8 Die Bundesregierung
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- Theresa Brinkerhoff
- vor 6 Jahren
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1 8 Die Bundesregierung 1. Kann der Bundespräsident aufgrund seines Vorschlagsrechts die Wahl eines bestimmten Kandidaten durch den Bundestag erzwingen? Nein. Wenn der vom Bundespräsident Vorgeschlagene nicht gewählt wird, kann der Bundestag innerhalb von zwei Wochen mit absoluter Mehrheit einen Kandidaten wählen, ohne an den Vorschlag des Bundespräsidenten gebunden zu sein (Art. 63 Abs. 3 GG). (Rdnr. 421) 2. Was unterscheidet die dritte von der zweiten Stufe der Kanzlerwahl? Während auf der zweiten Stufe nämlich innerhalb der 2-Wochen-Frist nach fehlgeschlagener Kanzlerwahl die absolute Mehrheit erforderlich ist, reicht auf der dritten Stufe die relative Mehrheit. (Rdnr. 422) 3. Ist der Bundespräsident verpflichtet, einen mit relativer Mehrheit gewählten Kandidaten zum Bundeskanzler zu ernennen? Nein, der Bundespräsident kann stattdessen den Bundestag auflösen (Art. 63 Abs. 4 Satz 3 GG). (Rdnr. 422) 4. Hat es in der Geschichte der Bundesrepublik bei der Wahl des Bundeskanzlers einen zweiten Wahlgang gegeben? Nein, der Bundeskanzler ist bislang stets im ersten Wahlgang gewählt worden. (Rdnr. 423) 5. Wodurch ist die persönliche Rechtsstellung des Bundeskanzlers gekennzeichnet? Der Bundeskanzler ist Träger eines öffentlichen Amtes, aber kein Beamter. Die Privilegien der Immunität und Indemnität genießt er nur, wenn er zugleich Abgeordneter ist. (Rdnr. 424) 6. Wie ist die Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers zu definieren und welche Grenzen sind ihr gesetzt?
2 2 Eine überzeugende Definition ist bislang nicht gelungen. Die Richtlinienkompetenz umfasst in jedem Fall die Letztentscheidungsbefugnis des Bundeskanzlers in hochpolitischen Angelegenheiten. Insofern ist es unzutreffend, die Richtlinie in einen Gegensatz zur Einzelfallentscheidung zu setzen. Der Richtlinienkompetenz ist aber insoweit eine Grenze gesetzt, als der Bundeskanzler nicht in die Ressorts hineinregieren darf. Richtlinien sind stets an den verantwortlichen Minister zu richten. (Rdnr. 426 ff.) 7. Was versteht man unter der Organisationsgewalt des Bundeskanzlers? Im Bereich der Bundesregierung kommt dem Bundeskanzler die Organisationsgewalt zu, ohne dass dies im Grundgesetz ausdrücklich niedergelegt wäre. Hierzu gehört die Errichtung und Abschaffung von Bundesministerien. Allerdings müssen derartige Maßnahmen durch den Haushaltsplan abgesichert werden. (Rdnr. 437 f.) 8. Was ist unter der Geschäftsleitungsbefugnis des Bundeskanzlers zu verstehen? Die Geschäftsleitungsbefugnis bezieht sich auf die Bundesregierung, also das Kollegialorgan, deren Geschäfte der Bundeskanzler leitet. (Rdnr. 441) 9. Was ist unter der Vertrauensfrage zu verstehen? Die Vertrauensfrage ist ein Antrag des Bundeskanzlers an den Bundestag, ihm das Vertrauen auszusprechen. Er bedarf der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, also der gleichen Mehrheit, die für die Wahl des Bundeskanzlers auf der ersten und zweiten Stufe erforderlich ist. (Rdnr. 443) 10. Woraus ergibt sich, dass die Vertrauensfrage mit einer Gesetzesvorlage oder einer anderen Vorlage verbunden werden kann? Die Verbindung von Vertrauensfrage und Gesetzesvorlage ist ausdrücklich in Art. 81 Abs. 1 Satz 2 GG erwähnt, entspricht aber auch im Übrigen der Staatspraxis. Der Antrag nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 GG kann folglich mit jedem Gegenstand verbunden werden, für den ein Parlamentsbeschluss erforderlich ist. (Rdnr. 443 f.)
3 3 11. Welches ist die Rechtsfolge der Verbindung von Vertrauensfrage und einer Gesetzesvorlage? Da es sich um eine Antragseinheit handelt, ist auch für den Gesetzesbeschluss die im Übrigen nicht vorgesehene absolute Mehrheit erforderlich. Das gleiche gilt für andere Parlamentsbeschlüsse, die normalerweise ebenfalls mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. (Rdnr. 448) 12. Welches ist die Folge, wenn ein Antrag nach Art. 68 GG nicht die Zustimmung der Mehrheit der Bundestagsabgeordneten findet? In diesem Fall kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers den Bundestag innerhalb von 21 Tagen auflösen (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 GG). (Rdnr. 450) 13. Könnte der Bundeskanzler auch die Vertrauensfrage stellen, um Neuwahlen zu erreichen, wenn er sich der parlamentarischen Mehrheit sicher sein kann? Das Bundesverfassungsgericht hat hiergegen Bedenken geäußert. In der Staatspraxis ist der Bundestag jedoch schon aufgrund einer rein formellen Auflösungslage aufgelöst worden. (Rdnr. 450) 14. Welches ist die Besonderheit des konstruktiven Misstrauensvotums? Der Bundestag spricht dem Bundeskanzler das Misstrauen dadurch aus, dass er einen anderen Bundeskanzler wählt. Verfassungsrechtlich ausgeschlossen ist es also, einem amtierenden Bundeskanzler das Vertrauen zu entziehen, ohne zugleich einen neuen Bundeskanzler zu wählen. Hiermit soll verhindert werden, dass sich zwar eine Parlamentsmehrheit gegen einen Regierungschef zusammenfindet, sich aber nicht zugleich für einen anderen Bundeskanzler entscheiden kann. (Rdnr. 451) 15. Hat es in der Geschichte der Bundesrepublik Fälle des Misstrauensvotums gegeben? Ja, allerdings fand der Misstrauensantrag gegen Bundeskanzler Willy Brandt nicht die erforderliche Mehrheit, während der Misstrauensantrag gegen Bundeskanzler Helmut Schmidt erfolgreich war. (Rdnr. 453)
4 4 16. Was bedeutet es, dass die Bundesminister ihren Geschäftsbereich selbständig leiten? Die Selbständigkeit besteht gegenüber dem Bundeskanzler, dessen Richtlinien allerdings einzuhalten sind. Die Bundesminister haben anders als die Secretaries des amerikanischen Präsidialsystems also eine verselbständigte Organstellung. (Rdnr. 459) 17. Welche Bundesminister sind durch das Grundgesetz besonders hervorgehoben worden? Z.B. der Bundesverteidigungsminister, dem die Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte zugewiesen ist (Art. 65 a GG). Dem Bundesfinanzminister kommt bei überplanmäßigen oder außerplanmäßigen Ausgaben ein Zustimmungsrecht zu (Art. 112 GG). Auch das Justizministerium wird im Grundgesetz ausdrücklich erwähnt (Art. 96 Abs. 2 Satz 4 GG). Diese und andere Ressorts stehen nicht zur Disposition. (Rdnr. 462) 18. Wem gegenüber besteht die Verantwortlichkeit der Bundesminister? Gegenüber dem Bundestag. Dass die Minister gegenüber dem Bundeskanzler, auf dessen Vorschlag sie ernannt worden sind und entlassen werden können, verantwortlich sind, versteht sich von selbst. Die eigene Verantwortung im Sinne des Art. 65 Satz 2 GG bezieht sich indessen auf das Parlament, das Minister jederzeit zur Rechenschaft ziehen kann. (Rdnr. 463 ff.) 19. Hat der Bundestag die Möglichkeit, durch Mehrheitsbeschluss einen Minister zum Rücktritt zu zwingen? Nein, entsprechende Beschlüsse sind als schlichte Parlamentsbeschlüsse nicht verbindlich. Der Bundestag könnte einen Bundesminister deshalb nur über ein gegen den Bundeskanzler gerichtetes konstruktives Misstrauensvotum stürzen. (Rdnr. 466) 20. Welche Prinzipien sind in Art. 65 GG niedergelegt? Das Kanzlerprinzip, das Ressortprinzip und das Kabinettsprinzip. Die Prinzipien sind bis zu einem gewissen Grade gegenläufig und bedürfen der Harmonisierung. (Rdnr. 469) 21. Hat das Kabinett allein die Funktion, Meinungsverschiedenheiten zwischen den Bundesministern zu entscheiden?
5 5 Keineswegs, die Bundesregierung, die vom Bundeskanzler und den Bundesministern gebildet wird, ist ein oberstes Staatsorgan mit ausgeprägten Kompetenzen, von denen die Streitentscheidung nur eine darstellt. (Rdnr. 469 f.) 22. Kann die Bundesregierung Rechtsverordnungen auch im Umlaufverfahren beschließen? Ja, die Bundesminister müssen aufgrund der Fristen aber die Möglichkeit der Beteiligung haben. (Rdnr. 471) 23. Welches Organ der Europäischen Union ist am ehesten mit der Bundesregierung vergleichbar? Die Kommission, die ebenfalls kollegial organisiert ist. (Rdnr. 473) 24. Worin unterscheidet sich die Bestellung der Kommission von der der Bundesregierung? Anders als die Bundesregierung muss die Kommission nach der Wahl ihres Präsidenten auch als Organ vom Parlament bestätigt werden. (Rdnr. 474)
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