Steuerarbitrage bei stripbaren Bundesanleihen
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- Hans Breiner
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1 Peter van Aubel / Friedrich Riddermann Steuerarbitrage bei stripbaren Bundesanleihen Mit der Einführung des Euro wird der Kampf um die Benchmark für europäische Staatsanleihen neu eröffnet. Diese Position wird bislang von der deutschen Bundesanleihe eingenommen. Die Renditeabstände zu französischen oder italienischen Staatsanleihen sind aber schon jetzt deutlich geschrumpft. Unter dem Regime einer einheitlichen Währung wird sich der Wettbewerb um die Führungsposition unter den Schuldnern weiter verschärfen, insbesondere wegen des damit verbundenen Finanzierungsvorteils. Dieser Wettbewerb wird nicht zuletzt über die Ausgestaltung der institutionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen geführt. Die Entscheidung des Bundesfinanzministeriums, ab dem 4. Juli 1997 für bestimmte Bundesanleihen das Stripping zuzulassen, zielt in diese Richtung. In den USA gibt es diese Möglichkeit schon seit Mitte der 80er Jahre. Unter (Bond-)Stripping versteht man die Zerlegung einer Anleihe in ihre Komponenten. Die einzelnen Cash Flows einer Anleihe (Kapitalbetrag und Zinsansprüche) werden anschließend separat gehandelt. Aus der Zerlegung einer zehnjährigen Bundesanleihe gehen ein Kapital-Strip und zehn Zins-Strips hervor (STRIP = Separate Trading of Registered Interest and Principal). Abgesehen von einer steuerlichen Besonderheit sind sie wie Nullkuponanleihen (Zerobonds) zu behandeln und stellen insofern auch für den deutschen Kapitalmarkt keine Finanzinnovation dar. Neu ist lediglich die Tatsache, daß auch der Bund stripbare Bundesanleihen mit 10- und 30jähriger Laufzeit nach einem festen Emissionskalender (Fälligkeit jeweils zum 4. Januar und 4. Juli) begibt und damit faktisch langlaufende Zerobonds erstklassiger Bonität auf den Markt bringt. Nutzen von Stripped Bonds Durch das Stripping von Bundesanleihen stehen dem Markt ab dem Strips mit 57 Fälligkeitsterminen für die nächsten 30 Jahre zur Verfügung (ab dem : 60 Fälligkeiten). Damit läßt sich für diesen Laufzeitbereich erstmals eine Zinsstrukturkurve (spot rates) direkt am Markt ermitteln. Bislang war lediglich eine mit großen Laufzeitlücken besetzte Renditestrukturkurve verfügbar, aus der eine Zinsstrukturkurve geschätzt werden konnte. Mit den Strips können die aus der analytischen Betrachtung bekannten Vorteile von Zerobonds auch für Anleihen erstklassiger Bonität genutzt werden: Die Effektivverzinsung (yield to maturity) eines Zerobonds läßt sich exakt bestimmen, das Reinvestitionsrisiko der Kupons und damit verbundene Transaktionskosten entfallen. Durch die große Zinselastizität von Zerobonds 1
2 läßt sich das Risiko von Rentenportefeuilles besonders genau steuern (bei Zerobonds entspricht die Duration der Restlaufzeit). Dies ist auch für die Spekulation auf Zinsänderungen von Vorteil. Die Hedging- und Arbitragemöglichkeiten werden erheblich erweitert. Zweifellos stellt die Einführung von Stripped Bonds eine Vervollkommnung des Kapitalmarktes dar, durch die der Bund seine Finanzierungskosten um einige Basispunkte senken kann. Die dominierenden Effekte für die Bewertung solcher Instrumente gehen allerdings von ihrer im Vergleich zu Kuponanleihen günstigen steuerlichen Behandlung aus. Besteuerung von Kuponanleihen und Stripped Bonds Die steuerrechtliche Behandlung von Stripped Bonds für gewerbliche Investoren ist noch nicht abschließend geklärt. Stripping als reine Dienstleistung eines Unternehmens (z.b. einer Bank), d.h. Kauf mit sofortiger Trennung der Anleihe und Weiterverkauf der Strips, ist in jedem Falle ohne steuerliche Nachteile möglich. Die Besteuerung eines Strip-Investments wird aber keinesfalls so großzügig wie für den privaten Anleger ausfallen. Deshalb beschränkt sich die folgende Betrachtung auf den Privatinvestor. Bei Kuponanleihen muß jede Zinszahlung (Kupon) im Jahr ihres Zugangs voll versteuert werden. Die Tilgung und die damit möglicherweise verbundenen Rückzahlungsgewinne bzw. -verluste bleiben (außerhalb der Spekulationsfrist) steuerlich unberücksichtigt. Für die Besteuerung von stripbaren Bundesanleihen ist zu unterscheiden zwischen dem Erwerber, der die Trennung der Anleihe vornimmt ( Ersterwerber ) und dem Käufer einzelner Strips ( Folgeerwerber ). Hält der Ersterwerber alle Strips bis zur Endfälligkeit der Anleihe, so ergibt sich die gleiche Steuerwirkung wie bei konventionellen Kuponanleihen: Die Einlösung der Zins-Strips ist voll zu versteuern, die Rückzahlung des Kapital-Strips bleibt steuerlich unberücksichtigt. Verkauft der private Ersterwerber einzelne Strips, wird mit dem Veräußerungserlös der abgezinsten Zins- und Kapital-Strips analog verfahren. Deshalb kann er das Disagio des Kapitalstrips bei Veräußerung nicht steuerlich geltend machen (keine negative Einnahme) und wird den Trennungsvorgang seiner Bank überlassen (siehe oben). Wesentlich interessanter stellt sich die Besteuerung beim Folgeerwerber dar. Bei ihm werden die einzelnen Strips (Zerobonds) ausschließlich cash-flow-orientiert besteuert, d.h. die Bemessungsgrundlage ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Veräußerungserlös (bzw. Einlösungsbetrag) und dem Erwerbspreis ( Differenzmethode ). Eine Unterscheidung zwischen Zins- und Kapital-Strips gibt es hier nicht mehr, die Differenz stellt in beiden Fällen steuerpflichtigen Zinsertrag dar. Die von klassischen Zerobonds bekannte Möglichkeit der Besteuer 2
3 ung nach der Emissionsrendite scheidet aus, da die Strips erst nach der Emission entstehen (Stripping durch den Ersterwerber). In allen oben beschriebenen Fällen spielt die Zinsabschlagsteuer (ZASt) für den steuerehrlichen Privatinvestor keine Rolle, da durch ihre Anrechenbarkeit letztlich immer der persönliche Einkommensteuersatz greift. Für den nicht-steuerehrlichen Anleger wird die ZASt faktisch zu einer Abgeltungssteuer. Einen zusätzlichen Anreiz für derartiges Verhalten setzt die sog. Pauschalmethode : Ist der Erwerbspreis (für die ZASt-abführende Bank) nicht ermittelbar (z.b. bei Depotwechsel nach Erwerb) werden pauschal 30% des Veräußerungserlöses (bzw. Fälligkeitsbetrages) als ZASt-pflichtig unterstellt. Gleichgewichtspreise von Stripped Bonds Für den Erwerb einer stripbaren Bundesanleihe gibt es zwei Möglichkeiten, sofern die entsprechenden Produkte tatsächlich verfügbar sind: Entweder man kauft die ungestrippte Anleihe ( Anleihe cum ) oder man erwirbt alle Strips der Anleihe separat. Verursachen beide Alternativen die gleichen Anschaffungsauszahlungen, so ergeben sich unter bestimmten Voraussetzungen unterschiedliche Nachsteuerrenditen. In der Folge sollten Anpassungsreaktionen stattfinden, die auf effizienten Märkten zu neuen Gleichgewichtspreisen führen. Die analytische Bestimmung der Gleichgewichtspreise ist Kern dieser Untersuchung. Zunächst wird ein vereinfachtes Szenario betrachtet, um die grundsätzlichen Zusammenhänge zu verdeutlichen. In einem zweiten Schritt kann ein Großteil der folgenden Annahmen aufgegeben werden: Die Anleihe cum hat am Markt zunächst den gleichen Preis wie die Summe der einzelnen Strips (im folgenden Strip-Portfolio ). Die Anleihe notiert zu pari, da Kupon und Marktzins übereinstimmen. Die Zinsstrukturkurve ist flach. Es werden nur ganzjährige Laufzeiten betrachtet, um die Stückzinsproblematik auszuklammern. Der betrachtete Privatanleger ist steuerehrlich und hat seine Freibeträge ausgeschöpft. Er zahlt den Spitzensteuersatz, wodurch sich für ihn eine proportionale Einkommensteuer ergibt, die hier mit insgesamt 55% angenommen wird. (Nimmt man zum Spitzensteuersatz von 53% und Solidaritätszuschlag von 5,5% auch noch eine Kirchensteuer von 9% hinzu, ergibt sich sogar eine 60,685%ige Besteuerung.) Der Anleger beabsichtigt, die Anleihe bis zur Fälligkeit zu halten. Am Beispiel einer 6%igen (stripbaren) zehnjährigen Bundesanleihe vom 4. Juli 1997 (WKN: ) werden nun die beiden Investitionsalternativen, die Anleihe cum und das Strip- Portfolio, gegenübergestellt. In Tabelle 1 ist die Situation vor einer Anpassung der Marktpreise 3
4 dargestellt. Tabelle 2 zeigt die Verhältnisse, nachdem sich neue Gleichgewichtspreise eingestellt haben. Nr. Zeitpunkt t Σ Anleihe cum 1 CF t StZ t = s CF t 3,30 3,30 3,30 3,30 3,30 3,30 3,30 3,30 3,30 3, BW d. StZ t (i s =2,7%) 3,21 3,13 3,05 2,97 2,89 2,81 2,74 2,67 2,60 2, ,6 4 CF t n.st. = CF t StZ t ,70 2,70 2,70 2,70 2,70 2,70 2,70 2,70 2,70 2, BW d. CF t n.st. (i s =2,7%) ,63 2,56 2,49 2,43 2,36 2,30 2,24 2,18 2,12 2,07 76,61 0 Strip-Portfolio 6 P 0;t = CF t (1 + i) t 5,66 5,34 5,04 4,75 4,48 4,23 3,99 3,76 3,55 3,35 55, CF t BG = CF t P 0;t 0,34 0,66 0,96 1,25 1,52 1,77 2,01 2,24 2,45 2,65 44, StZ t = s (CF t P 0;t ) 0,19 0,36 0,53 0,69 0,83 0,97 1,11 1,23 1,35 1,46 24, BW d. StZ t (i s =2,7%) 0,18 0,34 0,49 0,62 0,73 0,83 0,92 0,99 1,06 1,12 18,61 25,9 11 CF t n.st. = CF t StZ t ,81 5,64 5,47 5,31 5,17 5,03 4,89 4,77 4,65 4,54 75, BW d. CF t n.st. (i s =2,7%) ,66 5,34 5,05 4,78 4,52 4,28 4,06 3,85 3,66 3, ,70 13 BW d. CF t n.st ,64 5,31 5,00 4,71 4,45 4,20 3,97 3,75 3,55 3,36 56,06 0 (i s =3,05%) Tabelle 1: Anleihe cum versus Strip-Portfolio vor Anpassung der Marktpreise Vorsteuerbetrachtung Bei einer flachen Zinsstrukturkurve und einem Zinsniveau von 6% kostet die Anleihe cum 100% (P AC ). Die Vorsteuerrendite (i) beträgt somit 6% (siehe Zeilen-Nr. 1). Die heutigen Preise der im Zeitpunkt t fälligen Strips (P 0; t ) ergeben sich durch Diskontierung der mit ihnen verbundenen Zahlungsansprüche (CF t ): P 0; t = CF t (1 + i) -t (1) Der Preis des Strip-Portfolios (P SP ) ist die Summe der so ermittelten Einzelpreise: P SP = Σ P 0; t (2) Wie die Berechnungen in Tabelle 1 zeigen, ergeben sich in einer Welt ohne Steuern keine Unterschiede zum Investment in die Anleihe cum. Das Strip-Portfolio kostet ebenfalls 100% (Zeilen-Nr. 6) und generiert den gleichen Cash Flow (Zeilen-Nr. 7) wie die Anlagealternative. Somit ist auch die Vorsteuerrendite identisch. Nachsteuerbetrachtung Unterschiede ergeben sich erst in der Nachsteuerbetrachtung, da die Kupons bei der Anleihe cum voll besteuert werden (Zeilen-Nr. 2) und die Strips des Portfolios nach der Differenzmethode (Zeilen-Nr. 8/9). Bei einer angenommenen Besteuerung (s) von 55% ergibt sich für die Anleihe cum eine Nachsteuerrendite (i s ) von i s = i (1 s) = 6% (1 0,55) = 2,7% (3) 4
5 Dies ist auch dem Cash Flow nach Steuern (Zeilen-Nr. 4), dessen Barwerte (BW d. CF t n.st. ) sich bei dieser Diskontierungsrate zu 0 addieren (Zeilen-Nr. 5), unmittelbar zu entnehmen. Im Strip-Portfolio wird bei Fälligkeit eines Strips die jeweilige Differenz (Bemessungsgrundlage: BG) zwischen Einlösungsbetrag (CF t ) und Erwerbspreis (P 0; t ) besteuert (Zeilen-Nr. 6-9). Die Höhe der Steuerzahlungen (StZ t ) berechnet sich wie folgt: StZ t = s (CF t P 0; t ) (4) Nach Abfluß der Steuerzahlung ergibt sich folgender Cash Flow (CF t n.st. ): CF t n.st. = CF t s (CF t P 0; t ) = P 0; t s + CF t (1 s) (5) Vergleicht man die Steuerzahlungen der Anleihe cum (Zeilen-Nr. 2) und des Strip-Portfolios (Zeilen-Nr. 9), so ergeben sich in der Summe über die Laufzeit zwar Abflüsse in gleicher Höhe (33%). Der Großteil der Steuern für das Strip-Portfolio wird aber erst im letzten Jahr gezahlt. Gegenüber der Kuponanleihe kommt es also zu einem erheblichen Steuerstundungseffekt. Die Höhe dieses Steuerstundungseffektes kann der vorletzten Zeile der Tabelle 1 entnommen werden: Diskontiert man den Cash Flow nach Steuern mit der Nachsteuerrendite der Anleihe cum, dann ergibt sich ein Barwert der Steuerstundung in Höhe von 2,70% (Zeilen-Nr. 12). Die Nachsteuerrendite des Strip-Portfolios ist also größer als die Nachsteuerrendite der Anleihe cum; sie liegt bei 3,05% statt bei 2,7% (Zeilen-Nr. 13). Anders ausgedrückt: der faktische Steuersatz sinkt von 55% auf 49,2% (Umstellung der Gleichung (3) zu s = 1 i s / i). Anpassungsreaktionen Diese Konstellation muß am Markt zu Anpassungsreaktionen führen. Jeder steuerpflichtige Privatanleger, der die stripbare Bundesanleihe erwerben möchte, wird in das Strip-Portfolio investieren, anstatt die Anleihe cum zu kaufen. Besitzer der Anleihe cum werden umschichten. Sogar die Besitzer anderer (kürzer laufender) Anleihen, die nicht zum Stipping zugelassen sind, werden in Strips umschichten, mit denen sie den gewünschten Zahlungsstrom nachbilden können. Insgesamt werden Strips stärker nachgefragt und der Preis des Strip-Portfolios wird solange steigen, bis seine Nachsteuerrendite auf das marktübliche Niveau gesunken ist. Doch bei welchem Preis wird dieses Gleichgewicht erreicht? Man könnte vermuten, daß der Preis für das Strip-Portfolio um den Barwert des Steuerstundungseffektes auf 102,70% steigt. Diese Überlegung vernachlässigt aber die steuermindernde Wirkung höherer Erwerbspreise für die Strips: steigt der Preis eines Strips, dann sinkt die steuerliche Bemessungsgrundlage und die Steuerzahlungen sinken ebenfalls (aufgrund 5
6 der Differenzmethode). Folglich steigt der Cash Flow nach Steuern und der Barwert des Steuerstundungseffektes ist noch nicht vollständig abgeschöpft. Der exakte Gleichgewichtspreis des Portfolios kann nur ermittelt werden, indem man die Preise je Strip so setzt, daß die Gleichgewichtsrendite nach Steuern von hier i s = 2,7% erreicht wird: P 0; t = CF t n.st. (1 + i s ) -t (6) Setzt man nun Gleichung (5) ein, so läßt sich durch wenige Umformungen der Gleichgewichtspreis jedes einzelnen Strips ermitteln: P 0; t = [P 0; t s + CF t (1 s)] (1 + i s ) -t (7) P 0; t = [CF t (1 s)] / [(1 + i s ) t s] (8) Der Preis des Strip-Portfolios (P SP ) ergibt sich gemäß Gleichung (2) aus der Summe dieser Einzelpreise. Nr. Zeitpunkt t Σ 14 P 0;t gem. Gleichung (8) 5,66 5,35 5,06 4,80 4,56 4,33 4,12 3,93 3,74 3,57 59,58 104,71 15 CF t -104, ,29 16 BG = CF t P 0;t 0,34 0,65 0,94 1,20 1,44 1,67 1,88 2,07 2,26 2,43 40,42 55,29 17 StZ t = s (CF t P 0;t ) 0,19 0,36 0,51 0,66 0,79 0,92 1,03 1,14 1,24 1,33 22,23 30,41 18 BW d. StZ t (i s =2,7%) 0,18 0,34 0,48 0,59 0,69 0,78 0,86 0,92 0,98 1,02 17,03 23,87 19 CF t n.st. = CF t StZ t -104,71 5,81 5,64 5,49 5,34 5,21 5,08 4,97 4,86 4,76 4,67 77,77 24,88 20 BW d. CF t n.st. -104,71 5,66 5,35 5,06 4,80 4,56 4,33 4,12 3,93 3,74 3,57 59,58 0 (i s =2,7%) Tabelle 2: Strip-Portfolio nach Anpassung der Marktpreise In Tabelle 2 werden die Gleichgewichtspreise der Strips nach Gleichung (8) berechnet (Zeilen- Nr. 14). Im Vergleich zur Ausgangssituation in Tabelle 1 ergeben sich höhere Erwerbspreise für die Strips, wodurch Bemessungsgrundlage und Steuerzahlungen sinken (Zeilen-Nr. 16/17). Die Differenzbesteuerung führt also nicht nur zu einer Steuerstundung, sondern unter Umständen auch zu einer echten Steuerminderung (siehe unten). Der Preis des Strip-Portfolios steigt auf 104,71%. Die letzte Zeile von Tabelle 2 zeigt, daß bei diesem Preis auch das Strip- Portfolio die Gleichgewichtsrendite von 2,7% nach Steuern erbringt. Implikationen Solange der Preis des Strip-Portfolios noch nicht auf 104,71% gestiegen ist, kann mit diesem Portfolio eine Überrendite erzielt werden. Bei diesem Preis wäre ein Investment in die Anleihe cum völlig uninteressant, zumal sich der höhere Erwerbspreis hier nicht steuermindernd auswirkt und die Rendite auf 2,17% sinken läßt. Andererseits führen unterschiedliche Marktpreise beider Alternativen (P SP > P AC ) zu Arbitragetätigkeiten, bei denen z.b. Banken die Anleihen cum kaufen und als Strip-Portfolios verkaufen; letztendlich werden alle Anleihen getrennt, sofern die Nachfrage ausreicht. Verkauft der Privatanleger zu diesem Zweck die Anleihe cum 6
7 an ein Kreditinstitut, so wird der Kursgewinn von bis zu 4,71% (bei abgelaufener Spekulationsfrist) steuerlich nicht erfaßt. Kauft derselbe Anleger die Anleihe als Strip-Portfolio zurück, dann wirkt das Agio steuermindernd. Steuerinduzierte Kurssteigerungen können somit steuerfrei realisiert werden und beim Rückkauf steuermindernd geltend gemacht werden. Im (un-)günstigsten Fall, d.h. wenn der gesamte Kursgewinn steuerfrei bleibt, entgeht dem Fiskus ein Steuerbarwert (BW d. StZ t ) in Höhe von 4,71%: während die Anleihe cum einen Steuerbarwert von 28,6% (Zeilen-Nr. 3) einbringt, sind es beim Strip-Portfolio nur noch 23,87% (Zeilen-Nr. 18). Selbst wenn der gesamte Kursgewinn zu versteuern ist, weil er z.b. bei der trennenden Bank anfällt, fließt nur der entsprechende Prozentsatz dieser Steuersubvention zurück in die Staatskasse. Betrachtet man eine 30jährige (stripbare) Bundesanleihe, dann fällt der Effekt noch deutlicher aus: bei sonst gleichen Daten steigt der Gleichgewichtspreis für die 31 Strips von 100% auf 119,50%. Mit einer Emission zu fairen Preisen bzw. einer Direktemission von Zerobonds ließe sich ein großer Teil dieses Steuervorteils abschöpfen. Der Barwert zukünftiger Steuereinnahmen (genauer: Steuerausfälle) würde in Gestalt niedrigerer Finanzierungskosten heute in die Gegenwart verlagert. Da der Bund aber Anleihen im Nominalvolumen von 67 Mrd. DM nachträglich (d.h. nach ihrer Emission) zum Stripping zugelassen hat, hat er einen Steuerbarwert in Höhe von etwa 5,5 Mrd. DM verschenkt. Interessant ist aber, daß sich am Markt die Gleichgewichtspreise bis heute noch nicht eingestellt haben, was entweder auf Marktunvollkommenheiten oder auf mangelndes Verständnis der Akteure schließen läßt. Alternative Szenarien Gibt man die Annahme einer flachen Zinsstrukturkurve (ZSK) auf, so tritt neben die oben beschriebenen Effekte der Differenzmethode noch die Besteuerung der Zinsstrukturkurve hinzu. Bei einer normalen (d.h. steigenden) ZSK und sonst gleichen Bedingungen verschiebt sich der Schwerpunkt der Steuerzahlungen noch weiter in die Zukunft. Die spot rates liegen am kurzen Ende unter der Effektivverzinsung des Strip-Portfolios und am langen Ende darüber. Der Steuerstundungseffekt verstärkt sich somit. Bei einer inversen ZSK ist es umgekehrt. Wie die Berechnungen für verschiedene Zinsszenarien zeigen, fallen diese Effekte jedoch wesentlich geringer als die oben quantifizierte Steuerstundung bzw. minderung aus. Betrachtet man Privatanleger mit niedrigeren Grenzsteuersätzen, so muß die Nachsteuerrendite der Alternativanlage angepaßt werden. Die aufgezeigten Umschichtungen sind für jeden Privatanleger vorteilhaft, der seine steuerlichen Freibeträge ausgeschöpft hat unabhängig von der 7
8 Höhe seines Grenzsteuersatzes. Selbst für den nicht steuerehrlichen Anleger, dessen Grenzsteuersatz 30% (da dann: Grenzsteuersatz = ZASt) beträgt, ergibt sich für das Strip-Portfolio noch ein Grenzpreis von 102,6%. Bis zu diesem Preis wird er das Strip-Investment einer vergleichbaren Kuponanleihe vorziehen. Erwartet man während der Laufzeit des Investments niedrigere Grenzsteuersätze (wg. Steuerreform oder niedrigerem Einkommen), so sind mit dem Strip-Portfolio weitere Steuervorteile gegenüber der Anleihe cum zu erzielen. Solche Effekte sind von klassischen Zerobonds bekannt und stehen nicht im Mittelpunkt dieser Untersuchung. Tabelle 3 faßt die einzelnen Effekte bei verschieden Szenarien noch einmal zusammen: Fazit ZSK flach ZSK steigt ZSK fällt Differenzbesteuerung Besteuerung der ZSK 0 + Senkung der Grenzsteuersätze Gesamtwirkung Tabelle 3: Preiswirkungen alternativer Szenarien In der bisherigen Diskussion über die Bewertung von Stripped Bonds wurde der entscheidende Punkt übersehen. Identische Vorsteuer-Cash-Flows zweier Investments führen bei abweichender Besteuerung zu unterschiedlichen Nachsteuerrenditen. Die Preise des Investments mit der höheren Nachsteuerrendite werden solange steigen, bis sich die Nachsteuerrenditen angeglichen haben. Daraus resultierende Wertsteigerungen repräsentieren den Barwert steuerlicher Vorteile. Der überwiegende Teil dieses Steuerbarwertes entgeht dem Fiskus; es kommt in bestimmten Fällen allenfalls zu einer Besteuerung der Steuersubvention (Kursgewinne). Mit Hilfe der hier dargestellten Formel kann für jeden Anleger in Abhängigkeit von seinem Grenzsteuersatz ein Grenzpreis ermittelt werden, bei dem er mit dem Strip-Portfolio die Nachsteuerrendite vergleichbarer Investments erzielt. Jeder niedrigere Preis signalisiert Arbitragemöglichkeiten. Der Gleichgewichtspreis wird letztlich aber immer vom Grenzsteuersatz des Grenzanlegers bestimmt. 8
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