Die Verwaltungsorganisation in Slowenien
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- Hans Ziegler
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1 Franc Grad / Erik Kerševan I. Die Regierung In Slowenien ist ein parlamentarisches Regierungssystem eingerichtet, das teilweise, aber nicht vollständig die deutsche Regelung zum Vorbild hat. Das hat insb einen wesentlichen Einfluss auf die Regierungsbildung und die Verwirklichung ihrer Verantwortung gegenüber dem Parlament, der Staatsversammlung. Die Stellung der Regierung ist in Grundzügen bereits in der Verfassung der selbstständigen Republik Slowenien aus dem Jahr 1991 (fortan: Verf) 1 normiert, insb die Art ihrer Bildung und ihrer Verantwortung gegenüber der Staatsversammlung; näher geregelt ist sie aber im Gesetz über die Regierung 2, in der Geschäftsordnung der Staatsversammlung 3 und in der Geschäftsordnung der Regierung 4. A. Die Regierungsbildung Wie bereits ausgeführt, orientiert sich auch die Regierungsbildung weitgehend an den Besonderheiten des deutschen Modells. Die Verf bestimmt, dass der Vorsitzende der Regierung (der Ministerpräsident) von der Staatsversammlung auf Vorschlag des Staatspräsidenten, der sich davor mit den Vorsitzenden der Fraktionen der Staatsversammlung beratschlagen muss, gewählt wird. Der Ministerpräsident wird idr mit der Mehrheit der Stimmen aller Abgeordneten in einer geheimen Abstimmung gewählt. Wenn kein Kandidat gewählt wurde, kann der Staatspräsident innerhalb von 14 Tagen erneut denselben oder einen anderen Kandidaten vorschlagen, es können aber auch die Fraktionen oder mindestens zehn Abgeordnete ihren Kandidaten vorschlagen. Wenn auch in diesem Fall kein Kandidat gewählt wird, löst der Staatspräsident die Staatsversammlung auf und schreibt Neuwahlen aus. Allerdings ist noch ein weiterer Versuch, die Auflösung der Staatsversammlung zu verhindern, 1 Ul Nr 33/91, 42/97, 66/00, 24/03, 69/04, 68/06 und 47/13. 2 Ul Nr 24/05 amtlich konsolidierter Wortlaut, 109/08, 38/10, 8/12, 21/13 und 47/13. 3 Ul Nr 92/07 amtlich konsolidierter Wortlaut, 105/10 und 80/13. 4 Ul Nr 43/01, 23/02, 54/03, 103/03, 114/04, 26/06, 21/07, 32/10, 73/10, 95/11, 64/12 und 10/14. 3
2 Franc Grad / Erik Kerševan möglich. Die Staatsversammlung kann nämlich innerhalb von 48 Stunden mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen der anwesenden Abgeordneten die Durchführung einer neuerlichen Wahl des Ministerpräsidenten beschließen. Dieser ist in so einem Fall schon mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen der anwesenden Abgeordneten gewählt, was auch die Aufstellung einer Minderheitsregierung ermöglicht. Schlägt auch dieser Versuch fehl, kommt es zur Auflösung der Staatsversammlung und zu vorzeitigen Wahlen. Allerdings ist mit der Wahl eines Ministerpräsidenten die Regierung noch nicht gebildet, weil der gewählte Ministerpräsident die Minister der Staatsversammlung zur Ernennung vorschlagen muss, was eine Besonderheit des slowenischen Systems darstellt. Vor der Ernennung in der Staatsversammlung muss sich darüber hinaus jeder Minister gesondert der zuständigen Kommission der Staatsversammlung vorstellen. Auf Vorschlag des Ministerpräsidenten entlässt die Staatsversammlung auch die Minister. Die Art der Regierungsbildung wird im Einklang mit der Verf durch das Gesetz über die Regierung näher bestimmt. Der Ministerpräsident muss die Ernennung der Minister spätestens 15 Tage nach seiner Wahl vorschlagen. Wenn er dies nicht innerhalb dieser Zeit oder nicht innerhalb einer zusätzlichen, von der Staatsversammlung gewährten Frist tut, endet sein Amt als Ministerpräsident. Nach der gesetzlichen Regelung gilt, dass die Regierung ihr Amt bereits angetreten hat, wenn mehr als zwei Drittel der Minister ernannt sind. Wenn aber die Staatsversammlung auch innerhalb von drei Monaten nach Antritt des Regierungsamtes die nichternannten Minister nicht ernennt, stellt die Staatsversammlung fest, dass das Amt des Ministerpräsidenten und der Minister beendet ist. B. Die Beendigung des Regierungsamtes Nach der Verf endet das Amt der gesamten Regierung, folglich des Ministerpräsidenten und der Minister, wenn sich nach den Wahlen eine neue Staatsversammlung gebildet hat. Die Regierung kann aber auch aufgrund einer Interpellation über die Regierungstätigkeit oder auch, wenn ihr nicht das Vertrauen ausgesprochen wurde, entlassen werden. Das Amt der Minister endet auch in all den anderen Fällen, in denen das Amt des Ministerpräsidenten endet. Darüber hinaus endet das Amt eines Ministers auch mit seiner Entlassung oder mit seinem Rücktritt. Das Amt des Ministerpräsidenten endet, wenn dieser zurücktritt und wenn der Regierung das Misstrauen ausgesprochen wird. Die Regierung, deren Amt endet, muss bis zur Wahl des neuen Ministerpräsidenten die laufenden Geschäfte besorgen. Das gilt auch für den einzelnen Minister, dessen Amt endet; auch er muss die laufenden Geschäfte 4
3 bis zur Ernennung des neuen Ministers erfüllen. Was das bedeutet, ist nicht genau definiert, dennoch sollte diese Bestimmung so verstanden werden, dass die Regierung in dieser Zeit nur dringende Entscheidungen trifft, aber keine größeren oder wichtigen neuen Aktivitäten beginnt, dem Parlament keine neuen Politikbereiche und Gesetze vorschlägt usw. C. Die Zusammensetzung der Regierung Nach der Verf bilden der Ministerpräsident und die (einzelnen) Minister die Regierung, was auch bedeutet, dass die Regierung über keine engere oder breitere Zusammensetzung verfügt, sondern ein einheitliches Kollegialorgan bildet. Durch das Gesetz wird bestimmt, dass sich die Regierung aus den Ministern, die die einzelnen Ressorts leiten, zusammensetzt. Daneben können der Regierung auch noch Minister ohne Ressort angehören. Jeder Minister führt und vertritt im Einklang mit der beschlossenen Politik das Ministerium, gibt die politische Ausrichtung für die Tätigkeit des Ministeriums und der ministeriellen Verwaltungsbehörden vor, beaufsichtigt deren Tätigkeit, erlässt Vorschriften und andere Rechtsakte aus der Zuständigkeit des Ministeriums und seiner ministeriellen Verwaltungsbehörden und erfüllt andere, durch Gesetz oder andere Vorschriften festgelegte Aufgaben. Der Ministerpräsident und die Minister können zugleich weder Funktionen in staatlichen Behörden, bei Gerichten, bei den Organen der lokalen Gemeinschaften und in anderen öffentlichen Ämtern ausüben, noch dürfen sie Tätigkeiten ausüben, die nach dem Gesetz mit dem Amt eines Regierungsmitgliedes unvereinbar sind. Regierungsmitglieder können folglich auch nicht gleichzeitig Abgeordnete zur Staatsversammlung und Abgeordnete zum Staatsrat sein. Allerdings muss ein Abgeordneter, der Regierungsmitglied wird, nicht zurücktreten, sondern kann sein Amt in dieser Zeit nur nicht ausüben, was bedeutet, dass seine Abgeordnetenfunktion in dieser Zeit ruht und er sie wieder zurückbekommt, wenn er nicht mehr Mitglied der Regierung ist. D. Die Funktion und die Arbeitsweise der Regierung Die Regierung erfüllt sowohl eine politische Vollzugsfunktion als auch eine vollziehende Verwaltungsfunktion. Im Rahmen der ersten Funktion schlägt sie dem Parlament die Politik, die Gesetze und andere Rechtsakte zur Beschlussfassung vor (Initiativfunktion) und sorgt für deren Umsetzung. Im Rahmen der zweiten Funktion wirkt sie als Spitze der öffentlichen Verwaltung, wobei sie die Richtung vorgibt (Koordinativfunktion) und die Aufsicht über die Tätigkeit der Verwaltungsbehörden ausübt (Aufsichtsfunktion). Über die Minister als Mitglieder der Regierung leitet die Regierung auch unmittelbar einzelne Verwaltungsbehörden. 5
4 Franc Grad / Erik Kerševan Die Regierung ist somit ein Organ der vollziehenden Gewalt und das höchste Organ der öffentlichen Verwaltung der Republik Slowenien. Dem Gesetz nach liegt ihre Funktion va in der Vollziehung der von der Staatsversammlung festgelegten Politik und der Vollziehung von Gesetzen und anderen Rechtsakten der Staatsversammlung. Im Rahmen der ersten Funktion leitet, lenkt und harmonisiert die Regierung die Vollziehung der von der Staatsversammlung festgelegten staatlichen Politik. Im Rahmen der zweiten Funktion beschließt sie selbst oder schlägt der Staatsversammlung den Beschluss von politischen, rechtlichen, ökonomischen, finanziellen, organisatorischen und anderen Maßnahmen vor, welche für die Vollziehung der Aufgaben aus der staatlichen Zuständigkeit der einzelnen Bereiche notwendig sind. Das bedeutendste Recht dabei ist das Vorschlagsrecht der Regierung gegenüber der Staatsversammlung. Die Regierung ist befugt auch selbst allgemeine Rechtsakte und Individualrechtsakte zu erlassen. Ein allgemeiner Rechtsakt, den sie zur Vollziehung von Gesetzen erlässt, ist eine Verordnung. Mit einer Verordnung regelt und gliedert die Regierung Verhältnisse näher, die durch ein Gesetz festgelegt sind, wobei sie bei der Regelung von einzelnen Fragen an den Zweck der gesetzlichen Regelung und an die vom Gesetz bestimmten Maßstäbe gebunden ist. Die Regierung kann auch Erlässe beschließen, mit denen sie Einzelfragen regelt oder einzelne Maßnahmen von allgemeiner Bedeutung beschließt. Ihre innere Organisation und Tätigkeit regelt die Regierung in einer Geschäftsordnung und mit Beschlüssen. In einzelnen Angelegenheiten ihrer Zuständigkeit erlässt sie jedoch Bescheide als Individualrechtsakte. Wenn sie nicht mit einem anderen Rechtsakt entscheidet, fasst sie einen Beschluss. Vorschriften und andere Rechtsakte beschließt sie grundsätzlich in einem einphasigen Verfahren, sie kann dies aber auch in einem zweiphasigen Verfahren, als Entwurf und als Vorschlag, tun. Die Regierung führt und steuert über ihre Minister die öffentliche Verwaltung. Dabei beaufsichtigt sie die Tätigkeit der Ministerien, gibt ihnen politische Vorgaben für die Vollziehung der Politik und die Vollziehung von Gesetzen, anderen Vorschriften und allgemeinen Rechtsakten und sorgt dafür, dass die Ministerien ihre Funktionen abgestimmt vollziehen. Im Rahmen der Aufsicht über die Tätigkeit der Ministerien hat die Regierung als Ganzes oder ihr Vorsitzender das Recht, die Vollziehung einer von einem Minister erlassenen Vorschrift zu hemmen. Die Regierung entscheidet auch über Kompetenzstreitigkeiten zwischen den einzelnen Ministerien. Der Ministerpräsident hat innerhalb der Regierung eine starke Stellung, da er für die Einheitlichkeit der politischen und administrativen Ausrichtung der Regierung sorgt und die Tätigkeit der Minister abstimmt. Er steuert und leitet die Tätigkeit der Regierung, er repräsentiert die Regierung und beruft deren Sitzungen ein und leitet diese. Dabei hat der Ministerpräsident auch das 6
5 Recht, den Ministern verbindliche Weisungen für ihre Tätigkeit zu erteilen. Der Ministerpräsident wird von einem stellvertretenden Vorsitzenden unterstützt, den der Ministerpräsident selbst aus den Reihen der Minister bestimmt. Die Regierung arbeitet und entscheidet in Sitzungen, wobei die Regel gilt, dass sie gültig beschließen kann, wenn in der Sitzung die Mehrheit ihrer Mitglieder anwesend ist und die Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder zustimmt (absolute Mehrheit). Die Arbeitsweise wird durch die Geschäftsordnung näher geregelt. Fragen, über die die Regierung berät und entscheidet, werden zuvor in Regierungsausschüssen, in Kommissionen und anderen Ausschüssen behandelt, welche darüber Berichte erstatten, in denen sie ihre Standpunkte und Vorschläge zum Behandelten abgeben. E. Die Verantwortlichkeit der Regierung Weil die slowenische Regierungsordnung auf den Grundsätzen eines parlamentarischen Systems basiert, finden sich bereits auf der Ebene der Verf grundlegende Mechanismen der politischen Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber der Staatsversammlung. Diese sind der Misstrauensantrag, der Ausspruch des Vertrauens und die Interpellation. Weiter können der Ministerpräsident und die Minister wegen Verletzung der Verf und der Gesetze, welche sie in Ausübung ihres Amtes begehen, angeklagt werden. 1. Das Misstrauensvotum In der slowenischen Regierungsordnung wurde nach deutschem Vorbild das System eines konstruktiven Misstrauensvotums übernommen. Die Staatsversammlung kann der Regierung das Misstrauen nur aussprechen, indem sie auf Vorschlag von mindestens zehn Abgeordneten mit der Mehrheit der Stimmen aller Abgeordneten einen neuen Ministerpräsidenten wählt. Zwischen der Einreichung des Vorschlags für die Wahl eines neuen Ministerpräsidenten und der Wahl müssen mindestens 48 Stunden vergehen, es sei denn, die Staatsversammlung beschließt mit einer Zweidrittelmehrheit der Stimmen aller Abgeordneten etwas anderes oder der Staat befindet sich in einem Kriegs- oder einem anderen Ausnahmezustand. Mit der Wahl des neuen Ministerpräsidenten ist der frühere Ministerpräsident entlassen, wodurch auch das Amt aller anderen Regierungsmitglieder endet. Die laufenden Geschäfte sind jedoch bis zur Angelobung der neuen Regierung von der früheren Regierung fortzuführen. Etwas anders ist das konstruktive Misstrauensvotum geregelt, wenn der frühere Ministerpräsident lediglich mit einer Mehrheit der abgegebenen Stimmen der Abgeordneten gewählt wurde. In so einem Fall wird ihm das Misstrauen auf die gleiche Weise, wie er (selbst) gewählt wurde, ausgesprochen. 7
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