Kwaku Ananse, das Spinnenmännchen, und die Weisheit. so oder so ähnlich erzählt und wieder aufgeschrieben. von Anke Ilona Nikoleit

Transkript

1 Kwaku Ananse, das Spinnenmännchen, und die Weisheit so oder so ähnlich erzählt und wieder aufgeschrieben von Anke Ilona Nikoleit

2 KJUI Darstellung Märchen Sprache Mai 2017

3 Märchen aus Ghana von den Akan

4 Über Kwaku Ananse, das Spinnenmännchen, lässt sich so einiges berichten, immer wieder sorgte er für Schlagzeilen, weil er dieses oder jenes gesagt, erlebt oder angestellt hatte. Nun, eines Tages beschloss er, alle Weisheit der Menschen zu sammeln, denn es war ihm gar nicht recht, dass es so viele weise Menschen gab. Nein, er wollte die Weisheit der Welt für sich und seine Nachkommen erringen. Also nahm er sich einen Tonkrug mit einem Deckel, befestigte ihn mit Schlingpflanzen und zog ihn hinter sich her. So ausgerüstet ging 4

5 er nun hinaus in die weite Welt und fragte Mensch und Tier die schwierigsten Fragen. Immer wenn er eine kluge Antwort bekam, öffnete er zum Staunen der Befragten, den Deckel seines Tonkruges und flüsterte die Antwort hinein, dann schloss er schnell den Deckel und zog weiter. Als er meinte, die ganze Weisheit, nicht nur der Menschen, sondern auch der Tiere eingefangen zu haben, kehrte er zurück nach Hause. Unterwegs sang er: "Kwaku Ananse ist nun weise, soooo weise, viel weiser als die Götter, vieeeel weiser als die Götter..soo weise.." 5

6 Und als er dann endlich, nach langem Rückweg die rundlichen Häuser seines Dorfes sah, da dachte er bei sich: "Wenn ich erzähle, was ich hier im Krug habe, dann wollen mir die Leute bestimmt den Krug stehlen. Ich werde erst einmal ohne Krug nach Hause gehen, die Weidersehensfeier abwarten und dann mit meiner Familie zu dem Versteck gehen, ja und dann können wir die Weisheit der Welt in uns aufnehmen!" Also suchte er nach einem geeigneten Versteck und der Kazaurabaum schien ihm genau recht dafür. Er band also den Krug mit Schlingpflanzen um seinen Bauch und 6

7 begann auf den Baum zu klettern. Aber seine Beine passten kaum um den bauchigen Krug und so fand er nur 7

8 spärlichen Halt am Baum und schaffte es gerade mal ein Stückchen hinauf und fiel dann rücklings herunter, lag da und strampelte mit den Beinen, richtete sich wieder auf und versuchte es von Neuem. Aber wieder fiel er hinab und so ging das viele Male und seine Haut war schon geschunden aber er gab nicht auf, erneut nahm er die Kletterei in Angriff und wieder fiel er hinab und lag erschöpft und kaputt auf dem Rücken. Ganze drei Tage machte er das, könnt ihr euch das vorstellen? Er hatte Hunger, er war erschöpft, seine Haut hing in Fetzen! 8

9 Als er wieder einmal hinunter fiel und auf dem Rücken lag, kam der Hase, der ihn nun schon eine Weile beobachtet hatte heran gehoppelt, und wollte dem armen Kwaku Ananse aufhelfen. Kwaku Ananse erschrak, als der Hase sich über ihn beugte, während er in den Himmel starrte und immer noch den Krug vor seinem Bauch hatte. Schnell schloss er seine oberen Beine eng um den Deckel und der Hase fragte ihn: "Was hast du nur mit diesem Krug und was willst du überhaupt damit machen?" "Das kann ich dir nicht sagen!" antwortete Kwaku Ananse und log 9

10 hinterdrein: "Wenn ich es verrate, werden wir beide auf der Stelle sterben!" "Na dann will ich es gar nicht wissen", sagte der Hase. "Aber wenn du den Krug auf deinen Rücken bindest, kannst du viel einfacher damit auf den Baum klettern." "Was sagst du da?" rief Kwaku Ananse. "Ich dachte, ich hätte alle Weisehit der Welt in meinem Krug beisammen und jetzt kommst du daher und gibst noch eine kluge Antwort!" Er war so wütend, dass er den ganzen Weg zurück gelegt hatte, all diese Fragen gestellt, sie eingefangen und gehütet hatte, um nun festzustellen, 10

11 dass in seinem Heimatdorf ein Hase noch eine kluge Antwort parat hatte. Wie sollte er denn da jemals die ganze Weisheit haben können! Er rappelte sich auf, löste die Schnüre und schleuderte den Krug weit von sich. Der Deckel öffnete sich und die Weisheit entfleuchte in alle Winkel. 11

12 Tja, und so ist es, dass die Weisheit wieder in aller Welt zu Hause ist und Kwaku Ananase weiter durch das hohe Gras stapft und schimpft.

13 Quellenangaben (soweit vorhanden): Internet Illustration: Anke Ilona Nikoleit