Grippeimpfung in der Langzeitpflege

Größe: px

Ab Seite anzeigen:

Download "Grippeimpfung in der Langzeitpflege"

Lisa Baumann
vor 6 Jahren
Abrufe

Grippeimpfung in der Langzeitpflege Hygienesymposium 31.10.2017 Dr.med.

1 Grippeimpfung in der Langzeitpflege Hygienesymposium Dr.med. Gabriela Bieri-Brüning, FMH Allg.Inn.Med. spez. Geriatrie Chefärztin Geriatrischer Dienst, ärztliche Direktorin PZZ

2 Sisyphus und die Grippeimpfung? > 75 % Impfrate (Durchimpfung) heisst: wirksamer Schutz gegen Endemien! Sisyphosdarstellung Tizian Geriatrischer Dienst der 2

Minderung der Mortalität bei älteren Personen in Pflegeheimen Eine Studie* zeigt, dass in Pflegeheimen mit tieferem Anteil an geimpftem Pflegepersonal die Mortalität bei Grippeerkrankungen um bis zu

3 Minderung der Mortalität bei älteren Personen in Pflegeheimen Eine Studie* zeigt, dass in Pflegeheimen mit tieferem Anteil an geimpftem Pflegepersonal die Mortalität bei Grippeerkrankungen um bis zu 40% höher ist. Mortalität während Grippesaison 2003/2004 (Studie von Hayward et al. 2006) Anzahl Todesfälle pro 100 Heimbewohner/innen während der Grippesaison 2003/2004 Heime ohne Grippeimpfpromotion (5% geimpfte HCW) Heime mit Grippeimpfpromotion (35,4% geimpfte HCW) *Hayward AC et al. Effectiveness of an influenza vaccine programme for care home staff to prevent death, morbidity, and health service use among residents: cluster randomised controlled trial. Brit Med J. 1 Dec. 2006; doi: /bmj

4 Geschichte der Grippe in den Pflegezentren (Krankenheime) 1997/98 Grippeausbruch im Pflegezentrum Entlisberg (A/Sydney 97), Bericht des zuständigen Heimarztes Andreas Meier Zusammenfassend sind 87 Patienten und Patientinnen erkrankt (Mitte Januar bis anfangs Februar 1998) Bettenzahl 221: d. h. 39 % der Patientinnen und Patienten Insgesamt sind 31 Pat. an der Grippe verstorben, also 36 % der Erkrankten und 14 % aller Heimbewohnerinnen und -bewohner 7 der erkrankten Patienten waren mit Inflexal geimpft, 3 der Verstorbenen waren geimpft. 15 der an Grippe Verstorbenen hatten eine gute Lebensqualität, wollten nicht sterben Geriatrischer Dienst der 4

5 1997/98 Grippeausbruch im Pflegezentrum Entlisberg Bericht einer Abteilungsleitung Auch auf unserer Abteilung grassierte die Grippe, nicht nur die Patienten wurden krank, nein auch das Personal raffte es hin. Ich stand am Morgen auf der Abteilung und hatte Angst vor dem Klingeln des Telefons, wieder jemand krank vom Team?! Unseren Patienten ging es sehr schlecht. Jeder neue Tag brachte neue Erkrankte, mit hohem Fieber und Husten, medizinisch wurde schnell reagiert und pflegerisch versuchten wir Übriggebliebenen unser bestmöglichstes zu geben. Es war physisch und psychisch sehr anstrengend, so wenig Personal gegenüber so vielen schwerkranken und sterbenden Patienten. Überstunden wurden täglich von allen geleistet, die Patienten wollten wir «gut» betreuen. Was heisst es für Pflegende, wenn von 29 Patientinnen/Patienten, 20 an Grippe erkrankt sind? Quelle: Intercura Herbst 98 Geriatrischer Dienst der 5

6 Bericht einer Abteilungsleitung im Intercura Der schlimmste Tag für mich war, als in einer Stunde zwei langjährige Patienten starben. Ich hatte nicht einmal Zeit, die Patienten und deren Angehörigen in diesem Prozess zu begleiten. Die Begleitung der Patienten und deren Angehörigen ist für mich ein wichtiger Bestandteil der Pflege und diesen nicht mehr gewährleisten können, tat weh. In eine solche Situation möchte ich nicht noch einmal geraten. Wir als Team brauchten ca. zwei Monate um diese traumatischen Ereignisse zu verarbeiten. Darum werde ich und mein Team sich dieses Jahr vorbeugend gegen die Grippe impfen lassen. Geriatrischer Dienst der 6

7 1998, erste Grippeimpfkampagne des Stadtärztlichen Dienstes

8 Dissertation von Martin Ott 2002 Befragung des Personals in 6 Krankenheimen 1106 Fragebogen, Rücklaufquote 54.9 % Gründe für das Grippeimpfverhalten des Personals und Wirkung der Kampagne

9 Resultate der Studie Keine Unterschiede im Impfverhalten je nach privater oder beruflicher Situation Wer sich schon früher impfen liess, lässt sich wieder impfen 92.7 % hatten Informationen über die Impfkampagne Gründe für die Grippeimpfung: Selbstschutz (69.3 %) Patientenschutz (52.2 %) Gründe gegen die Grippeimpfung: Die Wirksamkeit des Impfstoffes wird bezweifelt (36.4 %) Eher negative Einstellungen gegenüber (Grippe)-Impfungen (28.8 %) Angst vor Nebenwirkungen Geimpfte waren besser über die Impfung informiert Die persönliche Information durch den Heimarzt überzeugt am effektivsten von der Notwendigkeit sich impfen lassen Geriatrischer Dienst der 9

10 2003/2004 Erhebung Grippe-Impfung 2004 Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren um den Erfolg der diesjährigen Impfkampagne abschätzen zu können, bitten wir Sie höflich um folgende Angaben: Institution Pflegezentrum Irchelpark Anzahl Mitarbeitende total: davon Arzt- und Pflegedienste: (inkl. AT)... Herbst 2003 Herbst 2004 geimpft Personal: davon Arzt und Pflege: für Heime/Pflegezentren Anzahl BewohnerInnen: davon vom Heim geimpft: Anzahl regelmässige BesucherInnen geimpft*: d. h % aller Mitarbeitenden und 61 % Pflege und Arzt geimpft Geriatrischer Dienst der 10

11 Impfrate in Prozent Impfrate Entlisberg nach der schweren Grippe 1997/ Geriatrischer Dienst der Pflege übr. MA Tot. MA Pat Total ENT 11

12 Grippeimpfkampagnen seit 2014 übergeordnet für alle PZZ Geriatrischer Dienst der 12

13 Impfkampagne 2014: Thema «Solidarität» Kampagne auf Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner aufbauen Info: Brief der Chefärztin mit Lohn September 2014 Mitarbeitende direkt ansprechen Mitarbeitende-Info-Veranstaltung durch Heimarzt im Betrieb Artikel Hauszeitschrift Plakat 1: Bewohnerin mit Text «Herzlichen Dank für die Solidarität. Ihre Grippeimpfung schützt uns.» Plakat 2: Pflegende mit Text «Ich bin solidarisch, ich schütze Bewohnende, Kolleginnen und Kollegen indem ich mich schütze.» Batch: «Ich bin geimpft» Geriatrischer Dienst der 13

15 15

16 BAG 2015 Geriatrischer Dienst der 16

17 Todesfälle Pflegezentren, Übersterblichkeit 90 Todesfälle 2013 bis 2017 im Monatsverlauf Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Geriatrischer Dienst der 17

18 Impfkampagne 2015: Solidarität Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner Vorbildfunktion Botschaften Ich bin Vorbild (Führungsgrundsatz) Impfen nützt, Solidarität gegenüber anderen Erkältung ist nicht gleich Grippe (med. Info) Die Stadt stellt Impfstoff gratis zur Verfügung, Impfung im Haus, Aufwand minimal Sich outen als geimpfte Kader-Person Umsetzung: Infoveranstaltung an Kader in den Betrieben, Plakataushang, Info Chefärztin PZZ-News, Mails der Heimärztinnen an alle Mitarbeiter Betrieb, Info in PZZ-News, Facebook-Post Impfbarometer, Wettbewerb Geriatrischer Dienst der 18

19 Impfkampagne 2016: Vorbild Kader lässt sich Impfen Zielgruppe: oberstes Kaderpersonal, Ärztinnen und Ärzte, Pflegekader, Pflegeexpertinnen und Pflegeexperten, v. a. Abteilungsleitungen Botschaften Ich bin Vorbild, ich bin geimpft Impfen nützt, Solidarität gegenüber anderen Abteilungsleitungen als Ambassadoren (Botschafter) Sich outen als geimpfte Kader-Person Umsetzung (zusätzlich) Ambassadoren für die Motivation zur Information zur Grippeimpfung in den Betrieben. Die Ambassadoren sprechen Mitarbeitende der Pflege auf die Grippeimpfung an. Sie geben Informationen, klären Fragen, motivieren. Geriatrischer Dienst der 19

20 Vorschläge für Grippeimpfkampagne 2017/18 Treffen Ambassadorinnen Motivation zum Impfen durch den persönlichen Kontakt, v. a. der Abteilungsleitungen Motivation weg vom hierarchisch belehrenden Arzt hin zur Kollegin Ambassadorinnen müssen im Haus bekannt und breit akzeptiert sein Aufzeigen, dass die Grippe bei uns zu Todesfällen führt Grippeerkrankungen bei Bewohnerinnen aufzeigen, Abstriche machen Abteilungsleitung versucht Team zu motivieren und sofortige Impfung am Rapport Wenn sich Abteilungsleitung nicht impfen lässt: Motivation durch Leitung Pflege Ambassadorin geht auf Abteilung an den Rapport, motiviert und nimmt die Impfwilligen gleich mit zur Impfung Grippeimpfung zum Thema, zum Event machen (für wenige Tage) Impfung unkompliziert zugänglich machen Unterschied Grippe Erkältung aufzeigen

21 Impfkampagne 2017 Vorbild Kader lässt sich Impfen Botschaften Impfen nützt, die Anzahl Erkrankungen ist niedriger, wenn eine gute Impfrate vorhanden ist Grippe ist nicht harmlos, es gibt Komplikationen und Todesfälle Umsetzung: Maskenpflicht für nicht geimpfte Mitarbeitende bei Grippeausbruch, Monitoring der Grippeerkrankten Grippeimpfkampagne über Monitor, z. B. BAG Film Betriebseigene Plakate Kein Wettbewerb mehr Grippeimpfrate muss ein betriebliches Thema sein, die Impfung zum Event machen Auch nicht zu viel machen, nicht zu viel Druck aufsetzen, nicht moralisieren Geriatrischer Dienst der 21

22 Geriatrischer Dienst der 22

23 Pflegezentren Impfrate aller Mitarbeitenden 2016: 21 % Geriatrischer Dienst der 23

24 Grippeimpfrate 16 nach Kader und Berufsgruppen in % Geriatrischer Dienst der 24

25 Was hilft Sisyphos? Vorangehende schwere Grippewelle im Vorjahr Kampagnen Geriatrischer Dienst der 25

Ähnliche Dokumente

Monat Datum Veranstaltung Veranstalter Mietkosten Bestätigung Vertrag Bezahlt

Monat Datum Veranstaltung Veranstalter Mietkosten Bestätigung Vertrag Bezahlt Januar Mi, 01.Jan.14 Do, 02.Jan.14 Fr, 03.Jan.14 Sa, 04.Jan.14 So, 05.Jan.14 Mo, 06.Jan.14 Di, 07.Jan.14 Mi, 08.Jan.14 Do,