Einführung in die moderne Finanzbuchführung
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- Cornelia Melsbach
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4 Einführung in die moderne Finanzbuchführung Grundlagen der Buchungs- und Abschlusstechnik sowie Grundzüge der EDV-Buchführung von Dr. rer. pol.wilfried Bechtel und Dr. rer. pol. Alfred Brink 10., überarbeitete und aktualisierte Auflage 3., vollständig überarbeitete Auflage OldenbourgVerlag München
5 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über < abrufbar Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D München Telefon: (089) oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Lektorat: Rainer Berger Herstellung: Anna Grosser Coverentwurf: Kochan & Partner, München Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Gesamtherstellung: Grafik + Druck GmbH, München ISBN
6 VORWORT ZUR 10. AUFLAGE In der 10. Auflage haben wir wiederum die durch Gesetzesänderungen notwendigen Anpassungen vorgenommen. Dies betrifft in erster Linie die Auswirkungen des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG), das am 29. Mai 2009 in Kraft getreten ist. Diese Auswirkungen sind mannigfaltig und reichen von neuen Begriffen im Gesetz, zum Beispiel Erfüllungsbetrag, bis zu geänderten Posten im Jahresabschluss. Seit der 6. Auflage gilt das Vorwort zur 1. Auflage nur noch für den Teil 1, aber nicht mehr für den Teil 2, der infolge der technischen Entwicklung erheblich abgeändert wurde. Für den Teil 2 gilt weiterhin die Absicht, die bereits ab der 5. Auflage verfolgt wurde, nicht mehr Detailwissen über das Programmieren einer Software in einer bestimmten Programmiersprache darzulegen, sondern die Grundlagen für das Verstehen der modernen Konzepte zu legen, nach denen heute EDV-Buchführung praktiziert wird. Bei der Anpassung dieses Teiles an die moderne Entwicklung des Rechnungswesens in der Informationstechnik danken wir Herrn Dipl. Ing. (BA) Thomas Bechtel, MBA, für mannigfaltige Hilfen. Die inhaltliche Verantwortung übernehmen indes allein die Verfasser. VORWORT ZUR ERSTEN AUFLAGE Wilfried Bechtel Alfred Brink Das hier vorgelegte Lehrbuch zur Finanzbuchführung für Studienanfänger der Wirtschaftswissenschaften besteht aus zwei Teilen: Teil 1 enthält eine Einführung in den Lehrstoff der Finanzbuchführung, Teil 2 bietet eine Einführung in die Programmierung einer Finanzbuchführung in BASIC für Mikro-Computer. Die Lernziele von Teil 1 bestehen in der Vermittlung der Kenntnisse über - den Gegenstand der Finanzbuchführung, - die Art und Weise, wie betriebliche Vorgänge in der Finanzbuchführung abgebildet werden, - die Fachtermini der Finanzbuchführung. Zunächst wird die Betrachtungsweise der Betriebswirtschaftslehre kurz geschildert und die Rolle der Finanzbuchführung im Unternehmen und ihre Verankerung im Recht erläutert. Die Betrachtung setzt sich mit der Darstellung des Systems des Buchens in der Doppik fort, an die sich die Erläuterung der wichtigsten Geschäftsvorfälle der Unternehmenspraxis und einiger Konteninhalte anschließen. Nach der Besprechung der Kontenrahmen für Industriebetriebe schließt sich die Betriebsübersicht an. Zur Vorbereitung des Jahresabschlusses sind die Buchungen zur periodengerechten Erfolgsermittlung dargestellt. Die Abschlusstechniken sind
7 VI Vorwort sowohl für Personengesellschaften als auch für Kapitalgesellschaften erläutert. Soweit dies in diesem Zusammenhang sinnvoll erscheint, wurden auch die aktuellen Entwicklungen im Gesetzgebungsverfahren zum Bilanzrichtliniegesetz (Stand 1. August 1985) berücksichtigt. Die begrenzte Zeit, die für die Ausbildung der Studierenden der Wirtschaftswissenschaften in der Finanzbuchführung verfügbar ist, zwingt zu einer Stoffauswahl. Der Unterricht muss anhand charakteristischer Beispiele den allgemeinen Fall darstellen. Diese exemplarische Stoffvermittlung ist durch Modellbeispiele, durch Fragen zum Text und durch eine Aufgabensammlung mit Lösungen (Anhang) vervollständigt. Der Teil 2 vermittelt die Kenntnisse über die Buchungstechnik mit Hilfe moderner EDV- Anlagen. Konkret wird die Programmierung eines Softwarepakets für eine Finanzbuchführung erstellt, das sich auf Mikro-Computern mit den Betriebssystemen CP/M oder DOS einsetzen läßt. Die Buchführungssoftware größerer EDV-Anlagen arbeitet nach dem gleichen Prinzip, so dass das betrachtete System als generelle Einführung in die Buchführungssoftware dienen kann. Gezeigt wird das Anlegen von Stammdateien, das Einlesen der Geschäftsvorfälle und ihre Speicherung in Bewegungsdateien, die Verarbeitung der Buchungssätze zu Konten, die Erstellung des Abschlusses und der Ausdruck von Journal, Hauptbuch und Abschluss. Die Besprechung der Programmabläufe behandelt alle Einzelheiten. Die Ablaufpläne und die Programmcodierung (Listing) sind angegeben. Die dargestellte Software eignet sich für die Lösung von Buchführungsaufgaben für den Unterricht. Für den gewerblichen Einsatz ist sie nicht ohne weitere Ergänzungen brauchbar, weil einige wichtige Funktionen, die im Unterricht nicht benötigt werden, fehlen. Zum Beispiel werden die Endbestände des Vorjahrs nicht automatisch als Anfangsbestände des neuen Jahres übernommen. Der Studierende, der sich mit Teil 2 befasst, muss keine Programmierkenntnisse für Fortgeschrittene besitzen, wir gehen jedoch davon aus, dass der Leser die Grundbegriffe von BASIC und die in dieser Programmiersprache gebräuchlichsten Schlüsselwörter kennt. Hierbei handelt es sich um etwa 15 bis 20 Begriffe, die man in den BASIC-Anfängerkursen lernt. Ein Leser, der sich nicht mit der Codierung befassen will, kann durch das Studium der Ablaufpläne sich einen Überblick über die Arbeitsweise solcher Programme verschaffen. Die Beschäftigung mit dem Teil 2 soll drei Zwecken dienen: 1. Der Leser erwirbt die Kenntnis vom Aufbau der Software zur Finanzbuchführung. 2. Der Studierende kann mit dem Programm die Lösungen von Buchungsaufgaben zur Finanzbuchführung erstellen. 3. Anfängerkenntnisse in BASIC lassen sich anwenden und vertiefen. Der Teil 2 eignet sich als Lehrunterlage zur Anwendung von BASIC in der Programmierung. Wilfried Bechtel
8 Inhaltsverzeichnis VORWORT... Inhaltsverzeichnis... V VII Abkürzungs- und Symbolverzeichnis....XI TEIL 1: Einführung in die Finanzbuchführung Grundlagen Betriebswirtschaftliche Einführung Die Buchführungsorganisation Die Belege und Bücher Moderne Hilfsmittel in der Buchführung Rechtsvorschriften zur Buchführung Das Buchungs- und Abschlusssystem Die Darstellung der Vermögenslage Die Bestandslisten Das Inventar Die Bilanz Die Eigenkapitaländerungen Die Erfassungsmöglichkeiten Der Reinvermögensvergleich Die Fortschreibung auf Bestandskonten Die Fortschreibung des Eigenkapitals Überblick Das Privatkonto Die Erfolgskonten Begriffe Erfolgswirksame Vorgänge Erfolgswirksame Buchungen Das doppelte Buchen (Doppik) Der Abschluss Das Ziel des Abschlusses Die Kontenabschlüsse Die Kontrollen im Abschluss Buchung von Geschäftsvorfällen Die Klassifizierung von Geschäftsvorfällen Der Personalaufwand (Arbeitsleistungen) Vertragliche und gesetzliche Regelungen Die Betragsberechnungen Die Buchungen Modellbeispiel Lohn....38
9 VIII Inhaltsverzeichnis 3.3 Die Handelswaren Die Warenkonten Der Wareneinkauf Der Warenverkauf Zusammenfassung Der Warenverkehr ohne Umsatzsteuer Der Einkauf Der Verkauf Die Wirkung auf den Jahreserfolg Modellbeispiel ohne Umsatzsteuer Die Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) Gesetzliche Regelungen Modellbeispiel mit Umsatzsteuer Die Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe (Werkstoffe) Die Erzeugnisse Überblick Die Lagerhaltung Die Buchungstechnik Die Rolle der Herstellungskosten Die Erfolgswirksamkeit Der Verkauf der Fertigerzeugnisse Modellbeispiel Fertigerzeugnisse Das Anlagevermögen Begriffe Die Buchungen Der Anfangsbestand und die Zugänge Die Zu- und Abschreibungsmethoden Die Abgänge Die Kontenabschlüsse Die Umsatzsteuerpflicht bei nichtbetrieblicher Anlagennutzung Beispiel zum Anlagevermögen Die Wechselkredite Einführung in die Wechselgeschäfte Modellbeispiel Wechselverkehr Der Ausweis von Rechtsansprüchen in der Bilanz Allgemeiner Überblick Die Buchungen auf Forderungskonten Die Buchungen auf Verbindlichkeitskonten Die Buchungen auf Anzahlungskonten Kontenrahmen Der Aufbau eines Kontenrahmens Die Kontenrahmen in der Industriebuchführung Die Abgrenzungsrechnung zur Betriebsergebnisrechnung Das Abschlussgliederungsprinzip (IKR) Das Prozessgliederungsprinzip (GKR)
10 Inhaltsverzeichnis IX 6 Die Betriebsübersicht Periodengerechte Erfolgsrechnung Die Zeitliche Abgrenzungen Die Abschreibungen auf Anlagegüter Einführung Die Berechnungsverfahren für planmäßige Abschreibungen Die Forderungsabschreibungen Die Periodisierungsregeln Die Einzelabschreibung und der Forderungsausfall Die Pauschalabschreibung und der Forderungsausfall Modellbeispiel Forderungsabschreibungen Der Abschluss der Delkrederekonten Die Rückstellungen Die Zeitlichen Rechnungsabgrenzungen Der Jahresabschluss der Kapitalgesellschaften Jahresabschluss und Rechtsform des Unternehmens Die Bilanzgliederungen für Kapitalgesellschaften Die Unternehmensgröße Die Gliederung für große und mittelgroße Kapitalgesellschaften Die Gliederung für kleine Kapitalgesellschaften Übungsaufgabe Die Gliederungen der Gewinn- und Verlustrechnungen Die Gliederungsmerkmale Die Gliederung der GuV bei großen Kapitalgesellschaften Die Gesamtkosten-GuV Die Umsatzkosten-GuV Die Unterschiede zwischen Gesamtkosten- und Umsatzkosten-GuV Die Berechnung der Bereichsaufwendungen für die GuV nach UKV Die GuV bei kleinen und mittelgroßen Kapitalgesellschaften Das Anlagengitter Der Aufbau des Anlagengitters Die Berechnungen Die Gewinnverwendungsbuchungen Die Eingrenzung der Betrachtung Die Eigenkapitalkonten der OHG und der KG Das Eigenkapital der Kapitalgesellschaften Einführung Die EK-Posten in der Bilanz Die Gewinnverwendungen und der Abschluss Schema der Erfolgsbuchungen bei der AG Beispiel zur Erfolgsbuchung bei der AG
11 X Inhaltsverzeichnis TEIL 2: Softwarekonzepte in der Finanzbuchführung Aufbau der Software zur Finanzbuchführung Einführung Begriffe Die einfache Datenverwaltung Die Aufgaben der Programme Das Customizing Der Datenfluss Der Datenflussplan Die GOB und EDV-Buchführung Integrierte Softwarepakete Schlussbemerkungen ANHANG A: Aufgabensammlung ANHANG B: Lösungen zur Aufgabensammlung ANHANG C: Aufgaben zum Stoff der Kapitel LITERATURHINWEISE GLOSSAR STICHWORTVERZEICHNIS
12 Abkürzungs- und Symbolverzeichnis a(t) AA AB Abs. Abschr. a. Ford. abz. AfA AG AK/HK AktG AN And. AO ARAP Aufw.a.Abg.AV AV BÄ BDI Berufsgen. BuG CD DATEV EB EDV EDVA EK Ertr.a.Abg.AV EStG EStR EWB FA FE Feb. FIFO FoLL Ford. GE GKR GKV GmbH Periodenabschreibung in der Periode t Abschreibungsausgangsbetrag Anfangsbestand Absatz Abschreibungen auf Forderungen abzuführende Absetzung für Abnutzung Aktiengesellschaft Anschaffungs-/Herstellungskosten Aktiengesetz Arbeitnehmer Andere Abgabenordnung Aktivische Rechnungsabgrenzungsposten Aufwand aus dem Abgang von Anlagevermögen Anlagevermögen Bestandsänderungen Bund der Deutschen Industrie Berufsgenossenschaft Betriebs- und Geschäftsausstattung Compact Disc Firmenbezeichnung Endbestand Elektronische Datenverarbeitung EDV-Anlage Eigenkapital Erträge aus dem Abgang von Anlagevermögen Einkommensteuergesetz Einkommensteuerrichtlinien Einzelwertberichtigung Finanzamt fertige Erzeugnisse Februar First-in-first-out - Methode Forderungen aus Lieferungen und Leistungen Forderungen Geldeinheiten (Währungseinheiten) Gemeinschaftskontenrahmen der Industrie Gesamtkostenverfahren Gesellschaft mit beschränkter Haftung
13 XII GoB GuV GWG HGB HÜ HW IAS IFRS IKR inkl. Jan. JAPOS JÜ Kfz. KG KiSt Kurzfr. L l(t) langfr. lfd. LSt Ltr. MA Mar. n Nr. OHG p.a. PRAP PWB RB RBW(t) RHB SAP AG SKR 03 Soli Abkürzungs- und Symbolverzeichnis Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung Gewinn- und Verlustrechnung Geringwertige Wirtschaftsgüter Handelsgesetzbuch Hauptabschlussübersicht Handelswaren International Accounting Standards International Financial Reporting Standards Industriekontenrahmen inklusive Januar Jahresabschlussposten Jahresüberschuss Kraftfahrzeug Kommanditgesellschaft Kirchensteuer kurzfristig(e) Leistungsvorrat eines Anlagegegenstandes Leistung in der Periode t langfristig(e) laufend(e) Lohnsteuer Liter Mitarbeiter März Nutzungsdauer Nummer Offene Handelsgesellschaft per annum = pro Jahr Passivische Rechnungsabgrenzungsposten Pauschalwertberichtigung Restbuchwert Restbuchwert in der Periode t Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe Firmenbezeichnung Bezeichnung eines Kontenrahmens der DATEV Solidaritätszuschlag
14 Abkürzungs- und Symbolverzeichnis XIII t TGE u.a. u.u. UFE UKV USt UStDV UStG usw. Verb. Verb.LL VermBG Vers. VG VwL WBaA Periode (t) Tausend Geldeinheiten unter anderen unter Umständen unfertige Erzeugnisse Umsatzkostenverfahren Umsatzsteuer Umsatzsteuerdurchführungsverordnung Umsatzsteuergesetz und so weiter Verbindlichkeiten Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen Vermögensbildungsgesetz Versicherung Vermögensgegenstände vermögenswirksame Leistungen Wertberichtigungen auf Anlagen
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16 TEIL 1 Einführung in die Finanzbuchführung 1 Grundlagen 1.1 Betriebswirtschaftliche Einführung Ein Unternehmen (gleichbedeutend mit Unternehmung) definieren wir als eine Institution, die - Güter beschafft (kauft), - diese Güter miteinander kombiniert, und sie dabei unter Umständen in andere Güter transformiert, und - die veränderten und/oder die unveränderten Güter wieder absetzt (verkauft). Anhand dieser Definition lassen sich die Aufgabenbereiche im Unternehmen grob dreiteilen. Man bezeichnet diese drei Aufgabenbereiche als - Beschaffung, - Produktion (oder Faktorkombination) und - Absatz. Als Beispiel diene eine Brauerei. Sie beschafft unter anderem Malz, Wasser, Hopfen und Hefe, kombiniert diese Güter zu dem Erzeugnis Bier und setzt das Bier ab. Sowohl die Beschaffung als auch der Absatz von Gütern sind Transaktionen mit anderen Wirtschaftseinheiten, zum Beispiel anderen Unternehmen oder privaten Haushalten. Die Transaktionen geschehen in der Regel gegen Entgelt, das zumeist in Form von Geldzahlungen entrichtet wird. Zum Beispiel beschafft ein Unternehmen von privaten Haushalten das Gut Arbeit und zahlt dafür den Lohn oder das Gehalt. Die abstrakte Beschreibung der Beziehungen der Unternehmen mit anderen Wirtschaftseinheiten lässt sich durch Abbildung 1.1 veranschaulichen: Güterbeschaffung (Faktoren) Unternehmen Güterabsatz (Produkte) Beschaffungsentgelt (Ausgaben) Absatzentgelt (Einnahmen) Abbildung 1.1: Die Geld- und Güterströme zwischen dem Unternehmen und anderen Wirtschaftseinheiten In das Unternehmen fließt ein Güterstrom hinein, der einen herausfließenden Geldstrom (Ausgaben) verursacht. Aus dem Unternehmen fließt ferner ein Güterstrom heraus, der einen Geldstrom (Einnahmen) zum Unternehmen nach sich zieht. Die vom Unternehmen beschafften Güter nennt man Produktionsfaktoren (oder kurz Faktoren). Die vom Unternehmen an den
17 2 Grundlagen Markt abzugebenden Güter sind das Ergebnis der Kombination der Faktoren. Man nennt sie Produkte oder Erzeugnisse. Die Kombination der Faktoren spielt sich innerhalb des Unternehmens ab. Der Kombinationsvorgang kann von Unternehmen zu Unternehmen sehr verschieden sein. Der Begriff Kombination ist so allgemein zu verstehen, dass sowohl Fabrikationsunternehmen (Autohersteller, Düngemittelfabriken, die Optische Industrie usw.) als auch Handelsunternehmen, Banken, Versicherungen usw. ihre beschafften Faktoren zu Gütern kombinieren. Zur Verdeutlichung des Bildes vom Unternehmen seien die Produktionsfaktoren anhand des oben bereits erwähnten Beispiels der Brauerei noch näher spezifiziert. Man teilt sie in Arbeitsleistungen, Werkstoffe und Betriebsmittel ein. Arbeitsleistungen sind die Tätigkeiten von Menschen im Unternehmen, zum Beispiel die Tätigkeiten der Braumeister, Flaschenabfüller, Bierkutscher, Buchhalter, Verkäufer, Manager. Werkstoffe sind Güter, die nach ihrer einmaligen Verwendung im Kombinationsprozess physisch nicht mehr existieren oder wesentliche Eigenschaften verloren haben, wie Malz, Wasser, Hopfen, Hefe, Heizöl, Dieselöl, Strom. Betriebsmittel sind die Sachgüter, die dazu gedacht sind bei der Leistungserstellung mitzuwirken, die aber nicht Werkstoffe sind. Zu den Betriebsmitteln zählen: Lagerhallen, Abfüllanlage, Kraftfahrzeuge, Büroeinrichtungen. Werkstoffe, Betriebsmittel und erzeugte Güter hält das Unternehmen zumeist vorrätig. Die Vorräte an Werkstoffen und Betriebsmitteln benötigt das Unternehmen für die stete Betriebsbereitschaft, d.h. man versucht ständig leistungsbereit zu sein. Bei Bedarf will der Unternehmer sofort produzieren und nicht erst die Lieferung von Werkstoffen und Betriebsmitteln abwarten müssen. Die Vorräte der erzeugten Güter hält das Unternehmen, um stets verkaufsbereit zu sein. So kann man unerwartete Nachfrage sofort bedienen und Marktchancen nutzen. Die Vorräte tragen demnach dazu bei, dass das Unternehmen jede günstige wirtschaftliche Situation für seine Ziele ausnutzen kann. Neben den Vorräten an Faktoren und Erzeugnissen benötigt das Unternehmen auch Geldbestände, die zum Beispiel durch Einzahlungen seitens der Kunden des Unternehmens entstehen. Damit kann man einzukaufende Faktoren bezahlen. Allerdings gibt es auch die Möglichkeit, die Faktorrechnungen nicht sofort bei der Beschaffung zu begleichen, sondern beim Lieferanten eine Schuld (Lieferantenverbindlichkeit) einzugehen. Ist der Lieferant nicht bereit, ein Zahlungsziel (später liegender Zahlungszeitpunkt) einzuräumen, kann das Unternehmen sich zum Beispiel bei einer Bank Geld ausleihen und den Lieferanten damit sofort bezahlen. Somit besteht jetzt bei der Bank eine Verbindlichkeit (Kurzfristige Bankverbindlichkeit oder Bankdarlehen) anstatt beim Lieferanten. Sind die Geldbestände des Unternehmens wesentlich höher als der Geldbedarf zur Beschaffung von Faktoren, besteht die Möglichkeit, Beträge zu verleihen (= Kredite geben). Durch eine Kreditvergabe erlangt das Unternehmen eine Forderung (= Anspruch gegen den Kreditnehmer auf Zahlung des Geldbetrages). Forderungen entstehen für das Unternehmen auch dann, wenn
18 Betriebswirtschaftliche Einführung 3 es Erzeugnisse oder Waren an einen Käufer liefert und diesem ein Zahlungsziel einräumt. Hierbei handelt es sich um Forderungen aus Lieferungen oder Leistungen. Somit hat jedes Unternehmen Bestände an Sachgütern (Faktoren und Erzeugnissen), an flüssigen Mitteln, an Forderungen und an Schulden. Die Sachgüter, die flüssigen Mittel und die Forderungen rechnet man zu den Vermögensgegenständen des Unternehmens. Weitere Vermögensgegenstände wie immaterielle Güter (z.b. Konzessionen), Wertpapiere und Beteiligungen können ebenfalls im Unternehmen auftreten. Die Summe der in Geldeinheiten bewerteten Vermögensgegenstände nennt man das Vermögen des Unternehmens. Zur Darstellung der Vermögenslage des Unternehmens vergleicht man das Vermögen mit den Schulden. Dieser Vergleich liefert Informationen, die sowohl für die Unternehmensleitung als auch für Außenstehende von großem Interesse sein können. Die Unternehmensleitung muss Entscheidungen treffen, die einerseits vom Bestand an Vermögen und Schulden abhängen und andererseits die Höhe dieser Bestände ändern. Die Bestände an Vermögensgegenständen und Schulden dürfen weder zu niedrig noch zu hoch sein. Zu wenig Güter vermindern zum Beispiel die Produktions- und/oder die Lieferbereitschaft. Zu viele Güter verteuern die Lagerhaltung. Der Schuldenbestand muss der Unternehmensleitung ständig bekannt sein, damit sie ihre Auszahlungen fristgerecht planen kann. Ferner haben bestimmte außenstehende Interessenten einen Informationsbedarf über die Vermögenslage des Unternehmens. Die Geldgeber (Anteilseigner, Banken) und die Lieferanten entscheiden unter anderem auch aufgrund der Vermögenslage des Unternehmens, ob sie dem Unternehmen Geld zur Verfügung stellen oder Lieferungen an das Unternehmen ausführen. Den Informationsbedarf über das Vermögen und die Schulden deckt der Unternehmer, indem er die notwendigen Informationen erfasst, sammelt und aufbereitet und sie den berechtigten Interessenten zur Verfügung stellt. Quantitative Informationen sammelt das Unternehmen im Rechnungswesen. Die dort gespeicherten und verarbeiteten Informationen sind sehr vielfältig. Unter anderem enthält das Rechnungswesen die Finanzbuchführung und die Betriebsbuchführung. Wir befassen uns hier fast ausschließlich mit der Finanzbuchführung und sprechen der Kürze wegen zumeist nur von der Buchführung, wenn wir die Finanzbuchführung meinen. Sofern wir uns mit der Betriebsbuchführung befassen (vgl. Abschnitt 5) wird dies ausdrücklich gesagt. Wir verwenden folgende Definition: Unter (Finanz-) Buchführung versteht man das systematische Aufzeichnen der quantifizierbaren Vorgänge im Unternehmen, sofern sie sich auf die Höhe und/oder die Zusammensetzung des Vermögens und der Schulden auswirken. Als Buchhaltung bezeichnet man zumeist die betriebliche Abteilung, die Institution, in der die Buchführung ausgeführt wird. Die Vorgänge, die in der Buchführung aufgezeichnet werden, nennen wir Geschäftsvorfälle.
19 4 Grundlagen 1.2 Die Buchführungsorganisation Die Belege und Bücher Die Geschäftsvorfälle werden durch Belege erfasst, das sind in der herkömmlichen Buchführung Schriftstücke, die Beweise für Geschäftsvorfälle bilden. Solche Belege sind etwa Eingangsrechnungen, Ausgangsrechnungen, Lohnabrechnungen, Materialentnahmescheine, Schecks, Quittungen, Bankauszüge usw. Zunächst notiert der Buchhalter die aufgrund des Beleginhalts vorzunehmenden Buchungen auf dem Beleg (Vorkontierung). Nach der Buchung wird auf dem Beleg vermerkt, dass die Buchung ausgeführt ist. Die Belege ordnet man nach Sachgebieten und versieht sie mit einer laufenden Nummerierung. Sie sind zehn Jahre lang aufzubewahren ( 257 Abs. 4 HGB). Gebucht wird in folgende Handelsbücher, die in der Regel kurz Bücher genannt werden: 1. in das Grundbuch, 2. in das Hauptbuch und 3. teilweise auch in Nebenbücher. Wie bei den Belegen beträgt auch bei den Handelsbüchern die Aufbewahrungsfrist zehn Jahre. Ursprünglich hat man gebundene Bücher mit fortlaufender Seitennummerierung benutzt, heute sind auch systematisch geordnete Karteikarten oder EDV-Dateien als Dokumentationsmedium zulässig. In das Grundbuch trägt man alle Geschäftsvorfälle in der zeitlichen Reihenfolge ein, in der sie auftreten. Man nummeriert die Vorfälle fortlaufend, vermerkt das Tagesdatum, die Belegnummer und die Stellen des Hauptbuches, in die man den Vorfall einträgt. Das Grundbuch wird häufig auch als Journal bezeichnet. Im Hauptbuch erfasst man alle Vorgänge sachlich geordnet. Die sachliche Ordnung stellt die Einteilung in einzelne Vermögens- und Schuldenposten dar. Für jeden dieser Posten, zum Beispiel bebaute Grundstücke, Rohstoffbestand, Bargeldbestand, Forderungen gegen Kunden, Schulden bei Lieferanten, führt man eine eigene Liste, die in der Regel den Anfangsbestand, die Veränderungen und den Endbestand des Postens aufnimmt. Eine solche Liste nennt man Konto. In ein bestimmtes Konto trägt man somit nur bestimmte Vorgänge ein. Zum Beispiel findet man im Kassekonto den Anfangsbestand, die Zugänge, die Abgänge und den Endbestand des Bargeldes des Unternehmens. Ein Nebenbuch wird eingerichtet, um Vorgänge des Hauptbuches nach einem weiteren als dem sachlichen Kriterium zu ordnen. Im Hauptbuch stehen zum Beispiel die Schulden gegenüber allen Lieferanten in nur einem Konto. Möchte man diese Schulden zusätzlich noch nach den Lieferanten (Gläubigern) ordnen, richtet man ein Nebenbuch (Kreditorenbuch) ein, in dem jeder Lieferant einzeln aufgeführt ist. Jede Lieferantenrechnung (Eingangsrechnung) wird dann nicht nur im Journal und im Hauptbuch, sondern auch noch im Kreditorenbuch an der Stelle festgehalten, an der das entsprechende Lieferantenkonto eingerichtet ist. Wir begrenzen unsere Darstellung auf Eintragungen im Grundbuch und im Hauptbuch. In Nebenbücher buchen wir hier nicht.
20 Die Buchführungsorganisation 5 Übung (1) Findet man die geplanten Absatzmengen für das nächste Jahr in der Finanzbuchführung? Antwort: Nein, die Planzahlen sind gedachte, erwartete Größen, die den Bestand des Vermögens oder der Schulden zum gegenwärtigen Zeitpunkt weder erhöhen noch mindern. (2) Sie möchten in einem Unternehmen alle Geschäftsvorfälle des 3. Februar 2007 einsehen. Verlangen Sie das Grundbuch, das Hauptbuch oder das Nebenbuch? Antwort: Das Grundbuch. Es ist zeitlich geordnet, so dass sich alle Geschäftsvorfälle eines bestimmten Tages als lückenlose Folge von Eintragungen finden lassen Moderne Hilfsmittel in der Buchführung Bis in das zwanzigste Jahrhundert hat man fast ausschließlich handschriftlich in gebundene Bücher gebucht. Im Hauptbuch war für jedes Konto eine Seite vorgesehen. Als zweites Buch diente das Grundbuch, in dem die Eintragungen chronologisch kontinuierlich erfolgten. Ab etwa 1925 wurden neuere Organistionsformen eingeführt. Vor allem in den Großunternehmen hat sich zunächst die Karteibuchführung eingebürgert, in der für jedes Konto wenigstens eine Karteikarte anstatt einer Seite in einem gebundenen Buch angelegt wird. Eine sehr weit verbreitete Form der Karteibuchführung war lange Zeit die Durchschreibebuchführung. Mit Hilfe von Durchschlagpapier wurde vom gebundenen Grundbuch in die Kontokarte oder von der Kontokarte in das Grundbuch durchgeschrieben. Elektromechanische Buchungsmaschinen stellen den nächsten Entwicklungsschritt dar. Sie buchten auf Karteikarten und druckten das Grundbuch auf Endlospapier. Seit den sechziger Jahren lässt sich die Buchführung mit Hilfe von Elektronischen Datenverarbeitungsanlagen (EDVA) erstellen. Diese modernste Form der Buchführungstechnik konnte die früher verwendeten Verfahren inzwischen wohl restlos verdrängen, da ihre Anwendung mit Hilfe von Personal Computer recht einfach und auch preiswert ist. Der heutigen Bedeutung dieser modernen Hilfsmittel versuchen wir dadurch gerecht zu werden, dass wir im Teil 2 dieses Buches auf die EDV-gestützte Buchführung (kurz: EDV-Buchführung) eingehen. Allerdings kann dem Lernenden das Studium der herkömmlichen handschriftlichen Buchungstechnik, die auch der EDV-Buchführung zugrunde liegt, nicht erspart werden. Der Kaufmann ist durch Gesetz verpflichtet, die Verantwortung für die Buchungen und den Abschluss zu tragen (siehe: 238 Abs. 1 und 245 HGB). Er muss daher in der Lage sein zu beurteilen, ob die mit den EDV-Hilfsmitteln erstellten Dokumente einwandfrei sind. Dies setzt voraus, dass er im Zweifelsfall in der Lage ist, jede einzelne Buchung zu beurteilen und er sich nicht darauf verlassen darf, dass die Rechner einwandfrei arbeiten und mit fehlerfreier Software betrieben werden.
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