Pflichtenumfang eines Versicherungsmaklers
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- Brit Schuster
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1 NEWSLETTER VERSICHERUNGS- UND VERSICHERUNGSVERTRIEBSRECHT SEPTEMBER 2015 Pflichtenumfang eines Versicherungsmaklers Das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm, Az. I 18 U 132/14, 18 U 132/14) hat entschieden, dass sich der Maklerauftrag gegenüber einem Versicherungsmakler in der Regel nur auf das ihm zur Prüfung bzw. Optimierung aufgegebene Risiko bzw. Objekt bezieht. Eine allgemeine Verpflichtung, die gesamte Versicherungssituation des Kunden ungefragt einer umfassenden Prüfung zu unterziehen, besteht hingegen nicht. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Beklagte war Versicherungsmakler und wurde vom Kläger und dessen Ehefrau im Jahr 2009 durch einen schriftlichen Maklervertrag beauftragt. In diesem Zusammenhang erhielt der Beklagte einen Ordner mit Unterlagen zu bestehenden Versicherungen der Eheleute. Hierin war unter anderem eine Wohngebäudeversicherung enthalten. Diese hatte eine feste Laufzeit bis zum Die Wohngebäudeversicherung umfasste jedoch nicht das ebenfalls im Eigentum des Klägers stehende Lagerzelt auf dem Grundstück der Eheleute. Dieses Zelt brannte im Juni 2010 aufgrund vorsätzlicher Brandstiftung ab. Der Kläger verlangt nun vom Beklagten Schadensersatz, da dieser ihn darüber hätte aufklären müssen, dass das Lagerzelt nicht von der bestehenden Wohngebäudeversicherung mit umfasst gewesen war. Der Kläger habe dem Beklagten den Ordner mit sämtlichen Versicherungsunterlagen mit der Maßgabe übergeben, alle Versicherungen zu überprüfen und Angebote über bessere bzw. preiswertere Versicherungen einzuholen. Der Beklagte hingegen behauptet, es sei im Hinblick auf die Wohngebäudeversicherung vereinbart worden, dass er für diese erst zum Ablauf der Bestandsversicherung, also zum Ende des Jahres 2012, ein Angebot für einen neuen Versicherungsvertrag habe erstellen sollen. Er habe selbst keinerlei Kenntnis von der Existenz des Lagerzeltes gehabt. Das OLG hat entschieden, dass dem Kläger kein Schadensersatz zusteht. Dem Beklagten sei kein Pflichtverstoß vorzuwerfen. Aus der Sachwalter-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folge, dass ein Maklerauftrag sich in der Regel nur auf das aufgegebene Risiko und Objekt beziehe. Eine umfassende Analyse der gesamten Versicherungssituation sei hingegen ohne ausdrückliche Vereinbarung nicht im Pflichtenprogramm des Maklers enthalten. Dieses beschränke sich vielmehr auf das konkrete Absicherungsanliegen des Versicherungsnehmers und die in diesem Zusammenhang dem Makler erkennbaren weiteren Absicherungsbedürfnisse. Hinsichtlich solcher Risiken, die dem Makler nicht zur Prüfung aufgegeben seien, insbesondere für ihm unbekannte Risiken, würde somit keine Beratungs- und Betreuungspflicht ausgelöst werden. In einem solchen Fall habe er seine Bedarfsermittlung und seine Empfehlungen auch auf solche Objekte und Risiken zu erstrecken, die ersichtlich von dem konkreten Absicherungsinteresse des Kunden erfasst sind. Ein Erforschen ohne weitere tatsächliche Anhaltspunkte ist jedoch über den bestehenden Auftrag hinaus nicht notwendig. Etwas anderes könne sich jedoch dann ergeben, wenn der Makler offensichtlich erkenne, dass möglicherweise Lücken im bestehenden Versicherungsschutz vorhanden sind. Diesbezüglich treffen ihn immer Aufklärungs- und Beratungspflichten.
2 FAZIT Ein Maklerauftrag bezieht sich in der Regel nur auf das zur Prüfung aufgegebene Risiko und Objekt. Insoweit bestehen stets umfassende Prüfpflichten. Dies bedeutet, dass der Makler für einen individuellen, passenden Versicherungsschutz zu sorgen hat. Dazu gehört die Ermittlung des bestehenden Risikos, die Prüfung des Objekts und die umfassende Unterrichtung des Kunden. Darüber hinaus hat treffen den Makler Erkundigungs- sowie Aufklärungspflichten stets dann, wenn er mögliche Lücken im bestehenden (sonstigen) Versicherungsschutz erkennt. Dies verdeutlicht, wie wichtig es ist, den Auftragsumfang klar abzustecken und die entsprechende Eingrenzung auch beweisen zu können. Dem Makler ist zu empfehlen, den beauftragten Beratungsgegenstand präzise zu dokumentieren. Newsletter-Abo Wenn Sie regelmäßig aktuelle Informationen zum Versicherungs- und Versicherungsvertriebsrecht und anderen Rechtsgebieten erhalten möchten, können Sie auf kostenfrei unsere Newsletter abonnieren. Geschiedener Ehegatte beruft sich erfolgreich auf die Bezugsberechtigung Der Bundesgerichtshof (BGH IV ZR 437/14) hatte sich mit der Frage zu befassen, ob sich die Bezeichnung verwitweter Ehegatte als Bezugsberechtigter bei Versicherungsleistungen auf den zum Zeitpunkt der Einräumung des Bezugsrechts mit dem Versicherungsnehmer verheirateten Ehegatten bezieht oder auf den Ehegatten, mit dem der Versicherungsnehmer zum Todeszeitpunkt verheiratet war. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin war in erster Ehe mit E verheiratet, der Versicherungsnehmer hinsichtlich einer Lebensversicherung bei der Beklagten war. E ist am verstorben. E war mit der Streithelferin S von 1987 bis 2002 verheiratet. Am ließen sich E und S scheiden. Am heiratete E die Klägerin, mit der er bis zu seinem Tod verheiratet blieb. Im Jahr 1987 hatte der Arbeitgeber des E eine Lebensversicherung auf das Leben des E als versicherte Person abgeschlossen. Hierin bestimmte er, dass im Todesfall der Anspruch auf den verwitweten Ehegatten übergeht. Der beklagte Versicherer forderte E 1997 auf, zu erklären, wer in seinem Todesfall Bezugsberechtigter sein solle. Auch hier gab der Ehemann E an: der verwitwete Ehegatte. Nach dem Tod des E zahlt die Beklagte die Versicherungssumme an S, die ehemalige Ehegattin des E aus. Eine Auszahlung der Versicherungssumme an die Klägerin lehnte die Beklagte ab. Die Klägerin versuchte gerichtlich die Auszahlung der Versicherungssumme an sich zu erreichen. Der BGH hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass die Erklärung der verwitwete Ehegatte als Bezugsberechtigter im Todesfall regelmäßig dahingehend auszulegen sei, dass der mit dem Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt der Bezugsrechtserklärung verheiratete Ehegatte bezugsberechtigt sein solle. Es handele sich bei der Bestimmung der Bezugsberechtigung um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Die Auslegung dieser Erklärung beziehe sich auf den Zeitpunkt, zu dem der Versicherungsnehmer seine Erklärung abgebe. Spätere Umstände seien grundsätzlich unerheblich. Der Wortlaut Ehegatte enthalte keinen Anhaltspunkt dafür, dass ein Versicherungsnehmer damit nicht den zum Zeitpunkt der Erklärung mit ihm verheirateten Ehegatten, sondern allgemein diejenige Person begünstigen wollte, die zum Zeitpunkt seines Todes mit ihm verheiratet sein würde. Es handele sich bei der Vorstellung hinsichtlich der Bezugsberechtigung immer um eine ganz bestimmte, lebende Person,
3 nicht um eine abstrakte Bezeichnung. Auch der Zusatz des Wortes verwitwet ändere nichts daran, dass der Versicherungsnehmer seinen zum Zeitpunkt der Erklärung vorhandenen Ehegatten als Bezugsberechtigten einsetzen möchte. Dieser Zusatz solle sich nur darauf beziehen, dass eine Bezugsberechtigung erst im Todesfall entsteht. Eine Aussage dahingehend, dass hierdurch der aktuelle Ehegatte zum Todeszeitpunkt gemeint ist, sei damit nicht verbunden. Auch sei die Bezugsberechtigung infolge der Scheidung im Jahre 2002 nicht entfallen. Die Benennung eines Ehegatten als Bezugsberechtigten könne ohne Hinzutreten besonderer Anhaltspunkte nicht als auflösend bedingt durch eine Scheidung angesehen werden. Es gäbe keine Lebenserfahrung, wonach anzunehmen sei, dass das Bezugsrecht nur für den Fall des Bestehens der Ehe zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls gewährt werden solle. E habe im Jahr 1997 sein Bestimmungsrecht erneut ausgeübt ohne Einschränkung im Hinblick auf mögliche Bezugsberechtigte. Außerdem sei keine Änderung des Bezugsrechts erfolgt. Eine solche müsse dem Versicherer gegenüber schriftlich angezeigt werden. Hieran fehle es jedoch. FAZIT Die Angabe des verwitweten Ehegatten als Bezugsberechtigten im Todesfalls ist regelmäßig dahingehend auszulegen, dass damit die Person gemeint ist, die zum Zeitpunkt der Erklärung mit dem Versicherungsnehmer verheiratet ist. Im Falle der Scheidung muss eine Änderung der Bezugsberechtigung durch ausdrückliche, schriftliche Erklärung gegenüber dem Versicherer erfolgen. Nur so ist sichergestellt, dass der ehemalige Ehegatte nicht mehr bezugsberechtigt ist. Hilfsmittel gleicher Art bei Krankheitskostenversicherung Der Bundesgerichtshof (BGH IV ZR 181/14) hat entschieden, dass es bei Leistungen für Hilfsmittel gleicher Art in Tarifbedingungen jeweils auf den konkreten Verwendungszweck des Hilfsmittels ankommt. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Dem Kläger wurde im Jahr 2011 sein linkes Bein ab dem Oberschenkel amputiert. Er erhielt hieraufhin eine Kniegelenksprothese mit einem Anschaffungswert von ca ,00 Euro. Diese Prothese wird gespeist von einem Akku und unterstützt durch einen elektrischen Antrieb den Bewegungsablauf. Aufgrund der in der Prothese enthaltenen Sensoren und Mikroprozessoren eignet sich diese nach Ansicht des Klägers nicht für den Einsatz in Situationen, in denen sie der Gefahr von Spritzwasser ausgesetzt sei. Der Kläger verlangt somit von seinem privaten Krankheitskostenversicherer, dem Beklagten, die Erstattung von knapp 8.500,00 Euro für die Anschaffung einer Badeprothese. Der Beklagte hingegen meint, die Badeprothese würde eine Überversorgung darstellen, für die er nicht aufkommen müsse. Zudem lasse sich die Gelenksprothese des Klägers bereits durch einen Skinüberzug, der für 350,00 Euro erhältlich sei, ausreichend vor Spritzwasser schützen. Außerdem müsse er laut Versicherungsbedingungen für die Kostenerstattung für Hilfsmittel gleicher Art nur einmal innerhalb von drei Kalenderjahren aufkommen. Der BGH hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass es sich bei der Badeprothese um eine grundsätzlich erstattungsfähige Beinprothese handele. Ein Einsatz der bestehenden Prothese könne wegen der spritzwasserempfindlichen Technik zunächst keinen Ausgleich in denjenigen Lebenssituationen bieten, in denen der Kläger einer Spritzwassergefahr ausgesetzt sei. Jedoch könne der Beklagte seine Leistung auf einen angemessenen Betrag herabsetzen, wenn die Maßnahme das medizinisch notwendige Maß übersteigt. In diesem Fall käme der Einsatz eines Skinüberzug für nur 350,00 Euro in Betracht. Eine ausreichende Prüfung, ob ein solcher tatsächlich ausreichenden Schutz vor Spritzwasser biete, sei durch das Berufungsgericht jedoch nicht erfolgt.
4 Insoweit findet eine Zurückweisung an das Berufungsgericht zur erneuten Entscheidung statt. Der BGH verwies zudem darauf, dass die Erstattungspflicht des Beklagten für die Anschaffungskosten der Badeprothese nicht daran scheitere, dass die Tarifbedingungen eine Erstattungsfähigkeit für Hilfsmittel gleicher Art lediglich einmal innerhalb von drei Kalenderjahren vorsehen. Im Hinblick auf die Auslegung dieser Klausel komme es nicht auf die bloße Einordnung in die Begriffe des Hilfsmittelkatalogs an. Ein Versicherungsnehmer nehme grundsätzlich an, dass es durch den Zusatz gleicher Art auf den konkreten Verwendungszweck des betroffenen Hilfsmittels ankommt. Die Klausel beziehe sich somit im Ergebnis lediglich auf eine Begrenzung sogenannter Zweitversorgung oder auf Ersatzbeschaffungen. Bei einer Badeprothese stehe jedoch der Zweck im Vordergrund, einen ausreichenden Schutz vor Spritzwasser zu bieten und die Mobilität des Klägers dort zu gewährleisten, wo sich die Hauptprothese als ungeeignet erweist. Im Vergleich zur Hauptprothese handle es sich bei der Badeprothese somit nicht um ein Hilfsmittel gleicher Art, welches der 3-Jahres-begrenzung unterfiele. FAZIT Bezüglich der Erstattungsfähigkeit von Hilfsmitteln muss somit immer der konkrete Verwendungszweck des Hilfsmittels geprüft werden. Entscheidend ist, ob tatsächlich ein anderes Hilfsmittel erforderlich ist, oder ob der gewünschte Verwendungszweck nicht durch zusätzliche Maßnahmen erreicht werden kann. Erfolgreicher Widerspruch auch noch nach Jahren Das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm I-20 U 56/14, 20 U 56/14) hat entschieden, dass eine Widerspruchsbelehrung nach 5a VVG a.f., in der es nur heißt: Sie können diesen Versicherungsvertrag innerhalb von 14 Tagen nach Zugang dieses Schreibens widersprechen auch dann unwirksam ist, wenn dem Versicherungsnehmer tatsächlich zugleich Versicherungsschein, Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen zugegangen sind, aber für den Versicherungsnehmer nicht deutlich wird, dass es für den Fristbeginn auch darauf ankommt. Der Kläger hat am bei der Beklagten den Abschluss einer Kapitallebensversicherung beantragt. Im Antragsformular wurde darauf hingewiesen, dass innerhalb von 14 Tagen nach Aushändigung des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformation in Textform dem beantragten Versicherungsvertrag widersprochen werden könne. Am erhielt der Kläger den Versicherungsschein und einen Hefter, worin unter der Überschrift Können Sie vom Versicherungsvertrag zurücktreten? erneut die Widerspruchsmöglichkeit des Versicherungsnehmers erörtert worden war. Neben dem Versicherungsschein und dem Hefter wurde ein zweiseitiges Policenbegleitschreiben übermittelt, in welchem es in Fettdruck hieß: Sie können diesem Versicherungsvertrag innerhalb von 14 Tagen nach Zugang dieses Schreibens widersprechen. Die Klägerin hat mit anwaltlichem Schreiben vom Widerspruch erhoben und die Beklagte zur Rückzahlung des Gesamtbetrags aufgefordert. Das OLG sieht den Widerspruch des Klägers als rechtzeitig an, da eine ordnungsgemäße Belehrung nicht erfolgt sei. Die Belehrung im Antragsformular genüge nicht der im Gesetz vorgeschriebenen Belehrung bei Aushändigung des Versicherungsscheins. Die Belehrung in den Verbraucherinformationen genüge bereits aus formellen Anforderungen nicht. Die vorgeschriebene Deutlichkeit der Belehrung fehle. Außerdem müsse in diesem Zusammenhang beachtet werden, dass sich die Belehrung unter dem Überpunkt Rücktrittsrecht befindet. Ein solches Rücktrittsrecht werde jedoch durch den Widerspruch gerade nicht gewährt. Auch die Widerspruchsbelehrung im Policenbegleitschreiben genüge nicht den Anforderungen des Gesetzes. Hierin werde nur bezüglich des Fristbeginns auf den Zugang dieses
5 Schreibens verwiesen. Hierdurch werde dem Empfänger nicht ausreichend verdeutlicht, dass es bezüglich des Fristlaufes ebenfalls auf die Überlassung des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformationen ankommt. Damit läge eine fehlerhafte Widerspruchsbelehrung vor, die dazu führe, dass die Widerspruchsfrist nicht zu laufen begonnen habe und der Widerspruch noch ausgesprochen werden konnte. FAZIT Diese Entscheidung erging zur alten Rechtslage und betrifft Altfälle. An die Widerspruchsbelehrung im Policenmodell sind hohe Anforderungen zu stellen. Wie bereits in unseren früheren Newslettern erläutert, erlischt ein Widerspruchsrecht aufgrund fehlerhafter Widerspruchsbelehrung nicht. Es empfiehlt sich daher nach wie vor, Altverträge im Hinblick auf die Wirksamkeit der Widerspruchsbelehrung zu prüfen, v. a. dann, wenn der Kunde sich aus dem Vertrag lösen möchte. Der BGH hat entschieden, dass die Beklagte einen Risikozuschlag erheben dürfe. Hintergrund hierfür sei, dass die Beklagte hinsichtlich der Herkunfts- und Zieltarife unterschiedliche Kalkulationsstrukturen habe. Die Grundprämie des Herkunftstarifs sei höher kalkuliert, da hier eine größere Bandbreite möglicher Risiken bereits abgedeckt sei. Im Zieltarif seien jedoch weniger Risiken in der Grundprämie abgedeckt, so dass diesbezüglich mehr Risikozuschläge erhoben werden würden. Erhebung eines individuellen Risikozuschlags bei Tarifwechsel in privater Krankenversicherung Der Bundesgerichtshof (BGH IV ZR 70/15) hatte darüber zu entscheiden, ob ein privater Krankenversicherer dazu berechtigt ist, bei Wechsel von einem Tarif mit Pauschalprämie in einen Tarif mit Grundprämie, einen individuellen Risikozuschlag zu erheben. Der Kläger ist seit bei der Beklagten nach den Tarifen VS und V (im Folgenden Herkunftstarif) im Rahmen einer Krankheitskostenversicherung versichert. In seinem Antrag hierzu hatte er bei den Gesundheitsfragen Nierensteinzertrümmerung rechts angegeben. Die Risikoeinstufung wurde im Herkunftstarif zum Pauschaltarif ohne Risikozuschlag mitversichert. Im November 2010 beantragte der Kläger den Wechsel in den Kompakttarif A+ (im Folgenden Zieltarif). Die Beklagte verlangte für den Fall des Tarifwechsels die Zahlung eines monatlichen Risikozuschlags. Hiergegen wehrt sich der Kläger. Dem Versicherungsnehmer stehe grundsätzlich ein Anspruch auf Tarifwechsel zu. Hiernach könne ein Versicherungsnehmer bei einem bestehenden unbefristeten Versicherungsverhältnis vom Versicherer verlangen, dass dieser seinen Antrag auf Wechsel in andere Tarife mit gleichartigem Versicherungsschutz unter Anrechnung der aus dem Vertrag erworbenen Rechte und der Alterungsrückstellung annehme. Ein Recht auf Freiheit von Risikozuschlägen, auch in einem völlig anders kalkulierten Tarif, erwerbe der Versicherungsnehmer mit dem Abschluss des Vertrages zu einer Pauschalprämie hingegen nicht. Das Tarifwechselrecht solle den Versicherungsnehmer nur vor überhöhten, nicht aber vor risikogerechten Beiträgen schützen. Hinsichtlich der Zuschlagsmöglichkeit ändere auch der Umstand nichts, dass die Bewertung des Gesundheitszustandes zu den aus dem vorherigen Vertrag erworbenen Rechten zähle. Der Versicherer dürfe von einer Gesundheitsprüfungseinstufung nicht zu Ungunsten des Versicherten abweichen, wenn sich im Lichte späterer Erkennt-
6 nisse die damalige Einstufung als zu günstig erwiesen hat. Eine solche Änderung der Risikoeinstufung sei vorliegend jedoch nicht vorgenommen worden. Der Versicherer habe lediglich die Folgen daraus gezogen, dass der Kläger im Herkunftstarif in einer Pauschalprämie versichert war, während im Zieltarif ein Risikozuschlag hinsichtlich des Zustands nach der Nierensteinzertrümmerung zu erheben war. Durch die Erhebung des Risikozuschlags werde auch der Tarifwechsel des Klägers nicht unzumutbar erschwert. Trotz Risikozuschlags läge die Prämie im Zieltarif unter der Prämie im Herkunftstarif. FAZIT Ein Tarifwechsel in einer privaten Krankenversicherung durch den Versicherungsnehmer ist grundsätzlich möglich. Ein solcher Tarifwechsel kann jedoch mit einem individuellen Risikozuschlag im Zieltarif verbunden werden. Dies ist i. d. R. dann möglich, wenn zwischen Herkunftsund Zieltarif unterschiedliche Kalkulationsstrukturen bestehen. Eine entsprechende Voranfrage beim Versicherer ist daher sinnvoll. AUTORINNEN ULRIKE SPECHT Rechtsanwältin Fachanwältin für Erbrecht Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht Leitende Partnerin TATIANA AUBURGER, LL.M. Rechtsanwältin Fachanwältin für Versicherungsrecht
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8 Paluka Sobola Loibl & Partner Rechtsanwälte Prinz-Ludwig-Straße Regensburg Tel: Fax Partnerschaftsgesellschaft Amtsgericht Regensburg PR39
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