Leitsatz: OLG Dresden, 24. Zivilsenat, Beschluss vom 1. August 2011, 24 WF 588/11
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- Anna Jaeger
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1 Leitsatz: Der Verfahrensbeistand, der sowohl in einer Sorgerechts- als auch in der Umgangsrechtsangelegenheit bestellt worden ist, hat auch dann einen Anspruch, für beide Angelegenheiten nach 158 FamFG vergütet zu werden, wenn das Amtsgericht diese in einem einzigen Verfahren behandelt hat (im Anschluss an die Senatsbeschlüsse vom 19. Januar 2011, XII ZB 486/10, FamRZ 2011, 467 und vom 17. November 2010, XII ZB 478/10, FamRZ 2011, 199).(Rn.9) OLG Dresden, 24. Zivilsenat, Beschluss vom 1. August 2011, 24 WF 588/11
2 2 Oberlandesgericht Dresden Aktenzeichen: 24 WF 0588/11 12 F 1002/10 AG Bautzen Beschluss des 24. Familiensenats vom In der Familiensache xxx Antragsteller Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin xxx gegen Antragsgegnerin Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin Weitere Beteiligte: Verfahrensbeistand... Beschwerdeführerin... Bezirksrevisorin... Beschwerdegegner wegen elterlicher Sorge (hier: Vergütung des Verfahrensbeistandes)
3 3 hat der 24. Familiensenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Söhnen, Richterin am Oberlandesgericht Schaaf und Richterin am Oberlandesgericht Niklas beschlossen: 1. Auf die Beschwerde des Verfahrensbeistands Frau G wird der Beschluss des Amtsgerichts Bautzen - Familiengericht - vom , Az: 12 F 1002/10, dahin abgeändert, dass die der Beschwerdeführerin aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 2.200,00 EUR festgesetzt wird. 2. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. 3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen. G r ü n d e : I. Der Vater der Kinder xxx, geb , und xxx, geb , beantragte bei dem Amtsgericht Bautzen - Familiengericht -, ihm die elterliche Sorge für die Kinder zu übertragen. Durch Beschluss vom bestellte das Amtsgericht Frau G zum Verfahrensbeistand der Kinder. Frau G führte die Verfahrensbeistandschaft berufsmäßig. Gemäß Ziffer 3 des Beschlusses vom wurden ihr die zusätzlichen Aufgaben übertragen, Gespräche mit den Eltern zu führen, Gespräche mit Bezugspersonen der Kinder zu führen und am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken. Frau G stattete den Eltern Hausbesuche ab und führte ausführliche Gespräche mit den Kindern und den Eltern. Ihre Einschätzung legte sie in einem ausführlichen Bericht am nieder. Das Amtsgericht bestimmte sodann Termin zur mündlichen Verhandlung. Vor dem Verhandlungstermin beantragte der Antragsteller mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom , Bl. 34 ff. d. A., ihm nicht nur die el-
4 4 terliche Sorge mit der Mutter der Kinder gemeinsam zu übertragen, sondern darüber hinaus ihm Umgang mit den Kindern wie folgt zu gewähren - vgl. Ziffer 2 der Anträge im Schriftsatz vom : Jeweils vom 01. eines Monats ab Schulende an diesem Tag bis jeweils 01. des nachfolgenden Monats bis zum Schulbeginn an diesem Tag beginnend ab Mai Für den Fall, dass der 01. des Monats auf einen schulfreien Tag fällt, beginnt der Umgang ab Uhr. Für den Fall, dass der 01. des nachfolgenden Monats auf einen schulfreien Tag fällt, endet der Umfang um Uhr. Der Antragsteller erhält ferner Umgang mit den gemeinsamen minderjährigen Kindern der Parteien, xxx und xxx an einem der beiden Weihnachtsfeiertage und an einem der beiden Osterfeiertage, sofern das Osterfest auf einen Monat fällt, in welchem sich die beiden gemeinsamen Kinder bei der Antragsgegnerin aufhalten. Die Antragsgegnerin erhält Umgang mit den gemeinsamen minderjährigen Kindern der Parteien, xxx und xxx, an einem der beiden Osterfeiertage, sofern das Osterfest auf einen Monat fällt, in welchem sich die beiden gemeinsamen Kinder beim Antragsteller aufhalten. Am fand sodann die mündliche Verhandlung vor dem Amtsgericht Bautzen - Familiengericht - statt, Bl. 51 ff. d.a. Das Amtsgericht erstreckte durch Beschluss in der Sitzung die Verfahrensbeistandschaft auf den Verfahrensgegenstand Umgang. Das Amtsgericht erörterte mit den Beteiligten zunächst die elterliche Sorge und übertrug durch Beschluss sodann die elterliche Sorge für die Kinder beiden Eltern gemeinsam. Im Anschluss daran erörterte das Amtsgericht mit den Beteiligten den Verfahrensgegenstand Umgang. Hierüber schlossen die Eltern einen gerichtlichen Vergleich. Frau G beantragte mit Schriftsatz vom , Bl. 59 d.a., die Gebühr für die Verfahrensbeistandschaft auf 2.200,00 EUR inklusive Mehrwertsteuer festzusetzen. Das Amtsgericht Bautzen - Familiengericht - setzte durch Beschluss vom die Frau G zu zahlende Vergütung aus der Staatskasse auf 1.100,00 EUR fest und wies den Antrag auf weitergehende Vergütung für die Verfahrensbeistandschaft zurück. Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, die Gebühr betrage hier 1.100,00 EUR, da der Verfahrensbeistand
5 5 zwei Kinder zu betreuen hatte. Es sei der erhöhte Gebührensatz zugrunde zu legen, da Frau G weitergehende Aufgaben übertragen worden seien. Für den Verfahrensgegenstand Umgang sei keine gesonderte Vergütung festzusetzen, da der Gesetzgeber im Rahmen von 158 FamFG auf die Anzahl der Verfahren abgestellt habe. Gegen diesen Beschluss wendet sich Frau G mit der Beschwerde vom , eingegangen beim Amtsgericht am , Bl. 68 d.a. Sie macht geltend, dass sie die Pauschalgebühr sowohl für den Verfahrensgegenstand elterliche Sorge als auch für den Verfahrensgegenstand Umgang verdient habe. Aus 151 FamFG ergebe sich, dass es sich um gesonderte Verfahrensgegenstände und damit um gesonderte Verfahren handele. Dabei sei unerheblich, dass diese Verfahren unter einem Aktenzeichen geführt worden seien. Auch eine Anrechnung sehe das FamFG nicht vor. Sie habe im Vorfeld der mündlichen Verhandlung in zahlreichen Gesprächen darauf hingewirkt, dass eine einvernehmliche Regelung nicht nur zur elterlichen Sorge, sondern auch zum Umgang getroffen werden konnte. Ihre Vorarbeit sei entscheidend dafür gewesen, dass es zu der vergleichsweisen Einigung im Termin zur mündlichen Verhandlung gekommen sei. Die Bezirksrevisorin tritt der Beschwerde entgegen und wendet ein, dass der Verfahrensbeistand für das Verfahren und nicht für Verfahrensgegenstände bestellt werde. Die in 158 Abs. 7 FamFG bestimmte Vergütung stehe ihm daher für das Verfahren zu. Seien mehrere Kindschaftssachen - wie hier - in ein Verfahren einbezogen, könne der Verfahrensbeistand die Vergütung nicht mehrfach erhalten. Inwieweit Frau G überhaupt noch Aufgaben zum Bereich des Umgangsrechts wahrgenommen habe, sei nicht ersichtlich. Zum Umgangsrecht sei sie erst in der mündlichen Verhandlung vom bestellt worden. Soweit Tätigkeiten vor der Bestellung, also vor dem Termin am , stattgefunden hätten, so seien diese ohne Belang und könnten keinen Vergütungsanspruch für das Umgangsrecht auslösen. Zumindest aber sei der Vergütungsanspruch für das Umgangsrecht nur auf 350,00 EUR je Kind festzusetzen. Denn zusätzliche Aufgaben habe Frau G nach ihrer Bestellung insoweit nicht wahrgenommen. II. Die gemäß 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde ist begründet. Die Beschwerdeführerin kann für den Verfahrensgegenstand "Umgang" eine weitere Vergütung von 1.100,00 EUR - 550,00 EUR je Kind - beanspruchen:
6 6 Grundlage ihres Vergütungsanspruchs ist 158 Abs. 7 FamFG: Danach steht dem Verfahrensbeistand, der - wie hier - die Beistandschaft berufsmäßig führt, im gerichtlichen Verfahren für die Wahrnehmung der Aufgaben des Verfahrensbeistands eine pauschale Vergütung von 350,00 EUR, 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG, bzw. von 550,00 EUR zu, sofern das Gericht dem Verfahrensbeistand zusätzliche Aufgaben nach 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG übertragen hatte. Hier hat das Amtsgericht auf Antrag des Vaters von xxx und xxx ein Verfahren nach 151 Nr. 1 FamFG zur elterlichen Sorge eingeleitet und die Beschwerdeführerin zum Verfahrensbeistand beider Kinder bestellt; ihr waren auch die zusätzlichen Aufgaben nach 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG übertragen worden. Diese Aufgaben hat die Beschwerdeführerin gewissenhaft erfüllt, wie die Lektüre ihres ausführlichen Beschlusses vom ergibt. Von daher ist ihr - je Kind (vgl. BGH, Beschluss vom , Az: XII ZB 260/10, FamRZ 2010, 537) - ein Vergütungsanspruch von 550,00 EUR gemäß 158 Abs. 7 Satz 3 FamFG erwachsen. Soweit das Amtsgericht die Verfahrensbeistandschaft durch Beschluss vom auf den Verfahrensgegenstand Umgang erstreckt hat, steht der Beschwerdeführerin eine weitere Vergütung in Höhe von insgesamt 1.100,00 EUR, von 550,00 EUR je Kind gemäß 158 Abs. 7 Satz 3 FamFG zu: Mit 158 Abs. 7 Satz 2 und 3 FamFG hat der Gesetzgeber für den Verfahrensbeistand, der die Beistandschaft berufsmäßig führt, Vergütungspauschalen geschaffen: 350,00 EUR für die Beistandschaft nach 158 Abs. 4 FamFG und 550,00 EUR im Fall der Übertragung zusätzlicher Aufgaben nach 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG. In der Begründung dazu bezeichnet der Gesetzgeber diese Pauschalen als "Fallpauschalen" bzw. als "fallbezogene" Vergütung. Dies sollte gewährleisten, dass der Verfahrensbeistand seine verfassungsrechtlich gebotene auskömmliche Vergütung erhält und die Belastung der Länderhaushalte kalkulierbar machen. Die Verwendung des Begriffs "Fallpauschale" und die Formulierung "fallbezogene" Vergütung sprechen dafür, dass der Gesetzgeber die Vergütung verfahrensgegenstandsbezogen gestalten wollte. Hiefür spricht auch die teleologische Auslegung des 158 FamFG, weil es dem Gesetzgeber darauf ankam, dem Verfahrensbestand die verfassungsrechtlich gebotene auskömmliche Vergütung zukommen zu lassen. Es sollte verhindert werden, dass dieser durch eine unzureichende Vergütung davon abgehalten werde, die für eine effektive Interessenvertretung der Kinder im Verfahren erforderlichen Tätigkeiten zu entfalten.
7 7 Diesem Anliegen des Gesetzgebers würde eine Auslegung der gesetzlichen Regelung des 158 Abs. 7 FamFG nicht gerecht, die davon ausginge, dass der Verfahrensbeistand in einem förmlichen Verfahren pro Instanz nur eine "Verfahrenspauschale" und keine "Fallpauschale" - je Kind - erhalten solle, unabhängig davon, wie viele und welche Verfahrensgegenstände des 151 FamFG in dem förmlichen Verfahren zusammengefasst sind. Im Gegenteil: Die dem Familiengericht durch 151 FamFG zugewiesenen Verfahrensgegenstände der elterlichen Sorge, des Umgangsrechts, der Kindesherausgabe, der Vormundschaft, der Pflegschaft, der Genehmigung der freiheitsentziehenden Unterbringung und die Anordnung der freiheitsentziehenden Unterbringung sowie die Aufgaben nach dem Jugendgerichtsgesetz stellen je nach Konstellation und Schwierigkeit der Sachlage möglicherweise differenzierte Anforderungen an Verfahrensbeistand und Gericht. Der Verfahrensbeistand hat als Interessenvertreter des Kindes die Interessen des Kindes im Verfahren im Hinblick auf jeden Verfahrensgegenstand wahrzunehmen und zum Kindeswohl in Beziehung zu setzen. Dies bedeutet je nach Komplexität der Dinge im Verfahren möglicherweise einen erhöhten Aufwand, falls mehrere Verfahrensgegenstände übertragen wurden, der es nach dem Dafürhalten des Senats - im Interesse der betroffenen Kinder - rechtfertigt, dem Verfahrensbeistand für jeden Verfahrensgegenstand eine gesonderte Vergütung - je Kind - zukommen zu lassen. Hier besteht die Besonderheit, dass die Verfahrensbeistandschaft auf den Verfahrensgegenstand Umgang erst im Termin zur mündlichen Verhandlung am erweitert wurde. Zum diesem Verfahrensgegenstand wurde die Beschwerdeführerin nach der Übertragung der Verfahrensbeistandschaft aber nicht mehr gesondert tätig, sondern die Eltern haben sich noch im selben Termin zur mündlichen Verhandlung einvernehmlich zum Verfahrensgegenstand Umgang verglichen. Die Beschwerdeführerin war im Hinblick auf die Umgangsproblematik aber zuvor schon aktiv gewesen: Dies ergibt die Durchsicht ihres Berichts vom Den dort niedergelegten ausführlichen Gesprächsprotokollen ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin mit den Beteiligten über eine Umgangsregelung gesprochen hatte - vgl. Seite 8 des Berichtes. Sie hat dazu ferner in ihrer Einschätzung zur Verfahrenssituation ausgeführt, dass sie es aus der Sicht der Kinder für ein realistisches und lohnenswertes Ziel halte, das sog. Wechselmodell anzustreben. Dem liegt die Vereinbarung der Eltern zugrunde, dass das Kind abwechselnd feste Perioden bei dem einen und dem anderen Elternteil lebt. Sie hat sich also bereits vor Erweiterung der Verfahrensbeistandschaft mit der Thematik Umgang befasst und diese auch mit den Beteiligten erörtert. Sie hat daher auch für diese Tätigkeit die erhöhte Vergütungspauschale nach 158 Abs. 7 Satz 3 FamFG - je Kind 550,00 EUR - verdient.
8 8 Der Senat verkennt nicht, dass es bei seiner Sichtweise Fallkonstellationen geben mag, in denen hohe Vergütungen - für mehrere Kinder und mehrere Verfahrensgegenstände - ohne nennenswerten Aufwand in einem förmlichen Verfahren erzielt werden können, die dann auf den ersten Blick nicht gerechtfertigt erscheinen mögen. Dies ist aber nach dem Dafürhalten des Senats im Hinblick auf die vom Gesetzgeber aufgezeigten verfassungsrechtlichen Erwägungen eher hinzunehmen als die mit der gegenteiligen Sicht latent verbundene Gefahr, dass die gebotene Fürsorge und Interessenwahrnehmung betroffener Kinder in aufwendigen und mühevollen Verfahren angesichts einer den Verfahrensbeistand erwartenden, im Verhältnis zum konkreten Aufwand nicht angemessenen und nicht auskömmlichen Vergütung unterbleibt. Hinzu kommt, dass es anderenfalls gewissermaßen vom Zufall abhängen würde, ob Verfahrensgegenstände in mehreren Verfahren anhängig gemacht würden und damit entsprechende Vergütungsansprüche ausgelöst würden oder ob nur ein förmliches Verfahren anhängig ist mit der Konsequenz auch nur eines Vergütungsanspruches für das Verfahren. Insgesamt steht ihr damit ein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse in Höhe von 2.200,00 EUR zu. Die Kostenentscheidung beruht auf 81 FamFG. Der Senat hat die Rechtsbeschwerde gemäß 70 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FamFG zugelassen, weil die Frage, ob die Erstreckung der Verfahrensbeistandschaft auf mehrere Verfahrensgegenstände in einem förmlichen Verfahren den Vergütungsanspruch des Verfahrensbeistands gemäß 158 Abs. 7 Satz 2 und 3 FamFG erhöht, grundsätzliche Bedeutung hat und - soweit für den Senat ersichtlich - in der Rechtsprechung noch nicht entschieden wurde. Dr. Söhnen Schaaf Niklas Vorsitzenden Richter Richterin am Richterin am am Oberlandesgericht Oberlandesgericht Oberlandesgericht
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