Untersuchungsbericht

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1 Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung Untersuchungsbericht Der Untersuchungsbericht wurde gemäß 18 FlUUG summarisch abgeschlossen, d.h. ausschließlich mit Darstellung der Fakten. Identifikation Art des Ereignisses: Unfall Datum: 02. Mai 2015 Ort: Luftfahrzeug(e): Hersteller / Muster: Personenschaden: Sachschaden: Drittschaden: Aktenzeichen: nahe Bad Münder am Deister/Bakede Segelflugzeug Schempp-Hirth / Nimbus-3/24,5 Pilot tödlich verletzt Luftfahrzeug zerstört Flurschaden BFU X

2 Sachverhalt Ereignisse und Flugverlauf Um 11:27 Uhr 1 startete der Nimbus 3/24,5 auf der Piste 29 des Sonderlandeplatzes Wahlstedt (EDHW) im Flugzeug-Schlepp zu einem Überlandflug. Gegen 15:17 Uhr wurde das Segelflugzeug von anderen Segelflugpiloten im Bereich Bad Münder am Deister/Bakede gesehen. Die Zeugen wurden durch eine ungewöhnlich steil nach oben gerichtete Fluglage des Nimbus auf das Segelflugzeug aufmerksam. Sie beobachteten, wie das Luftfahrzeug in einer Höhe von ca m AMSL über eine Tragfläche abkippte und in eine steil nach unten gerichtete spiralförmige Flugbahn überging. Nach einigen Umdrehungen löste sich ein Teil der Tragfläche von dem Segelflugzeug und die Zeugen sahen, wie Ballastwasser aus dem Tragflächenrest floss. Kurz darauf verschwand das Luftfahrzeug aus dem Sichtfeld der Piloten. Zeugen am Boden berichteten, dass sie durch ein Pfeifgeräusch auf das zu Boden stürzende Segelflugzeug aufmerksam wurden. Sie vernahmen einen Knall, als sich ein Teil der Tragfläche vom Luftfahrzeug löste und ein weiteres Geräusch, als das Segelflugzeug auf dem Boden aufschlug. Es stürzte in einem steilen Winkel in einem Waldgebiet zu Boden und wurde zerstört. Der Pilot wurde getötet. Aufgrund von Zeugenaussagen wurde zunächst eine Kollision zweier Flugzeuge vermutet und eine Suchaktion durch Polizei und Feuerwehr ausgelöst. Es konnte jedoch kein anderes beteiligtes Luftfahrzeug gefunden werden. Angaben zu Personen Der 67-jährige Pilot war seit dem im Besitz einer Lizenz für Segelflugzeugführer. Zum Unfallzeitpunkt besaß er eine Pilotenlizenz der Europäischen Union für Segelflugzeuge (SPL) mit den Einträgen für Windenstart, Selbststart und Flugzeug-Schlepp-Start, sowie eine Berechtigung zum Führen von Reisemotorseglern. Darüber hinaus verfügte er über eine Pilotenlizenz der Europäischen Union für Flug- 1 Alle angegebenen Zeiten, soweit nicht anders bezeichnet, entsprechen Ortszeit - 2 -

3 zeuge (PPL(A)) mit den Einträgen für einmotorige, kolbengetriebene Landflugzeuge (SEP) und Reisemotorsegler (TMG). Sein flugmedizinisches Tauglichkeitszeugnis Klasse 2 mit der Einschränkung VML (Sehhilfe ist mitzuführen) war bis zum gültig. Seine Flugerfahrung im Segelflug betrug 5 007:45 Stunden bei Starts. Motorgetriebene Luftfahrzeuge hatte er für insgesamt 665:16 Stunden bei 699 Starts geflogen. In den letzten 90 Tagen vor dem Unfall hatte er 39:40 Stunden bei sechs Starts im Segelflug absolviert. Angaben zum Luftfahrzeug Der Nimbus 3/24,5 ist ein einsitziges Segelflugzeug in Faser-Verbund-Bauweise mit einer Spannweite von 24,5 m. Die Mitteldeckerkonstruktion mit T-Leitwerk verfügt über ein Einziehfahrwerk. Das betroffene Luftfahrzeug, Baujahr 1983, war in Deutschland zum Verkehr zugelassen und wurde seit dem Jahr 2000 vom Piloten in privater Halterschaft betrieben. Die Gesamtbetriebszeit betrug 4 123:13 Stunden bei 920 Starts. Die letzte Prüfung der Lufttüchtigkeit fand am statt. Seitdem wurden 31:43 Stunden bei fünf Starts mit dem Segelflugzeug geflogen. Meteorologische Informationen Die Wetterstation am ca. 35 km von der Unfallstelle entfernten Flughafen Hannover (EDDV) zeichnete um 15:20 Uhr Wind aus 250 mit acht Knoten bei einer Sicht von mehr als 10 km auf. Der Luftdruck (QNH) betrug 1013 HPa. Dabei gab es wenige Wolken in Flugfläche 036. Angaben zum Flugplatz Der Sonderlandeplatz Wahlstedt (EDHW) liegt in einer Höhe von 129 Fuß (39 m) AMSL ca. einen Kilometer nördlich der Gemeinde Wahlstedt in Schleswig- Holstein. Die Graspiste 11/29 ist 800 m lang und 30 m breit

4 Unfallstelle und Feststellungen am Luftfahrzeug Die Unfallstelle lag etwa zwei Kilometer südwestlich das Stadtteils Bakede der Stadt Bad Münder am Deister in einem Waldgebiet. Das Segelflugzeug wurde dort mit dem Cockpit nach unten aufgefunden. Das Hauptwrack nahm eine Fläche von etwa 20 m x 4 m ein. Der Cockpitbereich war bis zum Tragflächenholm zerstört. Der Bereich der Tragflächenaufnahme und der vordere, etwa ein Meter lange, Teil des Leitwerksträgers standen in einem Winkel von ca. 45 nach hinten geneigt auf dem Cockpitfragment. Der beschädigte, etwa drei Meter lange, Rest des Leitwerksträgers lag parallel auf dem zerstörten Holm der rechten Tragfläche. Die abgebrochene und beschädigte Seitenruderflosse wurde ebenso, wie die davon abgetrennte Seitenruderklappe, am Ende des Leitwerksträgers aufgefunden. Das abgetrennte und beschädigte Höhenleitwerk lag ebenfalls in diesem Bereich. Hauptwrack, Lage des Rumpffragmentes wurde verändert

5 Die Beplankung hatte sich vom Holm der Tragfläche gelöst und wurde ebenso, wie einzelne zerstörte Bauteile, im Umkreis von bis zu 15 m um das Hauptwrack verteilt aufgefunden. Der Holm war auf seiner gesamten Länge mehrfach durchgebrochen und delaminiert. Alle Wrackteile waren zerstört. Holmfragmente - 5 -

6 Untersuchungsbericht BFU X Beplankungsteile Fragmente der rechten Tragfläche sowie des Leitwerksträgers mit Leitwerk -6-

7 Etwa einen Kilometer nordöstlich des Hauptwracks lagen Teile der Tragflächenbeplankung in einem Feld. Ca. 800 m nordöstlich des Hauptwracks wurden die nahezu unbeschädigten Tragflächenendstücke sowie ein abgerissener Teil der Wölbklappe in einem bewaldeten Hang aufgefunden. An dem abgerissenen Klappenteilstück befand sich ein ausgerissenes Stück der Tragflächenbeplankung, das durch das Klappenscharnier gehalten wurde. Teil der rechten Wölbklappe mit ausgerissenem Beplankungsteil Etwa 750 m nordöstlich des Hauptwracks befand sich ein ca. drei Meter langes, leicht beschädigtes Teilstück der rechten Tragfläche

8 Abgerissenes Teilstück der rechten Tragfläche Die Schäden an Rudern und Steuerelementen konnten dem Aufschlag zugeordnet werden. Es wurden keine Hinweise auf eine eingeschränkte Steuerbarkeit des Segelflugzeuges gefunden. Medizinische und pathologische Angaben Der Pilot wurde am 05. Mai 2015 im Institut für Rechtsmedizin der medizinischen Hochschule Hannover obduziert. Die Obduktion ergab keine Hinweise auf eine organische Ursache für eine eingeschränkte Handlungsfähigkeit des Piloten im Vorfeld des Unfalles, da für einen Befund notwendige Gewebeproben nicht zur Verfügung standen

9 Eine ergänzende chemisch-toxikologische Untersuchung am 24. August 2015 erbrachte keine Hinweise darauf, dass der Pilot zum Todeszeitpunkt unter der Wirkung von Drogen, Medikamenten oder Alkohol gestanden hatte. Zusätzliche Informationen Das Wrack des Segelflugzeuges wurde zur weiteren Untersuchung zur BFU transportiert. Bei der Untersuchung konnten die Verbindungen der Steuerelemente nachvollzogen werden. Brüche und Trennstellen konnten dem Aufprall oder der Bergung zugeordnet werden. Nach Zeugenaussagen befanden sich mehrere Flugaufzeichnungsgeräte, die nicht gefunden werden konnten, an Bord des Segelflugzeuges. Es wurden schwer beschädigte Datenträger gefunden, die nicht ausgelesen werden konnten. Untersuchungsführer: Mitwirkung: Untersuchung vor Ort: Stefan Maser Dietmar Nehmsch, Philipp Lampert Fritz Kühne, Stefan Maser Braunschweig November

10 Die Untersuchung wurde in Übereinstimmung mit der Verordnung (EU) Nr. 996/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über die Untersuchung und Verhütung von Unfällen und Störungen in der Zivilluftfahrt und dem Gesetz über die Untersuchung von Unfällen und Störungen beim Betrieb ziviler Luftfahrzeuge (Flugunfall- Untersuchungs-Gesetz - FlUUG) vom 26. August 1998 durchgeführt. Danach ist das alleinige Ziel der Untersuchung die Verhütung künftiger Unfälle und Störungen. Die Untersuchung dient nicht der Feststellung des Verschuldens, der Haftung oder von Ansprüchen. Herausgeber Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung Hermann-Blenk-Str Braunschweig Telefon Telefax Mail Internet box@bfu-web.de