MERKBLATT. Auslandsvermögen im Erbfall. I. Zivil- / erbrechtliche Erwägungen. Inhalt
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- Hansi Maurer
- vor 8 Jahren
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1 Auslandsvermögen im Erbfall Inhalt I. Zivil- / erbrechtliche Erwägungen 1. Materielles Erbrecht (Erbstatut) 2. Form letztwilliger Verfügungen 3. Gemeinschaftliche letztwillige Verfügungen II. Erbschaft- und Schenkungsteuer 1. Steuerpflicht im Inland 2. Vermeidung der Doppelbesteuerung Erbrechtliche Sachverhalte mit Auslandsbezug haben in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnnen. Dies liegt zum einen an der zunehmenden Mobilität und der Tatsache, dass Anlagemöglichkeiten im Ausland vermehrt wahrgenommen werden. Zum anderen wächst auch die Bedeutung des betrieblichen Auslandsvermögens gerade im Bereich des Mittelstands, was im Rahmen der Unternehmensnachfolgeplanung zu beachten ist. Da das ausländische Recht sowohl in erbrechtlicher als auch in erbschaft- und schenkungsteuerlicher Hinsicht vom deutschen Recht abweicht, zeigt dieses Merkblatt Fallstricke auf, die zu erheblichen finanziellen Nachteilen führen können und erläutert Lösungswege. I. Zivil- / erbrechtliche Erwägungen Ein Auslandsbezug kann sich im Erbfall dadurch ergeben, dass der Erblasser (auch) im Besitz einer ausländischen Staatsbürgerschaft ist oder aus dem Vorhandensein von Auslandsvermögen (z. B. ausländischem Grundbesitz, ausländischen Bankkonten). In einem ersten Schritt ist daher stets zu klären, welches Recht Anwendung findet. Für die Behandlung von Nachlassfällen mit Auslandsbezug sind zunächst die Regelungen des deutschen Internationalen Privatrechts (Art. 25, 26 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch EGBGB) heranzuziehen. Hierbei ist zwischen der Form einer letztwilligen Verfügung (Formstatut) und den materiellen erbrechtlichen Wirkungen (Erbstatut) zu unterscheiden. 1. Materielles Erbrecht (Erbstatut) 1.1 Bestimmung des anwendbaren Rechts Gem. Art. 25 Abs. 1 EGBGB unterliegt die Erbfolge dem Heimatrecht des Erblassers. Das Heimatrecht wird hierbei bestimmt durch die Staatsangehörigkeit des Erblassers im Todeszeitpunkt. Eine Rückverweisung auf deutsches
2 Recht und eine Weiterverweisung des Heimatrechts auf das Recht eines dritten Staates ist gem. Art. 4 EGBGB zu beachten. Hat eine Person neben der deutschen Staatsangehörigkeit eine oder mehrere weitere Staatsangehörigkeiten, ist die deutsche Staatsangehörigkeit aus deutscher Sicht ausschlaggebend. Da die Staatsangehörigkeit von zentraler Bedeutung für das Erbstatut ist, muss ihrer Feststellung besondere Bedeutung beigemessen werden. Bestehen mehrere Staatsangehörigkeiten, wird durch entsprechende Gestaltungsmaßnahmen sichergestellt, dass sich hierdurch bei der Nachlassabwicklung keine Probleme ergeben. Auch bei Vorliegen nur einer Staatsbürgerschaft können sich durch Rück- und Weiterverweisungen Schwierigkeiten ergeben. Der einfachste Fall ist, dass sowohl Deutschland als Wohnsitzstaat als auch der Staat, dem der Erblasser angehört, an die Staatsangehörigkeit anknüpfen. Beispiel: Ein italienischer Staatsangehöriger mit letztem Wohnsitz in Deutschland verstirbt. Aus Sicht des deutschen Internationalen Privatrechts beurteilt sich die Erbfolge nach dem Recht des Staates, dem der Erblasser im Todeszeitpunkt angehörte. Dies ist im vorliegenden Beispiel Italien. Demnach ist italienisches Recht anwendbar. Die Verweisung des deutschen Rechts umfasst als sog. Gesamtverweisung auch das Internationale Privatrecht Italiens. Es wird also nicht direkt italienisches Erbrecht angewandt. Das italienische Internationale Privatrecht beurteilt das Erbstatut ebenfalls nach dem Staatsangehörigkeitsprinzip, so dass auch aus italienischer Sicht italienisches Erbrecht zur Anwendung kommt. Dies ist aber nicht zwingend der Fall. Gerade im angloamerikanischen Rechtskreis herrschen andere Prinzipien vor. Das anglo-amerikanische Recht unterscheidet zwischen beweglichem und unbeweglichem Nachlassvermögen. Während sich die Rechtsnachfolge von Todes wegen für unbewegliches Vermögen i. d. R. nach dem Recht am Ort der Belegenheit des Grundstücks (lex rei sitae) richtet, ist für die Bestimmung des auf den beweglichen Nachlass anwendbaren Rechts das domicile des Erblassers entscheidend. Der Begriff des domicile ist nicht mit dem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des deutschen Rechts zu verwechseln; er erfordert neben dem tatsächlichen Aufenthalt an einem bestimmten Ort den Willen, dort sowohl dauerhaft zu bleiben als auch das domicile zu errichten. Deutschland erkennt für ausländische Grundstücke die Verweisung auf das ausländische Recht an (Vorrang des Einzelstatuts vor dem Gesamtstatut, Art. 3 Abs. 3 EGBGB). Durch die unterschiedliche Anknüpfung für bewegliche und unbewegliche Nachlassgegenstände kann es zu einer sog. Nachlassspaltung kommen. Beispiel: Ein deutscher Staatsbürger mit Wohnsitz in Deutschland hinterlässt neben anderen Vermögensgegenständen ein Grundstück und ein Bankkonto in Florida. Nach deutschem Internationalen Privatrecht findet auf den Sachverhalt deutsches Erbrecht Anwendung. Aus USrechtlicher Sicht ist das Recht des Teilstaates Florida anzuwenden. Dieses wendet für das Grundstück das Recht des Staates Florida und für das Bankkonto deutsches Recht an. Es ergibt sich daher bzgl. des Grundstücks ein Konflikt in der Rechtsanwendung beider Staaten, der durch die Anwendung des Einzelstatuts aus deutscher Sicht dahingehend gelöst wird, dass das deutsche Recht über Art. 3 Abs. 3 EGBGB ebenfalls das Recht Floridas als Belegenheitsstaat anwendet. Aus dem vorstehenden Beispiel ergibt sich sehr deutlich, dass jeder beteiligte Staat zunächst sein eigenes Internationales Privatrecht auf einen Sachverhalt anwendet. Da die beteiligten Staaten oftmals ähnliche Prinzipien anwenden, können Konflikte meist vermieden werden. Dies ist allerdings nicht gesichert, da Fälle mit Auslandsberührung einen besonderen Schwierigkeitsgrad aufweisen und daher eine zutreffende Behandlung der Sachverhalte gerade im Ausland nicht immer gesichert ist. Eine Rechtswahl ist nach deutschem Internationalen Privatrecht nur begrenzt möglich, wenn ein ausländischer Staatsbürger für im Inland belegenes unbewegliches Vermögen deutsches Recht wählen möchte (Art. 25 Abs. 2 EGBGB). Dies führt regelmäßig zur Nachlassspaltung. Kennt das Heimatrecht des Erblassers, auf welches das deutsche Recht verweist, eine Rechtswahl, wird diese Rechtswahl vom deutschen Recht anerkannt. Dies ist insbesondere im Rechtsverkehr mit der Schweiz von Bedeutung. Beispiel: Ein deutscher Staatsbürger verzieht unter Aufgabe seines deutschen Wohnsitzes in die Schweiz und verstirbt dort. Aus Sicht des deutschen Internationalen Privatrechts findet deutsches Recht als Heimatrecht des Erblassers Anwendung. Nach dem Internationalen Privatrecht der Schweiz beurteilt sich die Erbfolge nach dem Recht am Wohnsitz des Erblassers (Art. 90 Abs. 1 schw.iprg), was vorliegend zur Anwendung Schweizer Rechts führen würde. Deutsche und Schweizer Gerichte kämen daher bei der Beurteilung des Sachverhalts zu unterschiedlichen Ergebnissen.
3 Ergeben sich bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts durch die beteiligten Staaten Probleme und besteht die Möglichkeit einer (teilweisen) Rechtswahl, sollte diese Möglichkeit zur Beseitigung eines möglichen Konflikts genutzt werden 1.2 Umfang des Erbstatuts (Formstatut) Das Erbstatut umfasst alle mit dem Erbfall zusammenhängenden Fragen, insbesondere die dinglichen Wirkungen des Erbfalls, den Erwerb der Erbschaft, den Umfang des Nachlasses, die Rechtsstellung der Erben und ihre Rechtsbeziehungen untereinander, die Erbquoten, Pflichtteils- und Noterbenrechte, die Auslegung von letztwilligen Verfügungen, die Haftung für Nachlassverbindlichkeiten. 1.3 Abgrenzung zu anderen Statuten Es bestehen jedoch in einigen Bereichen Abgrenzungsschwierigkeiten zu anderen Statuten. So können sich im Bereich des Erbrechts des Ehegatten Spannungen ergeben, wenn sich die güterrechtlichen Ansprüche, für die sich das anwendbare Recht nach dem Güterrechtsstatut (Art. 15 EGBGB) ergibt, nach einer anderen Rechtsordnung bemessen als die erbrechtlichen. Insbesondere der Zugewinnausgleich im Todesfall ( 1371 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch BGB) kann Probleme bereiten. Diese Konflikte werden durch eine Anpassung/Angleichung korrigiert, indem entweder der Verweisungsumfang der Kollisionsnorm entsprechend eingeschränkt wird oder ein materiell-rechtlicher Ausgleich unter Berücksichtigung der Interessenlage gefunden wird. Auch hinsichtlich des Erwerbs und Verlusts von Mitgliedschaftsrechten in Gesellschaften können sich Konflikte ergeben. Diese Fragestellungen beurteilen sich nach dem Gesellschaftsstatut. Insbesondere bei Personengesellschaften bestehen wegen der starken persönlichen Bindung der Gesellschafter in den einzelnen Rechtsordnungen für den Todesfall Sonderregelungen. Hier entscheidet grundsätzlich das Gesellschaftsstatut darüber, ob die Gesellschafterstellung überhaupt vererblich ist. Damit bestimmt zwar das Erbstatut darüber, wer Erbe wird, welche Rechte der Erbe allerdings aus dem Gesellschaftsverhältnis herleiten kann, bestimmt das Gesellschaftsstatut. Die Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften bereitet dagegen regelmäßig keine Schwierigkeiten, da der Bestand der Gesellschaft durch den Tod des Anteilseigners nicht berührt wird. 2. Form letztwilliger Verfügungen Im Gegensatz zur sehr strengen Orientierung am Staatsangehörigkeitsprinzip für die Bestimmung des Erbstatuts, besteht für die Beurteilung der Formgültigkeit letztwilliger Verfügungen (Formstatut) eine Vielzahl von Anknüpfungen. Grund hierfür ist zum einen, dass die Rechtswirksamkeit einer letztwilligen Verfügung möglichst gewahrt werden soll, zum anderen, dass im Bereich der Formwirksamkeit eher die Beweisführung als der Inhalt im Vordergrund steht. Daher sieht das deutsche Internationale Privatrecht eine letztwillige Verfügung als form-wirksam an, die nach dem Recht eines Staates, zu dem Berührungspunkte bestehen, form-wirksam ist (vgl. Art. 26 EGBGB). Dies entspricht der Rechtslage in vielen, trifft aber nicht auf alle Staaten zu. So findet diese Handhabung aufgrund der verschiedenen Teilrechtsordnungen nicht in allen Staaten der USA Anwendung. In der Praxis bereitet gerade die Frage der Formwirksamkeit einer letztwilligen Verfügung Probleme, so dass hierauf ein besonderes Augenmerk gelegt werden sollte, da dieser Mangel nicht mehr geheilt werden kann. Eine letztwillige Verfügung sollte immer daraufhin überprüft werden, ob sie nach dem Recht aller beteiligten Staaten formwirksam ist. Oftmals ist es empfehlenswert, ein auf das im jeweiligen ausländischen Staat belegene Vermögen beschränkte letztwillige Verfügung unter Beachtung der Gepflogenheiten des ausländischen Staates zu errichten. Wird ein solches Testament errichtet, sollte es am besten zweisprachig (deutsch/landessprache) abgefasst sein. So können weitere Verzögerungen und Unklarheiten vermieden werden. 3. Gemeinschaftliche letztwillige Verfügungen In Deutschland werden von Eheleuten oftmals gemeinschaftliche Testamente errichtet. Hierdurch wird der Aufwand für die Eheleute verringert. Zudem ist der überlebende Ehegatte an die wechselbezüglichen Verfügungen ( 2270 BGB) grundsätzlich gebunden. Diese Bindungswirkungen kennzeichnen auch den Erbvertrag ( 2274 ff. BGB), wobei deren Anerkennung im Ausland nicht gewährleistet ist.
4 Viele Länder des romanischen Rechtskreises erkennen eine lebzeitige Bindung des Erblassers an letztwillige Verfügungen nicht oder nur teilweise an. Beispiel 1: Italienisches Recht: Die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments oder Erbvertrags ist als Verstoß gegen die Testierfreiheit nicht möglich. Eine Umdeutung in zwei einzelne Testamente wird i. d. R. abgelehnt. Beispiel 2: Auch das französische Recht erkennt gemeinschaftliche letztwillige Verfügungen nur in einem eng umgrenzten Bereich an. Zwar wird in Teilen die Formwirksamkeit bejaht, die Bindungswirkungen aber abgelehnt. Bezüglich der Frage, ob eine Rechtsordnung ein gemeinschaftliches Testament oder einen Erbvertrag anerkennt, ist zu unterscheiden: Ordnet eine Rechtsordnung ein Verbot aus rein formellen Gründen an, beurteilt sich dies nach dem Formstatut. Sieht die fremde Rechtsordnung das Verbot gemeinschaftlicher Testamente und Erbverträge als Frage des materiellen Rechts an, richtet sich die Bestimmung des anwendbaren Rechts nach dem Erbstatut. Beispiel: Ein deutsches Ehepaar mit Grundbesitz in Frankreich errichtet ein gemeinschaftliches Testament. Frankreich erkennt dieses Testament nach allgemeinen kollisionsrechtlichen Regeln als formwirksam an. Allerdings führt das französische Internationale Privatrecht dazu, dass für französischen Grundbesitz französisches nationales Recht anzuwenden ist. Das französische Recht lässt gegenseitige Bindungen in letztwilligen Verfügungen nicht zu. Folglich gelten die Bindungswirkungen eines formwirksamen gemeinschaftlichen Testaments nicht für den französischen Grundbesitz. Noch kritischer gestaltet sich die Behandlung von Erbverträgen im französischen Recht. Diese werden oftmals aufgrund des Verstoßes gegen das Verbot wechselseitiger Bindungen letztwilliger Verfügungen weder formell noch materiell anerkannt, was zur Anwendung der gesetzlichen (französischen) Erbfolge für französischen Grundbesitz führen kann. Auch eine Umdeutung in zwei Einzeltestamente ist in diesen Fällen nicht möglich. Eine Ausnahme besteht allenfalls für vor der Ehe abgeschlossene Eheverträge, die teilweise wie ein gemeinschaftliches Testament anerkannt werden. Diese Behandlung ist allerdings nicht durch die höchstrichterliche Rechtsprechung der französischen Gerichte gesichert. Sofern ein gemeinschaftliches Testament oder ein Erbvertrag errichtet werden soll, das/der auch Auslandsvermögen betrifft, wird im Staat der Belegenheit des Auslandsvermögens geprüft werden, ob aus dessen Sicht die jeweilige letztwillige Verfügung anerkannt wird. Sind mehrere ausländische Rechtsordnungen betroffen, wird diese Prüfung für jede ausländische Rechtsordnung vorgenommen. Bestehen Zweifel bei der Anerkennung, wird ein gesondertes Testament für das jeweilige Auslandsvermögen errichtet, wobei darauf geachtet wird, dass der Zusammenhang mit der nach deutschem Recht errichteten letztwilligen Verfügung klar zum Ausdruck kommt. II. Erbschaft- und Schenkungsteuer 1. Steuerpflicht im Inland Ein weiterer wichtiger Punkt bei Überlegungen im Rahmen der Nachfolgeplanung ist die Optimierung der Steuerbelastung bei Auslandsvermögen. Deutschland hat nur mit sehr wenigen Staaten ein Doppelbesteuerungsabkommen auf dem Gebiet der Erbschaft- und Schenkungsteuer abgeschlossen: Dänemark, Frankreich (unterzeichnet am , aber noch nicht in Kraft getreten), Griechenland (beschränkt auf bewegliches Nachlassvermögen), Österreich (beschränkt auf die Erbschaftsteuer aber: gekündigt zum !) Schweden, Schweiz, USA. Damit stellt sich das Problem einer Doppelbesteuerung in zahlreichen Fällen mit Auslandsberührung. Anknüpfungspunkt der deutschen Erbschaft- und Schenkungsteuer sind entweder die Verbindung der beteiligten Personen oder des betroffenen Vermögens zum Inland. Dabei ist wie folgt zu unterscheiden: 1.1 Unbeschränkte Steuerpflicht Der unbeschränkten Steuerpflicht ( 2 Abs. 2 Satz 1 Erbschaftsteuergesetz ErbStG) unterliegen Fälle, in denen Erblasser oder Begünstigte ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Der deutschen Erbschaftsteuer unterliegt dann der gesamte Vermögensanfall (Weltvermögen), unabhängig von der Belegenheit der einzelnen Vermögensgegenstände. In diesem Zusammenhang wird oftmals übersehen, dass ein Wohnsitz des Erblassers oder Begünstigten in Deutschland ausreichend ist. Abzustellen ist hierbei auf den steuerlichen Wohnsitzbegriff ( 8 Abgabenordnung AO). Anders als ihren gewöhnlichen Aufenthalt, kann eine Person gleichzeitig mehrere Wohnsitze im In- und Ausland haben. Ausreichend für die Begründung einer unbe-
5 schränkten Erbschaftsteuerpflicht im Inland ist, wenn Erblasser oder Begünstigter eine Wohnung in Deutschland innehaben, also tatsächlich über sie verfügen und sie als Bleibe nicht nur vorübergehend nutzen können. Eine Mindestanzahl von Nutzungstagen (z. B. 183 Tage) ist nicht erforderlich. Beispiel: Ein deutscher Staatsbürger hat seinen Lebensmittelpunkt in Tschechien, aber auch eine Wohnung in Deutschland, die er in unregelmäßigen Abständen für Besuche nutzt. Er verstirbt in Tschechien. Es bestehen Wohnsitze in Deutschland und Tschechien. Damit unterliegt der Nachlass unabhängig vom Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt der Erben in Deutschland der unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht. Soweit eine unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht im Inland vermieden werden soll, dürfen sowohl Erblasser als auch der jeweilige Begünstigte keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland mehr haben (zur erweiterten unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht vgl. nachstehend). Soweit eine Wohnung im Inland besteht, sollte sie vollständig aufgegeben, eine bestehende Eigentumswohnung z. B. fremdvermietet oder verkauft werden. Dies erfordert i. d. R. eine sorgfältige Planung und kann nicht von heute auf morgen umgesetzt werden. 1.2 Erweitert unbeschränkte Steuerpflicht Selbst wenn die Beteiligten ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im Inland aufgegeben haben, kann sich eine Steuerpflicht im Rahmen der erweitert unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht ( 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ErbStG) ergeben, wenn seit der Aufgabe im Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls noch keine fünf Jahre verstrichen sind. Anders als die unbeschränkte Steuerpflicht, die auch ausländische Steuerpflichtige erfasst, unterliegen der erweitert unbeschränkten Steuerpflicht nur deutsche Staatsangehörige. Eine kurzfristige Wohnsitzverlegung verhindert daher nicht das Eingreifen der deutschen unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht. 1.3 Beschränkte Steuerpflicht Die beschränkte Steuerpflicht ( 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) kommt zum Tragen, wenn die Voraussetzungen der (erweitert) unbeschränkten Steuerpflicht nicht vorliegen. Sie erfasst ausschließlich das Inlandsvermögen ( 121 Bewertungsgesetz BewG), d. h. insbesondere inländisches Land- und forstwirtschaftliches Vermögen; inländisches Grundvermögen; inländisches Betriebsvermögen einschließlich Sonderbetriebsvermögen bei Vorliegen einer Betriebsstätte oder der Bestellung eines ständigen Vertreters im Inland; Anteile an Kapitalgesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland bei mittelbarer oder unmittelbarer Beteiligung des Steuerpflichtigen oder von ihm nahestehenden Personen ( 1 Abs. 2 AStG) von mindestens 10 %; Wirtschaftsgüter, die einem inländischen Gewerbebetrieb zur Nutzung überlassen wurden; Forderungen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter oder aus partiarischen Darlehen, wenn der Schuldner Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hat; Forderungen, die durch inländischen Grundbesitz gesichert sind. Der persönliche Freibetrag beträgt nur ( 16 Abs. 2 ErbStG); ein Versorgungsfreibetrag ( 17 ErbStG) wird nicht gewährt. Der Abzug von Schulden und Lasten ( 10 Abs. 6 Satz 2 ErbStG) ist auf das Inlandsvermögen beschränkt. Die beschränkte Steuerpflicht kann daher bei großen Inlandsvermögen nachteilig sein. 1.4 Erweitert beschränkte Steuerpflicht Neben der beschränkten Steuerpflicht besteht die erweitert beschränkte Steuerpflicht, wenn ein deutscher Staatsangehöriger in den letzten zehn Jahren vor seinem Wohnsitzwechsel in ein niedrig besteuertes Gebiet mindestens fünf Jahre in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war und im Inland wesentliche wirtschaftliche Interessen hat ( 2 AStG). Da die erweitert unbeschränkte Steuerpflicht der erweitert beschränkten Steuerpflicht vorgeht, greift diese im Regelfall nur für die zweite Hälfte des zehnjährigen Anwendungsbereichs. Erfasst wird im Grundsatz das gesamte im Inland belegene Vermögen (erweitertes Inlandsvermögen). Das der erweitert beschränkten Steuerpflicht unterliegende Inlandsvermögen kann z. B. dadurch reduziert werden, dass Bankkonten bei inländischen Kreditinstituten auf ausländische Banken verlagert und bewegliche Wirtschaftsgüter ins Ausland verbracht werden. 2. Vermeidung der Doppelbesteuerung Besteuern sowohl Deutschland als auch ein ausländischer Staat den Vermögensübergang im Rahmen der Erbschaftsteuer besteht im Rahmen der (erweitert) unbeschränkten Steuerpflicht, soweit kein Doppelbesteuerungsabkommen
6 besteht, die Möglichkeit der Anrechnung der ausländischen Erbschaftsteuer. Dies gilt jedoch nur, soweit sie der deutschen Erbschaftsteuer vergleichbar ist und nur bis zur Höhe der in Deutschland auf das Auslandsvermögen entfallenden Steuer ( 21 ErbStG). Beispiele: Dies ist insbesondere im Verhältnis zu Kanada problematisch. Kanada erhebt keine Erbschaftsteuer, sondern besteuert z. B. die Übertragung von Grundbesitz im Erbfall als fiktiven Veräußerungsvorgang im Rahmen der Ertragsbesteuerung. Diese Steuer ist in Deutschland nicht anrechenbar und kann nur als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden. Vermieden werden kann dies in bestimmten Konstellationen durch das Halten des Grundbesitzes in einer nicht kanadischen Gesellschaft mit ausreichend anderem Vermögen. Besteht ein Doppelbesteuerungsabkommen, wird i. d. R. die Anrechnungsmethode gewährt, so dass sich im Wesentlichen die gleichen Rechtsfolgen ergeben. Eine Ausnahme bildet (noch) das Doppelbesteuerungsabkommen mit Österreich, welches das Besteuerungsrecht jeweils nur einem Staat zuordnet und damit im Ergebnis den jeweiligen Vermögensgegenstand im anderen Staat von der Besteuerung freistellt. Quelle: Chlepas, BBEV 2007 S. 116 Rechtsstand:
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