Die Restaurierung der Josef Aigner Orgel in Flaas

Transkript

1 Die Restaurierung der Josef Aigner Orgel in Flaas Fotos: Orgelbau Kaufmann Dokumentation

2 Allgemeines Am habe ich gemeinsam mit Hochw. Herrn Sebastian Kröss die Orgel besichtigt und daraufhin das Angebot erstellt. Nach fast genau drei Jahren konnten wir am bis zum die Orgel restaurieren. Die Abbauarbeiten waren nach drei Tagen erledigt. Die Rekonstruktion der fehlenden Gehäuseteile war ein wesentlicher Arbeitsabschnitt, welcher neben den weiteren restauratorischen Maßnahmen in unserer Werkstätte in Deutschnofen durchgeführt wurde. Wie auch Univ. Prof. Herr Alfred Reichling bestätigt, handelt es sich bei dem Instrument um eine weitgehend originale Aigner Orgel. Sie ist zu datieren in die Zeit um Der originale Balg wurde vor einigen Jahrzehnte zerlegt, da er nicht mehr funktionstüchtig war. Teile davon lagern noch im Dachboden der Kirche. Der Balg war ursprünglich zum Ziehen, dann zum Treten eingerichtet. Tritt und Windanzeiger waren auf der Evangelienseite. Die Windzufuhr war auf der Epistelseite bis vor der Restaurierung. P. Kolumban hat ein Gebrauchtes Orgelgebläse installiert. Nachdem die Prospektpfeifen der beiden Außenfelder (17 kg) im I. Weltkrieg ausgebaut wurden, wurde der Orgelbauer Behmann für die Ersatzpfeifen bereits 1918 bezahlt, jedoch in Flaas kamen bis zum Tode von Behmann 1932 keine Pfeifen an. 1 Balganlage mit Motor Die Ausgangssituation für die umfangreiche Restaurierung der Orgel Die Orgel war zuletzt nur mehr bedingt spielbar. Verschmutzte Ventile verursachten Heuler, das stark verstaubte Pfeifenwerk ließ den Klangcharakter nur noch erahnen, ausgeschlagene Tasten und Wellen machten die Mechanik laut. Die Obertasten sanken teilweise unter den Untertasten. Das Pfeifenwerk war bis auf einigen Ausnahmen original und in einem relativ gutem Zustand. Die Ausnahmen bildeten 14 Pfeifen vom Register Prinzipal 8 c cs, und die vier tiefen Töne von Oktav 4 C, Cs, D, Ds, welche ebenso aus Zink waren und im ersten Weltkrieg ausgebaut wurden. Vergleichbar waren die Pfeifen, sei es Holz als auch Metall, sehr gut verarbeitet und auch von der Stabilität her nicht all zu schwach. Die Registerbezeichnungen auf den Papierschildchen waren nur noch erschwert leserlich. Die Registerbetätigung war sehr hart. 1 Quelle: Alfred Reichling 2

3 Disposition: Manual C f 54 Tasten Principal 8 C H Holz offen, ab c im Prospekt c cs neue Pfeifen, rest original bis f Copl 8 durchgehend Holz gedeckt Viola 8 C H mit Principal 8 zusammengeführt, dann Holz offen bis f Octav 4 C, Cs, D, Ds erneuert Flöte 4 C h Holz offen, ab c Metall Quint 2 2/3 Mixtur 2 4 fach Eine Materialanalyse am Laboratorio Chimico Di Landro in Crema hat ergeben, dass die originalen Prospektpfeifen einen Zinnanteil (SN) von 49,6000 % und der Bleianteil (Pb) 49,8000 % betragen. Die Manualregister werden direkt in das Pedal gekoppelt. Pedal C a 18 Töne angehängt Subbass 16 immer eingeschaltet, da keine Schleife ist Pedalreihenfolge D E B CS DS FS GS C F G A H c d e f g a Mixturzusammensetzung : 1. Chor: C 1 1/3 fs 2 2/3 fs 5 1/3 2. Chor: C 1 f 2 f 4 2/ 3. Chor: C 3 e 1 1/ 3 e 2 2/ 3 4. Chor: C ½ ds 1 ds 2 C 1 1 / 3 1 ds 1 1 / e 1 1 / / f / / 3 1 fs 2 2/ / 3 1 ds 2 2/ / 3 e 2 2/ 3 2 2/ f 4 2 2/ 3 2 2/ 3 2 fs 5 1/ / / 3 ½ 2 / 3 Die Mixtur in dieser Zusammensetzung ist einzigartig und an keiner anderen Aigner Orgel festzustellen. 3

4 vorher nachher Der Arbeitsverlauf Abbau der Orgel Am 21. November 2005 haben wir mit dem Abbau der Orgel begonnen. Der Kanal, welcher vom Dachboden zur Orgel führte, wurde abgesägt, das Gehäuse wurde bis hin zum Sockel abmontiert. 4

5 Die Schlitz und Zapfen Verbindungen waren zusätzlich mit Holznägeln versehen, welche für den Abbau ausgebohrt wurden. Da wir die Sockelbretter nicht abbauen konnten, diese waren mit der Emporenbrüstung verbunden und das Entfernen hätte Schäden am Mauerwerk verursacht, musste der Sockelkranz genau ausgemessen werden, um in der Werkstätte einen Ersatzsockel zu fertigen, worauf dann das Orgelgehäuse aufgebaut werden konnte. Alle Orgelteile außer dem Sockel wurden in die Werkstätte nach Deutschnofen geliefert. Rekonstruktion fehlender Gehäuseteile Da das Gehäuse vor einigen Jahrzehnte zersägt wurde, mussten die verschiedenen Teile erst an die richtigen Stellen zugeordnet werden, daraufhin konnten wir entscheiden, welche Teile wiederverwendet werden und welche nicht. Lediglich Kleinstteile (Friese) haben wir nicht verwendet. Das Schleierbrett im Mittelfeld war nicht zu finden, dieses wurde nach den Mustern der Außenfelder rekonstruiert. Alle fehlenden Teile wurden fachgemäß rekonstruiert und angepasst. die Füllungen wurden genau angepasst/ergänzt die Kniefüllung musste an mehreren Stellen ausgebessert werden 5

6 auch die Rückwandfüllungen wurden abgesägt die Front mit den gut erkennbaren neuen Teilen das neue Schleierbrett im Mittelfeld die neu eingearbeiteten Füllungen, wodurch man zu einen Großteil der Pfeifen kommt Pfeifenwerk Das gesamte Pfeifenwerk in einer großen Wanne nass gereinigt und nach dem Austrocknen für die Lötarbeiten vorbereitet. Die Lötarbeiten am Pfeifenwerk waren sehr ausgedehnt und vielfältig. Lötnähte nachgelötet, einzelne Pfeifenfüße erneuert. Einige Kerne waren lose und mussten besser verlötet werden. Giovanni beim kontrollieren der Lötnähte 6

7 die verbeulten und verschmutzten Pfeifen beim Abbau der Orgel die Pfeifen nach der Restaurierung Die Prospektpfeifen aus Zink in den beiden Außenfeldern wurden erneuert. Da nach dem ersten Weltkrieg die Zinkpfeifen eingebaut wurden, versuchte man natürlich ein einheitliches Bild der Pfeifen zu präsentieren, daher wurden die Zinnpfeifen vom Mittelfeld bronziert. Diese Bronzefarbe wurde durch Infrarotbestrahlung in einem Wasserbad abgelöst. Die neuen Pfeifen wurden, soweit dies nachvollziehbar war, nach den Anhaltspunkten wie z.b. die Rasterausschnitte, rekonstruiert. Die für Aigner typische gestreifte Oberfläche der Metallpfeifen wurde durch das Abziehen der neuen Pfeifen angepasst, und dadurch auch der helle Glanz neuer Pfeifen gebrochen und den originalen Pfeifen angepasst. Die Einrastrierung der Pfeifen in den Rastern war an vielen Stellen ungenau und unsauber. Viele Pfeifen standen schräg und mussten nachgearbeitet werden, die beiden Prospektpfeifen, welche hinter dem Prospekt standen, waren mit Schnüren abgebunden, da die Wandungen mitgeschwungen sind. Grund dafür waren Undichtigkeiten an den Lötnähten. Nachdem diese gut verlötet waren konnten die verkrüppelten Pfeifen ausgebeult und die Schnüre entfernt werden. Dazu war ihre Aufplatzierung äußerst schräg, wir entschieden ein kleines Überstöckchen zu fertigen, wodurch die Pfeife gerade gestellt werden konnte, ohne die Bohrung im Stock zu verändern. die angelängten Holzpfeifen 7

8 einige Deckel mussten komplett neu gemacht werden Alle Holzpfeifen deckel talkumiert, mehrere Deckelgriffe ergänzt, teilweise auch neu angefertigt, mehrere Deckel wurden neu beledert. Die Befestigung der Holzpfeifen war nicht sehr zufriedenstellend. Alle Pfeifen waren zueinander vernagelt. Diese Methode wollten wir nicht mehr anwenden und haben versucht, dass jede Pfeife unabhängig von der Nebenpfeife ein und ausgebaut werden kann. Dies haben wir anhand von Stiften und Ringschrauben gelöst. An mehreren Stellen kleine Raster und Abstandsklötze angebracht, da die Pfeifen zuerst nicht gerade aufgestellt waren. Die Ringschrauben wurden mit Filzstreifen bestückt, dass die Pfeifen nicht klirren können. Die offenen Holzpfeifen waren teilweise an der Mündung ausgeschnitten und wurden wieder auf ihre originale Länge verlängert. Alle Stimmbleche wurden erneuert. Die Befestigung der Subbasspfeifen wurde wieder mit Nägeln vorgenommen, da diese ganz eng an den Außenwänden aufplatziert sind und eigentlich für Wartungsarbeiten nicht ausgebaut werden müssen. Windlade Die gespundete Manuallade war bis auf einigen kleinen Rissen an der Unterseite dicht. Die Manualwindlade ist auf der Unterseite mit Notenpapier beklebt. Die Ventile wurden ausgebaut, gereinigt, das alte Leder abgelöst und neu beledert. Die hinteren und vorderen Stiften wurden gezogen, mit Stahlwolle gereinigt und wieder eingeschlagen, die Messingfedern gereinigt und ausgeglichen, die Schleifenbette talkumiert und an mehreren Stellen erneuert, den Schleifengang bzw. den Registerzuggang ausgeglichen. Alle Bohrungen auf Bohrrückstände kontrolliert und an unsauberen Stellen nachgefeilt. Auch die Abzugsdrähte und die eingelegten Messingstreifen wurden mit Stahlwolle gesäubert. Vater beim beledern der Ventile 8

9 Die Ventilkastendeckel wurden neu beledert, die Eisenhacken von Rost befreit. Die selben Arbeiten wurden an den beiden Pedalwindladen durchgeführt. Diese auf Sturz links und rechts neben der Hauptlade eingebauten Windladen sind etwas eigenartig in ihrer Bauweise. Die Ventile sind auf der Stirnseite der Windlade angesetzt, da auf der Längskante keine Zugänglichkeit gewährleistet wäre. Daher sind die Ventile verhältnismäßig schmal. Die Peldalladen, C Seite Cs Seite haben keine Schleife, d.h. das Register Subbaß ist immer eingeschaltet. Da die Ebene des Emporenbodens höher ist als die Windlade, musste auch die Wellatur unter dem Fußboden hinabragen. Somit laufen der Kanal, das Wellenbrett vom Pedal und die Abzugsdrähte der Anhängung unter dem Fußboden, unmittelbar oberhalb der dünnen mit Stroh und Lehm gefertigten Decke. Die Windladenunterseite mit dem aufgeklebten Notenpapier und deutlich zu sehen ein Riß Klaviaturen und Traktur Die Manualklaviatur lässt erkennen, dass diese Orgel verhältnismäßig wenig gespielt wurde. Die Abnutzung der Verschleißteile hält sich in Grenzen. Die Tasten waren an den Achsstiften etwas ausgeschlagen und wurden durch das Verkleinern der Bohrung verbessert. Die Tasten wurden poliert, an einigen Stellen wurden kleine Ebenholzteile eingesetzt. Da die Obertasten zu viel Tiefgang hatten wurden diese so eingestellt, dass beim Durchdrücken der Obertasten die Untertasten nicht berührt werden. Die Stabilität der Tastenauflage wurde durch eine Strebe unterhalb der Tasten verstärkt. Alle Achsstiften der Wellen ausgewechselt, da die alten Stiften Spiel hatten und dadurch das Spielgeräusch verstärkten. Die Aufschlagtücher wurden durch Lederstreifen ersetzt. Die Klaviaturbacken und das Tastenabschlussbrett geschliffen und poliert, dieses Brett war übermalen. Die unleserlichen Schildchen wurden entfernt und neue Papierschildchen angebracht. Die Manualklaviatur vorher und nachher, auch die Registerzüge wurden neu poliert 9

10 1. die verrosteten Stifte 2. die neuen Stifte Die Pedalklaviatur 3. die neuen Federn Die Pedalklaviatur abgeschliffen, das Trittbrett teilweise erneuert, alle Federn durch Stahlfedern ersetzt, die Begrenzungsfilze erneuern. Die Führungsstifte der Pedaltasten mussten ausgewechselt werden, da die alten stark verrostet waren. Die Pedaldrähte wurden mit Messingdrähte ersetzt, da die alten Drähte brüchig waren. Einige Tasten wurden aufgedoppelt, da diese ziemlich abgenutzt waren. Einige Ärmchen waren brüchig und wurden rekonstruiert, so auch einige Wellenhalter Die Seiten der Orgelbank mussten verbreitert werden, diese wurden aus einem nicht erklärbaren Grund um ca. 2,5 cm verschmälert und dadurch die Stabilität verschlechtert. Die typische Bauweise der Pedalklaviatur von Aigner Die Stechermechanik dieser Orgel weist eine weitere Besonderheit auf. Die Stecher haben an Ihrer Oberkante eine Art Feder, welche das Ein und Ausbauen derselben wesentlich erleichtert. Die Feder ist ein Draht, welcher ca. 3 cm vom Holzstecher herausragt und wieder im Stecher endet, d.h. die rechteckige Biegung schlüpft in Loch des Wellenärmchens, welches ebenso ein kleines rechteckiges Loch aufweist. An dieser Stelle und auch an Tasten und Ventilseite wurden die Stecher mit sämisch gegerbtem Leder versehen, um das Mechanikgeräusch zu minimieren. 10

11 Balganlage Gebläse Balg Die Bälge im Dachboden konnten beide nicht verwendet werden, daher wurde neben dem neuen Gebläse auch ein neuer Schwimmerbalg angefertigt, welcher direkt rechts neben dem Orgelgehäuse angebracht wurde. Der Balg wurde aus massivem Fichtenholz angefertigt. Die Aufstellung direkt neben der Orgel war deshalb interessant, da der alte Kanal genau an dieser Stelle in die Orgel einmündete und daher kein störender Kanal auf dem Emporenboden verlegt werden musste. Das dreiphasige Laukhuff Gebläse wurde zusätzlich mit schallschluckender Isolierung abgedichtet. Auch die gesamte Balganlage wurde mit einer massiven Fichtenholzplatte abgedeckt. Für die einfache Wartung des Gebläses sorgt ein leicht abnehmbarer Deckel. Der Winddruck beträgt 65 mm WS. unter der Abdeckung befindet sich der Balg und das Gebläse Montage, Intonation und Stimmung Am 27. Juni 2006 wurde das Gehäuse nach Flaas geliefert und montiert. Da die vielen neuen Teile noch farblich angepasst werden mussten, konnten die Montagearbeiten nicht unmittelbar danach fortgesetzt werden. Wir haben die Windlade, welche aus technischen Gründen bereits eingebaut wurde, abgedeckt und dem Restaurator das Gehäuse für die neue Fassung überlassen. Am 28. August 2006 konnte mit der Endmontage begonnen werden. Nach der Balganlage wurden die 11

12 Wellenbretter und die gesamte Registermechanik wieder eingebaut, die Tasten und abschließend die Pfeifen. Der Einbau der Pfeifen und die Intonation laufen parallel zueinander. Register für Register wurden eingebaut in sich ausgeglichen und grob gestimmt. Erst wenn alle Pfeifen auf der Windlade stehen, können die Pfeifen bzw. die Register zueinander ausgeglichen werden. Die genau für diesen Zweck eingesetzten Füllungen, welche ich in die Abdeckplatte zwischen den beiden Türmen eingearbeitet habe, ermöglichen zumindest das Ausfädeln einzelner Pfeifen. Die Hauptarbeiten mussten über ein kleines Gerüst ausgeführt werden, da im Gehäuse kein Platz ist und auch die Öffnungen es nicht erlauben, von der Empore aus, alle Pfeifen zu erreichen. Bei der Intonation wurden die Klangcharaktere weitgehend beibehalten und ausgeglichen. die originalen Mittelfeldpfeifen Oswald beim Stimmen Giovanni bei der Neuintonation der Prospektpfeifen die Prospektpfeifen von innen 12

13 die Holzpfeifen mit den neuen Stimmblechen Pedal und Wellenbrett Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden: 1340 Zeitraum : Stimmung: Neidhard Hz bei 18,4 C Einweihung: An den Arbeiten waren folgende Personen beteiligt: Josef Kaufmann, Orgelbaumeister Christoph Libera, Auszubildender Orgelbauer Giovanni Crisostomo Orgelbaumeister und Intonateur Oswald Kaufmann Orgelbaumeister Schlusswort Die Restaurierung dieser Aigner Orgel war eine sehr schöne Herausforderung und ich bin wieder um einige Erfahrungen reicher. Ich bedanke mich bei allen recht herzlich, welche irgendwie mit der Restaurierung zu tun hatten. Der gesamten Bevölkerung von Flaas wünsche ich viel Freude mit diesem einzigartigen Orgelwerk und hoffe, dass dieses wunderschöne Instrument oft zum Einsatz kommt. Ein besonderes Dankeschön geht auch an Univ. Prof. Alfred und Matthias Reichling, welche immer wieder Ihr Engagement entgegenbringen. Auch an die Orgelkommission speziell an P. Urban geht mein Dank für den Beistand, welchen ich immer wieder sehr schätze. Ihr Orgelbauer Oswald Kaufmann 13

14 Deutschnofen, Dezember 2006 Anhang: Mensuren 14