Rechtsanwaltskammer Kassel. Abschlussprüfung Sommer 2015
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- Marcus Engel
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1 Rechtsanwaltskammer Kassel - Körperschaft des öffentlichen Rechts - Abschlussprüfung Sommer 2015 Ausbildungsberuf: Prüfungsfach: Rechtsanwalts- und Notarfachangestellter/Rechtsanwaltsund Notarfachangestellte Zivilprozessrecht und freiwillige Gerichtsbarkeit ( 14 Abs. 4 Nr. 1 der PO) Dauer: 90 Minuten Hilfsmittel: ZPO Erreichbare Punkte: 100 Prüf.-Nr.: (keinen Namen) Dieser Aufgabensatz umfasst 13 Seiten. Bitte Vollständigkeit überprüfen!! I. Zivilprozessrecht und Zwangsvollstreckung Aufgabe 1 (9 Punkte) Anna Anders aus Marburg hat sich für fünf Tage einen Mietwagen genommen, der täglich 85,00 Euro kostet und am 12. Mai 2015 zurückgegeben worden sein sollte. Auch nach zehn Tagen hat sie den Mietwagen noch nicht wieder an die AutoRent Schöller GmbH in Kassel zurückgegeben. Bezahlt wurde außer der Anzahlung noch nichts. Der Geschäftsführer Kevin Schöller bittet um Rat. Entscheiden Sie jeweils und begründen Sie Ihren Rat! a) Schöller will auf schnellstem Wege das Fahrzeug wieder haben. Er meint, das Mahnverfahren sei doch ein schneller und kostengünstiger Weg. b) Falls das Fahrzeug jetzt doch noch schnell zurückgegeben wird: Wie kommt Schöller rasch zu seinem Geld? An welches Gericht muss er sich wenden? Erklären Sie Schöller umfassend die möglichen Verfahrensabläufe! c) Schöller fragt auch, welche Fristen Frau Anders jeweils zu beachten hätte.
2 2 Aufgabe 2 (3 Punkte) Nach Zustellung der Herausgabeklage bezüglich des Mietwagens liefert Frau Anders den Pkw unbeschädigt beim Kläger ab. Er fragt, was jetzt mit seiner Klage passiert und welche Erklärungen er gegebenenfalls abzugeben hat. Aufgabe 3 (2 Punkte) Am späten Abend fällt dem Gerichtsvollzieher, der die kommenden Tage Urlaub hat, die noch nicht erledigte Zustellung an Frau Schmidt ein. Kurz vor Mitternacht klingelt er bei Frau Schmidt und drückt ihr die Zustellung in die Hand. Diese weigert sich, das Schriftstück anzunehmen, das rege sie viel zu sehr auf! Ist die Verweigerung der Annahme zulässig? Begründen Sie Ihre Antwort!
3 3 Aufgabe 4 (6 Punkte) Entscheiden Sie, um welche Art von Klage es sich handelt! a) Müller aus Fulda klagt gegen seinen Vermieter Fritz aus Bebra auf Reparatur des defekten Treppengeländers in der Mietwohnung in Fulda. b) Fritz erhebt Widerklage, er will noch ausstehende Mietzahlungen haben. c) Adam und Eva lassen sich scheiden. d) Adam ficht die Ehelichkeit des Kindes Marlon an. e) Peters wurde bei einem Unfall schwer verletzt. Er verlangt 4.200,00 Euro Arztkosten. f) Peters möchte gesichert haben, dass der Schädiger auch für die weiteren Kosten, die schon jetzt abzusehen sind, einzustehen hat. Aufgabe 5 (3 Punkte) Begründen Sie, welches Gericht in Aufgabe 4. a) zuständig ist!
4 4 Aufgabe 6 (2 Punkte) Vor Gericht wird in der Hauptverhandlung zu Beweiszwecken ein zulässig aufgenommener Telefonmitschnitt abgespielt. Entscheiden Sie, um welche Art von Beweismittel es sich handelt! Aufgabe 7 (2 Punkte) Erläutern Sie allgemein, welchen Sinn die Zwangsvollstreckung hat! Aufgabe 8 (3 Punkte) Nennen Sie sechs verschiedene Vollstreckungstitel!
5 5 Aufgabe 9 (10 Punkte) Der Gerichtsvollzieher erscheint beim alleinstehenden Schuldner Stefan Wegner und zeigt ihm einen vollstreckbaren Titel über ,00 Euro vor. Der Schuldner kann nicht zahlen. In der Wohnung findet der Gerichtsvollzieher folgende Gegenstände. Entscheiden Sie, ob der Gegenstand pfändbar ist und begründen Sie kurz Ihre Meinung! a) Zwei Farbfernseher, einmal Plasma, Wert 620,00 Euro, einmal Röhre, Wert 50,00 Euro, b) einen Akkuschrauber mit einem Aufklebeetikett Alis Handwerkerbedarf, Mietgerät c) eine Damenarmbanduhr im Wert von 250,00 Euro d) ein Fernglas im Wert von 8,00 Euro e) drei Aahle Würste im Gesamtwert von 21,00 Euro.
6 6 Aufgabe 10 (5 Punkte) Der Gerichtsvollzieher hat den Akkuschrauber (Fall 20 b) gepfändet und mitgenommen. a) Kann sich Ali dagegen wehren? Zeigen Sie ihm auf wie! b) Hat der Schuldner auch einen Rechtsbehelf, wenn der Gerichtsvollzieher bei ihm beide TV-Geräte gepfändet hat?
7 7 Aufgabe 11 (5 Punkte) Bei Frau Stina Enders häufen sich die Vollstreckungsmaßnahmen. Alle pfändbaren Sachen sind schon weg. Mehrere Gläubiger wollen jetzt auch auf ihr Gehaltskonto zugreifen. Frau Enders fragt Sie um Rat. a) Wonach richtet sich der Betrag, der Frau Enders in jedem Fall belassen werden muss? b) Kann Frau Enders vermeiden, dass ihr Gehalt von 960,00 Euro und das Kindergeld, die auf ihrem Girokonto eingehen, überhaupt als Kontoguthaben gepfändet werden? Erklären Sie ausführlich die eventuell bestehende Schutzmöglichkeit!
8 8 II. Freiwillige Gerichtsbarkeit Aufgabe 12 (4 Punkte) In der Bundesrepublik Deutschland gibt es (neben dem Beamtennotariat im OLG-Bezirk Stuttgart) zwei grundsätzlich verschiedene Formen des Notariats. Nennen Sie die beiden Formen und geben Sie jeweils ein Bundesland an, in dem die von Ihnen genannte Form vorgeschrieben ist! Aufgabe 13 (3 Punkte) Notare haben zahlreiche Amtspflichten zu beachten. Nennen sie drei davon!
9 9 Aufgabe 14 (5 Punkte) Ihre Freundin fragt Sie, ob deren Mutter neulich im Notariat war und ein Testament errichtet hat. Dürfen Sie ihr unter dem Siegel der Verschwiegenheit Auskunft erteilen? Begründen Sie kurz Ihre Entscheidung! Drohen Ihnen etwa Konsequenzen, wenn Sie die Freundin informieren, und falls ja, welche? Aufgabe 15 (6 Punkte) Trotz der Verschwiegenheitspflicht treffen den Notar in einigen Angelegenheiten Mitteilungspflichten. Entscheiden Sie, ob eine Mitteilungspflicht besteht und wem Mitteilung zu machen ist! a) Jan-Peter Kuhn erkennt die Vaterschaft für den am in Kassel geborenen Justin Otter an. b) Es wird die Abtretung eines Geschäftsanteils an einer GmbH beurkundet. c) Jan-Peter Kuhn und seine Tochter Svenja Kuhn schließen einen Erbvertrag.
10 10 Aufgabe 16 (6 Punkte) Frau Kira Berg, geb. am , wohnhaft Karthäuser Straße 2 in Kassel, hat heute vor dem Notar ihr unter Ur.Nr. 312/2014 aufgenommenes Testament durch eine protokollierte Erklärung widerrufen. Tragen Sie den Vorgang in die Urkundenrolle ein! Teilen Sie das Arbeitsblatt in entsprechende Spalten ein und beschriften Sie die Spalten! Die letzte Eintragung in der Urkundenrolle hatte die Nummer 344.
11 11 Aufgabe 17 (6 Punkte) Sie überprüfen den Grundbuchinhalt des Grundbuchs von Baunatal, Blatt In Abteilung II des Grundbuchs ist ein Nießbrauch für Tom Fröhlich eingetragen. Erklären Sie dieses Recht (Nießbrauch) und nennen Sie vier weitere typische Belastungen, die in Abteilung II eingetragen werden können! Aufgabe 18 (4 Punkte) Frau Stefanie Berg aus Hünfeld, Töpfergasse 2, ist Alleineigentümerin des im Grundbuch von Hünfeld, Blatt 1080 verzeichneten Grundstücks Gemarkung Hünfeld, Flur 2, Flurstück 143/30, Gebäude- und Freifläche, Töpfergasse 2, 634 qm groß. In Abteilung II ist ein Nießbrauch zugunsten ihrer Mutter Frau Gerda Berg eingetragen. Sonst ist das Grundstück lastenfrei. Frau Stefanie Berg möchte das Haus umfassend renovieren. Sie benötigt ,00 Euro Darlehen von der Genossenschaftbank Hünfeld eg. Zur Sicherheit verlangt die Bank eine erstrangige Grundschuld. Frau Gerda Berg wäre damit einverstanden. a) Erklären Sie die Bedeutung des Ranges innerhalb des Grundbuchs! b) Beschreiben Sie, wie die Rangverhältnisse bei mehreren Rechten grundsätzlich bestimmt werden!
12 12 Aufgabe 19 (6 Punkte) Im Handelsregister werden die Kaufleute eingetragen. a) Welcher Unterschied besteht zwischen HBA und HBB? b) Nennen Sie jeweils zwei typische Kaufleute HRA und HRB! Aufgabe 20 (2 Punkte) Im Handelsregister beim AG Marburg ist die Gunter Emmerlich Veranstaltungen GmbH und Co. KG eingetragen. Begründen Sie Ihre Auffassung, in welcher Abteilung des Handelsregisters Sie nachschauen müssen, wer letztlich zur Vertretung der KG befugt ist!
13 13 Aufgabe 21 (8 Punkte) Der wohlhabende Witwer Edwin Schöller ist in Witzenhausen, seinem letzten Wohnort, verstorben. Er hat lediglich eine einzige Tochter Sina und seine ebenfalls schon sehr alte Schwester Hedwig Schöller. Die Beerdigung hat Sina von ihrem eigenen Ersparten bezahlt. Als Sina nun bei der Bank Auskunft habe möchte, was sie denn geerbt hat, erhält sie lediglich die Auskunft, ohne einen Nachweis, dass sie Erbin geworden sei, könne sie weder Auskunft noch gar Zahlungen erwarten. Sina ist ratlos. Von einem Testament ist ihr nichts bekannt. Beraten Sie Sina jeweils mit kurzer Begründung, a) ob sie Erbin geworden ist, b) wie sie gegenüber der Bank ihre Erbenstellung nachweisen kann, c) was sie unternehmen muss, um den Nachweis zu erhalten und welche Papiere sie dazu beschaffen muss.
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