Forderungen der DUH zur ökologischen Reform der Dienstwagenbesteuerung

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1 DUH-Hintergrund Forderungen der DUH zur ökologischen Reform der Dienstwagenbesteuerung 1. Ausgangslage Die derzeitige steuerliche Regelung der betrieblichen und privaten Nutzung von Dienstwagen ist weder ökologisch sinnvoll noch sozial gerecht: Sie setzt falsche ökonomische Anreize. Übermotorisierte Fahrzeuge mit hohem Spritverbrauch und damit verbunden hohen CO 2 -Emissionen werden stärker subventioniert als Fahrzeuge mit niedrigem Verbrauch. Im Gegensatz zu anderen EU-Staaten existieren in Deutschland keinerlei Begrenzungen der steuerlichen Anerkennung von Pkw-Dienstwagenzulassungen bezüglich der Subventionierung des Kaufpreises bzw. der laufenden Betriebskosten. Im deutschen Dienstwagen-Steuerrecht fehlen auch sonstige Anreize, die Fahrzeuge mit niedrigem Verbrauch begünstigen. Während die Finanzverwaltung in anderen Arbeitsbereichen sehr enge Grenzen zur "Liebhaberei" setzt, gelten diese ausgerechnet bei Fahrzeugen nicht. So muss ein Freiberufler im norddeutschen Flachland ebenso wenig begründen, warum er einen Porsche-Geländewagen benötigt wie ein Außendienstmitarbeiter, weshalb sein Dienstwagen die Motorenstärke eines 40- Tonnen-Trucks haben muss. Eine Prüfung findet nicht statt. Die unbegrenzte staatliche Subventionierung führt dazu, dass bis zu 59 % der Kosten für Kauf und Betrieb vom Bundesfinanzminister erstattet werden egal, wie viel das Auto kostet. Als Folge steigt der Anteil gewerblicher Neuzulassungen mit Motorstärke und CO 2 -Emissionen an ein Offenbarungseid für die Klimapolitik im Verkehrsbereich. Anhand von sechs typischen Mittelklasse-Dienstlimousinen mit jeweils niedrigster/höchster Motorisierung hat die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) diesen Zusammenhang verdeutlicht (siehe Anlage 1). Die deutsche Förderregelung mit ihrer Fehlsteuerung hin zu übermotorisierten Spritschluckern ist weltweit einzigartig. Sie hat dazu geführt, dass die durchschnittlichen CO 2 -Emissionen von gewerblich zugelassenen Neufahrzeugen deutlich höher sind als von Privatfahrzeugen. Dass es auch anders geht, zeigt z.b. Großbritannien. Aufgrund der kurzen Haltedauer von Dienstwagen hat die Dienstwagenbesteuerung einen entscheidenden Einfluss auf die Zusammensetzung des Fahrzeugbestandes in Deutschland insgesamt. In der Regel werden die gewerblich zugelassenen Fahrzeu-

2 Seite des DUH-Hintergrundpapiers Ökologische Reform der Dienstwagenbesteuerung ge bereits nach wenigen Jahren weiter verkauft und dominieren deshalb auch den Gebrauchtwagenmarkt. Angesichts der klimapolitischen Ziele der Bundesregierung ist eine Reform der Dienstwagenbesteuerung mit einer klaren ökologischen Lenkungswirkung dringend erforderlich. Die DUH erwartet als Folge einer Ökologisierung der Dienstwagenbesteuerung einen positiven Einfluss auf die Modellpolitik der deutschen wie internationalen Autohersteller. Darüber hinaus besteht mit einer Reform die Chance, eine ökologisch, ökonomisch und sozial unsinnige Subvention abzubauen. Die Automobilindustrie erhielt 5 Mrd. Euro während der letzten Finanzkrise, die sie nicht zurückzahlen muss. Derzeit eilen die deutschen Autohersteller von einem Rekordergebnis zum nächsten. Wann, wenn nicht jetzt ist der geeignete Zeitpunkt für die Neuausrichtung der Dienstwagen-Besteuerung? 2. Die Bedeutung der Dienstwagen bei den Neuzulassungen Im weiteren Sinne versteht man unter Dienst- oder Firmenwagen alle Fahrzeuge, die nicht von Privaten gehalten werden. Von den 2,9 Mio. Neuzulassungen im Jahre 2010 entfielen 57,4 Prozent auf gewerbliche Halter. Während private Zulassungen seit 2001 um ca. 25 Prozent zurückgegangen sind, zeigt sich bei gewerblichen Zulassungen ein gegenteiliger Trend. Dienstwagen werden meist nicht ausschließlich betrieblich genutzt: Etwa 60 bis 70 Prozent der Dienstwagen werden auch für private Fahrten eingesetzt (FiFo 2011, FÖS 2010). Neu zugelassene Firmen- und Dienstwagen emittieren im Schnitt mehr CO 2 als neu zugelassene Pkw von Privatpersonen: 167g vs. 162g CO 2 /km (2008). Im Segment der hochmotorisierten Fahrzeuge (über 200 PS) entfallen 70 bis 100 Prozent der Neuzulassungen auf gewerbliche Halter Fahrzeuge mit Rekordwerten bei Motorstärke und Spritverbrauch (siehe die "Top 10 der staatlich geförderten Klimakiller- Dienstwagen" siehe Anlage) werden fast ausschließlich als Dienstwagen geordert. Diese Fahrzeuge haben ohne staatliche Förderung offensichtlich keinen Markt in Deutschland, d.h. der Staat schafft durch Subventionen in z. T. sechsstelliger Höhe pro Fahrzeug überhaupt erst eine Nachfrage. Der überwiegende Teil der Dienstwagen stammt aus der Produktion deutscher Hersteller. 3. Besteuerung in Deutschland Unternehmen können derzeit unabhängig von Verbrauch und Klimagasemissionen sowohl Anschaffungs- als auch Betriebskosten in unbeschränkter Höhe steuerlich absetzen: Die Umsatzsteuer (19 %) ist unmittelbar und in voller Höhe abzugsfähig. Die Netto-Anschaffungskosten sind über 6 Jahre zu 100% steuerlich abzugsfähig. Gleiches gilt für Leasing- und Betriebskosten. Im Ergebnis beträgt die Höhe der

3 Seite des DUH-Hintergrundpapiers Ökologische Reform der Dienstwagenbesteuerung staatlichen Förderung je nach Rechtsform bei Anschaffung bzw. Betriebskosten zwischen 40 % bis knapp 59 % (siehe Berechnung in Anlage). 4. Kritik an derzeitiger Dienstwagenbesteuerung a. Ökologische Aspekte Die fehlende Berücksichtigung von Kraftstoffverbrauch und CO 2 -Ausstoß führt zu erheblichen ökologischen Fehlanreizen. Können Anschaffungskosten unbegrenzt abgesetzt werden, erhält das Unternehmen eine umso höhere steuerliche Subvention, je teurer und verbrauchsintensiver das gewerblich genutzte Fahrzeug ist. Dies gilt auch für die Betriebskosten, die in unbeschränkter Höhe steuerlich abzugsfähig sind. Somit besteht auch bei der Nutzung des Fahrzeugs ein nur geringer Anreiz, spritsparend zu fahren oder weniger Kilometer mit dem Auto zurückzulegen. Denn Mehrkosten werden bis zur Hälfte vom Staat erstattet. b. Soziale Folgen Wegen der erheblichen Steuervorteile subventioniert jeder Steuerzahler den übermotorisierten Fuhrpark der Unternehmen mit mehr als 132 Euro im Jahr (Greenpeace /FÖS 2008). Insgesamt führt die betriebliche Absetzbarkeit von Firmenwagen zu Steuermindereinnahmen in Höhe von etwa 9 Mrd. Euro jährlich (FÖS 2010). Ersetzen Dienstwagen eine Einkommenserhöhung, umgehen die Unternehmen so auch die sozialen Sicherungssysteme denn auf den geldwerten Vorteil müssen keine Sozialversicherungsbeiträge entrichtet werden. Die bereits klammen Sozialversicherungssysteme werden auf diese Weise weiter belastet. c. Ökonomische Fehlsteuerung Ein oftmals vernachlässigter Kritikpunkt an der gegenwärtigen Dienstwagenbesteuerung ist der mittel- bis langfristig negative Effekt auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie. Die gegenwärtige Regelung hat bei deutschen Autoherstellern zu einer Modellpolitik geführt, die stark auf hochmotorisierte, schwere Fahrzeuge ausgerichtet ist. Fehlende Anreize zum Kauf von Fahrzeugen mit deutlich niedrigeren CO 2 -Emissionen als 120 g CO 2 /km sind mit dafür verantwortlich, dass beispielsweise die Hybridtechnologie bis heute in deutschen Großserienfahrzeugen nicht eingesetzt wird und die deutschen Hersteller den zwischenzeitlichen Entwicklungsrückstand in dieser Technologie von rund 10 Jahren bisher nicht haben wettmachen können.

4 Seite des DUH-Hintergrundpapiers Ökologische Reform der Dienstwagenbesteuerung 5. DUH-Modell einer zukunftsgerechten Dienstwagenbesteuerung Die DUH fordert, die Dienstwagenbesteuerung insgesamt nach ökologischen Gesichtspunkten zu reformieren. Gleichzeitig müssen Anreize geschaffen werden, die die Automobilindustrie veranlassen, in allen für Dienstwagen relevanten Fahrzeugklassen Motorisierungen mit CO 2 -Emissionen unterhalb des seit 2012 geltenden Zielwerts von 130 g CO 2 /km anzubieten. Ziel ist es, spritschluckende Dienstwagen von Deutschlands Straßen zu verbannen selbst in der oberen Mittelklasse ist inzwischen eine Vielzahl von Modellen mit einem moderaten Treibstoffverbrauch verfügbar. a. Steuerliche Abzugsfähigkeit des Fahrzeugkaufs an CO 2 -Ausstoß koppeln In Zeiten des Klimawandels muss sich die steuerliche Abzugsfähigkeit von Dienstwagen am CO 2 -Zielwert der EU orientieren. Nach den Vorstellungen der DUH sind daher die Anschaffungskosten in voller Höhe nur für solche Fahrzeuge abzugsfähig, die den entsprechenden EU-Zielwert für 2012 von 130 g CO 2 /km unterschreiten. Für alle Fahrzeuge, die zwischen 130 g und dem EU-Zielwert für 2008 in Höhe von 140 g CO 2 /km emittieren, sollte eine eingeschränkte Abzugsfähigkeit von 66 % gelten; für Dienstwagen mit einem Ausstoß von 140 bis 160 g CO 2 /km sollen nur noch 33 Prozent der Anschaffungskosten abgesetzt werden können. Fahrzeuge mit Klimagas- Emissionen jenseits von 160 g CO 2 /km-grenze sind nach Ansicht der DUH zukünftig grundsätzlich als "Liebhaberei" zu bewerten und weder in der Anschaffung noch im Unterhalt steuerlich abzugsfähig. b. Begrenzung der Betriebskosten auf einen Pauschalbetrag Was die Absetzbarkeit der laufenden Kosten angeht, so regt die DUH an, diese zukünftig nur noch mit dem jeweils steuerlich geltenden Pauschalbetrag (derzeit 30 Cent/km) anzuerkennen. c. Reform des geldwerten Vorteils für die Privatnutzung In gleicher Weise ist eine Reform des geldwerten Vorteils notwendig: Die Kosten der privaten Dienstwagennutzung müssen gleichfalls an die CO 2 -Emissionen gekoppelt werden. Dies sollte sowohl für die Anschaffung als auch für die laufenden Unterhaltskosten gelten. Darüber hinaus fordert die DUH die Beibehaltung des Bruttolistenpreises als Berechnungsgrundlage für die Besteuerung. d. Positive finanzielle Folgen für den Staatshaushalt Eine Reform der Dienstwagenbesteuerung kann Steuermehreinnahmen von insgesamt etwa 2,5 bis 4 Mrd. Euro zur Folge haben (FÖS 2010). Das kürzlich erschienene Gutachten des Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstitutes der Universität Köln (FiFo) kommt sogar auf ein Einnahmeplus von maximal 5,5 Mrd. Euro, wenn die als Folge der Reform auflaufenden Mehreinnahmen auf Seiten der Sozialversicherungen berücksichtigt werden (Fifo 2011).

5 Seite des DUH-Hintergrundpapiers Ökologische Reform der Dienstwagenbesteuerung 6. Lösungsansätze in anderen EU-Staaten Deutschland ist eines der wenigen Länder in Europa, die bei der Dienstwagenbesteuerung keine ökologische Komponente vorsehen und das einzige Land weltweit, dass die Anschaffungskosten in unbeschränkter Höhe und ohne Prüfung der Notwendigkeit subventioniert. Andere EU-Staaten versuchen ernsthaft, dem Klimaschutz im Verkehrsbereich auch dadurch Rechnung zu tragen, dass sie Anreize für CO 2 - optimierte Fahrzeuge schaffen. Einige seien hier beispielhaft genannt. a. Belgien In Belgien können Anschaffungskosten nur zu 60 bis 90 % steuerlich abgeschrieben werden insgesamt existieren fünf Emissionsstufen. Diesel-Pkw, die weniger als 105 g CO 2 /km emittieren und Benziner bis zu 120 g CO 2 /km lassen sich zu 90 % abschreiben. Ab einem Wert von mehr als 175 g (Diesel) bzw. 190 g (Benziner) CO 2 /km reduziert sich die Abschreibungsmöglichkeit auf 60 %. Für die Absetzbarkeit der laufenden Kosten gelten dieselben Emissionsstufen wie bei der Anschaffung sie sind ebenfalls zu 60 bis 90% absetzbar. Treibstoffkosten lassen sich immer voll absetzen. b. Großbritannien Die Absetzbarkeit der Anschaffungskosten bemisst sich nach drei Emissionsstufen: Voll absetzbar im ersten Jahr sind lediglich Fahrzeuge mit Emissionen unter 110 g CO 2 /km. Für Fahrzeuge mit Emissionen zwischen 111 g und 160 g CO 2 /km gilt eine degressive Abschreibung von 20 % pro Jahr. Bei Autos mit einem CO 2 - Ausstoß von mehr als 160 g/km reduziert sich die Abschreibungsmöglichkeit auf 10 %. Die Dienstwagensteuer (Company Car Tax) für Arbeitnehmer berechnet sich in Großbritannien, ähnlich wie in Deutschland, über den Listenpreis des Fahrzeugs. Dabei werden jedoch die Emissionswerte als Berechnungsgrundlage berücksichtigt. Bis 75 g CO 2 /km fallen jährlich 5 % Steuern an. Für Fahrzeuge mit einem Ausstoß zwischen 76 und 120 g CO 2 /km müssen 10 % des Listenpreises als Zulassungssteuer gezahlt werden. Emittiert das Fahrzeug mehr als 225 g CO 2 /km, sind 35 % fällig. Für alle Dieselfahrzeuge gilt ein genereller Aufschlag von 3 %. Stellt das Unternehmen dem Arbeitnehmer zusätzlich (etwa mittels Tankkarte) kostenlos Treibstoff zur Verfügung, muss hierauf eine so genannte Fuel Benefit Charge entrichtet werden. 1 In Großbritannien zeigte die Reform der Dienstwagenbesteuerung bereits nach kurzer Zeit Erfolge: Die Zahl der neu zugelassenen Firmenwagen ging von 1,6 Mio. Fahrzeugen im Jahr 2001 auf 1,2 Mio. im Jahr 2005 zurück. Bereits zwei Jahre nach Einführung der Company Car Tax war der durchschnittliche CO 2 -Ausstoß der neu 1

6 Seite des DUH-Hintergrundpapiers Ökologische Reform der Dienstwagenbesteuerung zugelassenen Firmenwagen um 15 g/km reduziert (im Vergleich zu Prognosen ohne Reform). c. Frankreich In Frankreich gibt es eine Obergrenze für die Absetzbarkeit des Anschaffungspreises von Firmenwagen: Maximal lassen sich steuerlich absetzen, bei Fahrzeugen mit mehr als 200 g CO 2 /km reduziert sich die Abschreibungsmöglichkeit auf Für Elektro-, Erdgas- oder LPG-Fahrzeuge existieren diverse Ausnahmeregelungen. Bei der Berechnung der jährlichen Steuer für Dienstwagen (Taxe sur les véhicules de Société, TVS) werden die CO 2 -Emissionen der Fahrzeuge wie folgt zugrunde gelegt 2 : CO 2 -Emissionen in g Steuer pro Gramm CO 2 in < >