Ernst Woll Kindheitserlebnisse in den Jahren 1936 bis 1945 in der Ostthüringer Kleinstadt Hohenleuben

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1 1 Ernst Woll Kindheitserlebnisse in den Jahren 1936 bis 1945 in der Ostthüringer Kleinstadt Hohenleuben

2 2 Inhalt 1. Prolog 2. Meine Eltern und Großeltern 3. Erzählungen meiner Großmutter 4. Reisen und Zugfahren während meiner Kindheit 5. Besondere Kindheitserlebnisse 6. Das Leben auf dem Lande 7. Meine Spielsachen und meine Fahrräder 8. Meine Volksschulzeit 9. Kindheitserlebnisse mit politischem Hintergrund 10. Erlebnisse im Jungvolk 11. Kinderstreiche 12. So erlebte ich das Kriegsende 13. Epilog 1. Prolog Über Ereignisse während meiner Kindheit in den Jahren 1936 bis 1946 will ich berichten, da die noch lebenden Zeitzeugen jener Epoche immer weniger werden. Ich kann auf keine Tagebuchaufzeichnungen zurück greifen, weil ich nur dann etwas aufschrieb, wenn es während meiner Ausbildung oder im Beruf notwendig war. Außerdem will ich meine Erlebnisse aus dieser bewegten Zeit mit meinen heutigen Gedanken verknüpfen. Damit sollen nicht unbedingt Erfahrungen, die jeder selbst sammeln muss, vermittelt werden. Ich möchte nur Anregungen zum Nachdenken geben. Meine Erkenntnis im Umgang mit älteren Menschen lehrte mich, dass diese gern, wie ich heute, von Früher, von ihrer Jugend, erzählten. Viele junge Menschen rümpfen dabei die Nase und meinen: Das ist doch Schnee von gestern, der uns gar nicht so sehr berührt. Auch ich war als junger Mensch nicht frei von solchen Vorurteilen.

3 3 Heute denke ich beim Schreiben dieser Erinnerungen sehr oft: Es wäre gut, wenn ich jetzt Großeltern oder Eltern fragen könnte. Sie haben über die Geschehnisse, die ich jetzt mühsam aus meinem Gedächtnis hervorhole, noch genau Bescheid gewusst. Ich habe bei ihren Erzählungen nicht aufmerksam genug zugehört. Darum gebe ich meinen Nachfahren einen einzigen Rat: Haltet mehr schriftlich fest. Was ich damals von den immer wiederholten Berichten als uninteressant empfand, ist mir im Alter plötzlich wichtig. Ich erkannte außerdem, dass von vielen Begebenheiten sehr häufig nur die positiven Seiten im Gedächtnis bleiben. Deshalb möge auch mein Beitrag als subjektiver Bericht betrachtet werden. Ich bin Zeitzeuge unterschiedlicher Gesellschaftsordnungen und Wirtschaftssysteme: Als Kind erlebte ich den Nationalsozialismus mit kapitalistischer Wirtschaft In der unmittelbaren Nachkriegszeit erfuhr ich als Jugendlicher einen Umbruch sowie einen politischen und wirtschaftlichen Neuanfang in der sowjetischen Besatzungszone Die längste Zeit meines Lebens verbrachte ich in der DDR, einem Staat, in dem ein real existierender Sozialismus mit einer Planwirtschaft aufgebaut wurde Fast am Ende meines Berufslebens und nun als Rentner lernte ich eine demokratische Ordnung mit einer sozialen Marktwirtschaft kennen. Die in diesem Rahmen gesammelten Erfahrungen beeinflussten mein Denken und Handeln bis heute. 2. Meine Eltern und Großeltern Als erstes will ich das Umfeld, in dem ich als Kind lebte, näher beschreiben. Ich wuchs in Hohenleuben auf.

4 4 Wir wohnten in der Gartenstraße im kleinen Bauernhaus meiner Großeltern mütterlicherseits. Winter 1940 In der Umgebung gab es viele Heckenzäune. Mein Großvater: Er war sehr altmodisch und übertrieben sparsam. Z.B. klopfte er krumme Nägel zur Wiederverwendung gerade, das musste ich als kleiner Bub auch schon üben.. Um das Nageleinschlagen zu lernen durfte ich in eine alte Fußbank und in einen nicht mehr benötigten Balken nach Herzenslust Nägel einschlagen. Allerdings musste ich sie auch wieder herausziehen und gerade klopfen. Er sparte sogar Streichhölzer und hat jeden Tag nur in einem Ofen Feuer angezündet. Bei allen anderen Feuerstellen wurden die Flammen entweder mit vorhandener Glut oder mit einem sogenannten Fidibus entfacht. Das ist ein Holzspan oder ein gefalteter Papierstreifen. Mein Großvater hat während seines langen Lebens Ziegenmilch getrunken und sehr bescheiden gegessen. Er war bis zu seinem 82. Lebensjahr, als er an Altersschwäche starb, nie ernsthaft krank. In Hof, Garten und Feld trug er vorwiegend Holzpantoffel, mit denen er noch als Einundachtzigjähriger zum Obstpflücken. auf eine vier Meter hohe Leiter stieg. Mein Opa hatte 10 Geschwister. Seine Eltern bzw. Großeltern bewirtschafteten eine der 3 Windmühlen von Hohenleuben, die sich oberhalb des Erdberg befand. Aus der Ortschronik erfuhr ich, dass die Windmühle und das dazugehörende Wohnhaus in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts abbrannten und nicht wieder aufgebaut wurden. Die Erbteile meines Großvaters und seiner 10 Geschwister waren nicht groß und fast alle arbeiteten schon als Jugendliche als Knechte oder Mägde in größeren Bauerngütern. Als er 1893 im Alter von 30 Jahren heiratete, hatte er die Hälfte des Geldes, das zum Kauf eines kleinen Bauernhofes nötig war, während seiner Dienstjahre bei Großbauern gespart. Den restlichen Anteil brachte meine Großmutter in die Ehe ein. Im Nachlass meines Großvaters fand ich ein Exemplar der Gesindeordnung vom 23.Januar 1841 und dazu einige handschriftliche Notizen, aus denen hervorging, dass

5 5 er sich bei seinen Dienstherrschaften nie eines Vergehens schuldig gemacht hatte. Ihn begleiteten beste Zeugnisse von Herrschaft zu Herrschaft. Die strengen Bestimmungen, nach denen er sich stets unterzuordnen hatte, erklären sein Wesen und stets diszipliniertes Verhalten. Er hatte stets großen Respekt vor Vorgesetzten und der Obrigkeit. In gewisser Hinsicht erkenne ich darin Parallelen zu meinem Lebenslauf und meine deshalb, dass Verhaltensweisen nicht nur anerzogen, sondern auch vererbt werden Aus dem Text der genannten Ordnung erscheinen mir 2 Aspekte wichtig: Erstens erforderten die strengen Bestimmungen unbedingten Gehorsam und Unterordnung. Vier typische Abschnitte aus den Pflichten des Gesindes gegen die Herrschaft will hier zitieren: - Das Gesinde ist verpflichtet für seine Herrschaft den ganzen Tag zu arbeiten, auch nach der bestehenden häuslichen Ordnung sich zur Ruhe zu begeben und früh aufzustehen. Es darf unter dem Vorwande zu verrichtender Arbeit, ohne Bewilligung der Dienstherrschaft nicht über die Zeit, wo sich die Familie des Dienstherrn zur Ruhe begibt, aufbleiben. - Das Gesinde hat sich sowohl in als außer dem Hause der Herrschaft eines gesitteten, anständigen Lebenswandels zu befleißigen. Der Herrschaft steht das Recht der Aufsicht über die sittliche Aufführung des Gesindes zu; sie darf diesen die geeigneten Verhaltensregeln vorschreiben und ihr die nötig scheinenden Verweise erteilen. - Die Herrschaft ist insoweit berechtigt, dem Gesinde unangemessenen Aufwand auf Kleidungsstücke, Essen und Trinken, Spiel und sonstige Vergnügungen zu untersagen, und der Dienstbote kann sich dagegen nicht mit der Einrede schützen, dass es für sein eigenes Geld geschehe. - Reizet das Gesinde die Herrschaft durch ungebührliches Betragen zum Zorn und wird in solchem von ihr mit Scheltworten oder geringen Tätlichkeiten behandelt, so kann es dafür keine gerichtliche Genugtuung fordern. Zweitens zeigen die gesetzlichen Vorschriften, dass es in Deutschland schon von alters her gang und gäbe war, alles bis ins letzte Detail festzulegen. Erfolgreiche Fortsetzung findet diese Methode in den Gesetzen und Verordnungen der BRD sowie in der gründlichen Umsetzung der Gesetzlichkeiten der EU. Meine Großeltern erwarben mit dem genannten Hauskauf Webstühle, die in der großen Stube in Parterre standen. Sie betrieben damit die damals weit verbreitete Heimweberei, der jedoch Anfang des 20. Jahrhunderts die sich ausdehnende Industrialisierung die Existenzgrundlage nahm. Mein Großvater war davon mit betroffen und er begann eine Tätigkeit als Weber bzw. Arbeiter in einer Fabrik in der fünf Kilometer entfernten Nachbarstadt Triebes. Es galt damals als selbstverständlich, diese Strecke zur und von der Arbeitsstelle per Fußmarsch zu bewältigen. Er wurde mit dieser Arbeitsaufnahme nach heutiger Definition Fabrikarbeiter und sogenannter Nebenerwerbslandwirt. Außerdem konnte er Bürger seiner Heimatstadt werden und erhielt einen Bürgerschein.

6 6 Zum Verhängnis wurde meinem Großvater sein Wunsch, einmal viel Geld zu besitzen. Er verkaufte in der Inflationszeit einige von seinen Eltern geerbte Grundstücke und erhielt hierfür nur wertloses Geld. Das war sehr ärgerlich, aber in unserer Familie galt der Spruch: Was sagt man zu geschehenen Dingen? Das Beste". Für Kleidung stand damals in den meisten Familien nur wenig Geld zur Verfügung und es wurde bei Neuanschaffungen sehr gespart. Die Männer, auch mein Großvater, besaßen nur einen Sonntagsanzug, den sie zum Kirchgang und bei Festlichkeiten trugen. Zu hause kam das gute Stück immer gleich wieder in den Kleiderschrank. Außerdem wurden z.b. keine teuren Oberhemden angeschafft, sondern es musste ein sogenanntes Chemisetel genügen, das auch mein Großvater trug. Das ist ein Kleidereinsatz, der auch Hemdbrust genannt wird. Er besteht aus einem Kragen und einem so großen Hemdteil mit fest angenähten Schlips, damit der vom Westenausschnitt her freibleibende Brustteil bedeckt wird. Mein Vater Er war 1918 als Achtzehnjähriger noch Soldat geworden. Im 2. Weltkrieg hatte er Glück und arbeitete an der sogenannten Heimatfront in einem kriegswichtigen Betrieb in Gera. Mein Vater war als junger Mann in den zwanziger Jahren Motorradsportler und hat an einigen Rennen, z.b. am Schleizer Dreieck, teilgenommen. Als bemerkenswertestes Bild ist mir von ihm in Erinnerung, dass er in unserem Hof und Schuppen mit der Reparatur, dem Bau- und Umbau von Motorrädern beschäftigt war. Das erste Krad, das ich als Sechsjähriger im Besitz meines Vaters kennen lernte, war eine 5oo er Zündapp mit Riemenantrieb. Später spezialisierte er sich vorwiegend auf die Marke DKW. Es mussten aber immer Maschinen mit mindestens 250 ccm Hubraum sein.

7 7 Nicht selten präparierte er die Motoren, damit sie eine höhere Leistung bekamen. Mir ist noch die Redewendung im Ohr, dass er von frisierten Motoren sprach. Ich wusste schon als Kind, dass damit das Ausschleifen des Inneren der Zylinder und der Einsatz größerer Kolben gemeint war, um den Hubraum zu vergrößern. Im übrigen half mein Vater gern Bekannten bei der Reparatur sowie dem Auf- und Zusammenbau von gebrauchten Motorrädern. Diese, seine große Hilfsbereitschaft auch auf anderen Gebieten, wird noch heute in meinem Heimatort bestätigt und betont. Stolz präsentierte er sich als Beifahrer, wenn es zur Probefahrt ging: Hin und wieder unternahmen meine Eltern Motorradausfahrten in die nähre Umgebung und zu Besuchen der Geschwister meiner Mutter in Gera, Zeitz und Torgau. Noch recht genau kann ich mich daran erinnern, dass ich als 6 bis 10 Jähriger mitgenommen wurde. Ich saß auf einem straffen Kissen, das zwischen meinem Vater als Kradfahrer und meiner Mutter als Beifahrer einen Motorradsattel für Kinder ersetzte. Ich entsinne mich, dass die damaligen Sitze sehr hart und äußerst unbequem waren. Für Familien mit einem damals durchschnittlichem Arbeitseinkommen, dazu gehörten wir, überstieg die Anschaffung eines PKW die finanziellen Möglichkeiten. Selbst das Motorrad, das mein Vater hatte, konnte er nur unterhalten, weil er viel selbst reparierte und zum Teil gebrauchte Ersatzteile einbaute. Sehr verlockend war deshalb die Aktion des Hitlerregime, `dass alle Volksgenossen mit der Ansparung für einem Volkswagen beginnen können`. Diese kleineren PKW sollten zwischen 2000 und Mark kosten und wären mit den vorgeschlagenen Sparmodellen für viele erschwinglich gewesen. Ich wollte damals meinen Vater absolut nicht verstehen, dass er diese Methoden kategorisch ablehnte. Ich habe noch seine Worte im Gedächtnis, dass er sagte: Der Staat will das Geld nur zur Finanzierung von Waffen und Krieg

8 8 und dabei beteilige ich mich nicht. Dieses durfte er nur im vertrauten Familienkreis äußern und auch ich als Kind wurde angehalten, über solche Sachen mit niemanden zu reden, was ich auch befolgte. Mein Vater behielt recht. Meine Mutter: Zu meiner Mutter, eine geborene Heller, sagte ich Mama. Sie hatte einen festen christlichen Glauben und führte mit meinem Vater, der kein Kirchgänger war A- theist wäre nicht richtig eine gute Ehe. Meine Mutter versuchte immer in allem auszugleichen und war der Meinung: Politik verdirbt den Charakter. Für sie galt der Grundsatz, sich möglichst aus Vielem heraus zu halten und tolerant zu sein. In der Familie - auch mit meinen Großeltern und ihren Geschwistern - gelang es ihr, Harmonie und Einigkeit zu schaffen und zu erhalten. Sehr stark verehrte sie ihre Mutter und war in unserer Kleinstadt, in der sie Zeit ihres Lebens wohnte, bekannt und sehr beliebt hatte sie fünfzigjähriges Konfirmandentreffen in Hohenleuben. In ihrem Nachlass fand ich die damalige Festzeitung, in der wie üblich von allen eine kleine Charakteristik in Versform aufgeschrieben worden war. In diesem Rahmen schrieb man über sie: Hellers Marie war klug und galant. Sie war unter uns Schülern mit als die Beste bekannt. Ihr Leben war nicht immer Sonnenschein, doch hat sie s getragen, es musste so sein. Auch konnte sie dichten und Witze machen, da mussten wir oft ganz herzlich lachen. Ich erinnere mich, dass meine Mutter eine schöne Singstimme hatte und seit ihrer Jugend bis ins Alter im Kirchenchor in Hohenleuben mit sang. Dieses Talent habe ich leider nicht geerbt. Meine Eltern führten mit den Eltern meiner Mutter einen gemeinsamen Haushalt. In den 8 Jahren, in denen ich dies miterlebte, sind mir keine Beispiele bekannt geworden, dass es Streit oder Uneinigkeit gegeben hätte. Wenn ja, so wurde dies zumindest vor mir als Kind verborgen gehalten. Großmutter, Mutter und ich als Zehnjähriger vorm Großelternhaus: Meine Großmutter:

9 9 Sie stammte aus einer Kaufmannsfamilie. Ihr Vater handelte mit Bettwäsche und Leinen und sie erlernte das Schneiderhandwerk. Sie hat als junges Mädchen bei Großbauern und Adelsfamilien für die heiratsfähigen Töchter die Aussteuer genäht. Dabei hatte sie manchmal Familienanschluss. Diese Möglichkeiten waren für sie gleichzeitig eine Schule für Schicklichkeit, Etikette und vornehmes Benehmen. Über meine Großmutter will ich in einem besonderen Abschnitt berichten, weil ihre Art, ihr Wesen und ihre Lebensanschauungen am günstigsten durch ihre Erzählungen zu beschreiben sind. Hohenleubener, die sie noch kennen lernten, erinnern sich und sagen mir heute: Deine Großmutter war eine herzensgute Frau und sie erzählte uns Kindern immer so schöne, lehrreiche Geschichten. 3. Erzählungen meiner Großmutter Heute weiß ich, dass meine Großmutter meine Erziehung stark beeinflusste. Die Inhalte der klassischen Märchen, die mir als Kind vorgelesen wurden und die ich später auch gern las, blieben bei mir weniger haften als die von meiner Oma frei erzählten Geschichten. Die Gleichnisse, die ich erfuhr, beeinflussten mein Verhalten während meines gesamten Lebens. Ich besaß auch einige Märchenbücher. Besonders schätzte ich ein Album, das ich mit gesammelten Bildern, die als Werbung in Zigarettenschachteln beilagen, selbst zusammenstellte. Von dieser Art hatte ich auch Sammelbücher zu den Themen: Olympiade 1936, Tiere und Pflanzen aus Wald und Flur sowie zu weiteren Wissensgebieten. Als Schulkind durfte ich meiner Großmutter die Märchen vorlesen und sie förderte mein Streben der Lehrende zu sein. Von ihr vernahm ich zum ersten Mal den Spruch: Lehre, um zu lernen, den ich aber erst als Erwachsener richtig verstand. Meine Großmutter betonte sehr oft, dass im Leben Gesundheit und Zufriedenheit das Wichtigste sind. Sie sagte: Wenn man als gesunder Mensch unzufrieden ist sollte man Kranke besuchen. Erkrankte haben meistens nur einen Wunsch: Gesund zu werden`. Für alle Unpässlichkeiten hatte ich mir als Vorschulkind eine Bezeichnung ausgedacht, die als typischer Kindermund in unserer Familie bis heute gern erzählt wird. Ich wusste, dass Gift und Entzündung etwas schlimmes und gefährliches sind und bezeichnete deshalb alle Krankheiten als Giftentzündung. Um die Zufriedenheit ging es bei der folgenden Geschichte: Ein Mann beschwerte sich bei Gott über das viele Unheil und Unglück, das er im Leben erleiden musste. Der Herr schickte ihn in einen großen Saal, in dem die Schicksale vieler Menschen

10 10 dargestellt waren und erlaubte ihm sich davon eines auszusuchen. Er betrachtete alle sehr genau und kam an eines, das er sich unbedingt wünschte. Da stellte er fest, es war sein eigenes. Das Thema Sterben und Beerdigung beschäftigte mich als Kind ganz ungemein. Ich war schon 14 Jahre alt, als ich den ersten Toten, es war mein Großvater, der mit 82 Jahren starb, sah. Ich war immer sehr in Ängsten, dass einer meiner nächsten Anverwandten sterben könnte. Irgendwelche Geschichten über dieses Problem hörte ich nicht gern. Ich mied es auch über den Friedhof zu gehen. Meine Großmutter versuchte mir diese Angst zu nehmen und als fromme Frau hat sie an ein Fortleben der Seele nach dem Tod geglaubt. Mir hat sie immer wieder eingeschärft, dass gute, anständige Menschen in den Himmel kommen und von diesen eine Furcht vorm Ableben unbegründet sei. Wenn ich nicht artig war, dann kamen mir doch manchmal im nachhinein Zweifel, ob ich auch wirklich vom lieben Gott in die Kategorie der Guten eingereiht werde. Sogar eine etwas makabre Geschichte, bei deren Erwähnen es mir immer ein wenig gruselte, habe ich noch in Erinnerung. Es wurde erzählt, dass in den früheren Jahren die Bauern schon vorsorglich ihre Holzsärge kauften und auf dem Hausboden abstellten. Sie dienten einstweilen zum Aufbewahren von getrockneten Lebensmitteln. Es wurde berichtet: Vor einigen Wochen war der alte Großvater gestorben und in allen Ehren beerdigt worden. Der Sarg wurde bereits im Trauerhaus verschlossenen. - Ich hörte damals vielfach die Meinung älterer Leute, dass sie als Tote nicht zur Schau gestellt, also nicht öffentlich aufgebahrt werden wollten. - Die Hausbewohner konnten sich Wochen nach der Beerdigung einen üblen Geruch einfach nicht erklären, bis sie merkten, er kam aus einem abgestellten Sarg. In ihm fand man den Leichnam des Opas und man hatte versehentlich getrocknete Pflaumen beerdigt. Für meine Großmutter galt Ehrlichkeit als oberstes Gebot. Sie meinte: Diebe und Räuber werden nicht geboren, sondern erzogen. Sie erzählte: Ein junger Mann stand vor seiner Hinrichtung auf dem Schafott, und er konnte sein letztes Bekenntnis ablegen. Er rief in die Menge der neugierigen Zuschauer, dass an seiner Todesstrafe seine Eltern mitschuldig wären. Er hatte als kleiner Junge gestohlen und sie sagten: `Bring mehr liebes Söhnchen. Vom Drang zu diesen schlechten Handlungen konnte er sich selbst nicht mehr befreien. Ihr Kernspruch war deshalb auch: Wehret den Anfängen. Meine Oma erzählte mir auch Geschichten in deren Mittelpunkt stand, dass man der Mutter immer alles, aber auch alles, erzählen und sagen kann. Ich kann es nicht mehr wörtlich wiedergeben, aber sie schlussfolgerte immer etwa so: Eine Mutter wird auch dann ihre schützende Hand über ihr Kind halten, wenn dieses große Fehler gemacht hat oder in Konflikte geraten ist. Vertrauen schafft man, wenn man im rechten Augenblick da ist und zuhört und das kann eine Mutter besonders gut. Ich empfand es so wohltuend, dass ich vom Spielen oder der Schule nach Hause kommend meine Großmutter vorfand, der ich immer gleich Freud und Leid berichten konnte. Diesen

11 11 Vorteil vermag ich erst jetzt richtig zu schätzen. Auf diese stets vorhandenen verständnisvollen Zuwendungen müssen die Schlüsselkinder der Neuzeit verzichten. Ich erlebte während meiner Kindheit in unserer Familie die Erfüllung der Weisheit des Spruches: Geteilte Freude ist doppelte Freude und geteiltes Leid ist halbes Leid. Nach dieser Erfahrung bin ich bei meinen Kindern und Enkeln immer besorgt um ihr Wohlergehen. Wenn wir uns treffen oder auch am Telefon frage ich als Erstes: Was gibt es Neues? Kinder und Enkel kommen mir deshalb meistens zuvor und sagen oft noch vor der Begrüßung: Vater oder Opa, es gibt nichts Neues. Konservativ war meine Oma - entsprechend der damals üblichen Auffassungen - in der sexuellen Aufklärung. Wenn ich in diesem Zusammenhang Fragen stellte, antwortete auch sie ausweichend mit dem Hinweis: Das verstehst du noch nicht. So holte auch ich mir mein diesbezügliches Wissen heimlich aus den sogenannten Doktorbüchern, die im Kleiderschrank der Eltern versteckt waren. Ein Aphorismus, den ich oft von meiner Oma hörte, war: Wer einmal lügt, den glaubt man nicht, auch wenn er gleich die Wahrheit spricht. Ich wäre kein richtiger Junge gewesen, wenn ich nicht auch durch Notlügen manchmal versucht hätte einer Bestrafung zu entgehen. Erstaunt war ich nur immer wieder, wenn Mutter und auch Großmutter mich überführten. Daraus zog ich die Lehre: Als Kind, aber besonders im Alter, wenn das Kurzzeitgedächtnis nachlässt, sollte man grundsätzlich nicht lügen. Die Unwahrheit wird dann schnell aufgedeckt, weil man leicht vergisst, wem, was, wie und wo man etwas gesagt hat, das nicht der Wahrheit entsprach. Beeindruckt hat mich als Kind eine Geschichte, die mir meine Großmutter mehrmals erzählte. Sie hat mich so stark beschäftigt, dass ich häufig davon träumte. In verständlicher Form, nach eigener erfundener Fassung, erzählte meine Oma: Es war einmal eine sehr arme Frau, die ihren Mann verloren hatte und mit ihrem kleinen Kind in einer ärmlichen Wohnung lebte. Auf dem Acker, der zum Haus gehörte, wuchs zu wenig, so dass sie oft für sich und ihr Kind nicht genügend zu essen hatte. Aber zum Betteln war sie zu stolz. Als sie eines Tages im Wald Reisig sammelte und darüber jammerte wie arm sie sei und sich Reichtum wünschte, erschien ein Zwerg, der sie einlud in eine Höhle zu kommen. Sie willigte ein und im Nu tat sich vor ihr der Berg auf. Sie nahm ihr Kind, lief hinein und sah unendlich viel Gold, Silber und Diamanten. Der Zwerg sagte: `Nimm so viel wie du tragen kannst, aber vergiss dein Bestes nicht. Sie raffte zusammen was sie schleppen konnte und eilte zum Ausgang, damit sie nur alles in Sicherheit bringe. Hier sagte der Zwerg noch einmal: `Aber vergiss dein Bestes nicht`. Sie war von Habgier besessen und eilte vollbeladen hinaus. Da schloss sich die Öffnung im Berg und sie merkte mit Erschrecken, dass sie ihr Kind in der Höhle vergessen hatte. Sie saß neben ihrem neuen Reichtum und rief und schrie, aber ihr Kind war für ewig verschwunden. Ermahnend fügte meine Großmut-

12 12 ter noch hinzu: Hier siehst du, dass dir alle Wohlhabenheit nichts nützt, wenn du hierfür einen lieben Menschen opfern musst. Habgier ist eine böse Sucht. Hinsichtlich der Stellung der Frau in der Familie und ihrer Gleichberechtigung hat sich in den letzten 60 Jahren ein großer Wandel vollzogen. Folgende von meiner Großmutter gern erzählte Geschichte stimmt deshalb heute nicht mehr in vollem Umfange: In einer Familie mit mehreren Kindern beschwerte sich der Mann darüber, dass er immer zur Arbeit gehen und schwer schaffen muss. Sie war deshalb mit einem Tausch einverstanden. Als sie Abends nach ihrer Fabrikarbeit nach Hause kam war sie aber stark bestürzt: Die kleinen Kinder schrieen, weil sie nicht trockengelegt und hungrig waren; die Kuh gab schmerzende Laute von sich, sie war nicht gemolken und gefüttert worden; im Garten war kein Unkraut gejätet; das Essen kochte noch nicht; der Fußboden in der Wohnung war nicht gesäubert usw. usf.. Schon am übernächsten Tag war der Mann mit einem Rücktausch einverstanden. Heute gibt es in vielen Familien eine sinnvolle Arbeitsteilung, die Frau ist nicht mehr allein für die Arbeiten im Haushalt verantwortlich. Während meiner Kindheit sah man z.b. keinen Mann einen Kinderwagen schieben. Sie schämten sich ob dieser Tätigkeit und sahen sich erst um, dass sie auch nicht beobachtet werden, wenn sie bei einem steilen Berganstieg ausnahmsweise den Wagen mit schoben. Außerdem war der Begriff Alleinerziehender Vater unbekannt. Allein die Tatsache, dass das Babyjahr vom Ehemann in Anspruch genommen werden kann, hätte Empörung hervorgerufen. Meine Großmutter legte großen Wert auf ein intaktes Familienleben. Obwohl in der Stellung der Frau, wie beschrieben, recht konservativ, meinte sie aber, dass gegenseitige Achtung wichtige Grundpfeiler für eine gute Ehe sind. Sie erzählte, dass ihr Vater als Tuchhändler während des Wochenmarktes in Hohenleuben einen Verkaufsstand hatte. Einmal sah er von der Verkaufsbude aus in der Ferne eine sehr hübsche, attraktive, junge Frau auf den Marktplatz zukommen. Als sie näher kam stellte er mit Befriedigung fest, es war seine eigene Ehefrau, die er sehr verehrte. Von ihrem Cousin, der im 19. Jahrhundert in der Garnison in Gera als Soldat diente wusste meine Großmutter lustige Episoden zu erzählen. Er soll als frisch Vermählter (und auch später) seine Frau sehr gern gehabt haben. In der Soldatenzeit gab es wenig Urlaub, aber manchmal 5 Stunden Ausgang. Die Zeit soll er genutzt haben, um von der Garnison nach seinen 20 Kilometer entfernten Heimatort zu laufen. Dort verbrachte er eine halbe Stunde bei seiner jungen Frau und eilte dann zurück, um pünktlich wieder die Kaserne zu erreichen. Eben dieser Cousin war zur Wache vorm Schloss eingeteilt. Sein Vorgesetzter unterrichtete ihn, dass er besonders den Fürst, wenn dieser durchs Tor kommt, vorschriftsmäßig zu grüßen hätte. Der Vetter war ein lustiger Bursche und fragte: Und wie erkenne ich den Fürst? Der Sergeant sagte: Der sieht aus wie der Fleischer Barthel. Der Fürst verlässt das Schloss und wird nicht gegrüßt. Zur Rechenschaft gezogen meint der Soldat: Ich dachte, es war der Fleischer Barthel.

13 13 Gern hörte ich meiner Großmutter zu, wenn sie von ihrer Kindheit berichtete. Ihr Großvater z.b. war im Fürstentum Reuß ein sogenannter Zolleinnehmer. Er besaß an der Straße und Grenze zwischen Reuß jüngerer und älterer Linie ein Haus, Geleitshaus genannt, in dem sich die Zollstation befand. Alle vorbeikommenden Fuhrwerke und auch Fußgänger mussten den Wegezoll bezahlen. Als Kind hatte sie erlebt, dass auf einem Fuhrwerk Säcke platzten und Bohnenkaffee in Unmengen auf die Straße rieselte. Alle Familienmitglieder und auch sie haben mit Besen und Schaufel das wertvolle Gut aufgesammelt, gewaschen und selbst sowie mit Bekannten und Verwandten verwertet. In der damaligen Zeit war Bohnenkaffee ein Genussmittel im wahrsten Sinne des Wortes. In armen Familien wurde nur Ersatzkaffee oder selbst gesammelter Tee getrunken. Der Kaffeeersatz wurde aus gebrannter Gerste hergestellt; daraus leitet sich der Begriff Malzkaffee ab.. Ähnliche Havarien mit vorbeikommenden Fuhrwerken erlebte sie mit Rosinen und anderen Lebensmitteln. Betrügereien gibt es bekanntlich seit Menschengedenken. In der Neuzeit werden die Leute besonders durch dubiose Haustürgeschäfte, allerlei Gaunereien durch Telefonanrufe bzw. Computer und vieles andere mehr oft erheblich geschädigt. Meine Großmutter erzählte ein einfache Geschichte, an die ich mich eigentlich erinnern sollte, wenn solche Probleme auf mich zukommen. Trotz dieser als Kind schon vernommenen Warnung zahlte auch ich, besonders seit der deutschen Wiedervereinigung, schon manches Lehrgeld auf diesem Gebiet. Meine Oma erzählte, dass man früher, vor allem in abgelegenen Gegenden, sehr vertrauensselig war und gern weitgereiste Menschen empfing. Ein Handwerksbursche kam in einen Bauernhof, in dem die alte Hausfrau allein zu hause war. Er nahm in der Küche Platz und bat um ein kühles Glas Wasser, dass die Bäuerin vom Brunnen im Garten holte. Als sie zurück kam wollte sie natürlich wissen, was es in der Welt Neues gibt. Er erzählte: Ach, die Welt wird immer gefährlicher, denn der `Gigack` hat die ganze Ranzenburg eingenommen. Der Mann hatte es aber recht eilig, weil er meinte, dass er sich vor den Soldatenwerbern in Sicherheit bringen müsste. So kam die Frau durch die Erzählungen so gar nicht recht auf ihre Kosten. Als der Handwerksbursche weg war schaute sie in den Ofen, wo sie den vorbereiteten Gänsebraten noch bräunen wollte. Jetzt merkte sie, dass sie einem Betrüger auf den Leim gegangen war. Mit der Gigack war der Gänsebraten gemeint, den der Bursche in seinen Ranzen, die Ranzenburg, verstaut hatte. Er hatte das Weite gesucht und die Gastfreundschaft arg missbraucht. Viele Geschichten erzählte meine Großmutter über die Dienstboten bei den Bauern. Die Knechte und Mägde beurteilten ihre Dienstherrschaft vorwiegend nach der Menge und Qualität des Essens, das sie bekamen. Durch Mundpropaganda wurde bekannt, in welchen Stellen es gute und reichliche Mahlzeiten gab. Diese Bauern hatten dann keine Not mit Personal. Z.B. vernahm ich Episoden vom Friedrich, einem Knecht, der sehr fleißig arbeitete und bei einem reichen Bauern in Stellung war. Er hatte sich ein besonders großes Messer gekauft, um viele Zutaten aufs Brot schmieren

14 14 zu können. Die Bauersfrau versteckte es. Friedrich meinte dazu: Ach, mein Messer ist weg, ich wollte mir sowieso ein größeres kaufen. Da legte die Bäuerin das Messer lieber wieder auf den Tisch. Friedrich aß gern Butter und hat auch viel aufgeschmiert wie wir im Dialekt sagten-. Der Bauer bedeutete: Friedrich, iss Quark, der kühlt. Der Knecht erwidert: Ich esse Butter und wenn ich gleich verbrenn. Auch beim Fett, das häufig auf den Tisch kam, hat er tüchtig zugelangt. Die Bauersfrau sagte: Friedrich, es ist Gänsefett, es kostet das Pfund ne Mark. Er darauf: Na, da ist s auch nicht zu teuer. Die Dialoge habe ich nicht im ausgesprochenen Dialekt niedergeschrieben, weil sie sonst nur von Einheimischen verstanden würden. Auch eine Episode, die Missverständnisse durch den Dialekt erbrachte, ist mir noch im Ohr: In einer Gerichtsverhandlung, bei der es um einen ungeklärten Diebstahl ging, fragte der Richter: Wie sahen die Hosen aus? Der Kläger erwiderte: Grau, mit weißen Kringeln unterm Hals. Der Richter verständnislos: So sehen doch keine Hosen aus! Durch den Dialekt war es zu dieser Verwechslung gekommen. In meiner Heimat sind Hasen = Hosen und Hosen heißen Husen. Als Kind wurde auch mir eingeschärft mich immer, besonders bei fremden Leuten, anständig zu benehmen. Korridore und Hausklingeln kannte ich damals nur in ganz vornehmen Häusern. Da kam es schon vor, dass man nach dem Anklopfen und dem Herein unmittelbar eine speisende Familie im Zimmer antraf. Ich sollte dann, so meinte meine Großmutter, nur bei ganz guten und engen Verwandten und Bekannten mit am Tisch zum Essen Platz nehmen. In diesem Zusammenhang erzählte sie: Ein schüchterner junger Mann platzte in einen Raum, in dem gerade gegessen wurde. Die Aufforderung an den Tisch zu kommen und mit zu halten, lehnte er mehrmals ab. Er blieb ruhig abseits sitzen und wartete. Als nach längerer Zeit kein Angebot mehr erfolgte und ihn der Appetit fast überwältigte, fragte er: `Was habt ihr vorhin gesagt?` Berichten will ich noch über eine mir allgemeingültig erscheinende Erfahrung. Die Lernfähigkeiten der Kinder sind außerordentlich unterschiedlich. Ich hatte unter meinen Spielgefährten sehr intelligente aber auch solche, die im Wissen nicht weit her waren wie wir in unserer Umgangssprache sagten. Alle entwickelten aber in den Wissensgebieten und Tätigkeiten, für die sie sich besonders interessierten, immer die vergleichbar besten Fertigkeiten. Es kommt deshalb darauf an die Heranwachsenden nach diesen Gesichtspunkten zu unterstützen und zu fördern. Von meiner Großmutter vernahm ich hierzu eine Weisheit fürs Leben. Sie meinte in ihrer einfachen Art: Jeder Mensch besitzt auf irgend einem Gebiet Talente und auch praktisch veranlagte Menschen sind ebenso wertvoll wie studierte. Die Eltern wollen nur oft aus ihren Kindern mehr machen als wirklich möglich ist. Dabei werden die Nachkommen sogar manchmal unnötig gequält und überfordert. Vom Amtsrichter unseres Ortes erzählte sie dazu eine Begebenheit. Der Sohn dieses angesehenen Mannes war nur mit-

15 15 telmäßig begabt und stand immer in der Kritik des Vaters. Die Mutter widersprach dem strengen Gebieter indem sie im Dialekt sagte: Was kann das arme Kind dafür, dass es kenen so klugen Kopf hat wie dem Alten sein Nischel. 4. Reisen und Zugfahren während meiner Kindheit Für meine Großeltern waren die Begriffe Urlaub und Ferien fast unbekannt. Ich erinnere mich nicht, dass sie jemals Urlaub gemacht hätten. Ausflüge, immer verbunden mit notwendigen Besorgungen, wurden in die nähere Umgebung nur per Pedes unternommen. Mein Großvater fuhr während seines über achtzigjährigen Lebens nur ein einziges Mal mit der Eisenbahn. Er besuchte in der 25 Km entfernten größeren Stadt seine Tochter. Das waren nach seiner Auffassung Entfernungen, die zu Fuß bewältigt werden konnten. Meine Großmutter verreiste erstmals Mitte der zwanziger Jahre ins Sudetenland in die Nähe von Karlsbad (ca. 300 Km entfernt) zu einer Tochter, die dort verheiratet war. In den Folgejahren besuchte sie mehrfach ihre außerhalb wohnenden Kinder. Sie fuhr sehr gern mit der Eisenbahn und war immer mindestens 30 Minuten vor Abfahrt des Zuges am Bahnhof. Sehr häufig durfte ich sie begleiten und so war ich schon als Kind recht wendig beim Fahrkartenkauf, dem Heraussuchen von günstigen Verbindungen, dem Umsteigen usw.. Der Haltepunkt Hohenleuben diente vorwiegend als Personen- und die Station Loitsch-Hohenleuben als Güterbahnhof. In den dreißiger und noch in den ersten Kriegsjahren bot die Deutsche Reichsbahn ihren Kunden einen ausgezeichneten Services. Es gab vor allem genügend Personal für Auskünfte, Hilfeleistungen etc.. Allerdings gab es auch einen oft übertriebenen, vor allem personellen Aufwand für zahlreiche Kontrollen. An Durchgängen in den Bahnhöfen wurden die Fahrkarten kontrolliert, geknipst oder beim Verlassen des Bahngeländes abgegeben. Für das Betreten der Bahnsteige, z.b. auch nur zum Abholen von Reisenden, musste ein Bahnsteigkarte, die damals 10 Pfennige kostete, gelöst werden. Ich entsinne mich noch an eine außergewöhnliche Serviceleistung am Haltepunkt Schüptitz, wo mein Onkel tätig war. Von hier aus fuhren die Leute der umliegenden Dörfer bis zur nächsten größeren Stadt Weida, zur Arbeit oder zum Einkauf. Eine Müllersfrau, der nachgesagt wurde, dass sie sehr reich sei, machte des öfteren Ausflüge in die kleine Metropole. Weil sie gern mit der Eisenbahn fuhr, wurde sie mit der Kutsche bis auf den Bahnsteig gebracht. Sie war sehr beleibt und konnte sich nur langsam und unbeholfen fortbewegen. Mit Mühe sowie der Hilfe des Zugführers erklomm sie die Stufen des Eisenbahnwagens. Weil sie breiter als dessen Türen war, wurde sie in Seithaltung hindurchgeschoben. Besonders ältere Leute stiegen im übrigen an der Station Weida-Altstadt aus und liefen zur Weiterfahrt bis zum vier km entfernten Weidaer Hauptbahnhof. Sie fürchteten sich, über die Brücke zwischen diesen Bahnhöfen zu fahren. Es war dies die erste Stahlkonstruktion für eine Eisenbahnbrücke in Deutschland. Der Ingenieur, der sie

16 16 entworfen hatte, soll sich noch vor der Überfahrt des ersten Zuges von der Brücke in den Tod gestürzt haben. Mitte der achtziger Jahre wurde eine Umgehungsstrecke gebaut und die baufällig gewordene Brücke blieb als technisches Denkmal stehen. Brückenbild aufgenommen 2003 Für mich als Kind war es immer ein besonderes Erlebnis mit dem Zug von Hohenleuben bis Weida Hauptbahnhof zu fahren, weil es da durch einige sehr lange Tunnel ging. Es machte Spaß in der zeitlich begrenzten Dunkelheit allerhand Schabernack zu treiben und sich zu necken. Als Jüngling hat man dann gern während dieser Finsternis die Freundin heimlich geküsst. In diesem Zusammenhang erzählten wir den Witz, dass dabei die Falsche erwischt wurde, die diese Dreistigkeit mit einer Ohrfeige quittierte. Überdies liefen wir beim stromern im Triebes- oder Weidatal recht gern auf den Bahngleisen auch durch die Tunnel. Die Gefahr, dass uns dabei ein Zug überraschen könnte, ignorierten wir. In meiner Kindheit und Jugend hörte ich oft Bemerkungen, dass Hohenleuben die wirtschaftliche Entwicklung Ende des neunzehnten und zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts verschlafen habe. Gegen den Bau einer Eisenbahnlinie ganz in der Nähe des Ortes hatten sich Gemeindevertreter und vor allem Grundbesitzer zur Wehr gesetzt. Es fehlte an einer Einigung zu den Besitzverhältnissen und dem Verkauf von Grundstücken an die Bahn. Der ehemalige Marktflecken Hohenleuben, wo Amtsge-

17 17 richt und einige Verwaltungen für die weitere Umgebung ansässig waren, verlor damit an ökonomischer und politischer Bedeutung. Während der Kriegszeit hatte zwar der Transport von kriegswichtigen Gütern und Soldaten Vorrang, trotzdem verkehrten viele Züge für den privaten Reiseverkehr. Ich erinnere mich, dass an den Tendern der Lokomotiven groß die Losung stand: Räder müssen rollen für den Sieg. In den Abteilen der Personenwagen hingen überall Propagandaplakate. An eines, das überall zu sehen war, kann ich mich noch deutlich erinnern: Abgebildet war ein gezeichnetes Monstrum, das halb Mensch, halb Tier zu sein schien, einen Sack auf dem Rücken hatte und Kohlen klaute. Dieser Kohlenklau war das Sinnbild für Sparsamkeit während des Krieges und der Inbegriff für einen Volksschädling. In den dreißiger Jahren wurde die Bahnstrecke zwischen Weida und Mehltheuer zum größten Teil zweigleisig ausgebaut und im Krieg für Militärtransporte genutzt. Wir Kinder bestaunten die Geschütze, Panzer und Militärfahrzeuge, die auf den Güterwagen verladen waren. Ich erinnere mich daran, wie die Soldaten in den offenen Türen der vorbeifahrenden Güterwaggons saßen. Wir winkten ihnen zu und beneideten sie sogar etwas, weil sie so weit reisen konnten. Über den gefährlichen Zweck dieser Fahrten haben wir damals nicht nachgedacht. 5. Besondere Kindheitserlebnisse Eine billige Arbeitskraft war ich für den Milchmann unseres Ortes. Bis Anfang der vierziger Jahre wurde in meinem Heimatort täglich die Frischmilch auf einem Pferdewagen in Zwanzig- Liter- Kannen ausgefahren. Die Halteplätze des Fuhrwerkes lagen, je nach Häuserdichte, in den Straßen und Gassen höchstens 50 bis 80 m auseinander. Die Kunden brachten die eigenen Milchkrüge mit. Die Milch wurde mit einem Messbecher an einem langen Stiel aus den großen Kannen geschöpft und in die Krüge gefüllt. Alles geschah unter freiem Himmel - bei Sonnenschein, Wind und Regen- mit Messgefäßen, die erst nach Ende der Tour gründlich gereinigt wurden. Nach den heutigen hygienischen Bestimmungen würde diese Milchabgabe untersagt. Damals hörten wir aber nichts von Lebensmittelvergiftungen. Die Bevölkerung wurde hierüber auch wenig aufgeklärt. Außerdem waren wahrscheinlich die Menschen, besonders wir Kinder, durch häufige Kontamination mit Schmutzkeimen, aktiv immunisiert. Ich half beim Milchmann mit, weil ich die Zügel des Pferdes allein halten und das Tier damit lenken durfte. Mein Kutschieren war aber meist gar nicht nötig, weil der kluge Gaul Weg und Halteplätze von allein kannte. Ein Lieblingspferd hatte ich beim Bauern Schilke, dessen Hof sich in unserer unmittelbaren Nachbarschaft befand. Im letzten Kriegsjahr 1945, als die Gefangenen nicht mehr zum Arbeitseinsatz kamen, habe ich mit diesem Tier auf unseren und des Nachbars Grundstücken die Frühjahrsfeldarbeiten erledigt. Es war ein sehr großes Tier und

18 18 ich hatte immer Mühe, das Geschirr, insbesondere das Kummet, anzulegen. Das Pferd unterstützte mich dabei, indem es den Kopf senkte und sich auch sonst so verhielt, dass mir das Einspannen leichter fiel. Der Gaul und ich hatten ein richtiges freundschaftliches Verhältnis Es wieherte wenn ich den Hof betrat und ich hatte den Eindruck, dass es sich auf unser Zusammensein freute. Ich hatte absolut keine Angst vor Pferden, weil außerdem damals die Erwachsenen immer sagten: Die Pferde sehen den Menschen sieben Mal größer als er in Wirklichkeit ist und gehorchen deshalb den scheinbaren Riesen. Das war aber nur ein Märchen und sollte den Respekt vor der Kraft dieser Tiere nehmen, um furchtlos mit ihnen umzugehen. Im Sommer bevor ich eingeschult wurde, lernte ich Schwimmen. Am Haltepunkt Schüptitz, wo mein Onkel wohnte, war ganz in der Nähe der kleine Fluss Weida durch ein Wehr gestaut. Dahinter befand sich ein ca. 1 m tiefes größeres Staubecken, das sich ausgezeichnet zum Schwimmen eignete. Meine 3 Jahre ältere Cousine erteilte mir Schwimmunterricht. Wir hatten damals sogenannte Schwimmkissen, mit denen wir uns über Wasser hielten und die Schwimmbewegungen lernten. Das waren ungefähr 40 x 40 cm große Kissen, die aus festem, fast Luft undurchlässigem Leinentuch von unseren Müttern selbst genäht wurden. Sie konnten nur mit großer Mühe aufgeblasen werden, hielten aber doch einige Stunden die Luft. Zwei Kissen waren mit einem Stoffstreifen verbunden, der als Auflage für die Brust diente. Diese einfachen billigen Hilfsmittel erfüllten durchaus ihren Zweck. Außerdem verbrachte ich meine Freizeit sehr gern bei Onkel, Tante und Cousine. Dichte Wälder, kleine Berge und in der Nähe ein stillgelegter Steinbruch waren ein wunderbares Gelände zum stromern. In den Herbstferien bin ich manchmal noch abends, wenn es schon dunkel war, durch den Wald nach Hause gegangen. Ich habe dann oft hierüber mit meinem Mut geprahlt und auch Geschichten über die Begegnung mit Wildschweinen oder Landstreichern erfunden. Übel genommen habe ich meiner Cousine, dass sie unser Floßunternehmen verhinderte. Wir waren ca. 10 Jahre alt und zwei Spielgefährten und ich phantasierten, ein Floß zu bauen um damit über die Flüsse Weida, Weiße Elster, Saale und Elbe vielleicht sogar bis Hamburg zu kommen. Wir haben im Wald Bäume gefällt, im Steinbruch leere Benzinkanister aufgespürt und von zu Hause Stricke mitgenommen. Auch Lebensmittel für die lange Fahrt wurden bevorratet. Alles blieb geheim, bis wir das Floß ins Wasser bringen wollten. Da entdeckte uns meine Cousine an unserem Floßbauplatz, verriet unser Vorhaben und machte damit alle unsere Träume und Pläne zunichte. Es gab sogar noch Schelte wegen der gefällten Bäume. In einer Kleinstadt wurde das Postgeheimnis nicht immer ernst genommen. Der Briefträger las die Postkarten und originelle Mitteilungen erzählte er dann allen Bekannten unter dem Siegel der strengsten Verschwiegenheit. Mit der Rechtschreibung nahmen es viele nicht so genau und schrieben wie sie im Dialekt auch sprachen. So sind von einem Herrn, der von der Front nach Hause schrieb, folgende Kartengrüße durch den Briefträger bekannt geworden: Liebe

19 19 Muder, schick mir Buder, denn du weßt, Fet äss ich net. Oder Lieg Lazeret bin wund. Das Postgeheimnis wurde ebenfalls verletzt, als bekannt wurde, dass von Oswald während seiner Wanderschaft als Handwerksbursche eine Karte zu Hause angekommen war. Ohne Absender enthielt sie nur den Text: Oswald tot. Er war daraufhin mehrere Jahre verschollen und als er frohgemut wieder in Hohenleuben auftauchte erhielt er den Spitznamen: Oswald Tod. Noch heute denke ich gern an den Klingelmann. Alle wichtigen städtischen Mitteilungen wurden durch mündliches Ausrufen bekannt gemacht. In jeder kleinen Stadt gab es eine Brauerei, die das Wasser zum Teil aus öffentlichen Teichen entnahm. Vielleicht als Witz, oder auch als Wahrheit, kursierte der Spruch: Es wir hiermit bekannt gemacht, dass niemand mehr ins Wasser macht, denn morgen wird gebraut. Eine wahre Begebenheit machte in dieser Zeit in Hohenleuben die Runde. Es war Samstagabend und damit Badetag. Ein älteres Ehepaar in der Schlossstraße, beide konnten schlecht sehen, trafen in der Küche die notwendigen Vorbereitungen für den Säuberungsakt. Als die Frau in der Zinkwanne badete, bat sie ihren Mann etwas heißes Wasser nach zu gießen. Auf dem Herd kochten schon die Rinderrouladen. Anstelle des Wassers erwischte er den Topf mit diesem Sonntagsessen und schüttete den gesamten Inhalt in die Wanne. Die Ehefrau schrie auf, als sie die Fleischstücke spürte, sagte dann aber in ihrer gutmütigen Art, im Dialekt: Ach Otto, die gute Rulattenbrühe, itze hamer morgen nichts ze aessen. Zu den Originalen unserer Stadt zählte der Altwarenhändler, wir sagten Lumpensammler. Er hatte Anfang der dreißiger Jahre sein Geschäft gegründet und mit einem Handwagen und einer gemieteten Scheune den Firmenaufbau begonnen. Er wohnte in der Bahnhofstraße und hatte auf seinem Firmenschild am Handwagen Bahn ohne h geschrieben. Er war ein Schulkamerad meiner Mutter und sie sprach ihn daraufhin an, um ihn vor einer Blamage zu bewahren. Er erwiderte: Ihr Mädchen wollt immer so schlau sein und wisst nicht, dass in einem Wort keine zwei H vorkommen dürfen. Hof muss aber wohl mit H am Anfang geschrieben werden. Jedenfalls blieb sein Firmenschild unkorrigiert. Zum Verdruss unserer Eltern spielten wir Kinder sehr gern in der Scheune vom Altwarenhändler. Dort konnten wir in den Lumpen, altem Geschirr, Eisenwaren und sonstigem Gerümpel wühlen und uns manchmal sogar etwas mit nach Hause nehmen. Wir halfen ihm dafür beim Sortieren des Plunders. Meine Mutter hatte Angst, dass wir uns eventuell mit Krankheiten anstecken könnten. Verbote halfen aber nicht, uns von diesem Tun abzuhalten. Der Kleinunternehmer hatte dann ab 1938 ein Auto, das er auch im Krieg behalten durfte, weil es nicht wehrmachtstauglich war. Es war ein größeres Cabrio ohne Verdeck und mit nur einem Sitz für den Fahrer. Der übrige Raum diente als Ladefläche. Die Gangschaltung befand sich außen neben der Fahrertür. Für uns Kinder war die große Hupe mit Gummiballon, die wir hin und wieder drücken durften, besonders interessant. Die Automarke ist mir nicht mehr bekannt, es war auf alle Fälle kein Originalmodell mehr. Der Motor sprang trotz eifrigen Kurbelns nur selten an. Der Besit-

20 20 zer ließ deshalb das Auto eine lange Straße, die mit starkem Gefälle ins Leubatal in Richtung Hohenölsen führte, hinabrollen, um es damit zum Anspringen zu bringen. Wir Kinder meist 6 bis 8 Jungen und Mädchen durften mitfahren, weil er uns brauchte, das Gefährt wieder nach oben zu schieben, wenn der erste Versuch nicht geklappt hatte. Zu unserer Freude gab es manchmal sogar mehrere Wiederholungen. Erlebnisreich war für uns Kinder immer der Kinobesuch in unserer Kleinstadt. Bis zu den vierziger Jahren kam der Landfilm. Es wurden Propaganda- aber auch Märchenfilme gezeigt. Die Veranstaltung fand im Reußischen Hof statt. Dieses Hotel als erstes Haus am Platz hatte neben der Gaststätte einen großen Saal mit einer geräumigen Bühne: Nicht nur Filmvorführungen sondern Zusammenkünfte und Feiern der NSDAP und ihrer Gliederungen, Tanzvergnügen, Theatervorführungen und andere Veranstaltungen fanden in diesem Mehrzwecksaal statt. Es konnten hier mehr Menschen untergebracht werden als im Ratskeller und Schützenhaus, wo ebenfalls je ein Saal zur Verfügung stand. Die Filmvorführungen für Kinder fanden Nachmittags statt. Es gab hierfür immer einen Kampf um Karten und Plätze. Die Tochter einer Freundin meiner Mutter, die Karla Junold, die 3 Jahre älter war als ich, sollte meine Beschützerin sein. Im Saal trennten wir uns aber grundsätzlich, denn sie wollte hinten und ich vorn sitzen. Ich behauptete immer, dass man nahe der Leinewand die Bilder besser sieht. Außerdem schämte ich mich, dass ein Mädchen mich als 6 bis 9 Jährigen Jungen noch leiten und lenken wollte. Ich kannte noch echte Tante Emma Läden. Auf dem Firmenschild dieser Lebensmittelgeschäfte stand meistens hochtrabend Kolonialwaren, es wurden aber vorwiegend einheimische Produkte verkauft. Mehl, Zucker, Hülsenfrüchte, Nudeln usw. wurden aus großen Säcken oder Kästen in Papiertüten gefüllt, gewogen und den Kunden übergeben. Dabei blieb trotzdem noch Zeit die neuesten Nachrichten und den

21 21 Dorfklatsch auszutauschen. Ein simples Vorkommnis blieb mir bis heute in Erinnerung. Ich kaufte gerade bei einem solchen Ladenbesitzer ein und hörte ein Poltern. Der Geschäftsinhaber war mit einem Mehlsack einige Stufen die Treppe heruntergefallen und der Sack war geplatzt. Das Mehl lag über den gesamten Flur verstreut. Die anderen Kunden und ich mussten warten bis das wertvolle Gut mit Besen und Schippe aufgenommen war. Es kam in den Kasten, aus dem es verkauft wurde. Erst nach beendeter Arbeit kümmerte sich die Geschäftsfrau um ihren Mann. Die heute strenge Bestimmung, dass auf den Boden gefallene unverpackte Lebensmittel nicht mehr verkauft werden dürfen, galt damals noch nicht, oder man hat sie zumindest nicht ernst genommen. Ich habe noch die Bemerkung im Ohr: Alles was gekocht oder gebacken wird ist nicht mehr schädlich. Lebensmittel wegwerfen galt als Sünde und es wurden manche Manipulationen vorgenommen um Verdorbenes zu retten. Z.B. wurde Fleisch mit leichter Oberflächenfäulnis mit Essig abgerieben, verunreinigtes Mehl gesiebt, beschlagene Schinken oder Dauerwürste trocken abgerieben, Schimmel auf Marmelade, Brot u.a. entfernt usw. usw.. Die von solchen Lebensmittel ausgehenden großen Gefahren kannte man nicht. Im Zusammenhang mit Lebensmittelmarken denke ich an das Schützenfest 1939 in Hohenleuben, das alljährlich am letzten Augustwochenende stattfand. Ich ging mit meinen Eltern sehr gern zu dieser Veranstaltung. Auf den Weg dorthin schaute in der Reichenfelserstraße ein Herr, der in der Stadtverwaltung tätig war, aus dem Fenster. Er sagte zu uns: Esst nur noch einmal tüchtig Rostbratwürste, denn ab Montag teilen wir Lebensmittelkarten aus und dann wird s knapper mit der Esserei. Die Lebensmittelrationierungen begannen und sogar das Fest wurde abgebrochen. In meiner Kindheit war das Schützenhaus, das in der DDR Zeit abgerissen wurde, eine bekanntes Ausflugsziel und eine beliebte Gaststätte. Auf dem Platz hinter dem Haus fand das Schützenfest statt.

22 22 Über die Lebensmittelmarken weiß ich eine lustige Geschichte zu erzählen. Neben uns in der Gartenstraße wohnte Hermine. Man erzählte sich, dass sie sich wenig gewaschen hat und dem Wasser und der Seife böse sei. In der Sommer- und Herbstzeit, wenn die Gartenfrüchte konserviert wurden, war Zucker ein sehr begehrter Artikel. Hermine kam in den Konsumladen und verlangte Zucker. Die Verkäuferin sagte: Frau Fritsche sie haben keine Zuckermarken mehr, sondern nur noch Abschnitte für Seife. Sie erwiderte im Dialekt: Scheiß, Quatsch, Sefenzeig, ich hab kene Zeit zum Waschen, Zucker brauch ich! Die Konsumverkaufsstelle in Hohenleuben war in den dreißiger Jahren in meinen Augen ein sehr fortschrittlicher Laden, in dem es alle Waren des täglichen Bedarfs gab. Enge Wohnverhältnisse und Prügelstrafe bei Kindern sind zwei weitere für mich unvergessene besondere Kindheitserlebnisse. Von den 7 kleinen Wohnräumen in unserem Haus hat mein Großvater Anfang der dreißiger Jahre noch zwei an eine fünfköpfige Familie ( 2 Erwachsene, 3 Kinder ) vermietet. Dieser Familie standen nur ca. 18 qm Wohnfläche in der ersten Etage zur Verfügung. Sie mussten das Wasser in der Waschküche in Parterre holen und auch das Abwasser bis in den Hof bringen. Das Plumpsklo befand sich neben der Miststätte. Als Lager für Holz, Kohlen und Kartoffeln oder sonstige Gegenstände konnten sie lediglich noch einen ungefähr 6 qm großen Schuppen sowie eine kleine Fläche im Keller nutzen. Meines Wissens bezahlten sie aber auch nur monatlich 3.- Mark Miete. Ein Sohn dieser Mieter war in meinem Alter. Er ging in den ersten beiden Schuljahren mit mir in die gleiche Klasse. Er war der Prügelknabe seines Vaters, der sehr oft seine Kinder mit einem Lederriemen schlug. Für mich war das immer sehr schrecklich. Ich wurde von Großeltern und Eltern nicht geschlagen. Mein Vater hat mir ein einziges Mal den Hintern versohlt. Er hatte dazu auch allen Grund. Ich hatte sein Motorrad umgeschmissen, weil ich ge-

23 23 meinsam mit meinem Schulfreund Hans Lautenbach darauf rum geturnt war. Ein dabei zerbrochener Schalter konnte nur schwer wieder beschafft werden und das hatte meinen Vater sehr in Rage gebracht. Nach den Strafaktionen mit der Riemenpeitsche wurde mein Schulkamerad meist noch in den Keller gesperrt. Der Eingang in die Tiefe war in der Waschküche und mit einer schweren Falltür verschlossen. Eine Selbstbefreiung gab es also nicht. Meine Großmutter hat den Jungen manchmal rausgelassen und versteckt. Sie war sehr couragiert und hatte auch vor den rabiaten Vater keine Angst; der sich übrigens auch nicht getraute, ihr zu widersprechen. Ich habe mehrmals erlebt, dass der Junge auf den Treppenstufen im Keller saß und nach dem Versiegen der Tränen sang: Vom Himmel hoch da komm ich her Das Leben auf dem Lande Während meiner Kindheit waren die Lebensverhältnisse in den Dörfern einfacher als in den Städten. In der Neuzeit verschwinden diese Unterschiede immer mehr. Mein Lebensweg, meine Lebenserfahrungen und mein heutiges Wissen wurden sehr stark davon geprägt, weil ich auf dem Lande aufwuchs. Den Kindern soll derzeit u.a. durch Ferien auf dem Bauernhof Wissenswertes von der ursprünglichen Landwirtschaft nahe gebracht werden. Ich will aber darüber hinaus einige ausgewählte Episoden erzählen, die auf dem heutigen Bauernhof gar nicht mehr nachvollzogen werden können und im Übrigen verdeutlichen, wie gut es uns heute geht. Obwohl mein Heimatort Stadtrechte besaß, herrschte der Dorfcharakter vor. Das zeigte sich vor allem in den Wohnverhältnissen und besonders hinsichtlich der sanitären Einrichtungen. In fast allen Häusern und Gehöften standen landwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeiten aller Räume und Anlagen im Vordergrund. Es wäre einer Sünde gleichgekommen, wenn die häuslichen Fäkalien nicht für die Düngung Verwendung gefunden hätten. Ich kannte nichts anderes als sogenannte Plumpsklos über der Miststätte oder der Jauchegrube des Stalles. Bild eines typischen Plumpsklos aufgenommen im Freilichtmuseum Hohenfelden:

24 24 Die Gruben waren meistens nur mit Holzbohlen abgedeckt und wenn es regnete oder sie entleert wurden, war ein sehr intensiver Gestank nach Fäkalien unvermeidbar. Die Entleerung der Sammelbecken erfolgte nur in größeren Bauernwirtschaften mit einer Pumpe. Bei uns und vielen Kleinbauern gab es für diese Tätigkeit eimerartige an einer Stange befestigte Jaucheschöpfen. Die Jauchefässer waren aus Holz und hatten eine sich nach hinten verengende Form. Die Ausflussöffnungen waren so konstruiert, dass sich die Flüssigkeit beim Austritt großflächig verteilte. Zum Ausbringen des Dungs auf Felder und Wiesen wurde der Abfluss während der Fahrt des Wagens geöffnet. Dazu gehörte Geschicklichkeit, weil man sonst sehr schnell einen Schwapp Jauche abbekam. Erst als ca. Siebenjähriger sah ich zum ersten Mal bei meiner Tante in der Stadt eine Toilette mit Wasserspülung. Dieser verschwenderische Umgang mit dem wertvollen Dünger und dem Wasser wollte mir gar nicht einleuchten. Anfang der vierziger Jahre wurden in der Straße, in der wir wohnten, Wasser- und Abwasserleitungen verlegt. Vor dem Anschluss an das öffentliche Netz erfolgte bei uns die Versorgung mit dem wertvollen Nass aus einem 8 m tiefen Brunnen in unserem Garten. Eine Pumpe, selbst nur mit Handbedienung, war meinem Großvater zu teuer. Wir mussten mit einem Eimer, der an einer langen Stange mit einer Kette befestigt war, das Wasser schöpfen. Noch immer erinnere ich mich der mahnenden Worte der Eltern zur Vorsicht bei dieser Tätigkeit. Auch beim Spiel mussten wir die Nähe des Brunnens meiden. Ich hatte deshalb oft Alpträume, dass die den Brunnen abdeckenden Holzbohlen einbrachen und ich in der Tiefe ertrank. Das sehr saubere Wasser, das wir auch unbehandelt tranken, wurde nie amtlich untersucht. Es entsprach aber bestimmt den heutigen Forderungen, denn von Erkrankungen habe ich nie etwas gehört. Wir nutzten es selbst noch im großem Umfange nach dem Anschluss an die öffentliche Trinkwasserversorgung, gegen die sich ohnehin mein Großvater lange gewehrt hatte. Im übrigen leistete der Brunnen sehr häufig gu-

25 25 te Dienste für uns und die gesamte Nachbarschaft, wenn in Trockenperioden zu wenig Wasser aus dem städtischen Versorgungsnetz zur Verfügung stand. Hohenleuben war schon frühzeitig vorbildlich in der städtischen Wasserversorgung. Kennzeichen hierfür sind das Wasserwerk unterhalb der Ruine Reichenfels (rechts im Bild) und der Wasserturm, als Wahrzeichen der Stadt. Die häuslichen Abwässer sammelten sich in unserem Haus in einer Grube. Sie flossen dann durch eine aus Natursteinen errichtete unterirdische Leitung in einen offenen Abwassergraben. Während meiner Kindheit gab es in den Haushalten auf dem Lande manche Beschwernisse und Arbeiten, die heute in dieser Weise niemand mehr verrichten würde. Besonders die Hausfrauen leisteten in diesem Zusammenhang oft Schwerstarbeit. Eine Hilfe im Haushalt wurde damals Männern nicht zugemutet, oder sie lehnten sie auch grundsätzlich als Weiberkram ab. Ich denke dabei an das Wäschewaschen; das Wischen und Scheuern der Stuben, Hausflure Böden und Vorratsräume; die Bevorratung und das Kühlen der Lebensmittel; Öfen beheizen; das Kochen der Speisen; das Kehren der Hofflächen, Scheunen und der Straße; die Arbeiten im Haus- und Obstgarten usw. Wir Kinder hatten in diesem Rahmen ebenfalls Aufgaben und Pflichten, die manchmal sogar bis an die Grenzen der kindlichen Leistungsfähigkeit gingen. Mindestens alle 4 Wochen hieß es: Heute und morgen ist große Wäsche, da müsst ihr Kinder euch selbst betun und eventuell auch mit helfen. Das Bild der Waschküche, aufgenommen im Thüringer Freilichtmuseum Hohenfelden, zeigt Gerätschaften, die im Vergleich zu denen, die ich in meiner Kindheit sah, noch modern waren. Anstelle der Zinkwannen gab es schwere große Holzwannen aus Holz; fließendes Wasser hatten wir auch noch nicht und das Nass musste mit schweren Zinkeimern aus dem Brunnen im Garten herangeschleppt und das Abwasser fortgetragen werden. Der eingemauerte Kessel mit Feuerungsloch galt auch bei uns als

26 26 eine große Errungenschaft. Der Behälter fand aber nicht nur Verwendung fürs Wäschekochen, sondern diente beim Schlachtfest fürs Kochen des Fleisches und der Würste und wurde ebenso eingesetzt für die Sirupherstellung aus Zuckerrüben. Das Rumpelbrett, das ganz vorn im Bild und hinten an der Wand neben dem Kessel zu sehen ist, war sehr wichtig um alle Schmutzstellen aus der Wäsche zu rumpeln. Die Frauen haben sich dabei manche Finger wund gerieben. Hartnäckiger Schmutz wurde mit Kern- oder Schmierseife eingerieben und mit einer Wurzelbürste, die auch zum Scheuern des Fußbodens Verwendung fand, bearbeitet. Eine Wringmaschine, die wie abgebildet am Wannenrand festgemacht wurde, und zumindest das schwere Auswringen per Hand erleichterte, lernte ich erst in den vierziger Jahren kennen. Betonen muss ich noch, dass besonders die Arbeitskleidung der Männer aus steifem, schwerem Drillichstoff bestand und beim Waschen viel Kraftanstrengung erforderte. Beim Heben der Wäsche aus dem Kessel und den Wannen sowie beim Transport der schweren Wassereimer und großen Töpfe haben sich manche Frauen, so hörte ich schon als Kind, gesundheitliche Schäden zugezogen. Zum Trocknen der Wäsche wurden im Sommer im Garten oder Hof Leinen gespannt. Der Transport des nassen Gutes in geflochtenen Wäschekörben dorthin war leichter zu bewältigen als im Winter, wenn der Trockenvorgang auf dem Hausboden erfolgte. Für die Hausfrauen war es eine besondere Ehre, blütenweiße Bettwäsche zu präsentieren. Nicht weniger beschwerlich war das Säubern der Räume, Flure und Nebengelasse, das mir als Kind so gar nicht gefiel, weil dabei Mutter und Großmutter immer sehr abgespannt waren und gar keine Zeit für mich hatten. Außerdem durfte man dann nicht mit Straßenschuhen über die frisch gesäuberten Flächen gehen. Es war ein Ritual, dass jeden Freitag oder Samstag Stuben, Kammern und der Hausflur gründlich gewischt und dort wo blanke Dielenbretter und Steinfußboden waren, gescheuert wurde Der Fußboden in unserem Hauseingang war mit Ziegelsteinen gepflastert und ich erinnere mich noch, dass meine Mutter intensiv mit der Scheuerbürste hantierte. Die Männer nahmen auch oft keine Rücksicht und gingen mit schmutzigen Schuhwerk ins Haus. Als fortschrittlich galt, wenn Räume mit Linoleum ausgelegt waren. Die damit erzielte Erleichterung beim Wischen wurde aber durch das Einbohnern und Blank- bzw. Glänzendreiben wieder aufgewogen. Mindestens zweimal im

27 27 Jahr wurden alle Räume im Haus einschließlich Keller und Hausboden einer gründlichen Reinigung unterzogen. Ich erinnere mich noch, dass die Frauen alle Arbeiten beim Säubern des Fußbodens im Knien ausführten. Schrubber an einem Stiel waren verpönt und man meinte, damit könnte nicht gründlich genug reine gemacht werden, wie wir ebenfalls im Dialekt sagten. Beim Scheuern wurden hauptsächlich Schmierseife und Scheuersand (Ata) verwandt und als Zusätze ins Wasser gab es Soda und Imi ; Mittel, die sehr hautunverträglich waren. Ungefähr die Hälfte unseres Hofes und auch die Straße vorm Haus waren nicht befestigt, sondern mit einem etwas feineren Kies abgedeckt. Es war sehr beschwerlich, diese unebenen Flächen gründlich zu kehren. Trotzdem musste einmal in der Woche gefegt werden. Schon als Vorschulkinder wurden wir hierbei zur Mitarbeit eingespannt. Die Außenarbeiten mussten samstags bis zum sogenannten Feierabend- oder Sonntagseinläuten, das war um 18,00 Uhr, erledigt werden. Von dieser Zeit an galt die sogenannte Sonntagsruhe während der nur das Vieh versorgt oder in der Erntezeit unaufschiebbare Arbeiten erledigt werden durften. Bei trockenem Wetter wurde beim Kehren viel Staub aufgewirbelt und wir konnten dann mit der Gießkanne die Flächen anfeuchten, wir sagten hierzu im Dialekt sprengen. Zur Sonntagsruhe fällt mir eine Episode ein, die bei uns die Runde machte. In unserer Nachbarschaft wohnte eine Familie mit mehreren Kindern. Der Familienvater hatte einige Teiche zur Karpfenzucht und -mast gepachtet und es wurde ihm aber nachgesagt, dass er sonntags, wenn die Leute in der Kirche waren, verbotener Weise in den Gewässern des Fürsteneigentums fischte. Besonders während des Gottesdienstes bestand aber Arbeitsverbot. Deshalb besuchte der Ortspolizist den Mann und sagte in der damals üblichen Redewendung: G. sie haben unter der Kirche gefischt. Er erwidert: Ach, ich wusste gar nicht, dass unter der Kirche ein Teich ist. Elektrische Haushaltskühl- oder Gefrierschränke gab es im Haushalt meiner Eltern und Großeltern nicht. Ich bestaunte die Kühltruhe, die ein größerer Bauer in unserer Nachbarschaft besaß, die einmal im Monat mit Blöcken aus natürlichem Eis neu bestückt wurde. Die Eisstücke wurden im Winter von den zugefrorenen Teichen durch Aussägen gewonnen, in tief gelegenen kühlen Kellern gelagert und an die Verbraucher ausgefahren. Auch an Gaststätten und einige Lebensmittelgeschäfte wurden diese Eisstangen ausgeliefert, die zum Schutz vor Schmutz und schnellem Auftauen in starken Jutesäcken verpackt waren. Im Sprachgebrauch von uns Kindern erfolgte diese Dienstleistung vom Eismann. Der Händler mit Speiseeis, das ich übrigens erst als ca. Sechsjähriger kennen lernte, erhielt in unserem Jargon später diesen Namen. Aus dem Nachbarort Langenwetzendorf kam Ende der dreißiger Jahre der Eishändler mit einem zweirädrigen Karren nach Hohenleuben. Aus zwei doppelwandigen Behältern verkaufte er 2 unterschiedliche Sorten Speiseeis, die pro Portion 5 Pfennige kosteten. Für uns Kinder war es eine ganz besondere Belohnung, wenn wir uns Eis kaufen durften. Der Verkäufer war immer auch von denen umringt, die kein Geld hatten und hofften, etwas schnorren zu können. Bei uns zu Hause wurden die Speisen im Keller kühl gehalten. Mutter, Großmutter und auch ich haben deshalb im Sommer sehr oft den Weg dorthin machen müssen.

28 28 Betonen will ich aber an dieser Stelle, dass unser Keller bestimmt eine geeignete Lufttemperatur und feuchte für die Lebensmittelaufbewahrung hatte, denn Kartoffeln, Rüben, Kraut, Möhren, Kohlrabi, Obst und Eingewecktes waren bis zur nächsten Ernte immer in einem einwandfreien Zustand und an verdorbene Speisen kann ich mich nicht erinnern. Ich kannte noch Etagenöfen, deren Konstruktion sehr sinnvoll und praktisch war. - Bild: Freilichtmuseum Hohenfelden. Meine Großeltern besaßen einen eingemauerten größeren Küchenherd, der mit der Rückwand bis in die angrenzende Stube reichte und damit dort mit heizte. Die Küchenherde waren anfänglich insgesamt aus Gusseisen. Später lernte ich Herde kennen, die mit Kacheln oder leplatten verkleidet waren. Alle hatten sie eine große Röhre zum Schmoren und Warmhalten der Speisen und eine Pfanne in der stets heißes Wasser vorrätig gehalten werden konnte. Die Heizplatte direkt über der Feuerung bestand aus herausnehmbaren Ringen. Der Unterboden der aufgesetzten Töpfe kam dadurch direkt ans Feuer und die Hitze wurde optimal genutzt. Kohle- bzw. Holzkästen dienten der Bevorratung des Heizbedarfs für 1 2 Tage, damit dieser nicht ständig vom Schuppen oder der Scheune herangeschleppt werden musste. Die Kästen wurden meistens unter den Herd - zwischen dessen Beine - geschoben, oder sie befanden sich als Sitzgelegenheit neben dem Ofen. Die Hausfrauen legten ihre Ehre darein, die gusseisernen Teile immer sauber und glänzend zu halten; hierzu gab es spezielle Ofenschwärze. In der Küche wurde vorwiegend mit Holz geheizt, weil dies eine schnelle größere Hitze erzeugte. Briketts wurden nur nachgelegt, wenn längere Zeit Glut gebraucht wurde oder im Winter der Raum warm gehalten werden sollte. Unter den Stubenöfen waren die Kachelöfen, die es noch heute in vielen Varianten gibt, die beliebtesten. Sie verbreiten eine gleichmäßige Raumwärme und auf der meistens um den Ofen herum aufgestellten Ofenbank konnte man den Rücken angenehm wärmen. Während meiner Kindheit kamen die transportablen Dauerbrandöfen auf, die gewährleisteten, dass Glut und Wärme lange erhalten blieben. Feste Brennstoffe waren während des Krieges und danach sehr knapp und es mussten häufig Kohlen verwendet werden, die für den jeweiligen Ofentyp ungeeignet waren. Besonders Briketts sollten durch Rohbraunkohle ersetzt werden. Es gehörte deshalb Geschick dazu, Öfen, die eigentlich z.b. für Steinkohlen oder Koks ausgelegt waren,

29 29 mit diesem Ersatz zu beheizen. Als Brikettersatz gab es sogenannte Presssteine, die aus unterschiedlichsten Kohlesorten gepresst und von schlechter Qualität waren. Die Kohlen wurden in unserer Kleinstadt mit Pferdewagen ausgefahren und vorm Haus oder Hoftor abgekippt. Wir Kinder mussten fleißig mithelfen, die Kohlen in großen Zinkeimern in den Schuppen oder in die Scheune zu transportierten. Briketts haben wir dabei meistens per Hand eingelesen. Zur Platzersparnis wurden sie im Vorratsraum außerdem noch aufgeschichtet. Damals wurde das Feuerholz grundsätzlich nur per Hand gesägt und gehackt. Unvergleichbar am schwersten war aber das Ausgraben und Kleinmachen der Baumwurzeln, der sogenannten Stöcke, in den Rodungen der Wälder. Einfacher war es, besonders hartnäckige Wurzeln mit einer Schwarzpulverladung heraus zu sprengen. Trotzdem war die weitere Bearbeitung sehr kraftaufwändig. Die Mühe lohnte sich, denn das Wurzelholz hatte eine ausgezeichnete Heizkraft. Wir sagten: Stockholz wärmt dreimal beim Roden, beim Zerkleinern und in der Stube. Es machte immer Schwierigkeiten, Holzstücke oder Kohlen zum Brennen zu bringen. Bei uns hieß es Feuermachen. Es gab zwar Kohleanzünder zu kaufen, die waren uns aber zu teuer. Wir schnitzten Schleißen, das sind ganz dünne Stäbe aus trockenem gut brennbarem Holz. Zum Feuer anzünden eigneten sich besonders gut: Tannenzapfen und Kuhmuscheln, die von Fichten und Kiefern stammten und meistens von uns Kindern im Wald gesammelt wurden. Zum Trocknen wurden sie auf dem Haus- oder Scheunenboden ausgelegt und waren dann als Anzünder unübertroffen. Fast alle Brennstoffe, die ich als Kind kannte, rußten sehr. Wenn deshalb wegen eines schlechten Rauchabzuges viel Qualm aus den Öfen kam, sagten wir in unserem Sprachgebrauch: Der Ofen muss ausgeputzt werden. Das hieß, der Russ musste aus den Ofenschächten, -zügen und rohren entfernt werden. Bei dieser Arbeit halfen wir Kinder ganz gern mit, denn wir durften alte Kleidung anziehen, brauchten uns wegen Verschmutzungen nicht besonders in Acht nehmen und lachten uns gegenseitig aus, wenn wir wie die Schornsteinfeger aussahen. Nur das Waschen nach der schmutzigen Arbeit war nicht ganz nach unserem Geschmack. Die Berufe und das Tätigkeitsfeld der Menschen in meinem Heimatort reichte von Bauern, Kleinbauern, Nebenerwerbslandwirten, Landarbeitern, Fabrikarbeitern und Angestellten, die meistens in den Nachbarstädten arbeiteten, bis zu Handwerkern, Besitzern von Läden, Gastwirtschaften und kleineren Gewerbebetrieben sowie deren Angestellten. Das Verhalten und die Gewohnheiten dieser Menschen kennzeichnete das Landleben wie ich es als Kind erlebte. Es wandelte sich, als sich in der Nachkriegszeit die Eigentumsverhältnisse grundlegend änderten. Die gängigsten landwirtschaftlichen Arbeiten lernte ich als Kind wie selbstverständlich fast im Spiel. Ich interessierte mich außerdem hierfür und war immer recht stolz, wenn ich mit neuen Kenntnissen aufwarten konnte.

30 30 Bei der Bearbeitung der Äcker waren wir vertraut mit Pflug, Egge und Walze, die von Pferden gezogen wurden. Sensationell war für uns, wenn der Großgrundbesitzer unseres Ortes die Seilzugmaschine zur Feldbearbeitung einsetzte. Am Feldrand stand eine Dampfmaschine und am gegenüberliegenden Rain befand sich eine Umlenkrolle über die Seile führten, die sich über den Acker hinweg bewegten. Damit wurden die Bearbeitungsgeräte hin und her gezogen. Als dann die ersten Traktoren zum Einsatz kamen, war mein Großvater stark empört. Er sagte u.a.: Der Druck durch diese Reifen verfestigt so sehr, das die ganze Bodenfruchtbarkeit pfutsch ist. In meiner Kindheit war der Stallmist der wertvollste Dünger, der sehr aufwändig nach traditionellen Methoden behandelt und aufs Feld gebracht wurde. Das Ausmisten der Ställe mit Gabel und Schubkarren war Schwerstarbeit. Auf jedem Hof gab es einen Miststapel und die erfahrenen Bauern sagten: Am richtig gestapelten Misthaufen erkennt man, ob der Bauer ordentlich ist und sein Fach versteht. Der Mist wurde mit Kastenwagen aufs Feld gebracht. Auf dem Acker wurde der Dung mit der Gabel gleichmäßig verstreut. Bei dieser Arbeit hatte ich als Vierzehnjähriger ein unvergessenes Erlebnis. Ich war allein auf dem Feld und es stand ein Gewitter am Himmel, aber es regnete noch nicht. Ich steckte die Gabel in die Erde, hielt sie noch am Stiel fest und schaute zum Himmel, ob ich weitermachen kann. Plötzlich spürte ich ein fürchterliches Zucken durch meinen Körper, schmiss das Werkzeug weg und warf mich auf die Erde. In ca. 10 m Entfernung hatte ein Blitz in einen am Straßenrand stehenden Pflaumenbaum eingeschlagen. Der Strom war durch die Erde bis zu meinen leicht feuchten Gabelstiel geflossen. Seitdem beherzige ich die Hinweise, wie man sich bei Gewitter vor einem Blitzschlag schützt. Ich kannte als Kind in erster Linie Roggen, Hafer, Gerste und Weizen. Die Bauern meinten aber, dass sich der Boden und das Klima in unserer Gegend kaum für den Weizenanbau eignen würde, deshalb sah man diese Getreideart auf den Feldern nur selten. Bei den Feldfrüchten dominierten Kartoffeln und Futterrüben. Die heute vorherrschenden Zuckerrüben wurden nur von einigen Großbauern angebaut. Erst nach dem Krieg pflanzten auch wir auf einem kleinem Feldstück Zuckerrüben speziell für die Sirupherstellung im eigenen Haushalt an. Gras, Rotklee und Luzerne waren die Grundlage für das Wiederkäuerfutter. Mais und Raps lernte ich erst in späteren Jahren kennen. Großer Wert wurde auf gepflegte Wiesen und Weiden gelegt. Es kam darauf an, dass möglichst schon ab März, bevor die neue Vegetationsperiode begann, die Pflegearbeiten anfingen. Von dieser Zeit an war der Handrechen für uns das wichtigste Gerät für die folgenden Arbeiten auf den Wiesen. Von meinen Großeltern hörte ich manchmal Bauernregeln im Zusammenhang mit dem Wetter: Märzenschnee tut den Saaten weh. Zur Lichtmess ( 2. Februar ) sieht der Bauer lieber den Wolf im Schafstall, als die Sonne am Himmel. Wenn es zur Lichtmess stürmt und schneit; ist der Frühling nicht mehr weit. Jeder Nebeltag im März bringt ein Gewitter im Juni. Wenn es am Siebenschläfer ( 27. Juni ) regnet,

31 31 dann hält dies 7 Wochen an; dann gibt es Schwierigkeiten bei der Getreideernte. Ist der Mai kühl und nass, füllt s den Bauern Scheuer und Fass. Ich bekenne, dass ich als Kind diese Regeln sehr ernst nahm und auch kontrollierte, ob sie eintrafen. Die Weidewirtschaft war besonders in meiner Heimat eine Wissenschaft für sich. Die Kleinbauern tüderten die Rinder, Schafe und Ziegen. Das stammt aus dem Niederdeutschen und bedeutet, dass die Tiere an einer langen Leine, die an einem Pflock befestigt ist, angebunden werden. Die Wiederkäuer können damit in einem erreichbaren Areal das Gras, den Klee oder die Luzerne abweiden. Schon damals hatten die größeren Bauern elektrische Weidezäune. Als Kinder erlaubten wir uns manchmal den Schabernack, durch Herstellung einer Erdverbindung der Drähte die elektrische Wirkung aufzuheben. Trotzdem brachen die Tiere nur selten aus, denn sie hatten fast alle schon Bekanntschaft mit der Stromwirkung gemacht und die sichtbaren Stromleitungen genügten. Der Heuernte im Juni, wenn die Gräser den richtigen Wuchs für qualitätsvolles Winterfutter hatten, folgte im August/September noch die Grummeternte. Ich wusste schon als Kind, dass die Heumahd vor der Blüte bestimmter Gräser erfolgen musste, damit diese Pflanzen mit geringerem Futterwert nicht ihre Samen verbreiteten. Bei den Wiesen- und Feldarbeiten durfte nicht von den bisherigen Traditionen abgewichen werden. Das Gras wurde meist mit der Sense gemäht, weil das schonend für die Wiesenfläche war. Außerdem war auf dem hängigen Gelände meiner Heimat der Einsatz von Mähmaschinen nicht überall möglich. Nach dem Mähen musste das Gras von den großen Schwaden mit dem Rechen gleichmäßig über die Wiese verteilt werden, damit es schnell trocknete. Die Wettervorhersagen waren zur damaligen Zeit noch sehr ungenau, es wurde weitgehend nach alten Bauernregeln gehandelt. Wenn auf Grund ungünstiger Witterung sich die Ernte verzögerte, musste auch zwischendurch als Schutz vor Regen oder Tau das Heu oder Grummet in Haufen, als Schober bezeichnet, aufgeschichtet und nach Wetterbesserung wieder verteilt werden. Immer und immer wieder, oft zweimal am Tag, wurde gewendet. Das war gar nicht so einfach, denn man musste den Rechen so ansetzen, dass mit einem gezielten Schwung die untere Seite der richtigen Menge Gras nach oben kam. Hierbei halfen die Frauen und wir Kinder tüchtig mit. Bei dieser Arbeit habe ich mir als Kind so manche Schwiele an den Händen zugezogen, bis ich den richtigen Griff am Rechenstiel beherrschte. Mein Großvater sagte immer: Das Heu muss auf dem Rechen trocknen. Sehr beschwerlich war es allerdings, wenn das Heu mit Schubkarren eingebracht werden musste. Wir besaßen z.b. u.a. eine Wiese ( ca. 0,25 ha groß) im Triebestal. Zu diesem Standort, ungefähr 3 Km von unserem Haus entfernt, führte nur ein enger für Fuhrwerke kaum passierbarer recht steil abfallender Wald- und Feldweg. Ich entsinne mich noch, dass mein siebzigjähriger Großvater den vollgepackten Schubkarren schob und die Balance hielt. An vorn angebundenen Stricken halfen meine Mutter und ich, die Fuhre den Berg hinauf zu ziehen. Das war Schwerstarbeit, die mir trotzdem nicht die Freude an der Landwirtschaft verdarb. Ich lebte immer in der Hoffnung, später einmal alle schweren Arbeiten mit Zugtieren oder Technik ausführen zu können.

32 32 Nicht weniger aufwändig als die Raufuttergewinnung war das Pflanzen sowie die Pflege und Ernte der Hackfrüchte. Die Rübenpflanzen wurden selbst gezogen. Dafür besaßen die einzelnen Bauern ein extra Stück Land, das man Pflanzstelle nannte. Eine solche 25 Quadratmeter große Fläche inmitten anderer Grundstücke, die dem gleichen Zweck dienten, ist noch heute in meinem Heimatort in meinem Besitz. Der Rübensamen musste rechtzeitig, Ende Februar, ausgesät werden, damit die kräftigsten Pflanzen im April aussortiert und auf dem Feld ausgepflanzt werden konnten. Chemische Unkrautbekämpfung kannte ich in meiner Kindheit noch nicht. Die Aussaat des Getreides vollzogen in meiner Kindheit noch einige Bauern per Hand. Das musste gekonnt sein, denn das Saatgut war gleichmäßig über das Feld zu verteilen. Beliebte Motive einiger Kunstmaler waren die dargestellten Sämänner mit den vor dem Bauch getragenen Mulden bzw. Saat- oder Düngerwannen und den typischen Handbewegungen für das Breitwerfen des Saatgetreides. Damit wird eine charakteristische bäuerliche Tätigkeit dokumentiert. Auf gleiche Weise brachten viele Bauern den Kunstdünger aus. In meiner Kindheit waren die Arbeitsgänge bei der Getreideernte nicht nur schwer, sondern auch sehr umständlich. Als ich erstmals Anfang der vierziger Jahre von Mähdreschern in Amerika hörte, habe ich gelacht und das ganze als Märchen abgetan. Als dann in den fünfziger Jahren die großen russischen Erntemaschinen auch bei uns Einzug hielten, kamen wir aus dem Staunen fast nicht mehr raus. Es ist beeindruckend, dass beim Einsatz der heutigen Maschinen für die Getreideernte nur noch ganz wenige Arbeitskräfte benötigt werden. Vielfach wurde das Getreide, vor allem in den kleineren Bauernwirtschaften, noch mit der Sense, an der ein besonderes Gestell angebracht war, gemäht. Die abgeschnittenen Halme fielen damit günstig für das sogenannte Raffen an das noch stehende Getreide. In der weiteren technischen Entwicklung kamen die von Pferden gezogenen Grasmähmaschinen, die am Mähbalken mit einem speziellen Ablegblech ausgerüstet waren, zum Einsatz. Neben dem Mähen mit der Sense, war das Raffen die beschwerlichste Arbeit, bei der ich auch schon als Kind tüchtig mithalf. Handschuhe zu benutzen war verpönt. Den Schmerz durch die stechenden Disteln oder Gerstengrannen kann ich bis heute nicht vergessen. Ich dachte immer daran, dass ich im Frühjahr beim Distelstechen doch noch zu viele dieser stachligen Pflanzen übersehen hatte. Die Garben banden wir meistens mit selbstgefertigten Bändern zusammen. Hierfür wurden die oberen Enden der Getreidehalme durch einen besonders gedrehten Knoten miteinander verbunden. Einfacher waren die Schnurenbänder zu handhaben, bei denen nur der festgezogene Strick um einen Holzknebel gewunden wurde. Nach diesen Arbeitsgängen ging es an das Aufstellen der Puppen. Hierzu wurden um eine mittlere Garbe, die meistens wir Kinder gerade hielten, 5, 9 oder 11 weitere Getreidebündel fest angelehnt. Damit bestanden die Puppen aus 6, 10 oder 12 Garben und konnten nach Dutzend oder im Dezimalsystem zusammengezählt werden. 5 Zwölferpuppen waren dann ein Schock = 60 Garben. Nach verrichteter Arbeit

33 33 durften wir Kinder manchmal Verstecken spielen, wozu sich die Puppen vorzüglich eigneten. Beim Einfahren reichten die Helfer mit zweizinkigen Gabeln die Garben auf die Leiterwagen. Dort musste die Fuhre gleichmäßig und akkurat geladen werden.. Zu Hause wurden die Getreidegarben im Scheunenpansen zwischengelagert, denn das Dreschen blieb für die Wintermonate, wenn die Außenarbeiten erledigt waren. In unserer kleinen Landwirtschaft wurde nach dem Abfahren der Getreidegarben die gesamte Stoppelfläche noch mit dem Heurechen nachgerecht, um auch die letzte Getreideähre aufzusammeln. Meine Großeltern sagten: Wenn der Wind über die Stoppelfelder streicht, dann ist der Sommer fast vorbei. Diese Fluren waren für uns Kinder ideal, um die selbstgebastelten Drachen steigen zu lassen. Die Freude währte aber nicht lang, weil die Flächen auf denen kein Klee oder keine Luzerne wuchsen sobald wie möglich gepflügt wurden. Ich habe schon als Dreizehnjähriger gern gepflügt, weil ich dabei meine phantasievollen Gedanken schweifen lassen und bei guter Arbeit ein Lob einheimsen konnte. Überaus anstrengend und mit dem heutigen Maschineneinsatz nicht mehr vergleichbar, war die Hackfruchternte. Es gab noch nicht so viele Kartoffelsorten wie heute. Unterschieden wurden frühe, mittelfrühe und späte Arten, die als beste Qualitäten alle mehlig bis halbmehlig kochend sein mussten. Der Erntezeitpunkt, vor allem für die Einlagerungsfrüchte, war nicht vor Oktober. Nur dann, so meinten unsere Großeltern, halten sie sich im Keller oder in der Miete bis zum nächsten Frühjahr. Die Kleinbauern ernteten die ersten frühen und mittelfrühen Kartoffeln durch Ausgraben mit der Gabel. Die Haupternte erfolgte dann in mehreren Arbeitsschritten. Zuerst wurde das Kartoffelkraut per Hand herausgezogen und am Feldrand auf Haufen geschichtet. Als nächstes mussten wir die beim Krautziehen mit herausgerissenen Kartoffeln auflesen. Das Roden mit dem Pflug war schonender als mit den in meiner Kindheit aufkommenden Schleudern. Nur mussten beim ersteren die Knollen meist noch aus der Erde heraus gebuddelt werden. Beim Schleudern lagen die Kartoffeln recht gut verstreut auf der Erdoberfläche, wurden aber stärker beschädigt. Neben den Mühen gab es aber bei der Kartoffelernte auch manche Freuden, an die ich sehr gern zurück denke.

34 34 Der Oktober war die Zeit der Zwetschgenernte. Es gab deshalb auf dem Feld zur Vesper köstlichen saftigen Hefeteig - Pflaumenkuchen, der mit den schmutzigen Händen besonders gut schmeckte. Das in Haufen aufgeschichtete Kartoffelkraut wurde meist verbrannt. Wir durften dabei Kartoffeln in dieses Feuer legen, die dann zwar eine verkohlte Schale hatten, aber gut schmeckten. Als Vorschulkinder übten wir dabei das Zählen, denn die Anzahl der hineingeworfenen Knollen musste auch wieder gefunden werden. Die Futterrübenernte war ebenfalls umständlich. Das Kraut war ein gutes Rinderfutter. Schon vor der Rübenernte wurden die unteren größeren Blätter per Hand abgemacht. Wir nannten das blaten. Mit diesen Blättern konnte die Zeit der Fütterung mit frisch geerntetem Grüngut verlängert werden. Die Zeit, in der die frischen Rübenblätter verfüttert wurden, war in den Kuhställen immer deutlich sichtbar. Die Tiere hatten dann einen sehr guten Stuhlgang, oder bei Tieren sagt man besser gute Kotausscheidung. Vor den kräftigen und dünnflüssigen Kotstrahl galt es, sich im Stallgang rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Das nahm man in Kauf, weil durch die Rübenblattfütterung auf alle Fälle die Milchleistung der Tiere gesteigert werden konnte. Für das Dreschen des gesamten Getreides standen die unterschiedlichsten Maschinen zur Verfügung und das ganze Verfahren war, neben der schweren Arbeit, in gewisser Hinsicht ein kleiner Festakt, denn nun wurden auch die erzielten Erträge sichtbar. Bei uns wurden die schweren Getreidesäcke auf den Boden ( Scheune oder Haus) getragen und die Körner dort zum Trocknen ausgebreitet. Sie mussten dann im Laufe des Winters, bis sie verfüttert oder zur Mühle gebracht wurden, mehrmals mit speziellen Schaufeln aus Holz (Scheffel) gewendet werden. Beim Dreschen bekamen wir immer viel Staub ab, und wir sahen abends manchmal wie Mulatten aus. Bäder gab es bei uns und in den meisten Familien damals nicht. Wir waren froh, wenn in der Waschküche der Wäschekessel angeheizt war, und wir dann in der großen Zinkwanne baden konnten.

35 35 Als Besonderheit kannte ich in meiner Kindheit noch das Flegeldreschen. Die Flegel sind walzenförmige ca. 80 bis 100 cm lange und 10 bis15 cm starke Klöpfel, die beweglich mit Riemen an Stielen befestigt sind. Zum Dreschen werden auf der Scheunentenne die Bündel Strohhalme mit noch vollen Ähren ausgebreitet, auf die 6 bis 8 im Kreis postierte Personen im rhythmischen Takt einschlagen. Wir Kinder hatten kleinere Flegel und lernten zwischen den Erwachsenen stehend das Flegeldreschen. Meist wurde Roggen in dieser Weise gedroschen, weil dessen Stroh lange Bänder liefert. Körner und Spreu, die auf der Tenne zurückblieben, mussten noch getrennt werden. Das erfolgte oft per Hand - durch Werfen gegen den Wind. Die Bauern halfen sich in den Wintermonaten gegenseitig beim Flegeldreschen. Daraus entwickelten sich oft kleine Feste mit Bier- oder Kaffeetrinken. Bild aus der Kindheit meiner Mutter.. Über die Veränderung der Leistung und Haltung der landwirtschaftlichen Nutztiere gibt es viele seriöse aber auch reißerische Veröffentlichungen. Ich will als Zeitzeuge berichten, wie die Tierhaltung in meiner Kindheit aussah, weil das schon weitgehend in Vergessenheit geriet.

36 36 Ein guter Durchschnitt waren tägliche Milchleistungen der Kühe von 10 Litern und der Ziegen von 2 Litern. Die Kälber tranken (saugten) am Euter ihrer Mütter, wurden damit natürlich ernährt und außerdem durch die Kontamination mit den stallspezifischen Keimen grundimmunisiert. Es gab weniger Kälberverluste als später beim Einsatz von Milchaustauschern. Antibiotika kannten wir noch nicht. Das Kalbfleisch war echt, weil die Tiere bis zur Schlachtung nur Milch und keine festen Futterstoffe bekamen. In meiner Heimat wurde vorwiegend die Rinderrasse Höhenfleckvieh, das sich neben einer akzeptablen Milchleistung durch guten Fleischansatz auszeichnet, gezüchtet und gehalten. Die Hauptkrankheit war Rindertuberkulose, die bekanntlich auch auf den Menschen übertragbar ist. Die meisten Bauern hatten im Stall eine Kuh, die als die gesündeste galt und nur von dieser wurde die Trinkmilch für den Eigenbedarf gewonnen. In aufgeklärten Bauernfamilien wurde aber auch diese, wie alle andere Milch, nicht roh verzehrt. Die schon damals sehr gut funktionierenden Molkereien lieferten Trinkmilch aus, die in der gesundheitlichen Unbedenklichkeit dem heutigen Standard entsprach. Melkmaschinen hatten nur die größeren Bauern. Beim Handmelken wurde ein einbeiniger Schemel an den Hintern gebunden, mit dem man recht gut neben der Kuh sitzen und das Euter erreichen konnte Die künstliche Besamung war noch nicht bekannt und in jedem Ort oder auch für mehrere Dörfer zusammen stand in einem größeren Bauernhof ein Zuchtbulle. Dorthin wurden die Kühe zum Decken gebracht. Die Ziegenböcke waren meist an einer zentralen Stelle bei Kleinbauern untergebracht. Diesen Standort konnte man durch den intensiven Geschlechtsgeruch selbst in der weiteren Umgebung wahrnehmen. In Hohenleuben befand sich die Bockhaltung in der Oststraße. Ziegen sind sehr störrisch, selbst wenn sie zum Deckakt gebracht werden sollten. Mein Großvater hat sie manchmal mit dem Handwagen dorthin gefahren, weil sie absolut nicht laufen wollten. Einstreulose Haltungsformen gab es während meiner Kindheit noch nicht. Sonst hätte ja auch der Mist gefehlt. An Schweinerassen kannte ich Deutsches Landschwein, Deutsches Edelschwein und Sattelschwein, das waren die schwarz / weiß gefleckten Tiere. Die Mastdauer betrug meist länger als ein Jahr. Vier Zentner schwere Schweine mit dickem Speck waren beliebt für die Hausschlachtung, d.h. den Eigenbedarf. Von neu gezüchteten Rassen mit einem längeren Kotelettstrang und einer Schlachtreife ab 8 9 Monate, erfuhr ich erst während meines Studiums in den fünfziger Jahren. Die Schweine wurden in mittleren und größeren Bauernhöfen in massiven ordentlichen Unterkünften gehalten, aber mehr als 50 Tiere in einer Stallung hatte ich nicht kennen gelernt. In

37 37 vielen kleinen Gehöften waren die Plätze für die Schweinehaltung sehr primitiv und manchmal richtige dunkle Löcher in Scheunen und Nebengebäuden. Üblich waren Koben, mit runden Hölzern als Fußböden über einen Hohlraum, in dem sich Kot und Urin sammelte. Bei Mastschweinen wurde meist nur wenig Stroh eingestreut. Die Holzböden waren wahrscheinlich die Wegbereiter für die einstreulose Schweinehaltung. Nur in der Ferkelaufzucht wurde mit Stroheinstreu nicht gespart. Als fortschrittlich galten Betriebe, in denen die Schweine im Freien leben und sich suhlen konnten. Das Säubern der Schweinebuchten war immer eine Arbeit, vor der auch ich mich gern drückte. Das Herausnehmen der Rundhölzer, deren Reinigung und das Leeren der Sammelgruben vom Kot- und Urin, erfolgte mit einfachem Werkzeug und per Hand. Außerdem musste mit Wasser gespart werden. Die heute bekannte Säuberung mit Wasserstrahlgeräten oder wenigstens einem Wasserschlauch gab es bei uns nicht. Legehennen durften bei keinem Bauern fehlen. Das waren die Tiere, die am ehesten Frischluft und Auslauf genießen konnten. Käfige oder Bodenintensivhaltung habe ich in meiner Kindheit nirgends kennen gelernt. Die Landwirte, die eine hohe Legeleistung erwarteten, hielten die Rasse Weiße Leghorn, die legten durchaus im Jahr pro Henne 150 bis 180 Eier. Diese Vögel hatten aber keinen guten Fleischansatz, wie er für Suppenhühner gewünscht war. Hierfür gab es Fleischrassen, die aber weniger Eier legten. Im Gegensatz zu heute wurden noch in den dreißiger und vierziger Jahren die Legehennen im Schnitt 3 4 Jahre alt. Sie hatten dann fast alle Tuberkulose, die auch auf Schweine und Rinder übertragbar ist. Die Legeleistung der alten Tiere war sehr gering und deckte häufig nicht einmal den Futteraufwand. Meine Großeltern sagten: Alte Kühe und junge Hühner machen den Bauern reich. Diese Weisheit war aber auch nur schwer zu verwirklichen. Z.B. die Kühe, für deren Nachwuchs ein hoher Aufwand erforderlich ist, mussten gerade wegen der Tuberkuloseerkrankung oft sehr jung geschlachtet werden. In meiner Kindheit war die Fütterung der landwirtschaftlichen Nutztiere noch sehr natürlich und artgerecht. Rinder bekamen im Winter vorwiegend Heu und Grummet sowie Rüben und nach jeweiliger Milchleistung Getreidekraftfutter. Sogenannte Leistungsförderer waren unbekannt und als Zusatz nur Mineralstoffgemische vorwiegend mit Kalk üblich. Lecksteine sowohl für Rinder als auch für Ziegen und Schafe durften nicht fehlen. Getränkt habe ich die Tiere noch mit dem Wassereimer oder Wasser in Trögen. Es kamen gerade die Selbsttränken auf und ich weiß, dass wir immer sehr argwöhnisch prüften, ob die Tiere auch wirklich getrunken haben. Es wurde immer gesagt: Wasser ist das billigste und wichtigste Futtermittel und wer das Tränken vergisst, verschenkt Geld. Für Pferde war Hafer das hauptsächlichste Kraftfutter. Schweine erhielten vorwiegend Kartoffeln und Rüben sowie Kleie und Getreidekraftfutter. Bauern, die schon einmal etwas von Vitaminen gehört hatten, fütterten den Schweinen auch Rübenblätter, Klee oder Luzerne.

38 38 Natürlich ernährt wurden die Hühner mit Gersten- oder Weizenkörnern, zerkleinerten Knochen oder Eierschalen. Ich erinnere mich, dass wir eine Knochenpresse hatten, mit der die von den Fleischspeisen übrig gebliebenen Knochen zerkleinert wurden. Nachbarn ohne Tierhaltung sammelten diese Futterstoffe und erhielten hierfür einen kleinen Obolus in Naturalien. Der Zukauf von Mineralstoffgemischen konnte damit auf ein Minimum beschränkt werden. In den dreißiger und vierziger Jahren besaßen die Ernteergebnisse einen wesentlich höheren Stellenwert als heute. Nicht mehr allein das gewonnene Produkt, sondern der erzielte Geldgewinn spielt jetzt die dominierende Rolle. Unsere Vorfahren würden es einfach nicht begreifen, dass z.b. die EU für nicht bestellte Flächen oder nicht erzeugte tierische Produkte Prämien zahlt. Der Leser möge deshalb auch nach diesen Gesichtspunkten die bisher beschriebenen bäuerlichen Arbeiten beurteilen, die einschließlich des Geräte- und Maschineneinsatzes auf eine möglichst verlustlose Gewinnung aller pflanzlichen und tierischen Produkte gerichtet waren. Die oft übertriebene Sparsamkeit war meist kein Geiz, sondern aus der Not geboren. Bis 1945 war in der Landwirtschaft der Grundbesitz in Privathand. Nur in sehr geringem Umfange gab es sogenannte Domänen, die im wesentlichen in Staatsbesitz waren. Der einzige größere Landwirtschaftsbetrieb des Eigentümers Jäger und die Wiesen, Ländereien und Wälder der Fürsten Reuß wurden in meinem Heimatort nach 1945 enteignet. Im Rahmen der Bodenreform wurden 1946 dieser Besitz an landarme Bauern und Neubauern aufgeteilt. Pro Antragsteller gab es in unserer Gegend 5 ha Nutzfläche. Ich erinnere mich an die Gespräche in unserer Familie, ob auch wir Neubauern werden sollten. Unser Kleinbauernhof hätte sich durchaus für die Einrichtung einer Neubauernstelle geeignet. Besonders mein Vater sagte: Ich nehme kein Land, das bisher anderen gehörte. Ich kenne den enteigneten Großgrundbesitzer unseres Ortes sehr gut. Er ist kein Verbrecher, und ich würde mich schämen, wenn ich mir diesen Besitz aneigne. Und deshalb wurden wir keine Neubauern. 7. Meine Spielsachen und meine Fahrräder Ich freute mich, wenn an Sonn- oder Feiertagen Vater, Mutter und Großmutter mit mir in Wald und Flur spazieren gingen. Mein Großvater kam nie mit, weil er meinte und oft sagte: Müßiggang ist aller Laster Anfang. Bei diesen Ausflügen lernte ich die Namen der einheimischen Bäume, Pflanzen, Sträucher, Getreidearten und Gräser sowie der Vögel und der frei lebenden Tiere, soweit wir sie sehen konnten, kennen und unterscheiden. Es gehörte einfach dazu, dass ich als Kind vom Lande auf diesen Gebieten Bescheid wusste. Besonders Stolz war ich, als mich mein Vater lehrte, wie man aus Weidenruten wohlklingende Pfeifen schnitzen kann. Trillerpfeifen kosteten

39 39 relativ viel Geld und dieser Ersatz war außerdem als selbst gebasteltes Spielzeug wertvoller als gekaufte Sachen. Zur damaligen Zeit wurden übrigens ganz wenige Spielwaren gekauft. Wir Kinder waren recht einfallsreich beim Herstellen von Gewehren, Degen und Schutzschilde aus Holz, Bauklötzen aus Abfallholz, Karren aus abgewrackten Kinderwagengestellen und ähnlichem. Ich wurde von Spielgefährten beneidet, weil ich als Einzelkind allerhand Spielzeug besaß. Es war nicht alles neu, sondern meine Eltern hatten es z.t. gebraucht gekauft oder von Verwandten erhalten. An folgende Spielsachen erinnere ich mich: Schaukelpferd aus Holz mit echtem Fell, das ich Cäsar nannte. Eine elektrische Märklin Eisenbahn der Spur O, mit vielem Zubehör und alles auf einer großen Platte (ca. 2,0 x 2,5 m) montiert. Dazu viele, nach maßstabgerechten Modellen, selbst gebaute Bahnhofsgebäude, Häuser, Bäume, Gebirge und Tunnel sowie eine sich bewegende Drahtseilbahn. Minilaternen und -birnen sorgten für eine eindrucksvolle elektrische Beleuchtung. Außerdem hatte ich Zinnsoldaten, -pferde und -reiter sowie Burg und Pferdestall aus Holz. Beim Gestalten der Platte mit der elektrischen Eisenbahn und dem Zubehör hat mein Vater nur die Grundausstattung installiert. Bis ungefähr zu meinem 10. Lebensjahr hat er mitgeholfen und mir die erforderlichen Fertigkeiten beigebracht. Dann habe ich weitgehend selbständig gebastelt, gebaut und alles weiterentwickelt. An Schwachstromanlagen erfasste ich insgesamt die Grundlagen für die Elektromontage. Ich war z.b. hoch begeistert, als ich das Prinzip der Induktion, des Elektromagnetismus, der Wechselschaltung und ähnlichem begriffen hatte und es anzuwenden verstand. Im Krieg und in der Nachkriegszeit, als fast keine Handwerker zur Verfügung standen, konnte ich mit diesen Kenntnissen oft helfen. Schon als Elfjähriger habe ich in diesem Rahmen bei uns und in der Nachbarschaft häufig Havarien in den Elektroanlagen der Häuser und Wohnungen beseitigt. Mein wichtigstes Werkzeug war dabei die Probierlampe, mit der ich die Spannung in den Elektroleitungen bzw. Abzweigdosen aufspüren konnte. Während meiner Kindheit führten die Besitzer kleiner Häuser oder Gehöfte Handwerkerleistungen aus Kostengründen selbst aus. Heute dagegen ist die Bewegung do it yourself für viele ein Hobby. Mit allen Reparaturmaterialien und Geräten wurde sehr sorgsam umgegangen und Vieles wiederverwendet. Alles was Geld kostete, oder auch schwer zu beschaffen war, wurde aufgehoben. Wegen dieser Eigenart, die ich nie ablegte, werde ich von unseren Kindern häufig gerügt. Sie wuchsen in eine Wegwerfgesellschaft hinein, die sich nun auch bei uns im Osten Deutschlands im letzten Jahrzehnt immer stärker ausprägte. Ich gehörte zu den Auserwählten, das wird mir erst heute bewusst, weil ich als sechsjähriges Kind ein Fahrrad besaß. Heute ist das keine Ausnahme mehr, denn noch Jüngere haben solche Fahrzeuge, ohne deren Wert zu achten. Mein Vater hatte aus gebrauchten und einigen neuen Teilen ein Kinderfahrrad zusammengebaut. Ich habe dabei geholfen und es mit unserer Lieblingsfarbe grün angestrichen.

40 40 Das wichtigste am Rad war für mich der Rücktritt. Beim Lernen des Fahrens musste ich neben dem Halten der Balance als erstes das Anhalten beherrschen. Ich spüre noch heute meine damalige Angst, wenn ich mit dem Fahrrad sehr schnell auf Menschen, Zäune, Tiere, Mauern oder Gräben zuraste. Das Beherrschen der Rücktrittbremse war dann die letzte Rettung. Als 64 Jähriger schaffte ich mir, auf Empfehlung meiner Kinder, ein Fahrrad mit Gangschaltung an. An diesem gibt es, technisch bedingt, nur Handbremsen. Selbst die Vorteile der Gänge waren für mich kein Ausgleich für die Rücktrittbremse. Bei einer notwendigen Bremsung trete ich noch immer wie gewohnt automatisch schnell rückwärts und ich merke mit Schrecken, das Gefährt hält nicht an. Außerordentlich glücklich war ich über das neue Erwachsenenfahrrad, das ich als Zehnjähriger erhielt. Damit und mit den Rädern, die ich mir in den Folgejahren anschaffen durfte, habe ich zahlreiche Touren mit Cousins und Cousinen sowie Freunden unternommen. Ich lernte dadurch die Sehenswürdigkeiten meiner Heimat kennen und hatte viele schöne Erlebnisse Mit meinem Vetter aus dem Sudetenland - Radausflug zur Göltzschtalbrücke- Wir hatten Frühstücksbrote und Trinkbares mitgenommen, denn das Einkehren in Gaststätten war zu teuer. Außerdem schmeckte das Essen in der Natur viel besser. Fast kein Radausflug verlief damals ohne Reifenpanne, weil die Qualität der Mäntel und Schläuche sehr zu wünschen übrig ließ. Auch die Reparatur war viel schwieriger als heute. Es gab noch keine Flügelmuttern ; die ohne Schraubenschlüssel zu lösen oder festzuziehen sind. Der sogenannte Knochen, ein Schlüssel, der für alle gängigen Schraubengrößen verwendbar ist, gehörten neben dem Flickzeug zu den wichtigsten Utensilien in der Reparaturtasche. Abgesehen davon, dass es sehr schwierig war die Räder abzumontieren, grenzte es manchmal an eine Meisterleistung, den Schlauch wieder luftdicht zu bekommen. Beim Suchen der Schadstelle wurde die defekte Gummiröhre aufgepumpt und ins Wasser gedrückt. Dort, wo Luftblasen aufstiegen, befand sich die undichte Stelle. Voraussetzung für eine erfolgreiche Reparatur waren: Eine ganz trockene leicht angeraute Oberfläche, dünn aufgetragener Klebstoff, der die vorgeschriebene Zeit antrocknen musste und der notwendige längere

41 41 Druck für das Festkleben des Fleckens. Die meisten Schadstellen entstanden sehr oft direkt neben schon aufgebrachten Gummiflicken. Weggeworfen wurden die Schläuche erst dann, wenn der Umfang der geflickten Stellen keine weiteren Reparaturen mehr zuließ. Alte Schläuche dienten außerdem als Reparaturmaterial. 8. Meine Volksschulzeit Als ich 1938 eingeschult wurde, war Adolf Hitler an der Macht. Nationalsozialismus war die staatstragende Ideologie, die in der schulischen Erziehung im Mittelpunkt stand. Die Ehre, Deutscher zu sein, die Überlegenheit gegenüber anderen Völkern war für mich und viele Kinder meines Jahrgangs ein erhabenes Gefühl, worin wir in der Schule bestärkt wurden. Wir hörten, dass es keine sozialen Unterschiede mehr gibt. Jeder echte Deutsche kann Offizier, Führer in der Hitlerjugend und im Jungvolk, Funktionär in der Partei oder Beamter im Staatswesen werden. Uns imponierte damals der Spruch: Jeder deutsche Soldat trägt den Marschallstab im Tornister. Der wirtschaftliche Aufschwung sicherte den meisten Familien einen gediegenen Wohlstand. Als Kind kümmerte auch ich mich nicht um Geschehnisse, die sich gegen andersdenkende Menschen, Juden oder ehemalige Kommunisten richteten. Uns wurde erklärt, dass diese Volksfeinde aus der Gesellschaft ausgestoßen werden müssen. Ich kannte von diesen Betroffenen niemanden näher und empfand deshalb kein besonderes Mitleid. Das Ausmaß der Gräueltaten ahnte ich damals auch nicht. Im Elternhaus, bei Nachbarn oder Verwandten habe ich manchmal heimlich Gespräche belauscht und kritische Bemerkungen über das brutale Vorgehen gegen Juden gehört. Doch den Lehrern habe ich mehr geglaubt als den Eltern, zumal die Erwachsenen aus Angst nur in Andeutungen sprachen. Erst mit meinen heutigen Erkenntnissen weiß ich die Kristallnacht 1938, die in die Zeit meines ersten Schuljahres fällt, richtig zu beurteilen. Ich erinnere mich, dass in meinem Elternhaus damals darüber gesprochen wurde und bruchstückweise bei mir folgendes haften blieb: In Gera gab es das in meinen Augen als Kind riesengroße Kaufhaus Dietz. Besonders Weihnachten 1937 sah ich dort eine schöne unerreichbare Märchenwelt. Nun hörte ich, dass in diesem Haus die Schaufenster eingeschlagen und vieles zerstört worden sei, weil die Besitzer Juden waren. Ich verstand das Warum nicht und war enttäuscht, dass die SA meine phantasievolle Märchenwelt zerstört hatte. Die noch heute zu hörende Auffassung, dass früher die Schulbildung und -erziehung auf dem Lande schlechter als in der Stadt gewesen sei, ist schlichtweg falsch. Wir lernten außerschulisch viele Tätigkeiten, die im Unterricht eine Ergänzung fanden. Das Zusammenspiel zwischen Elternhaus und Schule klappte bei uns besser als in

42 42 einer Großstadt, wo es gute Bildungsmöglichkeiten gegeben haben soll. Die Pädagogen kannten bei uns die einzelnen Familien sowie deren Verhältnisse und Gepflogenheiten. Sie konnten in der Erziehung darauf Einfluss nehmen. Freilich galt oft die Sympathie der Lehrer stärker den Kindern von reichen Bauern und aus angesehenen und wohlhabenden Familien; jedoch förderten sie auch begabte Schüler ohne Rücksicht auf deren Herkunft. Wir gehörten nicht zu den reichen aber wohl zu den als anständig eingeschätzten Familien unserer Kleinstadt. Ich fand, das stelle ich retrospektiv fest, große Unterstützung und Förderung durch meine Lehrer. Im übrigen will ich hier Erlebnisse einfließen lassen, die ich von meinen ehemaligen Mitschülern aus der Volksschule erfragte. Zehn Klassenkameradinnen und 2 bis 3 Schulkameraden aus meiner Volksschulzeit treffen sich gegenwärtig alle 6 8 Wochen in Hohenleuben. Wir erinnern uns dabei an viel gemeinsam Erlebtes und auch die Neuzeit bietet Gesprächsstoff. Ich nehme sehr gern teil, weil Erzählungen von früher für mich mit fortschreitendem Alter immer beliebter und interessanter werden. Ich stelle immer wieder fest, dass im dritten Reich unsere Eltern und die Erwachsenen versuchten, die Politik möglichst aus der familiären und häuslichen Sphäre heraus zu halten. Zumindest offenbarten sie uns Kindern selten oder nie ihre wahren Auffassungen. So betrachtet, wuchsen wir Kinder recht unbeschwert oder sogar sorglos auf, wenn ich die Nöte beim Ringen um gute schulische Leistungen, manchen Streit mit Freunden oder Meinungsverschiedenheiten mit den Eltern außen vor lasse. Allerdings kamen in den letzten Kriegsjahren durchaus auch bei uns Kindern oft außergewöhnlichen Ängste hinzu. Es hat sich nichts geändert. Auch heute können es die meisten Kinder, wie wir damals, kaum erwarten, endlich Schulkind zu werden. Es war nicht allein die in Aussicht gestellte Zuckertüte sondern vielmehr der Drang, endlich - z.b. im Schreiben und Rechnen - mit den älteren Freunden oder Geschwistern mithalten zu können. Die Schulausbildung beginnt heute jedoch mit größeren Vorkenntnissen. Kindergärten, in denen schon gezielt Grundwissen vermittelt wird, gab es in unserer Kindheit, zumindest auf dem Lande, nicht. Wenn beide Elternteile berufstätig waren, mussten die Großeltern die Kinderbetreuung übernehmen. Wir erhielten auch manchmal ein Blatt Papier um darauf Buchstaben und Zahlen zu kritzeln oder Bilder zu malen. Eine systematische Vorbereitung auf die Schule kannten wir aber nicht. In der Regel begann für uns alle die Schulpflicht mit fast gleichem Bildungsstand. Wie wurden Ostern 1938 im Alter von 6 Jahren eingeschult. Schon in dieser Zeit gab es vorher eine gründliche medizinische Untersuchung auf Eignung zum Volksschulbesuch. Mit dieser Aufgabe war seinerzeit der in unserer Kleinstadt niedergelassene Allgemeinmediziner betraut. Er kannte als Hausarzt fast alle Familien des Ortes recht gut und konnte deshalb fachlich fundierte auf Erfahrungen gestützte Diagnosen stellen.

43 43 Unsere Schule - Bild aus den dreißiger Jahren im vorderen Eckzimmer war unser Klassenraum in den ersten Klassen. Meine Schulkameraden erinnern sich - genau wie ich - noch recht gut an die ganze Zeremonie mit den Zuckertüten. Unerschütterlich glaubten wir daran, dass die Tüten an einem Baum, der von den älteren Schülern und Eltern immer gut gepflegt und gegossen wird, wachsen. Der Zuckertütenbaum, den wir nie zu Gesicht bekamen, stand angeblich im Keller der Schule. Uns wurde gesagt, dass die folgsamen Kinder die größten und mit leckeren Sachen gefüllten Tüten bekommen. Wir merkten dabei gar nicht, dass damit die Sprösslinge von reichen Eltern artiger gewesen sein mussten. Sie bekamen zwangsläufig einen reichhaltigeren Tüteninhalt.. Wir waren froh über eine große Zuckertüte, wenn auch deren Innenvolumen durch Knüllpapier reduziert wurde. Neid kannten wir nicht. Als Einzelkind stand ich nicht unter dem Zwang, den Inhalt teilen zu müssen. In Familien mit mehreren Kindern musste aber durchaus für alle je eine Portion mit Süßigkeiten zurecht gemacht werden.. An unserem ersten Schultag überreichten uns in einem spärlich geschmückten Raum als Zwerge gekleidete Schüler höherer Klassen die Zuckertüten. Ich erinnere mich noch recht deutlich, dass damals mein Großvater zu mir sagte: Wenn du die Tüte nimmst, dann bist du gefangen und musst jeden Tag zur Schule gehen. Ich würde mir das Ganze noch mal überlegen, vielleicht kannst du noch davon kommen. Der Erwartungsdruck, nicht nur in den Besitz des wertvollen Tüteninhalts zu kommen, sondern vor allem die Schule kennen zu lernen, war aber so groß, dass ich diese ohnehin aussichtslose Möglichkeit gar nicht in Erwägung zog. Aussehen, Form und Größe der Zuckertüten haben sich seit unserer Kindheit kaum verändert. Nur der Inhalt wird heutzutage nicht mehr so hoch geschätzt, weil es zur Schuleinführung daneben zum Teil wertvolle und teure zusätzliche Geschenke gibt. Ich weiß noch, dass ich viel Lakritzen, weil ich diese Süßigkeiten leidenschaftlich gern aß, einige Tafeln Schokolade sowie Plätzchen von Omas Hausbäckerei bekam.

44 44 Der untere Teil der Spitze war auch in meiner Zuckertüte mit zusammengeknülltem Zeitungspapier ausgefüllt. An weitere Feiern zum Schulbeginn in der Schule, Kirche oder auch in der Familie kann ich mich nicht erinnern. Auf alle Fälle hatte zu jener Zeit dieses Ereignis nicht die herausragende Bedeutung wie heute. In unseren Gesprächen konnte sich lediglich eine Schulkameradin entsinnen, dass sie einen Blumenstrauß erhielt. Ein Bild mit Zuckertüte durfte allerdings nicht fehlen. Ich fühlte mich zur Elite gehörend, weil mein Schulranzen, die Schiefertafel, das hölzerne Federkästchen und dessen Inhalt neu waren. Die meisten Kinder mussten oft mit gebrauchten Sachen auskommen, die sie von ihren größeren Geschwistern bzw. anderen Verwandten oder Bekannten bekamen. Es gab unterschiedliche Schulranzen für Jungen und Mädchen. Bei denen für die Buben reichte die Verschlussklappe über die gesamte Rückseite, während diejenigen für die Mädchen einen kleineren Verschlussteil hatten. Die Knaben schämten sich z.b., wenn sie einen Ranzen von der älteren Schwester weiter benutzen mussten. In unserer Zeit wurden Aktentaschen modern und deren Besitzer, Vertreter oder Geschäftsleute galten als besonders vornehm. Wir fühlten uns stolz und überlegen als wir ungefähr ab dritter Klasse eine Schulmappe besaßen, die wir in der Hand tragen konnten. Die gesundheitlichen Nachteile ignorierten wir. Die Eltern konnten reden was sie wollten, wir machten den neuen Modetrend mit. Erfreulicher Weise sind in der Neuzeit wieder Ranzen und Rucksäcke in. Unsere ersten Aktentaschen waren sogar nur aus Pappe, aber für uns wertvoller als die Ranzen aus Leder. An der Seite des Schulranzens musste der Schwamm und ein Lappen, die mit einer Schnur an der Schiefertafel befestigt waren, baumeln. Die wertvolleren Federkästchen aus Holz waren mit schönen Bildern bemalt. Anderenfalls klebten wir Stammbuchbilder auf die einfacheren Behälter. Alle hatten spezielle Fächer für Schiefergriffel, Bleistifte, Radiergummi, Federhalter usw.

45 45 Die Qualität der Schiefertafeln und stifte war unterschiedlich. Bei den billigeren entstanden nach kürzerer Zeit Rillen und Ritzen auf der Tafelfläche, weil wir ungeübten Schulanfänger meistens stark aufdrückten. Dabei zerbrachen außerdem häufig die Stifte, und wir versuchten uns mit selbst gebauten Holzhalterungen zu helfen. Die Gummitafeln - ebenfalls mit abwaschbarer Schrift -, die ich Anfang der vierziger Jahren kennen lernte, haben sich nicht bewährt. Eine gepflegte und ordentliche Schreibtafel und Schrift standen übrigens in der Bewertung der Ordnung ganz weit oben. Oft gab es Tränen, wenn die Mutter bei Hausaufgaben das mühsam Geschriebene weg wischte, weil es nicht akkurat war. Nicht Gelungenes zu beseitigen wurde schwieriger, als das Schreiben auf Papier begann. Zuerst wurde mit Bleistiften geschrieben. Fehlerhaftes konnte dann zwar wegradiert werden, aber die Radierstellen blieben trotzdem sichtbar. Beim späteren Schreiben mit Tinte konnten Kleckserei und Fehler nicht mehr verheimlicht werden. Wir versuchten deshalb, misslungene oder verdorbene Seiten zu beseitigen. Lehrer und Mutter bemerkten aber den Schwindel, weil die Hefte immer dünner wurden. Auf Schiefertafeln und in Heften waren Linien vorgezeichnet, um Buchstaben und Zahlen in der vorgeschriebenen Größe und Form schreiben zu lernen Es war für uns schon eine rechte Plage mit den oft die Tinte nicht haltenden Schreibfedern und unhandlichen Federhaltern umzugehen. Die in den Schulbänken eingelassenen Tintenfässer, die unförmigen Gefäße zu hause und die schlecht saugenden Löschblätter förderten zusätzlich die überall sichtbare Tintenkleckserei. Unbequeme Sitzgelegenheiten in den Schulbänken sowie daheim am Küchentisch erschwerten außerdem den Umgang mit der Schreibflüssigkeit. Überall hinterließ sie ihre nicht mehr oder nur schwer entfernbaren Spuren. Es gab zwar eine Flüssigkeit, sogenannter Tintentod, der die Kleckse entfernen sollte, aber damit entstanden sehr hässliche Flecken. Ich hatte des öfteren die Aufgabe, in unserer Klasse die Tintenfässer nachzufüllen. Finger und auch manchmal Kleidungsstücke zeigten dann sehr deutlich die ausgeführte Tätigkeit.

46 46 Schulbänke, Schiefertafeln und Ranzen Bild: Freilichtmuseum Hohenfelden. Später wurde die Benutzung von Füllfederhaltern erlaubt. Die ersten Modelle waren so unpraktisch, dass beim Schreiben und Auffüllen mit Tinte die Kleckserei nicht weniger wurde. Mit unseren Buntstiften, die sehr harte Minen hatten, konnten wir die beliebten Zeichenvorlagen nur sehr beschwerlich ausmalen. Auch der Umgang mit Wasserfarben aus Farbkästen war oft eine Katastrophe. Bei den Pinseln lösten sich hin und wieder die Borsten, so dass beim Farbenmischen alles durcheinander lief. Es konnten dann keine

47 47 scharf abgegrenzten Linien und Gebilde gezeichnet werden. Die heute zur Verfügung stehenden Faser- und Filzstifte, sogar mit unterschiedlichen Minenstärken, sind deshalb eine echte Bereicherung für die Malfreude und -übung der Kinder. Vom ersten Schultag an waren wir auf uns selbst gestellt. Unsere Eltern begleiteten uns nicht, wie das heute vielfach üblich ist, zur Schule. Es gab auch noch nicht den starken Fahrzeugverkehr und die Gefahren auf dem Schulweg sind in keiner Weise mit den heutigen vergleichbar. Im übrigen hätten wir uns sehr geschämt, wenn z.b. die Mutter beim ersten Unterricht dabei gewesen wäre. In unserer Kindheit wehrten wir uns ganz enorm als Muttersöhnchen zu gelten. In unserer Kleinstadt kannten wir uns zwar untereinander, aber wir verhielten uns am Anfang auch gegenseitig sehr fremd. Vor allem wollten wir Jungen keinesfalls in den Verdacht kommen, dass wir vielleicht ein gleichaltriges Mädchen schon etwas näher kannten. Die Lehrer galten als höher gestellte Respektspersonen und wir saßen an den ersten Schultagen sehr schüchtern und folgsam in den recht engen und unbequemen Schulbänken. Zwischen den Bankreihen der Mädchen und denen von uns Jungen befand sich ein Gang und es galt bei uns schon als Fortschritt, dass beide Geschlechter zusammen in einem Klassenraum unterrichtet wurden. Von Anfang an war es selbstverständlich, dass wir aufstanden, wenn der Pädagoge die Klasse betrat und verließ oder wir eine Antwort gaben. In den höheren Klassen kam dazu, dass täglich zu Schulbeginn von uns Schülern Meldung erstattet werden musste. Insgesamt verhielten wir uns recht artig gegenüber den Erziehern, die oft mit überzogener Strenge handelten. Wetteifern in der Kleidung, dass z.b. nur Markenartikel anerkannt sind, kannten wir damals nicht. Lediglich auf saubere nicht zerrissene Garderobe kam es an. In der Kriegs- und Nachkriegszeit kam für unsere Eltern erschwerend hinzu, dass es neue Kleidung und Schuhe nur rationiert auf Punkte oder Bezugscheine gab. Ausgebessertes Anziehzeug, wie es bei uns im Dialekt heißt, war deshalb nicht verpönt. Die in den ersten Schuljahren aufgenommenen Kenntnisse waren für mich ein bleibender Wissensschatz fürs ganze Leben. Eine Ausnahme bildet hierbei das Schönschreiben, das oft geübt und streng zensiert wurde. Die vorgezeichneten Linien und Kästchen für die gleichmäßige Größe der Buchstaben und Zahlen und der Zeilenabstand verwöhnten uns. Es fiel mir deshalb später schwer, auf unliniertem Schreibbogen gradlinige Zeilen zu schreiben. Im ersten Schuljahr hatten wir täglich nur 3 Stunden Unterricht. Damit konnten wir uns allmählich und kontinuierlich an die Schulpflichten gewöhnen. In der damaligen Zeit gab es zwar keine Kinderarbeit mehr, aber wir alle hatten zu Hause ständige, feststehende Pflichten und Arbeiten zu erfüllen. Das galt vornehmlich in Bauernwirtschaften, Geschäftshaushalten, Handwerksbetrieben usw., aber auch in Familien mit mehreren Kindern, wenn dazu beide Eltern auf Arbeit gingen. Ich weiß, dass wir vor der ersten Schulstunde noch manche, auch oft schmutzige Hausarbeit, zu erledigen hatten. Die gründliche Säuberung, vor allem der Finger, blieb dann oftmals - besonders aus Zeitnot - auf der Strecke. Zur ersten Schulstunde

48 48 überprüfte der Lehrer besonders die Sauberkeit unserer Hände. Vor allem bei schmutzigen Fingernägeln gab es mit dem Rohrstock Schläge auf die Finger. In diesem Zusammenhang erzählte anlässlich unserer vorn erwähnten Zusammenkünfte unsere Mitschülerin Liane ein Erlebnis, das ich mit ihrem Einverständnis hier wiedergeben darf: Ihre Eltern besaßen einen Kolonialwarenladen und Landwirtschaft. Sie hatte fast täglich zu Hause schon vor Schulbeginn eine Reihe Tätigkeiten zu verrichten. Ihr blieb deshalb oft nur wenig Zeit fürs gründliche Säubern der Hände. Bei unserem überaus strengen Lehrer Herrn H. bekam sie deshalb sehr häufig die erwähnten schmerzhaften Schläge. Als erwachsene Frau traf sie diesen Lehrer, der mit ihr ein Gespräch über die frühere Schulzeit führen wollte. In bewundernswerter Art sagte sie ihm: Mit ihnen will ich nicht mehr reden. Sie haben mich als Schulmädchen zutiefst gekränkt, gedemütigt und schmerzhaft geschlagen, nur weil ich von ehrbarer Arbeit nicht ganz saubere Finger hatte. Das kann ich nicht vergessen. Sie wandte sich ab und beendete das Gespräch. Dem ehemaligen Lehrer blieb nach der bei uns gebräuchlichen Redewendung der Mund offen stehen. Als nunmehr gestandene und geachtete Handwerkerfrau konnte sie auf diese Weise ihren ehemaligen Peiniger abblitzen lassen. Er getraute sich auch nicht zu widersprechen und beendete ebenfalls die Unterhaltung. Ich wusch mich nicht gern und auch gegen gute Kleidung, die ich schonen sollte, hatte ich eine Aversion. Erst ab dem Zeitpunkt, als Freundinnen in meinem Leben interessant wurden legte ich größeren Wert auf ein gepflegtes Äußeres. Vorher trug ich am liebsten Stromerkleidung, oder die strapazierfähige Jungvolkuniform. Ich besitze noch mein Zeugnisheft bis zum Ende der dritten Klasse und das Abschlusszeugnis der 8. Klasse. Die dazwischen liegenden Dokumente sind 1945, als unsere Schule durch Granatenbeschuss den Flammen zum Opfer fiel, verbrannt. Es war damals nicht üblich Kopien (wofür es nach meiner Kenntnis außer Abschriftengar keine Möglichkeiten gab) anzufertigen. Die Originale mussten im Archiv der Schule aufbewahrt werden. Zu Beginn des Schuljahres wurden die Zeugnisse vom Lehrer eingesammelt und kontrolliert, ob der Erziehungsberechtigten unterschrieben hatte. Im Zeugnisheft stand als Fußnote geschrieben: Das Zeugnis ist vom Vater oder seinem Stellvertreter ohne jede Bemerkung zu unterschreiben und dem Klassenlehrer zur Aufbewahrung zurückzugeben. Fälschungen der Zeugnisse und Unterschriften sind strafbar. Daraus leite ich heute ab, dass in dieser Zeit die Mutter als Stellvertreterin des Vaters galt. Wir erhielten die ersten Zensuren nach Abschluss der ersten Klasse Ostern In diesem Schuljahr waren ab Oktober 1938 die Zeugnisgrade von 5 auf 6 verändert worden. Die Note 4 war damit nicht mehr das große Schreckgespenst, das es nach dem Kriege wurde, als es wiederum nur 5 Noten gab. Die 3 wurde dann aber in befriedigend umbenannt.

49 49 Mich beschäftigt bis heute die Frage: Nach welchen Kriterien und Gesichtspunkten nahmen unsere Lehrer die Einschätzung in Betragen,Fleiß und Ordnung vor? Retrospektiv erkenne ich, dass während meiner Volksschulzeit alle Einschätzungen nach subjektiven Gesichtspunkten, insbesondere nach der Herkunft der Kinder, erfolgten. In Dörfern und Kleinstädten wussten die Lehrer meist über die wirtschaftlichen, sozialen sowie berufsständigen Verhältnisse und politischen Auffassungen der einzelnen Familien recht gut bescheid. Die Befragung der Kinder in den ersten Schultagen über die Familienverhältnisse, Beruf der Eltern, Anzahl der Geschwister usw. diente deshalb nur zur Abrundung ihrer Aufzeichnungen. Ein Einblick in das schon damals gebräuchliche Klassenbuch und in die Notizbücher der Lehrer galten für uns Schüler als strengstes Tabu. Schmunzelnd vernahm ich eine Story, die meine Schulkameradin Annerose von dieser Befragung erzählte: Einige hatten bisher zum Beruf ihres Vaters nach ihrer Meinung hochtrabende Bezeichnungen wie: Fabrikant, Kaufmann, Landwirt, Meister usw. genannt. Als sie an der Reihe war, wollte sie nicht hinten an stehen und beförderte kurzentschlossen ihren Vater vom Gesellen zum Tischlermeister. Er war im Ort ein geachteter und angesehener Mann und die Rangerhöhung fiel deshalb gar nicht auf. Im Nachhinein wird mir bewusst, das Mitschüler aus weniger begüterten Familien bei manchen Lehrern immer die Zielscheibe für Bestrafungen waren. In Erinnerung blieb mir, dass ein besonders ungerechter Lehrer ein Mädchen häufig an den Haaren bis zur Tafel zog. Noch im Ohr habe ich Bemerkungen eines Pädagogen, der sagte: Dummheit und Stolz wachsen auf einem Holz. Es war zwecklos sich darüber zu beschweren, denn in unserer Schulzeit war das Verhältnis Elternhaus - Schule ganz anders als heute. Wir konnten nicht nach Hause kommen und sagen: Der Lehrer hat uns ungerecht bestraft. Wir wurden nicht in Schutz genommen sondern, nach oberflächlicher Klärung der Umstände, zusätzlich gerügt. Die Lehrer waren Respektspersonen und mussten von uns Kindern vorbehaltlos anerkannt und geachtet werden, selbst wenn auch sie manche menschlichen Fehler hatten. Ich entsinne mich, dass ich mich einmal zu hause beschwerte, weil ich mich ungerecht bei der Menge der gesammelten und abgelieferten Heilkräuter bewertet glaubte. Ich bat meine Mutter, mich in der Schule in Schutz zu nehmen. Ich fand aber kein Gehör, weil das Urteil des Lehrers als unanfechtbar galt. Gleiches geschah mir bei einer Note im Zeugnis mit nur gut und nicht sehr gut in der wichtigen Beurteilung Ordnung. Ich meinte besser als die mit eins beurteilten Mädchen zu sein. Auch hier erhielt ich durch die Eltern keine Unterstützung, sonder zusätzliche Kritik, weil mein Verhalten zu Hause mit einbezogen wurde. Im Unterrichtsfach Deutsch standen in der ersten Schulklasse Lesen und Sprachlicher Ausdruck im Vordergrund. Erst ab der zweiten Klasse kamen Sprachlehre und Rechtschreibung und ab der fünften Aufsatz hinzu.

50 50 Als wir zur Schule kamen kannten wir nur wenige Buchstaben und uns fiel es unsäglich schwer vollständige Sätze zu bilden. Ich erinnere mich noch, dass ich vor Schulbeginn eigentlich nur das kleine i schreiben konnte. Das war in der deutschen Schreibschrift einfach und mit der Übung verbunden: Rauf runter rauf und ein Pünktchen drauf. Die Buchstaben fürs Lesen lernten wir nach folgender Methode: In einem Kasten, der vorn auf dem Katheder stand, befanden sich Schilder mit den Buchstaben des ABC in Schreib- und Druckschrift. Der Lehrer begann nach und nach die einzelnen Schriftzeichen zu zeigen, die wir im Chor aufsagen mussten. An der Wandtafel wurde durch ausgewählte Schüler mit Kreide der jeweilige Buchstabe angeschrieben. Wir übertrugen diesen auf unsere Schiefertafel und schrieben als Hausaufgabe mehrere Zeilen dieses Schriftzeichens. In ähnlicher Weise lernten wir die Zahlen. Nicht nur bei den Zensuren, sondern auch in der Schriftart erlebten wir einen Umbruch wurde in allen Schulen die Deutsche Normalschrift, die sich in ihren Grundformen an die lateinische Schreibschrift anlehnt, eingeführt. Im dritten Reich musste alles deutsch sein. Wir hatten deshalb aber das Glück, noch die deutsche Schreibschrift kennen zu lernen. Fließendes Lesen und Schreiben dieser Schriftart, die wir noch in handschriftlichen Unterlagen und Büchern unserer Eltern und Großeltern finden, fällt auch uns heute sehr schwer. In Erinnerung blieb mir, dass wir das A als Druckbuchstabe an der Form einer mit der Spitze nach oben stehenden Zuckertüte schreiben lernten. Überhaupt gab es einige sogenannte Eselsbrücken mit denen wir uns Buchstaben und Zahlen einprägten. Das M waren 2 aufrecht und das W 2 auf dem Kopf stehende A usw. Als erste Worte lernten wir wie die Kleinstkinder Mama und Oma und versuchten im sprachlichen Ausdruck diesen eine Tätigkeit anzuhängen. Haupt- oder Dingwort, die immer mit großen Anfangsbuchstaben geschrieben werden, für alles was man anfassen kann und Tätigkeitswort für alles was man tun kann, erfuhren wir als erste Weisheiten in der Sprachlehre. Am Ende der 1. Klasse konnten wir in der sehr einfachen Lesefibel die ersten kurzen Geschichten lesen. Nach 1945 habe ich meine erste Lesefibel leider vernichtet, weil darin die Bilder und Darstellungen zum Teil nazistische Tendenzen zeigten. In diesem Zusammenhang will ich einfügen, wie naiv ich mich insgesamt nach dem Untergang des 3. Reiches noch als Fünfzehnjähriger im Umgang mit Schriftgut verhielt. Mein Onkel und meine Tante, die als Vertriebene aus dem Sudetenland zu uns nach Hohenleuben kamen, erzählten: Nach der Machtübernahme durch die Tschechen in ihrem Heimatort bei Karlsbad erfolgten häufig bei deutschen Familien Hausdurchsuchungen. Wenn dabei Nazisymbole oder -bilder gefunden wurden, gab es Strafen und dabei zumindest eine kräftige Ohrfeige. In meiner kindlichen Phantasie leitete ich daraus ab, dass nach dem Einmarsch der sowjetischen Armee ähnliches auch bei uns geschehen könnte. Ich verbrannte deshalb alle meine Bücher mit nazistischem Inhalt. Einige davon waren mir zu wertvoll und ich begann in diesen Werken alles diesbezüglich Suspekte durchzustreichen. Als meine Mutter mein unvernünftiges Tun bemerkte, gebot sie

51 51 Einhalt; ich hatte aber schon eine recht umfangreiche Arbeit geleistet. Der Volksbrockhaus der Ausgabe von 1938, den ich bis heute als Nachschlagewerk benutze, ist hierfür ein Beweisexemplar. Es war nur gut, dass ich nicht alles schwärzte, sondern nur mit Rot- oder Bleistift durchstrich, so dass der Text noch z.t. lesbar blieb. Das ist die Seite mit den Begriffen Nationalsozialismus nach meiner Streichaktion. Eine Schulkameradin hat unsere Lesefibel vom ersten Schuljahr aufgehoben. Bereits auf dem Titelbild unserer Schulfibel war die beabsichtigte Beeinflussung der Kinder im Sinne der nationalsozialistischen Propaganda erkennbar. Der Hitlergruß war Pflicht.

52 52 Am Ende des 1. Schuljahres konnten wir in der Fibel die folgende Geschichte lesen, die typisch für die schulische Erziehung dieser Zeit war: Nachdem wir einigermaßen lesen und vollständige Sätze sagen und schreiben konnten, begann die Qual mit Diktaten, die sehr oft geschrieben wurden. In der Rechtschreibung machte mir in den ersten Schuljahren unser thüringer Dialekt viel zu schaffen. Noch heute fällt es mir schwer b und p und d und t zu unterscheiden und ich spreche dabei noch immer von jeweils harten oder weichen Buchstaben. Nur mit Anstrengung und Konzentration gelingt es mir den Unterschied in der Aussprache darzustellen. In meinem Berufsleben hielt ich mehrmals wissenschaftliche Vorträge auch vor internationalen Zuhörern mit Simultanübersetzung. In Vorbereitung dieser Aufgaben habe ich intensiv geübt, um nicht in den Dialekt zu verfallen, sonst hätten auch die Übersetzer Schwierigkeiten bekommen. Selbst von unseren Kindern muss ich mir manchmal freundlichen Spott gefallen lassen, wenn harte oder weiche p bzw. t zu Verwechslungen führen. Eine Geschichte, die ich als Schulkind in den ersten Klassen im Zusammenhang mit dem Dialekt erlebte, blieb mir unvergessen. Ich hatte in einem Diktat 7 Fehler und damit eine schlechte Note bekommen. Eine Katastrophe, denn ich schämte mich sehr,

53 53 weil ich zudem immer etwas ehrgeizig war. Zu Hause legte ich das Heft auf den Stubentisch, damit meine Mutter unterschreiben sollte und ich schloss mich in unserem Geräteschuppen ein. Meine Mama war zunächst böse. Als sie aber kam, um mich aus meinem Versteck zu holen, merkte ich, dass der erste Zorn verraucht war. Sie hatte festgestellt, dass ich die vielen Fehler deshalb gemacht hatte, weil ich so schrieb wie wir daheim sprachen. Z.B. Kirche als Kaerche, Hose als Huse, nein als nee, so als su usw. Beim Diktieren hatte ich zwar die hochdeutschen Worte verstanden, aber bis zum Niederschreiben fehlte mir die Zeit zum gründlichem Nachdenken. Ich schrieb deshalb fast alles so, wie ich es in unserem Dialekt kannte. Von da an wurde beschlossen, dass wir uns Mühe geben wollten zu Hause einigermaßen hochdeutsch zu sprechen. Das klappte nicht durchgehend und außerdem war der Einfluss durch Gespräche mit anderen Kindern auf der Straße zu stark. Dort wurde man verlacht, wenn man keinen Dialekt sprach. Religionslehre und Lebenskunde hatten wir bis Mitte der 2. Klasse. Ob dieses Unterrichtsfach dann generell abgeschafft oder in den höheren Klassen nicht mehr unterrichtet wurde, weiß ich nicht mehr. Wir Kinder von kirchlich gebundenen Eltern gingen dann ungefähr ab achtem Lebensjahr zum Pfarrer in die Religionslehre und später in den Konfirmandenunterricht, der im Pfarrhaus stattfand. Es gab damals eine Trennung zwischen Kirche und staatlicher Schule. Neben Deutsch war Rechnen schon ab den ersten Schuljahren ein sehr wichtiges Unterrichtsfach. Die Mathematik blieb während meines ganzen Lebens bis heute mein Hobby. Zurückblickend stelle ich fest, dass die in unserer Volksschule erworbenen Kenntnisse und Übungen im Fach Rechnen dem Gedächtnistraining dienten. Außerdem anerkenne ich die damalige Gründlichkeit, mit der wir Zahlen und Grundrechenarten lernten. Mit vielen Übungen kannten wir nach der ersten Klasse die Zahlen bis 100 und waren am Ende der vierten so weit, dass wir das große Einmaleins beherrschten. Die heutigen Lehrpläne gehen da, jedoch ohne die erforderliche Gründlichkeit, viel weiter. Im Fach Rechnen machte uns eine einfache aber zugleich erfolgreiche Übung viel Spaß:. Alle Schüler mussten aufstehen und durften sich setzen, wenn sie die vom Lehrer gestellte Rechenaufgabe als Erster richtig gelöst hatten. Während des Krieges betreuten die Lehrer zur gleichen Zeit mehrere Klassen. Wir führten dann diese Rechenübung in eigener Beaufsichtigung durch. Dabei waren nicht immer die intelligenten, sondern oft die körperlich stärksten Schüler, die Ersten, die sich durchsetzten. Der Lehrer kam dann vom Nachbarzimmer und schritt ein, wenn es zu laut wurde. Die Züchtigung mit dem Rohrstock sorgte dabei oft für die ausgleichende Gerechtigkeit. Ab 1942 war ein sehr erheblicher Lehrermangel spürbar. Zum Ausgleich der Ausfallstunden mussten wir uns selbst beschäftigen, oder wir erhielten umfangreichere Hausaufgaben. Es war kurios, aber wir freuten uns über den Fliegeralarm. Wenn wir uns vom Aufenthalt im öffentlichen Luftschutzkeller drücken konnten, nutzten wir

54 54 die gewonnene freie Zeit zum stromern in Wald und Flur. Dort bestand nur eine geringe Bombengefahr. Wir warteten im Unterricht ständig auf den Voralarm, weil wir bereits in diesem Falle schnell nach Hause durften. Wir Kinder empfanden insgesamt den Unterrichtsausfall, der unsere schulische Ausbildung bestimmt negativ beeinflusste, als recht angenehm. Im weiteren will ich einiges zur Prügelstrafe in der Schule aussagen. Diese Art einer offiziell geduldeten Erziehungsmethode kann sich die heutige Generation gar nicht mehr vorstellen. Allerdings wurde mir erst jetzt durch eine Fernsehsendung bekannt, dass in Bayern bis Ende der sechziger Jahre Ohrfeigen erlaubt waren. Bei Bestrafungen trat nach meinen Erfahrungen oft die Gerechtigkeit in den Hintergrund. Sympathie oder Antipathie der Lehrer gegenüber bestimmten Schülern waren sehr stark ausgeprägt. Ich erinnere mich, dass ein Knabe fast täglich, oft wegen Kleinigkeiten, Stockhiebe auf das Hinterteil bekam. Der Lehrer konnte nicht vergessen, dass dieser Junge ihn einmal stark brüskiert und lächerlich gemacht hatte. Dieser Erzieher klemmte meist den Kopf des Übeltäters zwischen seine Beine, um mit der freien Hand den Hosenboden straff ziehen zu können. Bei einer solchen Strafaktion biss der bewusste Schüler den Lehrer so sehr in die Wade, dass dieser vor Schmerz aufschrie und einen hohen Sprung vollführte. Wenn wir die Hitlerjugenduniform trugen, durfte uns der Lehrer nicht schlagen. Leider konnten wir aber dieses sogenannte Ehrenkleid in der Schule nur zu besonderen Anlässen anziehen. Es ist verständlich, dass wir Schüler uns manches einfallen ließen, um die Schmerzhaftigkeit der Schläge zu mildern. Hierzu gab es auch überlieferte Erfahrungen von den Erwachsenen. Als wirksam erwies sich, den Rohrstock mit Zwiebel einzureiben, weil er dann leichter zerbrach. Nur hatte diese Methode bestimmte Schwierigkeiten. Erstens war das Folterinstrument immer im Klassenschrank eingeschlossen und nur der Lehrer hatte einen Schlüssel; zweitens roch die Zwiebel sehr stark und drittens gab es immer Ersatzstöcke. Weiterhin wurde auch versucht, den Hosenboden mit Kissen, Leder oder sonstigen Unterlagen zu polstern. Nur merkte der Lehrer beim Straffziehen, dass da etwas nicht stimmte. Vor der Bestrafung mussten dann die Polsterungen entfernt werden und es wurde oft sogar das Strafmaß erhöht. Erlebt habe ich, dass ein Schüler eine mit Schweineblut gefüllte Schweineblase unterlegte, die von einer Hausschlachtung stammte Als durch die Schläge die Blase platzte und das Blut spritzte, war der Lehrer zunächst schockiert. Nachdem sich herausstellte, dass er reingelegt worden war, wurden die folgenden Bestrafungen noch härter. Als Andenken habe ich einen Rohrstock aus der Schulzeit mit nach Hause genommen und bis heute aufbewahrt. Zu unserem ersten Schulkameradentreffen habe ich ihn vorgezeigt und er weckte bei allen manche schmerzlichen Erinnerungen. Ich war kein Musterschüler, hatte aber Glück, ich wurde nur ein einziges Mal mit acht Stockhieben bestraft. Das Vergehen, das zu dieser Züchtigung führte, hatte starken Einfluss auf meine Erziehung zur Ehrlichkeit und Disziplin; deshalb will ich es ausführlich beschreiben.

55 55 Im Winter mussten in unserer Schule die Öfen von uns Schülern geheizt und versorgt werden. Einen Hausmeister gab es während des Krieges nicht und wir erledigten im übrigen viele Tätigkeiten, die diesem sonst oblagen. Ein Klassenkamerad und ich waren verantwortlich für die Ofenheizung im Lehrerzimmer. Das war eine besondere Auszeichnung, denn wir konnten uns hin und wieder vom Unterricht entfernen und waren auch häufig in diesem Raum ganz allein. Dort lagerten auf dem Tisch oder im unverschlossenen Schrank Klassenbücher, Zeugnisduplikate und sogar das Siegel des Schuldirektors. Die Verführung war sehr groß, und wir haben ab und zu einen Blick in die für uns geheimen Unterlagen gewagt. Besonders guten Freunden konnten wir dann Auskünfte über negative oder positive Eintragungen geben und auch einiges über uns selbst erfahren. Besonders verlockend war aber, dass wir mit dem Siegel des Schuldirektors Bezugsbescheinigungen für Schreibhefte abstempeln konnten. Schreibhefte waren bewirtschaftet und nur mit amtlichen Bestätigungen einzukaufen. Wir erstellten eine größere Anzahl solcher Bescheinigungen und hatten damit nicht nur für uns genügend Hefte, sondern auch ein ausgezeichnetes Tauschobjekt. Das Geschäft florierte so lange, bis der einzige Schreibwarenhändler unserer Stadt aufmerksam wurde. Er konnte die Versorgung nicht mehr absichern und informierte die Schule, weil er die Echtheit der vielen Bezugsbescheinigungen anzweifelte. Der Schwindel flog auf. Unsere Mütter wurden zur Schule bestellt und uns offeriert, dass wir Sabotage oder im geringsten Falle Urkundenfälschung begangen hätten. Schwere Stunden für uns Schüler und unsere Eltern folgten. Es wurde uns angedroht, dass wir in ein Erziehungsheim kämen. Ich denke, dass unser sonst diszipliniertes Verhalten und meine aktive Mitwirkung im Jungvolk sowie unsere unbescholtenen Eltern den Lehrer bewogen haben, die Angelegenheit nicht weiter zu melden. Die Bestrafung wurde also in der eigenen Schule vorgenommen. Wir 2 Hauptschuldigen und 4 weitere Mitschüler, die mit den Bescheinigungen einen Tauschhandel betrieben hatten, erhielten nach strengen und mahnenden Worten 8 Stockhiebe. Obwohl es sehr weh tat, war es Ehrensache nicht zu weinen. Weil wir den Zeitpunkt unserer Bestrafung wussten, haben wir unser Hinterteil mit einem Kissen abgepolstert. Da der Lehrer das merkte, mussten wir erst in der Toilette diesen Schutz entfernen. Das alles war natürlich ein Gaudi für die ganze Klasse. Mit Schadenfreude quittierten die anderen Mitschüler, dass wir mit all unseren Betrügereien reingefallen waren. Erstaunt war ich, dass wir auch weiterhin die Öfen im Lehrerzimmer versorgen durften. Alle wichtigen Utensilien befanden sich aber nunmehr im verschlossenen Schrank. Wahrscheinlich waren die eigenen Fehler der Schulleitung auch ein Grund, die Angelegenheit nicht an die große Glocke zu hängen. In Geschichte erfuhren wir in meiner Volksschulzeit viel über Biographien von Monarchen und großen deutschen Heerführern sowie der nordischen Mythologie und lernten Jahreszahlen von Kriegen und nationalsozialistischen Ereignissen auswendig. Mir gefiel das sehr gut und ich glaube, dass damals bei mir der Grundstein für meine noch heute existierende Verehrung Bismarcks gelegt wurde.

56 56 Als Vorschulkind habe ich recht gern gemalt, aber schon in der ersten Klasse ließ meine Begeisterung nach. Das ewige Malen von Zuckertüten behagte mir absolut nicht. Ich benutzte gern ein Lineal, weil mir die mit freier Hand gezeichnete Linien meist nur schlecht gelangen und nicht gefielen. Ich bekam deshalb in den ersten. Klassen in Zeichnen nur eine 3. In den späteren Jahren wurden die Fähigkeiten beim Malen nicht mehr vordergründig bewertet und es kam in diesem Fach Kunstgeschichte hinzu, womit sich meine Noten verbesserten. Im Frühjahr, Sommer und Herbst war unsere Freizeit stark eingeschränkt. Wir mussten Heilkräuter, die als Tee für die Wehrmacht und zur Herstellung von Medikamenten gebraucht wurden, sammeln. Außerdem hatten wir die Aufgabe Kartoffelkäfer von den Stauden ablesen. Die Käfer wurden zunächst in Gläsern aufbewahrt, gezählt und dann ins Feuer geschüttet. Für fleißige Sammler gab es neben Lob manchmal sogar kleinere Geldbeträge. Uns wurde erzählt, dass die Kartoffelkäfer von den Amerikanern aus Flugzeugen abgeworfen worden wären. Damit sollte angeblich in Deutschland die Ernährung der Bevölkerung sabotiert werden. Die Erwachsenen lächelten über diese plumpe Propaganda und auch wir merkten nach dem Krieg, dass diese Behauptung eine Lüge war. Das Sammeln von Heilkräutern war für den Naturkundeunterricht eine sehr gute praktische Übung: Wir lernten die Pflanzen und auch einiges über deren Heilwirkung kennen. Während des Krieges betreuten wir Schulkinder eine Seidenraupenzucht. Das galt als kriegswichtige Aufgabe, weil aus der gewonnenen Seide Fallschirme für die Wehrmacht hergestellt wurden. Um Futter für die Raupen zu gewinnen wurde der Feuerwehrübungsplatz mit einer Maulbeerhecke umgrenzt. Bei der Pflanzung sowie weiteren Pflege waren wir Kinder ebenfalls beteiligt. Im Feuerwehrgerätehaus befand sich ein sehr großer beheizbarer Raum, in dem der Naturseidenanbau betrieben wurde. Wir Kinder waren vor allem für das Füttern der Raupen verantwortlich und hatten hierfür sogar hin und wieder Wochenendbereitschaft. Obwohl all diese dargestellten Arbeiten die direkte Unterrichtszeit verringerten und unsere Freizeit schmälerten, stärkten die Aufgaben unser Pflichtbewusstsein und sie unterstützten auch das Lernen. Erwähnenswert sind noch die Lehrmittel. In unserer Schule standen u.a. zur Verfügung: Landkarten, Schautafeln von Tieren und Pflanzen, Bilder von Maschinen, unbewegliche, relativ kleine Wandtafeln, auf die mit weißer Kreide geschrieben wurde, wenige Exemplare ausgestopfter Tiere, getrocknete, gepresste Blätter der Heilkräuter, die wir während des Krieges sammeln mussten und die als Anschauungsmaterial dienten. Die Karten und Schautafeln waren auf festes Leinentuch aufgezogen, das an zwei Holzstangen befestigt war. So konnten sie aufgerollt aufbewahrt werden. Alles befand sich in einem gut verschlossenen Lehrmittelraum. Es war eine große Auszeich-

57 57 nung für uns Schüler, sie von dort für den Unterricht holen zu dürfen. In diesem Raum roch es immer muffig und es war staubig. Ich war sehr neugierig, wenn ich Lehrmaterial abholte oder zurück brachte. Heimlich habe ich versucht, einen Blick auf die Sammlung der Gegenstände zu werfen, die wir im Unterricht noch nicht gesehen hatten. Aber viel Neues, das vor allem im Biologieunterricht interessant gewesen wäre, entdeckte ich nicht. Bilder von Menschen - besonders der beiden Geschlechter - gab es damals in der Schule noch nicht. Das Wissen darüber habe ich mir, wie schon vorn beschrieben, heimlich aus den sogenannten Doktorbüchern geholt. Darin gab es neben Hinweisen für Erkrankungen und der Heilung mit Hausmitteln aufschlussreiche Bilder über Männer und Frauen und deren unterschiedliche Geschlechtsorgane. Die Themen Zeugung, Schwangerschaft, Geburt usw. waren damals in der Schule aber auch in der Familie gegenüber den Kindern ein Tabu. Wir mussten im wahrsten Sinne der Scheinwelt noch an den Klapperstorch glauben. Selbst wenn wir uns selbst aufgeklärt hatten, verhielten wir uns so, als wüssten wir nichts. In meinen Aufzählungen will ich die Lehrtafeln nicht vergessen, die heute erfreulicherweise nicht mehr ihresgleichen finden. U.a. waren das Bilder von Uniformen; Rangabzeichen der Offiziere der Wehrmacht, Marine und Luftwaffe; Typen von Panzern, Kanonen, Kriegsschiffen und Flugzeugen. Darüber Bescheid zu wissen und das zu lernen machte damals uns Jungen sogar richtig Spaß. Höhepunkte für uns waren hin und wieder befohlene Besuche ausgewählter Kinovorführungen des Landfilms. Hier sahen wir ( soweit ich mich noch erinnern kann) u.a.: Kopf hoch Johannes ( Ein Hitlerjugendfilm), Friedericus Rex und andere NS Propagandafilme, an deren Titel ich mich nicht mehr erinnern kann. Drei Ereignisse während meiner Volksschulzeit haben mich emotional stark bewegt. Das waren Todesfälle von Mitschülern. Renate Sell war ungefähr 14 Jahre alt, als sie an einer schweren Lungenkrankheit starb. Noch heute kann ich mich daran erinnern, wie wir als Mitschüler tief bewegt an ihrem Grab standen. Sie war ein liebenswertes Mädchen. Tragisch war der Tod von Lothar Groß, der sich mit 10 Jahren das Leben nahm. Er warf sich vor einen Eisenbahnzug. Lothar lebte mit seinen Eltern in unserer Nachbarschaft im Gemeindehaus, wo ärmere kinderreiche Familien kostenlos oder mit geringer Miete wohnen konnten. Er war ein recht guter Schüler. Die Ursache seines Freitodes wurde meines Wissens nie richtig aufgeklärt. Man erzählt, dass er frühmorgens ein Brötchen essen wollte, was ihm seine Mutter untersagte und er sich deshalb wieder einmal mit ihr sehr stritt. Die Mutter muss sich sehr große Vorwürfe gemacht haben, denn wenige Tage nach dem Tod ihres Sohnes ertränkte sie sich in einem Teich. Werner Junkunz, dem mit 11 oder 12 Jahren die heimtückische Krankheit Kinderlähmung überfiel, waren danach die Beine gelähmt. Es dauerte damals sehr lange bis er einen Rollstuhl bekam und er war deshalb weitgehend an die Wohnung gebunden.

58 58 Wir Mitschüler besuchten ihn fast täglich, brachten ihm die Schulaufgaben und lernten auch mit ihm. Später kam er in ein Heim, wo er schulisch und auch in der Berufsausbildung sehr gute Ergebnisse erzielte. Zu unserer Schulabschlussfeier 1946 haben wir Werner eingeladen und wir waren alle sehr erfreut, dass er trotz seiner Behinderung teilnahm. Ich habe ihn damals zum letzten Mal gesehen und nur später erfahren, dass er in einem kaufmännischen Beruf sehr erfolgreich war. Vieles hat sich seit meiner Schulzeit verändert und verbessert. Vielleicht sollte man aber prüfen, ob auch einige Aspekte von damals in die heutigen Lehrpläne übernommen werden könnten. 9. Kindheitserlebnisse mit politischem Hintergrund Retrospektiv kommen mir eine Reihe weiterer Ereignisse wieder in Erinnerung, die mir in der Hitlerzeit eigentlich Augen und Ohren über die vielen Widersprüche hätten öffnen müssen. Ich finde noch heute keine schlüssige Erklärung dafür, warum ich trotz vieler Mahnungen immer Rechtfertigungen suchte und fand, die nationalsozialistischen Parolen und Maßnahmen zu verteidigen. Aufkommende Zweifel wurden, so glaube ich mich zu entsinnen, durch die schulische Erziehung und die angefachte Begeisterung zur Elite aufsteigen zu können, unterdrückt. Zahlreiche Erlebnisse mit einem politischen Hintergrund blieben mir in Erinnerung. Schon 1937 besaßen meine Eltern einen leistungsfähigen Radioapparat. Dieser war in unserer Nachbarschaft ( Eigentümer von kleinen Bauernhöfen und Einfamilienhäusern) das einzige Rundfunkgerät. Verständlicherweise wurden wichtige Sendungen und vor allem die Reden von Adolf Hitler gemeinsam in unserer Wohnstube empfangen und angehört. Uns Kindern beeindruckte mehr die schnarrende, laute, ja manchmal sich überschlagende Stimme des Redners, als der Inhalt der Ansprachen. Von den begleitenden Gesprächen ist mir eine Bemerkungen in Erinnerung geblieben: Alles steuert auf einen Krieg hin das wird ein furchtbares Blutvergießen. Vergleiche zum 1. Weltkrieg wurden angestellt. Als Kind konnte ich mit diesen Aussagen nichts anfangen und glaubte später eher der Parole, die wir in der Schule hörten: Deutschland muss die Schande des Versailler Friedensvertrages tilgen und braucht eine Erweiterung des Reichsgebietes. Die Erwachsenen sprachen schon ab dem Jahre 1936 sehr häufig davon, dass Hitler bald einen Krieg vom Zaune brechen würde. Es wurde auch ein in unseren Breiten selten zu sehendes Nordpolarlicht beobachtet. Ich erinnere mich recht gut an dieses Naturschauspiel. Der Himmel war großflächig rot-grün streifig verfärbt. Die älteren Leute und auch meine Großeltern sagten: Das ist ein böses Vorzeichen und bedeutet Krieg. In diesem Falle hatten sie sogar recht. Die Forderung der Nationalsozialisten, die ich damals oft hörte, dass sich unser Land nach Osten ausdehnen müsste, war mir sehr sympathisch. Schon als Vorschulkind beantwortete ich die Frage nach meinem Berufswunsch mit einer lautstarken, unumstößlichen Sicherheit: Bauer. Ich träumte deshalb davon, später einmal Verwalter

59 59 in einem großen Rittergut in der Ukraine oder in Russland zu werden. Mir imponierten die Bilder, wenn der Inspektor über die Felder ritt und seine Befehle erteilte. In dieser Zeit ahnte ich aber nicht, welches Leid die Deutschen dann in die besetzten Länder brachten. Dem Schicksal kann ich in diesem Zusammenhang nur dankbar sein, dass ich zu jung war, um an der gescheiterten Osteroberung teilzunehmen. Von der Losung: Deutsche aus dem Sudetenland wollen heim ins Reich war ich nach eigenem Erleben nicht ganz überzeugt. Meine Tante und mein Onkel wohnten in der Nähe von Karlsbad und fühlten sich dort recht wohl. Nebenbei schnappte ich schon Anfang 1938 bei Gesprächen auf, dass sie von den Aufmärschen und Parolen der Henleinanhänger oft sehr beunruhigt waren. In den Ferien besuchte ich meine Verwandten sehr häufig. Erst später als Erwachsener erkannte ich die geschichtliche und politische Brisanz meiner damaligen Kindheitserlebnisse im Sudetenland, die ich deshalb hier kurz schildern will. Meine Tante war deutscher und mein Onkel tschechischer Abstammung. Sie hatten eine kleine Firma (10 Arbeiter und mehrere Heimarbeiter) und steppten Lederhandschuhe. Nachhaltige Eindrücke hinterließ bei mir ein Urlaubsaufenthalt im Sommer 1938 vor dem Einmarsch der deutschen Truppen im Sudetenland. Schon die Reise dorthin war ein unvergessenes Erlebnis für mich. Ich fuhr mit meiner Großmutter mit dem Zug bis zum Grenzbahnhof Johanngeorgenstadt. Der illegale Grenzübertritt war damals gang und gäbe. Auch meine Oma und ich gingen vom Bahnhof aus per Fuß weiter und überquerten in der Nähe der Dreckschenke gemeinsam mit vielen Leuten einen kleinen Bach. Damit waren wir in der Tschechoslowakei, wo uns unsere Verwandten in Empfang nahmen. Das verbotene Tun war für mich als Kind sehr aufregend, aber ich bemerkte, dass die Grenzwachen beider Seiten sich kaum um die illegalen Grenzgänger kümmerten. Als Kind gibt man gern an und prahlt mit Taten und Geschehnissen. So erzählte ich den Kindern, die ich dort kennen lernte, von Deutschland. Ich prahlte : Deutsche sind tapferer als alle anderen Völker. Ja, ich verstieg mich sogar soweit, dass ich forderte, auch meine Spielgefährten müssten mit Heil Hitler grüßen. Ich erntete Widerspruch und Streit blieb nicht aus. Onkel und Tante bremsten meinen patriotischen Eifer. Als folgsames Kind fügte ich mich letztlich den Mahnungen der Erwachsenen. Von 1939 bis 1944, als es keine Grenze mehr zwischen Deutschland und dem Sudetenland gab, verbrachte ich jährlich einen Teil meiner Schulferien bei meinen Verwandten im Erzgebirge war ich Pimpf im Deutschen Jungvolk geworden und wollte deshalb in die Sommerferien in Uniform reisen, was jedoch meine Mutter strikt verbot. Im Ferienort gab ich aber trotzdem gegenüber den Gleichaltrigen mit meiner Jungvolkmitgliedschaft sehr an.

60 60 Bis 1943 waren wir Kinder sehr begeistert von den Siegen der deutschen Wehrmacht. In der Schule wurde auf Weltkarten der sich erweiternde Herrschaftsraum und das Vorrücken unserer Armeen täglich mit bunten Stecknadeln aktualisiert. Selbst als der Kampf um Stalingrad tobte, gab es noch immer Siegeszuversicht. Unser Lehrer verkündete die Kapitulation in dieser hart umkämpften Stadt als großen Sieg. Mein Vater hatte mir diese Niederlage anders erklärt, mich aber streng ermahnt, darüber in der Öffentlichkeit nicht zu sprechen. Ich hielt mich an diesen Hinweis und hatte nunmehr doch manchmal heimliche Zweifel an den Verkündungen unseres Lehrers. Das zeigte sich fortan beim Rückzug der deutschen Armeen auf allen Kriegsschauplätzen. Trotzdem blieb bei mir, das weiß ich noch heute, immer ein Hoffnungsschimmer auf den deutschen Sieg. In den Bauernhöfen unserer Nachbarschaft waren französische und polnische Kriegsgefangene am Tage als Landarbeiter tätig. Nachts wurden sie unter Bewachung in einem Barackenlager untergebracht. Ein Franzose, ein Lehrer, der in seiner Heimat deutsche Sprache unterrichtet hatte, war mir besonders sympathisch. Ich setzte mich oft zu ihm, wenn er im Pferdestall die Mahlzeiten einnahm. Außerdem zeigte ich ihm manche Fertigkeiten der landwirtschaftlichen Arbeit, die ich besser kannte als er als Intellektueller. Er gestatte mir oft, mit den Pferden zu kutschieren, wenn wir zu den Feldern und Wiesen fuhren und dort arbeiteten. Die Zügel in der Hand halten zu dürfen und die Tiere zu lenken, war für mich eine besonders große Freude. Keine ernsthaften Gedanken machte ich mir darüber, dass ich ihn manchmal am Tisch bei der Bauernfamilie sitzen und essen sah. Wenn ich kam, stand er sofort auf und aß im Stall weiter. Die Gefangenen durften nicht mit in der Stube oder Küche speisen und Gefangener und Bauer hatten Angst vor Denunziation. Das hätte ich bestimmt nicht getan, aber das Vertrauen, besonders zu Kindern, reichte damals nicht weit. Es waren auch Fälle bekannt geworden, dass Kinder ihre Eltern, Verwandten oder Nachbarn wegen unbedachter, verbotener politischer Äußerungen oder Handlungen anzeigten. Listige verbohrte Nationalsozialisten nutzten sogar die Unerfahrenheit der Kinder und fragten diese scheinheilig aus. Die Unterhaltung mit diesem Lehrer war für mich sehr aufschlussreich, weil er spannend von seiner Heimat erzählen konnte und ich auch manches lernte. Politischen Themen, das kommt mir retrospektiv in Erinnerung, wich er aus. Zu Konflikten hätte es manchmal bald geführt, dass er mich völlig ignorierte, wenn ich die Jungvolkuniform trug. Ich wollte nicht verstehen, dass er sich dann, selbst wenn ich ihn ansprach, taub stellte. Ich legte mir das so zurecht, dass er zwar ein guter Mensch ist, aber trotzdem immer unser Feind bleibt. Als solcher ist er uns unterlegen und kann "das Gute" in Deutschland nicht begreifen. In Schule und Jungvolk wurde uns gelehrt, die Reinheit der nordischen Rasse zu bewahren und zu schützen. In unserer Familie erfuhr ich 1940 welche Hürden zu überwinden waren, wenn ein SS Offiziersanwärter heiraten wollte. Meine 10 Jahre

61 61 ältere Cousine war mit einem jungen Mann verlobt, der in der Leibstandarte Adolf Hitler diente. Sie musste Ahnentafeln, die auch für mich interessant waren, aufstellen und ihre arische Abstammung belegen. Erfreulicher Weise war in unserer Familie lückenlos fast 200 Jahre zurück die rassische Reinheit der Vorfahren nachzuweisen. Sie selbst war aber als Kind an der Hüfte operiert worden. Deshalb musste sie ärztliche Atteste beibringen, um eine Erbkrankheit auszuschließen. Der Bräutigam ist im Russlandfeldzug bei Stalingrad gefallen. Ich hatte im Zusammenhang mit Problemen des Rassenwahns, das war die Bezeichnung, die nach dem Krieg aufkam, schreckliche Kindheitserlebnisse. Die französischen und polnischen Kriegsgefangenen, die bei fast allen Bauern arbeiteten, gehörten zum Stadtbild. Ein Pole hieß Nicolaus, und er war ein hübscher junger Mann. Wenn er mit dem Pferdefuhrwerk Jauche oder Mist aufs Feld fuhr, machte er oft einen Umweg über den Marktplatz, durch die ganze Stadt. Er sagte mit den wenigen deutschen Worten, die er gelernt hatte: Ich will schöne Mädchen sehen. Die mahnenden Worte seines Bauern halfen nichts, er fuhr immer wieder Extratouren. Gefangene trafen sich heimlich mit jungen Mädchen aus unserer Stadt. Das blieb nicht unbemerkt. Die jungen Männer wurden weggebracht und wir haben nie wieder etwas von ihnen gehört. Sie sollen erschossen worden sein. Den Mädchen, sie stammten aus angesehenen Familien, wurden öffentlich auf dem Marktplatz die Haare abgeschnitten. Anschließend fuhr man sie auf einem Mistwagen durch die Stadt. Noch heute klingt in meinen Ohren das Schreien und Johlen der Menschen, die aus der Umgebung angereist waren, um der entehrenden Veranstaltung beizuwohnen. Es war alles sehr deutlich in unserem Hof, in einer Entfernung von ungefähr einem halben Kilometer, zu hören. Meine Eltern gingen nicht dorthin und verboten auch mir, an diesem makaberen Schauspiel teilzunehmen. Sie empörten sich über die Demütigung der Menschen, die doch gar nichts Bösartiges getan hatten. Als der Wagen an unserem Haus vorbeifuhr, habe ich doch heimlich durch den Vorhang geschaut. Das Bild, vor allem den gequälten Gesichtsausdruck dieser Frauen, kann ich mein Leben lang nicht vergessen. Der Frisör, der den verurteilten jungen Frauen die Haare abschnitt und der Bauer, der den Mistwagen fuhr, wurden dazu gezwungen. Dies und die Tatsache, dass viele Menschen diese Geschehnisse verurteilten, erfuhr ich erst nach dem Krieg. Alle hatten Angst, denn wer opponierte, der musste mit unvergleichlich hohen Strafen rechnen. Es brauchte nicht einmal ein organisierter Widerstand zu sein, allein abfällige Bemerkungen über Hitler und das System sowie der Empfang feindlicher Sender genügten für eine Strafverfolgung. Ein weiteres Beispiel zeigte mir, dass oft einfache Menschen heimlichen Widerstand leisteten. In unserer Straße wurden 1941/42 die Arbeiten zum Verlegen von Wasserund Abwasserleitungen von Kriegsgefangenen ausgeführt. Diese Männer bekamen trotz der schweren Arbeit wenig zu essen und hatten auch keine entsprechende Klei-

62 62 dung für schlechtes Wetter. Meine Großmutter und auch andere ältere Frauen aus der Nachbarschaft steckten den Gefangenen heimlich Nahrungsmittel und auch wärmende Kleidungsstücke zu. Pflichtbewusste Wachposten versuchten dies zu verhindern und drohten auch mit Strafen. Meine Großmutter und auch die anderen Frauen waren aber sehr mutig und ließen sich nicht abschrecken. Bis Mitte 1944 spürten wir in den ländlichen Gebieten wenig vom Krieg. Freilich kamen häufig Nachrichten über gefallene Soldaten; darunter waren auch Menschen, die ich kannte. Berührt wurde man hiervon aber erst richtig, wenn es die eigene Familie betraf. Wir hatten, so kann ich heute sagen, noch Glück, denn von der engeren Familie sind nur der erwähnte Bräutigam und der Mann meiner anderen 10 Jahre älteren Cousine gefallen. Alle anderen näheren Verwandten kamen, von einigen leichten Verwundungen abgesehen, unversehrt aus dem Krieg zurück. In der Schule hörten wir u.a. die Redensarten Gefallene Soldaten starben für Führer, Volk und Vaterland. Die Hinterbliebenen trauern stolz. und Die Soldaten fielen auf dem Felde der Ehre. Wir Kinder wiederholten diese Schlagworte, ohne deren tieferen Sinn richtig zu begreifen. Nur meine Großmutter hatte den Mut, auch mir gegenüber, den Krieg als ein sinnloses Sterben von Menschen zu bezeichnen. Über Hitler wurden wenig Witze bekannt, zumindest hörte ich in dieser Zeit über ihn selten abfällige Reden. In unserer Familie war dieses Thema der großen Verehrung unseres Führers mehr oder weniger tabu. Deshalb ist mir auch eine Unterhaltung in Erinnerung geblieben, die ich als Neunjähriger bei einer Bekannten meiner Großmutter mithörte. Die Frau erzählte, dass sie bei einem Berlinbesuch das Glück hatte, den Jackenärmel Hitlers zu berühren. Bei einer langsamen Fahrt durch die Menschenmenge gelang es ihr ganz nahe an diesen hochverehrten Mann heran zu kommen. Ich kann das Gespräch nicht mehr wörtlich wiedergeben, aber sie sagte ungefähr folgendes: Von unserem Führer geht eine himmlische Kraft aus. Meine Großmutter, die eine fromme Frau war, erwiderte: Er ist aber doch bestimmt nicht der liebe Gott. Diese Bemerkung führte zu Konflikten. Die Bekannte nahm es meiner Großmutter übel, dass sie nicht mit in ihr Horn blies. Das Fass fast zum Überlaufen brachte außerdem, dass meine Oma gar nicht stolz auf das ihr verliehene silberne Mutterkreuz war, das man für 6 geborene Kinder erhielt. Sie meinte immer: Ich allein habe meine Kinder zu anständigen Menschen erzogen. Der Staat hat mir dabei nicht geholfen, der braucht die Kinder nur für den Krieg zum Totschießen. Im übrigen wurden durch meine Großmutter politische Fragen immer auf einen sehr einfachen Nenner gebracht. Erfindungen, so sagte sie, werden in der Hauptsache gemacht und verwirklicht, um im Krieg die jeweiligen Feinde wirkungsvoller zu bekämpfen und zu besiegen. Wenn es aber um die Verbesserung der Lebensverhältnisse, um das Bekämpfen von Krankheiten geht, dann ist meistens kein Geld dafür da. Ein beliebter Ausspruch von ihr war auch: Wer anständig bleibt, wird selten reich.

63 63 In gleicher Einfachheit demonstrierte mein Vater im Dritten Reich seine politische Einstellung u.a. durch das Erzählen folgender wahrer Begebenheiten und Witze: Ein Mann sagte öffentlich in der Kneipe: Die großen bleiben die großen, stinkig, faul und popelig. Als er verhaftet werden sollte, weil sich die Obrigkeit angegriffen fühlte, äußerte er: Ich meine doch nur die Kartoffeln. Hermann Göring, der Reichs- und Luftmarschall, hatte am Anfang des Krieges gesagt: Wenn ein feindliches Flugzeug in den deutschen Luftraum eindringt, dann will ich Meier heißen. Als die feindlichen Bomber fast ungehindert nach Deutschland kamen, hieß Göring im Volksmund nur noch Herr Meier. Sehr oft erzählte mein Vater von den Darbietungen des bekannten Münchener Kabarettisten Weißferdel. Er brachte 3 Schweine auf die Bühne, die er Familie Mann nannte und sagte: Das kleine Ferkel ist Kind Mann, das mittlere Schwein ist Frau Mann und das große fette Schwein ist Herr Mann. Er erhielt sehr großen Beifall, denn alle wussten, dass Göring gemeint war. Seine darauf folgende Inhaftierung währte nicht lange. Er gehörte zu den bekannten Künstlern, die man auch in der Hitlerzeit, wegen Rücksichtnahmen gegenüber dem Ausland, weniger hart bestrafte. Übrigens soll Weißferdel nach seiner Haftentlassung wieder mit einem Schwein auf die Bühne gekommen sein und darauf zeigend gesagt haben: Wegen dieser fetten Sau war ich eingesperrt und er meinte damit wiederum Göring, der einen beträchtlichen Körperumfang hatte. Wirklich zugetragen haben soll sich im Hohenleubener Bahnhofswartesaal folgende Begebenheit: Die wartenden Fahrgäste unterhielten sich über Politik. Ein Mann sagte: Es wird auch wieder anders. Ein Fanatiker glaubte, er meine den Sturz Hitlers. Wegen dieser allgemeinen Aussage wurde der Mann, der früher Sozialdemokrat war, verhaftet und verurteilt. Erst bei Gesprächen mit meinen ehemaligen Schulkameraden kam mir wieder in Erinnerung, dass auch in Hohenleuben in den dreißiger Jahren einige Kommunisten verhaftet und in Lager verbracht wurden. Sie kamen aber nach einigen Monaten wieder zurück, weil sich der Ortsgruppenleiter und Bürgermeister unserer Stadt für sie verbürgte und ihre Entlassung erreichte. Dagegen bekamen in der sowjetischen Besatzungszone einige als Nationalsozialisten bekannte Männer keine Chance auf Hilfe vor der strengen sowjetischen Verfolgung. Mir sind aus meinem Heimatort noch die Namen Böttger, Jäger und Meinhardt im Gedächtnis, die von der Besatzungsmacht abgeholt wurden. Hierzu will ich an dieser Stelle einige eigene Empfindungen darstellen. Meinen Volksschullehrer Herrn Meinhardt habe ich als Hitleranhänger kennen gelernt. Er beging aber bestimmt keine Straftaten. Beim gründlichen Nachdenken über persönliche Gespräche, die ich als Kind allein mit ihm führte, glaube ich sogar im Nachhinein, dass auch er im Nationalsozialismus manches kritisch sah. Er kam nach dem Krieg nach Buchenwald und ist dort umgekommen. Sein Schicksal beschäftigt mich sehr. Er war mir als Lehrer ein Vorbild. Das Wissen, das er mir auf naturwis-

64 64 senschaftlichen Gebieten beibrachte, bildete ein gutes Fundament für mein Berufsleben. Ich wusste damals nicht, dass er uns eine falsche Ideologie lehrte. Ich denke aber und weiß heute, dass er gar nicht anders konnte. Erst nach dem Krieg merkte ich, dass er uns in Literatur sehr viel vorenthalten hatte. Die Namen Gorki, Puschkin, Mann, Heine und von vielen anderen weltberühmten Literaten hörte ich zum ersten Mal nach dem 2. Weltkrieg. Außerdem hatte mich der Lehrer für ein Geschichtsbild begeistert, das ich nach dem Krieg als gefälscht erkannte. Mir drängt sich allerdings die Frage auf: Konnte er in dem Umfeld, in dem er wirkte und mit den ihm zugänglichen Informationen erkennen, dass er eine falsche Weltanschauung hatte? Oder gehörte er auch zu den Vielen, die anders dachten, als sie handelten? Ich kann es nicht mehr klären. Ich weiß aber aus eigenem Erleben, dass einfache Menschen, die mit wahren oder gefälschten Berichten überhäuft werden, kaum objektiv das Richtige oder Falsche einer Ideologie erkennen können. Noch gut erinnern kann ich mich an die sechste Kriegsweihnacht im Jahre Ich genoss trotz der schlimmen Kriegsereignisse die kindliche Vorfreude auf Weihnachten. Wir auf dem Lande waren weniger mit dem direkten Kriegsgeschehen konfrontiert, als die Menschen in Großstädten und Industriezentren, die unter den Bombardierungen zu leiden hatten. Aus diesen Gebieten waren Kinder teils allein oder mit ihren Müttern in unsere Kleinstadt gekommen. Sie sollten Schutz vor den feindlichen Fliegerangriffen finden. Bei uns waren keine solchen Leute einquartiert; aber eine Mutter mit einem mir gleichaltrigen Jungen, die in der Nachbarschaft untergebracht waren, haben wir Weihnachten zu uns eingeladen. Rückblickend stelle ich fest, dass sich damals die Menschen mit großer Hilfsbereitschaft gegenseitig unterstützten. Die Gespräche der Erwachsenen drehten sich besonders an den Festtagen vorwiegend um die Sorgen über Angehörige und Bekannte, die als Soldaten an der Front ständig großen Gefahren ausgesetzt waren. Im Mittelpunkt stand außerdem die bange Frage: Wann werden die Kampfhandlungen deutsche Gebiete erreichen? Im Westen war an der französischen Grenze Mitte Dezember 1944 eine deutsche Gegenoffensive gestartet worden. Unsere Gäste, die aus dem Rheinland stammten, hofften, dass damit ihre Heimat vom direkten Kriegsgeschehen verschont bliebe. In fast allen Familien wurde in jener Zeit -trotz des strengen Verbotes- vor allem auch während der Weihnachtsfeiertage, heimlich der Feindsender -BBC- in deutscher Sprache empfangen. Wir wollten besonders an diesen Festtagen die Wahrheit ergründen: Wie sieht es an den Fronten tatsächlich aus? Gibt es Hoffnungsschimmer, dass zumindest zum Weihnachtsfest unsere Soldaten ein wenig Ruhe vor schweren Gefechten und Angriffen haben? Wenn wir in der Familie allein waren und uns auch Niemand überraschen konnte, dann wurde der genannte Feindsender eingeschaltet. Über das Radio stülpten wir einen großen doppelwandigen Karton unter den wir unsere Köpfe steckten. Die Lautstärke am Gerät wurde so geregelt, dass die Worte des Sprechers eben noch verstan-

65 65 den werden konnten. Im übrigen galt es zu sichern, dass vor allem das verräterische Pausenzeichen des Londoner Senders auch draußen vor dem Haus nicht zu vernehmen war. Ich bewundere noch heute das Vertrauen meiner Eltern, die mich diese Nachrichten mit hören ließen, obwohl sie wussten: Ein unbedachtes Wort in ein falsches Ohr konnte Konzentrationslager oder Zuchthaus bedeuten. Die Meldungen dieses Senders offenbarten, dass ein deutscher Sieg immer aussichtsloser wurde. Weihnachten 1944 empfand ich erstmals bewusst die Widersprüche zwischen der Friedensbotschaft des Weihnachtsfestes und dem grausamen Kriegsgeschehen sowie dem Leid, von dem wir und keine mir bekannte Familie verschont geblieben waren. Andererseits erinnere ich mich noch gut daran, dass wir zum Fest Wunschkonzerte im Deutschlandsender hörten. Die Frontsoldaten konnten Grüße mit ihren Lieben aus der Heimat austauschen und ihre Siegeszuversicht zum Ausdruck bringen. Besonders am Heiligen Abend waren diese Radiosendungen recht rührselig aufgemacht, wovon auch ich stark beeindruckt war. Wir hatten in der Vorweihnachtszeit kleine Pakete für die Soldaten an der Front gepackt, z.b. mit dem Inhalt: Plätzchen, Stollen und Süßigkeiten, gestrickte Handschuhe, selbstgebastelter Weihnachts-baumschmuck und ähnliches. Die Gaben mussten mit viel Bedacht zusammengestellt werden, denn es gab für die Päckchen Gewichtsbeschränkungen. Die Kommentatoren nahmen bezug auf diese in den Unterständen angekommenen Liebesgaben. Wir warteten darauf, dass vielleicht zufällig auch wir als Absender mit genannt werden würden. Mit dem heutigen Abstand weiß ich, dass diese Rundfunksendungen nur propagandistischen Zwecken dienten, was ich damals meinen Eltern nicht glauben wollte. Die Einschränkungen während der Kriegsweihnachten hinsichtlich bescheidenerer Geschenke oder genügsamerer Festessen nahm ich verständnisvoll hin. Gedanken machte ich mir jedoch über die unterschiedliche Interpretation des Weihnachtsfestes aus christlicher und nationalsozialistischer Sicht. Obwohl meine Eltern und Großeltern, das erfuhr ich nach dem Krieg, das Hitlerregime ablehnten, haben sie mich nicht in Widersprüche zur schulischen Erziehung gebracht. Ich lernte in der Schule und im Jungvolk: Die religiösen Inhalte des Weihnachtsfestes basieren auf einer falschen Geschichtsinterpretation. Nur das germanische `Mittwinterfest Jul`, das am 25. Dezember gefeiert wird, beinhaltet die echten für uns nachahmenswerten Bräuche. Den nationalsozialistischen Ideologen gelang es jedoch nicht, die Mehrzahl der deutschen Menschen von den christlichen Traditionen abzubringen. Obwohl ich ein überzeugter Pimpf und Jungvolkführer war, konnte auch ich mich der stärkeren Wirkung des christlichen Weihnachtsfestes nicht entziehen. Bei uns gab es auch keinen Tannenbaumbehang mit Nazisymbolen. Dazu beigetragen hat meine Großmutter, die viele schöne Geschichten von der christlichen Weihnacht zu erzählen wusste. Ich entsinne mich, dass im Jungvolk und in der Schule das Wort Christbaum verpönt war. Es hieß nur Tannen- oder Weihnachtsbaum. Im übrigen besaß während des Krieges das Wort Christbäume eine doppelsinnige gefährliche Bedeutung: Am

66 66 nächtlichen Himmel wurden vor Luftangriffen Markierungszeichen gesetzt, die wie leuchtende Christbäume aussahen und den feindlichen Bombern Weg und Ziel für ihre gefährlichen Abwürfe zeigten. Diese Bilder sehe ich noch heute nach 60 Jahren sehr deutlich vor meinem geistigen Auge; als z.b. die Städte Dresden, Plauen, Chemnitz und die Industriegebiete bei Gera und Zeitz mit den typischen Christbäumen markiert wurden und wir in mehr als 50 bis 100 Km Entfernung noch das Krachen der Bombardierungen hörten und nachts den Feuerschein am Himmel sahen. Im weiteren will ich beschreiben, wie es unsere Eltern zur Weihnacht trotz vieler Sorgen - fertig brachten, ein frohes Fest zu arrangieren. In den vorhergehenden Kriegsjahren spürten wir Deutschen die Entbehrungen noch nicht so stark wie in diesem Jahr. Jetzt weiß ich, dass die besetzten Gebiete bisher kolossal ausgebeutet wurden und von dort Versorgungsgüter ins Reich kamen. Das war nun vorbei und auch wir mussten durch allerlei Tricks und Einfälle versuchen, die Mängel auszugleichen. Für alles Essbare, das Weihnachten auf den Tisch kommen sollte, wurde schon ab Mitte des Jahres begonnen zu bevorraten bzw. zu sparen. Der Weihnachts- oder Christstollen gehört in Thüringen zum wichtigsten traditionellen Festtagsgebäck. Hierfür wurden 1944 bei uns schon ab Mai Lebensmittelmarken ( als Reisemarken) z.b. für Mehl, Butter und Zucker aufgespart. Für die sonstigen Zutaten ließ man sich allerlei Notbehelf einfallen. Ich weiß noch, dass für Mandeln das Innere von Pflaumenkernen, für Rosinen getrocknete Pflaumen und ähnliches als Ersatz verwendet wurden. Wir auf dem Lande konnten uns große Portionen von Hauskaninchenbraten als Festtagsschmaus leisten, denn diese Tiere waren während dieser Zeit der wichtigste zusätzliche Fleischlieferant. In allen Familien mit Kindern durfte der Tannenbaum nicht fehlen. Glaskugeln und Lametta, die aus der Vorkriegszeit stammten, konnten alle Jahre wieder verwendet werden. Nur die Baumkerzen waren ein großer Engpass. Wachskerzen wurden für Notbeleuchtungen während der Stromsperren gebraucht und ihr Abbrennen am Weihnachtsbaum galt deshalb als Verschwendung gab es auch keine Sonderzuteilungen mehr, wie sie in den Vorjahren für Familien mit Kindern üblich waren. Wir stellten deshalb die Baumkerzen selbst her. Wie meine Eltern den Grundstoff Wachs beschafften weiß ich nicht mehr, aber an die Herstellung kann ich mich noch erinnern. Wir bastelten Formen aus Blech, die wir mit dem erhitzten flüssig gewordenen Wachs zunächst zur Hälfte füllten, legten einen Wollfaden als Docht ein und gossen die Form voll. Schwierigkeiten gab es, wenn wir nicht den richtigen Faden auswählten. Dieser verkohlte dann, ohne dass die gewünschte Kerzenflamme entstand. Eigentlich konnte in dieser Zeit keine Rede vom Fest des Lichtes sein. Durch die angeordnete strenge Verdunkelung war außerhalb der Wohnungen alles in eine starke Finsternis getaucht; wodurch zwangsläufig eine gedrückte Stimmung entstand.

67 67 Die Geschenke zur Weihnacht 1944 waren, abgesehen von einigen Spielsachen für uns Kinder, grundsätzlich auf Zweckmäßiges, das heißt Bekleidung oder wichtige Gebrauchsgegenstände, ausgerichtet. Mit Waren von aufgesparten Bezugscheinen oder Marken konnten trotzdem kleine Weihnachtsfreuden bereitet werden. Mein Vater rauchte sehr gern Zigarren und so haben die Familienmitglieder und nahe Verwandte, die nicht rauchten, ihre Tabakmarken geopfert, damit eine Kiste Zigarren auf dem Gabentisch stehen konnte. Selbst der Weihnachtsstollen oder die Ersatzsüßigkeiten waren besonders wertvolle Geschenke. Meine Großmutter fertigte z. B. Marzipankugeln aus Grießteig an. Trotz entsprechender Gewürze bzw. Ersatzaromen erreichten sie nicht ganz den typischen Geschmack, schmeckten uns aber mit genügender Einbildung recht gut. Erzählen will ich nun über die Weihnachtsgeschenke, die ich 1944 bekam. Ich war Einzelkind und der Umfang mutet sogar recht reichlich an, aber interessant sind Art und Qualität der Sachen. Das wichtigste für mich waren die Ergänzungen meiner elektrischen Spielzeugeisenbahn. Ich bastelte dazu selbst allerlei Zubehör; Tunnel und Gebirge aus Packpapier, Bäume und Sträucher aus Schwamm und anderes. Noch heute wundere ich mich über unseren damaligen Einfallsreichtum, mit dem wir aus Pappe, Papier, Holz, Farbe und Leim viel Schönes herstellten. Erstaunlicher Weise gab es selbst 1944 noch manche Ergänzungsteile für diese Modelleisenbahn. Außerdem war es üblich mit Freunden zu tauschen, wenn dies und jenes nicht mehr funktionierte. Sehr gewünscht hatte ich mir ein Paar Skier, denn bei meinen bisherigen nur 1,6 m langen war außerdem bei einem Sturz die Spitze abgebrochen. Schneeschuhe waren eine große Mangelware, denn sie mussten an die Wehrmacht abgegeben werden, damit die Soldaten - besonders im schneereichen Russland - beweglich waren. Ich bekam ein Paar gebrauchte Bretter, die man an den Annahmestellen zurückgewiesen hatte. Sie waren 2,1 m lang, sehr breit und schwer und hatten eine Riemenbindung, die ich immer nur mit Mühe am Schuhwerk zum Halten bekam. Besonders die Metallteile, die zum Arretieren der Schuhe dienten und die auf den Holzbrettern festgeschraubt wurden, lösten sich recht häufig. Das Holz war vom vielen Aufschrauben morsch und spröde geworden. Trotzdem war ich glücklich, auch wenn das Schneeschuhfahren mit diesen Ungetümen sehr beschwerlich war. Eine besondere Überraschung war für mich der blaue Wellensittich, den ich zusammen mit einem sehr schönen geräumigen vom Vater selbstgebauten Vogelbauer bekam. Der Vogel war schon handzahm und er saß nach der Bescherung auf meinem Finger. Vorher hatte er schon mal die Umgebung erkundet und das Sitzen auf dem geschmückten Tannenbaum probiert. Er verhielt sich plötzlich ganz eigenartig, ließ den Kopf hängen und fiel tot in meine Hand. Meinen Schock und meine Trauer kann wohl fast jeder nachvollziehen. Nur wussten ich und auch meine Eltern damals noch nicht die Ursache dieses plötzlichen Todes. In den späteren Jahren konnte ich als Tierarzt diese häufig auftretenden Fälle aufklären und die Tierhalter beraten: Wellensittichen ge-

68 68 fällt das glitzernde Lametta am Weihnachtsbaum, sie picken daran und verschlucken dabei sogar manchmal lange Fäden. Abgesehen von der Toxizität können diese eine Kropfverstopfung verursachen, die zum Erstickungstod führen kann. Nicht minder geachtet wurden von mir die Kleidungstücke, die ich als Geschenk bekam. Herausragend war dabei eine sogenannte Überfallhose, die zur Dienstkleidung im Jungvolk gehörte. In diesem Kapitel will ich noch einige besondere Erlebnisse zur Versorgung mit Lebensmitteln darstellen. Die Zuteilungen auf Marken für Deutsche waren während des Krieges reichlicher als in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Dagegen, das war kein Geheimnis, wurden Juden, Fremdarbeiter und Kriegsgefangene wesentlich schlechter versorgt. Wenn wir auch nicht Hunger leiden mussten, so entsprachen allerdings die Zuteilungsmengen meistens nur dem Erhaltungsbedarf. Städter waren in diesem Rahmen schlechter gestellt als wir auf dem Lande. Das merkte ich, als unsere Verwandten aus Leipzig und meine Tante aus Gera gern zu uns kamen um etwas Mehl, Kartoffeln, Speck und ähnliches zur Aufbesserung ihres Speiseplanes zu bekommen. Komplizierter für uns alle wurde die Versorgungslage mit Lebensmitteln Ende des Krieges, als die Flüchtlingsströme aus dem Osten kamen. Diese Menschen, die es zusätzlich zu versorgen galt, waren oft auf unsere Hilfe in den Dörfern angewiesen. Beginnend im Krieg, aber besonders unmittelbar danach ließen auch wir uns auf dem Lande allerlei einfallen um an mehr Essbares heranzukommen. Die Müller durften nur die Mengen Getreide annehmen und in Mehl umtauschen, für die man Berechtigungsscheinen hatte. Sie ließen sich aber manchmal bestechen. Ich erlebte, dass ich mit meinem Großvater mit dem Handwagen 3 Zentner Roggen zur Mühle brachte, und wir erhielten nur Mehl für 2 ½ Zentner. Wir haben deshalb zu Hause eine kleine Handmühle konstruiert und vom damit Gemahlenem auch selbst Brot gebacken. Ich erlebte, dass meine Tante in Gera das Getreide, das sie von uns bekam, mit der Kaffeemühle gemahlen hat. Auch im Buttern haben wir uns geübt, aber nie die Qualität der Molkereibutter erreicht. Meinem Vater gelang es im vorletzten Kriegsjahr einen Zentner Nudeln, die aus dunklem Roggenmehl hergestellt waren, einzukaufen bzw. einzutauschen. Ab diesem Zeitpunkt gab es bei uns zu Hause über viele Monate hinweg 1 bis 2 Mal pro Woche Nudeln in unterschiedlichster Zubereitung. In der Anwendung der mannigfachsten Kochrezepte waren übrigens meine Mutter und Oma Meisterinnen. Sie stellten sogar falsche Bratheringe aus Teig her, die in der Form, dem saurem Milieu und dem Aussehen den echten ähnelten. Ich bin nicht wählerisch im Essen. Auf schwarze Nudeln und Kaninchenfleisch verzichte ich heute aber gern. Im übrigen wurde ich von Kindern, deren Eltern keine Landwirtschaft hatten, beneidet, weil es bei uns reichlich Pflaumenmus gab, der nur mir nicht schmeckte. Ich denke, ich habe mit diesen Speisen schon damals mein Lebenssoll erfüllt.

69 Erlebnisse im Jungvolk Ich berichte erst jetzt ausführlich von meinen Erfahrungen im Jungvolk von , weil oft Zeit verstrichen sein muss, um offen über alles zu sprechen. Während der DDR Zeit getraute ich mir nicht über meine Erlebnisse im Jungvolk und in der Hitlerjugend öffentlich zu reden. Das wäre, zumal ich Jungvolkführer war, zumindest bei einem leitenden Angestellten nicht toleriert worden. Einen simplen Vorfall will ich hierzu beschreiben nahm ich an einer Sitzung in der Bauakademie in Berlin teil. Alle Teilnehmer hatten schon Platz genommen, es herrschte die übliche Ruhe vor dem unmittelbaren Sitzungsbeginn. Bei meinem recht späten Eintreten rief ein Teilnehmer recht laut: Ach, jetzt kommt mein ehemaliger Schulkamerad aus meinem Heimatort. Er war im Jungvolk mein Jungzugführer, aber ein ganz prima Kerl. Alle Blicke richteten sich auf mich und ich sah vorwiegend grinsende Gesichter. Wir hatten viele Jahre keine Verbindung und ich freute mich einerseits ü- ber das Wiedersehen, war aber sehr bestürzt über diese Offenlegung, die für mich ohne Folgen blieb. In meiner Familie sowie Verwandten gegenüber habe ich immer offen über meine Jungvolkmitgliedschaft gesprochen. Ich konnte das mit ruhigem Gewissen tun, denn strafbare oder unrechte Handlungen hatte ich mir nicht vorzuwerfen. Die offizielle Politik in der DDR vermittelte mir aber stets das Gefühl, dass ich mich wegen meiner Erlebnisse und Karriere aus dieser Zeit zu schämen hätte. Gegenwärtig nimmt die Anzahl der Berichte, besonders im Fernsehen, über das Zeitgeschehen während des Nationalsozialismus zu. Ich bekenne, dass auch ich, wie in vielen Kommentaren gezeigt wird, ein begeisterter Pimpf und Jungvolkführer war. Etwaige Emotionen vermag ich aber heute in die richtigen Bahnen zu lenken, weil sechzigjährige Lebenserfahrungen hinzu kommen. Im Dritten Reich war es erwünscht, dass sich überall die Stärksten durchsetzen. Das kam auch in der Hitlerjugendlosung : Hart wie Kruppstahl, zäh wie Leder und flink wie Windhunde zum Ausdruck. Beim Jungvolk hatten wir in diesem Rahmen sogenannte Mutproben zu bestehen. Als zehnjährige Pimpfe mussten wir z.b. im Schwimmbad ob Schwimmer oder Nichtschwimmer - vom Dreimeterturm springen. Als geübter Schwimmer gehörte ich zu den Favoriten, die mithalfen, die Ängstlichen vom Sprungbrett zu stoßen. Heute wundere ich mich, dass damals nichts Ernsthaftes passierte. Manche Jungen erreichten oft nur durch panisches Paddeln und Strampeln mit viel Angst den rettenden Schwimmbeckenrand. Mir machten aber diese Sprünge ins Wasser nichts aus. Sommerbad in Hohenleuben mit Dreimeterturm, der sich in der Mitte vor den Kabinen befindet:

70 70 Ängstliche hassten die Geländespiele, bei denen aber die Mutigen begeistert mitmachten. Es waren, das weiß ich heute, die Vorbereitungen auf die Kriegsteilnahme. In der Regel wurden zwei sich zu bekämpfende Gruppen gebildet. Die Stärkeren versuchten immer die Kräftigsten in ihre Abteilung zu bringen. Nur das Machtwort der Hitlerjugendführer, deren Befehle unwidersprochen galten, konnte bei diesem Gerangel die Ordnung herstellen. Da ich körperlich groß und kräftig war, gehörte ich meist zu den favorisierten Einheiten. Besonders stolz war ich, wenn ich zum Führer oder Unterführer einer Kampfabteilung ernannt wurde. Das hügelige und stark bewaldete Gebiet meiner Heimat bot ausgezeichnete Bedingungen für diese Kriegsspiele. Zu Festungen, die es zu verteidigen oder zu erstürmen galt, wurden meist Talsenken oder kleine Anhöhen, Kiesgruben oder ähnliches erklärt. Die Angreifer mussten mit List und Kampfesgeist handeln. Dabei ging es oft sehr roh und hart zu. Die unerbittlichen Raufereien und Prügeleien waren ein Teil der Mutproben. Wehe, wenn ein verletzter Junge heulte oder Feigheit zeigte. Ich erinnere mich an ein Geländespiel, bei dem wir in einem stillgelegten Steinbruch große Steine den Berg hinabrollen ließen. Die Angreifer sollten damit getroffen werden; das gelang auch und führte in einem Falle sogar zu einem Armbruch. Nachsicht gegenüber den angeblichen Feinden gab es nicht. Kameradschaft und gegenseitige Hilfe galt dagegen nur in der eigenen Gruppe. Die Führer erzogen uns zur Härte und zum Aushalten sowie Unterdrücken von Schmerzen. Wer Schwäche und Wehleidigkeit zeigte, wurde vor versammelter Einheit lächerlich gemacht; Methoden, die sich dann beim Arbeitsdienst und der Rekrutenausbildung fortsetzten. Für die Mehrzahl von uns Kindern wurde damit nicht etwa Ablehnung oder Widerspruch erzeugt, sondern im Gegenteil, die Begeisterung weiter angefacht. Anschleichen, den Gegner überlisten und viele gefangen nehmen wurde bei fast allen Spielen geübt. Mit den sogenannten Gefangenen gingen wir nicht glimpflich um. Es

71 71 gehörte dazu sie zu fesseln, an Bäume zu binden und zu knebeln. Dabei hatten wir einen solchen Pimpf nach Ende des Geländespiels vergessen. Erst nach mehreren Stunden erinnerten sich Schulkameraden, dass noch einer im Übungsgebiet an einem Baum festgebunden ist, dem außerdem der Mund fest zugebunden war, damit er nicht schreien konnte. Auch seine Eltern hatten die Abwesenheit ihres Kindes noch nicht bemerkt. Beim Befreien des Jungen musste ein Arzt geholt werden. Er war schon wegen erschwerter Atmung ohnmächtig geworden. Nach der Meinung des Mediziners hätte dieses üble übertriebene Spiel sogar tödlich ausgehen können. Die sogenannten Kämpfe wurden immer gewagter und auch gefährlicher. Wir durften Fahrtenmesser besitzen und benutzen. Das waren kleine Dolche, die in einer Scheide steckten und am Koppelriemen getragen wurden. Es war zwar verboten, aber unsere Hitlerjugendführer drückten bei solchen Sachen die Augen zu, wenn wir die Klingen doppelseitig schärften. Mit diesen Fahrtenmessern wurden, wie mit dem Soldatendolch, Pfeile geschnitzt, Äste beim Bau von Verstecken, Unterkünften und Zelten zurecht geschnitten, Verpflegungsdosen geöffnet und manchmal sogar den Übungsgegnern gedroht. Letzteres sollten die Hitlerjugendführer nicht sehen. Sie wussten sicherlich darüber Bescheid und schauten auch hier geflissentlich weg. Die Mahnungen unserer Eltern, doch immer vorsichtig zu sein, schlugen wir in den Wind. Erstens wurde zu Hause nicht alles erzählt und zweitens war die Beeinflussung durch die Hitlerjugendführer stärker als die mahnenden Worte von Mutter und Vater. Im übrigen konnte man aus der immer wieder beschworenen Kameradschaft gar nicht ausscheren. Obwohl meine Eltern und Großeltern dem Hitlerregime nicht zugetan waren, das merkte ich auch schon als Kind an einigen vorsichtigen Einflussnahmen, ließ ich mich dadurch nicht in meiner Karriere im Jungvolk aufhalten. Schon als Elf- bis Vierzehnjähriger war ich im Verhältnis zu meinen gleichaltrigen Schulkameraden groß und kräftig, verhielt mich diszipliniert und meine schulischen Leistungen waren gut. So avancierte ich in der nationalsozialistischen Kinderorganisation sehr schnell und wurde 1942 schon zum Jungschaftsführer, der ersten Stufe in der Karriereleiter des Jungvolks, befördert. Damit durfte ich eine dünne, aber immerhin gut sichtbare rot/weiße Führerschnur tragen und hatte eine Gruppe von 10 Jungen zu befehligen. Ein Jahr später wurde ich schon Jungzugführer mit grüner Schnur und 30 mir unterstellten Pimpfen. Mit der Beförderung Ende 1944 zum Fähnleinführer, erhielt ich dann eine dickere grün/weiße geflochtene Führerschnur. Sie war mit ihren Enden am Knopf der linken Brusttasche und der linken Schulterklappe befestigt. Meiner Befehlsgewalt als Jungvolkführer unterstanden nunmehr 70 bis 80 zehn- bis vierzehnjährige Schüler meines Heimatortes und der umliegenden Dörfer. Der schnelle Aufstieg in der Führerhierarchie ergab sich, weil die älteren Hitlerjugendführer als Flakhelfer oder für den Arbeitsdienst eingezogen worden waren. Ich trug, das bekenne ich heute, mit Stolz die Uniform der Pimpfe. Es war im übrigen ein erhabenes Gefühl, wenn ich auf dem Vorplatz der Schule Befehle erteilen durfte.

72 72 Mit der Trillerpfeife forderte ich Aufmerksamkeit und befahl antreten, stillgestanden usw. Verstehen konnte ich damals nicht, dass sich manche Erwachsene gegenüber uns Jugendlichen in Uniform sehr reserviert verhielten. Sie sagten zwar nie etwas, aber man spürte ihre Abneigung. Da es keine Aufklärung über diese Widersprüche gab und vom Lehrer unser strammes Hitlerjugendgehabe unterstützt wurde, fand auch ich das eigene Verhalten durchaus in Ordnung. Für meine Jungvolkkarriere war es notwendig, dass ich Lehrgänge in sogenannten Führerschulen besuchte. Eine solche Einrichtung gab es in der Nachbarort in Langenwetzendorf. Eine mitten im Wald gelegene große Villa eignete sich als Kaserne sehr gut zur Durchführung der Ausbildungen. Als Dreizehnjähriger war ich der jüngste Teilnehmer. Über die Tischsprüche, die vor jedem Essen deklamiert wurden, war ich damals sehr schockiert. Es hieß z.b.: Es isst der Mensch, es frisst das Pferd, heut machen wir es umgekehrt. Unser täglich Brot sichert uns nicht Gott, sondern unser Führer. Wir essen, die Juden aasen, fressen und schmatzen, und weitere ähnliche widerliche Sprüche. Alles, wie sportliche Übungen, Exerzieren, Geländespiele und -märsche, waren einer Rekrutenausbildung ähnlich. Selbst die Schikanen, die sich unsere Ausbilder einfallen ließen, erinnerten an das Soldatenleben. Unser Lagerführer war ein junger Offizier, der im Krieg einen Arm verloren hatte. Er war ca. 24 Jahre alt und wegen seiner Verwundung frontuntauglich. Während eines Nachtmarsches mit sehr schwerem Tornister wurde plötzlich der Befehl erteilt, einen steilen Hang zu erstürmen. Ich hatte nicht mitbekommen, dass gleichzeitig angekündigt wurde, wer als letzter die Bergkuppe erreicht, der muss die nächsten 3 Tage die Stiefel des Lagerführers putzen. Wegen der vorausgegangenen strapaziösen körperlichen Anstrengungen war ich fix und fertig und erklomm als letzter das Ziel. Mit starkem Gejohle und auch teilweiser Schadenfreude wurde ich empfangen. Ich erhielt den Befehl, in den nächsten 3 Tagen immer für saubere Stiefel des Lagerführers zu sorgen. Noch sehr genau erinnere ich mich an die Demütigungen, die ich beim Vorzeigen des geputzten Schuhwerks über mich ergehen lassen musste. Oft fünf bis sechsmal wurde ich zurückgewiesen, weil die Stiefel angeblich noch nicht sauber und glänzend wären. Anfangs habe ich wieder und wieder geputzt und gerieben und fast geweint, wenn die Arbeit immer noch bemängelt wurde. Von erfahrenen Kameraden erfuhr ich dann den Trick, gar nichts zu tun und sie nur immer wieder zu präsentieren. Bei diesem Schwindel wurde ich aber ertappt. Außerdem war bemerkt worden, dass ich die Glanzwirkung der Schuhcreme mit Spucke aufbesserte. Weil ich wusste, dass dies alle taten, habe ich es in meiner Naivität vor dem Vorgesetzten nicht verborgen. Als Strafe musste ich in vorgegebener Zeit 3 Runden um den großen Sportplatz laufen. Die Zahl wurde sogar verdoppelt, weil ich Abkürzungen genutzt hatte. Selbst diese als ungerecht empfundenen Erniedrigungen minderten letztlich nicht meine Begeisterung für die Übungen und Spiele in Vorbereitung auf das Soldatentum.

73 73 Besonders stolz war ich, dass ich schon als Dreizehnjähriger in die HJ Reiterstaffel aufgenommen wurde. In unserer Nachbarstadt Triebes waren in nicht benötigten großen Fabrikräumen Pferdeställe und eine Reithalle eingerichtet worden. Vom Sommer 1944 bis Februar 1945 lernte ich in diesem Stützpunkt die Grundbegriffe des Reitens. Schöne Erlebnisse blieben mir von den Zeltlagern des Jungvolks in Erinnerung. Wir lernten z.b. Tornisterpacken und Zelte aufstellen. Das Essen aus Gulaschkanonen schmeckte besonders gut und der anstrengende Wachdienst machte uns nichts aus. Nachtmärsche und Lagerfeuer ohne elterliche Mahnungen zur Vorsicht waren das Richtige für uns Jungen. Nicht fehlen durfte allerhand Schabernack, der zwar verboten, aber von den Führern meist geduldet wurde. Schlafenden Pimpfen drückten wir vorsichtig Zahnpasta in die Nasenlöcher, dort langsam erhärtete. Sie schnappten beim Aufwachen nach Luft und wir freuten uns über die gelungenen Quälerein. Oder wir rieben das Hinterteil schlafender Jungen mit schwarzer Schuhcreme ein. Nur mit ganz straffen Wurzelbürsten ließ sich der Hintern säubern. Er sah danach meist aus, wie der eines Pavians. Fast jede Nacht wurden Überfälle inszeniert. Als größter Erfolg galt, wenn die Wachen lautlos überwältigt werden konnten. Ein schönes Erlebnis hatte ich während der Schulferien im Sommer 1943 in einem Zeltlager in Frießnitz bei Weida. Ich war als Zwölfjähriger zum Jungzugführer befördert worden und damit Stellvertreter unseres fünfzehnjährigen Hauptjungzugführers, unserem Vorgesetzten. Nur dieser kannte das Ziel, als wir 15 Jungen losmarschierten. Durch Orientierungen auf Generalstabskarten, vorgegebene Kompasszahlen und verschiedenen Marschbefehlen mussten wir das ausgesuchte Dorf selbst finden. Unterwegs wurden Marschübungen befohlen: Z.B. in Formation oder einzeln marschieren, Sicherung des Trosses und ähnliches. Mitgeführt wurde ein großer Handwagen. Aufgeladen waren die Utensilien für das Essenkochen, Sportgeräte, Luftgewehre, Decken, Zelte und deren Ausrüstungen. Jungen, die wegen zu großer Anstrengung manchmal fast schlapp machten, durften ihre Tornister zeitweilig auf den Wagen laden. Am Zielort brauchten wir keine Zelte aufbauen, denn der größte Bauer des Dorfes, der außerdem Ortsbauernführer war, stellte eine große Scheune für unsere Übernachtung zur Verfügung. Am Abend gab es eine strenge Vergatterung: Nicht rauchen, kein offenes Feuer, Vorsicht mit den Sturmlaternen, die unsere einzige Lichtquelle waren sowie Ruhe und Ordnung. Die eingeteilten Wachen hatten für Disziplin zu sorgen und bei nahender Gefahr rechtzeitig zu warnen. Es blieb nicht aus, dass der Jungvolkzug des Ortes einen Angriff auf unser Lager wagte. Der wurde in einer wüsten Prügelei abgeschlagen. Das Baden in den großen Fischteichen nahe des Ortes und die übrigen körperlichen Anstrengungen machten Hunger. Die auf offenem Feuer in einem Kessel gekochte Erbsensuppe mit Speck mundete deshalb aus dem Kochgeschirr besonders gut. Es war ein ungeheuerer Spaß 2 Tage lang, ohne Aufsicht der Eltern, richtig wie in einem Feldlager zu leben. Das Waschen im Teich war viel schöner als zu hause. Selbst sehr anstrengende Sportübungen und Exerzieren sowie das sonst verpönte Aufräumen und Ordnung halten fanden unsere Zustimmung.

74 74 Gefährlich war ein Geländespiel, als wir selbstgebastelte Minen einsetzten. Diese bestanden aus Konservendosen, die wir mit Schwarzpulver und Lehm füllten, provisorisch verschlossen und mit einer Zündschnur versahen. Das Schwarzpulver hatte ich mitgebracht. Ich hatte davon ca. 10 kg in unserem Schuppen entdeckt. Es stammte von meinem Onkel, einem Förster, der dieses als Sprengmittel für das Roden der Baumwurzeln benötigte. Als er von zu Hause auszog, hatte er wahrscheinlich diesen gefährlichen Vorrat vergessen. Mich hat niemand gefragt, woher ich dieses Schwarzpulver hatte. Die Sprengdosen gruben wir in die Erde ein. Die Zündschnüre wurden untereinander verbunden und wenn die feindlichen Truppen anrückten, gezündet. Wir erfreuten uns an den umherfliegenden Erdbatzen und den flüchtenden Angreifern. Das war eigentlich schon kein Spaß mehr, aber unsere Jungvolkführer haben das gefährliche Treiben auch nicht verboten. Gott sei Dank passierte nichts Ernsthaftes, denn die umherschwirrenden Steine und Erdschollen verursachten nur harmlose blaue Flecke. Das Kriegsspiel wurde Anfang 1945 auch für uns Kinder zur rauen Wirklichkeit. Ich erhielt im März 1945 den Befehl, gemeinsam mit einem Schulkameraden in unserer Kreisstadt scharfe Gewehrmunition für den Volkssturm unseres Ortes zu holen. Wir fuhren mit unseren Fahrrädern los, weil fast alle PKW für kriegswichtige Aufgaben beschlagnahmt waren. Zu dieser Zeit beschossen schon sehr häufig amerikanische Tiefflieger Fahrzeuge und Menschen auf den Landstraßen. Wir waren mit unserer gefährlichen Fracht schon auf dem Heimweg auf einer Autostraße durch ein weitgezogenes Tal. Plötzlich dröhnte es und Geschosse schlugen neben uns ein. Zwei Tiefflieger kamen vom benachbarten Tal von uns unbemerkt angeflogen. Wir hatten bestimmt mehrere Schutzengel, weil es uns gelang, mit unserer Munition den nahen schützenden Wald zu erreichen. Aus dem Schussfeld gerückt, sahen wir, dass die 2 Flugzeuge ein zweites Mal ihr Ziel suchten. Noch heute spüre ich die Beklommenheit und Angst, mit der ich meinen ersten Beschuss überstanden hatte. Unwillkürlich habe ich gebetet, als ich merkte, wir leben noch. In Deckung des Waldes und über Feldwege sind wir anschließend unbeschadet nach Hause gekommen. Die scharfe Munition haben wir beim Volkssturmkommandanten abgeliefert. Retrospektiv bleibt mir unerklärlich, dass damals wir Kinder schon zu solch gefährlichen Missionen verpflichtet wurden und unsere Eltern nicht stärker protestierten. Ich glaube aber, wir haben daheim gar nicht die Wahrheit gesagt. Unsere Disziplin und Einsatzbereitschaft für Führer, Volk und Vaterland war selbst in dieser Zeit des sichtbaren Untergangs fast ungebrochen. Wir glaubten noch den Schwindel, dass durch Vergeltungswaffen eine Wende kommen kann. Im März 1945 wurde ich sogar in unserer Kreisstadt Greiz noch gemustert, und ich sollte in Wien in einer Offiziersschule anrücken. Mit dabei war mein Spielgefährte Hermann aus unserer Nachbarschaft, der ein halbes Jahr älter war als ich. Wir mussten die 15 km vom Musterungsstützpunkt nach hause laufen, weil die öffentlichen Verkehrsmittel schon sehr unregelmäßig fuhren. Auf diesem

75 75 Weg sprachen wir über die Ehre, Offiziersschüler werden zu dürfen. Wir malten uns aus, wie wir dann in unserem Heimatort damit angeben können. Kürzlich traf ich Hermann, der sich auch noch recht gut an die damalige Begebenheit erinnern konnte. Unsere Mütter hielten uns zurück und verboten ganz streng, dass wir noch als Soldat einrückten. Wir hatten jedoch schon unterschrieben und damals galt die Erklärung eines Kindes auch ohne Zustimmung der Eltern. Das kurz darauf folgende Kriegsende bewahrte uns vor Repressalien. Mit dem Volkssturm in unserer Stadt erlebten wir einige lustige Episoden. Der Kommandant war ein ehemaliger Rittmeister, der als Siebzigjähriger die Wiedergeburt seiner militärischen Karriere erleben wollte. Das Exerzieren von ca. 30 älteren Männern auf dem Sportplatz war eine Schau! Wir versteckten uns hinter einer Hecke und guckten zu. Der Frisör unseres Ortes hätte dem braven Soldaten Schwejk alle Ehre gemacht. Er hat sich bei den Volkssturmübungen immer darauf berufen schwerhörig zu sein und die Befehle nicht zu verstehen. Beim Marschieren lief er allein geradeaus, während die Kolonne abschwenkte. Bei den Gewehrgriffen hat er die mit scharfer Munition geladene Waffe oft falsch gehalten. Die Nachbarn im Glied und selbst der Befehlshaber, mussten sich dann oftmals in Sicherheit bringen. Die Übung mit Panzerfäusten erfolgte mit Attrappen, es gab wahrscheinlich nicht mehr genügend scharfe Waffen. Zum Einsatz der Volkssturmeinheit kam es in unserer Stadt nicht mehr, weil die Männer wegen des Beschusses und der anrückenden Amerikaner nicht zum Treffpunkt gingen. In den Jahren bis 1944 wurden auch in unserer Kleinstadt besonders der Geburtstag des Führers am 20. April und andere Staatsfeiertage pompös gefeiert. Hitlers Ehrentag war für uns Kinder ein sehr wichtiges Datum, denn ab diesem Zeitpunkt mussten kurze Hosen und Kniestrümpfe getragen werden. Selbst schlechte Witterung, Sturm und Kälte konnten daran nichts ändern. Zu Hause gab es deswegen immer einen harten Kampf mit der Mutter, die befürchtete, dass wir uns erkälteten. Sie konnte sich aber nicht durchsetzen, der Einfluss von außen war stärker, weil man auch sonst von den anderen Kindern als Memme bezeichnet und ausgelacht worden wäre. Manchmal konnte ich es nicht verhindern, zu Hosen mit kurzen Beinen als Kälteschutz lange, braune, wollene Strümpfe tragen zu müssen. Diese Kleidungsstücke hasste ich und zog sie immer gleich aus, wenn ich außer Sichtweite der Eltern war. Ich empfand es als eine große Ehre und Auszeichnung, wenn ich zu propagandistischen Veranstaltungen auf der Bühne kernige national-sozialistische Gedichte vortragen durfte. Exakte Uniform und straffe Haltung mit Hitlergruß war wichtiger als der Inhalt der Dichtungen, den ich nie richtig verstand. Ich zeigte mich aber als überzeugter Pimpf und glaubte in diesen Momenten an die Unbesiegbarkeit Deutschlands. In den letzen beiden Kriegsjahren hörten wir in unserem Ort weit entferntes, fast ständiges, dumpfes Dröhnen. Es hieß, das käme von den Produktionsstätten der V- Waffen, die sich in der Nähe von Nordhausen, Arnstadt, Lehesten und bei Hof be-

76 76 fänden. Nach dem Krieg erfuhren wir, dass dort tatsächlich riesige unterirdische Produktionshallen für Waffen gebaut wurden. Für diese Arbeiten waren KZ- Häftlinge eingesetzt worden, die dabei viele Qualen erleiden mussten. Bis Mitte 1944 ging in unserer Kleinstadt fast niemand in die Luftschutzkeller. Die Bomber, die in großer Höhe und Anzahl über uns hinwegflogen sahen wir nicht als Gefahr an. Wenn die Sirenen Fliegeralarm signalisierten, durfte sich zwar bis zur Entwarnung niemand mehr auf öffentlichen Straßen und Plätzen sehen lassen, aber in den Gehöften und auf den Feldern gingen wir unserer gewohnten Arbeit nach. Für die Stadtangestellten und Leute, die bei Fliegeralarm nicht mehr ihre Wohnungen erreichten, stand ein öffentlicher Luftschutzkeller zur Verfügung. Das war ein ehemaliger Bierhöhler, der ca. 10 m unter der Erde in den Felsen gegraben worden war. Dort fanden ungefähr 300 Menschen Platz. Der Eingang mit dicken Eisentüren befand sich in einer tiefer gelegene Straße. Insgesamt war es ein Schutzraum, der alle Bedingungen erfüllte und als sehr sicher galt. Für uns Jungvolkführer war es eine Ehre und Pflicht, die Luftschutzwarte in ihrer Arbeit zu unterstützen. Wir taten gern Dienst im Luftschutzkeller, den wir manchmal bei Fliegeralarm während der Schulstunden aufsuchen mussten. Wir durften uns an den Türen zum Schutzraum aufhalten und sorgten dafür, dass diese während des Alarms bis zur Entwarnung geschlossen blieben. Mitte 1944 fielen in der Nähe unserer Stadt Bomben. Wenige Tage später wurde in der Nachbargemeinde Lunzig ein Haus durch 9 Bomben getroffen und völlig zerstört. Dort starben sogar 11 Menschen. Ab diesem Zeitpunkt nahmen wir die Luftschutzmaßnahmen etwas ernster. Es wurde gesagt, dass diese Sprengkörper ohne bestimmtes Ziel abgeworfen worden wären, denn die Flugzeuge dürften nicht mit Bomben an Bord im Heimatflughafen landen. Die Einschläge in der Nähe unserer Stadt wären unserem Landbriefträger fast zum tödlichem Verhängnis geworden. Die Flugzeugpulks waren nicht mehr zu hören und wir warteten am Ausgang des Luftschutzkellers auf die Entwarnung. Plötzlich ertönte ein Zischen und Dröhnen und ein Schlag erschütterte die Erde. Wir warfen uns alle sofort auf den Boden und dachten, die Welt geht unter jetzt ist es aus. Mein erster klarer Gedanke war: Wenn man das Rauschen der Bomben oder Geschosse hört, dann wird man nicht unmittelbar getroffen. Das hatten Soldaten mit Fronterfahrung erzählt. Wenige Minuten später kommt der Landbriefträger angesaust und ist fast nicht aufzuhalten. Er war von oben bis unten mit Dreck bespritzt und zitterte am ganzen Leib. Einige Meter von ihm entfernt waren die Sprengkörper eingeschlagen und er hatte zum Glück nur Erdbatzen und keine Splitter abbekommen. Trotz des Ernstes der Situation mussten wir über den Briefträger lachen, wodurch sich auch unsere Verkrampfungen lösten. Die im Nachbarort zu beklagenden Opfer dienten der politischen Agitation. Im großen Gutshof wurden die Särge aufgebahrt und SA, Hitlerjugend und Jungvolk marschierten auf. Die Ansprachen während des Traueraktes charakterisierten u.a. die

77 77 Fliegerangriffe als Feigheit der Feinde. Als Jungvolkführer hielt auch ich eine Rede. Ich weiß deren Inhalt nicht mehr, aber noch so viel, dass ich vorwiegend Führerzitate vortrug. Unvergessen bleibt mir der Luftangriff auf Dresden im Februar Ich sehe mich noch mit meinen Eltern am Bodenfenster stehen, als wir das unheimliche Geschehen aus der Ferne beobachteten. In einer geschätzten Entfernung von ca. 200 km sahen wir am nächtlichem Himmel die Markierungen, die so genannten Christbäume leuchten. In sehr großer Höhe flogen unzählige Bomber mit einem furchterregendem Brummen über uns hinweg. Wir hörten die Einschläge und sahen einen gespenstischen Lichtschein am östlichen Himmel. Wir dachten, der Angriff gelte Chemnitz. Am nächsten Tag erfuhren wir von Flüchtlingen, die aus Dresden kamen, dass es diese Stadt sehr schwer getroffen hatte. Über dieses Inferno gibt es viele Augenzeugenberichte, doch mir blieb es - selbst aus der Ferne beobachtet - in schrecklicher Erinnerung. Noch recht gut erinnere ich mich an den 20. Juli 1944 den Tag des Attentats auf Hitler. Unser Jungvolk Fähnlein erhielt von der Bannleitung in Greiz am nächsten oder übernächsten Tag den Befehl, durch unsere Kleinstadt zu marschieren und in Sprechchören zu rufen: Der Führer lebt! In der Schule sprachen alle Lehrer von der Vorsehung, die Adolf Hitler das Leben rettete und uns sollte die unbedingte Treue zu unserem Führer bewusst gemacht werden. Im übrigen marschierten wir recht oft durch die Straßen unserer Kleinstadt und sangen Hitlerjugendlieder. Recht laut grölten wir in Straßen, in denen Kinder wohnten, die sich oft vom Jungvolkdienst drückten. Noch im Ohr hab ich die ersten Verse des Liedes: Ja, wir vom Jungbann Osten, sind immer auf dem Posten, sind immer bereit Kinderstreiche Rauchen und Alkoholgenuss waren im Jungvolk verboten. Drogen kannten wir nicht. Das Verbot hielt auch mich nicht davon ab, im Alter von ungefähr 13 Jahren die ersten heimlichen Rauchversuche zu starten. Ein älterer Schulkamerad hatte zu Hause Zigaretten geklaut; wir setzten uns mit diesen versteckt an einen Waldrand, um das Laster zu probieren. Mit sehr schnellen Zügen wurde auf Lunge geraucht. Mir war damals so übel, dass ich dies heute noch im Unterbewusstsein spüre. Vor der Mutter habe ich gejammert, dass ich wohl etwas Unrechtes gegessen hätte. Sie hat bestimmt den Braten gerochen, denn es ging ab ins Bett. Außerdem musste ich sehr bitteren Wermuttee trinken. Trotzdem haben uns die bösen Erfahrungen nicht von weiteren Versuchen abgehalten. Wenige Wochen später hatte ein Schulkamerad vier wertvolle handgemachte Zigarren ergattert. Wir marschierten über ein abgeerntetes Getreidefeld und rauchten wie die Großen. Plötzlich sahen wir den Vater eines Schulkameraden auf uns zu

78 78 kommen. Schnell wurden die Brasil ausgedrückt und eingesteckt. Wir grüßten sehr höflich und er hielt sich auch nicht lange bei uns auf. Plötzlich merkten meine Kameraden, dass aus meinem Hinterteil starke Rauchwolken herausquollen. Ich hatte die Zigarre nicht richtig ausgedrückt. Schnell wälzten mich meine Freunde auf der Erde. Damit konnten wir den Brand löschen. Die Hose war kaputt und das in der Zeit, als man Kleidungsstücke nur auf Bezugschein bekam. Zu Hause habe ich versucht, den Schaden durch Aufnähen eines Flickens zu beheben. Das half nichts, meine Mutter bemerkte das Übel. Sie schimpfte nicht, sie war nur sehr traurig, weil sie nicht wusste, wie sie eine neue Hose beschaffen sollte. Es war eine sogenannte Überfallhose, die ich sehr gern trug und die als bessere Kleidung galt. Die in den Kriegsjahren von uns gesammelten Heilkräuter wurden auf dem Schulund Kirchboden getrocknet. Während der Schulstunden und darüber hinaus mussten wir den Tee wenden, nach der Trocknung in Säcke stopfen und anschließend für den Abtransport an Sammelstellen fertig machen. Diese Tätigkeit erfolgte meist ohne Aufsicht des Lehrers, der nur hin und wieder plötzlich auftauchte und nach dem Rechten sah. Um den Tee fest in die Säcke zu pressen, nahmen wir unsere Beine zur Hilfe. Das Ganze war sehr stachlig deshalb zogen wir hierfür die Schuhe nicht aus. Unser unerwartet aufgetauchter Lehrer ertappte meinen Schulkameraden Erich bei dieser Handlung. Er verprügelte ihn so sehr, dass Striemen sichtbar wurden und die Jacke sowie das Hemd zerriss. Ich erinnere mich, dass der Lehrer sinngemäß sagte: Mit deinen Dreckschuhen verunreinigst du den Tee. Das ist Wehrkraftzersetzung, denn unsere tapferen Soldaten können sich durch den schmutzigen Tee vergiften. Noch viele mir heute entfallene Schimpfworte folgten. Der Lehrer merkte, dass wir alle sehr schockiert waren. Nachdem er sich beruhigt hatte, kündigte er an, die Kleidungsstücke zu ersetzen. Er merkte, dass er zu weit gegangen war. Während der Tätigkeiten auf dem Trockenboden hatten wir außerdem Zeit und Gelegenheit zu allerhand Schabernack in der Kirche. Wir haben im Turm die Glocken angeschlagen und die Leute im Ort kamen mit der Zeit durcheinander, weil sie annahmen, es läutet zur Mittagsstunde. Der Orgel entlockten wir einige Töne; damit wollten wir den Küster ärgern. Wir vertauschten auf den Zahlentafeln im Kirchenraum die Nummern der Lieder, die am kommenden Sonntag im Gottesdienst gesungen werden sollten. Beim Kirchenbesuch merkten wir, dass die Gläubigen mit den angezeigten Liedern ganz schön durcheinander kamen. Es fiel uns schwer, uns nichts anmerken zu lassen. Der Pfarrer hatte in der Bibel, die auf dem Pult der Kanzel lag, Zettel zwischen die Seiten gelegt und die Texte markiert, die er für seine Predigt brauchte. Wir entfernten diese Kennzeichnungen oder ordneten sie an anderen Stellen ein. Auch hier erwarteten wir, dass der Prediger nicht mehr weiter weiß. Aber wir täuschten uns, denn er ließ sich keine Unsicherheit anmerken. Viel Unsinn trieben wir in der Konfirmandenstunde. Wir stellten z.b. den Schemel vorm Harmonium mit den Beinen nach oben und legten eine Decke und ein Kissen darüber. Als der Pastor nichtsahnend sich setzte, fiel er durch.

79 79 Wir merkten zwar in dieser Zeit die starke Kluft zwischen Kirche und Staat. Darüber machten wir uns aber keine ernsthaften Gedanken und erst im Nachhinein wird mir an einigen Ereignissen bewusst, welch schweren Stand damals die Pfarrer hatten. In kirchlichen Räumen durften wir in meinem Heimatort keine Jungvolkuniform tragen. Von anderen Orten, z.b. aus Pöllwitz im Vogtland wurde mir aber bekannt, dass dort die Geistlichen mit den Nationalsozialisten sympathisierten. Dort marschierten sogar SA und Hitlerjugend mit ihren Fahnen in die Kirche. Unser Pastor sagte jedoch auch nie etwas gegen den Staat. Er versuchte uns moralische Werte, besonders an Hand der 10 Gebote, beizubringen. Heute erkenne ich, dass er es mit der Vermittlung religiöser Fragen schwerer hatte als die Hitlerjugendführer, deren Phrasen wir Kinder freudiger aufnahmen. Ich besuchte die Konfirmandenstunde und die Kirche nur meiner Mutter und Großmutter zu liebe und weil es Tradition war. Rückblickend auf mein Leben bin ich aber, besonders jetzt im Alter, dankbar über das mir in diesem Rahmen vermittelte Wissen. In den letzten Unterrichtsstunden vor der Konfirmation versuchte unser Pastor uns die Unterschiede von Mann und Frau und deren eheliche Beziehungen zu erklären. Die Unterweisung erfolgte getrennt für Jungen und Mädchen. Ein Ausspruch unseres Pfarrers blieb mir dabei unvergessen, er sagte: Kind wirst du rot, so warnt dich Gott. Wir bekamen tatsächlich auch noch einen roten Kopf, wenn wir mit Mädchen über heikle Themen schwatzten. Heute erröten die jungen Leute selbst bei kräftigen Bemerkungen über Probleme der sexuellen Beziehungen nur noch sehr selten. Einige gewagte Streiche, deren Ausgang zum Glück glimpflich ablief, will ich hier noch beschreiben. Wir Jungen streiften gern durch die Wälder unserer Heimat. Wir sammelten Pilze und Waldbeeren. Obwohl besonders mühselig, pflückten wir aber sehr gern Blaubeeren, weil diese sehr gut schmeckten. Frisch vom Strauch in den Mund, das war ein Genuss. Der Krug füllte sich dann allerdings nur sehr langsam. Mehrmals passierte es mir, dass die fast gefüllten Behälter umfielen oder auf dem Nachhauseweg umkippten, wenn wir uns gegenseitig neckten. Ich war dann manchmal den Tränen nahe, denn die mühsam gesammelten Beeren waren nur mit Verlust wieder in die Kanne zu bringen. Unsere Eltern lobten diese nützlichen Tätigkeiten, die wir überdies freiwillig ausübten. Wir wussten, dass Brennholz knapp war und wollten uns durch Holzsammeln ebenfalls ein Lob verdienen. Im übrigen hörten wir, dass Birkenholz sehr gut brennt und ich wollte meinen Großeltern das Anzünden des Feuers im Ofen erleichtern. Eigentlich gab es in unserem Haushalt genügend Feuerholz. Kurzum, zwei Schulkameraden und ich sägten im Wald zwei mittelgroße Birken ab, die wir auf Feldwegen nach Hause schleiften. Plötzlich stand der Ortspolizist vor uns und stellte uns zur Rede. Wir meinten, er habe schon auf der Lauer gelegen, um uns zu erwischen. Obwohl er uns kannte, schrieb er unsere Namen auf und sagte: Ich werde euch mit euren Eltern

80 80 auf die Wache bestellen. Ihr habt Baumfrevel begegangen und einen großen volkswirtschaftlichen Schaden angerichtet. Euch erwartet eine hohe Strafe". Er fragte uns, wo wir die Bäume abgesägt hätten. Wir aber behaupteten, wir hätten sie gefunden. Er entdeckte die Säge, (einen Fuchsschwanz) die ich unter meiner Jacke zu verbergen suchte. Jedenfalls meinte er, dass er die Baumstümpfe bestimmt noch finden würde. Nach der Begegnung mit dem Ordnungshüter kam Fliegeralarm und wir sahen sehr deutlich die über uns hinwegfliegenden Flugzeugstaffeln. Anstatt nach Hause zu eilen, verbargen wir uns in einer Feldscheune. In unserer Not hofften wir, eine Bombe möge uns oder zumindest den Polizisten treffen, der nicht zum Luftschutzkeller ging, sondern seinen Rundgang über die Flur fortsetzte. Nach unserer Beichte waren unsere Mütter sehr bestürzt. Am nächsten Tag kam die Vorladung zum Polizeirevier. Unser Leugnen, dass wir die abgesägten Bäume gefunden hätten, half nichts. Der Gendarm hatte die Stelle, wo die recht hohen Baumstümpfe noch standen, ausgemacht und wusste auch, welchem Bauern der Wald gehörte. Er drohte, dass wir in ein Erziehungsheim kämen, wenn der Waldbesitzer unseren Frevel anzeigt. Im Anschluss an das Verhör zogen wir mit den Birkenbäumen unter Polizeibewachung durch die Stadt zum Bauern, bei dem wir das Holz abliefern sollten. Begleitet wurden wir von einer großen Schar Kinder, die frohlockten, dass wir verhaftet und eingesperrt würden. Die Bauersfrau empfing uns im Hof und schimpfte uns in Anwesenheit des Polizisten tüchtig aus. Schließlich sagte sie zu ihm, dass sich die Sache erledigt hätte und kein Strafantrag gestellt würde. Als der Gendarm weg war, sagte sie: Schert euch mit den Bäumen nach Hause und tut so etwas nie wieder. Nochmals zogen wir durch die Stadt. Jetzt begleiteten uns enttäuschte Kinder, weil wir nun doch nicht verhaftet worden waren. In späteren Jahren erfuhr ich von meiner Mutter, dass sie sich und die anderen Mütter vor dem Polizeiverhör mit dem Waldbesitzer geeinigt und die Bäume bezahlt hatten. Wagehalsig war ein Spiel mit Kipploren aus einem Steinbruch im nahegelegenen Flusstal. Mit von der Partie waren die Jungen aus der Gärtnerei in unserer Nachbarschaft. Dort gab es einen Zugochsen, der eingespannt wurde und die Loren auf die Straße bis zur Anhöhe am Ortseingang ziehen musste. 6 8 Jungen schwangen sich auf die Loren und es ging mit Karacho den Berg hinab! Als Bremse diente lediglich ein Holzknüppel, der über einem Rad installiert war. Schnelles Anhalten war damit nicht möglich. Beendet wurde unser Tun schon am nächsten Tag durch den Ortspolizisten, der den Weg absperrte. Wegen Tierquälerei und des Diebstahls der Loren wollte er Anzeige erstatten. Wahrscheinlich war ihm aber die Arbeit hierfür zu viel, wir erhielten nur eine mündliche Rüge. Der Zugochse wurde von uns Kindern zu einem weiteren Streich eingespannt. In der Gärtnerei gab es ein altes abgewracktes Auto, das keinen Motor mehr hatte. Die Räder rollten noch und auch die Lenkung funktionierte. Ich meine, es war ein Opel P 3. Das Gefälle in der unteren Gartenstraße reichte aus, das Autowrack in Fahrt zu bringen. Es war für uns Kinder ein Heidenspaß, wenn uns das Zugtier in dem Gefährt nach oben zog und wir anschließend die ca. 200 m lange Strecke nach unten fahren konnten. Der Platz am Lenkrad war immer der begehrteste. Wie lange und wie oft

81 81 wir dieses Spiel trieben und wodurch es beendet wurde, ist mir nicht mehr in Erinnerung. Die während des Krieges angeordnete Verdunkelung war einerseits gruselig aber zum anderen auch erlebnisreich. An den Lampen der Autos sowie Motor- und Fahrräder war nur ein Schlitz für einen ganz schmalen Lichtschein frei. Hindernisse oder auch Fußgänger wurden mit dieser schwachen Beleuchtung fast nicht gesehen. Es war lediglich eine Hilfe, dass man nicht vom Weg abkam. Die Ortschaften, Strassen und Gassen waren in völlige Dunkelheit getaucht. Es gab keinerlei Außenbeleuchtung und nur aufgebrachte Leuchtfarben gaben eine geringe Orientierungshilfe. Selbst das Benutzen von Taschenlampen war im Freien untersagt. Widrigenfalls konnte man verdächtigt werden, Lichtzeichen für Feinde oder Spione zu geben. Eine ungenügende Verdunkelung wurde nicht nur gerügt, sondern manchmal sogar hart bestraft. Wir Kinder freuten uns, wenn wir abends in der Dunkelheit noch draußen auf der Straße bleiben durften. In den Wintermonaten, wenn es schon am Nachmittag dunkelte, war das besonders reizvoll. Für uns war es oft ein Spaß, wenn wir, besonders bei älteren grilligen Leuten, ohne Grund ans Fenster klopften. Sobald sie die Verdunkelung leicht zur Seite schoben, um nachzusehen wer draußen ist, riefen wir: Verdunkeln sonst gibt s Strafe. Erschrocken wurde dann der dichte Vorhang oder das Rollo wieder zugezogen. Für das Bedecken der Fenster hatten wir anfangs selbstgefertigte Holzrahmen, auf die schwarzes Papier aufgezogen war. Die späteren Rollos mit Faltpapier hatten den Nachteil, dass durch die Löcher für die Schnurführung noch ein kleiner Lichtschein hindurchkam. Die dann aufkommenden Schnapprollos mussten gut gesichert werden, damit sie nicht unkontrolliert nach oben schnippten Selbst kurzzeitiger nach außen dringender Lichtschein konnte zur Bestrafung führen. Aus diesem Grunde hingen auch vor den Haustüren noch zusätzlich Decken, damit beim Öffnen der Zimmertüren ja nichts passierte. In den letzten Kriegsjahren gab es häufig Stromsperren. Sie kündigten sich an, indem das Licht zunächst flackerte, mehrmals ausging und wieder aufleuchtete, um dann oft für mehrere Stunden weg zu bleiben. Bei uns lagen in dieser Zeit immer Wachskerzen bereit und wir holten die bereits ausrangierten Petroleumlampen und Stalllaternen wieder hervor. Probleme hatte ich hin und wieder, wenn ich am Tage meine schulischen Hausaufgaben aufgeschoben hatte und nun beim Funzellicht das Versäumte nachholen musste. Gefahrvoll war es außerdem mit offenem Licht in den Stall, in die Scheune oder auf den Boden zu gehen. Sehr gefährlich konnten die Stromsperren sein, wenn z.b. in Räumen, in denen die Fenster nicht verdunkelt waren, plötzlich das Licht wieder anging, weil man aus Versehen den Lichtschalter angeknipst hatte. In der Endkonsequenz wurden bei uns alle elektrischen Beleuchtungen an kritischen Stellen dauerhaft abgeschaltet. Die fast absolute Finsternis außerhalb der Häuser war für uns Kinder interessant, wenn wir abends noch auf der Straße spielen durften. Gern erzählten wir uns dabei Gruselgeschichten. Wir Jungen prahlten gegenüber den Mädchen mit unserer Tapfer-

82 82 keit. Wir erzählten z.b., dass wir ohne Angst nachts durch dunkle Gassen und selbst über den Friedhof gehen würden. Wenn es dann darauf ankam, fiel doch manchmal das Herz in die Hosentasche ein bei uns üblicher Ausspruch für große Angst. Wir hatten uns im übrigen ein schönes Spiel ausgedacht: Große Futterrüben wurden ausgehöhlt und für Mund und Augen Öffnungen ausgeschnitten. Eine darin leuchtende Kerze ließ die Nachbildung wie einen Totenkopf aussehen. Das Gebilde stellten wir auf die Friedhofsmauer, wobei wir wegen der Verdunkelung sicherten, dass der Lichtschein nicht weit sichtbar war. Kinder, die den Schabernack nicht kannten und dort ohne zu zögern vorbei gingen, gehörte zu den Mutigen. Viel Spaß hatten wir, wenn wir im Winter abends noch Schlitten- oder Skifahren durften. Wir Jungen machten mit übertriebenem Gehabe gegenüber den Mädchen durch verwegene Abfahrten auf uns aufmerksam. Die Skier, mit denen wir fuhren, habe ich schon beschrieben, als ich solche Weihnachten 1944 bekommen hatte. Hinzufügen will ich hier, wie wir versuchten, die Bindung an den Schuhen zu befestigen. Wir nagelten Lederstreifen an die Absätze. Da es auf Bezugschein pro Jahr nur ein Paar Schuhe gab, musste damit sehr vorsichtig umgegangen werden. In diesem Zusammenhang sah ich meine Mutter einmal sehr traurig, denn ich hatte solch große Nägel eingeschlagen, dass sich der Absatz löste. Zum Glück konnte ein mit unserer Familie befreundeter Schuhmacher den Schaden wieder beheben. Übrigens wünschte ich mir schon als Dreizehnjähriger sehnlichst ein Paar Langschäfter Lederstiefel. Meinem Vater gelang es durch ein Tauschgeschäft hierfür Leder zu ergattern. Mein Wunsch wurde erfüllt. Der Schuhmacher fertigte per Hand ausgezeichnete Stiefel an, die ich sehr stolz zu Breecheshosen trug. Diese Reitmontur zog ich allerdings nicht zum Skifahren an, denn an diesem Schuhwerk nagelte ich nicht herum. Weil aber das Befestigen der Schneeschuhbindung immer wieder sehr problematisch war, machten wir die Riemen oberhalb der Ferse, in der Fessel, fest. Das schmerzte manchmal schon ohne Bewegung und der Langlauf und das Springen mit dieser provisorischen Befestigung der Bindung wurde oft zur Qual. Das hielt uns trotzdem nicht davon ab, über kleine aus Schnee selbstgebaute Schanzen zu springen und gewagt die Wiesenhänge hinunter zu fahren. Ein einziges Mal habe ich erlebt, dass ein Schulkamerad sich beim Skifahren ein Bein gebrochen hat. Sonst passierte, abgesehen von einigen kleineren blauen Flecken, wenig, weil der hohe Schnee ein gutes Polster darstellte. Übrigens habe ich den Eindruck, dass es während meiner Kinderjahre mehr Schnee und strengere Winter gab als heute. Gleichaltrige Bekannte bestätigen ebenfalls diese Feststellung. In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an die Schneepflüge, die damals sehr häufig zum Räumen der Straßen und Wege eingesetzt werden mussten. Sie wurden von Pferden gezogen und bestanden aus zwei keilförmig miteinander verbundenen Holzwänden. Für uns Kinder war es ein Vergnügen, wenn wir auf diesen Geräten mitfahren durften; das wurde uns recht gern erlaubt, weil die Schneepflüge beschwert werden mussten, um den Schnee nicht nur oberflächlich beiseite zu schieben.

83 83 Die Angst vor Bestrafungen - oft wegen nur geringfügiger Vergehen - war bei uns Kindern früher größer als heute. In Hohenleuben gab es eine Einrichtung, die uns deutlich vor Augen führte, welche Folgen straffälligen oder auch nur unartigen Kindern blühen können. Es war das Heim für schwer erziehbare Kinder Heinrichsstift, bei uns damals unter den Namen Rettung bekannt. Unsere Eltern und die Behörden benutzten diese Einrichtung als Drohkulisse. Sie befindet sich ca. 2 km von unserer Kleinstadt entfernt in einem kleinem Wald und ist heute ein Christliches Jugenddorf. Wir Kinder machten immer einen großen Bogen um das Heim, das wir lieber nicht von innen sehen wollten. Die Heiminsassen hatten nur Ausgang mit Erziehern. Ich habe noch das Bild vor Augen, wenn sie z.b. sonntags an unserem Haus in Gruppe und sehr artig vorbei gingen. Außerdem gab es manchmal Gerüchte, dass Kinder ausgerissen wären und diesen wurden dann oft auch Einbrüche zugeschrieben. Wir sahen die Heimkinder auch manchmal bei der Arbeit, denn zur Einrichtung gehörte ein Landwirtschaftsbetrieb. Die Rettung wurde 1945 als Hilfskrankenhaus eingerichtet und in den späteren Jahren wieder Kinderheim. 12. So erlebte ich das Kriegsende Plötzlich war eine unheimliche Stille, denn das Zischen der Granaten, der Beschuss hörte auf. Wir fragten uns: Ist der Krieg zu Ende? Im Keller unseres Kleinbauernhofes hatten meine Großmutter, Mutter und ich ( 14 Jahre alt) Schutz gesucht. Mein schwerkranker Großvater (82 Jahre alt) lag in der Wohnstube im Bett und weigerte sich in den Keller gebracht zu werden. Er sagte: Wenn mein Haus zerstört wird, dann soll es auch mich mit treffen. Am Nachmittag diese Tages hatten wir von unserem Garten aus beobachtet, dass am Rande eines ca. 5 km Luftlinie entfernten Waldgebietes bei Staitz hin und wieder Panzer aus ihrer Deckung fuhren und wieder verschwanden. Über uns zischten in Abständen von ungefähr 10 Minuten Geschosse hinweg. Wir waren uns der Gefahr nicht bewusst und gingen erst am späten Nachmittag in den Keller, als sich die Pau-

84 84 sen zwischen den Salven verringerten. Das war für uns wie eine Vorsehung, denn kurz danach schlug in unserem Garten ein Granate ein. Sie hinterließ ein großes tiefes Loch. Die Splitter beschädigten die nahe Hauswand, ohne jedoch bis ins Zimmer, wo mein Großvater lag, einzudringen. Den gegenseitigen Beschuss lieferten sich eine deutsche Haubitzeneinheit und die amerikanischen Panzer, die wir schon gesehen hatten. Die Deutschen hatten im Tal östlich unseres Ortes Stellung bezogen. Die Granaten, die über uns hinweg flogen, waren also deutsche und amerikanische. Am späten Abend kam mein Vater zu Fuß von seiner 20 km entfernten Arbeitsstelle nach Hause. Eisenbahn und Busse verkehrten nicht mehr. Wir waren sehr erleichtert, denn nun war unsere engere Familie wieder vollständig. Nach angemessener Zeit, immer lauschend, ob der Beschuss auch wirklich zu Ende war, verließen wir gegen Mitternacht den Keller. Ich ging mit meinem Vater zum Marktplatz. Das Bild, das sich uns dort bot, war für mich erschütternd. Ich hatte bisher noch keine größeren unmittelbaren Zerstörungen durch Bomben oder Granaten gesehen. Unsere Schule brannte. Es waren nur die Mauern übriggeblieben, die gespenstisch in den feuererhellten Himmel ragten. Inmitten der zerstörten Häuser stand fast unbeschädigt die Kirche. Die Amerikaner sollen versucht haben, den Kirchturm, auf dem sich der deutsche Beobachter befunden hätte, zu beschießen. Sie hatten aber keinen Erfolg. Über die deutsche Artillerieeinheit wusste ich etwas Bescheid. Zwei Tage vor dem Beschuss hatte ich eine Begegnung mit den Kommandeur dieser Truppe. Ich war auf unserem Feld mit der Vorbereitung des Ackers für das Kartoffelpflanzen beschäftigt. Am Feldrand hielt ein Geländewagen, ein deutscher Oberst stieg aus, ging auf mich zu und sagte: Du bist Jungvolkführer hier im Ort und sollst dich in der Gegend gut auskennen. Ich bitte dich um Auskünfte und auch um die Überlassung eventuell vorhandener Landkarten. Ich war richtig stolz, dass ein so hoher deutscher Offizier von mir Unterstützung wollte. Ich übergab ihm die Generalstabskarten aus unserer Gegend, die ich bei unseren Geländespielen verwendet hatte. Außerdem konnte ich seine Fragen über unseren Ort und die nähere Umgebung recht genau beantworten. Er meinte, dass wir unbesorgt sein könnten, denn er würde die Amerikaner aufhalten und sogar zurück drängen. Das erschien mir doch etwas übertrieben, denn man hörte schon in der Ferne den Kriegslärm und durch die Nachrichten des Londoner Rundfunks wusste ich, dass Westthüringen schon von den Amis erobert worden war. Noch heute - nach 60 Jahren - sehe ich das Bild vor meinem geistigen Auge, wie respektvoll ich mit dem Oberst sprach. Damals wünschte ich mir vielleicht, dass er mit seiner Siegeszuversicht recht behält. Später wurde berichtet, dass die deutsche Geschützeinheit von amerikanischen Granaten getroffen worden wäre. Deshalb hörte wohl in der Nacht auch plötzlich das Geschützfeuer auf. Wir fragten uns, wie konnten die Amis die Stellung der deutschen Verteidiger so genau erkunden? Sie hatten sich doch in einem schwer einsehbaren Tal gut getarnt. Die Antwort hierauf war einfach. Seit Tagen kreiste in unserer Gegend in geringer Höhe

85 85 ein feindliches Flugzeug, das wir fliegende Festung nannten. Es flog langsam und unbehelligt. Es hatte wahrscheinlich exakte Luftaufnahmen gemacht, die aktueller und genauer als das von mir übergebene Kartenmaterial waren. Daegen wechselten die amerikanischen Panzer ständig ihre Stellung und waren deshalb schwieriger abzuschießen. Als Junge habe ich mich für diese militärischen Fragen sehr interessiert und gestaunt, als die Amis mit ihren Jeeps und modernen Geländepanzern anrückten. Sie kamen am Tage nach dem Beschuss vom Westen her in großen Formationen über die von uns einsehbaren Felder und Wiesen auf unseren Ort zu. Wir beobachteten wiederum von unserem Garten aus den sich nähernden Feind. Trotz strengen Verbots hissten wir als Zeichen der Kapitulation eine weiße Fahne ( ein zurecht geschnittenes Betttuch). Wir waren dabei nicht frei von Angst, weil von Nachbarorten bekannt geworden war, dass fanatische SS Offiziere selbst Zivilisten erschossen hatten, weil diese eine weiße Fahne zeigten. Mein Elternhaus und die Nachbarhäuser waren von dichten Heckenzäunen umgeben. Die amerikanischen Soldaten betraten vorsichtig die Gärten und Gebäude. Sie trauten der weißen Beflaggung nicht 100 %. Mit sichernden Gewehren betraten 2 weiße Amerikaner und ein schwarzhäutiger Korporal unser Haus. Der gut deutsch sprechende Vorgesetzte beorderte uns in die Stube, in der mein kranker Großvater im Bett lag. Wir mussten die Hände über den Kopf halten und er behielt seine Waffe im Anschlag. Er fragte immer wieder, ob im Haus oder der Umgebung noch deutsche Soldaten wären. Die beiden anderen Amis durchsuchten derweil Haus, Scheune, Stall und Garten. Sie fanden meinen feldmarschmäßig gepackten Tornister, den ich aus der Jungvolkzeit hatte. Dort drin war alles recht gut zu verstauen. Ich hatte mir dieses zweckmäßige Gepäckstück zurecht gemacht, weil wir nicht wussten, was durch den Einmarsch der Gegner alles auf uns zukommt. Die Amerikaner glaubten, mein Vater und auch ich wären Soldaten. Sie meinten, wir hätten uns nur zur Tarnung Zivilkleidung angezogen. Die Papiere meines Vaters über seine Tätigkeit in der Rüstungsfabrik wurden schließlich akzeptiert. Mich aber wollten sie als Gefangenen mitnehmen. Meine Mutter verteidigte mich wie eine Löwin ihr Junges. Sie sagte immer wieder: Sie sehen doch, das ist noch ein Kind. Sie zeigte als Beweisstücke meine Kleidung und Schulhefte. Ihr gelang es damit, mich vor der Gefangennahme zu retten. In unserer Stadt wurden nur ganz wenige ehemalige Angehörige der deutschen Wehrmacht aufgespürt und abtransportiert. Allerdings ereignete sich ein Vorfall, der die Stimmung der Besatzer sehr zu unseren Ungunsten beeinflusste. Im Keller der abgebrannten Schule hatten sich einige Hitlerjungen aus Nachbardörfern verschanzt. Sie wollten als Wehrwolfeinheit die Amerikaner bekämpfen. Als sie sogar aus diesem Hinterhalt auf die Amis schossen, stürmten diese die Schule und nahmen die Jungen gefangen. Sie wurden abtransportiert und wir haben nie wieder etwas von ihnen gehört.

86 86 Die Besatzungssoldaten patrouillierten sehr häufig mit Ihren Jeeps durch alle Strassen und Gassen unseres Ortes. Sie schossen auf alles Verdächtige, so dass man selbst am Tage sehr vorsichtig sein musste. Von Abends 20,00 bis Frühmorgens 6,00 Uhr war Ausgangssperre. Wer in dieser Zeit noch außerhalb der Häuser angetroffen wurde, musste mit Festnahme und sogar Inhaftierung rechnen. Sehr häufig klopften versprengte deutsche Landser an unser Hoftor und baten zumindest während der Sperrzeit um Unterschlupf. Unser Haus erwies sich hierfür als günstig, weil es sich am Ortsrand befand. Wir gewährten in dieser Zeit fast täglich 3 4 Soldaten Unterkunft. Sie wurden auch zum Teil mit verpflegt. Alle wollten so schnell wie möglich, ohne noch in Gefangenschaft zu geraten, nach Hause. Wir zeigten ihnen dann am Tage die Schleichwege, auf denen sie weitgehend den Amis ausweichen konnten. Die meisten schafften auch die kilometerlangen Strecken und wurden dann manchmal in ihrem Heimatort noch gefangen genommen, weil sie sich nicht mehr versteckten. Als am im Radio die deutsche Kapitulation bekannt gegeben wurde, war dies für uns kein großes Ereignis. Für uns war am 16. April 1945 mit dem Einmarsch der Amerikaner bereits der Krieg zu Ende. Erstmals dachte ich in diesem Jahr am 20. April nicht mehr an den Geburtstag des Führers. Ja, auch bei mir keimte ein innerer Widerstand gegen das bisherige System. Heute wird viel darüber diskutiert, ob die Deutschen die Kapitulation als Niederlage oder als Befreiung empfanden. Mich interessierte damals beides nicht. Ich wollte einfach unbehelligt, ohne die Gefahren durch die Kriegsereignisse und frei von der ständigen Angst um Verwandte und Bekannte weiterleben. Das Kriegsende war damals für die Erwachsenen, das erfuhr ich aus Gesprächen, deprimierend. Immer wieder hörte ich, man hätte früher mit dem Krieg aufhören müssen. Außerdem gab es erste Unterhaltungen über Verbrechen im Dritten Reich, die bisher Tabuthemen waren. Nunmehr erzählte auch mein Vater von seinen Erlebnissen, die er kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner hatte, als er zu Fuß auf dem Nachhauseweg von seiner Arbeitsstelle war. Er sah mehrere Tote in Häftlingskleidung im Straßengraben liegen. Das waren Gefangene, die vom KZ Buchenwald aus auf dem sogenannten Todesmarsch nach Südwestdeutschland unterwegs waren. Wer nicht mehr weiter konnte wurde erbarmungslos liquidiert. Sehr glaubwürdig erzählten meine Eltern, dass sie zwar die Existenz der Vernichtungslager geahnt, aber niemals das Ausmaß des schrecklichen Geschehens vermutet hätten. Auch sie erfuhren näheres hierüber erst nach dem Krieg und waren wie viele Menschen fassungslos. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an ein Erlebnis Ende 1944 auf dem Bahnhof in Weimar. Ich fuhr als Jungvolkführer per Bahn zu einer Konferenz. Wegen Fliegeralarm rollte unser Zug auf ein Abstellgleis. In der Nähe standen Viehwaggons, aus deren Luken ausgemergelte und verzerrte menschliche Gesichter schauten.

87 87 Ich sah, wie am Zug entlang SS Soldaten liefen, die mit Stöcken gegen diese Antlitze schlugen und die Öffnungen schlossen. Das waren für mich grausige Bilder, die ich lange nicht vergessen konnte. Ich fragte meinen Lehrer was mit diesen Menschen geschieht. Er sagte: Das sind Gefangene, arbeitsscheues Gesindel, die in Lager zur Umerziehung gebracht werden. Von meinen Eltern erhielt ich nur ausweichende Antworten mit dem Hinweis, über die mich sehr bewegenden Erlebnisse mit niemanden in der Öffentlichkeit zu reden. In meiner Heimatstadt war der Gefängnisdirektor als Nationalsozialist bekannt. Einwohner, die sich mit ihm während des Feindalarms im Luftschutzkeller aufhielten, erzählten, dass er, als der Beschuss aufhörte, sagte: Jetzt hat es die Amerikaner erwischt, unsere deutschen Truppen werden sie zurückschlagen. Er hatte sich gründlich geirrt. Nach der Ankunft der Sieger übergab er den Gefängnisschlüssel und konnte heimlich verschwinden. Ich habe nie wieder etwas von ihm gehört. Die Amerikaner ließen in diesem großen Frauengefängnis alle frei. Sie kontrollierten nichts; auch die wirklichen Straftäter konnten das Weite suchen. In unserem Garten, der sich in der Nähe des Gefängnisses befand, entdeckten wir Häftlingskleidung, die von den Freigelassenen weggeworfen worden war. Man erzählte später, dass etliche Frauen sehr schnell wieder straffällig geworden sind und bald zurück in die ihnen bekannte Haftanstalt kamen. Am Tag nach dem Einmarsch der Amerikaner verbreitete sich die Parole: Das leere Kittchen wird gesprengt und die Bevölkerung kann vorher alles, was ihr gefällt, herausholen. Viele Menschen rannten los und stürmten regelrecht die offenstehenden Knasträume. Mit Handwagen, Tragkörben, Taschen und Säcken schleppten sie Wäsche, Wolldecken, Kleider, Nähmaschinen, Küchengeschirr, Armaturen und vieles andere mehr aus den Gebäuden. Nach vorsichtiger Orientierung, ob es eventuell auch keine Falschmeldung ist, begab ich mich gemeinsam mit meiner Mutter mit in den Trubel. Mich interessierten außerdem die Zellen und insgesamt das Innere einer Strafanstalt. Ich war schockiert, wie primitiv die Gefängnisinsassen leben mussten. Am nächsten Tag gaben die Amis bekannt: Das Gefängnis wird nicht gesprengt und wer die geplünderten Sachen nicht innerhalb der nächsten 4 Stunden zurück bringt, wird verhaftet und kann erschossen werden. Angst verbreitete sich, auch wir warfen, wie viele andere, die Gegenstände heimlich wieder über die Mauer der Vollzugsanstalt. Wir wollten uns wegen drei Wolldecken, etwas Zwirn und drei Bettbezügen nicht in Gefahr bringen. Konsequenzen gegenüber denjenigen, die nichts zurück brachten, kamen mir aber nicht zu Ohren. Nach wenigen Monaten wurde die Strafanstalt wieder ihrer Bestimmung zugeführt. Das Gefängnis wurde in den Jahren ab 1950 bis heute stark ausgebaut und das Areal vergrößert. Dafür musste das Schloss und dessen großer Garten leider weichen.

88 Links im Bild neben dem Schloss die Haftanstalt vor der Erweiterung des Gefängniskomplexes. Bild aus den dreißiger Jahren.. 88 Voller Entsetzen sahen wir Anfang Juli 1945 den Einmarsch der sowjetischen Truppen. Sie kamen an einem schönen Sommertag in einem langen Tross mit ungepflegten Pferdegespannen, klapprigen Autos und mit vielen Soldaten auf der Landstraße von Hohenölsen den Berg herauf in unsere Kleinstadt. Wir standen am Wegesrand bei der Stadtwaage und beobachteten den Einzug. Der große Unterschied zwischen den modernen Fahrzeugen der Amis und der uns primitiv erscheinenden Technik der Russen bestürzte uns sehr. Später wurde uns klar: Das einfache Kriegsgerät war robuster und immer einsatzfähig. Freilich, die auch vorhandene moderne Technik der Sowjets sahen wir nicht. Ich verglich in der Folge oft die uns beim Einzug der Russen aufgefallenen Gegensätze mit den Unterschieden zwischen dem DDR Fahrzeug Trabant und den mit Elektronik vollgestopften Westautos. Wir konnten uns bei fast allen Pannen selbst helfen. Mit den West- PKW s kommt man ohne Werkstatthilfe nicht weiter. Wir hatten anfänglich Angst vor den Sowjets. Wahrscheinlich wirkte noch immer das Feindbild der Hitlerpropaganda nach. Zu einem Tauschhandel kam es nicht. Die Frontkämpfer, für die der Krieg noch nicht zu Ende war, nahmen sich alles was sie brauchten und ihnen gefiel. Über die Besatzer wurden viele Geschichten erzählt. Ich habe einiges davon als Realität erlebt. Ein Soldat nahm mir auf belebter Straße unvermittelt mein Fahrrad weg. Niemand half mir oder kümmerte sich darum. Als er nicht damit zurecht kam, warf er es hin und ich durfte weiterfahren. Zwei Russen kamen in unser Gehöft und räumten die Eiernester leer. Sie gingen wieder, aber wir mussten zuschauen und waren zum Nichtstun und Schweigen verurteilt.

89 89 Ebenso wehrlos waren wir, als Sowjetsoldaten unsere Fahrräder aus der Scheune holten und spurlos verschwanden. In diesem Falle konnten wir nicht ganz ausschließen, ob nicht sogar verkleidete deutsche Diebe, die damals ihr Unwesen trieben, beteiligt waren. All das war nicht erlaubt, aber uns schien es, dass sich die sowjetischen Vorgesetzten gar nicht um Plünderungen kümmerten. Ich spreche erst jetzt offen über diese Geschehnisse, denn in der DDR waren diese Themen tabu und die befohlene Deutsch Sowjetische Freundschaft unantastbar. Offiziell gab es gleich nach dem Kriege keine Verbindungen zu den sowjetischen Soldaten. Im Gegensatz zu den Amis ließ deren äußeres Erscheinungsbild in Kleidung und Sauberkeit zu wünschen übrig. Als Sieger und Besatzer hatten sie aber das Sagen. Davon machten sie regen Gebrauch, besonders durch die bekannten SMA-Befehle (Sowjetische Militär Administration ) Diese konnten wir am Aushang vorm Bürgermeisteramt lesen. Mit geringer Freude erfuhren wir auf diese Weise auch, dass im Oktober 1945 der Schulunterricht wieder begann. Die schöne lange Ferienzeit war damit zu Ende. Wir dachten eigentlich, das zerstörte Schulgebäude und die entlassenen Nazi- Lehrer zögen den Schulbeginn noch etwas hinaus. Der Unterricht begann in Gaststätten und anderen Ausweichquartieren. Ältere Lehrer, die keine Genossen der Nazipartei waren und sogenannte Neulehrer, die im Schnellverfahren ausgebildet wurden, begannen uns zu unterrichten. Ich musste bis zum Abschluss der 8. Klasse noch ein Jahr in die Volksschule gehen. 13. Epilog Ab wann wird der Mensch erwachsen und reif fürs Leben? Geredet wird vom Erwachsensein schon zur Konfirmation, in der DDR zur Jugendweihe. Der Gesetzgeber hat als Ende der Jugendzeit ein Lebensalter von 18 Jahren festgelegt. Ich meine: Die Phase des Erwachsenseins beginnt mit der Zeit, ab der man Verantwortungen übernehmen muss. Ebenso ist nicht ganz eindeutig, mit welchem Alter die Kindheit aufhört und der Übergang zur Jugendzeit beginnt. Ich meine, dass bei allen diesen Fragen das jeweilige Zeitgeschehen und die Lebensverhältnisse eine große Rolle spielen. Aus der Not geboren musste ich als Dreizehnjähriger schon viele Erwachsenenarbeiten verrichten. Unter diesen Gesichtspunkten endete meine Kindheit Viele meiner Gedanken und Handlungen waren aber ebenso in den weiteren 2 3 Jahren sehr kindlich, so dass ich diese Zeit meiner Kindheit zurechne. Aus den dargestellten Erlebnissen, die vordergründig Einigkeit und Einvernehmen in unserer Familie zeigten, ergab sich für mich eine echte Obhut im Eltern- und Großelternhaus. Sie stand im Widerspruch zum turbulenten Leben außerhalb dieses Schutzes. Über meine damalige häusliche Geborgenheit bin ich bis heute sehr glücklich. Die auf Stärke, Macht und Menschenverachtung ausgerichtete Gesellschaft während meiner Kindheit wirkte sich deshalb nicht negativ auf mein Leben aus. Die nach dem Kriegsende mir bekannt gewordenen Gräueltaten prägten meine künftige Haltung zur

90 90 strikten Ablehnung jeglicher Gewalt, die ich als Kind in Jungvolk und Schule erlebte und die ich durch den Krieg verherrlicht sah. Auch aus diesem Grunde erzähle ich meine diesbezüglichen Kindheitserlebnisse, die zum Teil ein typisches Bild dieser Zeit sind. Ich will damit meine Nachfahren zum Nachdenken anregen. Ich würde mich freuen dadurch Verbündete für Toleranz sowie Achtung des Lebens und der Menschenwürde zu gewinnen. Vita des Autors Kindheitserlebnisse in den Jahren 1936 bis 1945 in der Ostthüringer Kleinstadt Hohenleuben Ernst Woll wurde 1931 in der Ostthüringer Kleinstadt Hohenleuben geboren und ist dort aufgewachsen. Nach dem Abitur 1950 in Greiz schloss sich ein veterinärmedizinisches Studium in Leipzig an. Er promovierte 1958 und übte anschließend in Thüringen im Bezirk Erfurt verschiedene tierärztliche Tätigkeiten aus. Ab 1966 arbeitete er im Institut für Veterinärwesen in Bad Langensalza als stellvertretender Direktor und auf dem Gebiet der veterinärmedizinischen Bauhygiene. Er qualifizierte sich in einem Fernstudium zum Bauingenieur. Ab 1974 übernahm er im Bezirk Erfurt leitende Aufgaben in der tierärztlichen Lebensmittelhygiene bis er 1994 Rentner wurde. E. Woll ist seit 1952 verheiratet, hat 4 Kinder und wohnt ab 1960 in Erfurt. Im Ruhestand findet er Zeit für sein Hobby, erlebte Geschichte aufzuzeichnen.

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