen wir prinzipiell zwischen zwei Phasen unterscheiden. Mit der Nahrungsaufnahme beginnt die digestive (postprandiale) Phase der Motilität. Diese dient dazu, die aufgenommene Nahrung mechanisch zu verarbeiten (z. B. im Magen) und koordiniert d. h. gemäß dem Verarbeitungszustand weiterzutransportieren. Es können drei prinzipielle Funktionen in dieser Phase abgegrenzt werden. Durch die Motilität kommt es zu einer Vermischung des Inhaltes der Hohlorgane, wodurch die Verdauung und Absorption der Nährstoffe unterstützt wird (der sog. unstirred layer über der Schleimhaut wird aufgemischt ). Hierbei spielen Segmentationen ( stehende Wellen, s. Kap ) eine wichtige Rolle. Eine weitere Aufgabe der Motilität ist der Transport der Nahrung in aboraler Richtung (Propulsion), um letztendlich nicht absorbiertes Material auszuscheiden. Hierfür ist die Peristaltik von großer Bedeutung. Schließlich muss die Nahrung zeitweise an bestimmten Stellen gespeichert werden (z. B. im Magen), bis sie aufbereitet und für den Weitertransport geeignet ist. Zu diesem Zweck müssen Sphinkter ( Ventile ) den Weitertransport verhindern und das davor liegende Organ sollte relaxieren, um den Inhalt ohne allzu großen Druckanstieg speichern zu können (Akkommodation, z. B. im proximalen Magen). Die Ventilwirkung der Sphinkter beruht teilweise darauf, dass ihre Funktion mit den proximalen (davor liegenden) und distalen (dahinter liegenden) Abschnitten des Magen-Darm-Kanals koordiniert ist. In der Regel führt ein proximaler Stimulus zur Öffnung des Sphinkters, ein distaler Stimulus zur Kontraktion. Der digestiven Phase schließt sich die interdigestive Phase an, deren Aufgabe darin besteht, unverdauliches Material, zu große Partikel (> 2 mm), sowie Sekrete des MDT (z. B. verschluckten Speichel) zu transportieren ( Ausputzerfunktion ). Dies geschieht auch hier durch den Bewegungstyp der Peristaltik. Offenbar trägt die interdigestive Motorik auch dazu bei, die Bakterienvermehrung im Dünndarm unter Kontrolle zu halten, da sich bei Patienten mit gestörter interdigestiver Motorik dort ein überschießendes Bakterienwachstum entwickelt. Während der interdigestiven Phase beobachtet man rhythmische Kontraktionen, die meist im Magen, im Duodenum oder im proximalen Jejunum ihren Ursprung haben und anschließend nach aboral bis zum Beginn des Kolons wandern. Man nennt diese wandernden Kontraktionen Migrating Motor Complex (= MMC). Diese Komplexe tauchen in Intervallen von min auf und lassen vier Abschnitte erkennen. Abschnitt 1 bezeichnet die Ruhephase vor der Kontraktion und macht ca % der Gesamtzeit eines MMC aus. In Abschnitt 2 (10 20% der Zeit) beginnen langsam die Kontraktionen, die dann in Abschnitt 3 (10 20 % der Zeit) maximal sind. In Abschnitt 4 kehrt die Aktivität in die Ruhephase zurück. Der Übergang von Abschnitt 2 auf 3 scheint durch das Hormon Motilin aus den M-Zellen des Duodenums stimuliert zu werden. Möglicherweise ist Motilin auch der Auslöser der MMC. Der Wechsel zwischen digestiver und interdigestiver Phase sowie die koordinierten Vorgänge während der beiden Phasen werden durch neurale und hormonelle Mechanismen eng reguliert. Hierbei spielen der Nervus vagus und der Energiegehalt der Nahrung eine wichtige Rolle. Die zellulären Mechanismen der Motilität Für die Motilität ist überwiegend glatte Muskulatur (Kap. 4.2, S. 119 ff.) zuständig, wobei Depolarisation des Membranpotenzials zur Kontraktion der Muskelzellen führt (myoelektrische Aktivität). Die Muskulatur ist in der Lage ohne äußere Einflüsse adäquate Bewegungsmuster durchzuführen. Diese werden durch das enterische Nervensystem koordiniert. Das vegetative Nervensystem hat modulierende Wirkung und kann sowohl die Peristaltik als auch die Sphinkter beeinflussen. Die Muskulatur muss in der Lage sein, in sinnvoller Abfolge tonische (z.b. Sphinkter) und rhythmische Kontraktionen (Peristaltik) durchzuführen. Diese intrinsische Motilität beruht auf entsprechenden Veränderungen des Membranpotenzials der glatten Muskelzellen. Wie wird nun sichergestellt, dass es zu sinnvollen Bewegungsabläufen kommt? Hierfür gibt es, ähnlich wie im Herzen, Schrittmacherregionen, die spontane Membranpotenzialschwankungen aufweisen, welche sich durch Gap Junctions über die glatte Muskulatur ausbreiten (s. Kap , S. 45 f.). Wegen des exponentiellen Abfalls der Potenzialamplitude ist die Ausbreitungsdistanz begrenzt. In diesen Schrittmacherregionen sind Netzwerke der interstitiellen Cajal-Zellen für die Potenzialänderungen verantwortlich. Cajal-Zellen zeigen ständig rhythmische Schwankungen ihres Membranpotenzials und geben diese über Gap Junctions passiv an glatte Muskelzellen weiter, ohne

22 12.1 Allgemeingültiges zum Magen-Darm-Trakt 421 Membranpotenzial (mv) spike -Salven 1 2 langsame Wellen kontinuierliche Entladung 3 nicht erregbar Schwellenpotenzial Zeit (s) dass es zunächst zur Muskelkontraktion kommt. Dies liegt daran, dass die Depolarisationen nicht stark genug sind (das Membranpotenzial bleibt negativer als 40 mv). Diese stillen elektrischen Wellen (die auch mit extrazellulären Elektroden registriert werden können) haben eine Frequenz von ca min 1 und werden als slow waves bezeichnet (Abb. 12.4). Die spontanen Depolarisationen in Cajal-Zellen während der slow waves werden, zumindest teilweise, durch Ca 2+ -Einstrom getragen (spannungsgesteuerte Ca 2+ -Kanäle, wahrscheinlich vom T- und vom L-Typ; s. Kap , S. 71). Möglicherweise schließt sich die Aktivierung eines Cl -Ausstroms und eines nicht-selektiven Kationeneinstroms an. Die anschließende Repolarisation kommt durch das Öffnen von spannungsabhängigen und Ca 2+ -aktivierten K + -Kanälen zustande und wird durch Schließen der depolarisierenden Kanäle unterstützt. Überschreiten die Depolarisationen einen Schwellenwert, kommt es durch Aktivierung von weiteren L-Typ-Ca 2+ -Kanälen zur Ausbildung von Ca 2+ -Aktionspotenzialen. Jetzt entstehen Ca 2+ -Aktionspotenziale auch in der glatten Muskulatur, und es folgt ein Anstieg der zytosolischen Ca 2+ -Konzentration, wodurch schließlich die Kontraktion ausgelöst wird. Für die Repolarisation der Muskelzellen sind Ca 2+ -aktivierte K + -Kanäle zuständig. Wird das Schwellenpotenzial nur vorübergehend überschritten und nur eine begrenzte Anzahl an Aktionspotenzialen ausgelöst, spricht man von einer Spike-Salve (Abb. 12.4). Das motorische Korrelat ist eine kurze phasische Kontraktion der Muskulatur. Die Abfolge mehrerer solcher phasischer Kontraktionen spielt z. B. bei Segmentationen oder der Peristaltik eine Rolle. Eine lang anhaltende Überschreitung des Schwellenpotenzials führt hingegen zu einer kontinuierlichen Auslösung von Aktionspotenzialen und bewirkt so eine tonische Kontraktion. Diese spielt in Sphinktern eine wichtige Rolle. 4 5 nicht erregbar, Atonie Abb Membranpotenzial der Muskulatur des Magen-Darm- Traktes. (1) Solange das wellenförmig schwankende Potenzial (ca. 10 min 1 ) unterhalb des Schwellenpotenzials von ca. 40 mv bleibt, fehlen Aktionspotenziale (spikes). (2) Bei einer (z. B. durch Dehnung oder Acetylcholin) hervorgerufenen Depolarisation werden Spike-Salven jedesmal dann ausgelöst, wenn der Wellenberg des Membranpotenzials das Schwellenpotenzial überschreitet. Diese Salven sind von rhythmischen Kontraktionen gefolgt. (3) Liegt auch das Wellental über dem Schwellenpotenzial, werden ununterbrochen Spikes entladen, so dass es zur tonischen Dauerkontraktion kommt, während (4) bei noch stärkerer Depolarisation keine Aktionspotenziale mehr auslösbar sind. (5) Bei Hyperpolarisation flachen die langsamen Wellen ab, und der Muskel erschlafft völlig: Atonie (nach A. C. Guyton. Textbook of Medical physiology, 7 th ed., Philadelphia: Saunders; 1986). Tonische Kontraktionen können unter pathophysiologischen Bedingungen aber auch an anderen Stellen als Spasmus auftreten. Wird das Membranpotenzial dagegen zu stark depolarisiert, so sind keine Aktionspotenziale mehr auslösbar. Eine Hyperpolarisation über das physiologische Niveau hinaus führt dazu, dass die Schwelle kaum mehr erreicht wird und somit keine Muskelkontraktion stattfindet. Diesen Zustand bezeichnet man als Atonie. Die Regulation der Motilität Die Regulation der Motilität dient der Anpassung an lokale Bedingungen (z. B. vorhandene Nahrungsmenge), der Koordination der unterschiedlichen Abschnitte untereinander, der Koordination mit Verdauung und Resorption sowie der Anpassung an den Wachheitsgrad. Die Eigenmotilität wird durch das enterische Nervensystem (und damit indirekt auch durch höhere Abschnitte des Nervensystems, v. a. Parasympathikus) sowie durch hormonelle Stimuli reguliert (durch Beeinflussung der zytosolischen Ca 2+ -Konzentration): Das enterische Nervensystem koordiniert über lokale Reflexbögen (intestinale Reflexe) die Motilität und unterstützt damit z. B. die digestive Peristaltik. Die Zusammensetzung des Nahrungsbreis beeinflusst über Mechano-, Osmo- und Chemorezeptoren die Motilität der betroffenen Abschnitte. Der Parasympathikus kann, vermittelt durch das enterische Nervensystem, modulierend auf die Motilität einwirken und z. B. die Peristaltik fördern. Hormone können direkt an ihre Rezeptoren auf glatten Muskelzellen binden und deren Kontraktilität beeinflussen (z. B. GIP, Gastrin, Enteroglukagon, Sekretin). Die Bedeutung des gastrointestinalen Nervensystems für eine normale Darmmotorik wird besonders bei der Betrachtung der Hirschsprung-Krankheit deutlich, einem angeborenen Fehlen beider enterischer Nervenplexus (s. u.) mit stark erhöhtem Tonus der Muscularis in einem meist nur kurzen Abschnitt des rektosigmoidalen Kolons. In unbehandelten Fällen kann der Säugling keinen Stuhl entleeren und die Folge ist ein massiv dilatiertes Kolon (Megacolon congenitum; Abb. 12.5). Eine Heraustrennung des erkrankten Darmabschnitts kann die Störung beheben. Eine Fehlfunktion der Cajal-Zellen spielt möglicherweise sowohl bei der Hirschsprung-Krankheit als auch bei schweren Fällen chronischer Verstopfung, bei Colitis ulcerosa sowie bei der hypertrophischen Pylorusstenose eine Rolle. Bei dieser verhindert die Verdickung der Wand des Magenpförtners (Abb ) den Übertritt von Mageninhalt in das Duodenum. Ist ein gewisser Grad der Überfüllung des Magens überschritten, kommt es zum Erbrechen im Strahl. Eine teilweise Durchtrennung der Pylorusmuskulatur behebt das Problem. Magen-Darm-Trakt 12

23 Funktion des Magen-Darm-Trakts, Energiehaushalt und Ernährung Abb Motilitätsstörung führt zum Darmverschluss. Das bei einem Säugling von der Seite aufgenommene Röntgenbild zeigt, dass der (mit einem Röntgenkontrastbrei gefüllte) Dickdarm eine Engstelle aufweist (roter Kreis), während er proximal davon stark ausgeweitet ist. Die (durch Biopsie gesicherte) Diagnose lautet Megacolon congenitum (Hirschsprung-Krankheit). Dieser angeborenen Störung liegt ein Fehlen der Ganglienzellen in Rektum und rektumnahem Dickdarm zugrunde (roter Kreis). Hier wird der Darminhalt nicht weitertransportiert, so dass er sich oral davon staut. Zur Therapie muss der aganglionäre Darmabschnitt entfernt werden (aus J. A. Young, D. I. Cook, A. D. Conigrave, C. R. Murphy: Gastrointestinal Physiology, Rainforest Publication 1991) Regulationsmechanismen im Magen-Darm-Trakt Die Funktionen des Magen-Darm-Traktes müssen koordiniert werden Da die verschiedenen Komponenten des MDT auf ein Ziel hinarbeiten, ist es unerlässlich, dass ihre Funktionen eng koordiniert werden. Dies wird durch zwei Regulationssysteme, Nerven und Hormone, ermöglicht. Beide werden durch die aufgenommene Nahrung aktiviert (z. B. über Chemo- oder Osmorezeptoren) und dirigieren dann eine Serie von motorischen und sekretorischen Aktivitäten (z. B. Kontraktion des Magens, Sekretion von Magensaft), die dafür sorgen, dass die Bestandteile der Nahrung zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Form an der richtigen Stelle sind, um absorbiert zu werden (so werden die Pommes frites zu Glucose zerlegt, die dann im Dünndarm absorbiert wird). Anschließend müssen diese Aktivitäten wieder beendet werden (interdigestive Phase). Diese integrierte Antwort auf Nahrungszufuhr ist wie die Arbeit eines Orchesters, die durch den Dirigenten koordiniert werden muss, obwohl jedes Mitglied sein Instrument sehr wohl beherrscht. Im Fall des MDT wird die Koordination durch neurale Mechanismen (enterisches, vegetatives und zentrales Nervensystem mit den jeweiligen Transmittern) sowie durch endokrine (z. B. Gastrin, das über die Blutbahn an die Parietalzellen des Magens gelangt) und parakrine (z. B. Histamin, das durch Diffusion die Parietalzellen erreicht) Mechanismen bewerkstelligt. Tab gibt einen Überblick über parakrin und endokrin wirkende Hormone. Die Neurotransmitter und -modulatoren sind getrennt in Tab dargestellt. Die präganglionären parasympathischen Fasern für den Großteil des Verdauungstrakts kommen mit dem N. vagus aus der Medulla oblongata, der Rest über die Nn. pelvici aus dem Sakralmark. Der Parasympathikus zieht zu erregenden (cholinergen) und zu hemmenden (peptidergen) Ganglienzellen der Plexus myentericus und submucosus (Abb. 12.2). Die sympathischen Fasern entspringen aus dem thorakolumbalen Rückenmark. Viele von ihnen projizieren auf die Blutgefäße des Darms, andere hemmen Neurone der Darmganglien. Die viszeralen Afferenzen der Darmwand verlaufen im N. vagus, in den Nn. splanchnici und in den Nn. pelvici zur Medulla oblongata (Ncl. tractus solitarii), zu sympathischen Ganglien und zum Rückenmark. Über diese äußeren Nerven laufen zahlreiche Darmreflexe, einschließlich Akkommodation und Paralyse. Darüber hinaus enthält sowohl das Epithel der Mukosa als auch das der darin eingebauten Drüsen spezielle endokrine Zellen. Sie enthalten u. a. Gastrin, Cholecystokinin (CCK), Sekretin, GIP (glucose-dependent insulin-releasing peptide) und Somatostatin, die nach ihrer Ausschüttung ins Blut Motilität, Sekretion und Verdauung im Magen- Darm-Trakt steuern und koordinieren. Das enterische Nervensystem Das enterische Nervensystem ähnelt den primitivsten bekannten Nervensystemen, wie z. B. dem neuronalen Netz einer Qualle, das ebenfalls für Bewegung und Materialaustausch mit der Umgebung zuständig ist. Damit steht das enterische Nervensystem in der Hierarchie der humanen Nervensysteme auf der niedrigsten Stufe und kann durch hierarchisch höhere Anteile, wie vor allem dem vegetativen Nervensystem, moduliert werden. Es ist jedoch in der Lage, völlig eigenständig seine Aufgaben zu erfüllen. So kann es angemessen auf lokale Stimuli reagieren, sowie die Tätigkeit des MDT regulieren und beherbergt komplette Reflexbögen (intestinale Reflexe, z. B. peristaltischer Reflex; Abb. 12.6). Man spricht deshalb auch vom Minigehirn des MDT. Das enterische Nervensystem ist eine Ansammlung von ca. 100 Millionen Neuronen (d. h. mehr als im Rückenmark) die, organisiert in Plexus, den MDT inklusive Leber und Gallenblase umgeben. Die Plexus sind Systeme aus eng vernetzten Ganglien, und es werden grob zwei Plexus unterschieden. Zwischen der Ring- und der Längsmuskelschicht der Muscularis externa des gesamten MDT befindet

24 Sehsystem und Augenbewegungen Ulf Eysel 21.1 Visuell-visuomotorisches System Auge und optische Abbildung auf der Netzhaut Licht und Abbildung Auge und optische Abbildung auf der Netzhaut Licht und Abbildung Akkommodation Abbildungsfehler des optischen Apparates Refraktionsfehler Regelung der Pupillenweite Kammerwasser und Augeninnendruck Tränen Zusammenfassung Kap Okulomotorik Augenmuskeln und ihre Zugrichtungen Eigenschaften und Steuerung von Augenbewegungen Zusammenfassung Kap Die Netzhaut: primäre sensorische Prozesse und neuronale Signalverarbeitung Augenhintergrund Funktionelle Anatomie der Netzhaut Phototransduktion Photochemische Adaptation Signalverarbeitung in der Netzhaut Objektive Messung der Netzhautfunktion Sehschärfe Zusammenfassung Kapitel Das zentrale Sehsystem Topographie der primären Sehbahn Subkortikale Zentren der Sehbahn Die primäre Sehrinde Höhere visuelle Kortexareale Visuell evozierte Potenziale Räumliches Sehen Farbensehen Zusammenfassung Kap

25 Sehsystem und Augenbewegungen 21 Sehsystem und Augenbewegungen Ulf Eysel Häufig klagen ältere Menschen über Blendung: Nachts stören sie die Scheinwerfer entgegenkommender Fahrzeuge, tags bevorzugen sie Hüte mit breiten Krempen, um die direkte Sonneneinstrahlung zu vermeiden. Sie klagen über eine schneller abnehmende Sehschärfe, verschwommene Bilder und zunehmenden Verlust der Farbwahrnehmung. Bei meiner Mutter zum Beispiel war es so. Die augenärztliche Untersuchung des vorderen Augenabschnitts mit der Spaltlampe zeigte eine fortgeschrittene Trübung der Linse, die Untersuchung der Netzhaut ergab eine ungestörte Netzhautfunktion. Die notwendige Kataraktoperation war einfach und komplikationslos: Die getrübte Linse wurde entfernt und durch eine Kunststofflinse mit angepasster Brechkraft ersetzt. Für die Patientin war der Erfolg überwältigend: von einem Tag auf den anderen wieder leuchtende Farben und eine scharfe Abbildung vielleicht zu scharf: Ich habe gar nicht gewusst, dass Du schon so viele graue Haare hast Visuell-visuomotorisches System Die Augen zeichnen sich unter den Sinnesorganen durch größte Reichweite und Adaptationsfähigkeit aus, sie sind durch einen eigenen Bewegungsapparat selbstbeweglich und zielgerichtet. Die zweidimensionale Abbildung von Sehdingen auf der Netzhaut (Retina) ist die Grundlage für eine massiv parallele, neuronale Verarbeitung der Sehinformation, die bereits im neuronalen Netzwerk der Retina beginnt. Dieses Netzwerk von Nervenzellen ist entwicklungsgeschichtlich ein Teil des Zentralnervensystems, das die Reizaufnahme sowie eine erste Analyse der Sehdinge vornimmt. Die Aufgabe des gesamten Systems, bestehend aus dem sensorischen Teil mit Auge und nachgeschaltetem zentralen Verarbeitungssystem (visuelles System) sowie einem die Augenbewegungen kontrollierenden Teil (visuomotorisches System), ist die explorative Orientierung in der Umwelt und die Ortung, Verfolgung und Klassifizierung von Sehdingen auf der Basis von Form, Farbe, Bewegung und Tiefe. Dabei arbeiten vielfältige Regionen des Gehirns aufmerksamkeitsgesteuert zusammen. Das visuell-visuomotorische System ist funktionell eng mit anderen Sinnessystemen und Systemen der Motorik verzahnt. Sehen ist nicht zuletzt auch eine wichtige Grundlage der menschlichen Kommunikation durch Schrift und Bild Auge und optische Abbildung auf der Netzhaut Licht und Abbildung Elektromagnetische Strahlen mit Wellenlängen zwischen 400 und 750 nm sind der adäquate Reiz für die Photorezeption im Auge. Treffen sie auf unsere Netzhaut, nehmen wir sie als Licht wahr und ordnen die ausgelöste Empfindung der Sinnesmodalität Sehen zu. Funktionell kann man das Auge aufteilen in den physikalisch-optischen Teil (dioptrischer Apparat) und die Rezeptorfläche der Netzhaut, in der die Umsetzung des optischen Reizes in Erregung neuronaler Elemente erfolgt (Transduktion; s. Kap. 17.4, S. 636). Abb zeigt den Aufbau des Auges. Der Augapfel (Bulbus oculi) eines rechten Auges ist horizontal durch den Ort des schärfsten Sehens (Fovea centralis) und den nasal austretenden Sehnerv (N. opticus) geschnitten. Das Licht tritt durch die Hornhaut (Kornea) ein und erreicht über vordere Augenkammer, Linse und Glaskörper die Netzhaut (Retina). Der dioptrische Apparat entwirft ein verkleinertes, umgekehrtes Bild auf der Netzhaut. Prinzipiell entsteht das Bild durch Brechung von Lichtstrahlen an Grenzflächen zwischen Medien mit unterschiedlicher optischer Dichte (Abb A). Ein Maß für die optische Dichte ist der Brechungsindex n (dimensionslos; für Luft gilt n = 1,0). Optische Dichte, geometrische und andere physikalische Eigenschaften bestimmen die Brechkraft eines optischen Systems, die in Dioptrien als dem Kehrwert der Brennweite (in Metern) angegeben wird: D ½dptŠ ¼1/f ½1/mŠ

26 21.2 Auge und optische Abbildung auf der Netzhaut 709 Kornea vordere Augenkammer hintere Augenkammer Linse Musculus rectus medialis Iris Schlemm-Kanal Ziliarkörper Zonulafasern Ora serrata Sklera Chorioidea Pigmentepithel Glaskörper Licht Äquator Musculus rectus lateralis Retina Papille Nervus opticus nasal Abb Horizontalabschnitt durch das menschliche Auge. Die Schnittebene verläuft durch die Fovea und den austretenden N. opticus. Die optische Achse des Auges verläuft durch die Mitte der Pupille, die Krümmungsmittelpunkte der Linse und den Augenmittelpunkt. Sie weicht um einen Winkel von 5 von der Sehachse ab, die 5 Sehachse optische Achse Fovea vergrößerter Ausschnitt der Retina temporal durch die Fovea verläuft und die Blickrichtung angibt. Der vergrößerte Ausschnitt zeigt die Schichten der Netzhaut im Auge mit der lichtabgewandten Orientierung der Photorezeptoren (siehe Abb ). Sehsystem und Augenbewegungen Eine optische Linse mit einer Brennweite von 0,2 m hat demnach eine Brechkraft von 5 dpt. Linsen mit positiver Brechkraft (+dpt) bündeln die Lichtstrahlen (Sammellinsen), Linsen mit negativer Brechkraft ( dpt) streuen die Lichtstrahlen (Zerstreuungslinsen). Für die Abbildung eines Gegenstandes gilt bei achsennahen Strahlen und Winkeln unter 10 vereinfacht: 1/B þ 1/G ¼ 1/f ½1/mŠ Dabei ist B die Bildweite, G die Gegenstandsweite und f die Brennweite, jeweils in Metern. Bei einem sehr weit entfernten Gegenstand geht 1/G gegen 0, und die Bildweite wird damit gleich der Brennweite. Deshalb vereinen sich beim normalsichtigen oder richtig korrigierten, in die weite Ferne blickenden Auge die parallel einfallenden Strahlen fokussiert auf der Netzhaut (Abb A). Bei näheren Gegenständen muss nach derselben Formel die Brennweite kürzer werden, wenn das Bild mit konstanter Bildweite weiterhin scharf auf der Netzhaut abgebildet sein soll. Die dazu notwendige Variabilität der Gesamtbrechkraft des Auges erfolgt durch die Akkommodation. Der dioptrische Apparat des Auges ist ein zusammengesetztes optisches System, bei dem mehrere Übergangsflächen zwischen brechenden Medien verschiedener Dichte aufeinander folgen. Die Gesamtbrechkraft von rund 59 dpt (bei fernakkomodiertem Auge, s. u.) ergibt sich aus den Einzelbeiträgen der Brechwerte von Kornea (43 dpt, Brechkraft von Vorderfläche minus Hinterfläche) und Linse (19 dpt), vermindert um den optischen Beitrag des Kammerwassers in der vorderen Augenkammer zwischen Kornea und Linse ( 3 dpt). Zur leichteren Konstruktion der Abbildung auf der Netzhaut kann dieses komplexe System näherungsweise auf ein wassergefülltes System (n = 1,333) mit nur einer brechenden Oberfläche (Krümmungsradius 5,5 mm) vereinfacht werden ( reduziertes Auge Abb B). A B optische Achse Brechungsindices Krümmungsradien (mm) Kornea Linse 1,376 1,376 1,414 7,7 6,8 10,0 Glaskörper 1,336 6,0 Distanz vom Hornhautscheitel (mm) 0 3,6 7,2 24,4 1000mm Gegenstand 176 mm groß Bild 2,992 mm hoch 17 mm K (Knotenpunkt) Abb Der optische Apparat des Auges (Vertikalschnitt). A Wichtige Maße und Werte des menschlichen Auges (nach 6). B Konstruktion der Abbildung im reduzierten Auge. Retina 21

27 Sehsystem und Augenbewegungen Der für die Berechnung der Bildgröße wichtige Knotenpunkt (K) liegt 7,4 mm hinter dem Korneascheitel nahe dem hinteren Linsenpol und 17 mm vor der Netzhaut. Die Größe einer Abbildung auf der Netzhaut kann abgeschätzt werden, wenn man entweder Bild- und Gegenstandsweite (für die Berechnung nach dem Strahlensatz) oder die Bildweite und den Sehwinkel α (für die Berechnung nach dem Tangens) kennt (Abb B). Ein Gegenstand von 176 mm Größe in 1000 mm Entfernung vor dem Auge erzeugt bei der Bildweite von 17 mm ein Bild von 2,992 mm Größe. (Führt man eine beispielhafte Berechnung nach dem Tangens mit α = 10 durch, ergibt sich [tg α = 176/ 1000 = 0,176] als Bildgröße B = tg mm = 0, mm = 2,992 mm). Aus der Bildgröße von etwa 3 mm bei 10 Sehwinkel folgt, dass 1 Sehwinkel auf der Netzhaut 0,3 mm = 300 µm entspricht Akkommodation Die Fokussierung von unterschiedlich entfernten Gegenständen auf der Retina erfolgt durch Änderung der Linsenbrechkraft (Akkommodation, Abb. 21.3). Die Linse ist elastisch und nimmt, wenn keine äußeren Zugkräfte auf sie einwirken, eine mehr kugelförmige Gestalt an. Am Linsenäquator setzen jedoch die Zonulafasern an, die ihrerseits indirekt an Sklera und Chorioidea aufgehängt sind. Der Augeninnendruck spannt die Sklera und damit die Zonulafasern und flacht dadurch die Linse ab. Dies ist der Zustand der Fernakkommodation (Abb A), bei der (theoretisch unendlich) ferne Gegenstände scharf auf der Retina abgebildet werden. Die Aufhängung der Zonulafasern an der Sklera wird über den Ciliarmuskel vermittelt. Dieser Muskel kann durch parasympathische Innervation zur Kontraktion gebracht und damit seine Öffnung schließmuskelartig verkleinert werden (Näheres zur parasympathischen Regulation in Kap. 24, S. 800 ff.). Dadurch werden die Zonulafasern entspannt (Abb B), die Linsenkrümmung nimmt zu, besonders an der Linsenvorderfläche. Die resultierende Änderung von physikalisch-optischen Eigenschaften der Linse (Reduktion des Radius, Erhöhung des Brechungsindex) bewirkt eine Steigerung ihrer Brechkraft, der zufolge nahe Gegenstände scharf auf der Retina abgebildet werden können. Dieser Zustand wird als Nahakkommodation bezeichnet. Bei maximaler Nahakkommodation wird ein Gegenstand, der sich im Nahpunkt befindet, scharf abgebildet. Die mögliche Veränderung der Brechkraft bei Akkommodationsvorgängen wird als Akkommodationsbreite (A) bezeichnet. 1 A=D n D f [dpt] (dabei ist D n = und Nahpunkt 1 D f =, jeweils gemessen in m) Fernpunkt Diese in Dioptrien angegebene Differenz der Brechkraftwerte bei Nah- und Fernpunkteinstellung kann beim jugendlichen Auge bis 14 dpt betragen. Das entspricht beim normalsichtigen Auge einem Bereich scharfer Abbildung von 7 cm bis unendlich (Akkommodationsbereich). Zusätzlich zur parasympathischen Innervation besitzt der Ciliarmuskel noch eine schwache sympathische Innervation, die antagonistisch wirkt. Im Ruhezustand (bei völliger Dunkelheit) ist der Ciliarmuskel leicht kontrahiert und das Auge eines Normalsichtigen ist auf eine Entfernung von etwa 0,5 2 m eingestellt (Nachtmyopie, 2 0,5 dpt). Ziliarmuskel entspannt Zonulafasern gespannt Fernpunkt Linse 14 Nahpunkt in m A Fernakkommodation 12 0, ,10 0,12 0,15 Ziliarmuskel kontrahiert Zonulafasern entspannt Dioptrien 8 6 Nahpunkt B Nahakkommodation Abb Mechanismus der Nah- und Fernakkommodation und Altersabhängigkeit der Akkommodationsbreite. A Fernakkommodation mit Strahlengang für einen Normalsichtigen. Der Fernpunkt liegt im Unendlichen. B Nahakkommodation um 8 dpt. Der Nahpunkt ,25 0,50 1, Alter in Jahren C Akkommodationsbreite liegt bei 0,125 m. C Die Akkommodationsbreite in Dioptrien ist mit ihrer Streubreite (grün) über dem Lebensalter aufgetragen. Die entsprechenden Nahpunkte in m sind für den Normalsichtigen (oder vollständig korrigierten Fehlsichtigen) angegeben.

28 21.2 Auge und optische Abbildung auf der Netzhaut 711 Mit zunehmendem Alter nimmt die Elastizität des Linsenkerns ab. Dabei verringert sich die Akkommodationsbreite bei über 40-jährigen auf unter 3 dpt (Abb C). Bei dieser Alterssichtigkeit (Presbyopie) liegt der Nahpunkt bei 33 cm oder noch weiter entfernt, und müheloses Lesen von Kleingedrucktem ist nicht mehr möglich. Zur Unterstützung der Nahakkommodation werden Lesebrillen mit Sammellinsen verwendet, die den Nahpunkt wieder in den Bereich von 25 cm bringen Abbildungsfehler des optischen Apparates Bei der Bildentstehung im Auge treten verschiedene optische Abbildungsfehler auf, die im Prinzip alle dazu führen, dass keine genau punktförmige Abbildung erfolgt. Sphärische Aberration. Strahlen aus der Nähe der optischen Achse werden schwächer gebrochen als achsenferne Strahlen (Randstrahlen), die stärker gebrochen werden. Durch Verkleinerung der Blendenöffnung (Pupille) wird die sphärische Aberration funktionell verringert. Chromatische Aberration. Die Lichtbrechung ist von der Wellenlänge abhängig. Kurzwelliges Licht wird stärker gebrochen als langwelliges. Da die Fovea aber keine Blaurezeptoren enthält, wird dieser Abbildungsfehler biologisch korrigiert. Ablenkung des Lichts an den Rändern der Pupille (Beugung) und Schatten von Glaskörpertrübungen, die als fliegende Mücken ( mouches volantes ) gesehen werden, verschlechtern ebenfalls die Abbildung. Astigmatismus. Diese Brennpunktlosigkeit beruht auf unterschiedlich starker Brechung in verschiedenen Ebenen des dioptrischen Apparates (Abb unten). Dabei wird ein Punkt nicht punktförmig, sondern als Linie abgebildet. Normalerweise ist durch die dauernde Krafteinwirkung der Lider die Hornhaut in vertikaler Richtung stärker als in horizontaler Richtung gekrümmt (Astigmatismus nach der Regel). Weichen die Brechkraftwerte der Achsen nicht über 0,5 dpt voneinander ab, handelt es sich um einen physiologischen Astigmatismus, der keiner Korrektur bedarf. Wenn der Astigmatismus höhere Werte erreicht und die Achsen maximaler und minimaler Brechkraft senkrecht zueinander stehen (regulärer Astigmatismus), so muss und kann er durch zylindrische Korrekturlinsen ausgeglichen werden (Abb unten). Der irreguläre Astigmatismus ist in der Regel durch Verletzungen bedingt und beruht auf einer unregelmäßigen Korneaoberfläche. Hier kann nur die Korrektur durch eine Kontaktlinse helfen, die wieder eine gleichmäßige optische Oberfläche herstellt Refraktionsfehler Refraktionsfehler sind Abweichungen von der Normalsichtigkeit (Emmetropie). Am häufigsten sind Myopie ( Kurzsichtigkeit ), Hyperopie (Hypermetropie, Weitsichtigkeit ) und Astigmatismus. Bei Kurz- und Weitsichtigkeit besteht in der Regel ein Missverhältnis zwischen Bulbuslänge und Bulbus zu lang: Kurzsichtigkeit Korrektur: Zerstreuungslinse Sehsystem und Augenbewegungen 21 Eine schwere Form der Störung der Optik des Auges ist die Katarakt (Linsentrübung, grauer Star), die am häufigsten als Altersstar (Cataracta senilis) auftritt. Tritt ein Star bei Kindern auf, muss er bereits in den ersten Lebensmonaten operiert werden, da sonst schwere Entwicklungsfehler der zentralen Sehbahn zu erwarten sind. Durch physikalische Einwirkung von Infrarotstrahlen kann auch schon im früheren Erwachsenenalter eine Katarakt entstehen (Glasbläser- oder Feuerstar); diese arbeitsplatzbedingten Erkrankungen sind durch vorgeschriebene Maßnahmen am Arbeitsplatz (Schutzbrillen) sehr selten geworden. Der relativ häufige Altersstar (20 30 % der über 60-Jährigen) beruht vermutlich auf Enzymdefekten, Mangelernährung und Einfluss von UV-Licht. Radiäre Wasserspalten in der Linsenrinde führen zu diffuser Lichtbrechung, die Patienten sind oft geblendet, die Farbwahrnehmung verblasst und es tritt eine zunehmend verschwommene Abbildung auf. Bei intakter Netzhautfunktion ist die komplikationsarme Staroperation die einzige wirksame Behandlung. Bei der Operation wird die Linse entfernt und durch eine in der Brechkraft entsprechend angepasste Kunststofflinse ersetzt. falsche Hornhautkrümmung: Astigmatismus Korrektur: zylindrisch konvexe Linse Bulbus zu kurz: Weitsichtigkeit Korrektur: Sammellinse Abb Refraktionsanomalien. Oben: Myopie mit Korrektur durch eine Zerstreuungslinse. Mitte: Hyperopie mit Korrektur durch eine Sammellinse. Unten: Astigmatismus mit zu schwacher Brechung in der horizontalen Ebene und Korrektur durch eine zylindrische, konvexe Linse mit entsprechend stärkerer Brechung in der Horizontalebene.

29 Sehsystem und Augenbewegungen Brennweite des dioptrischen Apparates des Auges. Die Refraktionsanomalien werden durch zusätzliche Linsen im Strahlengang ( Brillengläser ) korrigiert. Bei der Myopie ist der Bulbus im Verhältnis zu lang (Abb oben). Es entsteht ein unscharfes Bild, weil die Bildebene vor der Netzhaut liegt. Die bei Myopie relativ zu starke Brechkraft wird durch Vorsetzen von Zerstreuungslinsen (negative Dioptrienzahl) ausgeglichen. Bereits bei einer Verlängerung des Augapfeldurchmessers von 0,1 mm (ca. 0,3 dpt) kann man eine Verschlechterung der Sehschärfe bemerken; 1 mm entspricht dann schon ca. 3 dpt. Bei der Hyperopie ist der Bulbus zu kurz (Abb Mitte), und die Abbildung entsteht hinter der Netzhaut. Die zu niedrige Brechkraft bei Hyperopie wird durch Sammellinsen mit positiver Brechkraft korrigiert. Refraktionsfehler und Akkommodation. Myope können zwar sehr nahe liegende Gegenstände scharf abbilden, sehen in der Ferne jedoch immer unscharf. Hyperope können ihre Hyperopie durch Nahakkommodation kompensieren und ferne Gegenstände ohne Brille scharf sehen, solange ihre Akkommodationsbreite dazu ausreicht, allerdings ist das wegen der Koppelung von Nahakkommodation und Konvergenzreaktion der Augen (s. Kap und ) bei starker Weitsichtigkeit dann mit Einwärtsschielen verbunden. Wegen der Möglichkeit der Nahakkommodation müssen Hyperope mit der stärksten+dpt-brille korrigiert werden, mit der sie in der Ferne noch scharf sehen können, während Myope die schwächste mögliche dpt-brille bekommen (bei Überkorrektur würden sie funktionell hyperop, könnten dies aber durch Nahakkommodation kompensieren). Refraktionsanomalien werden von Umwelteinflüssen mitbestimmt. Bei der Geburt ist das Auge zu klein, es liegt eine Hyperopie vor, die normalerweise in der frühkindlichen Entwicklung durch Bulbuswachstum ausgeglichen wird; das Auge wächst in Fokus und wird damit emmetrop. In der Entwicklung wird dieses Wachstum des Auges besonders durch unscharfe Abbildung naher Gegenstände ausgelöst und erfolgt nur in Helligkeit. Die letztgenannte, experimentelle Beobachtung wird durch ein höheres Vorkommen von Myopie bei Kindern bestätigt, bei denen nachts das Licht im Schlafzimmer angelassen wurde. Neben Störungen des Wachstums, die zur Hyperopie oder Myopie führen, kann häufige und extreme Nahakkommodation auch später noch einen Wachstumsreiz darstellen, der zur Ausprägung einer Myopie führen kann (z. B. Uhrmacher-Myopie). Bei der malignen Myopie (Myopia maligna) ist der Augapfel extrem vergrößert, und die Gefahr einer Netzhautablösung (Ablatio retinae) ist deutlich erhöht Regelung der Pupillenweite Die Iris stellt eine Blende dar, die Blendenöffnung ist die Pupille. Helligkeitszunahme führt zur Verkleinerung der Pupille im Sinne einer Konstanterhaltung der Leuchtdichte auf der Netzhaut. Dieser Pupillenreflex ermöglicht auch einen relativ schnellen Schutz vor Blendung (die Verkleinerung beginnt nach 0,2 0,5 s und dauert je nach Größe des Helligkeitssprunges zwischen 0,5 und über 1 s). Die ins Auge eintretende Lichtmenge hängt linear von der Pupillenfläche (π r 2 ) und damit quadratisch vom Radius ab. Bei Verminderung des Pupillendurchmessers von 7,5 auf 1,5 mm nimmt die einfallende Lichtmenge demzufolge um den Faktor 25 ab. Bei Beleuchtung nur eines Auges verengt sich nicht nur die beleuchtete Pupille (direkte Lichtreaktion), sondern auch die Pupille des anderen Auges (konsensuelle Lichtreaktion). Bei der komplexen Naheinstellungsreaktion verringert sich die Pupillenweite ebenfalls und zwar direkt gekoppelt mit der Nahakkommodation und einer Konvergenzstellung der beiden Augenachsen. Dabei bedingt die geringere Pupillenweite eine Erhöhung der beim Nahsehen wichtigen Tiefenschärfe. Die Rezeptoren für den Pupillenreflex sind nach neuen Erkenntnissen spezialisierte Ganglienzellen der Netzhaut, die Melanopsin enthalten und intrinsisch lichtempfindlich sind (s. Kap und ). Ihre kaum adaptierenden Signale werden über Abzweigungen aus dem Tractus opticus zur prätektalen Region (s. Abb ) fortgeleitet. Von dort verläuft eine parasympathische, pupillenkonstriktorische Bahn über den Edinger-Westphal-Kern und das Ganglion ciliare zum M. sphincter pupillae. Eine sympathische, dilatatorische Bahn geht vom Hypothalamus aus und zieht über das ziliospinale Zentrum des Rückenmarks und das Ganglion cervicale superius zum M. dilatator pupillae. Die neuronale Kontrolle der Lichtreaktion der Pupille hängt maßgeblich von den parasympathischen Fasern ab, bei deren Erregung sich die Pupille verengt (Miosis) und bei deren Hemmung sie sich, unterstützt durch die sympathische Innervation, erweitert (Mydriasis). Die Sympathikuserregung (abhängig vom Wachheitsgrad sowie von psychischen oder emotionalen Reizen) gibt dabei zugleich die maximale Pupillenweite vor, die bei Hemmung des Parasympathikus erreicht werden kann. Bei einer Blockade des Sympathikus im Bereich des Ganglion cervicale superius, von dem aus auch die Öffnung der Lidspalte innerviert wird, tritt das Horner-Syndrom auf, das mit einer Verengung von Pupille und Lidspalte (Ptosis) einhergeht. Der Pupillenreflex bleibt dabei jedoch erhalten. Eine wichtige klinische Rolle spielt die Pupillenreaktion für die objektive Prüfung der afferenten Leitung im ersten Abschnitt der Sehbahn vom Auge bis zum Zwischenhirn und für die Beurteilung von Narkosestadien oder der Tiefe einer Bewusstlosigkeit. Weite reflexlose Pupillen sind dabei, außer bei Unterkühlung, ein alarmierendes Zeichen Kammerwasser und Augeninnendruck Das Kammerwasser baut den Augeninnendruck auf. Es wird im Bereich der hinteren Augenkammer vom Epithel des Ziliarkörpers gebildet und tritt durch die Pupille in die vordere Augenkammer über, wo es im Kammerwinkel durch das Trabekelwerk und den Schlemm-Kanal in den intra- und episkleralen Venenplexus abfließt. Wenn sich Produktion

30 21.2 Auge und optische Abbildung auf der Netzhaut 713 und Abfluss (etwa 2 mm 3 /min) die Waage halten, besteht ein konstanter Augeninnendruck. Er kann durch die Tonometrie festgestellt werden, deren Funktionsprinzip auf der Messung der Verformbarkeit des Auges beruht. Dazu wird bei der Applanationstonometrie die Kraft gemessen, die aufgewendet werden muss, um eine definierte Korneafläche abzuflachen. Bei der Impressionstonometrie wird der Grad der Korneaeindellung bei Aufsetzen eines Stiftes (definierter Druck) ermittelt. Normale Augeninnendruckwerte liegen zwischen 10 und 20 mmhg (1,33 2,66 kpa). Beim Krankheitsbild des Glaukom (grüner Star) ist der Augeninnendruck durch eine Abflussbehinderung am Kammerwinkel oder eine gesteigerte Kammerwasserproduktion pathologisch erhöht, was zur Schädigung der Sehnervenfasern im Bereich der Papilla nervi optici führen kann. Eine Behinderung des Abflusses durch eine Verlegung des Kammerwinkels (Winkelblockglaukom) kann zu einem akuten Glaukomanfall führen. Hierbei spielt die Weite der Pupille eine wichtige Rolle: die Verdickung der Iris bei Pupillenerweiterung ist ein Faktor der Abflussbehinderung beim Winkelblockglaukom. Deshalb ist eine medikamentöse Pupillenerweiterung bei Patienten mit flacher Vorderkammer ein ärztlicher Kunstfehler. Als Therapie werden lokal Miotika (0,5% 1% Pilocarpinlösung) zur Pupillenverengung und systemisch Carboanhydrasehemmer (z. B. Acetazolamid) zur Hemmung der Kammerwasserproduktion eingesetzt. Anders als das durch Anfälle gekennzeichnete akute Glaukom verläuft das chronische Offenwinkelglaukom (Glaucoma simplex) schleichend. Hier ist der Abflusswiderstand andauernd erhöht, und der N. opticus wird durch langzeitige Augeninnendruckerhöhung an seinem Austrittsort geschädigt. Es treten typische Gesichtsfeldausfälle (Skotome; s. Kap ) auf, die erst spät bemerkt werden, weil sie in der mittleren Peripherie liegen und die Sehschärfe primär nicht beeinträchtigen. Als Therapie werden primär Augeninnendruck-senkende Medikamente (Miotika, Beta-Blocker, Carboanhydrasehemmer) verwendet. Auch Operationen zur Wiederherstellung des Kammerwasserabflusses kommen in Betracht Tränen Die Tränenflüssigkeit wird von den Tränendrüsen sezerniert (je Auge etwa 1 ml/tag). Die Tränen werden durch Lidschläge mit dem Schleim aus den Becherzellen der Bindehaut vermischt und gleichmäßig verteilt. Der entstehende, dünne Flüssigkeitsfilm schützt die Kornea vor dem Austrocknen. Die Tränenflüssigkeit ist leicht hyperton (salziger Geschmack) mit einem höheren Kalium- und niedrigerem Natriumgehalt als das Blutplasma. Fremdkörper zwischen Augenlidern und Kornea regen über Rezeptoren des N. trigeminus die Tränensekretion reflektorisch an, was zum Ausspülen des Fremdkörpers beiträgt. Die zentralen Neurone dieses Reflexes liegen im pontinen Bereich des Hirnstamms, von wo auch die emotionale Auslösung von Tränen über Verbindungen mit dem limbischen System (s. Kap , S. 821ff.) möglich ist. Der pontine Hirnstamm innerviert das Ganglion pterygopalatinum, dessen parasympathische Fasern die Tränensekretion an den Tränendrüsen auslösen. Sehsystem und Augenbewegungen 21 Zusammenfassung Kap Auge und optische Abbildung auf der Netzhaut Elektromagnetische Strahlung mit Wellenlängen von nm empfinden wir als Licht. Die Lichtstrahlen müssen zur Bildentstehung im Auge gebrochen und auf der Netzhaut (Retina) scharf abgebildet werden. Dabei entsteht ein verkleinertes umgekehrtes Bild, bei dessen Größe 1 Sehwinkel 300 µm auf der Netzhaut entspricht. Der dioptrische Apparat des Auges stellt ein zusammengesetztes optisches System dar, das als reduziertes Auge vereinfacht dargestellt werden kann. Die Hornhaut (Kornea) trägt den größten Teil der Brechkraft bei, die Linse ermöglicht zusätzlich durch ihre Eigenelastizität eine Änderung ihrer Krümmung und die Scharfeinstellung auf verschiedene Entfernungen (Nah- und Fernakkommodation). Unter Parasympathikuseinfluss erfolgt Nah-, unter Sympathikuseinfluss Fernakkommodation. Die Akkommodationsbreite von maximal 14 dpt verringert sich mit dem Alter (Presbyopie) und der Nahpunkt wird mit Hilfe einer Sammelinse korrigiert. Abbildungsfehler des optischen Apparates beinhalten die sphärische und die chromatische Aberration sowie den durch unterschiedliche Hornhautkrümmung in verschiedenen Ebenen bedingten Astigmatismus. Refraktionsfehler (Kurz- und Weitsichtigkeit) beruhen in der Regel auf Missverhältnissen zwischen der Brechkraft des Auges und der Länge des Augapfels. Kurzsichtigkeit (Myopie) beruht auf einem relativ zu langen Augapfel, die Bildentstehung entfernter Gegenstände erfolgt vor der Netzhaut und muss durch korrigierende Zerstreuungslinsen auf die Netzhaut fokussiert werden. Bei Weitsichtigkeit (Hyperopie) aufgrund eines relativ verkürzten Augapfels erfolgt die Bildentstehung naher Gegenstände hinter der Netzhaut und wird durch Sammellinsen korrigiert. Die Pupille wirkt als variable Blende, verringert Abbildungsfehler und reguliert den Lichteinfall über einen sympathisch/ parasympathisch regulierten Reflexkreis. Der Augeninnendruck wird durch Produktion und Abfluss von Kammerwasser bestimmt, er stabilisiert die Form des Auges und kann bei akutem oder chronischem Anstieg zum Krankheitsbild des Glaukoms führen. Die Tränenflüssigkeit und der Lidschlag schützen die Hornhaut vor Austrocknung.

31 Sehsystem und Augenbewegungen 21.3 Okulomotorik Augenmuskeln und ihre Zugrichtungen Sechs Muskeln bewegen das Auge (Abb. 21.6): vier gerade (M. rectus superior und inferior; M. rectus lateralis und medialis) und zwei schräg verlaufende Muskeln (M. obliquus superior und inferior). Diese Muskeln werden durch den N. oculomotorius (M. rectus superior, inferior, medialis; M. obliquus inferior), den N. trochlearis (M. obliquus superior) und den N. abducens (M. rectus lateralis) innerviert. Ein Motoneuron innerviert ca Muskelfasern. Diese kleinen motorischen Einheiten erlauben eine feine Regulation der Kontraktionskraft, wie sie für die Ausführung der äußerst präzisen Augenbewegungen notwendig ist. Die Zugrichtungen der Augenmuskeln werden in einem Bezugssystem beschrieben (Abb. 21.5), dessen Koordinaten mit den von der Natur gewählten nur teilweise übereinstimmen (Abb. 21.6). Die Kontraktion der medialen und lateralen geraden Augenmuskeln bewirkt eine Adduktion bzw. Abduktion des Bulbus. Die Kontraktion der geraden bzw. schrägen oberen und unteren Augenmuskeln resultiert in Augenbewegungen, die eine Kombination aus Elevation und Depression mit Intorsion (gerade Augenmuskeln) bzw. Extorsion (schräge Augenmuskeln) darstellen. Die Zugrichtungen der Augenmuskeln entsprechen näherungsweise den Ebenen der Bogengänge des Gleichgewichtsorgans (Abb unten). Die Anordnung von Bogengängen und Augenmuskeln in näherungsweise gleichen Raumebenen vereinfacht die Übertragung von sensorisch-vestibulären in okulomotorische Koordinaten (zum Aufbau des Vestibularorgans, s. Kap , S. 696 f.). Elevation Abduktion Extorsion Intorsion linkes Auge von oben linkes Vestibularorgan von oben horizontaler Bogengang optische Achse Zugrichtung des M. obliquus superior M. obliquus superior M. rectus medialis M. rectus superior M. rectus inferior M. rectus lateralis Zugrichtung des M. rectus superior anteriorer vertikaler Bogengang posteriorer vertikaler Bogengang Abb Zugrichtungen der Augenmuskeln und Ebenen der Bogengänge im Innerohr. Die Zugrichtungen der Mm. rectus lateralis und medialis liegen ebenso in der Ebene des Papiers wie der horizontale Bogengang des ipsilateralen und (nicht gezeigt) des kontralateralen Labyrinths. Senkrecht dazu und näherungsweise in einer gleichen Ebene liegen die Zugrichtungen der Mm. rectus superior und inferior, der anteriore vertikale Bogengang des ipsilateralen und der posteriore vertikale Bogengang des kontralateralen Labyrinths. Eine entsprechende räumliche Orientierung existiert für die Zugrichtungen der Mm. obliquus superior und inferior mit der Ebene des ipsilateralen posterioren bzw. des kontralateralen anterioren vertikalen Bogengangs. Die Zugrichtungen von funktionellen Augenmuskelpaaren und die Ebenen der entsprechenden funktionellen Bogengangspaare weisen näherungsweise jeweils die gleiche Orientierung auf. optische Achse linkes Auge Adduktion Depression Abb Koordinatensystem zur Benennung von Augenbewegungen um 3 Achsen. Die Torsionsachse (rot) entspricht der optischen Achse des Auges. Horizontalachse (blau), Vertikalachse (grün) und Torsionsachse stehen im Drehmittelpunkt des Auges senkrecht zueinander Eigenschaften und Steuerung von Augenbewegungen Augenbewegungen unterstützen die visuelle Orientierung und Wahrnehmung. Foveales Sehen und Explorieren wird durch motorische Programme ermöglicht. Diese lenken die Fovea (der Ort des schärfsten Sehens, s. Kap und ) mit Hilfe schneller Augenbewegungen (Sakkaden) rasch auf einen ausgewählten Fixationspunkt, behalten ihn im Blick (Fixationsperioden) bzw. führen bei einem bewegten Objekt den Fixationspunkt ruckfrei nach (Zielfolgebewegung). Solange sich die Distanz zwischen dem betrachteten Gegenstand und den Augen nicht ändert, bewegen sich beide Augen konjugiert, d. h. gleich schnell und in die gleiche Richtung. Beim Blickwechsel auf einen näher oder ferner gelegenen

32 21.3 Okulomotorik 715 Punkt müssen die Sehachsen der beiden Augen konvergieren bzw. divergieren, damit der fixierte Gegenstand auf den Foveae beider Augen abgebildet bleibt. Durch diese Vergenzbewegungen der Augen wird verhindert, dass Doppelbilder entstehen (s. Kap ). Bei Eigenbewegung oder Bewegung der Umwelt halten kompensatorische Augenbewegungen das Abbild der Umwelt auf der Netzhaut stabil. Die entstehenden Bildverschiebungen werden hierbei durch entgegengerichtete Augenbewegungen kompensiert. Diese Vorgänge beruhen auf vestibulären Reflexen (s. Kap , S. 702 ff.) und visuellen (optokinetischen) Reflexen (nachfolgend beschrieben). rostraler interstitieller Kern des MLF mesenzephale retikuläre Formation (MRF) Mesenzephalon NIII pontine Kerne paramediane pontine retikuläre Formation (PPRF) motorische Kerne prämotorische Kerne Thalamus Pons Oliva inferior Edinger-Westphal-Kern NVI Okulomotoriuskern (III) Medulla oblongata Nucleus praepositus hypoglossi Zerebellum Trochleariskern (IV) medialer longitudinaler Faszikel (MLF) Abduzenskern (VI) Abb Medianansicht der blickmotorischen Kerne im Hirnstamm des Menschen. Horizontale Komponenten von Sakkaden werden in der paramedianen pontinen retikulären Formation generiert, vertikale und torsionelle Komponenten im rostralen interstitiellen Kern des medialen longitudinalen Faszikels in der mesenzephalen retikulären Formation. Der mediale longitudinale Faszikel stellt reziproke Verbindungen zwischen diesen beiden Kerngebieten sowie zwischen dem Abduzens- (VI), dem Trochlearis- (IV) und dem Okulomotoriuskern (III) her. (Modifiziert nach 3). Sakkaden. Wir verlagern das Ziel unseres Blickes mit Hilfe von schnellen Augenbewegungen (Sakkaden). Diese Bewegungen sind vorprogrammiert, d. h. während ihres Ablaufs nicht mehr veränderlich (sie sind ballistisch). Sakkaden gehören zu den schnellsten Bewegungen, die wir ausführen können (bis 700 /s) und haben Amplituden von bis zu 90 Winkelgrad [ ], sind aber dennoch sehr präzise (auf 1 2 genau). Während einer Sakkade ist die visuelle Bewegungswahrnehmung eingeschränkt (sakkadische Suppression). Durch die hohe Geschwindigkeit wird die Dauer einer Sakkade (30 70 ms) kurz gehalten und damit auch die Zeit der unterdrückten Bewegungswahrnehmung. In der Retikulärformation des Hirnstamms entstehen horizontale und vertikale Komponenten von Sakkaden an getrennten Stellen (Abb. 21.7): Horizontale Komponenten werden in der paramedianen pontinen retikulären Formation (PPRF) programmiert, vertikale Komponenten hingegen in der mesenzephalen retikulären Formation (MRF). Die beteiligten Neurone der PPRF und der MRF sind über den medialen longitudinalen Faszikel (MLF) miteinander verbunden. Bei einer Sakkade werden die geforderten Augenmuskeln mit einer hochfrequenten Salve (engl. burst ) von Aktionspotenzialen zur Kontraktion gebracht, während gleichzeitig die Antagonisten gehemmt werden. Die Frequenz der Salve kodiert die Geschwindigkeit, die Dauer der Salve bestimmt die Amplitude der Sakkade. Sakkaden können reflektorisch oder willkürlich ausgelöst werden. Reflektorische Sakkaden: Direkte Verbindungen von der Retina über den kontralateralen Colliculus superior zu den blickmotorischen Kernen in der PPRF und MRF stellen die anatomische Basis für reflektorische Sakkaden dar. Diese Sakkaden entstehen, wenn plötzlich ein bewegtes Objekt in der Peripherie des Gesichtsfelds auftaucht. Mit diesem sog. visuellen Greifreflex wird das Objekt zur genaueren Identifikation auf die Fovea abgebildet. Entsprechend den zusätzlichen auditorischen und somatosensorischen Eingängen des Colliculus superior können plötzliche Geräusche oder Berührungen ebenfalls einen sakkadischen Greifreflex auslösen. Willkürliche Sakkaden: Beim Explorieren unserer Umgebung machen wir ca. 3 willkürliche Sakkaden pro Sekunde, an die sich eine Fixationsperiode von mindestens 0,2 s anschließt. Die Sakkaden werden auf Objekte gerichtet, die vom zerebralen Kortex als Ziele für die Fovea ausgewählt wurden. Die effiziente Exploration einer visuellen Szene, wie z.b. in der Abb A, erfordert, dass die visuelle Aufmerksamkeit auf markante Objekte (z. B. Köpfe bei Personen, Augen-Mund bei Gesichtern) gelenkt wird (Abb B), um möglichst rasch die wesentlichen Details zu erfassen. Gleichzeitig werden relektorische Sakkaden unterdrückt. Bei dieser Orientierung der visuellen Aufmerksamkeit spielt der posterior-parietale Kortex (Area 7) mit seinen Projektionen zum Colliculus superior wie auch zum frontalen Augenfeld eine wichtige Rolle (die aufmerksamkeitsbezogenen Funktionen des parietalen Kortex sind in Kap , S. 819 dargestellt). Das frontale Augenfeld (Area 8) ist an der Planung von Sakkaden beteiligt (zur Organisation des motorischen Kortex, s. Kap , S. 779 ff.). Es erhält Eingänge u. a. vom posterioren parietalen Kortex und projiziert direkt zu den blickmotorischen Kernen des Hirnstamms (PPRF und MRF). Eine weitere direkte erregende Verbindung erreicht den Sehsystem und Augenbewegungen 21

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