Produktionsschulen in Hamburg: Organisatorische, rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen & erste Erfahrungen
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1 Produktionsschulen in Hamburg: Organisatorische, rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen & erste Erfahrungen Dr. Cortina Gentner Behörde für Schule und Berufsbildung Freie und Hansestadt Hamburg
2 Produktionsschulen in Hamburg Hamburg beschreitet neue Wege Hamburg 2008 Koalitionsvertrag CDU GAL (v , S. 12): Neugestaltung der Berufsvorbereitung & teilqualifizierender Berufsfachschule unter Berücksichtigung von Prinzipien der Produktionsschule neue Produktionsschulen in freier Trägerschaft... in jedem Bezirk einen Standort... insgesamt bis zu 500 Plätze
3 Produktionsschulen in Hamburg Der politische Wille 24. Juni 2009: Beschluss der Bürgerschaft über die Einrichtung und Finanzierung neuer Produktionsschulen in Hamburg (Drucksache 19/2928) Der Senat strebt die stufenweise Einrichtung neuer Produktionsschulen in freier Trägerschaft in allen Bezirken mit insgesamt bis zu 500 Plätzen an. (...) sollen diese Einrichtungen des Übergangs zwischen Schule und Beruf in einem marktnahen Produktions- und Arbeitsprozess Lernumgebungen anbieten, die es Schulabgängern, die eine allgemeinbildende Schule ohne Abschluss verlassen haben und der Schulpflicht unterliegen, ermöglichen, den Weg in Ausbildung und Beschäftigung zu finden. (ebd., S. 1)
4 Produktionsschulen in Hamburg Organisatorische, rechtliche und finanzielle Verortung (1) Produktionsschulen sind keine Schulen im Sinne des Hamburger Schulgesetzes, sondern Einrichtungen, die von Bildungsträgern in freier Trägerschaft betrieben werden (Drucksache 19/2928, S. 2) ABER: Bestandteil der Schulstruktur (im Übergangssystem Schule Beruf) und entsprechend über den Bildungshaushalt gesichert und finanziert Die monatlichen TN-Kostensätze betragen in den ersten beiden Jahren der Aufbauphase 750 bzw. 700 Euro und in den Folgejahren 650 Euro (= Kosten im schulischen Berufsvorbereitungsjahr in HH) -> hier Änderung ab 01. August 2011: 750 Euro monatlicher TN- Kostensatz (Drucksache 19/8472 vom 18. Januar 2011: Maßnahmen zur Umsetzung der Reform der beruflichen Bildung in Hamburg, S. 5)
5 Produktionsschulen im Übergangssystem Organisatorische, rechtliche und finanzielle Verortung (2) Produktionsschulen sind ein die Erfüllung der Schulpflicht an Berufsvorbereitungsschulen ersetzendes Angebot Produktionsschulen sind vorrangig ein ausbildungs- und berufsvorbereitendes Bildungs-, Beratungs- und Betreuungsangebot Produktionsschulen sind ein wichtiger Baustein im Rahmen der Hamburger Bildungsreform: eine Säule des neustrukturierten Übergangssystems Schule Beruf alternatives pädagogisches Konzept zur Ausbildungsvorbereitung an berufsbildenden Schulen (AV dual)
6 Produktionsschulen im reformierten Hamburger Übergangssystem Geförderte Ausbildung Oberstufe StS GYM Vollschul. Ausbildung BFS vq Betriebliche Ausbildung HAM (Anrechnung Berufsqualifizierung) BG-GYM 11. Schuljahr HAM (Berufsqualifizierung) Ausbildungsreife vorhanden Ausbildungsvorbereitung (in Verbindung mit EQ/ QuAS) Produktionsschulen Produktionsschulen Ausbildungsreife partiell/ nicht vorhanden 7./ 8. bis 10. Schuljahr Berufs- und Studienorientierung Stadtteilschule In Kooperation mit berufsbildenden Schulen und außerschulischen Partnern (Quelle: Drucksache der Bürgerschaft 19/8472 vom (Maßnahmen zur Umsetzung der Reform der beruflichen Bildung in Hamburg, S. 3)
7 Produktionsschulen in Hamburg Umsetzung 1999: Betriebsbeginn in der Produktionsschule Altona bis 2011 sollen bis zu 500 Plätze in bis zu zehn Produktionsschulen stufenweise eingerichtet werden; in jedem Bezirk mind. eine Produktionsschule 10/ 2009: vier neue Produktionsschulen nehmen ihren Betrieb auf (in Barmbek, Bergedorf, Billstedt-Horn und Steilshoop) 09/2010: Einrichtung weiterer Produktionsschulen in Eimsbüttel, Wilhelmsburg und Harburg??? : 3. Ausbaustufe vorerst ausgesetzt (Qualität vor Quantität) 346 Gesamtplätze in sieben Produktionsschulen (Stand 10/2011)
8 Produktionsschulen in Hamburg (2011) Produktionsschule Altona Produktionsschule Steilshoop Produktionsschule Barmbek Produktionsschule Billstedt-Horn Produktionsschule Wilhelmsburg Produktionsschule Bergedorf Produktionsschule Harburg
9 Produktionsschulen in Hamburg Merkmale (1) verbindliche Arbeitsgrundlage: Bürgerschafts-Drucksache 19/2928, Grundzüge für Produktionsschulen in Hamburg vom 15. Oktober 2009 sowie Hamburger Qualitätsstandards vom 16. Oktober 2010 grundsätzliche Übereinstimmungen mit Produktionsschulprinzipien des Bundesverbandes Produktionsschulen ABER auch Hamburgische Besonderheiten: produziert wird in i.d.r. in mindestens 3 Berufsfeldern (mit Bezug zum Hamburger Ausbildungs- und Arbeitsmarkt) ein übergeordneter Entwicklungsbeirat wird eingerichtet sozial- und bildungsräumlicher Bezug
10 Produktionsschulen in Hamburg Merkmale (2) Zielgruppe 1: Jugendliche, die... im allgemeinbildenden Schulwesen noch schulpflichtig sind... ohne und mit erstem allgemeinbildenden Schulabschluss... nicht über die erforderliche Ausbildungs- und Betriebsreife verfügen schulpflichtersetzend: für die Zeit der Produktionsschule werden die Jugendlichen von der Schulpflicht befreit ( 39 Abs. 2 HmbSG) -> für alle Hamburger Produktionsschulen einheitlicher TN-Vertrag vereinbart mit den Jugendlichen u.a. die regelmäßige Teilnahme ( 5 Fehlzeiten bzw. 6 Betriebs- und Arbeitsordnung) und damit die schulpflichtersetzende Förderung gesichert Zielgruppe 2 Schülerinnen und Schüler (SuS) der Sekundarstufe 1 (Mindestalter: 15 Jahre) Auszeit -Modell (max. 3 Monate, 5 SuS aus dem allgemeinbildenden Bereich pro Produktionsschule, vorerst zeitlich befristet bis ) Auszeit -Modell: SuS werden von Stammschulen für max. 3 Monate beurlaubt
11 Erste Erfahrungen & weitere Handlungs- und Gestaltungsbedarfe Hamburger Produktionsschulen haben, bundesweit betrachtet, eine Sonderstellung: Einrichtung auf der Basis eines Parlamentsbeschlusses (Drs. der Bürgerschaft 19/2928 vom ) Finanzierung und Sicherung über den Bildungshaushalt der Freien und Hansestadt Hamburg (die monatlichen TN-Kostensätze betragen 750 Euro) sind keine Schulen im Sinne des Hamburger Schulgesetzes, sondern Einrichtungen, die von Bildungsträgern in freier Trägerschaft betrieben werden bilden eine Säule des neustrukturierten Übergangssystems Schule Beruf: alternatives pädagogisches Konzept zur Ausbildungsvorbereitung an berufsbildenden Schulen (AV dual) für schulpflichtige, aber noch nicht ausbildungsreife Jugendliche ohne und mit erstem allgemeinbildenden Abschluss
12 Erste Erfahrungen & weitere Handlungs- und Gestaltungsbedarfe Hamburger Produktionsschullandschaft durch politischen Willen und auf der Basis eines Parlamentsbeschlusses gesetzt -> bildungspolitisch: down up-modell nicht ausreichende Kommunikation bei schulischen Akteuren befördert Konkurrenzängste, Ablehnung und erschwert die ohnehin schwierige Aufbau- und Konsolidierungsphase der Produktionsschulen PS: eine Säule im neustrukturierten Übergangssystems Schule Beruf: (nach schwierigen behördeninternen fachlichen Debatten) in einem weiteren Parlamentsbeschluss festgeschrieben -> als alternatives pädagogisches Konzept zur Ausbildungsvorbereitung an berufsbildenden Schulen (AV dual) (Drs. der Bürgerschaft 19/8472 vom ) PS als integraler Bestandteil der Hamburger PS-Landschaft (allgemein- wie berufsbildender Bereich) (Programmebene) Bekanntheit und Anerkennung notwendig (Umsetzungsebene)
13 Erste Erfahrungen & weitere Handlungs- und Gestaltungsbedarfe Rechtliche Verortung keine Schulen im Sinne des Hamburger Schulgesetzes schulpflichtersetzend: für die Zeit der Produktionsschule werden die Jugendlichen von der Schulpflicht befreit ( 39 Abs. 2 HmbSG) -> Hilfskonstruktion über einheitlichen TN-Vertrag ( 5 Fehlzeiten bzw. 6 Betriebs- und Arbeitsordnung) > schulische Erziehungsund Ordnungsmaßnahmen ( 44 HmbSG) finden keine Anwendung gleichwohl Zuordnung der Produktionsschulen im Hamburger Schulsystem (z.b. Bildungs- und Teilhabepaket, Schülerticket HVV, Schüler-EDV-Pakete, Datenschutz und Umgang mit personenbezogenen Daten ) notwendig Relevanz für automatische Zugänge der Schulen im staatlichen System: Fortbildungsprogramme des Landesinstituts für Lehrerbildung, Soft- und Hardwarepflege der Technik eindeutigere Regelungen: Produktionsschulen entsprechend ihrer tatsächlichen Verortung und Relevanz im Schulgesetz kodifizieren
14 Erste Erfahrungen & weitere Handlungs- und Gestaltungsbedarfe Finanzierung über den Bildungshaushalt gesichert und finanziert <-> Finanzierungssicherheit der Produktionsschulen außerhalb von HH Einrichtung und Betrieb der PS: durch Zuwendungen in Form von Zuschüssen zu den laufenden Kosten monatlicher TN-Kostensatz von 750 Euro TN-Zahl-abhängige monatliche Zuschüsse <-> Jahresbudget der Ausbildungsvorbereitung an berufsbildenden Schulen nach alljährlicher Stichtagsregelung im staatlichen Schulsystem Verkaufserlöse aus Produkten und Dienstleistungen (zwischen 5 und 10 %) sollen Zuschussbedarf mindern Abfederung im ersten Betriebsproduktionsschuljahr durch 70 %- Regelung (Mindestbelegungsquote im Jahresschnitt bei vollen Zuschüssen) hier weitere Steuerungsregelungen entwickeln, sonst deutlich schlechtere Rahmenbedingungen als die Ausbildungsvorbereitung an berufsbildenden Schulen
15 Erste Erfahrungen & weitere Handlungs- und Gestaltungsbedarfe Verortung im (berufs)schulischen System und Produktionsschulkonzept Identifizierungsprobleme: Schule oder Produktionsschule? -> gleichzeitig aber auch Stärke des pädagogischen Konzepts Relevanz für die Zielgruppe (16 18 Jahre) <-> Prinzip des Von-einander- Lernens in alters- und erfahrungsgemischten Gruppen Ausweitung der Zielgruppe nach oben und unten Zugänge analog zu den schulorganisatorischen Terminen <-> jederzeitige Aufnahme an Produktionsschulen; nach Stichtagsregelung und Zuweisung der Budget an staatlichen Schulen Gefahr der Doppelförderung Ausbildungsvorbereitung an berufsbildenden Schulen in schulischen Strukturen (Ferien, Ganztagsbetrieb, anerkanntes Schulzeugnis) <-> betriebsähnliche Strukturen (Arbeitszeiten, Produktionsschulentgelt, Entwicklung einer einheitlichen, anerkannten Produktionsschulbescheinigung)
16 Weitere Handlungsempfehlungen beim flächendeckenden Aufbau von Produktionsschulen: von Anfang Einrichtung einer Instanz, die den Aufbau und die Etablierung der Produktionsschulen von außen betrachtet, Handlungsempfehlungen entwickelt und bei Bedarf frühzeitig evaluative Korrekturen anregt bei der Überprüfung, ob und in welchem Umfang die angestrebten Ziele erreicht werden und auch, um mögliche Nachsteuerungsbedarfe zu identifizieren, müssen alle Angebote der Ausbildungsvorbereitung betrachtet werden (nicht nur Produktionsschulen) -> einheitliche Standards der Evaluation Qualitätssicherung: frühzeitig Verständigung über Qualitätsstandards für Produktionsschulen ( Klasse statt Masse ) Erfolgskennzahlen über die Übergangszahlen hinausgehende Erfolgsindikatoren (Anwesenheitsquote, Erreichen von Ausbildungs- und Betriebsreife, Nachhaltigkeit etc.) setzen Erfolgsprämien als Steuerungsinstrument, nicht nur die Belegung der Plätze
17 Weitere Handlungsempfehlungen Fort- und Weiterbildungsangebote für die Fachkräfte der Produktionsschulen von Anfang an einplanen und Finanzierung sicher stellen (sowie in Zielvereinbarung festschreiben) Produktionsschulen haben nur echte Chance, sich als eigenständige Bildungsform zu etablieren, wenn sie auf solide rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen aufbauen können Aufbau und Verstetigung einer Produktionsschullandschaft ist entscheidend vom allgemeinen gesellschafts- und sozialpolitischen Klima abhängig. Damit sich Produktionsschulen zu einem integralen und emanzipierten Regelangebot im schulischen System etablieren können, muss ihnen Zeit und Ressource für die Aufbauphase gegeben werden
18 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Cortina Gentner Fachreferentin für Produktionsschulen Behörde für Schule und Berufsbildung Amt für Weiterbildung, Abt. Außerschulische Berufsbildung Hamburger Str. 131, Hamburg Tel.: 040/
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