Sommersemester 2015 Dr. T.J.K. Brenner. Quasiteilchen: Cooper-Paare und Majorana-Fermionen
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1 Sommersemester 2015 Dr. T.J.K. Brenner Quasiteilchen: Cooper-Paare und Majorana-Fermionen
2 Programm heute/letzte Woche 1 Einleitung 1.1 Elektronen: Teilchen und Quasiteilchen 1.2 Elektron-Löcher: Quasiteilchen in Halbleitern 1.3 Cooper-Elektronenpaare: Quasiteilchen in konventionellen Supraleitern 1.4 Majorana-Fermionen: Halb-Elektron/Halb-Loch Quasiteilchen 2 Cooper-Paare in konventionellen Supraleitern 2.1 Elektronenpaar-Bildung durch Elektron-Phonon-WW 2.2 Quasiteilchen: Bosonisches Elektronenpaar an der Fermi-Oberfläche 2.3 QM: Energielücke 2.4 Supraleitung durch CP 2.5 Experimenteller Nachweis von CP 2.6 CP in Quantenbits 3 Majorana-Fermionen in Halbleiter/Supraleiter-Hybridstrukturen 3.1 Elektron-Loch-Superposition 3.2 Ettore Majorana (Anti)Teilchen 3.3 Suche im Supraleiter 3.4 Experimenteller Nachweis von MFs Zwei neue Experimente 3.5 MFs für Quantenbits?
3 Quasiteilchen Cooper-Paar? Elektronenpaar begrenzter Lebensdauer im Festkörper bei extrem niedrigen Temperaturen: 0 K bis ~ 10 K Teilchenbild: Wellenbild: entstehen durch WW der Leitungselektronen mit den Gitterschwingungen: Elektron-Phonon WW Ladung: 2e Masse: 2m el Impuls: 0 Spin: 0 (1) BOSON regenerieren nach Zusammenstössen mit dem Gitter und Gitterfehlern und ermöglichen so Supraleitung tunneln durch Josephson-Kontakte und ermöglichen so SQUIDs und Qubits
4 Majorana-Fermionen in Halbleiter/Supraleiter-Hybridstrukturen 1. Elektron-Loch-Superposition 2. Ettore Majorana (1937): Teilchen = Antiteilchen 3. Suche im Supraleiter 4. Experimenteller Nachweis (?): Tunnel-Experimente 5. Experiment: Eisenkette 6. MFen realisieren Quantenbits Idee: Ersetze im Cooper-Paar ein Elektron durch ein Loch
5 Elektron/Loch-Superposition: Stehende Welle - Quasiteilchen Wellenbild: Elektron: Welle mit Wellenvektor k Loch desselben Elektrons: Welle mit Wellenvektor k Majorana-Fermion: Stehende Welle Gesamtimpuls K= k + -k = 0 Elektrische Ladung: -e + e = 0 Masse: m el + -m el = 0 Spin: s el + -s el = 0 (kein Fermion!)
6 Elektron/Loch-Superposition: Stehende Welle - Quasiteilchen Gibt es dieses Quasiteilchen nicht nur als Idee, sondern auch in der Realität? Warum heißt es Majorana-Fermion? Kann man ein Teilchen ohne Impuls, Ladung, Masse, Spin überhaupt mechanisch/elektrisch/magnetisch detektieren?
7 Ettore Majorana Ettore Majorana (1906-?) Italienischer theoretischer Physiker Arbeitete mit Enrico Fermi in den 1930ern Entdeckte eine Lösung der Dirac-Gleichung Postulierte ein Quasiteilchen, das sein eigenes Antiteilchen ist Aber: Majorana-Fermionen wurden in der Natur bisher nicht beobachtet(?) Majorana hebt 1938 all sein Geld ab und verschwindet auf einer Bootsfahrt von Palermo nach Neapel über seinen Verbleib kursieren wilde Spekulationen
8 Majorana-Fermion als Quasiteilchen: Operator-Darstellung Operatoren: Elektron: Erzeugungsoperator c k,s / Vernichtungsoperator c k,s Loch: Erzeugungsoperator c k,s / Vernichtungsoperator c k,s Erzeugungsoperator eines Majorana-Fermions: g = ½ (c k,s+ c k,s ) g := ½ (c + c) = Vernichtungsoperator: g = (g ) = ½ (c + c) = ½ (c + c ) g = g g = ½ ( c + c ) = g ist gleichwertig mit c = g + i g und c = g - i g Elektron und Loch - gewöhnliche Fermionen können aus einem Majorana-Fermion erzeugt werden : Loch: = Elektron: = QM: Wellenfunktion ψ = ψ* Wellenfunktion eines Majorana-Fermions ist reell Teilchenphysik: Teilchen = Antiteilchen
9 Warum Suche im Supraleiter? Im Supraleiter gibt es eine Energielücke Δ zwischen dem Grundzustand (E=0) und den einzelnen freien Elektronen: Im Supraleiter liegen die Energien der Löcher symmetrisch zu den Energien der Elektronen: Allgemeine Teilchen/Antiteilchen-Energiesymmetrie: g (E) = g(-e) Nur für E=0 kann es Majorana-Fermionen geben: g (E)= g (-E) E=0 Wenn es bei E=0 Majorana- Fermionen gibt, sind sie gegen Zerfall durch die Energielücke Δ geschützt
10 Kitaev-Modell für 1D-Supraleiter: Fermionen-Kette Fermionen als Superposition von zwei Majorana-Fermionen Eine andere Kopplung der MF kann energetisch günstiger sein: An den Enden der Kette entstehen weit voneinander entfernt 2 Majorana-Fermionen
11 Majorana-Experiment TU Delft: Der Chip Negative Spannung (Tunnelbarriere) Goldkontakt: Normalleiter Gatespannung V Interface zwischen Kontakten mit Tunnelbarriere V NbTiN-Kontakt: Supraleiter B InSb-Nanodraht: Halbleiter mit starker Spin-Bahn-Kopplung Starkes Magnetfeld parallel zum Draht Mourik et al., Science, 336, 6084, 1003 (2012).
12 Majorana Experiment TU Delft: Prinzip Zahl der Elektronen im Nanodraht wird durch die kapazitive Kopplung an die Metallgates gesteuert Halbleitender Nanodraht wird durch die räumliche Nähe zum Supraleiter selbst supraleitend Ab einer bestimmten Magnetfeldstärke scheint der Nanodraht ein topologischer Supraleiter mit geschützten Zuständen bei E=0 einer an jedem Ende des Nanodrahts Bildung eines Majorana-Fermions Messungen der Fluktuationen des Tunnelleitwerts im Nanodraht in Abhängigkeit der Gatespannung V am Interface zwischen Normal- und Supraleiter: zero-bias conductance peak (ZBCP): Peak at V=0, d.h. E = ev = 0
13 Zeeman-Energielücke E Z Im Nanodraht mit Spin-Bahn-Kopplung: Rashba-Spin-Bahn-Kopplung als effektives Magnetfeld B SO, senkrecht zur Hauptachse des Nanodrahts Das Magnetfeld (B) führt zu einer Lücke zwischen zwei Spin- Bahn-Bändern: Zeeman-Energielücke E Z : Bandstruktur: B=0: Rashba Spin-Bahn-Kopplung versetzt das Spin- Down-Band nach links und das Spin-Up-Band nach rechts B 0, Gap at k=0: E Z Elektronen und Löcher fungieren als Quasi- und Antiteilchen (entgegengesetzte Ladung und Masse)
14 Majorana-Fermionen im supraleitenden InSb-Nanodraht: Energielücke InSb-Nanodraht NbTiN: Der Supraleiter NbTiN induziert im Nanodraht Supraleitung, die nicht durch das Magnetfeld zerstört wird. Im Nanodraht bilden sich Cooper-Paare mit einer Energielücke D zum Elektronen- und Loch-Band: Im Nanodraht bildet sich bei E=0 ein Majorana-Fermion mit einer Energielücke D zum Spin-down-Band und zum Spin-up-Band: Die Cooper-Paare (bei E=0) lassen den Unterschied zwischen elektronartigen und lochartigen Quantenzuständen im Halbleiter verschwimmen
15 Bei 70 mk: Tunnelstrom-Messergebnisse: dj/dv (V) Zwischen 100 und 400 mt Feldstärke: Peak bei V=0 Zero-Bias Conductance Peak (ZBCP) Quasiteilchen-Energielücke: D 250 mev
16 Experiment und Theorie Theorie: Experiment: Wachsendes Magnetfeld: Die Quasiteilchen-Energielücke D verschwindet bei V=0 Wachsendes Magnetfeld: Die Quasiteilchen-Energielücke bleibt bestehen. Zweifel an Majorana-Fermionen!
17 Eisenkette (U Princeton) STM gekühlt auf nahe 0 K hängend in einem 40 Tonnen schweren Betonblock (Vermeidung von Störungen durch Vibrationen)
18 Die Zutaten Ultrareines kristallines Blei (Pb) als Unterlage: Die Atom-Reihen an der Oberfläche bilden atomar dünne geradlinige Rillen Eisen-Nanodraht (Fe): In einer der Rillen werden Fe-Atome abgelegt und bilden einen langen und ultradünnen Nanodraht (1 Atom breit, 3 Atome dick) Supraleitung im Fe-Nanodraht: nach Abkühlung auf 1.4 K STM: detektiert eine Änderung des Leitwerts an den Enden des Nanodrahts (wie beim Delft-Experiment) aber auch das Fehlen eines solchen Signals zwischen den beiden Enden (nicht beim Delft-Experiment) Vorteile: keine exotischen Materialien, nur Pb und Fe kein exotischer Magnetismus (wie Spin-Bahn-WW), der Supraleitung nicht zerstört, sondern gewöhnlicher Fe-Magnetismus im Fe, nicht im supraleitenden Pb
19 Das Modell Schematische Darstellung des Experiments: Lokale Zustandsdichte LDOS in Abhängigkeit von der Energie E an verschiedenen Stellen (1-4): Räumlich aufgelöst: E=0 Zustände nur an den beiden Enden der Kette
20 A scanning-tunneling microscope creates a magnetic field to map the presence of a neutral signal that indicates the presence of Majorana fermions at the ends of an iron wire on a lead crystal. Eisenkette - Skizze
21 Fe-Atome auf Pb(110)-Oberfläche im Experiment: Ketten und Inseln Fe-Inseln auf der Pb-Oberfläche Fe-Ketten auf der Pb-Oberfläche in vergrößerter Darstellung (links oben) Die Fe-Ketten entstehen aus den Fe-Inseln
22 STM-Spektren an verschiedenen Stellen der Fe-Kette Große Unterschiede bei E=0: 1/7: deutlich höhere Werte als 2-6 ZBCP an den Enden der Kette Nachweis von MF- Zuständen
23 Qubit aus 2 Majorana-Fermionen 0> : 1> :
24 Qubit aus 2 Majorana-Paaren: Topologisches Qubit 2 Paare von Majorana-Fermionen an den Endpunkten der nichtentleerten Segmente des Nanodrahts (schattiert: entleerte Region) Majorana-Paar: Zwei-Niveau-Sytem (TLS) Qubit 2 Majorana Paare: Verschränkte Qubits Topologisches Qubit Manipulation für Qubit-Rechenoperationen: Lagetausch der Majorana-Fermionen Höchst unempfindlich für lokale Störungen Keine Dekohärenz! Lagetausch der Majorana-Paare Wenig Dekohärenz!
25 Manipulation von Topologischen Qubits: Lagetausch von Majorana-Fermionen Vernichtung: Kollidierende Teilchen und Antiteilchen zerstören einander Vermeidung von Kollisionen Braiding
26 Majorana finally found...
27 Quasiteilchen Majorana-Fermion? Definition: g = g bzw. Teilchen = Antiteilchen bzw. reelle Wellenfunktion: ψ=ψ* Wellenbild: Halb Elektron Halb Loch Ladung: 0 Masse: 0 Impuls: 0 Spin: 0 entsteht durch WW von Fermionen (Elektronen und Löcher) im Supraleiter mitten in dessen Energielücke: E = 0 nachweisbar in 1D-Supraleitern: Nanodrähte ermöglicht topologische Qubits mit wenig Dekohärenz
28 Cooper-Paare und Majorana-Fermionen: Quasiteilchen im Festkörper 1. In konventionellen Supraleitern Cooper-Paar: Elektronenpaar Quasiteilchen mit Energie E - Impuls 0 und Spin 0 (1) Elektrische Ladung: 2e = 3,2* C Masse: M 2m e Nutzen: Energietransport durch Supraleitung Qubits und Quantencomputer BOSON 2. In Halbleiter-/Supraleiter-Hybridstrukturen Majorana-Fermion: Halb Elektron Halb Loch Quasiteilchen: Energie 0 Impuls 0 Spin 0 Elektrische Ladung: 0 Masse: 0 Nutzen: Qubits und Quantencomputer (potenziell)
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